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Arbeitszeitveränderung – Streitwert


StreitwertVon welchem Streitwert ist bei einer Klage auf Veränderung der wöchentlichen Arbeitszeit auszugehen? Welchen Streitwertbereich sieht der Streitwertkatalog für Streitigkeiten über die Veränderung der wöchentlichen Arbeitszeit vor? Mit diesen Fragen setzte sich das Landesarbeitsgericht Köln im anliegenden Beschluss auseinander.


Landesarbeitsgericht Köln

Az: 4 Ta 50/16

Beschluss vom 04.04.2016


Tenor

Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen den Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 02.12.2015 – 14 Ca 6651/15 – wird zurückgewiesen.


Gründe

I. Das Arbeitsgericht hat bereits zu Recht darauf hingewiesen, dass der Streitwertkatalog 2014 in Gliederungspunkt I Nr. 8 für Streitigkeiten über Arbeitszeitveränderung eine Bewertung entsprechend Gliederungspunkt I Nr. 4 vorsieht. Danach bewegt sich der Streitwert zwischen einer Monatsvergütung und einem Vierteljahresentgelt je nach dem Grad der Vertragsänderung.

Wie das Arbeitsgericht folgt auch die erkennende Kammer insoweit dem Streitwertkatalog. Die Gründe dafür und die Bedeutung des Streitwertkatalogs hat das Arbeitsgericht in seinem Nicht-Abhilfe-Beschluss, auf den Bezug genommen wird, zutreffend entsprechend dem Beschluss der 12. Kammer des Landesarbeitsgerichts vom 30.12.2015 (12 Ta 358/15) wiedergegeben. Auch diesen Ausführungen folgt die erkennende Kammer. Auch auf sie wird Bezug genommen.

II. Unabhängig davon ist zu den Argumenten der Beschwerde Folgendes zu ergänzen:

1. Der Klageantrag zu 1.) ist nicht auf Vergütung gerichtet, sondern zielt darauf, die Beklagte zu verurteilen, eine Willenserklärung abzugeben, mit der die Vertragsbedingungen dahingehend geändert werden, dass die Arbeitszeit von 15 auf 22,5 Stunden pro Woche erhöht wird. Es handelt sich mithin nicht um eine Vergütungsklage oder eine Eingruppierungsklage, sodass weder § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG noch § 42 Abs. 3 Satz 2 GKG unmittelbar einschlägig sind. Einschlägig ist vielmehr § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG i. V. m. § 3 ZPO (vgl. auch Tschöpe/Ziemann/Altenburg, Streitwert und Kosten im Arbeitsrecht, Teil 1 A Rn. 32).

2. Soweit danach das wirtschaftliche Interesse der klagenden Partei relevant ist, ist darauf hinzuweisen, dass anders als etwa bei einer Eingruppierungsklage, bei der für die selbe künftig zu leistende Arbeit ein höheres Entgelt verlangt wird, als bisher gezahlt wird, und es daher gerechtfertigt ist, dieses Entgelt zum Maßstab der Streitwertfestsetzung zu machen, bei einer Klage auf Abgabe einer Willenserklärung zur Erhöhung der vertraglichen Arbeitszeit zunächst mehr Arbeit zu leisten ist, welche dann entsprechend vergütet wird. Es steht also Arbeit gegen Vergütung. Streng genommen neutralisiert sich damit das wirtschaftliche Interesse (vgl. dazu auch im umgekehrten Fall des Anspruchs auf Teilzeit Hanau NZA 2001, 1172).

3. Unabhängig davon aber ist es gerechtfertigt, auch dann, wenn man als wirtschaftliches Interesse der Klägerseite nur den Vergütungszuwachs berücksichtigen wollte und ausblenden wollte, dass dafür auch entsprechende Mehrarbeit geleistet werden muss, die normative Wertung des § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG zu berücksichtigen. Diese gesetzliche Wertung ist für die Bemessung des Streitwerts einer auf Feststellung des Bestands/Fortbestands des bisherigen Arbeitsverhältnisses gerichteten Klage ebenso zu berücksichtigen wie bei der Bemessung des Streitwerts einer auf Feststellung des Bestands/Fortbestands der bisherigen Arbeitsbedingungen oder auf Änderung von Arbeitsbedingungen gerichteten Klage. Die Gleichstellung der Änderungsschutzklage mit der Klage auf Feststellung des Bestands/Fortbestands bestimmter Arbeitsbedingungen bzw. auf Änderung der Arbeitsbedingungen ist im Streitwertrecht geboten. Mit beiden Klagen verfolgt die klagende Partei die gleichen wirtschaftlichen Interessen. Die Gleichstellung vermeidet auch den Wertungswiderspruch, der bestünde, wenn die auf eine Änderung von Arbeitsbedingungen gerichtete Klage höher bewertet würde als eine Änderungsschutzklage (vgl. auch dazu Ziemann a. a. O., Rn. 73). Dass dieses auch und gerade bei Klagen auf Erhöhung der Arbeitszeit gilt, entspricht nahezu einhelliger Meinung der Landesarbeitsgerichte (vgl. z. B. LAG Köln, 15.10.2010 – 2 Ta 339/10; 19.04.2010 – 11 Ta 357/09; LAG Düsseldorf, 07.02.2008 – 6 Ta 688/07; LAG Berlin-Brandenburg, 16.02.2011- 17 Ta (Kost) 6010/11; LAG Berlin, 09.02.2004 – 17 Ta (Kost) 6006/04; LAG Sachsen, 11.11.2003 – 4 Ta 776/03; LAG Sachsen, 31.07.2008- 4 Ta 146/08).

Soweit sich die Beschwerdeführerin auf einen Beschluss der Zweiten Kammer des LAG Köln beruft, der davon abweichen soll, so ist dieser Beschluss in der Sache 2 Sa 286/15 weder veröffentlicht noch auch nur mit einer Begründung versehen, sodass nicht festgestellt werden kann, ob darin überhaupt eine bewusste Abweichung von der oben dargestellten – auch von der Zweiten Kammer geteilten (s. 2 Ta 339/10) – Rechtsprechung liegt. Da der Beschluss auch keine Begründung enthält, ist jedenfalls eine argumentative Auseinandersetzung damit nicht möglich.

III. Wenn das Arbeitsgericht mithin für den Antrag zu 1.) den vollen Vierteljahreswert angesetzt hat, so bewegt sich das an der obersten Grenze des zulässigen Ermessensrahmens und ist nicht bedenkenfrei. Die erkennende Kammer hat jedoch mit Rücksicht auf das richterliche Ermessen gemäß § 3 ZPO es bei diesem Wert bewenden lassen, sodass sich die grundsätzliche Frage nicht stellt, ob in Fällen wie dem vorliegenden der Grundsatz des Verbots der reformatio in peius gilt (vgl. § 63 Abs. 3 Nr. 2 GKG und dazu LAG Köln 19.11.2012 – 5 Ta 287/12 – sowie Ziemann a. a. O., Rn. 679).

IV. Soweit die Beschwerde hilfsweise meint, der Beschäftigungsantrag (Antrag zu 2.) sei mit mehr als einem Monatsgehalt zu bewerten, so kann dem nicht gefolgt werden. Die Bewertung durch das Arbeitsgericht mit einem vollen Monatsgehalt bewegt sich wiederum an der obersten Grenze des Ermessensrahmens. Es ist nämlich zu berücksichtigen, dass – anders als bei einem Kündigungsrechtsstreit – der Kläger tatsächlich beschäftigt wird. Er möchte nur in einem leicht erhöhten Umfang beschäftigt werden (7, 5 Stunden mehr), der nur etwa einem Fünftel einer Vollzeitstelle entspricht.

Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.


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