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Die betriebliche Übung im Arbeitsrecht

Was versteht man im Arbeitsrecht unter der betrieblichen Übung?

Die Rechte und Pflichten in einem bestehenden Arbeitsverhältnis werden regelmäßig in dem zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer schriftlich abgeschlossenen Arbeitsvertrag konkretisiert. Über den schriftlich abgeschlossenen Arbeitsvertrag hinaus kann aber durchaus durch die so genannte betriebliche Übung eine Änderung der ursprünglich im Arbeitsvertrag fixierten Inhalte erfolgen.

Der Begriff der betrieblichen Übung und seine rechtliche Bedeutung

Die betriebliche Übung wird auch als Gewohnheitsrecht“ bezeichnet.
Die betriebliche Übung wird auch als Gewohnheitsrecht bezeichnet.

Wenn beispielsweise ein Arbeitgeber sich gegenüber seinem Arbeitnehmer in einer bestimmten Situation über einen längeren Zeitraum gleichförmig verhält, indem er ihm eine spezielle Vergünstigung gewährt, liegt regelmäßig eine so genannte betriebliche Übung vor. Voraussetzung ist nur noch, dass der Arbeitgeber mit der Gewährung der Vergünstigung einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat, sodass der betroffene Arbeitnehmer darauf vertrauen kann und auch vertrauen darf, dass diese Vergünstigung auf Dauer gewährt wird. Rechtlich gesehen führt dies dann zu einer Änderung der arbeitsvertraglichen Bedingungen. Die aufgrund einer betrieblichen Übung gewährten Vergünstigungen bekommen einen verbindlichen Charakter. Stellt der Arbeitgeber beispielsweise diese Vergünstigungen ein, kann sich der Arbeitnehmer im Rahmen eines etwaigen arbeitsgerichtlichen Verfahrens grundsätzlich auf einen Rechtsanspruch berufen und den weiteren Erhalt der gewährten Vergünstigungen regelmäßig mit Erfolg einklagen.

Der Anwendungsbereich der betrieblichen Übung

Der Anwendungsbereich einer betrieblichen Übung ist sehr weitläufig. Sämtlich mögliche Inhalte eines arbeitsrechtlichen Vertrages können im Prinzip Gegenstand einer betrieblichen Übung sein. Beispielsweise seien an dieser Stelle aufgeführt die Gewährung von Weihnachtsgeld, die Gewährung von Essensgeld, die Gewährung von Fahrtkostenzuschüssen sowie die Übernahme von Fortbildungskosten. Weiter kommen unter anderem noch in Betracht diverse Jubiläumszuwendungen sowie Inhalte des Arbeitsvertrags, die die Arbeitszeit und den Arbeitsort betreffen. Entsprechend der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entsteht eine betriebliche Übung regelmäßig dann, wenn zum Beispiel über einen Zeitraum von drei Jahren eine Vergünstigung wie unter anderem die Zahlung von Weihnachtsgeld erfolgt. Ab dem vierten Jahr kann sich dann der betroffene Arbeitnehmer auf einen entsprechenden Rechtsanspruch berufen.

Die Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers kann von den Arbeitnehmern als Vertragsangebot ausgelegt werden, das sie in der Regel stillschweigend annehmen
Die Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers kann von den Arbeitnehmern unter Umständen als Vertragsangebot ausgelegt werden, welches der Atbeitnehmer in der Regel stillschweigend annimmt.

Nach den Umständen des Einzelfalls kann die einen solchen Vertrauenstatbestand begründende Frist ausnahmsweise auch kürzer sein. Ist eine betriebliche Übung einmal entstanden, so fällt es dem Arbeitgeber schwer, hier wieder eine Änderung zu erreichen. Durch die betriebliche Übung ist nämlich der Arbeitsvertrag geändert worden. An diesem Arbeitsvertrag ist der Arbeitgeber gebunden. Der einzige juristische Ausweg ist grundsätzlich der Ausspruch einer so genannten Änderungskündigung. Die juristischen Hürden für eine wirksame Änderungskündigung sind jedoch sehr hoch. Daher gilt es aus Sicht des Arbeitgebers, den Eintritt einer betrieblichen Übung von vornherein zu unterbinden.

Gewährung von Sonderleistungen ohne betriebliche Übung

Mitunter befindet sich der Arbeitgeber in einem Dilemma. Einerseits möchte er seinem Arbeitnehmer Sonderleistungen gewähren, andererseits soll die Gewährung von Sonderleistungen nicht zu einem entsprechenden Rechtsanspruch führen. Im Prinzip gibt es zwei Ansätze, wie ein Arbeitgeber das Entstehen einer betrieblichen Übung verhindern kann. Eine Möglichkeit besteht darin, gewisse Sonderleistungen zwar regelmäßig aber jedes Mal in einer unterschiedlichen Höhe zu gewähren. In diesem Fall fehlt es dann an der Gleichförmigkeit der Leistung. Juristisch sicherer und auch wesentlich praktischer ist der so genannte Freiwilligenvorbehalt. Voraussetzung ist hier lediglich, dass der Arbeitgeber die bestimmte Vergünstigung ausdrücklich mit dem schriftlichen Hinweis gewährt, dass diese „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ erfolgt oder dass diese erfolgt, „ohne einen Rechtsanspruch für die Zukunft zu begründen“. Gewährt der Arbeitgeber diese Vergünstigung dann über einen längeren Zeitraum als 3 Jahre, kann keine betriebliche Übung entstehen. Auf Grund des Vorbehalts der freiwilligen Zahlung muss der Arbeitnehmer nämlich stets mit einer Änderung der betrieblichen Praxis rechnen. Folglich kann der Arbeitnehmer nicht darauf vertrauen, dass seitens des Arbeitgebers die Leistung immer weiter erfolgt. Für das Entstehen einer betrieblichen Übung fehlt es dann an dem hierzu erforderlichen Vertrauenstatbestand. Der Freiwilligenvorbehalt muss aber ausweislich der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 8. Dezember 2010 unter dem Aktenzeichen 10 AZR 671/09 klar und unmissverständlich formuliert sein.

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