Was ist der Unterschied zwischen Pflegezeit und Familienpflegezeit und wo liegen die Vor- und Nachteile?
Freistellung vom Beruf für die Pflege
Die Mehrzahl der Pflegebedürftigen wird von Mitgliedern der Familie oder anderen nahen Angehörigen betreut. Doch gerade ein unerwartet auftretender Pflegefall stellt die Familie vor nur schwer zu lösende Probleme. Vor allem in der Anfangszeit haben die Angehörigen alle Hände voll zu tun, um die Pflege zu organisieren. Ebenso kann sich der Zustand eines Pflegebedürftigen innerhalb kürzester Zeit verschlimmern, sodass die Angehörigen mehr Zeit für die Pflege aufwenden müssen als bisher. Damit solche Schicksalsschläge von der Familie aufgefangen werden können, hat der Gesetzgeber Möglichkeiten für Arbeitnehmer geschaffen, um eine Auszeit von der Arbeit für die Pflege eines Angehörigen zu nehmen.
Die Pflegezeit
Seit dem 01.07.2008 gewährt das Pflegezeitgesetz einen Anspruch auf Freistellung von der Arbeit, wenn ein akuter Pflegefall in der Familie auftritt. Bei der Pflegezeit handelt es sich gemäß § 3 Pflegezeitgesetz um eine vollständige oder teilweise Freistellung für die Pflege eines pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung für maximal sechs Monate. Bei einer kurzzeitigen Arbeitsverhinderung ist es zudem möglich, bis zu zehn Tage der Arbeit fernbleiben, um in einer akut aufgetretenen Pflegesituation die bedarfsgerechte Pflege für einen nahen Angehörigen zu organisieren oder eine pflegerische Versorgung sicherzustellen. Im Unterschied zur kurzzeitigen Arbeitsbefreiung besteht der gesetzliche Anspruch auf Pflegezeit nur in Unternehmen mit regelmäßig mehr als 15 Beschäftigten. Der Rechtsanspruch auf Pflegezeit besteht im Übrigen auch für die außerhäusliche Betreuung eines minderjährigen pflegebedürftigen nahen Angehörigen, also in etwa die Betreuung eines minderjährigen Kindes während eines stationären Krankenhausaufenthalts.
Familienpflegezeit
Durch das am 01.01.2012 in Kraft getretene Familienpflegezeitgesetz soll pflegenden Familienmitgliedern die Möglichkeit eröffnet werden, in einem Zeitraum von bis zu zwei Jahren zur häuslichen Pflege von Angehörigen mit reduzierter Stundenzahl im Beruf weiter zu arbeiten. Die finanzielle Absicherung des Pflegenden kann hierbei mit Hilfe einer staatlich geförderten Aufstockung des Arbeitsentgelts gewährleistet werden. Zu beachten ist, dass während der Familienpflegezeit die verringerte Arbeitszeit wöchentlich mindestens 15 Stunden betragen muss. Ein Anspruch auf Familienpflegezeit besteht nur, wenn im Unternehmen des Arbeitgebers regelmäßig mehr als 25 Arbeitnehmer beschäftigt sind. Ansonsten ist der Antragsteller auf die Zustimmung des Arbeitgebers angewiesen. Die Familienpflegezeit muss acht Wochen im Voraus beantragt werden und das Vorliegen der Pflegebedürftigkeit muss durch eine Bescheinigung der Pflegekasse oder des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung nachgewiesen werden.
Vor- und Nachteile der Modelle
Der wichtigste Unterschied der beiden Modelle ist, dass eine vollständige Arbeitsbefreiung nur mit der Pflegezeit erreicht werden kann. Wer also ganztägig mit der Pflege des Angehörigen beschäftigt ist, muss sich auf jeden Fall für die Pflegezeit entscheiden. Ist jedoch abzusehen, dass sich die Pflege über einen längeren Zeitraum hinziehen wird, bietet sich eher die Familienpflegezeit an, da die Pflegezeit längstens sechs Monate dauern kann. Die Familienpflegezeit kann sich dagegen auf bis zu 24 Monate erstrecken. Sowohl bei der Pflegezeit als auch bei der Familienpflegezeit ist der Anspruch auf Freistellung an die Größe des Betriebes gekoppelt. Während es für die Pflegezeit 15 Beschäftigte sein müssen, bedarf es für die Familienpflegezeit gar 25 Mitarbeiter.