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Zielvereinbarung – Anfechtung wegen arglistiger Täuschung

Landesarbeitsgericht Hamm

Az.: 14 Sa 806/13

Urteil vom 18.02.2014

Leitsätze:

1. Eine Klageänderung (hier: im Wege der nachträglichen Klagehäufung) in der Berufungsinstanz ist gemäß § 533 Nr. 2 ZPO zulässig, wenn es auf Vorbringen gestützt wird, das bereits in erster Instanz erfolgt und deshalb nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO beachtlich ist. Dies gilt gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, § 67 ArbGG ebenso für neues unstreitiges Vorbringen. Es kommt nicht darauf an, ob das Vorbringen (auch) für die bisherige Klage erheblich ist.

2. Nimmt der Arbeitnehmer ein vom Arbeitgeber unterbreitetes Angebot einer Zielvereinbarung an, kann ein Schadensersatzanspruch wegen unterbliebenen Abschlusses einer Zielvereinbarung in Betracht kommen, wenn der Arbeitnehmer diese Vereinbarung wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 BGB wirksam anfechten kann.

3. Eine Anpassung aufgrund einer Störung der Geschäftsgrundlage scheidet aus, wenn die Parteien übereinstimmend, aber fälschlich annehmen, die vereinbarten Ziele seien erreichbar. Der Arbeitnehmer trägt das Risiko, dass er die für eine Bonuszahlung vereinbarten Ziele nicht erfüllt.

4. Die Rückzahlung eines Bonusvorschusses ist, selbst wenn ein Bonusanspruch nicht entstanden ist, ausgeschlossen, wenn nach dem übereinstimmenden Willen der Parteien nur eine Verrechnung mit dem Bonus, nicht aber mit dem Festgehalt erfolgen soll.

5. Enthält der schriftliche, dem Arbeitnehmer ausgehändigte Arbeitsvertrag neben einem Wettbewerbsverbot ohne Karenzentschädigungszusage eine salvatorische Ersetzungsklausel, kann diese zu einem wirksamen nachvertraglichen Wettbewerbsverbot mit der Zusage einer Karenzentschädigung in gesetzlicher Höhe führen.

Auf die Berufung des Klägers wird unter ihrer Zurückweisung im Übrigen das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 22. Mai 2013 (2 Ca 1500/12) teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Urlaubsabgeltung in Höhe von 4.800,12 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 3. Oktober 2012 zu zahlen.

Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger Arbeitslohn für den Monat August 2012 in Höhe von weiteren 3.000,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1. September 2012 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für die Monate September 2012 bis August 2013 eine Karenzentschädigung in Höhe von insgesamt 25.400,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 2.250,00 Euro seit 1. Oktober 2012, 1. November 2012, 1. Dezember 2012, 1. Januar 2013, 1. Februar 2013, 1. März 2013, 1. April 2013, 1. Mai 2013, 1. Juni 2013, 1. Juli 2013 und 1. August 2013 sowie aus jeweils 1.450,00 Euro seit 1. August 2013 und 1. September 2013 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 47,8 %, die Beklagte zu 52,2 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 43,2 %, die Beklagte zu 56,8 %.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung diverser vom Kläger geltend gemachter Vergütungsansprüche. Es geht zum einen um die Zahlung einer variablen Vergütung in Höhe von 15.000,00 Euro brutto für die Zeit vom 13. Februar 2012 bis 31. August 2012. Hilfsweise macht der Kläger einen von der Beklagten für hierauf geleistete Vorschusszahlungen im Monat August 2012 einbehaltenen Betrag von 3.000,00 Euro brutto geltend. Darüber hinaus verlangt der Kläger die Zahlung einer weiteren Urlaubsabgeltung in Höhe von 1.199,88 Euro brutto sowie die Zahlung einer Karenzentschädigung für die Zeit vom 1. September 2012 bis 31. August 2012 in Höhe von insgesamt 30.800,00 Euro brutto.

Die Beklagte ist spezialisiert auf die Herstellung und den Vertrieb von Produkten für die UV-Phototherapie. Das Unternehmen ist aus der Insolvenz der Firma T GmbH hervorgegangen, über deren Vermögen das Amtsgericht Bielefeld mit Beschluss vom 1. Juni 2010 (43 IN 580/10) das Insolvenzverfahren eröffnet hat. Der Kläger stand vom 13. Februar 2012 bis zum 31. August 2012 bei der Beklagten in einem Arbeitsverhältnis als „Manager International Sales“. Als solcher war er seit dem 1. März 2012 tatsächlich tätig. Grundlage der Tätigkeit des Klägers war ein schriftlicher Arbeitsvertrag nebst Zielvereinbarung vom 13. Februar 2012 (wegen der Einzelheiten vgl. K1 zur Klageschrift, Bl. 10 bis 15 d. A.) Der Arbeitsvertrag enthält u. a. folgende Regelungen:

2. Art der Tätigkeit

… Zu seinem Aufgabengebiet gehört die Betreuung und Pflege der bestehenden Vertriebspartner, die Akquise neuer Vertriebspartner in den europäischen Kernmärkten. Desweiteren gehört zu seinen Aufgaben die Marktrecherche der relevanten Märkte und die strukturierte Marktbearbeitung dieser Verkaufsgebiete. Der Arbeitnehmer ist verantwortlich für den Abschluss von Vertriebspartnerverträgen, der Aufstellung von Umsatzforecasts, und er unterstützt die Vertriebspartner bei der Vermarktung der Produkte an ihre Kunden. …

6. Vergütung

a.)              Der Arbeitnehmer erhält ein jährliches Festgehalt von EUR 48.000 (in Worten: achtundvierzig tausend Euro) brutto. Das Festgehalt ist zahlbar in zwölf gleichen Monatsraten jeweils nachträglich zum letzten Kalendertag des Monats.

b.)              Neben dem genannten Festgehalt erhält der Arbeitnehmer einen Bonus, der sich auf der Grundlage einer jährlich zu vereinbarenden Zielvereinbarung errechnet. Die Zielvereinbarung für das Jahr 2012 ist als Anlage 1 zu diesem Vertrag beigefügt. Die Zielvereinbarungen für die darauf folgenden Jahre werden jeweils bis spätestens zum 15. Dezember des Vorjahres festgelegt. Sie werden automatisch Bestandteil dieses Vertrages.

c.)              Mit der vorgenannten Vergütung ist die gesamte Tätigkeit des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber einschließlich Überstunden und Reisezeiten abgegolten. …

13. Wettbewerbsverbot

Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, für die Dauer von einem Jahr nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses weder ein Arbeitsverhältnis zu einem mit dem Arbeitgeber in Wettbewerb stehenden Unternehmen zu begründen noch ein Wettbewerbsunternehmen zu errichten oder sich an einem solchen zu beteiligen. Das Wettbewerbsverbot erstreckt sich räumlich auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. …

16. Salvatorische Klausel

Sollten einzelne oder mehrere Bestimmungen dieses Vertrages ganz oder teilweise nichtig sein oder werden, so wird hierdurch die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen nicht berührt. Anstelle der unwirksamen Bestimmung gilt diejenige wirksame Bestimmung als vereinbart, die dem Sinn und Zweck der unwirksamen Bestimmung und dem von den Parteien wirtschaftlich gewollten am ehesten entspricht. Dies gilt auch dann, wenn sich die Unwirksamkeit auf das Maß oder den Umfang einer Leistung bezieht. Es gilt dann das rechtlich zulässige Maß bzw. der rechtlich zulässige Umfang.

Die Zielvereinbarung sah für das Jahr 2012 (März bis Dezember) vor, dass ein Gesamtumsatzziel von 700.000,00 Euro Auslandsumsatz sowie der Abschluss von mindestens 10 neuen Vertriebspartnerverträgen mit einem Forecast-Volumen von durchschnittlich 70.000,00 Euro erreicht werden sollte. Die Bonuszahlungen waren gestaffelt nach dem Grad der Zielerfüllung (50 %, 75 %, 100 % und – nur beim Umsatz – mehr als 100 %). Hinsichtlich des Ziels „Auslandsumsatz“ waren Prämien in Höhe von 12.500,00 Euro, 18.750,00 Euro, 25.000,00 Euro sowie 25.000,00 Euro zuzüglich 6 % vom Umsatz, der den Zielumsatz überschreitet, je nach Grad der Zielerreichung vorgesehen. Bei der Zielgröße „Neue Vertriebspartner“ waren Prämien in Höhe von 2.500,00 Euro, 3.750,00 Euro und 5.000,00 Euro möglich. Sodann heißt es in der Zielvereinbarung weiter:

3. Verrechenbarer Vorschuss und Abrechnung

Auf die Bonuszahlungen wird dem Arbeitnehmer ein verrechenbarer Vorschuss ausgezahlt. Dieser beträgt monatlich EUR 1000 (eintausend Euro) brutto.

Die Zwischenabrechnung der Zielvereinbarung erfolgt erstmals zum 30.09.2012 unter Verrechnung der bis dahin geleisteten Vorschusszahlungen. Ein möglicher Überschussbetrag wird mit der Gesamtabrechnung von Oktober 2012 als Bruttobetrag unter Berücksichtigung fälliger Steuern und Sozialabgaben an den Arbeitnehmer ausgezahlt.

Die Gesamtabrechnung der Zielvereinbarung erfolgt zum 31.12.2012 unter Verrechnung aller in 2012 geleisteten Vorschusszahlungen. Zielerfüllungen unter 50 % werden nicht vergütet. Ein möglicher Überschussbetrag wird mit der Gehaltsabrechnung von Januar des Folgejahres als Bruttobetrag unter Berücksichtigung fälliger Steuern und Sozialabgaben an den Arbeitnehmer ausbezahlt.

Die Beklagte hatte zunächst einen von ihr vorformulierten Arbeitsvertragsentwurf nebst Zielvereinbarung dem Kläger unter dem 6. Februar 2012 per Mail zur Voransicht übersandt und auf dessen Anmerkungen hin durch ihren Geschäftsführer unter dem 8. Februar 2012 eine neue Version (wegen der Einzelheiten vgl. Kopie der E-Mail, Anlage K6 zur Klageschrift, Bl. 20 ff. d. A.) mit folgendem Begleittext gemailt:

Sehr geehrter Herr K,

Danke für Ihre Kommentare, die ich der Einfachheit halber im Text gelb hinterlegt beantwortet habe. Eine neue Version des Arbeitsvertrages ist ebenfalls beigefügt.

Der sich daraus ergebende „Dialog“ hat – soweit hier von Interesse – folgenden Wortlaut:

Kläger:

Punkt 6b – Bonusregelung:

In unserem Gespräch am 02.02.2012 in Ihrem Hause war der Bonus komplett an den Umsätzen festgemacht, in dem Vertragsentwurf splitten Sie den Bonus auf Umsatz und die Gewinnung neuer Vertriebspartner.

Beklagte:

Das war in der Bonusrechnung in der Tat nicht erkennbar, wir haben jedoch mit Ihnen ausführlich besprochen, dass wir die Gewinnung von Vertriebspartnern erwarten, da dies die Grundlage für Ihren Umsatz ist, wir haben Ihnen außerdem eine Liste unserer Kontakte vorgetragen, mit der Aussage, dass diese idealerweise Ihre ersten Neuvertriebspartner werden. Dies ist Ihnen sicherlich entgangen.

Kläger:

Nach der neuen Regelung kann ich einen 100 %-Bonus nun nicht mehr mit 100 % Umsatzplanerfüllung gleich 700.000,00 Euro Umsatz erreichen, sondern muss mind. 750.000,00 Euro (10 x 75.000,00 Euro) erbringen – gleiches gilt für alle Teilziele.

Beklagte:

Das kann man so lesen, wir meinen es aber anders: wir arbeiten mit Forecasts, deren Erfüllung durch die Auslandsvertriebspartner wünschenswert, aber nicht sicher einforderbar sind. Dass heißt, wenn der Forecast 75.000,00 Euro ist und wir nur 70.000,00 Euro erzielen, ist bei zehn Vertriebspartnern der Zielumsatz erfüllt. Zum besseren Verständnis ändern wir im Vertrag die Summe auf zehn Vertriebspartner x durchschnittlich 70.000,00 Euro.

Kläger:

Wie bereits im Gespräch erwähnt, habe ich keine Vorstellung von den Märkten, auf die ich mich einlasse und bin auf Ihre Fairness angewiesen – wenn aber schon die Bonusregelung modifiziert wird …

Beklagte:

Die Bonusregelung wurde nicht modifiziert, sondern Sie haben erstmals einen detaillierten Arbeitsvertrag von uns erhalten, in dem wir Ihnen unser Modell vom Auslandsvertrieb definiert haben. Es geht hier nicht nur um Ihren Bonus, sondern auch wie die Firma N Auslandsumsätze erwirtschaften will und welche Aufgaben Sie dazu erfüllen müssen.

Kläger:

… und in sich nicht stimmig ist, fällt es mir schwer, Ihrer Fairness das entsprechende Vertrauen entgegen zu bringen. …

Kläger:

Anlage 1 Zielvereinbarung für das Jahr 2012:

1b – Ziele:

Dieses Ziel war nicht im Gespräch.

Beklagte:

Siehe oben. Doch, genau dieses Ziel ist wichtig – nämlich Vertriebspartner zu gewinnen. Dies haben wir besprochen und jetzt quantifiziert.

Kläger:

3 – Verrechenbarer Vorschuss und Abrechnung:

… Die Bonusvorauszahlung wurde als anrechenbar, jedoch nicht rückerstattbar definiert.

Beklagte:

Das steht da auch nicht. Nur verrechenbar. Bitte zeigen Sie die entsprechende Stelle. …

Kläger:

Die unabgesprochenen Änderungen der Bonusvereinbarung irritieren mich.

Beklagte:

Nochmals zur Klärung: Wir haben die Eckwerte Ihres Bonusmodells besprochen und dazu gehörte auch die Akquise von Vertriebspartnern. Wir bitten um Entschuldigung, wenn Sie dies irritiert – wir stellen uns allerdings die Frage, wie Sie Ihre künftige Tätigkeit im Gespräch verstanden haben, wenn Sie nicht an akquirierten Vertriebspartnern gemessen werden möchten.

Kläger:

Wie im gemeinsamen Gespräch erläutert, basiert jede Bonusvereinbarung derzeit für mich auf mein blindes Vertrauen in Ihre Fairness. Wenn Sie aber schon die erste wesentliche Grundvereinbarung von den besprochenen Vereinbarungen abweicht, sehe ich keine Basis mehr für mein Vertrauen.

Beklagte:

Was heißt das genau: Keine Basis mehr für Vertrauen? Bitte bedenken Sie, dass das „blinde“ Vertrauen in der ersten Phase auf Gegenseitig beruht. Wir investieren in Ihren Arbeitsvertrag plus Einarbeitung plus Reisekosten, und wissen nicht, ob Sie die Aufgabe erfolgreich bewältigen.

Kläger:

Ich möchte Ihnen mein Vertrauen einmal in Zahlen ausdrücken: Ich verzichte im Vertragsfall bei der N GmbH auf 32.000,00 € Sicherheit (Differenz meines letzten Fixeinkommens zum jetzigen Fixeinkommen) + Firmenwagen der oberen Mittelklasse (sämtliche Kosten für dienstliche und private Nutzung).

Der Bonus ist eine Kanngröße, welche ich derzeit nicht ermessen kann und somit 100 % Vertrauensfrage.

Beklagte:

Bitte gehen Sie davon aus, dass niemand mehr Interesse hat, dass Sie die Kann-Größe Bonus voll und ganz erreichen, denn dann stimmen unsere Umsatzzahlen und Sie haben ein gutes Einkommen realisiert.

Der Auslandsumsatz der Beklagten betrug im Jahr 2011 insgesamt 224.972,82 Euro. Die Firma T hatte – vom Kläger zuletzt mit Nichtwissen bestritten – im Jahr 2008 einen Auslandumsatz von 682.666,00 Euro erzielt. Der Gesamtumsatz der Beklagten belief sich im letzten Quartal 2011 auf durchschnittlich 24.642,48 Euro monatlich. Aus der vom Kläger hierzu überreichten Übersicht über den Gesamtumsatz der Beklagten (Anlage K4 zur Klageschrift, Bl. 18 d. A.) ergibt sich, dass dieser im Jahr 2011 insgesamt 517.488,43 Euro betrug. Die Umsätze hatten in den letzten drei der Unterzeichnung der Zielvereinbarung vorhergehenden Monaten November, Dezember 2011 und Januar 2012 eine Höhe von 33.317,66, 19.117,46 sowie 54.521,74 Euro erreicht. Alle vorgenannten Zahlen waren dem Kläger vor Unterzeichnung der Zielvereinbarung nicht bekannt.

Die Beklagte zahlte den in der Zielvereinbarung genannten Vorschuss von 1.000,00 Euro brutto für die Monate März bis Mai 2012 neben der Grundvergütung in Höhe von 4.000,00 Euro brutto an den Kläger aus. Danach stellte sie die Vorschusszahlung ein. In einem zuvor geführten Gespräch am 25. Juni 2012 zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer der Beklagten räumte dieser ein, bei der Festlegung der Ziele von falschen Voraussetzungen ausgegangen zu sein und die Marktposition der Beklagten falsch eingeschätzt zu haben. Er erklärte, mit einem fairen Kompromissvorschlag auf den Kläger zukommen zu wollen. In einer vom Kläger gefertigten Gesprächsnotiz (Anlage K13 zum Schriftsatz des Klägers vom 3. April 2013, Bl. 86 d. A.) heißt es hierzu:

Die geplanten Umsatzziele werden nicht erreicht werden, somit sind auch die Bonusvereinbarung auf der Vertragsbasis nicht zu erreichen. … Für den nächsten Monat möchte Herr T1 daher erst einmal die A-Konto Bonuszahlungen stoppen (mit der ich einen Schuldenberg aufbaue) und mit einem fairen Kompromissvorschlag auf mich zukommen.

Unter dem 2. Juli 2012 regelten die Parteien die Nr. 3 Abs. 1 der Zielvereinbarung (wegen der Einzelheiten vgl. Anlage K2 zur Klageschrift, Bl. 16. d. A.) wie folgt neu:

3. Verrechenbarer Vorschuss und Abrechnung

Auf die Bonuszahlungen wird dem Arbeitnehmer ein verrechenbarer Vorschuss ausgezahlt. Dieser beträgt monatlich EUR 1000 (eintausend Euro) brutto. Die monatliche Zahlung des verrechenbaren Vorschusses auf die Bonuszahlungen kann in begründeten Fällen ausgesetzt werden.

Die übrigen Regelungen von Nr. 3 Zielvereinbarung blieben unverändert. Mit Schreiben vom 20. Juli 2012 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31. August 2012 und stellte den Kläger mit sofortiger Wirkung frei (vgl. Ablichtung des Kündigungsschreibens, Anlage K7 zur Klageschrift, Bl. 24 d. A.). Mit der Abrechnung für den Monat August 2012 (vgl. Kopie derselben, Anlage K8 zur Klageschrift, Bl. 25 d. A.) behielt die Beklagte von der Grundvergütung einen Betrag von 3.000,00 Euro unter der Bezeichnung „Bonusvorausz. (lfd. Bez.)“ ein. Nach Beendigung der Beschäftigung war der Kläger zunächst bis zum 30. Juni 2013 arbeitslos. Er bezog vom 1. September 2012 bis 31. März 2013 Arbeitslosengeld in Höhe von kalendertäglich 75,17 Euro und war danach in der Zeit bis zum 30. Juni 2013 ohne Bezüge. Seit dem 1. Juli 2013 steht der Kläger in einem Arbeitsverhältnis gegen eine Vergütung von monatlich 3.500,00 Euro brutto. Wettbewerb zu der Beklagten betrieb der Kläger im gesamten Zeitraum nicht.

Mit Schreiben vom 2. Oktober 2012 focht der Kläger die Zielvereinbarung für das Jahr 2012 auf der Grundlage der Vereinbarung vom 13. Februar 2012 an. Zugleich machte er einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz wegen des unterbliebenen Abschlusses einer Zielvereinbarung Euro geltend. Des Weiteren verlangte er die Zahlung einer Urlaubsabgeltung für 24 Urlaubstage. Nachdem dies erfolglos geblieben war, erhob der Kläger am 12. Dezember 2012 beim Arbeitsgericht eine entsprechende Klage. Mit einem am 5. April 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat er zusätzlich die Zahlung von Karenzentschädigung für die Monate September 2012 bis März 2013 verlangt. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 21. Mai 2013 vorsorglich den Verzicht auf die Einhaltung des in Nr. 13 Arbeitsvertrag enthaltenen Wettbewerbsverbotes erklärt.

Zur Begründung seines Schadensersatzanspruches hat sich der Kläger darauf berufen, dass er die Zielvereinbarung wirksam wegen arglistiger Täuschung angefochten habe. Die Beklagte habe dem Kläger weder ihre Gesamtumsatzzahlen des letzten Quartals 2011 noch den Auslandsumsatz in diesem Kalenderjahr mitgeteilt. Insbesondere aus dem Letzteren ergebe sich, dass die Zielvorgaben in der Zielvereinbarung für den Kläger unerreichbar gewesen seien, weil er den Umsatz hätte fast vervierfachen müssen. Die Vereinbarung sei nur deswegen erfolgt, weil der Kläger die bisherige Position der Beklagten am Markt nicht habe einschätzen können und die Beklagte ihm dieses Wissen vorenthalten habe, obwohl er vor Vertragsschluss deutlich gemacht habe, dass die Beklagte einen großen Wissensvorsprung ihm gegenüber habe und er deshalb auf ihre Fairness angewiesen sei.

Hinsichtlich des Anspruches auf Zahlung einer Karenzentschädigung hat der Kläger die Auffassung vertreten, aus dem Zusammenspiel der Unwirksamkeit der Nr. 13 Arbeitsvertrag in Verbindung mit der salvatorischen Klausel in Nr. 16 Arbeitsvertrag ergebe sich ein wirksames nachvertragliches Wettbewerbsverbot. Die Berufung der Beklagten auf die Nichtigkeit der Wettbewerbsvereinbarung in Nr. 13 Arbeitsvertrag sei nach § 242 BGB unbeachtlich. Der Verzicht der Beklagten sei verspätet erklärt worden.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Schadensersatz in Höhe von 15.000,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Oktober 2012 zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Urlaubsabgeltung in Höhe von 6.000,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Oktober 2012 zu zahlen,

3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für die Monate September 2012 bis März 2013 eine Karenzentschädigung in Höhe von 18.375,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den Betrag von 2.625,00 Euro seit dem 1. Oktober 2012, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. November 2012, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Dezember 2012, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Januar 2013, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Februar 2013, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. März 2013 und auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. April 2013 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, dass die klägerseitig angefochtene Zielvereinbarung gemeinsam abgestimmt und entwickelt worden sei und die Ziele durchaus erreichbar gewesen seien. Dem Kläger sei bekannt gewesen, dass sich das Unternehmen und insbesondere die Vertriebstätigkeit im Aufbau befunden hätten. Der Kläger sei als einziger Mitarbeiter damit betraut gewesen, die im Ausland bestehenden Vertriebsstrukturen zu vertiefen und neu aufzubauen. Die in der Zielvereinbarung angepeilten Umsatzzahlen seien im Hinblick auf die fehlende Marktdurchdringung einerseits und das Produktportfolio der Beklagten, das aus hochwertigen und damit entsprechend hochpreisigen Produkten aus der Medizintechnik bestehe, andererseits ohne weiteres zu erreichen gewesen. Der Kläger habe über alle Möglichkeiten verfügt, die für ihn vertragswesentlichen Umstände in Erfahrung zu bringen. Der Anfechtung läge lediglich ein Motivirrtum zugrunde und sei erst nach Ende des Arbeitsverhältnisses erfolgt. Jede Zielvereinbarung habe gewisse Unwägbarkeiten in sich. Es fehle auch die Darlegung, weshalb sich die Frage der in den Vorjahren erzielten Umsätze kausal auf den Abschluss der Zielvereinbarung 2012 ausgewirkt hätte.

Hinsichtlich der Karenzentschädigung hat die Beklagte die Ansicht vertreten, dass eine Heilung des nichtigen Wettbewerbsverbots aufgrund der salvatorischen Klausel schon daran scheitere, dass keine verlässliche Bestimmung des von den Parteien wirtschaftlich Gewollten getroffen werden könne. Zwar liege es im Interesse des Klägers, eine Karenzentschädigung zu erhalten. Dies liege aber nicht im wirtschaftlichen Interesse der Beklagten. Das Arbeitsverhältnis habe nur über einen sehr kurzen Zeitraum bestanden, in dem ein nur äußerst unzureichender Vertriebserfolg erzielt worden sei. Bereits die gezahlte Vergütung stehe in keinem Verhältnis zu den auf die Tätigkeit des Klägers zurückzuführenden Umsätzen. Zudem werde das Schriftformerfordernis nach § 74 Abs. 1 HGB bei der vom Kläger angenommenen Auslegung nicht gewahrt.

Das Arbeitsgericht hat durch die hier angefochtene Entscheidung der Klage stattgegeben, soweit der Kläger die Zahlung von 4.800,12 Euro brutto Urlaubsabgeltung verlangt hat, im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Bei der Berechnung der Urlaubsabgeltung könne nur von der Grundvergütung in Höhe von 4.000,00 Euro brutto ausgegangen werden. Darüber hinaus bestünden keine Ansprüche. Die Anfechtung der Zielvereinbarung sei unwirksam. Ein vorsätzliches Handeln der Beklagten, was Voraussetzung für die Annahme einer arglistigen Täuschung sei, sei nicht zu erkennen. Selbst wenn sie von falschen Voraussetzungen bei Abschluss der Zielvereinbarung ausgegangen sei, bedeute dies nicht, dass eine Täuschungsabsicht bestanden habe. Ebenso wenig stehe dem Kläger eine Karenzentschädigung zu. Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot sei nichtig, weil es keine Regelung für eine Karenzentschädigung enthalte. Dies könne nicht durch die salvatorische Klausel überwunden werden, denn darin liege keine Bezugnahme auf die gesetzlichen Vorschriften der §§ 74 ff. HGB. Nr. 13 Arbeitsvertrag sei eindeutig als einseitige Auflage des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer anzusehen, ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ohne irgendeine Zahlungsverpflichtung einzugehen. Wegen der weiteren Einzelheiten zur Begründung wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung (Seite 8 bis 11 des Urteils, Bl. 102R bis 104 d. A.) verwiesen.

Das Urteil wurde dem Kläger am 5. Juni 2013 zugestellt. Hiergegen richtet sich die am 1. Juli 2013 eingelegte und mit dem am 5. August 2013 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung des Klägers. Zugleich hat er die Klage um die Zahlung der Karenzentschädigung für die Monate April 2013 bis August 2013 erweitert sowie hilfsweise für den Fall der Unzulässigkeit bzw. Unbegründetheit des Antrages auf Zahlung von Schadensersatz die einbehaltene Vergütung für den Monat August 2012 verlangt.

Der Kläger hält unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags zur Sach- und Rechtslage an seiner Ansicht fest, dass die Beklagte eine Aufklärungspflicht verletzt habe, in dem sie über die für den Vertragszweck wesentlichen Umsatzzahlen den Kläger trotz seiner offengelegten Unkenntnis nicht aufgeklärt habe. Dies sei auch arglistig erfolgt, da sich allein aus der objektiven Differenz zwischen erreichten Umsätzen und festgelegten Zielen für die Beklagte bzw. deren Geschäftsführer die Erkenntnis ergeben habe, dass die bestehenden Umsatzzahlen eine für den Kläger zum Vertragsschluss entscheidende Tatsache dargestellt hätten. Es sei nicht erforderlich, dass die Beklagte bewusst die Zielvereinbarung mit Zahlen versehen habe, die tatsächlich nicht erreichbar seien. Sie habe es zumindest billigend in Kauf genommen, dass der Kläger die Zielvereinbarung mit der Vorgabe dieser Ziele nicht unterzeichnet hätte, wenn er um den zu diesem Zeitpunkt aktuellen Unternehmensumsatz des Vorjahrs bzw. der Vormonate gewusst hätte. Im Übrigen ergebe sich ein Anspruch aus der Störung der Geschäftsgrundlage. Wenn die Beklagte bzw. ihr Geschäftsführer im Zeitpunkt des Vertragsschlusses wie der Kläger davon ausgegangen sei, dass die Beklagte sich in einem geschäftlichen Umfeld bewege, welches die Erreichung der festgelegten Ziele ermögliche, so sei dies doch tatsächlich nicht der Fall gewesen. Die Geschäftsgrundlage habe von Anfang nicht bestanden. Das Risiko der Nichterreichung der Ziele falle auch nicht ausschließlich in die Sphäre eines der Vertragspartner. Auch der Arbeitgeber habe regelmäßig ein Interesse, gemeinsam mit dem Arbeitnehmer Ziele festzulegen, die dieser auch tatsächlich erreichen könne, da nur dann eine motivierende Wirkung von der Zielvereinbarung ausgehe. Rechtsfolge einer Störung der Geschäftsgrundlage sei das Entstehen eines Anspruchs auf Anpassung des Vertrags. Darum habe der Kläger den Geschäftsführer ersucht, welcher ihn in Aussicht gestellt, jedoch gleichwohl nicht gewährt habe. Dem zufolge sei dem Kläger ein Schaden entstanden, welchen die Beklagte zu ersetzen habe. Für die Ermittlung der Urlaubsabgeltung sei auch dieser Schadensersatzanspruch bei der Berechnung der zu zahlenden Urlaubsvergütung zu berücksichtigen. Soweit ein Anspruch auf Schadensersatz verneint werde, habe der Kläger jedenfalls Anspruch auf weiteren Arbeitslohn für den Monat August 2012. Die Parteien hätten eine Verrechenbarkeit der Vorschüsse mit dem Anspruch auf Bonuszahlung vereinbart, nicht aber mit dem Anspruch auf das Grundgehalt. Dies ergebe sich auch aus der Ausgestaltung der Vertragsänderung vom 2. Juli 2012.

Darüber hinaus bestehe ein Anspruch des Klägers auf Karenzentschädigung. Im vorliegenden Fall bestehe trotz der fehlenden ausdrücklichen Bezugnahme auf §§ 74 ff. HGB aufgrund der salvatorischen Klausel eine Grundlage für die Zahlung einer Karenzentschädigung. Dem Sinn und Zweck der unwirksamen Bestimmung in Nr. 13 Arbeitsvertrag und dem von den Parteien wirtschaftlich Gewollten entspreche am ehesten die Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots mit einer Karenzentschädigung in der gesetzlichen Mindesthöhe. Es verbiete sich von vornherein anzunehmen, dass das wirtschaftlich Gewollte im Sinne des Arbeitsvertrags eine nichtige Regelung sei. Die Ausgestaltung des Wettbewerbsverbots zeige, dass es der Beklagten auf ein wirksames Wettbewerbsverbot angekommen sei. Zudem sei der Kläger in einem Bereich beschäftigt gewesen, der sich im Aufbau befunden habe. Die verhältnismäßig kurze Tätigkeit des Klägers sei unerheblich. Hinsichtlich der Höhe der Karenzentschädigung werde diese in voller Höhe bis zum 30. Juni 2013 geschuldet. Für die Monate Juli und August 2013 habe eine Anrechnung der Vergütung aus der neuen Beschäftigung des Klägers nach § 74 c Abs. 1 Satz 1 HGB zu erfolgen.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Schadensersatz in Höhe von 15.000,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Oktober 2012 zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Urlaubsabgeltung in Höhe von weiteren 1.199,88 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Oktober 2012 zu zahlen,

3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für die Monate September 2012 bis März 2013 eine Karenzentschädigung in Höhe von 18.375,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den Betrag von 2.625,00 Euro seit dem 1. Oktober 2012, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. November 2012, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Dezember 2012, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Januar 2013, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Februar 2013, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. März 2013 und auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. April 2013 zu zahlen,

4. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für die Monate April 2013 bis August 2013 eine Karenzentschädigung in Höhe von 12.425,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den Betrag von 2.625,00 Euro seit dem 1. Mai 2013 auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Juni 2013, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Juli 2013, auf den Betrag von weiteren 2.275,00 Euro seit dem 1. August 2013 und auf den Betrag von weiteren 2.275,00 Euro seit dem 1. September 2013 zu zahlen;

5. hilfsweise für den Fall der Unzulässigkeit oder Unbegründetheit des Antrages zu 1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weiteren Arbeitslohn für den Monat August 2012 in Höhe von 3.000,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. September 2012 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens zur Sach- und Rechtslage bestreitet die Beklagte weiterhin, den Kläger arglistig getäuscht zu haben. Es fehle hierfür an jedem Anhaltspunkt hierfür. Die Geltendmachung eines Anspruchs aufgrund einer Störung der Geschäftsgrundlage scheitere bereits daran, dass kein Ansatzpunkt dafür ersichtlich sei, dass die Parteien das Erreichen bestimmter Umsatzziele zur Geschäftsgrundlage gemacht hätten. Es entspreche dem Wesen einer Zielvorgabe, dass es sich um eine Prognose handele, deren Eintritt ungewiss sei. Der Kläger verkenne den Charakter einer umsatzabhängigen Zielvereinbarung. Im Übrigen bedeute Vertragsanpassung nicht, dass der maximal zu erreichende Bonus geschuldet werde. Demensprechend bestehe auch kein Anspruch auf eine höhere Urlaubsabgeltung. Darüber hinaus sei die Verrechnung des Bonusvorschusses mit dem Grundgehalt im Monat August 2012 zu Recht erfolgt. Die Interpretation des Klägers, wonach eine Verrechnung lediglich mit Bonuszahlungen möglich sein soll, finde im Wortlaut der Vereinbarung keine Stütze.

Des Weiteren bestehe kein Anspruch auf Karenzentschädigung. Eine solche sei nicht vereinbart, die entsprechende Wettbewerbsabrede im Arbeitsvertrag nichtig. Die salvatorische Klausel rechtfertige nicht die Auslegung, dass die Vorschriften der §§ 74 ff. HGB in Bezug genommen seien. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte eine Regelung in Anlehnung an die gesetzliche Vorschrift zur Ausgestaltung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes gewollt habe. Der entgegenstehende Wille ergebe sich aus der eindeutigen Vertragsregelung.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den von den Parteien in Bezug genommenen Inhalt der erst- und zweitinstanzlich zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der Sitzungen des Arbeitsgerichts am 11. Januar 2013 und 22. Mai 2013 sowie des Landesarbeitsgerichts am 3. Dezember 2013 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die insgesamt zulässige Berufung ist teilweise begründet. Der Kläger hat zwar keinen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz oder aus anderen Gründen im Hinblick auf die nicht gezahlte variable Vergütung; dementsprechend ist auch keine höhere Urlaubsabgeltung zu zahlen (I.). Die Beklagte hat jedoch für den Monat August 2012 noch Arbeitslohn in Höhe von 3.000,00 Euro brutto zu leisten und dem Kläger eine Karenzentschädigung, wenn auch nicht in der von ihm geltend gemachten Höhe, für die Monate September 2012 bis August 2013 zu zahlen (II.).

I. Die Beklagte hat weder eine Bonuszahlung noch eine höhere Urlaubsabgeltung an den Kläger zu leisten.

1. Ein Anspruch auf Zahlung von Schadenersatz wegen eines von der Beklagten zu vertretenden unterbliebenen Abschlusses einer Zielvereinbarung besteht nicht, weil die Parteien unter dem 13. Februar 2013 eine wirksame Zielvereinbarung getroffen haben. Insbesondere ist sie nicht aufgrund der Anfechtung des Klägers gemäß § 142 Abs. 1 BGB als von Anfang an nichtig anzusehen.

a) Hat ein Arbeitnehmer nach dem Arbeitsvertrag einen Anspruch auf einen variablen Gehaltsbestandteil gemäß einer Zielvereinbarung, so resultiert daraus die Verpflichtung des Arbeitgebers, mit dem Arbeitnehmer Verhandlungen über den Abschluss einer Zielvereinbarung zu führen und ihm Ziele, die dieser nach einer auf den Zeitpunkt des Angebots bezogenen Prognose erreichen könnte, für die jeweilige Zielperiode anzubieten. Werden entgegen einer arbeitsvertraglichen Abrede keine Verhandlungen über eine Zielvereinbarung geführt und wird deshalb für eine Zielperiode keine Zielvereinbarung getroffen, hat der Arbeitnehmer nach Ablauf der Zielperiode grundsätzlich Anspruch auf Schadensersatz, wenn der Arbeitgeber das Nichtzustandekommen der Zielvereinbarung zu vertreten hat (vgl. BAG, 12. Dezember 2007, 10 AZR 97/07, NZA 2008, 409 <411, 415>, Rn. 14, 44; 10. Dezember 2008, 10 AZR 889/07, NZA 2009, 256 <257 f.>, Rn. 12 ff.; 12. Mai 2010, 10 AZR 390/09, NZA 2010, 1009 <1010>, Rn. 11). Diese Verhandlungspflicht, die als Nebenpflicht aus der arbeitsvertraglichen Vereinbarung einer nach Zielerreichung zu bestimmenden variablen Vergütung folgt, fordert das Angebot realistischer Ziele. Es geht nicht zulasten des Arbeitnehmers, wenn er ein Angebot mit nicht erreichbaren Zielen ablehnt (vgl. BAG, 10. Dezember 2008, a. a. O., Rn. 15 f.).

Nimmt der Arbeitnehmer ein vom Arbeitgeber unterbreitetes Angebot einer Zielvereinbarung an, ist die Grundlage für einen Schadensersatzanspruch entfallen. Denn der Arbeitgeber hat seiner Verhandlungspflicht Genüge getan und eine Regelung ist getroffen worden. Die Angemessenheit der vereinbarten Ziele im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist selbst im Falle der Vorformulierung der Zielvereinbarung durch den Arbeitgeber gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht zu überprüfen. Das gilt selbst dann, wenn der Arbeitgeber nicht erreichbare Ziele vorformuliert hat. Nimmt der Arbeitnehmer trotzdem ein solches Angebot an, bleibt er daran grundsätzlich gebunden. Er trägt die Konsequenz daraus, dass er der vom Arbeitgeber vorgeschlagenen Vereinbarung zugestimmt hat.

b) Etwas anderes könnte dann gelten, wenn der Arbeitnehmer aufgrund einer arglistigen Täuschung des Arbeitgebers gemäß § 123 BGB seine Zustimmung zu der vom Arbeitgeber vorgeschlagenen Zielvereinbarung anfechten kann. In diesem Fall käme es grundsätzlich in Betracht, dass nach dem ersatzlosen Wegfall der Zielvereinbarung gemäß § 142 Abs. 1 BGB es der Arbeitgeber zu vertreten hat, dass für die Zielperiode keine Vereinbarung getroffen wurde, weshalb er dem Arbeitnehmer auf Schadensersatz haftet.

Einer Entscheidung dieser Frage bedarf es jedoch nicht. Ebenso kann offen bleiben, ob vorliegend die Beklagte den Kläger dadurch getäuscht hat, dass sie vor Abschluss der Zielvereinbarung die bisherigen Umsatzzahlen in den vom Kläger umschriebenen Zeiträumen nicht offengelegt hat, oder – alternativ – eine Täuschung dadurch begangen hat, dass sie nicht erreichbare Ziele vorformuliert und dem Kläger als erreichbar dargestellt hat. Die vom Kläger erklärte Anfechtung scheitert an der nach § 123 BGB erforderlichen Arglist. Diese ist aufgrund des unstreitigen Sachverhalts unter Berücksichtigung des Vortrags des Klägers nicht feststellbar.

aa) Arglistig ist die Täuschung, wenn der Täuschende weiß oder billigend in Kauf nimmt, dass seine Behauptungen nicht der Wahrheit entsprechen und deshalb oder mangels Offenbarung bestimmter Tatsachen irrige Vorstellungen beim Getäuschten entstehen oder aufrechterhalten werden. Fahrlässigkeit – auch grobe Fahrlässigkeit – genügt nicht. Die Beweislast für das Vorliegen von Arglist trägt der Anfechtende. Dass es sich hierbei um eine innere Tatsache handelt, steht dem nicht entgegen (vgl. BAG, 12. Mai 2011, 2 AZR 479/09, NZA-RR 2012, 43 <46>, Rn. 43; 11. Juli 2012, 2 AZR 42/11, NZA 2012, 1316 <1317>, Rn. 22; 6. September 2012, 2 AZR 270/11, NZA 2013, 1087 <1089>, Rn. 26). Erforderlich ist, dass der Täuschende die Unrichtigkeit der für den Getäuschten bedeutsamen Umstände kennt (vgl. BGH, 3. Februar 1998, X ZR 18/96, NJW-RR 1998, 904 <905>, I. 2. b) der Gründe; BeckOK-BGB/Wendtland, Stand 1. November 2013, § 123 BGB Rn. 17; Palandt/Ellenberger, BGB, 73. Auflage, 2014, § 123 Rn. 11) oder unrichtige Behauptungen ohne tatsächliche Grundlage „ins Blaue hinein“ aufstellt (vgl. BGH, 29. Januar 1975, VIII ZR 101/73, NJW 1975, 642 <645>, 5. der Gründe; 11. Juni 1979, VIII ZR 224/78, NJW 1979, 1886 <1888>, II. 2. g) cc) der Gründe). Im Fall einer Offenbarungspflicht muss der Aufklärungspflichtige wissen oder zumindest damit rechnen und billigend in Kauf nehmen, dass der andere Teil von den verschwiegenen Umständen keine Kenntnis hat (vgl. BGH, 26. Januar 1996, V ZR 42/94, NJW-RR 1996, 690, II. 2. b) der Gründe). Der Täuschungswille muss auf Irrtumserregung und Beeinflussung der Willensentschließung beim anderen Teil gerichtet sein. Das setzt die Kenntnis der Bedeutung des eigenen Verhaltens beim Täuschenden voraus (BeckOK-BGB/Wendtland, a. a. O, Rn. 18). Objektiv unrichtige Angaben lassen zwar regelmäßig den Schluss auf einen Täuschungswillen zu, eine lediglich ungeschickte Formulierung, welche zur Irreführung geeignet ist, genügt aber nicht (vgl. BGH, 3. Februar 1998, a. a. O., 905 f, I. 2. b) der Gründe; 22. Februar 2005, X ZR 123/03, NJW-RR 2005, 1082 <1083 f.>, 1. e) (1) und (2) der Gründe).

bb) Bei Anwendung dieser Grundsätze im vorliegenden Fall scheidet eine Arglist aus. Weder lässt sich feststellen, dass die Beklagte wusste, dass sie mit der von ihr vorformulierten Zielvereinbarung unrealistische Ziele vorschlug, noch ist ersichtlich, dass sie über deren Erreichbarkeit den Kläger täuschen wollte. Entsprechendes gilt, soweit sie dem Kläger die Umsatzzahlen nicht mitgeteilt hat.

 (1) Das Arbeitsgericht und die Beklagte verweisen zu Recht darauf, dass jeder Zielvereinbarung die Nichterreichbarkeit von Zielvorgaben immanent ist und es sich bei diesen um Prognosen handelt, deren Eintritt ungewiss ist. Zudem zeigt die vereinbarte Staffelung der Bonuszahlung je nach Grad der Zielerreichung, dass die vollständige Zielerreichung eben gerade nicht gewiss war und Vorsorge für den Fall der teilweisen Zielerreichung getroffen werden sollte. Auch wenn der Arbeitgeber grundsätzlich verpflichtet ist, dem Arbeitnehmer Ziele, die dieser nach einer auf den Zeitpunkt des Angebots bezogenen Prognose erreichen könnte, für die jeweilige Zielperiode anzubieten, muss es sich nicht um in jedem Fall erreichbare Ziele handeln. Auch anspruchsvolle Zielvorgaben, deren Verwirklichung nur bei besonderer Anstrengung und einem optimalen Verlauf der Geschäfte erreicht werden können, dürfen Gegenstand einer Zielvereinbarung sein und deswegen vom Arbeitgeber vorformuliert werden.

Vor diesem Hintergrund war es für den Kläger zwar in der Tat schwierig, dass Auslandsumsatzvolumen fast zu verdoppeln, um überhaupt eine Prämienzahlung für 50 % Zielerreichung zu erhalten. Mehr als schwierig dürfte auch die Erhöhung des bisherigen Umsatzes um das 3,7-fache gewesen sein, so dass die Erreichung dieses Ziels auch bei einem optimalen Verlauf des restlichen Geschäftsjahres im Hinblick auf die Notwendigkeit einer Einarbeitung des Klägers und den Aufbau des Auslandsvertriebes objektiv kaum möglich gewesen sein dürfte. Auf der anderen Seite wurde mit dem Kläger als „Manager International Sales“ ein speziell für das Ausland zuständiger Vertriebsmitarbeiter eingestellt, welcher die intensivere Bearbeitung des internationalen Marktes für die hochpreisigen Produkte der Beklagten sicher stellen sollte. Dieser Markt war zudem aus Sicht der Beklagten „wenig durchdrungen“, d. h. er bot erhebliche Entwicklungsmöglichkeiten. Die Beklagte mag vor diesem Hintergrund die im Jahr 2012 erreichbaren Ziele zu optimistisch formuliert haben. Dies hat ihr Geschäftsführer ausweislich des von der Beklagten nicht bestrittenen Vortrags des Klägers am 25. Juni 2013 sinngemäß so eingeräumt. Eine leichtfertige Formulierung der zu erreichenden Ziele zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung ohne tatsächliche Grundlage „ins Blaue hinein“ ist daraus jedoch nicht abzuleiten.

 (2) Entsprechendes gilt, soweit der Kläger darauf abstellt, dass ihm nicht die bisherigen Umsätze mitgeteilt wurden. Zum einen hat er nicht direkt danach gefragt, obwohl er die Möglichkeit dazu hatte. Die Tatsache der Einstellungsverhandlung stand einer solchen Frage, welche die Grundlagen der erfolgsabhängigen Vergütung betraf, nicht entgegen. Zum anderen konnte seinen Appellen an die „Fairness“ der Beklagten und der durch ihn erfolgten Offenlegung der finanziellen Auswirkungen eines Vertragsschlusses im Vergleich zu seinem bisherigen Einkommen nicht zwingend die Aufforderung an die Beklagten zu einer Mitteilung ihrer bisherigen Umsätze entnommen werden.

Die Beklagte durfte des Weiteren davon ausgehen, dass der Kläger das Risiko einer völligen oder teilweisen Zielverfehlung bereits vor dem Hintergrund des aufzubauenden Auslandvertriebes und angesichts der vorgesehenen gestaffelten Bonuszahlungen einschätzen konnte. Dann kann ohne eine konkrete Frage des Klägers nach den Umsätzen nicht festgestellt werden, dass deren unterbliebene Offenlegung durch die Beklagte zur Irreführung des Klägers diente und in Kenntnis ihrer Bedeutung für seine Entscheidung zum Abschluss der Vereinbarung erfolgte. Ihr Verhalten ist lediglich Ausdruck einer allenfalls fahrlässigen Fehleinschätzung sowohl der möglichen Zielerreichung als auch des Informationsbedürfnisses des Klägers hinsichtlich der „Sicherheit“ einer Bonuszahlung. Es geht zulasten des Klägers, dass er sein Informationsbedürfnis ausweislich des E‑Mail-Verkehrs vom 6./8. Februar 2012 nicht klar und eindeutig formuliert hat.

Soweit der Kläger vorgetragen hat, dass auch eine teilweise Zielerreichung nicht möglich gewesen sei, fehlt es dafür an konkretem Vortrag, warum die Beklagte dies bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses der Zielvereinbarung gewusst und ihn durch die Vorformulierung der Ziele bzw. die unterbliebene Angabe der Umsatzzahlen bedingt vorsätzlich in die Irre geführt hat. Der Kläger hat nur pauschal behauptet, ihm sei bereits im April 2012 klar geworden, dass die Ziele und Boni nicht erreichbar gewesen seien. Belastbare Anhaltspunkte über die von ihm herangezogenen Umsatzzahlen des Jahres 2011 bzw. der letzten drei bis vier Monate vor Abschluss der Zielvereinbarung hinaus bestehen dafür nicht.

2. Ebenso wenig kommt ein Anspruch auf Bonuszahlung oder einem entsprechenden Schadenersatz unter dem Gesichtspunkt der Störung der Geschäftsgrundlage in Betracht.

a) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann (§ 313 Abs. 1 BGB). Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen (§ 313 Abs. 2 BGB). Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung (§ 313 Abs. 3 BGB).

b) „Geschäftsgrundlage“ im Sinne des § 313 BGB sind die bei Abschluss des Vertrages zutage getretenen, dem anderen Teil erkennbar gewordenen und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Partei oder die gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien von dem Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt bestimmter Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf diesen Vorstellungen aufbaut, diese aber nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt geworden sind (vgl. BAG, 11. Juli 2012, 2 AZR 42/11, NZA 2012, 1316 <1318>, Rn. 32; 23. April 2013, 3 AZR 512/11, juris, Rn. 41; BGH, 28. April 2005, III ZR 351/04, NJW 2005, 2069 <2071>, II. 1. c) der Gründe; 1. Februar 2012, VIII ZR 307/10, NJW 2012, 1718 <1720>, Rn. 26).

Im vorliegenden Fall beruft sich der Kläger darauf, dass die übereinstimmenden Vorstellung der Parteien von der Erreichbarkeit der in der Zielvereinbarung genannten Zielgrößen für Auslandsumsatz und Zahl der Vertriebspartner Geschäftsgrundlage gewesen sei, welche von Beginn an falsch gewesen sei, so dass eine Vertragsanpassung zu erfolgen habe. Diese Betrachtung blendet jedoch aus, dass Bestandteil dieser Geschäftsgrundlage genauso gewesen ist, dass die Zielerreichung nicht oder nur teilweise eintreten kann, also ein hier vom Kläger zu tragendes Risiko beinhaltet. Einer Vertragspartei steht auch bei wesentlichen Änderungen der Verhältnisse kein Recht auf Anpassung des Vertrages zu, wenn die Störung in ihre Risikosphäre fällt (vgl. BeckOK-BGB/Unberath, a. a. O., § 313 BGB Rn. 27; Palandt/Ellenberger, a. a. O., § 313 BGB Rn. 19). Für eine Berücksichtigung von Störungen der Geschäftsgrundlage ist grundsätzlich kein Raum, soweit es um Erwartungen und Umstände geht, die nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Risikobereich einer der Parteien fallen sollen. Eine solche vertragliche Risikoverteilung schließt für den Betroffenen regelmäßig die Möglichkeit aus, sich bei Verwirklichung des Risikos auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage zu berufen (vgl. BGH, 21. September 2005, XII ZR 66/03, NJW 2006, 899 <901>, Rn. 30; 9. März 2010, VI ZR 52/09, NJW 2010, 1874 <1877>, Rn. 24).

Entgegen der Auffassung des Klägers liegt das Risiko der Zielverfehlung und des daraus resultierenden Entfalls einer Bonuszahlung bei ihm allein. Die Beklagte trägt nur das unternehmerische Risiko, dass sich ihre Umsatzerwartungen nicht erfüllen. Daran ist der Kläger zwar indirekt über die Bonusvereinbarung beteiligt, aber eben gerade in der Weise, dass er das Risiko des Entfalls der Bonuszahlung bei Nichterreichung der Zielvorgaben trägt. Dass im Übrigen nicht mal die in der Vereinbarung vorgesehene teilweise Zielerreichung völlig unrealistisch gewesen sein soll, ist trotz der unverkennbaren Schwierigkeit einer Verdoppelung des Umsatzes aufgrund des pauschalen Vortrags des Klägers nicht ohne weiteres erkennbar. Die Vorstellung der Vertragsparteien über die immer risikobehaftete Erreichbarkeit der vereinbarten Ziele war nicht grundlegend falsch und ging nicht über das vom Kläger zu tragende Risiko hinaus. Eine Überschreitung der immanenten Grenzen der Risikozuweisung, welche eine Anwendung von § 313 BGB rechtfertigen könnte (vgl. BeckOK-BGB/Unberath, a. a. O., § 313 BGB Rn. 27; Palandt/Ellenberger, a. a. O., § 313 BGB Rn. 19), liegt nicht vor.

c) Darüber hinaus ist keine Grundlage dafür ersichtlich, dass eine Anpassung – eine Störung der Geschäftsgrundlage unterstellt – zu dem vom Kläger geltend gemachten Zahlungsanspruch führt. Die benachteiligte Partei kann den anderen Teil zwar unmittelbar auf Anpassung in Anspruch nehmen, d. h. im Rechtsstreit direkt auf die angepasste Leistung klagen (vgl. BGH, 28. April 2005, III ZR 351/04, NJW 2005, 2069 <2070 f.>, II. 1. der Gründe; BeckOK-BGB/Unberath, a. a. O., § 313 BGB Rn. 86; Palandt/Ellenberger, § 313 BGB Rn. 41). Im vorliegenden Fall ist jedoch nicht erkennbar, dass dem Kläger bereits für seine geleistet Tätigkeit eine Bonuszahlung für 100 % Zielerreichung zustehen soll. Ebenso wenig sind Anhaltspunkte dafür erkennbar, welche Zielvorgaben erreichbar und welche Bonuszahlungen dafür angemessen gewesen wären. Entgegen der Ansicht des Klägers lässt sich jedenfalls ein Schadensersatzanspruch wegen Störung der Geschäftsgrundlage nach den Grundsätzen, welche das Bundesarbeitsgericht für die Verletzung der Verhandlungspflicht zum Abschluss einer Zielvereinbarung durch den Arbeitgeber entwickelt hat, aus § 313 BGB nicht ableiten.

3. Da demnach die Vergütung des Klägers für die letzten drei Monate (dreizehn Wochen, § 11 BUrlG) jeweils nur 4.000,00 Euro brutto monatlich betrug, besteht kein höherer Urlaubsabgeltungsanspruch als derjenige, welcher vom Arbeitsgericht auf der Grundlage dieser Vergütung zuerkannt wurde.

II. Dagegen hat die Beklagte noch die im August 2012 einbehaltene Vergütung sowie eine Karenzentschädigung für ein Jahr nach Ausscheiden zu zahlen.

1. Der erstmals in der Berufungsinstanz hilfsweise geltend gemachte Antrag auf Zahlung des Einbehalts in Höhe von 3.000,00 Euro brutto ist zulässig und begründet.

a) Nach § 533 ZPO sind Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage nur zulässig, wenn der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat. Das sind die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist (§ 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Letzteres richtet sich im arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren nicht nach §§ 530 f. ZPO, sondern nach § 67 ArbGG (vgl. BAG, 15. Februar 2005, 9 AZN 892/04, NZA 2005, 484 <486>, II. 2. b) bb) (3) der Gründe; Germelmann in Germelmann/Matthes/Prütting, Arbeitsgerichtsgesetz, 8. Auflage, 2013, § 67 ArbGG Rn. 1).

aa) Bei dem Antrag auf Zahlung von 3.000,00 Euro brutto Lohn für August 2012 handelt es sich um eine Klageänderung im Sinne des § 263 ZPO. Mit ihm wird im Wege der nachträglichen Klagehäufung, für die § 263 ZPO ebenfalls (entsprechend) anwendbar ist (vgl. BGH, 10. September 1985, III ZR 93/83, NJW 1985, 1841 <1842>, 4. der Gründe; Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, 2014, § 263 ZPO Rn. 1), ein weiterer Streitgegenstand eingeführt. Die Zahlung der vereinbarten Monatsvergütung, welche aufgrund einer Verrechnung mit einem vermeintlichen Rückzahlungsanspruch für Bonusvorschusszahlungen gekürzt worden ist, stellt einen anderen Streitgegenstand dar als die Geltendmachung einer Bonuszahlung im Wege des Schadensersatzes oder unter dem Gesichtspunkt des § 313 BGB.

bb) Die Einwilligung der Beklagten in die Klageänderung liegt aufgrund der rügelosen Einlassung in die geänderte Antragstellung in der mündlichen Verhandlung vom 3. Dezember 2013 vor (§ 64 Abs. 6 ArbGG, § 525, § 267 ZPO). Ihre vorherige schriftsätzliche Äußerung in der Berufungserwiderung, „ungeachtet der Frage, ob die erstmalige Geltendmachung eines Vergütungsanspruches für den Monat August 2012 im Wege eines Hilfsantrages in der Berufungsinstanz zulässig ist“, sei dieser unbegründet, steht dem nicht entgegen.

Im Übrigen ist der Hilfsantrag auf Zahlung von Vergütung für den Monat August 2012 sachdienlich. Für die Frage, ob eine Klageänderung sachdienlich ist, kommt es nicht auf die subjektiven Interessen der Partei an, sondern allein auf die objektive Beurteilung, ob und inwieweit die Zulassung der Klageänderung den sachlichen Streitstoff im Rahmen des anhängenden Rechtsstreits ausräumt und einem andernfalls zu gewärtigenden weiteren Rechtsstreit vorbeugt. Maßgebend ist der Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit. Weder der Verlust einer Tatsacheninstanz für den Gegner noch die Notwendigkeit neuer Parteierklärungen und Beweiserhebungen sowie eine dadurch bedingte verzögerte Erledigung des Prozesses steht der Annahme der Sachdienlichkeit entgegen. Sie ist im Allgemeinen nur zu verneinen, wenn ein völlig neuer Streitstoff in den Rechtsstreit eingeführt werden soll, bei dessen Beurteilung das Ergebnis der bisherigen Prozessführung nicht verwertet werden kann (vgl. BGH, 10. September 1985, III ZR 93/83, NJW 1985, 1841 <1842>, 4. b) der Gründe; Zöller/Heßler, a. a. O., § 533 ZPO Rn.. 6). Im vorliegenden Fall wird ein weiterer Rechtsstreit der Parteien um die Berechtigung der Verrechnung der Bonusvorschusszahlungen mit dem Gehalt für den Monat August 2012 vermieden. Der sachliche Streitstoff der Parteien hinsichtlich der dem Kläger zustehenden Vergütungsansprüche aus dem Arbeitsverhältnis wird damit ausgeräumt.

cc) Die Entscheidung über den Hilfsantrag kann auf der Grundlage der ohnehin gemäß § 529 ZPO, § 67 ArbGG der Entscheidung zugrunde zu legenden Tatsachen erfolgen. Dazu gehört der gesamte in erster Instanz vorgetragene Tatsachenstoff, auch wenn das erstinstanzliche Gericht ihn als unerheblich ansieht und es daher hierzu keine Feststellungen trifft, denn Vortrag ist nicht deshalb in der Berufungsinstanz neu, weil er in erster Instanz für unerheblich befunden wurde. In diesem Fall ist es Aufgabe des Berufungsgerichts, die erforderlichen Feststellungen zu treffen. Nichts anderes gilt, wenn die Tatsachen erst durch eine in zweiter Instanz erfolgte Klageänderung erheblich geworden sind (vgl. BGH, 13. Januar 2012, V ZR 183/10, NJW-RR 2012, 429 <430>, Rn. 11 m. w. N.). Die Voraussetzungen von § 533 Nr. 2 ZPO sind erfüllt, wenn die Klageänderung auf Vorbringen gestützt wird, das bereits in erster Instanz erfolgt und deshalb nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO beachtlich ist. Dies gilt gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, § 67 ArbGG ebenso für neues unstreitiges Vorbringen (so für die Widerklage sowie für § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO: BGH, a. a. O., Rn. 12 m. w. N.).

Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob das Vorbringen (auch) für die bisherige Klage erheblich ist. Eine solche zusätzliche Einschränkung kann dem Wortlaut des § 533 Nr. 2 ZPO nicht entnommen werden. Zwar heißt es dort, die Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage könnten nur auf Tatsachen gestützt werden, die „das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zu Grunde zu legen hat“. Diese Formulierung knüpft aber wörtlich an den Eingangssatz von § 529 Abs. 1 ZPO an; schon daraus folgt, dass das Tatsachenvorbringen, auf das die Klageänderung gestützt wird, (nur) die in jener Norm enthaltenen Anforderungen erfüllen muss (vgl. für die Widerklage BGH, 13. Januar 2012, V ZR 183/10, NJW-RR 2012, 429 <430>, Rn. 13 m. w. N.). Dies war auch die erklärte Absicht des Gesetzgebers. § 533 Nr. 2 ZPO soll verhindern, dass über die Klageänderung, Aufrechnung oder Widerklage neuer Tatsachenstoff eingeführt wird, der nach § 529 ZPO nicht zu Grunde zu legen ist; umgekehrt soll dieser Tatsachenstoff ausreichen, um hierüber entscheiden zu können. Nur durch die Bezugnahme auf § 529 ZPO soll eine Flucht in die Klageänderung, Aufrechnung oder Widerklage mit dem Ziel der Verfahrensverzögerung in der Berufungsinstanz verhindert werden (vgl. BT-Drucks. 14/4722, 102; für die Widerklage BGH, 13. Januar 2012, a. a. O.). Wird eine aufwendige Beweisaufnahme über im ersten Rechtszug vorgetragene Tatsachen ausschließlich im Hinblick auf die zweitinstanzliche Klageänderung, Aufrechnungserklärung oder Widerklage erforderlich, kann dies bei fehlender Einwilligung des Gegners allenfalls dazu führen, dass die Sachdienlichkeit gemäß § 533 Nr. 1 ZPO zu verneinen ist (vgl. BGH, a. a. O.).

Im vorliegenden Fall war die Zielvereinbarung mit der Regelung der Bonusvorschusszahlung bereits Bestandteil des unstreitigen Tatsachenvortrages erster Instanz im Sinne des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Entsprechendes gilt für die Verrechnung der für die Monate März bis Mai 2012 geleisteten Vorschusszahlungen mit der Vergütung für den Monat August 2012, welche der Kläger unbestritten in seiner Klage bereits vorgetragen und durch Vorlage der Abrechnung für diesen Monat (Anlage K8 zur Klageschrift) belegt hatte. Es handelt sich bei dem Einbehalt um einen Annex zu der strittigen Frage eines Schadensersatzanspruches wegen Nichtabschlusses einer Zielvereinbarung, welcher damit inzidenter Gegenstand des sachlichen Streitstoffes in diesem Prozess von Beginn an war.

b) Dem Kläger steht gemäß § 611, § 293, § 615 BGB für die Zeit seiner Freistellung im Monat August 2012 noch ein weiterer Vergütungsanspruch von 3.000,00 Euro zu.

aa) Gemäß Nr. 6 a) Arbeitsvertrag konnte der Kläger aufgrund des während der Freistellung bestehenden Annahmeverzuges der Beklagten für den Monat August 2012 die Zahlung eines Festgehaltes von monatlich 4.000,00 Euro brutto beanspruchen. Die Beklagte hat nur 1.000,00 brutto gezahlt. Dementsprechend waren weitere 3.000,00 brutto dem Kläger noch zu vergüten.

bb) Die Beklagte war nicht berechtigt, die in den Monaten März bis Mai 2012 geleisteten Bonusvorschusszahlungen mit dem Festgehalt zu verrechnen. Dies ist aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen der Parteien ausgeschlossen.

 (1) In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist anerkannt, dass derjenige, der Geld als Vorschuss nimmt, sich auch verpflichtet, den Vorschuss dem Vorschussgeber wieder zurückzuzahlen, wenn und soweit die bevorschusste Forderung nicht entsteht (vgl. BAG, 10. März 1960, 5 AZR 426/58, AP BGB zu § 138 Nr. 2, I. der Gründe; 15. März 2000, 10 AZR 101/99, NZA 2000, 1004 <1007>, II. B. 3. c) der Gründe; LAG Hamm, 3. März 2009, 14 Sa 361/08, juris, Rn. 57 m. w. N.). Eine wirksame Rückzahlungsverpflichtung besteht – auch beim Provisionsvorschuss – selbst ohne entsprechende ausdrückliche Vereinbarung schon allein aufgrund der Vorschussgewährung (vgl. BAG, 25. Oktober 1967, 3 AZR 453/66, AP HGB § 92 Nr. 3, III. 2. der Gründe). Bei einer Vorschussgewährung von Geld sind sich Vorschussgeber und Vorschussnehmer darüber einig, dass der letztere Geld für eine Forderung erhält, die entweder noch gar nicht entstanden oder nur aufschiebend bedingt entstanden oder zwar entstanden, aber noch nicht fällig ist. Beide Teile sind sich weiterhin darüber einig, dass im Falle der Entstehung, der endgültigen unbedingten Entstehung oder des Fälligwerdens der bevorschussten Forderung der Vorschuss auf die Forderung zu verrechnen ist. Sollte die Forderung nicht oder nicht zeitgerecht entstehen, ist der Vorschussnehmer verpflichtet, den erhaltenen Vorschuss dem Vorschussgeber zurück zu gewähren (vgl. BAG, 15. März 2000, a. a. O.; 25. September 2002, 10 AZR 7/02, NZA 2003, 617 <619>, II. 3. a) der Gründe).

Danach wäre der Kläger grundsätzlich verpflichtet gewesen, die auf den nicht erreichten Bonus gewährten Vorschusszahlungen der Beklagten zurückzuzahlen. Weil ein Vorschuss eine vorweggenommene Vergütungstilgung darstellt, bedarf es zur Verrechnung keiner Aufrechnung und Aufrechnungserklärung nach § 387, § 388 BGB. Auch § 394 BGB findet keine Anwendung (vgl. BAG, 13. Dezember 2000, 5 AZR 334/99, NZA 2002, 390 <392>, II. 2. d) der Gründe; 25. September 2002, 10 AZR 7/02, NZA 2003, 617 <619>, II. 3. a) der Gründe). Die Beklagte hätte deshalb die von ihr vorgenommene Verrechnung mit dem Festgehalt für den Monat August 2012 grundsätzlich vornehmen können.

 (2) Dem stand jedoch die Vereinbarung der Parteien entgegen, das Vorschusszahlungen auf den Bonus nur mit diesem, nicht aber mit dem Festgehalt verrechnet werden konnten.

 (a) Nr. 3 Abs. 1 der Zielvereinbarung enthält sowohl in der Ursprungsfassung vom 13. Februar 2012 als auch in der geänderten Fassung vom 2. Juli 2012 die Regelung, dass auf den Bonus ein „verrechenbarer Vorschuss“ von monatlich 1.000,00 Euro gezahlt wird. Nr. 3 Abs. 2 und 3 Zielvereinbarung regeln sodann die Abrechnung unter Verrechnung mit den erhaltenen Vorschusszahlungen zum 30. September 2012 und 31. Dezember 2012 sowie die Auszahlung eines möglichen Überschussbetrages. Zudem ist in Nr. 3 Abs. 3 Satz 2 Zielvereinbarung festgehalten, dass Zielerfüllungen unter 50 % nicht vergütet werden. Aus dem Wortlaut der Regelung lässt sich demnach noch nicht im Wege der Auslegung ableiten, dass eine Rückgewähr des Vorschusses oder dessen Verrechnung mit dem Grundgehalt ausgeschlossen ist.

 (b) Auch bei einem klaren und eindeutigen Wortlaut der Erklärung gilt jedoch, dass die Auslegung auf die Gesamtumstände abzustellen hat. Haben alle Beteiligten eine Erklärung übereinstimmend in demselben Sinne verstanden, so geht der wirkliche Wille der Parteien dem Wortlaut des Vertrages und jeder anderweitigen Interpretation vor und setzt sich selbst gegenüber einem völlig eindeutigen Vertragswortlaut durch. Lässt sich ein übereinstimmender Wille feststellen, so ist dieser auch dann allein maßgeblich, wenn er in dem Vertrag nur einen unvollkommenen oder gar keinen Ausdruck gefunden hat. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um die Auslegung einer Individualabrede (vgl. BAG, 19. November 2008, 10 AZR 671/07, NZA 2009, 318 <320>, Rn. 20; 2. Juli 2009, 3 AZR 501/07, NZA-RR 2010, 205 <206>, Rn. 19) oder einer Allgemeinen Geschäftsbedingung (vgl. BAG, 15. September 2009, 3 AZR 173/08, NZA 2010, 342 <344>, Rn. 27; BGH, 16. Juni 2009, XI ZR 145/08, NJW 2009, 3422 <3423>, Rn. 16) handelt.

Die Parteien sind bei Abschluss der Zielvereinbarung übereinstimmend davon ausgegangen, dass die auf den Bonus geleisteten Vorschusszahlungen nur mit diesem zu verrechnen, jedoch nicht zurückzuerstatten sind, wenn ein Bonusanspruch nicht besteht. Dies ergibt sich aus dem E-Mail-Austausch vom 6./8. Februar 2012. Auf den ausdrücklichen Hinweis des Klägers zu Nr. 3 der Zielvereinbarung, das im Vorgespräch die „Bonusvorauszahlung … als anrechenbar, jedoch nicht als rückerstattbar definiert“ wurde, erwiderte der Geschäftsführer der Beklagten: „Das steht da auch nicht. Nur verrechenbar. Bitte zeigen Sie die entsprechende Stelle.“ Damit war für beide Parteien klar, dass eine Verrechnung der Vorschüsse ausschließlich mit dem Bonusanspruch erfolgen sollte. Ihre Rückerstattung für den Fall, das ein Bonusanspruch mangels Zielerreichung nicht entsteht, ist dagegen ausgeschlossen.

 (c) Dem steht nicht entgegen, dass ausweislich der Gesprächsnotiz des Klägers vom 25. Juni 2012 dieser im Zusammenhang mit der vom Geschäftsführer der Beklagten angekündigten Einstellung der Vorschusszahlungen notiert hat, dass er mit den Vorschusszahlungen „einen Schuldenberg aufbaue“. Daraus resultierte nur die Änderung vom 2. Juli 2012, wonach die Beklagte die Vorschusszahlungen in begründeten Fällen aussetzen konnte. Eine entgegen der ursprünglichen Vereinbarung auch auf das Festgehalt sich erstreckenden Pflicht zur Rückzahlung der Vorschüsse ist dadurch nicht begründet worden. Hinsichtlich der Bonuszahlungen sollte es nach der Erklärung des Geschäftsführers im Gespräch vom 25. Juni 2012 noch zu einem „fairen“ Kompromiss kommen. Daraus konnte der Kläger ableiten, dass über die Einstellung der Vorschusszahlungen hinaus eine den veränderten Verhältnissen angepasste Neuregelung erfolgen sollte. Die Begründung einer umfassenden Rückzahlungsverpflichtung mit der Vereinbarung vom 2. Juli 2012 ergab sich daraus für ihn nicht.

cc) Eine Berechtigung der Beklagten zur Verrechnung der in den Monaten März bis Mai 2012 geleisteten Bonusvorschusszahlungen mit dem für den Monat August 2012 zu zahlenden Festgehalt schied danach aus. Dementsprechend hat sie den einbehaltenen Betrag an den Kläger auszuzahlen.

2. Dem Kläger steht des Weiteren ein Anspruch auf Zahlung von Karenzentschädigung in Höhe von insgesamt 25.400,00 Euro brutto für die Monate September 2012 bis August 2013 zu.

a) Zwischen den Parteien besteht ein wirksames Wettbewerbsverbot. Zwar enthält Nr. 13 Arbeitsvertrag nicht die Zusage einer Karenzentschädigung. Diese folgt jedoch aus der salvatorischen Klausel des Nr. 16 Arbeitsvertrag.

aa) Wettbewerbsverbote, die entgegen § 74 Abs. 2 HGB keine Karenzentschädigung vorsehen, sind nichtig (vgl. BAG, 13. September 1969, 3 AZR 138/68, NJW 1970, 626 <627>, III. 3. der Gründe; 3. Mai 1994, 9 AZR 606/92, NZA 1995, 72 <73>, I. 1. b) der Gründe; 18. Januar 2000, 9 AZR 929/98, juris, Rn. 10 ff.; 28. Juni 2006, 10 AZR 407/05, NZA 2006, 1157 <1158>, Rn. 11). Nach dem Wortlaut der Regelung in Nr. 13 Arbeitsvertrag liegt ein nichtiges nachvertragliches Wettbewerbsverbot vor, weil sie keine Karenzentschädigungszusage für den Kläger enthält. Es findet sich kein Anhaltspunkt in dieser Bestimmung für eine solche Zusage. Dies gilt selbst unter der Berücksichtigung des Ziels redlicher Parteien, im Zweifel ein wirksames Wettbewerbsverbot vereinbaren zu wollen (vgl. BAG, 28. Juni 2006, a. a. O., 1158 f., Rn. 14). Weder heißt es in der Bestimmung, dass im Übrigen auf die §§ 74 ff. HGB verwiesen wird (so in dem Fall des BAG, a.a.O.) noch findet sich eine Formulierung, dass die Vereinbarung „im Rahmen des rechtlich Zulässigen“ gelten soll, was für die Vereinbarung einer Karenzentschädigung ausreichen kann (vgl. LAG Köln, 28. Mai 2010, 10 Sa 162/10, juris, Rn. 37 ff.). Nr. 13 enthält ausschließlich eine Regelung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots sowie seiner gegenständlichen und zeitlichen Reichweite.

bb) Das nichtige Wettbewerbsverbot in Nr. 13 Arbeitsvertrag wird jedoch gemäß Nr. 16 Satz 2 bis 4 Arbeitsvertrag durch ein wirksames ersetzt, in dem es um eine Karenzentschädigungszusage in der nach § 74 Abs. 2 HGB vorgesehenen Mindesthöhe ergänzt wird. Nr. 16 Arbeitsvertrag sieht im Falle der teilweisen oder vollständigen Unwirksamkeit oder Nichtigkeit einzelner oder mehrerer Bestimmungen des Arbeitsvertrages nicht nur nach seinem Satz 1 vor, dass die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen hierdurch nicht berührt wird. Vielmehr gilt gemäß Satz 2 bis 4 darüber hinaus anstelle der unwirksamen Bestimmung diejenige wirksame Bestimmung als vereinbart, die dem Sinn und Zweck der unwirksamen Bestimmung und dem von den Parteien wirtschaftlich Gewollten am ehesten entspricht, und zwar sowohl hinsichtlich Inhalts als auch Maß und Umfangs der Leistung. Die salvatorische Klausel beinhaltet damit sowohl eine Erhaltungsklausel (Nr. 16 Satz 1 Arbeitsvertrag) als auch eine Ersetzungsklausel (Nr. 16 Satz 2 bis 4 Arbeitsvertrag) (zur Unterscheidung vgl. BGH, 6. April 2005, XII ZR 132/03, NJW 2005, 2225 <2226>, II. 1. b) der Gründe; 25. Juli 2007, XII ZR 143/05, NJW 2007, 3202 <3203>, Rn. 26 f.; MüKo-BGB/Busche, 6. Auflage, 2012, § 139 BGB Rn. 8; BeckOK-BGB/Wendtland, a. a. O., § 139 BGB Rn. 7). Es kann dabei in diesem Zusammenhang offen bleiben, ob es sich bei dieser Klausel um eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB, eine der Kontrolle nach § 305 c Abs. 2, § 306, § 307 bis § 309 BGB unterliegende Klausel im Sinne des § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB oder eine Individualvereinbarung handelt. In allen drei Fällen folgt aus der Ersetzungsklausel des Nr. 16 Satz 2 bis 4 Arbeitsvertrag für die Beklagte als Arbeitgeberin die Verpflichtung, eine Vertragsanpassung hinzunehmen, wenn und soweit dies dem Sinn und Zweck der nichtigen Bestimmung und dem von den Parteien wirtschaftlich Gewollten entspricht. Dies ist im vorliegenden Fall die Ergänzung des Wettbewerbsverbots in Nr. 13 Arbeitsvertrag um die Zusage einer Karenzentschädigung in gesetzlicher Höhe.

 (1) Die salvatorische Klausel des Nr. 16 Arbeitsvertrag ist für die Beklagte als Arbeitgeberin bindend.

 (a) Soweit es sich bei der salvatorischen Klausel um eine Individualabrede handelt, begegnet diese grundsätzlich keinen Bedenken, insbesondere kann dadurch § 139 BGB zulässigerweise abbedungen werden (vgl. BGH, 11. Oktober, 1995, VIII ZR 25/94, NJW 1996, 773 <774>, II. 2. b) aa) der Gründe; 30. Januar 1997, IX ZR 133/96, NJW-RR 1997, 684 <685>, III. 2. a) der Gründe; Staudinger/Roth, BGB, Neubearbeitung 2010, § 139 Rn. 22). Das gilt auch für einen individuell ausgehandelten Arbeitsvertrag (vgl. ErfK/Preis, 14. Auflage, § 310 BGB Rn. 95; HK-ArbR/Däubler, 3. Auflage, 2013, § 611 BGB Rn. 601).

 (b) Soweit es sich bei der salvatorischen Klausel um eine Allgemeine Geschäftsbedingung bzw. eine der AGB-Kontrolle nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB unterliegende Klausel handelt, ist zwar allgemein anerkannt, dass eine solche Klausel unwirksam ist. Denn damit wird die Rechtsfolge einer Unwirksamkeit nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht nur abweichend von dem in § 306 BGB geregelten Rechtsfolgensystem gestaltet, indem die in § 306 Abs. 2 BGB vorgesehene Geltung des dispositiven Rechts verdrängt wird (vgl. BAG, 13. Dezember 2011, 3 AZR 791/09, NZA 2012, 738 <741>, Rn. 38; 28. Mai 2013, 3 AZR 103/12, NZA 2013, 1419 <1420>, Rn. 20; BGH, 22. November 2001, VII ZR 208/00, NJW 2002, 894 <895>, II. 3. der Gründe). Eine solche Abweichung von der Verteilung des Unwirksamkeitsrisikos in § 306 BGB ist unzulässig, weil erst das Risiko der Totalunwirksamkeit einer Klausel Anreiz für den Arbeitgeber ist, angemessene Klauseln zu formulieren und zu verwenden (vgl. ErfK/Preis, a. a. O., § 310 BGB Rn. 95; HK‑ArbR/Boemke/Ulrici, a. a. O., § 306 Rn. 19; a. A. Staudinger/Schlosser, a. a. O., Neubearbeitung 2013, § 306 BGB Rn. 18). Zudem fehlt es einer solchen Klausel an der erforderlichen Transparenz. Die Rechte und Pflichten des Vertragspartners werden entgegen § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht möglichst klar und durchschaubar dargestellt, weil unklar bleibt, welche Regelung konkret an die Stelle der unwirksamen Bedingung treten soll. Dies ist unzulässig, weil es den Vertragspartner des Verwenders unangemessen benachteiligt (vgl. BAG, 25. Mai 2005, 5 AZR 572/04, NZA 2005, 1111 <1115>, IV. 8. c) der Gründe; 13. Dezember 2011, a. a. O., 28. Mai 2013, a .a. O.).

Dies gilt jedoch nicht für den Fall, dass sich der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber als Verwender der salvatorischen Klausel auf diese beruft. Die Inhaltskontrolle nach § 307 BGB schafft lediglich einen Ausgleich für die einseitige Inanspruchnahme der Vertragsfreiheit durch den Klauselverwender, sie dient aber nicht dem Schutz des Klauselverwenders vor den von ihm selbst vorformulierten Vertragsbedingungen (vgl. BAG, 27. Oktober 2005, 8 AZR 3/05, NZA 2006, 257 <258>, Rn. 16; 28. Juni 2006, 10 AZR 407/05, NZA 2006, 1157 <1159>, Rn. 15; BGH, 2. April 1998, IX ZR 79/97, NJW 1998, 2281 <2281>, II. 3. a) der Gründe). Dementsprechend kann die Beklagte als Arbeitgeberin und Verwenderin der vorformulierten Bedingungen des Arbeitsvertrages sich gegenüber dem Kläger als Arbeitnehmer nicht darauf berufen, dass im Rahmen einer AGB-Kontrolle Nr. 16 Arbeitsvertrag unwirksam sei.

 (2) Die salvatorische Ersetzungsklausel des Nr. 16 Satz 2 bis 4 Arbeitsvertrag führt zu einem wirksamen Wettbewerbsverbot.

 (a) Für eine salvatorische Erhaltensklausel gilt, dass sie es nicht generell ausschließt, dass sich die Nichtigkeit einer Vertragsregelung auf weitere Vertragsbestimmungen oder den ganzen Vertrag erstreckt. Sie begründet aber eine Umkehr der Vermutungsregel des § 139 BGB (vgl. BGH, 15. März 2010, II ZR 84/09, NJW 2010, 1660 <1661>, Rn. 8) und damit zugleich der in Anwendung des § 139 BGB geltenden Darlegungs- und Beweislast (vgl. BGH, 4. Februar 2010, IX ZR 18/09, NJW 2010, 1364 <1366>, Rn. 30), d. h. sie regelt die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Rahmen der wegen § 139 BGB stets erforderlichen Prüfung, ob die Parteien das teilnichtige Geschäft hinsichtlich des Restes hätten aufrecht erhalten wollen (vgl. BAG, 23. April 2009, 6 AZR 533/08, NZA 2009, 1260 <1263>, Rn. 30; BGH, 24. September 2002, KZR 10/01, NJW 2003, 347 <347 f.>). Fehlt eine salvatorische Erhaltensklausel, gilt gemäß § 139 BGB, dass bei der Nichtigkeit eines Teils des Rechtsgeschäfts das ganze Rechtsgeschäft nichtig ist, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde. Die Vertragspartei, welche den Vertrag aufrechterhalten will, trägt die Darlegungs- und Beweislast für diejenigen Umstände, welche zum Fortbestand des teilnichtigen Geschäfts führen (vgl. BGH, 24. September 2002, KZR 10/01, NJW 2003, 347 <347 f.>; 4. Februar 2010, IX ZR 18/09, NJW 2010, 1364 <1366>, Rn. 30). Ist dagegen eine Erhaltensklausel vereinbart, tritt die Nichtigkeit des gesamten Vertrages nur dann ein, wenn die Aufrechterhaltung des Restgeschäfts trotz der salvatorischen Klausel im Einzelfall durch den durch Vertragsauslegung zu ermittelnden Parteiwillen nicht mehr getragen wird (vgl. BGH, 15. März 2010, II ZR 84/09, NJW 2010, 1660 <1661>, Rn. 8). Die Vertragspartei, welche den Vertrag entgegen der Klausel als Ganzes für nichtig erachtet, trägt die Darlegungs- und Beweislast für die insoweit geltend gemachten Tatsachen (vgl. BGH, 24. September 2002, a. a. O.; 4. Februar 2010, a. a. O.).

Die Gesamtnichtigkeit kommt insbesondere in Betracht, wenn nicht nur eine Nebenabrede, sondern eine wesentliche Vertragsbestimmung unwirksam ist und durch die Teilnichtigkeit der Gesamtcharakter des Vertrages verändert würde (vgl. BGH, 15. März 2010, a. a. O.; 5. Dezember 2012, I ZR 92/11, EuZW 2013, 753 <758>, Rn. 55). Ebenso kann Gesamtnichtigkeit vorliegen, wenn sich diese aus Sinn und Zweck der Verbotsnorm ergibt, gegen welche die einzelne vertragliche Bestimmung verstößt (vgl. MüKo-BGB/Armbruster, a. a. O., § 134 BGB Rn. 109; Staudinger/Roth, a. a. O., § 139 BGB Rn. 22).

 (b) Entsprechendes gilt für die salvatorische Ersetzungsklausel. Auch sie bewirkt nicht, dass die vom Nichtigkeitsgrund nicht unmittelbar erfassten Teile des Geschäfts unter allen Umständen als wirksam behandelt werden sollen, insbesondere wenn keine konkreten Anhaltspunkte dafür bestehen, worauf sich die Parteien des Vertrags bei Nichtigkeit der Bestimmung verständigt hätten (vgl. BGH, 5. Dezember 2012, I ZR 92/11, EuZW 2013, 753 <758>, Rn. 53, 59). Ebenso ist eine Regelung nichtig, wenn der Schutzzweck der Verbotsnorm, gegen die die vertragliche Bestimmung verstößt, ihrer Ersetzung entgegensteht. Im Übrigen scheidet diese nur dann aus, wenn sie im Einzelfall von dem durch Vertragsauslegung zu ermittelnden Parteiwillen nicht mehr getragen wird, wofür die Vertragspartei, welche die Bestimmung entgegen der Klausel für nicht ersetzbar erachtet, die Darlegungs- und Beweislast trägt. Dies ist im vorliegenden Fall die Beklagte.

 (c) Bei Anwendung dieser Grundsätze im vorliegenden Fall besteht ein wirksames nachvertragliches Wettbewerbsverbot mit der Zusage einer Karenzentschädigung in gesetzlicher Höhe.

 (aa) Die Aufrechterhaltung des Wettbewerbsverbots mit dem Inhalt, dass hierfür eine Karenzentschädigung in gesetzlicher Höhe geschuldet wird, verstößt nicht gegen das der Nichtigkeit nach § 74 Abs. 2 HGB zugrundeliegende Verbot eines entschädigungslosen Wettbewerbsverbotes, sondern trägt seinem Sinn und Zweck gerade Rechnung.

 (bb) Ein wirksames, d. h. eine Karenzentschädigung in gesetzlicher Höhe vorsehendes nachvertragliches Wettbewerbsverbot entspricht am ehesten dem Sinn und Zweck des nichtigen Nr. 13 Arbeitsvertrag und dem von den Parteien wirtschaftlich Gewollten.

 (aaa) Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts und der Beklagten ergibt sich aus Nr. 13 Arbeitsvertrag nicht der eindeutige Wille der Beklagten, dass sie ausschließlich die einseitige Auflage des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer beabsichtigte, ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ohne irgendeine Zahlungsverpflichtung einzuhalten. Dagegen spricht schon, dass die Beklagte, welche die Arbeitsverträge ausweislich des E-Mail-Verkehrs aus Februar 2012 vorformuliert hatte, schlicht die ausdrückliche Regelung der Karenzentschädigungszusage vergessen haben kann. Etwas Gegenteiliges ergibt sich weder aus dem Vertragstext noch aus dem Vortrag der Beklagten. Denn zur Entstehung dieser Formulierung von Nr. 13 Arbeitsvertrag hat sie nichts vorgetragen.

Darüber hinaus verweist der Kläger zurecht darauf, dass die Beklagte dass beabsichtigte Wettbewerbsverbot zeitlich und räumlich konkretisiert und durch die salvatorische Klausel zum Ausdruck gebracht hat, keine unwirksamen Regelungen zu wollen. Das lässt vom objektiven Empfängerhorizont her die Absicht einer rechtlich verbindlichen, auf die Situation der Vertragsparteien angepassten Vereinbarung über die Begrenzung nachvertraglichen Wettbewerbs erkennen. Jedenfalls ist aufgrund von Nr. 16 Arbeitsvertrag ein hinter der von der Beklagten vorformulierten Regelung des Nr. 13 Arbeitsvertrag stehender Wille, nur ein entschädigungsloses Wettbewerbsverbot zu wollen, nicht klar und eindeutig im Vertrag zum Ausdruck gekommen.

 (bbb) Bezogen auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses ist weiter davon auszugehen, dass beide Parteien ein Interesse an dem Abschluss eines wirksamen Wettbewerbsverbotes hatten. Die Beklagte beschäftigte den Kläger als einzigen Mitarbeiter für den Auslandsvertrieb ihrer Produkte. Er sollte diesen aufbauen. Die Beklagte spricht im Zusammenhang mit der Erreichbarkeit der in der Zielvereinbarung enthaltenen Ziele davon, dass es sich um einen bislang wenig erschlossenen Markt („fehlende Marktdurchdringung“) für ihr Produktportfolio aus hochwertigen und hochpreisigen Produkten der Medizintechnik im Bereich UV-Phototherapie handelt. Scheidet der für einen solchen Markt zuständige Vertriebsmitarbeiter aus dem Arbeitsverhältnis aus, liegt es im Interesse des Arbeitgebers, sich vor den Folgen zu schützen, die grundsätzlich wegen der Markt- und Kundenkenntnisse des Mitarbeiters durch die legitime Nutzung seines beruflichen Erfahrungswissens auch ohne Verletzung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen entstehen können. Gerade bei Vertriebsmitarbeitern ist es dann üblich, durch Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes diese Risiken einzugrenzen. Angesichts der Marktstruktur im Geschäftsbereich der Beklagten bestanden für sie erhebliche Risiken, wenn der Kläger zu einem Wettbewerber wechselte. Das gilt erst recht im Hinblick darauf, dass er diesen Markt aufzubauen hatte. Die dadurch ihm zuwachsenden Kenntnisse über mögliche Kunden und Strategien der Akquisition würden im Falle eines Ausscheidens zu einem besonderen Risiko des Rückschlags durch Kundenverlust oder Verlust von Marktchancen führen. Gegenteiliges hat die Beklagte nicht vorgetragen.

Entsprach danach ein wirksames nachvertragliches Wettbewerbsverbot dem hypothetischen Parteiwillen der Beklagten, schloss dies die Zahlung einer Karenzentschädigung in gesetzlicher Höhe mit ein. Dies entsprach auch dem hypothetischen Willen des Klägers, sich bei einer Inkaufnahme des Wettbewerbsverbots jedenfalls teilweise wirtschaftlich dagegen abzusichern, für einen bestimmten Tätigkeitsbereich nach Vertragsende gesperrt zu werden, und die Folgen eingeschränkter Chancen auf dem Arbeitsmarkt zumindest abzumildern. Zwar lag eine Beschränkung seiner beruflichen Betätigungsfreiheit grundsätzlich nicht in seinem Interesse. Wie sich aus seiner Unterzeichnung des Arbeitsvertrages ergibt, war er jedoch bereit, dieses für den Abschluss eines Arbeitsvertrages in Kauf zu nehmen. Dann gilt dies erst recht für ein wirksames, mit einer Karenzentschädigungszusage versehenes Wettbewerbsverbot.

 (ccc) Der Annahme, die Parteien hätten ein wirksames Wettbewerbsverbot unter Einschluss einer Karenzentschädigung gewollt, steht nicht, wie die Beklagte meint, schon der Umstand entgegen, dass das Arbeitsverhältnis nur über einen sehr kurzen Zeitraum bestanden hat und der Kläger nach ihrem Vortrag nur einen äußerst unzureichenden Vertriebserfolg erzielt haben und die gezahlte Vergütung in keinem Verhältnis zu den auf seine Tätigkeit zurückzuführenden Umsätzen stehen soll. Das nachträgliche tatsächliche „Fehlschlagen“ des Arbeitsverhältnisses ist für die Bestimmung des hypothetischen Parteiwillens unerheblich, weil es als solches allein nicht der Annahme entgegensteht, ein rechtlich verbindliches Wettbewerbsverbot entspreche am ehesten dem Sinn und Zweck von Nr. 13 Arbeitsvertrag und dem von den Parteien damit wirtschaftlich Gewollten. Denn es trägt nicht dem Umstand Rechnung, dass der mutmaßliche Parteiwillen bezogen auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu ermitteln ist, weil der Abschluss solcher für die Zukunft bindender Regelungen gerade vor dem Risiko der ungewissen tatsächlichen Entwicklung erfolgt und gerade diese Situation den Parteiwillen bestimmt.

Es kann sich daher allenfalls die Frage stellen, ob es dem hypothetischen Parteiwillen der Beklagten entsprochen hätte, dass Wettbewerbsverbot erst nach einer gewissen Dauer des Arbeitsverhältnisses in Kraft treten zu lassen, und der Kläger sich hierauf ebenfalls eingelassen hätte, um überhaupt eingestellt zu werden. So kann die Geltung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots daran geknüpft werden, dass das Arbeitsverhältnis über die Probezeit hinaus fortbesteht oder erst nach Ablauf einer gewissen Beschäftigungsdauer in Kraft treten soll; eine solche aufschiebende Bedingung ist auch als Allgemeine Geschäftsbedingung zulässig (vgl. BAG, 13. Juli 2005, 10 AZR 532/04, AP HGB § 74 Nr. 78, II. 1. der Gründe; 28. Juni 2006, 10 AZR 407/05, NZA 2006, 1157 <1159>, Rn. 18). Damit kann der Arbeitgeber dem Umstand Rechnung tragen, dass der Arbeitnehmer typischerweise erst dann gefährlich werden kann, wenn er genügend Einblick in Betriebsgeheimnisse gewonnen hat (vgl. Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, 6. Auflage, 2012, Rn. 523).

Eine solche Annahme scheidet im vorliegenden Fall jedoch aus. Denn der Kläger war als einziger Vertriebsmitarbeiter für den Aufbau des im Vergleich zur Fa. T, aus deren Insolvenz die Beklagte hervorgegangen ist, „brachliegenden“ Auslandsvertriebs zuständig. Geringe Marktdurchdringung in einem hochpreisigen Produktbereich ließen kurzfristige Erfolge durchaus möglich erscheinen, wie sich aus den von der Beklagten vorformulierten ehrgeizigen Zielen in der Zielvereinbarung hinsichtlich Umsatz und Zahl der Vertriebspartner ergibt. Dann konnte der Kläger – eine erfolgreiche Tätigkeit unterstellt – bereits bei einem kurzfristigen Ausscheiden gute Ansätze bei der Steigerung des Auslandsumsatzes wieder zunichte machen, wenn er zu einem Konkurrenten ging. Bei Abwägung der Chancen und Risiken für eine erfolgreiche Tätigkeit des Klägers entsprach unter diesen Umständen ein wirksames Wettbewerbsverbot von Beginn des Arbeitsverhältnisses an eher dem hypothetischen Parteiwillen sowohl der Beklagten als auch des Klägers. Gegenteiliges hat die Beklagte nicht vorgetragen.

 (ddd) Unerheblich ist es in diesem Zusammenhang, dass in der Praxis immer wieder in der Regel von Arbeitgebern vorformulierte Wettbewerbsverbote vorkommen, die keine oder keine ausdrückliche Entschädigungszusage enthalten. Dies mag daran liegen, dass die Rechte des Arbeitnehmers möglichst nicht genau umschrieben werden sollen, damit dieser später Wettbewerb unterlässt, ohne einen Entschädigungsanspruch geltend zu machen. Ebenso mag der Arbeitgeber ein Interesse daran haben, sich nicht verbindlich für die Zukunft zu verpflichten, um sich ein Schlupfloch für den Fall freizuhalten, dass er später an dem Wettbewerbsverbot nicht mehr interessiert ist. Er braucht dann den Unterlassungsanspruch nicht geltend zu machen und kann darauf hoffen, dass er vom Arbeitnehmer nicht in Anspruch genommen wird (vgl. Bauer/Diller, a. a. O., Rn. 439; Grunsky, NZA 1988, 713 <714>).

Für die Ermittlung des hypothetischen Parteiwillens im Rahmen einer ausdrücklich im Vertrag vereinbarten salvatorischen Klausel, welche die Ersetzung einer unwirksamen Bestimmung durch eine wirksame Regelung vorsieht, ist eine solche Motivation des Arbeitgebers unerheblich und nicht zu berücksichtigen. Denn sie ist weder Vertragsinhalt geworden noch aufgrund ihrer Verdeckung durch die gewählte Vertragsformulierung für den Arbeitnehmer erkennbar gewesen. Sie ist insbesondere nicht das objektiv Vernünftige, das als Parteiwille anzunehmen ist (vgl. Palandt/Ellenberger, a. a. O., § 139 BGB Rn. 14). Objektiv vernünftig ist lediglich ein seriöser Geschäftswille eines redlichen Vertragspartners. Unseriöses Verhalten gegenüber Arbeitnehmern bei der Formulierung von nachvertraglichen Wettbewerbsverboten ist weder schutzwürdig noch schutzbedürftig oder mutmaßlicher übereinstimmender Parteiwille.

 (eee) Der Ersetzung der Nr. 13 Arbeitsvertrag durch ein Wettbewerbsverbot mit Entschädigungszusage in gesetzlicher Höhe steht die Systematik des § 74 Abs. 2 HGB nicht entgegen (so aber Bauer/Diller, a. a. O., Rn. 445). Weder muss die Karenzentschädigung „ausdrücklich“ (so Bauer/Diller, a. a. O.) noch „besonders“ (so Grunsky, a. a. O., 715) vereinbart sein. Notwendig ist lediglich eine im Wege der Auslegung zu ermittelnde Vereinbarung der Vertragsparteien. Diese ist schon dann vorhanden, wenn eine vertragliche Wettbewerbsklausel für alle Einzelheiten der vereinbarten Regelung auf die maßgebenden Vorschriften des HGB verweist. Denn es ist anzunehmen, dass die Parteien eine rechtswirksame Wettbewerbsabrede treffen wollen und mit der Bezugnahme auf die §§ 74 ff. HGB die Zahlung von Karenzentschädigung in der gesetzlichen Mindesthöhe verabreden, wenn nicht besondere Umstände vorliegen, die zu einem anderen Auslegungsergebnis führen könnten (vgl. BAG, 31. Juli 2002, 10 AZR 513/01, NZA 2003, 100 <101 f.> II. 1. der Gründe; 28. Juni 2006, 10 AZR 407/05, NZA 2006, 1157 <1158 f.>, Rn. 14).

Dies gilt entsprechend für die aufgrund einer zwischen den Parteien vereinbarten salvatorischen Ersetzungsklausel notwendige Ermittlung des hypothetischen Parteiwillens, ob ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot mit einer Karenzentschädigungszusage in gesetzlicher Höhe als wirksame Bestimmung anstelle des nichtigen nachvertraglichen Wettbewerbsverbots ohne Karenzentschädigungszusage gilt. Sprechen die erkennbaren Interessen der Parteien dafür, dass sie grundsätzlich bei Kenntnis der nichtigen Wettbewerbsabrede diese durch eine wirksame ersetzt hätten, bedarf es besonderer tatsächlicher Gesichtspunkte, die einem solchen mutmaßlichen Parteiwillen entgegenstehen. Solche besonderen Umstände sind vorliegend weder ersichtlich noch von der Beklagten vorgetragen.

 (fff) Schließlich stehen einer Ergänzung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes um eine Karenzentschädigungszusage in gesetzlicher Höhe weder das Schriftformgebot noch die Verpflichtung zur Aushändigung einer vom Arbeitgeber unterzeichneten, die wesentlichen Bestimmungen des Wettbewerbsverbots enthaltenden Urkunde nach § 74 Abs. 1 HGB entgegen (so aber Bauer/Diller, a. a. O., Rn. 445).

Sowohl das Wettbewerbsverbot des Nr. 13 Arbeitsvertrag als auch die salvatorische Ersetzungsklausel in Nr. 16 Satz 2 bis 4 Arbeitsvertrag sind ausweislich der vom Kläger vorgelegten Kopie Bestandteil des von beiden Parteien unterzeichneten schriftlichen Arbeitsvertrages, welcher dem Kläger ausgehändigt worden ist. Damit ist das Schriftformgebot hinsichtlich der auf der Ersetzungsklausel beruhenden Ergänzung der Nr. 13 Arbeitsvertrag um die Karenzentschädigungszusage gewahrt. Weder muss die Karenzentschädigungszusage selbst stets im Text enthalten sein noch bedarf es der Nachholung der Schriftform. Denn die Ersetzungsklausel dient der Lückenschließung für die Fälle, in denen eine Klausel endgültig unwirksam ist und deshalb durch eine gültige sinngemäße Klausel ersetzt werden soll (vgl. BGH, 25. Juli 2007, XII ZR 143/05, NJW 2007, 3202 <3203>, Rn. 30; Staudinger/Roth, a. a. O., § 139 BGB Rn. 22). Beruht diese Unwirksamkeit wie hier nicht auf einem Verstoß gegen ein Schriftformgebot, sondern auf dem gesetzwidrigen Inhalt der Klausel, steht einer Ersetzung ein Schriftformgebot nicht entgegen. Ebenso wie bei einer im Wege der Auslegung gewonnenen Entschädigungszusage aus einer Regelung, die neben dem Wettbewerbsverbot nur einen Verweis auf die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 74 ff. HGB enthält (vgl. dazu BAG, 28. Juni 2006, 10 AZR 407/05, NZA 2006, 1157 <1159>, Rn. 16), ist es für die Wahrung der Schriftform unschädlich, wenn sich die Entschädigungszusage aus einer salvatorischen Klausel ergibt, die Bestandteil des schriftlichen Arbeitsvertrags ist, welcher dem Arbeitnehmer ausgehändigt wurde. Dies reicht zur Information über die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag einschließlich der Wettbewerbsabrede aus, wenn wie hier eine unwirksame Vereinbarung durch eine wirksame ersetzt werden soll. Dementsprechend bedarf es auch keiner Nachholung der Aushändigung eines Wettbewerbsverbotes mit Entschädigungszusage. Die für ihre rechtlich wirksame Begründung notwendigen rechtlichen Grundlagen (Wettbewerbsverbot und salvatorische Klausel) sind in dem ausgehändigten Arbeitsvertrag enthalten.

cc) Der von der Beklagten mit Schriftsatz vom 21. Mai 2013 erklärte Verzicht ist unbeachtlich. Ein solcher kann gemäß § 75 a HGB nur vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, welche zum 31. August 2012 bereits erfolgte, erklärt werden.

b) Dem Kläger steht für die Monate September 2012 bis Juni 2013 eine monatliche Karenzentschädigung von 2.250,00 Euro brutto, für die Monate Juli und August 2013 eine solche von 1.450,00 Euro brutto zu. Dies ergibt für den Gesamtzeitraum einen Betrag vom 25.400,00 Euro brutto. Der weitergehende Anspruch des Klägers war zurückzuweisen.

aa) Der Kläger hat in den sechs Monaten seiner Beschäftigung durchschnittlich 4.500,00 Euro brutto verdient. Neben dem monatlichen Festgehalt von 4.000,00 Euro brutto hat er noch die nicht zurückzuzahlenden, gemäß § 74 b Abs. 2 HGB zu berücksichtigenden Bonusvorschusszahlungen in Höhe von insgesamt 3.000,00 Euro brutto erhalten. Bei einem Gesamtverdienst von 27.000,00 Euro brutto in sechs Monaten ergibt sich ein durchschnittliches Einkommen von monatlich 4.500,00 Euro brutto, aus dem sich ein gemäß § 74 b Abs. 1 HGB monatlich zu gewährender Anspruch auf Karenzentschädigung von 2.250,00 Euro brutto errechnet.

bb) Für die Monate September 2012 bis März 2013 war diese Karenzentschädigung in voller Höhe zu zahlen. Der Kläger hat in dieser Zeit Arbeitslosengeld I in Höhe von monatlich 2.255,10 Euro bezogen. Es begegnet zum einen Bedenken, nach der Aufhebung von § 148 SGB III ohne eine gesetzliche Neuregelung Arbeitslosengeld auf den Anspruch auf Karenzentschädigung aus einer Wettbewerbsvereinbarung anzurechnen (vgl. BAG, 14. September 2011, 10 AZR 198/10, NZA-RR 2012, 98 <99 f.>, Rn. 14 ff.). Selbst wenn im Wege der Auslegung oder analogen Anwendung von § 74 c Abs. 1 Satz 1 HGB die Anrechnung von Arbeitslosengeld zulässig wäre, kann der Arbeitgeber lediglich den tatsächlichen Auszahlungsbetrag, nicht aber einen aus dem Arbeitslosengeld hochgerechneten Bruttobetrag anrechnen (vgl. BAG, a. a. O, 100, Rn. 22 ff.). Bei einem monatlichen Arbeitslosengeld von 2.255,10 Euro errechnet sich zusammen mit der Karenzentschädigung ein Gesamtbetrag von 4.505,10 Euro. Diese Summe liegt unterhalb des dem Kläger gemäß § 74 c Abs. 1 Satz 1 HGB maximal zustehenden Betrages, der sich aus den um ein Zehntel erhöhten zuletzt bezogenen vertragsgemäßen Leistungen von (4.500,00 * 110 % =) 4.950,00 Euro ergibt.

Für die Monate April 2013 bis Juni 2013 war die Karenzentschädigung in voller Höhe zu zahlen, weil der Kläger in dieser Zeit keine weiteren anrechenbaren Einkünfte hatte.

In den Monaten Juli 2013 und August 2013 hat der Kläger im Rahmen der von ihm aufgenommenen Beschäftigung einen Betrag von 3.500,00 Euro brutto monatlich verdient. Unter Berücksichtigung der Kappungsgrenze des § 74 c Abs. 1 Satz 1 HGB hat die Beklagte für diese Monate nur noch einen Betrag von jeweils 1.450,00 Euro zu zahlen.

cc) Bei der Karenzentschädigung handelt es sich im Übrigen um einen Bruttoanspruch, weil dieses zwar kein Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 SGB IV ist und daher keine Sozialabgaben abzuführen sind (vgl. Bauer/Diller, a. a. O., Rn. 1126). Sie unterliegt jedoch der Lohn- und Einkommenssteuer, weil sie als „Entschädigung für die Nichtausübung der Tätigkeit“ gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 1 b) EStG steuerpflichtiges Einkommen im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 7, § 22 Nr. 3 EStG ist (vgl. BFH, 12. Juni 1996, XI R 43/94, juris; Bauer/Diller, a. a. O., Rn. 1132, 1134; HK-ArbR/Schütte/Schlegel, a. a. O., § 74 c HGB Rn. 16), Dementsprechend war die Beklagte zur Zahlung eines Bruttobetrages zu verurteilen, was klarstellend in den Tenor der Entscheidung mit aufzunehmen war.

dd) Ein höherer Anspruch, den der Kläger auf der Grundlage einer zu berücksichtigenden Bonuszahlung ermittelt hat, besteht mangels eines entsprechenden Zahlungsanspruches nicht.

3. Der Zinsanspruch für die Zahlung des restlichen Gehalts für August 2012 beruht auf § 286 Abs. 2 Nr. 1, § 614, § 288 Abs. 1, § 247 BGB, für die Karenzentschädigung auf § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB, § 74 b Abs. 1 HGB, § 288 Abs. 1, § 247 BGB, wobei der Kläger in Anlehnung an § 614 BGB nicht den Schluss des Monats, sondern den Anfang des Folgemonats für den Beginn des Zinsanspruches gewählt hat.

III. Hinsichtlich der Kostenentscheidung war zwischen den Instanzen zu unterscheiden, weil unterschiedliche Streitwerte angefallen sind.

Erstinstanzlich ist ausgehend von den in der letzten mündlichen Verhandlung gestellten Anträgen ein Streitwert von 39.375,00 Euro (15.000,00 Euro Schadenersatz, 6.000,00 Euro Urlaubsabgeltung, 18.375,00 Euro Karenzentschädigung für sieben Monate) der Kostenquotelung zugrunde zu legen. Der Kläger obsiegt neben den vom Arbeitsgericht als Urlaubsabgeltung zuerkannten Betrag von 4.800,12 Euro mit weiteren 15.750,00 Euro Karenzentschädigung für sieben Monate, d. h. mit einem Gesamtbetrag von 20.550,12 Euro. Daraus ergibt sich für die Beklagte eine Kostenquote von 52,2 % (20.550,12 * 100 / 39.375,00), für den Kläger vom 47,8 %.

Für das Berufungsverfahren ist ausgehend von den in der letzten mündlichen Verhandlung gestellten Anträgen eine Streitwert von 49.999,88 Euro (15.000,00 Euro Schadenersatz, 1.199,88 Euro weitere Urlaubsabgeltung, 30.800,00 Euro Karenzentschädigung sowie gemäß § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG 3.000,00 Vergütung für August 2012) der Kostenquotelung zugrunde zu legen. Der Kläger obsiegt mit nunmehr insgesamt 25.400,00 Euro Karenzentschädigung und 3.000,00 Vergütung, d. h. mit einem Gesamtbetrag von 28.400,00 Euro. Daraus ergibt sich für die Beklagte eine Kostenquote von 56,8 % (28.400,00 * 100 / 49.999,88), für den Kläger von 43,2 %.

IV. Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der entschiedenen Rechtsfragen zuzulassen.

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