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§ 164 Abs. 4 SGB IX – generelle Herausnahme aus Einteilung zum Wochenenddienst

Ein Hallenwart, der einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt ist, wollte gerichtlich durchsetzen, generell von Wochenenddiensten befreit zu werden. Er sah darin eine unzumutbare Belastung und forderte eine behinderungsgerechte Arbeitszeitgestaltung. Doch das Landesarbeitsgericht urteilte nun gegen ihn und bestätigte das Direktionsrecht des Arbeitgebers.

Übersicht:

Zum vorliegenden Urteil Az.: 2 Sa 2/21 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern
  • Datum: 29.03.2022
  • Aktenzeichen: 2 Sa 2/21
  • Verfahrensart: Berufung
  • Rechtsbereiche: Arbeitsrecht, Schwerbehindertenrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Ein Hallenwart, der einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt ist und von seinem Arbeitgeber verlangt, ihn von Wochenenddiensten auszunehmen.
  • Beklagte: Die Arbeitgeberin, die die Forderung des Klägers ablehnt und auf ihre organisatorische Freiheit sowie die Einhaltung von Gesetzen und Tarifverträgen verweist.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Ein als Hallenwart beschäftigter Arbeitnehmer, der einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt ist, wird zu Wochenenddiensten herangezogen. Er ist der Ansicht, dass er diese Dienste aufgrund seiner Gleichstellung und gesundheitlicher Probleme nicht leisten muss und verlangt deren Unterlassung.
  • Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage war, ob ein einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellter Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber verlangen kann, generell nicht mehr zu Wochenenddiensten eingeteilt zu werden, insbesondere aufgrund seiner Gleichstellung.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Arbeitnehmers zurückgewiesen und damit die Entscheidung des Arbeitsgerichts bestätigt. Er hat keinen generellen Anspruch darauf, von Wochenenddiensten ausgenommen zu werden.
  • Begründung: Das Gericht stellte fest, dass weder die Gleichstellung noch gesundheitliche Gründe einen generellen Anspruch auf Befreiung von Wochenenddiensten begründen. Wochenenddienste sind nicht automatisch „Mehrarbeit“ im Sinne des Schwerbehindertenrechts, außer möglicherweise Sonntagsarbeit nach sechs Arbeitstagen. Da der Antrag des Arbeitnehmers aber alle Wochenenddienste generell ausschließen wollte, musste er insgesamt abgewiesen werden.

Der Fall vor Gericht


Gleichgestellter Hallenwart: Kein genereller Anspruch auf Befreiung von Wochenenddiensten trotz § 164 SGB IX

Einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellter Arbeitnehmer kann von seinem Arbeitgeber nicht generell verlangen, von Wochenenddiensten befreit zu werden, wenn er nicht konkret nachweisen kann, dass seine Behinderung dies zwingend erfordert. Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern wies die Berufung eines Hallenwarts zurück, der sich gegen die Zuweisung von Diensten an Samstagen und Sonntagen wehrte und dabei unter anderem seinen Anspruch auf behinderungsgerechte Arbeitszeitgestaltung geltend machte.

Ausgangslage: Hallenwart klagt gegen Zuweisung von Wochenendarbeit bei öffentlichem Arbeitgeber

Vorgesetzte überreicht Hallenwart den Wochenenddienstplan im Büro, Symbol für Arbeitszeitstreit und behindertengerechte Gestaltung.
Symbolbild: KI generiertes Bild

Der Fall betraf einen 1967 geborenen Mann, der seit Juli 2013 als Hallenwart in Vollzeit bei einer öffentlichen Arbeitgeberin im Bereich des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) beschäftigt ist. Seine Aufgabe ist die Betreuung von zwei Sporthallen, die er sich mit einem Kollegen teilt. Seine reguläre Arbeitszeit verteilt sich auf eine Fünf-Tage-Woche von Montag bis Freitag, abwechselnd im Früh- und Spätdienst. Zusätzlich wird er jedoch regelmäßig für Dienste an Wochenenden herangezogen, um den Betrieb der Sporthallen sicherzustellen. Diese können auch als geteilte Dienste anfallen, bei denen er beispielsweise morgens zum Öffnen und abends zum Schließen der Halle anwesend sein muss. Im Jahr 2019 fielen für ihn 13 solcher Wochenendtermine an.

Der Hallenwart ist einem schwerbehinderten Menschen nach dem Sozialgesetzbuch IX (§ 2 Abs. 3 SGB IX a.F.) gleichgestellt. Er empfand die wiederholte Zuweisung von Wochenenddiensten als rechtsmissbräuchlich und sah darin eine Umgehung der Mitbestimmungsrechte des Personalrats. Er betrachtete diese Dienste als unzulässige Überstunden. Zudem fühlte er sich ungerecht behandelt, da nur er und sein direkter Kollege für die Wochenenddienste in ihren beiden Hallen zuständig waren, während drei weitere Hallenwarte für andere Hallen (die zudem einer höheren Entgeltgruppe angehörten) nicht herangezogen wurden. Er schlug daher vor, alle Hallenwarte in einen „Pool“ für die Wochenenddienste aufzunehmen, um die Last gleichmäßiger zu verteilen.

Argumente des Hallenwarts: Wochenenddienste als unzumutbare Belastung und unzulässige Mehrarbeit

Der zentrale Punkt seiner Argumentation war jedoch, dass die Wochenenddienste seinem Anspruch auf eine behinderungsgerechte Gestaltung der Arbeitszeit widersprächen. Er führte an, dass sich bei ihm, auch bedingt durch die spezifischen Arbeitsbedingungen als Hallenwart (wie schlechte Luft, Temperaturschwankungen, Lärm, Staub, Zugluft, künstliches Licht, Umgang mit Reinigungschemikalien und körperliche Arbeit zu wechselnden Zeiten), Schlafstörungen und andere Dauerbeschwerden manifestiert hätten, die seinen gesamten Organismus beeinträchtigten. Die Kombination aus Wechseldiensten und Wochenendarbeit verhindere eine ausreichende Regeneration. Bereits Anfang 2019 hatte er schriftlich verlangt, gemäß § 207 SGB IX von Mehrarbeit freigestellt zu werden. Die Wochenenddienste sah er als solche unzulässige Mehrarbeit an. Mit seiner Klage vor dem Arbeitsgericht Stralsund forderte er, die Arbeitgeberin zu verurteilen, es generell zu unterlassen, ihm Dienste an Wochenenden zuzuweisen.

Position des Arbeitgebers: Organisationsfreiheit und Einhaltung der Vorschriften

Die Arbeitgeberin wies die Forderungen zurück. Sie lehnte den Vorschlag einer „Poolung“ aller Hallenwarte aus organisatorischen Gründen ab und argumentierte, dass eine vollständige Herausnahme des Klägers aus den Wochenenddiensten zu einer unzumutbaren Überlastung seines direkten Kollegen führen würde. Sie betonte, dass der Paragraph § 207 SGB IX, der die Freistellung von Mehrarbeit regelt, sich auf zusätzliche Arbeitsstunden über die gesetzliche Grenze hinaus beziehe, nicht aber auf die Lage der Arbeitszeit an sich, also auch nicht auf ungünstige Zeiten wie Wochenenden. Dem Verlangen des Hallenwarts auf Freistellung von Mehrarbeit im Sinne dieses Paragraphen komme man bereits nach. Die vom Hallenwart geschilderten gesundheitlichen Beeinträchtigungen seien zudem nicht spezifisch auf die Wochenendarbeit zurückzuführen, sondern auf die generellen Belastungen der Tätigkeit als Hallenwart. Man achte darauf, dass die gesetzlichen Ruhezeiten eingehalten würden; die Arbeit am Wochenende beginne frühestens um 8:00 Uhr.

Das Arbeitsgericht Stralsund hatte die Klage in erster Instanz abgewiesen. Es sah keine rechtliche Grundlage für den Unterlassungsanspruch. Eine Ungleichbehandlung liege nicht vor, da die Einteilung der Beschäftigten der Organisationsfreiheit des Arbeitgebers unterliege und die getroffene Regelung nicht willkürlich oder unsachlich sei. Auch aus der Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen ergebe sich kein Anspruch auf Befreiung von Wochenenddiensten, da nicht ersichtlich sei, inwiefern diese Dienste eine behinderungsgerechte Beschäftigung verhinderten. Weder liege unzulässige Mehrarbeit vor, noch seien Verstöße gegen Arbeits- oder Tarifrecht oder die Beteiligungsrechte des Personalrats erkennbar. Gegen dieses Urteil legte der Hallenwart Berufung beim Landesarbeitsgericht ein.

Entscheidung des Landesarbeitsgerichts: Berufung des Hallenwarts erfolglos zurückgewiesen

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpommern schloss sich der Auffassung des Arbeitsgerichts an und wies die Berufung des Hallenwarts als unbegründet zurück. Die Kosten des Berufungsverfahrens muss der Hallenwart tragen. Eine Revision zum Bundesarbeitsgericht wurde nicht zugelassen. Das LAG prüfte eingehend die verschiedenen Argumente des Hallenwarts, fand jedoch keine Rechtsgrundlage für sein generelles Begehren, von Wochenenddiensten verschont zu bleiben.

Begründung: Kein Anspruch auf behinderungsgerechte Arbeitszeitgestaltung ohne konkreten Nachweis (§ 164 Abs. 4 SGB IX)

Das Gericht bestätigte zwar grundsätzlich, dass schwerbehinderte und ihnen gleichgestellte Arbeitnehmer nach § 164 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 SGB IX (früher § 81 Abs. 4 Ziff. 4 SGB IX a.F.) einen Anspruch auf eine behinderungsgerechte Gestaltung der Arbeitszeit haben. Dieser Anspruch könne sich theoretisch auch auf die Verteilung der Arbeitszeit und damit auf Wochenenddienste beziehen. Allerdings, so das Gericht unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG), gewähre dieser Paragraph keinen generellen Anspruch darauf, nur nach eigenen Wünschen eingesetzt zu werden oder dass der Arbeitgeber einen bestimmten leidensgerechten Arbeitsplatz schafft oder beibehält, den er aus organisatorischen Gründen nicht benötigt.

Der Hallenwart könne daher nicht verlangen, dass die Arbeitgeberin die Hallennutzung am Wochenende einstellt oder organisatorisch aufwändig alle Hallenwarte „poolt“, nur um ihn von Wochenenddiensten zu befreien. Dies falle unter die Organisationsfreiheit der Arbeitgeberin.

Ein Anspruch auf vollständigen Ausschluss von Wochenenddiensten aufgrund der Gleichstellung würde nur dann bestehen, wenn die Art und Schwere seiner Behinderung eine Arbeitszeitgestaltung zwingend erfordern würde, bei der Wochenenddienste ausgeschlossen sind. Hierfür trage der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast. Er müsse konkret aufzeigen, inwieweit sein Leistungsvermögen gerade durch die behinderungsbedingten Einschränkungen so stark gemindert ist, dass er die ihm übertragenen Wochenenddienste nicht mehr leisten kann.

Das LAG konnte nicht feststellen, dass der Hallenwart diesen Nachweis erbracht hat. Er habe keine ausreichenden Tatsachen vorgetragen, die den Schluss zuließen, dass er aufgrund seiner spezifischen Behinderung vollständig an der Leistung von Wochenenddiensten gehindert ist. Seine geschilderten Beschwerden wie Schlafstörungen oder die Belastungen durch Staub, Lärm etc. seien allgemeiner Natur und nicht kausal darauf zurückzuführen, dass die Arbeit am Wochenende stattfindet. Es fehlten insbesondere ärztliche Atteste, die eine solche spezifische Unfähigkeit zur Wochenendarbeit aus behinderungsbedingten Gründen belegen würden. Auch wenn geteilte Dienste am Wochenende oder die Arbeit nach einer vollen Arbeitswoche belastend sein können, habe der Hallenwart nicht dargelegt, dass er diese speziell aus medizinischen Gründen im Zusammenhang mit seiner anerkannten Gleichstellung nicht mehr erbringen kann. Eine allgemeine Erschöpfung reiche hierfür nicht aus.

Begründung: Allgemeines Rücksichtnahmegebot (§ 241 Abs. 2 BGB) greift nicht

Auch aus dem allgemeinen Gebot der Rücksichtnahme, das sich aus § 241 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ergibt, konnte der Hallenwart keinen Anspruch auf generelle Befreiung von Wochenenddiensten ableiten. Hierfür hätte er darlegen müssen, dass andere, nicht mit seiner Gleichstellung zusammenhängende gesundheitliche Gründe eine solche Maßnahme zwingend erfordern, was ihm ebenfalls nicht gelang.

Begründung: Wochenenddienst ist nicht automatisch unzulässige Mehrarbeit nach § 207 SGB IX

Ein zentraler Streitpunkt war die Frage, ob die Wochenenddienste eine unzulässige Mehrarbeit im Sinne des § 207 SGB IX darstellen, von der der Hallenwart aufgrund seiner Gleichstellung auf sein Verlangen hin freizustellen ist. Das Gericht stellte zunächst fest, dass die Anordnung von Wochenendarbeit grundsätzlich vom Direktionsrecht der Arbeitgeberin (§ 106 Gewerbeordnung) gedeckt ist und auch der Tarifvertrag (§ 6 Abs. 5 TVöD-V) dies bei betrieblicher Notwendigkeit vorsieht – eine solche Notwendigkeit liege hier für die Bewirtschaftung der Sporthallen vor.

Allerdings wird dieses Direktionsrecht durch § 207 SGB IX für schwerbehinderte und gleichgestellte Menschen eingeschränkt: Sie sind auf Verlangen von Mehrarbeit freizustellen. Der Hallenwart hatte ein solches Verlangen geäußert. Entscheidend war daher die Definition von „Mehrarbeit“ im Sinne dieser Schutzvorschrift. Das LAG folgte hier der Rechtsprechung des BAG: Mehrarbeit nach § 207 SGB IX ist jede Arbeit, die über die gesetzliche werktägliche Arbeitszeit von acht Stunden hinausgeht (§ 3 Satz 1 Arbeitszeitgesetz – ArbZG). Das ArbZG geht von einer Sechs-Tage-Woche aus (Werktage sind Montag bis Samstag). Tarifliche oder individuelle Regelungen zur Wochenarbeitszeit oder die Möglichkeit, die tägliche Arbeitszeit auf bis zu zehn Stunden zu verlängern, sind für diese Definition irrelevant. Der Schutzzweck des § 207 SGB IX ziele auf die Begrenzung der täglichen Belastung.

Daraus folgt: Wochenenddienste sind nicht per se Mehrarbeit im Sinne des § 207 SGB IX, solange die tägliche Arbeitszeit von acht Stunden nicht überschritten wird.

Das Gericht räumte jedoch eine wichtige Einschränkung ein: Wenn der Hallenwart nach einer vollen Arbeitswoche von Montag bis Freitag bereits am Samstag gearbeitet hat (also am sechsten Werktag), dann könnte eine zusätzliche Heranziehung zur Arbeit am Sonntag tatsächlich Mehrarbeit im Sinne des § 207 SGB IX darstellen. Denn dies wäre Arbeit an einem siebten Tag in der Woche, was über die Sechs-Tage-Woche des ArbZG hinausgeht. In diesem speziellen Fall hätte der Hallenwart einen Anspruch, von der Sonntagsarbeit freigestellt zu werden.

Das Problem für den Hallenwart war jedoch sein Antrag: Er hatte eine generelle Unterlassung aller Wochenenddienste gefordert (ein sogenannter Globalantrag). Ein solcher Antrag, der viele verschiedene Fallkonstellationen umfasst, muss aber insgesamt abgewiesen werden, wenn er auch Fälle einschließt, in denen der Anspruch nicht besteht. Da die Forderung des Hallenwarts auch zulässige Wochenenddienste umfasste (z.B. einen einzelnen Samstagsdienst ohne Überschreitung der 8 Stunden oder einen Wochenenddienst nach einer Woche mit Freizeitausgleich), konnte dem generellen Antrag nicht stattgegeben werden. Einen spezifischen Antrag, der nur die potenziell unzulässige Konstellation (Sonntagsarbeit nach sechs Arbeitstagen) betrifft, hatte er nicht gestellt.

Begründung: Keine generelle Befreiung wegen möglicher Mitbestimmungsmängel beim Personalrat

Schließlich konnte der Hallenwart seinen Anspruch auch nicht auf eine möglicherweise fehlende oder fehlerhafte Beteiligung des Personalrats stützen. Das Gericht stellte fest, dass der Personalrat dem zugrundeliegenden Schichtmodell und der Einteilung zu Wochenenddiensten grundsätzlich zugestimmt hatte. Selbst wenn im Einzelfall die Mitbestimmung bei einer konkreten Diensteinteilung gefehlt haben sollte, würde dies allenfalls ein Recht begründen, die Leistung dieses speziellen Dienstes zu verweigern, nicht aber einen Anspruch auf generelle und dauerhafte Befreiung von allen zukünftigen Wochenenddiensten.

Fazit: Organisationsrecht des Arbeitgebers und hohe Hürden für Arbeitszeitbefreiung bestätigt

Das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern bestätigt, dass das Organisationsrecht des Arbeitgebers auch bei der Einteilung zu Wochenenddiensten grundsätzlich Vorrang hat. Gleichgestellte oder schwerbehinderte Arbeitnehmer haben zwar einen Anspruch auf behinderungsgerechte Arbeitszeitgestaltung, können aber eine Befreiung von bestimmten Arbeitszeiten wie Wochenenddiensten nur dann durchsetzen, wenn sie konkret nachweisen, dass ihre Behinderung die Ableistung dieser Dienste zwingend und vollständig unmöglich macht. Allgemeine gesundheitliche Beschwerden oder Belastungen reichen hierfür nicht aus. Auch der Anspruch auf Freistellung von Mehrarbeit nach § 207 SGB IX führt nicht automatisch zu einer Befreiung von Wochenendarbeit, da diese nicht per se als Mehrarbeit im Sinne der Vorschrift gilt – mit der möglichen Ausnahme von Arbeit am siebten Tag der Woche. Für Arbeitnehmer bedeutet dies, dass die Hürden für eine generelle Befreiung von unbeliebten, aber betrieblich notwendigen Arbeitszeiten auch bei Vorliegen einer Gleichstellung oder Schwerbehinderung hoch sind.


Die Schlüsselerkenntnisse

Die Haupterkenntnis aus diesem Gerichtsurteil ist, dass gleichgestellte schwerbehinderte Menschen keinen automatischen Anspruch auf Befreiung von Wochenenddiensten haben, selbst wenn sie sich auf § 164 SGB IX berufen. Für eine solche Befreiung müssen sie konkret nachweisen, dass ihre spezifische Behinderung die Wochenendarbeit unmöglich macht – allgemeine Erschöpfung oder Belastungen reichen dafür nicht aus. Wochenenddienste gelten zudem nicht automatisch als „Mehrarbeit“ im Sinne des § 207 SGB IX, von der gleichgestellte Beschäftigte freigestellt werden könnten, solange die tägliche Arbeitszeit von acht Stunden nicht überschritten wird. Das Urteil stärkt die Organisationsfreiheit der Arbeitgeber, während es für Arbeitnehmer mit Behinderung die Hürden für eine Befreiung von unbeliebten Arbeitszeiten klar aufzeigt.

Häufig gestellte Fragen zum Thema

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet Gleichstellung im Kontext des Schwerbehindertenrechts und welche Rechte leiten sich daraus ab?

Gleichstellung ist ein wichtiges Konzept im deutschen Recht, das Menschen mit bestimmten gesundheitlichen Beeinträchtigungen helfen soll, im Arbeitsleben ähnlichen Schutz zu erhalten wie schwerbehinderte Menschen. Es geht darum, Nachteile auszugleichen, die durch die Beeinträchtigung im Berufsleben entstehen können.

Wer kann gleichgestellt werden?

Nicht jeder Mensch mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung kann gleichgestellt werden. Die Gleichstellung ist in der Regel möglich für Personen, bei denen ein Grad der Behinderung (GdB) von weniger als 50, aber mindestens 30 festgestellt wurde.

Die wichtigste Voraussetzung ist jedoch, dass diese Beeinträchtigung dazu führt, dass die Person ohne die Gleichstellung ihren Arbeitsplatz nicht erhalten oder einen geeigneten Arbeitsplatz nicht finden kann. Es muss also eine konkrete Gefahr bestehen, den Job zu verlieren oder keinen passenden Job zu finden, die direkt mit der gesundheitlichen Situation zusammenhängt. Die Gleichstellung muss bei der Agentur für Arbeit beantragt werden.

Welche Rechte haben gleichgestellte Personen?

Durch die Gleichstellung erhalten betroffene Arbeitnehmer einen ähnlichen Schutz wie schwerbehinderte Menschen, allerdings nicht in allen Bereichen. Die Gleichstellung konzentriert sich vor allem auf den Arbeitsplatz und den Schutz vor Benachteiligung im Berufsleben.

Das wohl wichtigste Recht, das sich aus der Gleichstellung ergibt, ist der besondere Kündigungsschutz. Stellen Sie sich vor, Ihr Arbeitgeber möchte Ihnen kündigen. Bei gleichgestellten Personen muss der Arbeitgeber, genau wie bei schwerbehinderten Menschen, vorher die Zustimmung des Integrationsamtes einholen. Das Integrationsamt prüft dann, ob die Kündigung im Zusammenhang mit der Beeinträchtigung steht und ob sie sozial gerechtfertigt ist. Dies bietet einen erheblichen Schutz vor willkürlicher Kündigung aufgrund der gesundheitlichen Situation.

Zudem haben gleichgestellte Personen oft einen Anspruch auf Hilfen zur Arbeitsplatzerhaltung oder -gestaltung. Das kann zum Beispiel die Unterstützung bei der Anpassung des Arbeitsplatzes an die Bedürfnisse der Person sein oder Hilfen zur Fortbildung, um die berufliche Situation zu sichern. Arbeitgeber haben auch bestimmte Pflichten, gleichgestellte Arbeitnehmer bei der Besetzung freier Arbeitsplätze bevorzugt zu berücksichtigen, sofern sie dafür geeignet sind.

Es ist wichtig zu wissen, dass die Gleichstellung nicht alle Rechte gewährt, die schwerbehinderte Menschen (mit GdB ab 50) haben. Rechte wie zusätzliche Urlaubstage oder die unentgeltliche Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel gehören beispielsweise nicht zu den Rechten, die sich aus einer Gleichstellung ergeben.

Für Sie als Arbeitnehmer mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung bedeutet die Gleichstellung primär eine verbesserte rechtliche Position im Arbeitsleben, insbesondere im Hinblick auf den Schutz vor Kündigung und die Unterstützung bei der Sicherung des Arbeitsplatzes.


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In welchen Fällen kann ein Arbeitnehmer mit Gleichstellung oder Schwerbehinderung eine behinderungsgerechte Anpassung der Arbeitszeit verlangen?

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die als schwerbehindert anerkannt sind oder ihnen gleichgestellt wurden, haben unter bestimmten Voraussetzungen einen gesetzlichen Anspruch darauf, dass ihre Arbeitszeit behinderungsgerecht angepasst wird. Dieser Anspruch dient dazu, ihre Teilhabe am Arbeitsleben zu sichern und ihre Gesundheit zu schützen.

Dieser Anspruch besteht jedoch nicht uneingeschränkt. Es müssen zwei wichtige Bedingungen erfüllt sein:

1. Die Anpassung muss aufgrund der Behinderung notwendig sein

Das bedeutet, dass die aktuelle Arbeitszeitgestaltung – also wann und wie lange Sie arbeiten – Ihre Gesundheit oder Ihre Fähigkeit, die Arbeit zu leisten, negativ beeinflusst, und zwar gerade wegen Ihrer Behinderung.

Stellen Sie sich vor, Sie haben eine Erkrankung, die es Ihnen unmöglich macht, sehr früh morgens zu arbeiten oder lange Schichten am Stück zu leisten. Wenn Ihre Behinderung genau diese Probleme verursacht und eine Anpassung (z.B. späterer Arbeitsbeginn, kürzere Schichten, mehr Pausen) helfen würde, diese Schwierigkeiten zu mindern, dann liegt eine Notwendigkeit vor. Es muss also einen klaren Zusammenhang zwischen Ihrer Behinderung und der Notwendigkeit der Arbeitszeitänderung geben.

2. Die Anpassung muss für den Arbeitgeber zumutbar sein

Auch wenn die Anpassung für Sie notwendig ist, muss sie für Ihren Arbeitgeber machbar sein. Das Gesetz spricht hier von „Zumutbarkeit“. Eine Anpassung ist dann nicht zumutbar, wenn sie für den Arbeitgeber eine unverhältnismäßige Belastung darstellen würde.

Eine solche unverhältnismäßige Belastung könnte zum Beispiel vorliegen, wenn die gewünschte Anpassung:

  • Die Organisation im Betrieb erheblich stören würde, weil zum Beispiel bestimmte Aufgaben nur zu bestimmten Zeiten erledigt werden können oder andere Mitarbeiter die zusätzliche Last nicht übernehmen können.
  • Sehr hohe Kosten verursachen würde, die weit über das hinausgehen, was vernünftigerweise erwartet werden kann.
  • Die Sicherheit am Arbeitsplatz gefährden würde.

Es ist immer eine Abwägung zwischen Ihrem Bedarf aufgrund der Behinderung und den berechtigten Interessen des Arbeitgebers.

Wenn Sie eine solche Anpassung wünschen, müssen Sie diesen Wunsch gegenüber Ihrem Arbeitgeber äußern und erläutern, warum die Änderung aufgrund Ihrer Behinderung notwendig ist. Der Arbeitgeber ist dann gesetzlich verpflichtet, Ihren Antrag ernsthaft zu prüfen und mit Ihnen zu besprechen, wie eine Lösung aussehen kann.


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Was versteht man unter „unzumutbarer Belastung“ für Kollegen und welche Rolle spielt dies bei der Ablehnung von Arbeitszeitanpassungen?

Wenn ein Arbeitnehmer eine Anpassung seiner Arbeitszeit wünscht, insbesondere wenn dies mit einer Schwerbehinderung oder Gleichstellung zusammenhängt und der Arbeitgeber gesetzlich zu solchen Anpassungen verpflichtet sein kann (man spricht hier von einer sogenannten „verpflichtenden Maßnahme“), kann der Arbeitgeber dies unter bestimmten Umständen ablehnen. Einer dieser Umstände ist, dass die gewünschte Anpassung zu einer „unzumutbaren Belastung“ führen würde.

Was bedeutet „unzumutbare Belastung“ für Kollegen?

Die „unzumutbare Belastung“ ist ein rechtlicher Begriff. Er bedeutet, dass die Auswirkungen der Arbeitszeitanpassung für den Arbeitgeber oder eben auch für andere Kollegen so schwerwiegend wären, dass dem Arbeitgeber die Umsetzung der Anpassung nicht zugemutet werden kann.

Bezogen auf die Kollegen bedeutet eine unzumutbare Belastung in der Regel:

  • Eine deutliche und dauerhafte Erhöhung der Arbeitsmenge: Wenn der Kollege oder die Kollegen die Aufgaben desjenigen, der seine Arbeitszeit anpasst, zu einem sehr großen und nicht mehr zu bewältigenden Teil übernehmen müssten.
  • Gefährdungen: Wenn die Sicherheit am Arbeitsplatz durch die Arbeitszeitanpassung für die Kollegen oder andere Mitarbeiter ernsthaft beeinträchtigt würde.
  • Erhebliche organisatorische Schwierigkeiten: Wenn die Anpassung dazu führt, dass der Betriebsablauf ständig und in einem nicht mehr tragbaren Ausmaß gestört wird, was zu einer permanenten Überforderung des restlichen Teams führt.

Es geht dabei nicht um kleinere Unannehmlichkeiten oder kurzfristige Engpässe. Eine Belastung gilt erst dann als unzumutbar, wenn sie die Kollegen in ihrer Arbeitsfähigkeit oder ihrem Wohlbefinden erheblich und dauerhaft negativ beeinträchtigen würde und weit über das hinausgeht, was im normalen Arbeitsalltag üblich ist oder vom Arbeitgeber durch andere Maßnahmen aufgefangen werden könnte.

Wie werden die Interessen abgewogen?

Wenn ein Arbeitgeber argumentiert, dass eine Arbeitszeitanpassung wegen einer unzumutbaren Belastung für Kollegen nicht möglich ist, findet rechtlich eine Abwägung der verschiedenen Interessen statt. Dabei werden verglichen:

  1. Das Interesse des Arbeitnehmers an der gewünschten Arbeitszeitanpassung (z.B. zur Bewältigung seiner Behinderung, zur Wahrnehmung von Rechten).
  2. Das Interesse der Kollegen an zumutbaren Arbeitsbedingungen (keine Überlastung, sicheres Arbeitsumfeld).
  3. Die Interessen des Arbeitgebers an einem funktionierenden Betrieb und der Wirtschaftlichkeit.

Bei dieser Abwägung wird genau geprüft, wie schwer die Belastung für die Kollegen tatsächlich wäre und ob der Arbeitgeber oder die Organisation Möglichkeiten hat, diese Belastung durch andere Maßnahmen zu reduzieren oder aufzufangen (z.B. durch Umverteilung von Aufgaben, Einsatz von Hilfsmitteln, geringfügige Änderungen bei anderen).

Eine Ablehnung wegen unzumutbarer Belastung der Kollegen ist nur zulässig, wenn die negativen Auswirkungen auf die Kollegen oder den Betrieb so schwerwiegend sind, dass sie trotz der Schutzbedürftigkeit des Arbeitnehmers nicht hingenommen werden müssen. Die Anforderungen daran, wann eine Belastung als „unzumutbar“ gilt, sind dabei in der Rechtsprechung eher hoch angesetzt.


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Was bedeutet „Mehrarbeit“ im Sinne des SGB IX und welche Rechte haben Arbeitnehmer bezüglich der Freistellung von Mehrarbeit?

Mehrarbeit bezeichnet im Allgemeinen die Arbeit, die über Ihre vertraglich vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit oder die gesetzlich zulässige Höchstarbeitszeit hinausgeht. Man spricht im Alltag oft von Überstunden.

Es ist wichtig zu verstehen, dass Mehrarbeit nicht dasselbe ist wie die Lage der Arbeitszeit. Ob Sie beispielsweise werktags, am Wochenende oder nachts arbeiten, beschreibt die Lage Ihrer regulären Arbeitszeit. Mehrarbeit hingegen beschreibt, dass Sie länger arbeiten als eigentlich vorgesehen, unabhängig davon, wann diese zusätzliche Arbeit anfällt.

Für Arbeitnehmer mit anerkannter Schwerbehinderung oder ihnen Gleichgestellte gibt es eine besondere Regelung im Sozialgesetzbuch IX (SGB IX). Nach § 207 SGB IX haben diese Arbeitnehmer das Recht, von Mehrarbeit freigestellt zu werden, wenn sie dies wünschen.

Das bedeutet konkret: Wenn Sie schwerbehindert sind oder einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt sind, müssen Sie keine Überstunden leisten. Sie können verlangen, dass Ihre Arbeitszeit auf die gesetzliche oder Ihre vertraglich vereinbarte kürzere regelmäßige Arbeitszeit begrenzt wird. Dieses Recht besteht unabhängig davon, ob die Mehrarbeit gesundheitlich belastend ist oder nicht. Es ist ein grundsätzliches Recht zur Freistellung von jeder zusätzlichen Arbeitszeit.

Davon zu unterscheiden ist das Recht auf eine behinderungsgerechte Gestaltung der Arbeitszeit nach § 164 Abs. 4 SGB IX. Dieses Recht bezieht sich nicht nur auf die Freistellung von Mehrarbeit, sondern darauf, dass Ihr Arbeitgeber Ihre reguläre Arbeitszeit so gestaltet, dass Ihre Behinderung berücksichtigt wird. Dabei kann es darum gehen, wie Ihre tägliche oder wöchentliche Arbeitszeit über den Tag oder die Woche verteilt wird, um Belastungen zu vermeiden oder zu verringern. Zum Beispiel könnten kürzere Arbeitsblöcke, andere Pausenzeiten oder angepasste Anfangs- und Endzeiten nötig sein, um Ihrer gesundheitlichen Situation gerecht zu werden. Dieses Recht kann eine Anpassung der Lage der Arbeitszeit umfassen, wenn dies aufgrund der Behinderung erforderlich ist.

Zusammenfassend lässt sich sagen:

  • Mehrarbeit ist die über die regelmäßige Arbeitszeit hinausgehende Arbeitszeit (Überstunden).
  • Die Lage der Arbeitszeit ist, wann die reguläre Arbeitszeit erbracht wird (z.B. Wochenende, Nacht).
  • Nach § 207 SGB IX haben schwerbehinderte/gleichgestellte Menschen das Recht, die Leistung von Mehrarbeit abzulehnen.
  • Nach § 164 Abs. 4 SGB IX haben sie das Recht, eine behinderungsgerechte Gestaltung ihrer regulären Arbeitszeit zu verlangen, was auch die Anpassung der Lage der Arbeitszeit (z.B. keine Nachtschicht, andere Wochenendplanung) umfassen kann, wenn dies aufgrund der Behinderung notwendig ist.

Es ist wichtig, diese beiden Rechte zu unterscheiden. Das eine erlaubt Ihnen, keine zusätzlichen Stunden über Ihre reguläre Arbeitszeit hinaus leisten zu müssen (§ 207 SGB IX). Das andere ermöglicht es Ihnen, die Verteilung und Lage Ihrer regulären Arbeitszeit an Ihre Bedürfnisse als Mensch mit Behinderung anpassen zu lassen (§ 164 Abs. 4 SGB IX).


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Welche Rolle spielt der Personalrat bei der Gestaltung von Arbeitszeiten und der Berücksichtigung der Interessen von Arbeitnehmern mit Gleichstellung oder Schwerbehinderung?

Der Personalrat vertritt im öffentlichen Dienst die Interessen der Beschäftigten gegenüber dem Arbeitgeber. Er hat bei vielen wichtigen Entscheidungen, die den Arbeitsalltag betreffen, ein Mitspracherecht, das auch als Mitbestimmung bezeichnet wird. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber manche Dinge nicht alleine entscheiden kann, sondern die Zustimmung des Personalrats braucht.

Arbeitszeiten und Mitbestimmung

Die Gestaltung der Arbeitszeiten ist ein Bereich, in dem der Personalrat oft starke Mitbestimmungsrechte hat. Das betrifft zum Beispiel:

  • Den Beginn und das Ende der täglichen Arbeitszeit.
  • Die Dauer und Lage der Pausen.
  • Die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage.
  • Die Einführung und Ausgestaltung von flexiblen Arbeitszeitmodellen (wie Gleitzeit).
  • Die Aufstellung von Dienstplänen.

Wenn der Arbeitgeber hier Regelungen treffen oder ändern möchte, muss er in der Regel den Personalrat beteiligen und dessen Zustimmung einholen. Dies soll sicherstellen, dass bei der Planung der Arbeitszeiten die Bedürfnisse der Beschäftigten berücksichtigt werden, zum Beispiel im Hinblick auf Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder eine faire Belastung. Entscheidungen des Arbeitgebers, die ohne die notwendige Beteiligung des Personalrats getroffen werden, können unwirksam sein.

Besondere Berücksichtigung von Beschäftigten mit Gleichstellung oder Schwerbehinderung

Der Personalrat hat eine besondere Aufgabe, die Interessen von Beschäftigten mit einer Schwerbehinderung oder einer Gleichstellung zu fördern. Das bedeutet, der Personalrat setzt sich dafür ein, dass:

  • Die gesetzlichen Bestimmungen für diese Beschäftigten eingehalten werden (wie Zusatzurlaub oder besonderer Kündigungsschutz).
  • Nachteile aufgrund der Behinderung ausgeglichen oder vermieden werden.
  • Arbeitsbedingungen so gestaltet werden, dass sie den individuellen Bedürfnissen Rechnung tragen.
  • Anträge auf Anpassung des Arbeitsplatzes oder der Arbeitszeit (sogenannte leistungsgerechte Gestaltung der Arbeitszeit) unterstützt und gegenüber dem Arbeitgeber vertreten werden.

Der Personalrat arbeitet in diesen Fällen oft eng mit der Schwerbehindertenvertretung zusammen, um die bestmöglichen Bedingungen für die betroffenen Kolleginnen und Kollegen zu erreichen.

Wie können Beschäftigte den Personalrat einbeziehen?

Wenn Sie Fragen oder Bedenken zu Ihrer Arbeitszeit haben oder wenn Sie das Gefühl haben, dass Ihre besonderen Bedürfnisse als schwerbehinderter oder gleichgestellter Beschäftigter nicht ausreichend berücksichtigt werden, können Sie sich jederzeit an Ihren Personalrat wenden.

Der Personalrat ist die Anlaufstelle für alle Beschäftigten und kann:

  • Sie über Ihre Rechte informieren (allgemein, ohne individuelle Rechtsberatung).
  • Das Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen.
  • Sich für Ihre Belange einsetzen, indem er sein Mitspracherecht oder andere gesetzliche Befugnisse nutzt.
  • Bei der Suche nach Lösungen oder Kompromissen vermitteln.

Der Personalrat ist dazu da, die Interessen aller Beschäftigten in der Dienststelle zu vertreten und die Einhaltung von Gesetzen, Tarifverträgen und Dienstvereinbarungen zu überwachen.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.


Glossar - Fachbegriffe aus dem Arbeitsrecht

Glossar


Juristische Fachbegriffe kurz erklärt

Gleichstellung nach § 2 Abs. 3 SGB IX

Die Gleichstellung bedeutet, dass ein Arbeitnehmer, der eine gesundheitliche Beeinträchtigung hat und einen Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 30 (aber weniger als 50) besitzt, so behandelt wird, als wäre er schwerbehindert. Damit erhält er ähnliche Rechte und Schutzvorschriften wie schwerbehinderte Menschen, insbesondere im Arbeitsleben. Ziel ist, Benachteiligungen auszugleichen, zum Beispiel durch besonderen Kündigungsschutz oder andere Unterstützungsleistungen. Die Gleichstellung muss bei der Agentur für Arbeit beantragt werden und gilt nur, wenn die Einschränkung den Arbeitsplatz gefährdet.


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§ 164 Abs. 4 SGB IX – Anspruch auf behinderungsgerechte Arbeitszeitgestaltung

Dieser Paragraph garantiert schwerbehinderten und gleichgestellten Arbeitnehmern das Recht, ihre Arbeitszeit so zu gestalten, dass sie den besonderen Anforderungen und Belastungen durch ihre Behinderung gerecht wird. Das umfasst nicht nur die Dauer, sondern auch die Lage der Arbeitszeit, etwa Vermeidung von Wochenend- oder Nachtdiensten, wenn dies erforderlich und zumutbar ist. Voraussetzung ist, dass eine solche Anpassung aufgrund der konkreten gesundheitlichen Beeinträchtigung notwendig ist und dem Arbeitgeber zumutbar bleibt. Die Haltung des Gerichts ist, dass nicht jede Belästigung genügt, sondern ein klarer Nachweis der zwingenden Notwendigkeit erfolgen muss.


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Mehrarbeit im Sinne des § 207 SGB IX

Mehrarbeit ist die Arbeitszeit, die über die gesetzlich zulässige werktägliche Höchstarbeitszeit von acht Stunden hinausgeht (§ 3 ArbZG). Für schwerbehinderte und gleichgestellte Menschen sieht § 207 SGB IX vor, dass sie auf Verlangen von Mehrarbeit freigestellt werden müssen, also keine Überstunden leisten müssen. Entscheidend ist, dass nicht die Lage der Arbeitszeit (z. B. am Wochenende) an sich Mehrarbeit begründet, sondern die Überschreitung der täglichen gesetzlich zulässigen Arbeitszeit. Nur wenn durch Wochenendarbeit die tägliche Arbeitszeit überschritten oder bei Arbeit am siebten Tag der Woche gearbeitet wird, liegt Mehrarbeit vor.

Beispiel: Arbeitet ein Arbeitnehmer samstags acht Stunden, ist das erstmal keine Mehrarbeit, wenn es nicht länger als acht Stunden sind. Arbeitet er aber auch am Sonntag, wäre dies Mehrarbeit, da das Arbeitszeitgesetz eine Sechs-Tage-Woche voraussetzt.


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Direktionsrecht des Arbeitgebers (§ 106 Gewerbeordnung)

Das Direktionsrecht erlaubt es dem Arbeitgeber, den Inhalt, Ort und Zeit der Arbeit im Rahmen des Arbeitsvertrags näher zu bestimmen. Er kann also Weisungen erteilen, wann und wie der Arbeitnehmer seine Arbeit zu verrichten hat, solange keine Schutzvorschriften verletzt werden. Das umfasst auch die Zuweisung von Schichten, Wochenend- oder Feiertagsdiensten. Im vorliegenden Fall bedeutet das, dass der Arbeitgeber grundsätzlich berechtigt ist, den Hallenwart an Wochenenden einzusetzen – es sei denn, es bestehen konkrete gesetzliche oder tarifliche Einschränkungen oder individuelle gesundheitliche Gründe.


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Mitbestimmungsrecht des Personalrats bei Arbeitszeitgestaltung

Der Personalrat im öffentlichen Dienst hat das Recht, bei der Gestaltung von Arbeitszeiten und Dienstplänen mitzubestimmen. Das bedeutet, der Arbeitgeber muss den Personalrat beteiligen und dessen Zustimmung einholen, bevor er verbindliche Regelungen trifft, die die Arbeitszeit der Beschäftigten betreffen. Dies soll sicherstellen, dass die Interessen der Mitarbeiter, insbesondere auch von Schwerbehinderten oder Gleichgestellten, berücksichtigt werden. Die fehlende oder fehlerhafte Beteiligung des Personalrats kann einzelne Maßnahmen oder Dienstpläne unwirksam machen, jedoch begründet sie keinen generellen Anspruch auf Befreiung von Arbeitszeiten.

Beispiel: Wenn der Arbeitgeber ohne Zustimmung des Personalrats plötzlich Wochenenddienste einführt, können Beschäftigte diesen Einsatz unter Umständen ablehnen, aber sie haben daraus keinen Anspruch, generell für alle zukünftigen Wochenenden von der Arbeit befreit zu werden.


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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 164 Abs. 4 SGB IX (früher § 81 Abs. 4 SGB IX a.F.): Regelt den Anspruch schwerbehinderter und gleichgestellter Menschen auf eine behinderungsgerechte Gestaltung der Arbeitsbedingungen, einschließlich der Arbeitszeit. Dabei ist entscheidend, dass der Arbeitnehmer konkret darlegt, inwiefern die Behinderung eine bestimmte Arbeitszeitgestaltung zwingend erfordert. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Hallenwart kann keine generelle Befreiung von Wochenenddiensten beanspruchen, da er keinen konkreten Nachweis erbracht hat, dass seine Gleichstellung eine solche Ausnahme erforderlich macht.
  • § 207 SGB IX: Schützt schwerbehinderte und gleichgestellte Menschen vor Mehrarbeit über die gesetzliche Arbeitszeit hinaus, insbesondere über acht Stunden werktäglich (Montag bis Samstag). Auf Verlangen sind sie von Mehrarbeit freizustellen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Wochenendarbeit ist nicht automatisch Mehrarbeit nach § 207 SGB IX, da sie nicht zwangsläufig über acht Stunden täglich hinausgeht; eine generelle Freistellung von Wochenenddiensten ist daher nicht gerechtfertigt.
  • § 106 Gewerbeordnung (Gewerbeordnung, GewO): Verleiht dem Arbeitgeber das Weisungs- und Direktionsrecht zur Anordnung der Arbeitszeit und Arbeitsleistung, sofern gesetzliche und tarifliche Grenzen beachtet werden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Arbeitgeberin durfte den Hallenwart grundsätzlich zu Wochenenddiensten heranziehen, da die Weisung durch das Direktionsrecht gedeckt und tarifvertraglich berechtigt ist.
  • § 241 Abs. 2 BGB: Verankert das Gebot der Rücksichtnahme im Schuldverhältnis und verpflichtet Vertragspartner zu gegenseitiger Rücksichtnahme unter Berücksichtigung individueller Besonderheiten. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Dieses allgemeine Rücksichtnahmegebot reicht nicht aus, um den Hallenwart von Wochenenddiensten freizustellen, da er keine zwingenden gesundheitlichen Gründe im Zusammenhang mit seiner Gleichstellung belegt hat.
  • Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD), § 6 Abs. 5: Regelt unter anderem die Möglichkeit der Anordnung von Schicht- und Wochenendarbeit bei betrieblicher Notwendigkeit. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die tarifvertragliche Grundlage erlaubt die Anordnung von Wochenenddiensten, sofern dies aus organisatorischen Gründen erforderlich ist, was hier für die Betreuung der Sporthallen vorlag.
  • Mitbestimmungsrechte des Personalrats: Personalräte haben ein Mitbestimmungsrecht bei der Arbeitszeitgestaltung, insbesondere bei Schichtplänen und Dienstverteilungen, ohne dass ein genereller Ausschluss von Arbeitszeiten erreicht werden kann. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Mitbestimmungsrechte wurden grundsätzlich beachtet; eine fehlende konkrete Beteiligung bei einzelnen Diensten begründet keinen generellen Anspruch auf Freistellung von Wochenenddiensten.

Das vorliegende Urteil


Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern – Az.: 2 Sa 2/21 – Urteil vom 29.03.2022


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