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Abgeltungsklausel – Anschlussarbeitsvertrag – Unwirksamkeit – AGB

ArbG Gießen – Az.: 10 Ca 122/11 – Urteil vom 25.01.2013

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 15.790,73 EUR (in Worten: Fünfzehntausendsiebenhundertneunzig und 73/100 Euro) brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. März 2011 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger über die Zahlungsbeträge neue Abrechnungen zu erteilen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu 3/4, der Kläger zu 1/4 zu tragen.

5. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 20.927,91 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger begehrt als Leiharbeitnehmer von der Beklagten Differenzvergütung für die Zeit von Januar 2008 bis Januar 2011 wegen Verstoßes gegen das „Equal-Pay- Prinzip“.

Der Kläger ist bei der Beklagten als Arbeiter seit dem 12.11.2002 beschäftigt und wurde überwiegend als Leiharbeitnehmer eingesetzt. Als Leiharbeitnehmer wurde er von der Beklagten bei der Firma A in der Putzerei eingesetzt. Sein Lohn betrug bis Januar 2011 10,00 € brutto pro Stunde.

Bei der Firma A fanden die Tarifverträge der Hessischen Elektro- und Metallindustrie Anwendung.

Die Parteien schlossen einen schriftlichen Arbeitsvertrag vom 12.11.2002 ab. Danach wurde der Kläger als Putzer von Gussteilen eingestellt. In den §§ 11 und 12 des Arbeitsvertrages ist geregelt:

§11 Ausschlussfrist

(1) Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis müssen wie folgt geltend gemacht werden:

Ansprüche auf Zuschläge aller Art sofort, spätestens innerhalb von 4 Wochen nach Abrechnung des Zeitraums, bei dem sie hätten abgerechnet werden müssen; alle übrigen beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit.

(2) Eine Geltendmachung nach Ablauf der unter Ziffer 1 festgesetzten Frist ist ausgeschlossen.

(3) Ist ein Anspruch rechtzeitig erhoben worden und lehnt der Arbeitgeber seine Erfüllung ab, so hat der Arbeitnehmer den Anspruch innerhalb von drei Monaten seit der Ablehnung gerichtlich geltend zu machen. Eine spätere Geltendmachung ist ausgeschlossen.

§ 12 Ergänzende Vorschriften

Soweit in diesem Vertrag einzelne Bestimmungen des Manteltarifvertrages einbezogen sind, handelt es sich hierbei um den Manteltarifvertrag für das Metallbauer-Handwerk, das Maschinenbaumechaniker-Handwerk, das Werkzeugmacher-Handwerk, das Dreher-Handwerk, das Feinmechaniker-Handwerk, das Metallformer- und das Metallgießer-Handwerk in Hessen in der jeweils gültigen Fassung. Über die ausdrücklich in diesem Vertrag bezeichneten Bestimmungen hinaus findet der Manteltarifvertrag aber keine Anwendung.

Unter dem 29. Januar 2010 schlossen die Parteien einen neuen, zweiten schriftlichen Arbeitsvertrag ab. In § 2 dieses Arbeitsvertrages vereinbarten die Parteien die Geltung von Tarifverträgen:

§ 2 Anwendung eines Tarifvertrages

1. Für diesen Arbeitsvertrag kommen der Manteltarifvertrag, der Entgeltrahmentarifvertrag, der Entgelttarifvertrag und der Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung des Interessenverbandes Deutscher Zeitarbeitsunternehmen in ihrer jeweiligen gültigen Fassung zur Anwendung. Eine Tarifbindung besteht nicht.

Unter § 23 vereinbarten die Parteien in diesem Arbeitsvertrag weiterhin:

§ 23 Besondere Vereinbarungen

Zwischen den Vertragsschließenden besteht Einigkeit darüber, dass die vorstehend vereinbarten arbeitsvertraglichen Regelungen sämtliche Regelungen des bisherigen Arbeitsvertrages ersetzen und aus dem bisherigen Arbeitsvertrag sämtliche Ansprüche, gleich welcher Art, bekannt oder unbekannt, abgegolten und erledigt sind; die bisherige Dauer der Betriebszugehörigkeit (zeitliche Faktor) bleibt hiervon unberührt. Im Übrigen besteht zwischen den Vertragsschließenden Einigkeit darüber, dass die Bestimmungen der Vorstehend bezeichneten tarifvertraglichen Regelungen bereits im Rahmen des bisherigen Vertragsverhältnisses Anwendung gefunden haben.

Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Differenzlohnansprüche zwischen seinem Stundenlohn von 10,00 € und dem bei der Firma A gezahlten Stundenlohn für seine Tätigkeit von Januar 2008 bis Januar 2011. Er berief sich dabei auf § 10 Abs. 4 AÜG i.V.m. § 9 Ziff. 2 AÜG.

Zur Tätigkeit des Klägers und zu der entsprechenden Eingruppierung bzw. dem entsprechenden Stundenlohn hat die Firma A unter dem 24. Mai 2011 folgende Auskunft erteilt:

Herr B wird seit dem 25.06.2007 in unserem Hause eingesetzt. Eine dem Herrn B entsprechende Stelle (Arbeitsaufgabennr. 01.03.23) wird derzeit mit der Entgeltgruppe E2 und der Erschwerniszulage 5 entlohnt. Daraus ergibt sich folgender Stundenlohn:

Ab 25.06.2007                   12,72 €/Std.

Ab 01.06.2008                   12,92 €/Std.

Ab 01.02.2009                   13,18 €/Std.

Ab 01.10.2009                   13,44 €/Std.

Ab 01.04.2011                   13,78 €/Std.

Ein vergleichbarer Mitarbeiter arbeitet 152,25 Stunden/’Monat. Das Entgelt wird als Monatslohn abgerechnet.

Von November 2008 bis März 2009 führte der Kläger jedenfalls zum Teil Fortbildung, zum Teil Kurzarbeit durch.

Von September 2009 bis März 2010 leistete der Kläger jedenfalls zum Teil Kurzarbeit. Von Juli 2010 bis Januar 2011 war der Kläger zum Teil im Betrieb der Beklagten, zum Teil laut Kläger auch bei der Firma A eingesetzt.

Nach mehreren Klageänderungen und mehreren Neuberechnungen ist der Kläger der Ansicht, dass ihm für das Jahr 2008 eine Differenzvergütung von 7.666,68 € brutto zustehe. Für das Jahr 2009 stehe ihm eine Differenzvergütung von 6.065,51 € brutto zu, für das Jahr 2010 eine Differenzvergütung von 6.995,72 € brutto und für Januar 2011 eine Differenzvergütung von 606,30 € brutto zu.

Weiterhin ist der Kläger der Ansicht, dass ihm tarifliches Urlaubsgeld in Höhe von 50 % des Urlaubsentgelts zustehe, nämlich für das Jahr 2008 1.768,35 € brutto, für das Jahr 2009 1.823,90 € brutto und für das Jahr 2010 1.853,85 € brutto, insgesamt 5.446,10 € brutto.

Der Kläger ist der Ansicht, dass seine Differenzvergütungsansprüche nicht durch die Ausschlussfrist des § 11 des Arbeitsvertrages vom 01.01.1999 verfallen sind. Diese Ausschlussfristenregelung sei unwirksam, da die Ausschlussfrist von 4 Wochen zu kurz sei. Die Ausschlussfristenregelung sei als Einheit zu sehen.

Der Kläger ist weiter der Ansicht, dass der Arbeitsvertrag vom 29. Januar 2010 rechtsunwirksam sei. Der Kläger behauptet, dass er am 29.01.2010 ins Büro gerufen worden sei. Der neue Vertrag sei ihm zur Unterschrift vorgelegt worden. Auf Nachfrage sei ihm gesagt worden, dass die Weiterbeschäftigung bei der Firma A im neuen Vertrag sichergestellt werden solle. Weitere neue Regelungen beinhaltet der Arbeitsvertrag nicht. Der Kläger könne nicht ausreichend deutsch und habe deshalb unterschrieben. Der Vertrag sei nicht übersetzt worden. Dem Kläger sei nicht offenbart worden, dass die Vereinbarung neuer Tarifverträge in § 2 des Arbeitsvertrages vereinbart worden sei. Ihm sei auch die Abgeltungsklausel des § 23 nicht mitgeteilt worden. Insoweit handele es sich um eine überraschende Klausel.

Im Übrigen sei die Vergütung entsprechend der Mitteilung der Firma A vom 24. Mai 2011 zu zahlen gewesen. Demgemäß sei die Beklagte verpflichtet, die entsprechende Differenzvergütung zu dem Stundenlohn von 10,00 € auszuzahlen.

Der Kläger weist daraufhin, dass im Jahr 2009 sein Kurzarbeitergeld entsprechend dem richtigen Lohn hätte höher sein müssen. Insoweit müsse die Beklagte ebenfalls die Differenz beim Kurzarbeitergeld im Jahr 2009 zahlen.

Der Kläger beantragt,

2. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 20.727,91 € nebst fünf Prozentpunkten Jahreszinsen über dem Basiszinssatz aus 9.435,03 € seit dem 04.01.2008, aus 7.889,41 € seit dem 04.01.2009, aus 8.849,57 € seit dem 04.01.2010, aus 606,30 € seit dem 04.01.2011 zu bezahlen;

3. die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger über 9.435,03 € für das Jahr 2008, 7.889,41 € für das Jahr 2009, 8.849,57 € für das Jahr 2010 und 606,30 € für das Jahr 2011 spezifizierte Lohn- und Gehaltsabrechnungen zu erteilen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Klage nicht begründet sei.

Die Beklagte beruft sich darauf, dass nach § 23 des Arbeitsvertrages vom 29. Januar 2010 vereinbart worden sei, dass sämtliche Ansprüche aus dem vorangegangenen Arbeitsvertrag abgegolten und erledigt seien. Die Beklagte beruft sich weiterhin auf die Ausschlussfrist des § 11 im Arbeitsvertrag vom 01.01.1999. Diese Ausschlussfrist sei teilbar. Deshalb hätten die klägerischen Ansprüche binnen 3 Monaten geltend gemacht werden müssen. Dies war unstreitig nicht der Fall.

Im Übrigen gelte auch die Ausschlussfrist der Tarifverträge der Firma A.

Zudem sei die Eingruppierung des Klägers und das entsprechende Geld falsch dargestellt. Der Kläger habe nur eine kurze Anlernzeit bis zu 4 Wochen benötigt um seine Arbeiten richtig auszuführen. Es sei deshalb nicht die Entgeltgruppe 4, sondern die Entgeltgruppe 1 als Bezahlung richtig.

Die Beklagte behauptet, dass dem Kläger der neue Arbeitsvertrag vom 29.01.2010 ausführlich durch die Sachbearbeiterin C erläutert worden sei. Diese habe dem Kläger mitgeteilt, dass wegen der Prozesse über die Geltendmachung von Differenzvergütung von Seiten der Firma A die Anwendung ordnungsgemäße, gesetzeskonforme Arbeitsverträge für die bei ihr beschäftigten Leiharbeitnehmer gefordert worden seien. Nur wer bereit sei diese Arbeitsverträge zu unterzeichnen könne auch bei der Firma A weiterbeschäftigt werden.

Außerdem seien die einzelnen vertraglichen Neuerungen, insbesondere die Inbezugnahme der Tarifverträge und die neue Vergütungsstruktur ausführlich mit dem Kläger besprochen worden. Der Kläger könne auch ausreichend deutsch. Der Kläger habe den Vertrag durchgelesen und sich ausdrücklich damit einverstanden erklärt.

Die Berechnung der klägerischen Ansprüche sei jedenfalls teilweise fehlerhaft. Dies gelte auch für die Zuschläge.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie auf die Sitzungsniederschriften vom 29. März 2011 (Bl. 37 d.A.), vom 17. Februar 2012, vom 03. August 2012 und vom 25. Januar 2013 Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Einvernahme der Zeugin C. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 03. August 2012 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist teilweise begründet. Insoweit war ihr stattzugeben. Im Übrigen war sie abzuweisen.

A.

An der Zulässigkeit der Zahlungs- und Leistungsklage bestanden keine Bedenken.

B.

Die Klage ist nur teilweise begründet. Deshalb war sie im Übrigen abzuweisen.

I.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fand zunächst der schriftliche Arbeitsvertrag vom 01.01.1999 Anwendung. Dieser Arbeitsvertrag enthielt keine Bezugnahme auf einen Tarifvertrag. Deshalb war für die Zeit bis zum Abschluss des zweiten Arbeitsvertrages im Januar 2010 nach § 9 Ziff. 2 AÜG die Vereinbarung schlechterer Arbeitsbedingungen für Leiharbeitnehmer als bei der Einsatzfirma rechtsunwirksam.

Nach § 10 Abs. 4 Satz 1 AÜG war die Beklagte verpflichtet, dem Kläger für die Zeit seiner Tätigkeit bei der Firma A den gleichen Lohn zu zahlen und die gleichen Arbeitsbedingungen zu gewähren, die bei Firma gezahlt oder gewährt worden sind.

Wegen der gerichtlichen Geltendmachung vom März 2011 waren die entsprechenden Differenzlohnansprüche des Klägers bis einschließlich 2008 noch nicht gem. §§ 195, 199 BGB verjährt. Auch die Ausschlussfrist des § 11 im Arbeitsvertrag vom 01.01.1999 ist nach ständiger Rechtsprechung der erkennenden Kammer rechtsunwirksam. Die Ausschlussfrist enthält unter anderem eine kurze Geltendmachungsfrist von 4 Wochen. Das Gericht kam in ständiger Rechtsprechung zum Ergebnis, dass diese Ausschlussfrist nicht teilbar sei. Aus diesem Grunde ist die Ausschlussfrist wegen unzulässiger Benachteiligung des Klägers gem. § 309 BGB rechtsunwirksam.

Somit ist zunächst dem Grunde nach festzuhalten, dass der Kläger Differenzlohnansprüche gegen die Beklagte zwischen seinem Lohn und dem bei der Firma A gezahlten Lohn für die Zeit ab Januar 2008 zustand.

II.

Die Parteien vereinbarten sodann unter dem 29. Januar 2010 einen neuen schriftlichen Arbeitsvertrag.

In § 2 Ziff. 1 dieses Arbeitsvertrages vereinbarten die Parteien, dass ab dem Jahr 2010 die diversen Tarifverträge des Interessenverbandes Deutscher Zeitarbeitsunternehmen in der jeweils gültigen Fassung zur Anwendung kommen.

In § 23 des Arbeitsvertrages wurde unter anderem vereinbart, dass die Regelungen des neuen Arbeitsvertrages die Regelungen des bisherigen Arbeitsvertrages ersetzen. Sämtliche Ansprüche aus dem bisherigen Arbeitsvertrag seien abgegolten und erledigt.

Der Kläger ist der Ansicht, dass dieser Arbeitsvertrag ihm rechtswidrig unterschoben worden sei. Der Arbeitsvertrag sei deshalb nicht wirksam.

Das Gericht kommt im Gegensatz zur Ansicht des Klägers zum Ergebnis, dass der Arbeitsvertrag generell wirksam zwischen den Parteien vereinbart wurde, mit Ausnahme der Abgeltungsklausel des § 23 des Vertrages.

Die Beklagte hat behauptet, dass die Zeugin C dem Kläger den Arbeitsvertrag erläutert hat. Unstreitig hat die Zeugin C mit dem Kläger gesprochen. Der Kläger hat nur bestritten, dass die Zeugin ihm den Vertrag in seinen Einzelheiten erläutert habe. Die Zeugin C hat, vom Gericht vernommen, dazu ausgeführt, dass sie dem Kläger die einzelnen Vertragsbedingungen erläutert hat. Der Kläger habe ausreichend deutsch gesprochen.

1. Das Gericht muss davon ausgehen, dass die Vereinbarung der entsprechenden Tarifverträge nach § 2 des Arbeitsvertrages rechtswirksam zustande gekommen ist. § 2 enthält keine überraschende oder treuewidrige unangemessen benachteiligende Regelung. Eine überraschende Klausel nach § 305 c BGB scheidet schon deshalb aus, weil die Regelung im Arbeitsvertrag klar und deutlich ist. Außerdem hat die Zeugin ausgesagt, dass sie dem Kläger die Einbeziehung von Tarifverträgen erläutert hat.

Eine unzulässige Benachteiligung des Mitarbeiters nach § 307 Abs. 1 BGB oder eine unklare Regelung nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB liegt ebenfalls nicht vor.

Zum einen ist der Kläger jedenfalls im Wesentlichen nach Aussage der Zeugin C über den Vertragsinhalt aufgeklärt worden. Zum anderen enthält die Einbeziehung von Tarifverträgen generell keine unangemessen benachteiligende Regelung. Nach ständiger Rechtsprechung ist davon auszugehen, dass Tarifverträge in einem ausgewogenen Verhältnis von den Tarifvertragsparteien erstellt und vereinbart wurden.

Es ist auch davon auszugehen, dass in § 2 Ziff. 1 des Arbeitsvertrages ausreichend klar geregelt wurde, welche Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden sollten.

2. Das Gericht kommt jedoch zum Ergebnis, dass die Abgeltungsklausel in § 23 des Arbeitsvertrages rechtsunwirksam ist. Diese Regelung verstößt sowohl gegen die Unklarheitenregelung des § 305 c II BGB und § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Diese Regelung verstößt vor allem aber auch gegen das Verbot der unangemessenen Benachteiligung des Mitarbeiters nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

Die Regelung ist deshalb unwirksam.

Eine unangemessene Benachteiligung des Klägers nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt mit dieser Regelung schon deshalb vor, weil der Kläger mit dieser Regelung auf sämtliche Ansprüche aus der Vergangenheit verzichten sollte, ohne jede Gegenleistung zu bekommen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist ein solcher Verzicht für den Arbeitnehmer stets in treuewidriger und unangemessener Weise rechtsunwirksam. Die Arbeitgeberseite hätte dem Kläger zumindest eine angemessene Entschädigung oder angemessene Gegenleistung bieten müssen.

Der Kläger hatte auch keinerlei Anlass, auf seine Differenzlohnansprüche aus der Vergangenheit in Höhe von mehreren Tausend Euro ohne Gegenleistung zu verzichten. Diese Regelung verstößt aber auch gegen das Transparenzgebot des § 305 c BGB und § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, da dieser weitreichende Verzicht auf Ansprüche aus der Vergangenheit in die Formulierung des § 23 ohne Heraushebung, ohne Absatz und ohne Kennzeichnung so eingefügt worden ist, dass selbst ein dem deutschen gutmächtigen Arbeitnehmer der Inhalt dieser Vereinbarung kaum aufgefallen wäre. Dies gilt umso mehr, als der zweite Arbeitsvertrag der Parteien vom 29. Januar 2010 9 Seiten umfasste und so selbst von einem verständig denkenden Arbeitnehmer nicht in der Kürze der Zeit in seinem vollen Umfange hätte erfasst werden können. Dies gilt jedenfalls für die Abgeltungsklausel des § 23. Mit dieser Abgeltungsklausel hat die Beklagte gegenüber dem Kläger das Gebot der Transparenz und das Gebot der Fairness in deutlicher Weise verletzt. Diese Klausel ist unwirksam.

Damit steht fest, dass ein entsprechender Verzicht des Klägers auf Differenzlohnansprüche aus der Vergangenheit nicht stattgefunden hat. Die Differenzansprüche des Klägers ab Januar 2008 bestanden trotz dieser Vertragsklausel weiter.

III.

Der Kläger hat Differenzlohnansprüche gegen die Beklagte für das Jahr 2008 in Höhe von 7.666,68 € brutto, für das Jahr 2009 in Höhe von 6.065,51 € brutto, für Januar 2010 in Höhe von 290,19 € brutto und Urlaubsgelddifferenzansprüche in Höhe von 1.768,35 € brutto für das Jahr 2008.

Im Übrigen aber sind die Ansprüche des Klägers nicht begründet.

1. Es ist bei der Berechnung der Differenzlohnansprüche des Klägers von der Auskunft der Firma A vom 24. Mai 2011 auszugehen. Danach war der Kläger in die Entgeltgruppe E2 mit der Erschwerniszulage 5 einzugruppieren bzw. entsprechend zu entlohnen.

Das Bestreiten der Beklagten hinsichtlich der Lohnhöhe und der Schwere der Tätigkeit des Klägers ist weder substantiiert noch nachvollziehbar. Da die Firma A genau wusste, welche Tätigkeit der Kläger verrichtete, war er entsprechend den Mitarbeitern der Firma A einzugruppieren und zu bezahlen.

2. Bei der Berechnung der Vergütung war jedoch zu berücksichtigen, dass der Kläger zeitweise Kurzarbeit durchführte. Allerdings ist auch richtig, dass die Differenzlohnansprüche auch für die Berechnung der Kurzarbeitervergütung galten. Auch insoweit war an den Kläger eine höhere Kurzarbeitervergütung von der Beklagten zu zahlen.

3. Das Gericht hat dem Kläger für das Jahr 2008 Differenzvergütung in Höhe von 7.666,68 € brutto zuerkannt. Dies hat der Kläger so ohne wesentliche, substantiierte Kritik der Beklagtenseite errechnet.

Für das Jahr 2009 ist ein Differenzbetrag von 6.065,51 € brutto zu zahlen. Ab Februar 2010 waren keine Differenzlohnansprüche nach § 10 Abs. 4 AÜG i.V.m. § 9 Ziff. 2 AÜG an den Kläger zu zahlen. Die Parteien hatten nämlich die Geltung der entsprechenden Zeittarifverträge vereinbart. Nach § 9 Ziff. 2 AÜG war es möglich und zulässig, dass die Parteien solche Tarifverträge mit schlechteren Bedingungen, als bei der Firma A, vereinbarten.

Dem Kläger standen deshalb ab Februar 2010 keine Differenzvergütungsansprüche mehr zu.

4. Der Kläger hat gegen die Beklagte Urlaubsgeldansprüche für das Jahr 2008 in Höhe von 1.768,75 € brutto. Die Berechnung des Klägers ist insoweit auch nicht substantiiert bestritten. Ab dem Jahr 2009 standen dem Kläger keine Urlaubsansprüche mehr zu. Der Kläger machte ab Februar 2009 Kurzarbeit ohne entsprechenden Einsatz und Tätigkeit bei der Firma A. Während dieser Kurzarbeit war deshalb dem Kläger kein Urlaub mit Urlaubsgeld zu gewähren. Mangels Urlaub entfällt auch ein Anspruch auf Urlaubsgeld.

Ab Januar 2010 galt der neue Arbeitsvertrag, nachdem die Tarifverträge der Zeitarbeit zwischen den Parteien vereinbart wurden.

Im Ergebnis ist dem Kläger deshalb Differenzlohnvergütung für das Jahr 2008 und für das Jahr 2009 und Januar 2010 sowie Urlaubsabgeltung für das Jahr 2008 zu zahlen. Diese Beträge ergeben einen Gesamtbetrag von 15.790,73 € brutto.

Der Kläger hat außerdem auch Anspruch auf entsprechende Abrechnungen für die Jahre 2008 und 2009 vorzunehmenden Nachvergütungen.

Im Übrigen war die Klage abzuweisen.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO, da die Parteien teilweise obsiegt haben, teilweise unterlegen sind.

Der im Urteil festzusetzende Wert des Streitgegenstandes folgt aus § 3 ZPO und ist an der Höhe des Klageantrags zu 1. orientiert. Der Klageantrag zu 2. wurde mit 200,00 € bewertet.

 

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