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Abgrenzung zwischen Mobbing und Konflikt

Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt – Az.: 7 Sa 348/10 – Urteil vom 28.08.2012

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 16.08.2010 – 3 Ca 1674/09 HBS – wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden zu 75 % von der Klägerin und zu 25 % von der Beklagten getragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten zweitinstanzlich über Entschädigungs- und Schadenersatzansprüche wegen Mobbings sowie über die Kosten für ein übereinstimmend für erledigt erklärtes Klagebegehren auf Entfernung von Abmahnungen aus der Personalakte.

Die 1972 geborene Klägerin war vom 14. August 1991 bis zum 31. März 2009 bei der Rechtsvorgängerin der beklagten Stadt, einer kleinen Verwaltungsgemeinschaft (im Folgenden: Beklagte) beschäftigt. Zuletzt arbeitete sie auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 1. November 1995 (Bl. 25 d.A.), der auf den Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) und seine ergänzenden und ersetzenden Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung Bezug nahm, als Sachbearbeiterin für Gewerbe- und Ordnungsrecht zu einem Bruttomonatsentgelt in Höhe von ca. 1.850,00 €. Zudem war sie Vorsitzende des bei der Verwaltungsgemeinschaft gebildeten Personalrats.

Abgrenzung zwischen Mobbing und Konflikt
Symbolfoto: Von Photographee.eu /Shutterstock.com

Im Januar 2008 erhielt die Klägerin einen neuen direkten Vorgesetzten, den Sachgebietsleiter L.. Dieser forderte sie am 14. Januar 2008 auf, alle Personalratsunterlagen unter Verschluss zu halten. Die Klägerin äußerte am 15. Januar 2008 gegenüber dem Leiter des Verwaltungsamtes T., hierfür nicht genügend verschließbaren Schrankraum zu haben. Würde sie alle Personalratsunterlagen in den vorhandenen Schränken wegschließen, wären auch allgemeine dienstliche Unterlagen verschlossen. Am 17. Januar 2008 fand dazu auf Bitten der Klägerin ein weiteres Gespräch mit Herrn L. statt. Am selben Tag beschwerte sich die Klägerin bei Herrn T. über den Umgangston des Herrn L., wurde jedoch auch dort zum Wegschluss der Personalratsunterlagen aufgefordert. Am Montag, den 21. Januar 2008 ließ die Klägerin daraufhin durch einen Bekannten verschiedene Unterlagen aus ihrem Büro in einen privaten PKW verbringen. Fortan war sie bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses am 31. März 2009 durchgängig krank geschrieben. Ihr Diensthandy sowie Schrank- und Schreibtischschlüssel hatte sie nach Hause mitgenommen.

In einem Telefonat am 8. Februar 2008 forderte der Sachgebietsleiter L. die Klägerin unter Hinweis auf den Zugang zu dienstlichen Unterlagen vergeblich auf, die Schrank- und Schreibtischschlüssel herauszugeben. Unstreitig waren die Mitarbeiter des Verwaltungsamtes angewiesen, solche Unterlagen für den Vertretungsfall zugänglich aufzubewahren. Herr L. wies darauf hin, dass ein Schrankfach bereits gewaltsam geöffnet werden musste und dort dienstliche Unterlagen gefunden worden seien. Er drohte an, die übrigen Schlösser ebenfalls gewaltsam zu öffnen. Im Verlauf des Gesprächs reagierte die Klägerin nach eigener Darstellung mit den Worten: „Haben Sie eine Meise oder was? Sie machen mich krank. Lassen Sie mich in Ruhe.“

Auf Aufforderung der Beklagten mit Schreiben vom 13. Februar 2008 nahm die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 19. Februar 2008 zu dem Vorfall Stellung (Bl. 34 d.A.). Am Ende des Schreibens wird die Beklagte aufgefordert, „mäßigend auf Herrn L. einzuwirken und ihn von seinem bisherigen Posten zu entfernen.“

Mit Schreiben vom 20. Februar 2008 forderte die Beklagte die Klägerin auf, zu der am 21. Januar 2008 erfolgten Entfernung von Unterlagen aus ihrem Dienstzimmer Stellung zu nehmen und zudem ihr Diensthandy herauszugeben (Bl. 47 d.A.). Hierauf antwortete die Klägerin mit anwaltlichem Fax vom 25. Februar 2008 (Bl. 48 f. d.A.).

Unter dem 26. Februar 2008 erteilte die Beklagte der Klägerin daraufhin zwei Abmahnungen, in denen zum einen der Verschluss dienstlicher Unterlagen und die Weigerung zur Herausgabe der Schlüssel (Bl. 26 d.A.) und zum anderen die beleidigende Äußerung der Klägerin gegenüber Herrn L. im Telefonat vom 8. Februar 2008 beanstandet wurden (Bl. 27 d.A.). In beiden Abmahnungen heißt es, dass sie zwei Jahre in der Personalakte verbleiben würden. Kurz darauf ließ die Beklagte das Türschloss des Büros der Klägerin sowie der von ihr verwalteten Obdachlosenunterkunft durch den Hausmeister auswechseln.

Am 3. März 2008 ließ die Beklagte das Diensthandy der Klägerin abholen. Von Seiten der Klägerin wurde darauf hingewiesen, dass sich weiteres Zubehör (Ladekabel und Geheimnummern) in einem Karton im Büro der Klägerin befänden. Mit Schreiben vom 19. März 2008 (Bl. 51 d.A.) forderte die Beklagte die Klägerin unter Fristsetzung auf, ihr die Geheimnummern und das Ladegerät zukommen zulassen, da diese nicht aufgefunden worden seien. Die Klägerin teilte die PIN-Nummer mit und verwies im Übrigen auf die aufgebrochenen Schränke und auf baugleiche Ladegeräte der Kollegen (Bl. 36 f. d.A.).

Am März 2008 veröffentlichte der X.er Sportverein, dessen zweite Vorsitzende die Klägerin war, einen Flyer/Aushang (Bl. 165 d.A.), in dem zur Bildung einer „Mobbing-Selbsthilfegruppe“ eingeladen wird. Darin heißt es, dass Psychoterror und Schikanen am Arbeitsplatz krank machten. Ferner wird die Klägerin als Ansprechpartnerin genannt, die auch über ihre eigenen Erfahrungen als Mobbingopfer ihres Arbeitgebers sprechen werde. Unter dem 19. März 2008 (Bl. 41 d.A.) verwahrte sich die Beklagte dagegen und forderte den Bevollmächtigten der Klägerin auf, die letztgenannte Passage auf dem Flyer zu entfernen.

Unter dem 20. März 2008 erteilte die Beklagte der Klägerin eine weitere Abmahnung (Bl. 28 d.A.), da diese über die Fortdauer ihrer Arbeitsunfähigkeit nach dem 12. März 2008 nicht rechtzeitig informiert habe. Die Abmahnung enthielt wiederum den Hinweis, dass sie zwei Jahre in der Personalakte verbleibe. Mit anwaltlichem Schreiben vom 28. März 2008 (Bl. 36 d.A.) lehnte die Klägerin eine Korrektur des „Mobbing-Flyers“ ab, da hierfür die Verantwortung beim Sportverein liege; zudem werde die Beklagte darin nicht namentlich benannt. Der Vorwurf einer nicht rechtzeitigen Information über die Fortdauer ihrer Erkrankung sei unberechtigt, da die Beklagte von der Krankenkasse der Klägerin darüber informiert worden sei, dass die Erkrankung bis auf weiteres fortbestehe.

Unter dem 2. Mai 2008 sprach die Beklagte eine weitere Abmahnung aus, da die Klägerin nach Ablauf des 5. April 2008 die Fortdauer ihrer Erkrankung weder mitgeteilt noch ärztlich nachgewiesen habe. Eine am 11. April 2008 eingegangene Bescheinigung der Krankenkasse über den Krankengeldbezug genüge nicht (Bl. 29 f. d.A).

Unter dem 6. Mai 2008 mahnte die Beklagte die Klägerin des Weiteren ab, da diese als Verantwortliche der Mobbing-Selbsthilfegruppe die Publikation des Flyers zu vertreten habe. Darin liege eine schwerwiegende Loyalitätspflichtverletzung (Bl. 31 f. d.A.).

Mit Schreiben vom 8. Mai 2008 (Bl. 45 f. d.A.) hörte die Beklagte die Klägerin zu dem Vorwurf an, am 18. Januar 2008 gegenüber dem Mitarbeiter der Beklagten und stellvertretenden Personalratsvorsitzenden P… geäußert zu haben, sie habe nur noch „Hass, Hass, Hass“ und wünsche, dass die Verwaltungsgemeinschaft „den Bach runter gehe“. Mit anwaltlichem Schreiben vom 13. Mai 2008 ließ die Klägerin die Äußerung bestreiten und bat zudem aus gesundheitlichen Gründen, jegliche Post ausschließlich zu Händen ihres Anwalts zu senden.

Am 19. Mai 2008 wurde vor der Wohnung der Klägerin ein Umschlag mit Prüfungsklausuren eines Fortbildungsinstituts gefunden, für dass die Klägerin nebenberuflich als Dozentin tätig war. Der Umschlag war an die Dienststelle der Klägerin gerichtet und von der Beklagten weitergeleitet worden.

Anfang Juni teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass ihr im Zuge länger geplanter Umstrukturierungen nach Rückkehr aus dem Krankenstand ein anderer Arbeitsplatz im Ordnungsamt ohne Änderung der Arbeitsaufgabe und ihrer Wertigkeit zugewiesen werde. Unter dem 4. Juni 2008 erteilte die Beklagte der Klägerin eine weitere Abmahnung wegen deren angeblicher Äußerung gegenüber dem stellvertretenden Personalratsvorsitzenden P… am 18. Januar 2008 („Hass, Hass, Hass“ usw.). Daraufhin leitete die Beklagte im Juni 2008 beim Verwaltungsgericht Magdeburg ein Verfahren zum Ausschluss der Klägerin aus dem Personalrat ein.

Mit Schreiben vom 10. Juni 2008 wies die Beklagte gegenüber der Klägerin auf deren hohe Krankheitsquote im laufenden Jahr sowie daraus resultierende betriebliche Folgen hin und bat um Auskunft nebst ärztlicher Bescheinigung über Art und Dauer der Erkrankung (Bl. 54 f. d.A.). Mit anwaltlichen Schreiben vom 31. Juli 2008 an den späteren Prozessbevollmächtigten der Klägerin wiederholte die Beklagte diese Aufforderung (Bl. 56 f. d.A.). Mit Schreiben vom gleichen Tage ersuchte sie die Krankenkasse der Klägerin, eine Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MdK) zu veranlassen. Die Klägerin lehnte über ihren Rechtsanwalt eine Auskunft über ihre Erkrankung ab. Ebenso lehnte die Krankenkasse ein Überprüfungsgesuch an den MdK ab; eine ausreichende Prüfung habe bereits stattgefunden (Bl. 59 f. d.A.).

Mit ihrer am 28. Oktober 2008 beim Arbeitsgericht eingegangen Klage hat die Klägerin die Entfernung der Abmahnungen aus der Personalakte sowie Entschädigungs- und Schadensersatzleistungen wegen Mobbings verlangt.

Die Klägerin ist der Auffassung, das gesamte Verhalten der Beklagten, insbesondere der Herren T. und L., ihr gegenüber sei missbräuchlich, willkürlich, schikanös und von Schädigungsabsicht getragen gewesen. Bereits seit dem Dienstantritt des Verwaltungsleiters T. im Jahre 2000 habe sie sich nicht mehr ausreichend anerkannt gefühlt und die Atmosphäre an ihrem Arbeitsplatz als belastend empfunden.

Diese Situation habe sich mit dem Dienstantritt ihres unmittelbaren Vorgesetzten, des Sachgebietsleiters L., im Januar 2008 verschärft. Diesen beschreibt die Klägerin an anderer Stelle etwa wie folgt: Jung, direkt von der Ausbildung, nicht kompetent, schlechte Umgangsformen, lässt sich Hinweise und Kritik von ihr nicht gefallen und kontrolliert stark.

Herr L. habe ihr unsinnige Arbeitsanweisungen erteilt, so etwa den Auftrag, sämtliche Baufirmen anzurufen, die noch keinen Antrag auf Straßenbau gestellt hätten. Im Gespräch am 17. Januar 2008 habe er geschrien, er hätte „keine Lust auf solchen Kindergarten“, und ihr disziplinarische Maßnahmen angedroht. Während ihrer Erkrankung seien lediglich solche dienstlichen Unterlagen unter Verschluss verblieben, die nicht alltäglich benötigt wurden; dies sei auch in früheren Abwesenheitsfällen so gehalten worden. Ihre Äußerungen gegenüber Herrn L. im Telefonat am 8. Februar 2008 seien auf einen Nervenzusammenbruch zurückzuführen, den sie wegen des inadäquaten Verhaltens des Herrn L. erlitten habe.

Der Austausch der Schlösser in ihrem Büro sei ungemessen gewesen und habe den Anschein eines Unterschlagungsverdachts erwecken sollen. Der Entzug ihres Büros sei grundlos erfolgt. Bei dem für sie vorgesehenen neuen Büro habe es sich um die sogenannte „Bodenkammer“ gehandelt. Auch die Nachfragen wegen ihrer Erkrankung und das Verfahren auf Ausschluss aus dem Personalrat hätten darauf gezielt, sie einzuschüchtern. Das Gleiche gelte von der Missachtung ihrer Aufforderung, Schreiben nicht mehr unmittelbar an sie selber, sondern nur noch an ihren Bevollmächtigten zu richten.

Auch die ausgesprochenen Abmahnungen hätten auf ihre Zermürbung gezielt. Sie seien zu Unrecht erfolgt und zudem mangelte es ihnen an einer vorherigen Anhörung und der Beteiligung des Personalrats.

Weiter hat die Klägerin vorgetragen, Ende Februar/Anfang März 2008 habe der Hauptstellenleiter der Finanzverwaltung auf dem Flur seiner Abteilung gesagt, der Bürgermeister der Gemeinde T. K…. würde sich nur für die Klägerin einsetzen, weil er „bei ihr mal anfassen durfte“. Daraufhin habe der Verwaltungsleiter T. bei Herrn K…. nachgefragt, in welchem Verhältnis er zur Klägerin stünde. Die Beklagte habe sich damit an der Verbreitung unzutreffender Gerüchte beteiligt.

Ferner habe Herr T. gegenüber dem Landtagsabgeordneten U., der sich für die Klägerin habe einsetzen wollen, am 20. März 2008 geäußert, er würde sich von seinem Weg nicht abbringen lassen. Der Personalrat stehe hinter ihm und niemand wolle mehr etwas mit der Klägerin zu tun haben. Man wolle ihr ein Büro einrichten, wo sie mit niemandem mehr Kontakt habe. In einem Gespräch mit dem Vorsitzenden des X.er Sportvereins R. habe Herr T. erklärt, dass die Klägerin die ganze Belegschaft gegen ihn aufgewiegelt habe und niemand sie mehr sehen wolle. Schließlich habe Herr T. auf die Nachfrage des Bürgermeisters von V., C…, wohin die Klägerin eine Bewerbung gerichtet hatte, geäußert, dass man sie nicht einstellen solle, da sie unzuverlässig sei.

Die Klägerin hat weiter behauptet, das Verhalten der Beklagten, insbesondere der Herren T. und L., habe sie krank gemacht bzw. ihre Erkrankung fortlaufend verschlimmert. Sie habe im zeitlichen Zusammenhang damit an mobbingtypischen Störungen wie Schlaf- und Appetitlosigkeit, Angstzuständen, Erschöpfung und Schmerzen am ganzen Körper gelitten. Hierzu legt die Klägerin den Entlassungsbericht der Klinik G. – Fachabteilung Psychosomatik – vor, wo sie auf Veranlassung des Sozialversicherungsträgers vom 7. Oktober 2008 bis zum 2. Dezember 2008 an einer stationären Rehamaßnahme teilgenommen hat. Auf den Inhalt des Entlassungsberichts wird Bezug genommen (Bl. 466 bis 478 d. A.).

Das Arbeitsverhältnis endete auf Grund einer eigenen Kündigung der Klägerin am 31. März 2009. Seit dem 1. April 2009 ist sie als Amtsleiterin in der Gemeinde I. beschäftigt. Ihre Personalakte verblieb bei der Beklagten. Diese entfernte daraus nach Ablauf von zwei Jahren die Abmahnungen vom 26. Februar 2008 sowie die Abmahnung vom 20. März 2008. Insoweit haben die Parteien den Rechtsstreit erstinstanzlich für erledigt erklärt.

Die Klägerin hat beantragt,

1. Die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnungen mit Schreiben vom 2. Mai 2008, 6. Mai 2008 und 4. Juni 2008 aus der Personalakte zu entfernen.

2. Die Beklagte zu verurteilen, ihr ein Schmerzensgeld nicht unter 5.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz ab dem 11. November 2008 zu zahlen.

3. Die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Geldentschädigung nicht unter 10.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz ab dem 11. November 2008 zu zahlen.

4. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche materiellen und immateriellen Schäden, die dieser wegen der beim Vollzug des Arbeitsverhältnisses erfolgten systematischen Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts und ihrer Gesundheit noch entstehen werden, zu erstatten,

hilfsweise

5. im Falle der Abweisung des Antrages zu 1. festzustellen, dass die der Klägerin mit Schreiben der Beklagten vom 2. Mai 2008, 6. Mai 2008 und 4. Juni 2008 erteilten Abmahnungen zu Unrecht ausgesprochen worden sind.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und im Wesentlichen ausgeführt, dass sämtliche Abmahnungen sachlich berechtigt gewesen seien. Auch die übrigen Maßnahmen der Beklagten seien sachgerecht und notwendig gewesen (Öffnen der Schränke, Schreiben unmittelbar an die Klägerin, Erkundigung über den Gesundheitszustand, neues Büro). Das Ablegen von Prüfungsunterlagen vor der Haustür der Klägerin sei nicht von ihr veranlasst worden. Von „Mobbing“ könne schon wegen des kurzen Zeitraumes der unmittelbaren Konfrontation im Januar 2008 nicht die Rede sein. Die Entfernung der Abmahnungen aus der Personalakte könne nach beendetem Arbeitsverhältnis nicht mehr verlangt werden. Die Beklagte gebe die Personalakten auch grundsätzlich nicht innerhalb des öffentlichen Dienstes weiter.

Mit Urteil vom 16. August 2010, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht der Klage in Bezug auf die Entfernung der Abmahnungen aus der Personalakte stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung des Anspruchs auf Entfernung der Abmahnungen hat es im Wesentlichen ausgeführt, es könne offen bleiben, ob die noch streitgegenständlichen drei Abmahnungen zu Recht ausgesprochen worden seien. Die Abmahnungen seien jedenfalls deshalb zu entfernen, weil es bei der Beklagten üblich sei, Abmahnungen nach zwei Jahren aus der Personalakte zu entnehmen und diese Frist inzwischen abgelaufen sei. Auch nach beendetem Arbeitsverhältnis könne die Klägerin dies verlangen, da es sich bei der Beklagten um einen Arbeitgeber aus dem Bereich des öffentlichen Dienstes handele, in dem Personalakten im Bedarfsfall untereinander zugänglich gemacht würden. Es sei daher nicht auszuschließen, dass auch die Akte der Klägerin noch einmal von einem anderen öffentlichen Arbeitgeber angefordert werde. Den Anspruch auf Entschädigungsleistungen wegen Mobbings hat das Arbeitsgericht mit der Begründung abgewiesen, dass nach Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalles weder der Beklagten noch ihren Erfüllungsgehilfen ein Mobbingvorwurf angelastet werden könne. Außerdem sei ein Ursachenzusammenhang zwischen etwaigen Handlungen der Beklagten und ihrer Erfüllungsgehilfen und dem Gesundheitszustand der Klägerin nicht erkennbar.

Gegen das ihr am 2. September 2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 29. September 2010 Berufung eingelegt und diese am 2. November 2010 begründet. Dabei wiederholt und vertieft sie ihr erstinstanzliches Vorbringen nach Maßgabe ihrer Schriftsätze vom 2. November 2010 und 28. März 2012.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 16. August 2010 – 3 Ca 1674/09 HBS – unter Aufrechterhaltung im Übrigen abzuändern und

1. die Beklagte zu verurteilen, ihr ein Schmerzensgeld nicht unter 5.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz ab dem 11. November 2008 zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Geldentschädigung nicht unter 10.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz ab dem 11. November 2008 zu zahlen.

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche materiellen und immateriellen Schäden, die dieser wegen der beim Vollzug des Arbeitsverhältnisses erfolgten systematischen Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts und ihrer Gesundheit noch entstehen werden, zu erstatten.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil, soweit es die Klage abgewiesen hat, und beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Darüber hinaus hat sie mit ihrem innerhalb der Berufungserwiderungsfrist am 21. Dezember 2010 beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz im Wege der Anschlussberufung beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 16. August 2010 – 3 Ca 1674/09 HBS – teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Zur Begründung der Anschlussberufung trägt die Beklagte unwidersprochen vor, dass sie die im Streit verbliebenen Abmahnungen vom 2. Mai 2008, 6. Mai 2008 und 4. Juni 2008 im September 2010 aus der Personalakte entfernt habe. Ein Anspruch darauf bestehe jedoch nicht. Zwar entferne die Beklagte Abmahnungen regelmäßig nach ca. zwei Jahren aus der Personalakte. Im Falle der Klägerin sei jedoch das Arbeitsverhältnis zuvor bereits beendet gewesen. Der Verbleib der Abmahnungen in der Personalakte habe ihr daher nicht schaden können. Die Beklagte gebe ihre Personalakte grundsätzlich weder heraus, noch fordere sie Personalakten anderer öffentlicher Arbeitgeber an.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht haben die Parteien den Rechtsstreit in Bezug auf die inzwischen ebenfalls aus der Personalakte entfernten Abmahnungen vom 2. und 6. Mai sowie 4. Juni 2008 (Anschlussberufung) für erledigt erklärt.

Wegen des weiteren Berufungsvorbringens der Parteien wird auf ihre in zweiter Instanz gewechselten Schriftsätze nebst beigefügten Anlagen sowie ihre Protokollerklärungen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet, da ihre – zulässige – Klage auf Schmerzensgeld- und Entschädigungsleistungen für Mobbing durch die Beklagte bzw. deren Erfüllungsgehilfen in der Sache keinen Erfolg hat. Das gilt auch für den Antrag auf Feststellung weiterer Schadensersatzverpflichtungen; dieser ist zudem bereits unzulässig.

I. Die Leistungsanträge der Klägerin sind unbegründet.

1. Macht ein Arbeitnehmer konkrete Ansprüche auf Grund „Mobbings“ geltend, muss jeweils geprüft werden, ob der in Anspruch Genommene in den von der Klagepartei genannten Einzelfällen arbeitsrechtliche Pflichten, ein absolutes Recht des Arbeitnehmers i. S. d. § 823 Abs. 1 BGB, ein Schutzgesetz i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB verletzt oder eine sittenwidrige Schädigung i. S. d. § 826 BGB begangen hat. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass es Fälle gibt, in welchen die einzelnen, vom Arbeitnehmer dargelegten Handlungen oder Verhaltensweisen seiner Arbeitskollegen, Vorgesetzten oder seines Arbeitgebers für sich allein betrachtet noch keine Rechtsverletzungen darstellen, jedoch die Gesamtschau der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen zu einer Vertrags- oder Rechtsgutsverletzung führt, weil deren Zusammenfassung auf Grund der ihnen zugrunde liegenden Systematik und Zielrichtung zu einer Beeinträchtigung eines geschützten Rechtes des Arbeitnehmers führt (BAG 25. Oktober 2007 – 8 AZR 593/06, NZA 2008, 223; 16. Mai 2007 – 8 AZR 709/06, AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 m. w. N) . Letzteres ist insbesondere dann der Fall, wenn unerwünschte Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Dies entspricht der in § 3 Abs. 3 AGG erfolgten Definition des Begriffes „Belästigung“, die eine Benachteiligung i. S. d. § 1 AGG darstellt. Da ein Umfeld grundsätzlich nicht durch ein einmaliges, sondern durch ein fortdauerndes Verhalten geschaffen wird, sind alle Handlungen bzw. Verhaltensweisen, die dem systematischen Prozess der Schaffung eines bestimmten Umfeldes zuzuordnen sind, in die Betrachtung mit einzubeziehen. Demzufolge dürfen einzelne zurückliegende Handlungen/Verhaltensweisen bei der Beurteilung nicht unberücksichtigt gelassen werden (BAG 25. Oktober 2007 – 8 AZR 593/06, aaO).

2. Bei Anwendung dieser Grundsätze ist weder ein vertraglicher noch ein gesetzlicher Anspruch der Klägerin auf Schmerzensgeld, Entschädigung oder sonstigen Schadensersatz gegen die Beklagte begründet.

a. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte nach § 241 Abs. 2, § 253 Abs. 2, § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB wegen der Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten. Die streitige Frage, ob im Falle einer Vertragspflichtverletzung auch für eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gemäß § 253 Abs. 2 BGB Ersatz des immateriellen Schadens verlangt werden kann (vgl. etwa Fuchs, Deliktsrecht, 7. Aufl. (2009), S. 207; MüKo-BGB/Oetker, 6. Aufl. (2012) § 253 Rn. 27), kann daher offen bleiben.

aa. Die Beklagte hatte als Arbeitgeberin gegenüber der Klägerin als ihrer Arbeitnehmerin bestimmte Fürsorge- und Schutzpflichten wahrzunehmen. Jeder Vertragspartei erwachsen aus einem Schuldverhältnis nicht nur Leistungs-, sondern auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme und zum Schutz der Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils, § 241 Abs. 2 BGB. Dies verbietet auch die Herabwürdigung oder Missachtung eines Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber. Dieser hat daher Anspruch darauf, dass auf sein Wohl und seine berechtigten Interessen Rücksicht genommen wird, dass er vor Gesundheitsgefahren, auch psychischer Art, geschützt wird, und dass er keinem Verhalten ausgesetzt wird, das bezweckt oder bewirkt, dass seine Würde verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen und Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Der Arbeitgeber ist in diesem Zusammenhang insbesondere auch zum Schutz der Gesundheit und der Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers verpflichtet (BAG 25. Oktober 2007 – 8 AZR 593/06, aaO). Die Beweislast für das Vorliegen einer Mobbinghandlung trägt nach allgemeinen Grundsätzen der betroffene Arbeitnehmer (BAG, 16. Mai 2007 – 8 AZR 709/06, juris Rn. 88). Die Pflichtverletzung muss ferner für die von der Klägerin geltend gemachten Schäden ursächlich gewesen sein. Hierfür trägt nach allgemeinen Grundsätzen ebenfalls die Klägerin als Anspruchsgläubigerin die Beweislast; dabei kann es ein starkes Indiz für den Kausalzusammenhang sein, wenn in zeitlichem Zusammenhang mit feststehenden Persönlichkeitsrechtsverletzungen bei der betroffenen Arbeitnehmerin Erkrankungen auftreten (BAG, 16. Mai 2007 – 8 AZR 709/06, juris Rn. 93 – 95).

bb. Für den Zeitraum bis zur Erkrankung der Klägerin am 21. Januar 2008 sind der Beklagten weder im Einzelnen noch in der Gesamtschau Pflichtverletzungen im Sinne eines Mobbings anzulasten (dazu im Folgenden (1)). Das Auftreten der Erkrankung ist unabhängig davon auch nicht ursächlich auf ein Verhalten auf Beklagtenseite rückführbar (dazu unten (2)).

(1) Die Vorwürfe der Klägerin gegen den Verwaltungsleiter T. sind ohne jede Substanz. Die Klägerin hat insoweit nur vorgetragen, dass sie sich seit dessen Amtsantritt im Jahr 2000 nicht mehr ausreichend anerkannt gefühlt und die Arbeitsatmosphäre als belastend empfunden habe. Auch nachdem das Arbeitsgericht in seinem Urteil auf den fehlenden Sachvortrag in diesem Punkt hingewiesen hat (vgl. dort S. 17), erfolgte im Berufungsrechtszug keine Konkretisierung.

Der Konflikt der Klägerin mit dem Sachgebietsleiter L., der erst im Januar 2008 seinen Dienst angetreten hat, beschränkte sich bis zur Erkrankung der Klägerin im Wesentlichen auf den Zeitraum vom 14. bis zum 17. Januar 2008 und dabei auf zwei oder drei Gespräche im Zusammenhang mit dem Wegschluss von Personalratsunterlagen. Der gegenüber Herrn L. erhobene Vorwurf erschöpft sich insoweit darin, dass er geschrien („keine Lust auf Kindergarten“) und Disziplinarmaßnahmen angedroht habe. Es kann dahinstehen, wie ein solches Führungsverhalten eines Vorgesetzten zu bewerten ist. Eine Pflichtverletzung, etwa eine Beleidigung oder Schikane, die auf die Verletzung der Würde der Klägerin zielte, liegt darin nicht. Insbesondere konnte der Verschluss von Personalratsunterlagen verlangt werden (vgl. § 10 Abs. 1 PersVG LSA). Damit lässt sich bis zum Zeitpunkt der Erkrankung der Klägerin sowohl im Einzelnen als auch in der gebotenen Gesamtschau ein mobbing-typisches Verhalten auf Seiten der Beklagten nicht feststellen.

(2) In Ermangelung einer Pflichtverletzung kann dahinstehen, ob durch ein der Beklagten zuzurechnendes Verhalten am 21. Januar 2008 die bei der Klägerin eingetretene Arbeitsunfähigkeit in rechtserheblicher Weise verursacht worden ist. Ungeachtet dessen konnte das Berufungsgericht nicht feststellen, dass überhaupt ein der Beklagten zuzurechnendes Verhalten den Eintritt der Erkrankung der Klägerin am 21. Januar 2008 in zurechenbarer Weise herbeigeführt hat. Das Verhalten des Sachgebietsleiters L. bis zu diesem Tag kann nicht als adäquate Verursachung der Erkrankung angesehen werden. Es handelte sich um einen sozial üblichen Konflikt, wie er im Arbeitsleben durchaus vorkommt (vgl. BAG 16. Mai 2007 – 8 AZR 709/06, juris Rn. 76). Dass er möglicherweise die Erkrankung der Klägerin zur Folge haben würde, war auch aus objektiver Sicht nicht vorhersehbar.

Auch aus dem Entlassungsbericht der Reha-Klinik lässt sich dafür nichts entnehmen. Dagegen finden sich dort Hinweise darauf, dass auf Seiten der Klägerin aufgrund von Umständen, die außerhalb des Verantwortungsbereichs der Beklagten liegen, ein stark eingeschränktes Konfliktbewältigungsvermögen bestand. Danach wurden bei der Klägerin im Rahmen einer „komplexen psychischen Symptomatik“ dysfunktionale Denkmuster, überwiegend negative Emotionalität, Misstrauen und sozialer Rückzug diagnostiziert. Weiter heißt es in dem Bericht, es sei unklar, inwieweit dies Folge jahrelanger belastender Lebenssituationen einschließlich chronischer Schmerzen sei oder bereits vorher bestanden habe. Unstreitig hat die Klägerin in den Jahren 1995, 2001 und 2006 drei Verkehrsunfälle erlitten und dabei zum Teil erhebliche Verletzungen davongetragen, die chronische Schmerzzustände herbeigeführt haben. Als weitere Belastungsfaktoren finden sich im Entlassungsbericht der Hinweis auf die dauernde Einnahme von opioiden Schmerzmitteln (Valoron), die Trennung vom langjährigen Lebenspartner und (nicht näher genannte) Probleme mit der 14jährigen Tochter. Damit steht in Einklang, dass sich die Klägerin bereits mehrfach in ambulanter Psychotherapie befand, zuletzt durchgehend seit dem Jahr 2006. Bei diesem Bild vermag die Kammer nicht festzustellen, dass die Erkrankung der Klägerin am 21. Januar 2008 durch ein Verhalten auf Beklagtenseite in zurechenbarer Weise ausgelöst worden wäre.

cc. Auch in der Folgezeit nach der Erkrankung der Klägerin am 21. Januar 2008 fehlte es sowohl im Einzelnen als auch in der Gesamtschau seit Beginn des Konflikts an Pflichtverletzungen auf Beklagtenseite, die den Vorwurf des Mobbings rechtfertigen (dazu (1)). Unabhängig hiervon konnte nicht festgestellt werden, dass das Verhalten der Beklagten für eine etwaige Verschlimmerung oder Verlängerung der Beeinträchtigung der Gesundheit oder des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin im Rechtssinne ursächlich war (dazu (2)).

(1) Die Beklagte durfte zunächst die Herausgabe der Schrankschlüssel und des Diensthandys verlangen. Die Klägerin hatte kein berechtigtes Interesse an dem weiteren Besitz dieser Gegenstände während ihrer Erkrankung. Andererseits hatte die Beklagte den Zugang zu dienstlichen Unterlagen sicher zu stellen, die sich in den verschlossenen Behältnissen befanden, auch wenn diese nur selten gebraucht wurden. Dass die Beklagte ein Schrankschloss bereits gewaltsam geöffnet hat und der Sachgebietsleiter L. die gewaltsame Öffnung weiterer Schränke in dem Telefonat vom 8. Februar 2008 androhte, erscheint zwar drastisch, angesichts der Weigerung der Klägerin, die Schlüssel herauszugeben, aber nicht völlig unverhältnismäßig. Aus der Korrespondenz der Parteien, die auf Seiten der Klägerin bereits seit der ersten Februarhälfte durch einen Rechtsanwalt erfolgte, wird an keiner Stelle deutlich, dass die Klägerin der Beklagten die Herausgabe der Schlüssel zur Abholung angeboten hätte. Das Auswechseln des Türschlosses der Klägerin erscheint in diesem Zusammenhang allerdings unverhältnismäßig. Die Kammer erachtet jedoch diese „Überreaktion“ als Ausfluss aus dem von beiden Seiten zu diesem Zeitpunkt bereits mit Hartnäckigkeit betriebenen Konflikt.

Die sodann innerhalb von gut drei Monaten von der Beklagten ausgesprochenen sechs Abmahnungen erfolgten ausnahmslos aus sachlichen Gründen, ohne dass damit über die Berechtigung ihrer Aufnahme in die Personalakte entschieden werden müsste. Die beiden Abmahnungen vom 26. Februar 2008 betrafen jeweils dienstliche Verfehlungen der Klägerin. So hatte sie dienstliche Unterlagen nicht unter Verschluss gehalten und Personalratsunterlagen unverschlossen in ihrem Büro zurückgelassen. Ferner hatte die Klägerin sich beleidigend gegenüber ihrem direkten Vorgesetzten L. geäußert („Haben Sie eine Meise oder was?“). Dabei kann dahinstehen, ob dies auf einen Nervenzusammenbruch der Klägerin zurückzuführen ist, da auch unverschuldete Pflichtverletzungen abgemahnt werden können (BAG 12. Januar 1988 – 1 AZR 219/86, DB 1988, 1270; BAG 10. November 1993 – 7 AZR 682/92, BB 1994, 1290).

Die Abmahnungen vom 20. März 2008 und vom 2. Mai 2008 betreffen im Wesentlichen die Verpflichtung der Klägerin aus § 5 EntFZG zur unverzüglichen Anzeige ihrer Erkrankung und zu deren Nachweis durch ärztliches Attest. Beide Verpflichtungen bestehen auch bei Fortsetzungserkrankungen, jedenfalls wenn diese mit Entgeltzahlungen des Arbeitgebers einhergehen, wie im Falle der Klägerin. Die Mitteilung der Krankenkasse erfolgte zum einen nicht unverzüglich und ersetzte zum anderen nicht den gebotenen Nachweis durch ärztliches Attest.

Die beiden Abmahnungen vom 6. Mai 2008 und vom 4. Juni 2008 betreffen der Klägerin zur Last gelegte Loyalitätspflichtverletzungen. Im ersten Fall war die Klägerin nach Auffassung der Kammer ohne weiteres gehalten, jeden Hinweis auf die Beklagte als Mobbing-Täter aus dem Flyer des Sportvereins X. über die Bildung einer Mobbing-Selbsthilfegruppe entfernen zu lassen. Die Rechtsmacht hierzu besaß sie als zweite Vorsitzende des Vereins und als persönlich genanntes „Mobbingopfer“ ohne weiteres. Die Interessen der beklagten Verwaltungsgemeinde waren auch ohne deren ausdrückliche Namensnennung berührt, da zu befürchten stand, dass in dem ländlichen Umfeld die Verbindung zwischen der Klägerin und der Beklagten für einen nicht geringen Personenkreis erkennbar war. Die angeblichen Bemerkungen gegenüber dem stellvertretenden Personalratsvorsitzenden P… („Hass, Hass, Hass“ und: „Ich wünsche, dass die Verwaltungsgemeinschaft den Bach runter gehe“) stellen ebenfalls eine erhebliche Loyalitätspflichtverletzung dar. Die Beklagte durfte jedenfalls aufgrund der Versicherung ihres Mitarbeiters P… davon ausgehen, dass die Bemerkung tatsächlich von der Klägerin getätigt worden war. In diesem Zusammenhang kann der Beklagten auch nicht zur Last gelegt werden, dass sie die behauptete Äußerung der Klägerin zum Anlass genommen hat, ein Verfahren zu ihrem Ausschluss aus dem Personalrat beim Verwaltungsgericht einzuleiten.

Das Ablegen einer Postsendung mit Prüfungsklausuren eines Fortbildungsinstituts vor ihrer Haustür kann die Klägerin der Beklagten nicht vorwerfen. Dem Vortrag der Klägerin lässt sich nicht entnehmen, dass die Beklagte oder Vorgesetzte der Klägerin hierfür Verantwortung trügen. Soweit die Klägerin beanstandet, dass die Beklagte entgegen ihrer Bitte Postsendungen weiterhin unmittelbar an sie und nicht an ihren Bevollmächtigten gerichtet habe, liegt darin ebenfalls keine Pflichtverletzung der Beklagten. Zum einen hat die Klägerin erst spät unmissverständlich den Wunsch geäußert, dass derartige Postsendungen auch außerhalb des Mandates ihres Rechtsanwalts ausschließlich an diesen als allgemeinen Zustellungsbevollmächtigten zu richten seien. Zum anderen war die Beklagte auch danach gehalten, Postsendungen an die Klägerin unmittelbar zu richten. Dies gilt insbesondere für die nachfolgend ausgesprochenen Abmahnungen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entfalten Abmahnungen regelmäßig erst mit Kenntniserlangung des Arbeitnehmers ihre typische kündigungsrechtliche Wirkung; ein bloßer formeller Zugang, etwa an einen Zustellungsbevollmächtigten, genügt nicht (vgl. HWK/Quecke, Arbeitsrecht Kommentar, 5. Aufl. § 1 KSchG Rn. 200 m. w. N.). Der Klägerin konnte daher die mit der Kenntnisnahme einer Abmahnung verbundene Belastung nicht erspart werden.

Auch die Aktivitäten der Beklagten im Zusammenhang mit der Feststellung der gegenwärtigen und künftigen Arbeitsunfähigkeit der Klägerin beinhalten keine Rechtsverletzung oder Schikane. Die Bitte an die Krankenkasse, den MDK um eine Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit zu ersuchen, hält sich im Rahmen des rechtlich Zulässigen (vgl. § 275 SGB V und die dazu ergangenen Verwaltungsvorschriften). Unstreitig hat sich die Klägerin während ihrer Erkrankung durchaus im Umfeld ihres Sportvereins, insbesondere bei der Betreuung des Spielmannszugs, betätigt, so dass Anlass für die Infragestellung ihrer Arbeitsunfähigkeit bestanden hat. Die Anschreiben an die Klägerin selbst (10. Juni 2008) und ihren bevollmächtigten Rechtsanwalt (31. Juli 2008) mit der Bitte um Auskunft und ärztliche Bescheinigung beinhalten ebenfalls zulässige Rechtsausübungen der Beklagten, auch wenn sie nicht von dem Gedanken an eine gedeihliche Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses getragen zu sein scheinen. Ein darin anklingendes Misstrauen gegenüber der ärztlich attestierten Arbeitsunfähigkeit erscheint auch vor dem Hintergrund der Freizeitbetätigungen der Klägerin in ihrem Sportverein nachvollziehbar.

Die geplante Zuweisung eines neuen Büros für die Klägerin, das sich unmittelbar gegenüber dem Büro des Sachgebietsleiters L. befindet (von der Klägerin „Bodenkammer“ benannt), wird von der Beklagten auf „länger geplante Umstrukturierungen“ zurückgeführt. Sie verletzt für sich genommen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Dennoch kann nicht ausgeschlossen werden, dass darin eine Maßnahme der Beklagten zu sehen ist, die auf eine stärkere Kontrolle der Klägerin nach ihrer Rückkehr an den Arbeitsplatz gerichtet ist und möglicherweise auch eine Strafkomponente enthält („Bodenkammer“). Entgegen der Auffassung der Klägerin waren mit der geplanten Maßnahme allerdings nicht der Entzug ihrer inhaltlichen Aufgaben und die Übertragung geringerwertiger Tätigkeiten verbunden.

Etwaige Äußerungen des Verwaltungsleiters T. gegenüber dem Bürgermeister K…., dem Landtagsabgeordneten U., dem Vereinsvorsitzenden R. und dem weiteren Bürgermeister C… (zum Teil streitig) haben die Klägerin ebenfalls nicht in ihren Rechten verletzt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Landtagsabgeordnete U. wie auch der Vereinsvorsitzende R. letztlich auf Veranlassung der Klägerin in Kontakt zum Verwaltungsleiter T. getreten sind, der erstgenannte auf Bitten der Klägerin, der zweitgenannte im Zusammenhang mit dem Mobbingflyer, in dem die Klägerin als Mobbingopfer ihres Arbeitgebers dargestellt wurde. In dieser Weise kontaktiert hat der Verwaltungsamtsleiter T. Rechte der Klägerin mit seinen Äußerungen nicht verletzt. Die Nachfrage bei dem Bürgermeister K…. auf nähere persönliche Beziehungen zur Klägerin, die auf die Äußerung eines nicht näher benannten „Leiters der Finanzverwaltung“ zurückgehen soll, ist für sich ebenfalls nicht zu beanstanden. Die etwaige Äußerung des Herrn T. gegenüber dem Bürgermeister C… erfolgte offenbar auf dessen Nachfrage; wenn Herr T. die Klägerin in diesem Zusammenhang als „unzuverlässig“ bezeichnet hat, mag dies negativ sein. Doch liegt allein darin keine Vertragspflichtverletzung, zumal Herr T., von einem etwaigen künftigen Arbeitgeber befragt, zu wahrheitsgemäßer Äußerung verpflichtet war.

In der Gesamtbetrachtung mögen einige der Beklagten zurechenbare Handlungen nicht auf eine gedeihliche Zusammenarbeit, sondern eher auf Konfrontation mit der Klägerin ausgerichtet gewesen sein. Eine gezielte Verletzung der Würde der Klägerin kann darin jedoch auch in der Gesamtbetrachtung nicht erkannt werden. Zudem muss die Kammer berücksichtigen, dass zwischen den Parteien ein Konflikt bestand, der von beiden Seiten mit Härte betrieben wurde. In diesem Zusammenhang ist auch die Klägerin durchaus als Akteurin in Erscheinung getreten. Sie hat sich, nachdem sie bereits am 21. Januar 2008 krank geschrieben wurde, alsbald anwaltlichen Beistandes versichert. Gegenüber ihrem unmittelbaren Vorgesetzten hat sie sich am 8. Februar 2008 beleidigend geäußert und am 19. Februar 2008 anwaltlich die Entfernung von seinem Posten gefordert. Anfang März 2008 hat sie in dem Flyer zur Gründung einer Mobbing-Selbsthilfegruppe, in dem sie selbst namentlich benannt war, ihren Arbeitgeber als Mobbing-Täter bezeichnet. Damit hat sie den Konflikt in die Öffentlichkeit getragen. Ferner hat die Klägerin sich nachhaltig geweigert, den Hinweis auf ihren Arbeitgeber aus dem Mobbing-Flyer zu entfernen, obwohl sie hierzu als persönlich benanntes Mobbingopfer und als zweite Vereinsvorsitzende ohne Weiteres die Möglichkeit gehabt hätte. Bei diesem Gesamtbild erscheint die Klägerin der erkennenden Kammer nicht als ein Opfer von gezieltem Mobbing der Beklagten, sondern als Akteurin innerhalb eines von beiden Parteien nachhaltig und mit Härte betriebenen Konflikts, der Züge eines Machtkampfes trug.

(2) Die Kammer vermochte ungeachtet des Vorstehenden auch nicht festzustellen, dass das Verhalten der Beklagten für eine etwaige Verschlimmerung der seit dem 21. Januar 2008 bestehenden Erkrankung in rechtlich zurechenbarer Weise geführt hätte. Der Vortrag der Klägerin zu einer solchen Verschlimmerung durch ein Verhalten der Beklagten ist unsubstantiiert. Auch aus dem Entlassungsbericht der Reha-Klinik lassen sich keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine derartige Verschlimmerung entnehmen. Aus der darin enthaltenen Anamnese über den Krankheitsverlauf (unter Ziffer 2 des Berichts, Bl. 440 f. d. A.) ist zu entnehmen, dass es der Klägerin in Folge der Zuspitzung des Konflikts mit dem Sachgebietsleiter L. im Januar 2008 immer schlechter gegangen sei, sie nicht mehr habe essen und schlafen können und nur noch allein sein wollen. Sie habe auch suizidale Ideen gehabt, z. B. mit dem Auto gegen einen Baum zu fahren. Nach einer erneuten Auseinandersetzung sei Frau T. schließlich ab dem 21. Januar 2008 krank geschrieben worden. Hierzu ist bereits oben unter bb. (2) ausgeführt worden, dass sich dem Vortrag der Klägerin nicht entnehmen lässt, dass eine etwaige Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes bis zum 21. Januar 2008 auf ein Verhalten der Beklagten und ihrer Erfüllungsgehilfin zurückzuführen sei. Weiter heißt es in der Anamnese, dass sich die Klägerin gegen sieben Abmahnungen gerichtlich zur Wehr gesetzt habe und auch vor dem Verwaltungsgericht als Personalratsvorsitzende beklagt sei. Im Zuge dieser Entwicklung sei es ihr „weiterhin sehr schlecht ergangen“. Nach der letzten Abmahnung im Juli habe sich eine gewisse Besserung ihres psychischen Befindens eingestellt. Aus dieser Schilderung der Klägerin lässt sich eine Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes durch Handlungen der Beklagten nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin am 21. Januar 2008 nicht entnehmen. Vielmehr waren nach Angaben der Klägerin bereits vor dem 21. Januar 2008 suizidale Gedanken und starke psychische Beeinträchtigungen aufgetreten. Bereits oben unter bb. (2) war darauf hingewiesen worden, dass sich dem Entlassungsbericht der Reha-Klinik insoweit Hinweise auf alternative Ursachen entnehmen lassen. Auch wenn die Erkrankung der Klägerin ohne Zweifel stark durch den Konflikt mit der Beklagten veranlasst und getragen wurde, folgt daraus nicht, dass dies von der Beklagten adäquat kausal herbeigeführt worden wäre. In diesem Zusammenhang ist auch von Bedeutung, dass sich die Erkrankung der Klägerin offenbar speziell auf eine Tätigkeit in ihrem bisherigen beruflichen Umfeld bezog. So hat die Klägerin – neben ihrer Freizeitbetätigung im Sportverein – nach Beendigung ihrer Erkrankung am 31. März 2009 nahtlos am Folgetag die Stellung einer Amtsleiterin in einer benachbarten Gemeinde angetreten. Bereits vor der Kur war ihr laut dem Reha-Entlassungsbericht im Rahmen ihrer ambulanten Psychotherapie klar geworden, dass sie das Arbeitsverhältnis zur Beklagten nicht fortsetzen werde. Nach alledem vermochte die Kammer nicht festzustellen, dass ein Verhalten auf Beklagtenseite die Erkrankung der Klägerin am 21. Januar 2008 oder eine nachfolgend eingetretene etwaige Verschlimmerung in zurechenbarer Weise verursacht hätte.

b. Die geltend gemachten Ansprüche auf Ersatz des immateriellen Schadens (Schmerzensgeld und Entschädigung) lassen sich auch nicht aus § 823 Abs. 1 BGB herleiten.

§ 823 Abs. 1 BGB begründet einen Schadensersatzanspruch ua. bei einer vorsätzlichen oder fahrlässigen widerrechtlichen Verletzung der Gesundheit. Liegen, wie dargestellt, keine gegen die arbeitsvertraglichen Rücksichtnahmepflichten des § 241 Abs. 2 BGB verstoßenden Handlungen der Beklagten vor, fehlt es erst recht auch an unerlaubten Handlungen iSd. § 823 Abs. 1 BGB, durch welche die Klägerin in ihrer Gesundheit verletzt worden sein könnte. Zudem kann eine adäquate, nämlich vorhersehbare und damit zurechenbare Verursachung der Gesundheitsbeeinträchtigungen durch etwaige unerlaubte Handlungen auf Beklagtenseite nicht festgestellt werden. Auf das oben unter I 2 a Ausgeführte wird Bezug genommen.

Noch viel weniger liegen die Voraussetzungen vor, unter denen die Rechtsprechung eine Entschädigungspflicht wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts annimmt. § 823 Abs. 1 BGB begründet Schadensersatzanspruch auch bei einer vorsätzlichen oder fahrlässigen widerrechtlichen Verletzung eines „sonstigen Rechtes“. Hierzu zählt auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht iSv. Art. 1 Abs. 1 und 2 Abs. 1 GG (vgl. etwa BAG 16. Mai 2007 – 8 AZR 709/06, aaO). Ein Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als sonstiges Recht iSv. § 823 Abs. 1 BGB kommt in Betracht, wenn eine abschließende gesetzliche Regelung insoweit fehlt und sonst eine Verletzung der Würde und Ehre eines Menschen weitgehend sanktionslos bliebe (BVerfG 14. Februar 1973 – 1 BvR 112/65BVerfGE 34, 269 (292) – Soraya). Ein Anspruch auf Geldentschädigung wegen einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung ist nur dann zuzubilligen ist, wenn die Beeinträchtigung nicht auf andere Weise befriedigend ausgeglichen werden kann (BVerfG 23. September 2009 – 1 BvR 1681/09, 1 BvR 1742/09, juris). Eine solche Verletzung muss eine gewisse Erheblichkeitsschwelle überschreiten. Ihre Rechtswidrigkeit muss anhand einer Abwägung von Gütern und Interessen der Beteiligten festgestellt werden. Denn wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden (vgl. etwa BGH 20. Dezember 2011 – VI ZR 262/10, juris). Anders als das Schmerzensgeld zielt der Schutz auf eine Genugtuung des Opfers sowie auch auf Abschreckung (BGH 5. Oktober 2004 – VI ZR 255/03, BGHZ 160, 298).

Es ist bereits fraglich, ob hier ein Eingriff in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts überhaupt behauptet wird, der über den Gesundheitsschutz hinausginge. Eine Verletzung des Ehrschutzes der Klägerin oder ihre Herabwürdigung ist nicht ohne weiteres ersichtlich. Deren Rechtswidrigkeit dürften zudem berechtigte Interessen der Beklagten entgegenstehen. Jedenfalls steht der Klägerin insoweit weitgehend ein anderweitiger Rechtsschutz mit der Klage auf Entfernung der Abmahnungen aus der Personalakte zur Verfügung. Ungeachtet dessen gilt auch hier, dass sich eine Rechtsgutverletzung der Klägerin, die durch ein der Beklagten zuzurechnendes Verhalten adäquat kausal verursacht worden ist, nicht feststellen lässt (vgl. oben I. 2. a.).

c. Auch für die Verletzung eines Schutzgesetzes iSd. § 823 Abs. 2 BGB durch die Beklagte sind Anhaltspunkte weder von der Klägerin vorgetragen noch sonst erkennbar. Das Gleiche gilt für eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung iSv. § 826 BGB. Für beide Anspruchsgrundlagen fehlt es zudem wiederum an der erforderlichen Ursächlichkeit etwaiger unerlaubter Handlungen auf Beklagtenseite für die Gesundheitsbeeinträchtigungen der Klägerin.

II. Damit ist ohne weiteres zugleich auch das Feststellungsbegehren (Antrag zu 3) unbegründet; dieses ist allerdings zudem bereits unzulässig. Der Antrag ist nicht hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, soweit die Klägerin darin eine Schadensersatzpflicht der Beklagten wegen der „beim Vollzug des Arbeitsverhältnisses erfolgten systematischen Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts und ihrer Gesundheit” zur Feststellung beantragt. Damit wird die Schädigungshandlung zumindest zeitlich nicht hinreichend präzise bestimmt, um Grundlage für einen künftigen Schadensersatzprozess zu bilden. Ein Feststellungsantrag dieser Art dient zum einen der Hemmung der Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB. Daneben bietet er den Vorteil, den Grund des Schadensersatzanspruches außer Streit zu stellen und im Falle späterer Folgeschäden nur noch den Ursachenzusammenhang mit dem Schadensereignis und die Schadenshöhe nachweisen zu müssen. Vor diesem Hintergrund sind die Anforderungen an die Bestimmtheit des Antrages festzusetzen. Soll ein späterer Rechtsstreit über den Grund des Schadensersatzanspruches vermieden werden, muss dieser hinreichend klar aus dem Feststellungsantrag hervorgehen (vgl. BAG 16. Mai 2007 – 8 AZR 709/06, juris Rn. 126-128). Jedenfalls die zeitliche Eingrenzung „beim Vollzug des Arbeitsverhältnisses“, das immerhin von 1991 bis 2009 währte, erfüllt diese Anforderungen nicht.

III. Die Kostenentscheidung ist korrigierend dahin klarzustellen, dass sie die Kosten des Berufungsrechtszugs betrifft (die erstinstanzliche Kostenentscheidung ist allerdings identisch). Mit dieser Maßgabe berücksichtigt sie, dass die Berufung der Klägerin ohne Erfolg geblieben ist, § 97 ZPO. Daneben war – als einheitliche so genannte „Kostenmischentscheidung“ – über die Kosten für den übereinstimmend für erledigt erklärten Teil des Berufungsverfahrens (Anschlussberufung der Beklagten) zu befinden. Insoweit waren gemäß § 91a ZPO die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen der Beklagten aufzuerlegen, woraus sich die schon vom Arbeitsgericht zutreffend ermittelte Kostenquote ergibt.

Ohne den Eintritt des erledigenden Ereignisses (Entfernung der Abmahnungen aus der Personalakte) hätte die Klägerin insoweit aller Voraussicht nach mit dem darauf gerichteten Klageantrag obsiegt. Die Beklagte entnimmt nach eigener Darstellung Abmahnungen regelmäßig nach Ablauf von zwei Jahren aus der Personalakte. Dies praktiziert sie, wie der Fall zeigt, auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. So hat die Beklagte alle sechs Abmahnungen aus der Personalakte entfernt, nachdem die Beendigung des Arbeitsverhältnisses feststand. Sie tat dies zumindest in Bezug auf die ersten drei Abmahnungen ohne gerichtliche Veranlassung. Es ist kein Grund erkennbar, warum die Beklagte in Bezug auf die letzten drei Abmahnungen anders verfahren sollte. Der Anspruch resultiert hier schon aus der geübten Verwaltungspraxis unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung. Dem Entfernungsbegehren nach beendetem Arbeitsverhältnis kann im öffentlichen Dienst auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis abgesprochen werden. Selbst wenn die Beklagte derzeit keine Personalakten an andere Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes herausgibt, bleibt doch die abstrakte Gefahr, dass sie dies künftig tun könnte, wie andere Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes auch.

IV. Gründe für die Zulassung der Revision i. S. v. § 72 Abs. 2 ArbGG oder der Rechtsbeschwerde hinsichtlich der Kostenentscheidung nach § 91a ZPO bestanden nicht.

 

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