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Abmahnung für den Arbeitgeber – Darf ein Arbeitnehmer seinen Chef abmahnen?

Es ist in Deutschland keine Seltenheit, dass es zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber zu arbeitsrechtlichen Konflikten kommt. Besonders dann, wenn es im Zusammenhang mit dem Arbeitsvertragsverhältnis der beiden Vertragsparteien Unklarheiten gibt, sind Streitigkeiten regelrecht vorprogrammiert. In der gängigen Praxis ist es so, dass Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer abmahnen. Für den Arbeitnehmer stellt sich jedoch die Frage, ob auch der Arbeitgeber abgemahnt werden kann und welche Voraussetzungen für diesen Schritt vorliegen müssen.

Auch die beste Vorgehensweise ist nicht jedem Arbeitnehmer bekannt. Der Grund hierfür ist in dem Umstand zu suchen, dass die wenigsten Arbeitnehmer sich mit dem Arbeitgeber auf Augenhöhe sehen. Das vermeintliche Abhängigkeitsverhältnis von dem Arbeitsplatz und damit auch von dem Arbeitgeber spielt dabei eine wesentliche Rolle. In diesem Artikel hier sollen jedoch die zentralen Fragen geklärt werden, unter welchen Voraussetzungen ein Arbeitnehmer eine Abmahnung gegen den Arbeitgeber aussprechen kann und wann diese rechtlich als zulässig anzusehen ist.

Rechtliche Grundlagen

Abmahnung für den Arbeitgeber
2 / 2 Abmahnung für Arbeitgeber: Arbeitnehmer können ihren Chef abmahnen, wenn dieser vertragswidrig handelt. Abmahnung soll auf Fehlverhalten hinweisen und eine Chance zur Verhaltensänderung bieten[ (Symbolfoto: fizkes/Shutterstock.com)
Die rechtliche Grundlage für die Abmahnung stellt der § 314 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dar. In diesem Paragrafen ist auch der Grundcharakter dieser arbeitsrechtlichen Maßnahme festgelegt. Die ausgesprochene Abmahnung soll als letzte Warnung der aussprechenden Person an die Person verstanden werden, deren Verhalten nicht den vertraglich vereinbarten Bedingungen entspricht oder gegen die vertragliche Vereinbarung verstößt. Durch die Aussprache der Abmahnung kritisiert die aussprechende Person ein gewisses Verhaltensmuster mit der Zielsetzung, dass dieses Verhalten künftig verändert oder unterlassen wird.

Rechte und Pflichten von Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei Vertragsverletzung

Der Gesetzgeber gesteht dieses Recht im Arbeitsrecht dabei nicht nur den Arbeitgebern zu. Vielmehr ist es so, dass sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer gleichermaßen aus der arbeitsvertraglichen Vereinbarung heraus Rechte und Pflichten haben. Verstößt ein Arbeitnehmer gegen diese vertraglichen Vereinbarungen, so hat der Arbeitgeber das Recht auf die Aussprache der Abmahnung. Gleichermaßen verhält es sich jedoch auch, wenn der Arbeitgeber gegen arbeitsvertragliche Regelungen verstößt. In derartigen Fällen ist der Arbeitnehmer dazu berechtigt, dieses Verhalten des Arbeitgebers abzumahnen.

Typische Gründe für eine Abmahnung

Der Gesetzgeber sagt eindeutig, dass sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber ein Fehlverhalten der jeweils anderen Vertragspartei abmahnen dürfen. Der Begriff „Fehlverhalten“ ist dabei relativ weit gefasst. In der gängigen Praxis gibt es dementsprechend auch eine wahre Vielzahl von Gründen, aus denen heraus eine Abmahnung folgen kann. Zu den typischen Gründen in der Arbeitswelt zählt das wiederholt verspätet ausgezahlte Gehalt des Arbeitnehmers sowie auch die starke Lohnkürzung, ohne dass diese Lohnkürzung einen wichtigen oder ersichtlichen Grund hat. Auch dann, wenn der Arbeitgeber entgegen der arbeitsvertraglichen Vereinbarung dem Arbeitnehmer keine Zuschläge oder Spesen zahlt, kann sich eine Berechtigung des Arbeitnehmers auf die Aussprache der Abmahnung gegenüber dem Arbeitgeber ergeben. Gleichermaßen verhält es sich auch, wenn der Arbeitgeber von dem Arbeitnehmer die Ableistung von Überstunden einfordert und es hierfür keine arbeitsvertragliche oder arbeitsrechtliche Grundlage gibt.

Arbeitsplatz-Mobbing durch Arbeitgeber: „Bossing“ immer noch ein Problem.

Nicht selten sind auch diejenigen Fälle, in denen Arbeitgeber ihre Mitarbeiter am Arbeitsplatz mobben. Ein derartiges Verhalten ist auch als „Bossing“ bekannt. Hier nutzen Arbeitgeber ihre vermeintliche „Vormachtstellung“ gegenüber dem Arbeitnehmer dahin gehend aus, dass Arbeitnehmer schikaniert oder gemobbt werden. Der Arbeitgeber baut in derartigen Fällen darauf, dass der Arbeitnehmer in einem Abhängigkeitsverhältnis steht und das Bossing einfach stillschweigend erduldet. Wird ein Arbeitnehmer zum Opfer von Bossing, so ist der Arbeitnehmer zu der Abmahnung dieses Verhaltens berechtigt. Auch Fälle von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz durch den Arbeitgeber sind bedauerlicherweise keine Seltenheit. Wird der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz zum Opfer von derartigen Belästigungen, so kann die Abmahnung gegen den Arbeitgeber ausgesprochen werden.

Arbeitgeberpflicht: Schutz vor Mobbing und sexueller Belästigung

Es muss nicht immer zwingend so sein, dass der Arbeitgeber selbst aktiv Mobbing oder sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz gegenüber dem Arbeitnehmer betreibt. Jeder Arbeitgeber hat gegenüber seinen Arbeitnehmer eine gesetzliche Fürsorgepflicht und muss sämtliche Maßnahmen ergreifen, damit der Arbeitnehmer vor Mobbingmaßnahmen oder sexueller Belästigung geschützt wird. Diese Fürsorgepflicht umfasst auch das Verhalten der Mitarbeiter untereinander. Sollte ein Mitarbeiter eines Arbeitnehmers aktiv Mobbing betreiben oder sexuelle Belästigungen begehen und der Arbeitgeber ist darüber informiert, so muss der Arbeitgeber aktiv gegen dieses Verhalten vorgehen. Sollte der Arbeitgeber trotz der vorhandenen Kenntnis die erforderlichen Maßnahmen gegen das Mobbing oder die sexuelle Belästigung unterlassen, so kann der betroffene Arbeitnehmer dieses Verhalten abmahnen. Der Arbeitgeber verstößt dann durch das Unterlassen der Maßnahmen gegen die Fürsorgepflicht gegenüber dem Arbeitnehmer.

Abmahnung des Arbeitgebers: Beachtenswerte Kriterien

Das sollten Arbeitnehmer beachten, wenn Sie Ihren Arbeitgeber abmahnen
Bei einer Abmahnung gegen den Arbeitgeber gibt es einige Kriterien zu beachten. Zwar schreibt der Gesetzgeber in Deutschland für die Abmahnung keine zwingende Form voraus, allerdings muss der Arbeitnehmer auch stets die drei wichtigen Kernfunktionen der Abmahnung beachten. Die Abmahnung hat sowohl eine Dokumentations- als auch eine Hinweis- sowie eine Warn-/Androhungsfunktion. Aus diesem Grund sollte diese Maßnahme gegenüber dem Arbeitgeber stets in schriftlicher Form erfolgen.

Eine Abmahnung kann auch in mündlicher Form ihre rechtliche Wirkung entfalten. Problematisch ist bei dieser Form jedoch die Beweisführung, da die Beweislast für die erteilte Abmahnung stets bei der abmahnenden Person liegt.

Wichtige Punkte für Arbeitnehmer

In dem Abmahnschreiben muss der möglichst detailliert geschilderte Pflichtverstoß nebst dem Zeitpunkt der Geschehnisse aufgeführt sein. Hierdurch wird die Dokumentationsfunktion der Abmahnung erfüllt. Durch das Aufzeigen, dass die besagten Pflichtverstöße nicht geduldet und zukünftig unterlassen und abgeändert werden sollen, erfüllt sich die Hinweisfunktion der Abmahnung. Mit dem Hinweis darauf, dass im Fall der Fortführung von den Pflichtverstößen arbeitsrechtliche Konsequenzen gezogen werden, erfüllt sich letztlich die Warn-/Androhungsfunktion der Abmahnung. Arbeitsrechtliche Konsequenzen können dabei sowohl die fristlose Beendigung des Arbeitsverhältnisses als auch gerichtliche Schritte wie die Klage sein.

In jeder schriftlichen Abmahnung sollten die drei „W’s“ enthalten sein. Wann, was und wo muss möglichst detailliert dargestellt werden. Sollte es hierfür Zeugen geben, so sollten diese Zeugen ebenfalls aufgeführt werden. Pauschalisierte Aussagen haben in einer Abmahnung nichts zu suchen.

Wann Arbeitnehmer den Arbeitgeber abmahnen sollten – Tipps und Hinweise

Die Abmahnung stellt aus arbeitsrechtlicher Sicht bereits ein etwas schärferes Instrument zur Veränderung einer vorherrschenden Situation am Arbeitsplatz dar. In vielen Fällen kann es die erheblich bessere Lösung sein, zunächst erst einmal das persönliche Gespräch mit dem Arbeitgeber zu suchen. Hierbei kann sich herausstellen, dass es sich – wie im Fall von einer verspäteten Gehaltszahlung – lediglich um ein Missverständnis bzw. einen Fehler handelt. Auch dann, wenn das Fehlverhalten am Arbeitsplatz nicht auf den Arbeitgeber, sondern auf Mitarbeiter zurückzuführen ist, kann das vorherige Gespräch mit dem Arbeitgeber der merklich bessere Weg sein. Niemand erhält gern eine Abmahnung und viele Probleme lassen sich im Vorfeld durch ein Gespräch ausräumen. Sollte das persönliche Gespräch keine Wirkung entfalten, kann der Arbeitnehmer immer noch den Arbeitgeber abmahnen.

Fazit

Auch wenn es in der gängigen Praxis eher üblich ist, dass Arbeitgeber Arbeitnehmer abmahnen, so hat auch ein Arbeitnehmer das Recht auf die Aussprache der Abmahnung. Hierbei gilt es jedoch zu beachten, dass diese arbeitsrechtliche Maßnahme – trotz der nicht zwingend gesetzlich vorgeschriebenen Form – schriftlich erfolgen sollte. Konkret sollte der Arbeitnehmer auf die genauen Umstände hinweisen und eine Veränderung unter Androhung von weitergehenden arbeitsrechtlichen Schritten verlangen.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

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