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Abmahnung wegen Beleidigung des Vorgesetzten mit den Stinkefinger

ArbG Frankfurt, Az: 6 Ca 11145/02, Urteil vom 04.06.2003

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf € 2.700,– festgesetzt.

Tatbestand

Vorgesetzter mit Mittelfinger beleidigt - Abmahnung
Symbolfoto: vladacanon / Bigstock

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Abmahnung.

Der Kläger wird bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin seit dem Jahre 1974 als Maschinenschlosser zu einem Bruttomonatsgehalt in Höhe von zuletzt € 2.700,– beschäftigt.

Am Mittwoch, dem 17.07.2002, begegneten sich der Kläger und sein Vorgesetzter … gegen 7.00 Uhr morgens auf dem Werksgelände der Beklagten. Der Kläger fuhr auf einem Fahrrad. Der Vorgesetzte … kam dem Kläger mit einem VW-Bus der Beklagten entgegen. Ob der Kläger dem Vorgesetzten bei dieser Begegnung den sog. „Stinkefinger“ (Zeigen des ausgestreckten Mittelfingers) zeigte, ist zwischen den Parteien streitig.

Mit Schreiben vom 17.07.2002 (Bl. 3 d. A.) erteilte die Beklagte dem Kläger in diesem Zusammenhang eine Abmahnung.

Mit Schreiben vom 25.07.2002 (Bl. 4 d. A.) forderte der Kläger die Beklagte erfolglos zur Entfernung dieser Abmahnung aus seiner Personalakte auf.

Mit seiner am 15.11.2002 bei dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main eingegangenen und der Beklagten am 25.11.2002 (Bl. 6 d. A.) zugestellten Klage verfolgt der Kläger seinen Anspruch weiter.

Er behauptet, der in der Abmahnung mit Schreiben vom 17.07.2002 dargestellte Sachverhalt sei unrichtig. Er habe seinem Vorgesetzten … anlässlich der fraglichen Begegnung keinen „Stinkefinger“ gezeigt, sondern seine Hände seien, soweit er sich erinnern könne, fest auf dem Fahrradlenker gewesen.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die dem Kläger mit Schreiben vom 17.07.2002 erteilte Abmahnung zurückzunehmen und aus der Personalakte zu entfernen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, der Kläger habe bei der fraglichen Begegnung seinem Vorgesetzten … den sog. „Stinkefinger“ gezeigt, indem er den Mittelfinger der rechten Hand, Unterarm angewinkelt, mit dem Handrücken zum Vorgesetzten … zeigend, ausgestreckt habe. Diese Geste habe er aufrecht erhalten, bis er am Wagen des Vorgesetzten vorbei, bzw. aus dessen Blickfeld verschwunden gewesen sei.

Das Gericht hat den Vorgesetzten … als Zeugen mit dem aus der Sitzungsniederschrift vom 04.06.2003 (Bl. 14 — 16 d. A.) ersichtlichen Ergebnis uneidlich vernommen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften vom 20.01.2003 (Bl. 8 d. A.) und 04.06.2003 (Bl. 14 — 16 d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Kläger kann von der Beklagten nicht die Zurücknahme und Entfernung der ihm mit Schreiben vom 17.07.2003 erteilten Abmahnung verlangen. Diese Abmahnung wurde dem Kläger zu Recht erteilt. Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger seinen Vorgesetzten … durch das Zeigen des sog. „Stinkefingers“ beleidigt hat. Dieses Entscheidungsergebnis beruht im Wesentlichen auf folgenden Erwägungen (§ 313 Abs. 3 ZPO):

Ein Arbeitnehmer kann nach ständiger arbeitsgerichtlicher Rechtsprechung von dem Arbeitgeber die Entfernung einer erteilten Abmahnung aus seiner Personalakte verlangen, wenn diese z. B. unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, die den Arbeitnehmer in seiner Rechtsstellung und seinem beruflichen Fortkommen beeinträchtigen könnten (BAG U. v. 27.11.1985, AP Nr. 93 zu § 611 BGB Fürsorgepflicht). Im Abmahnungsprozess trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast für die Richtigkeit der von ihm der Abmahnung zu Grunde gelegten Tatsachen bzw. das Vorliegen eines Pflichtverstoßes (vgl. u. a. BAG U. v. 24.11.1983, AP Nr. 76 zu § 626 BGB).

Im Streitfalle hat der Vorgesetzte … anlässlich seiner Vernehmung als Zeuge zur Überzeugung des Gerichts bekundet, dass der Kläger am fraglichen Tag morgens ihm den sog. „Stinkefinger“, nämlich den ausgestreckten Mittelfinger der rechten Hand, gezeigt habe und zwar mit Augenkontakt zwischen ihm und dem Kläger und bei einem Abstand von höchstens einem Meter. Er hat ferner auch bekundet, er könne ein Kratzen am Kopf oder so etwas ähnliches dabei ausschließen. Irgendwelche Anhaltspunkte, die gegen die Glaubwürdigkeit dieser Aussage des Zeugen … sprechen könnten, waren für die Kammer nicht ersichtlich. Mit diesem Verhalten hat der Kläger seine arbeitsvertraglichen Pflichten in einer abmahnungsfähigen Form verletzt. Ob die Abmahnung dabei, was der Prozessbevollmächtigte des Klägers vehement in Abrede gestellt hat, die richtige Reaktionsmöglichkeit des Arbeitgebers war, muss das Gericht dabei nicht entscheiden.

Andere Unwirksamkeitsgründe hat der Kläger selbst nicht behauptet und sind für das Gericht auch nicht ersichtlich.

Der Kläger hat als unterlegene Partei gemäß §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes ist bei einer Abmahnungsklage regelmäßig gemäß §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 3 ZPO mit dem Wert eines regelmäßigen Monatsverdienstes des Arbeitnehmers zu bemessen.

Die Rechtsmittelbelehrung folgt auf der nächsten Seite.

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