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Änderung Arbeitsbedingungen vor Ablauf Kündigungsfrist

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz – Az.: 4 Sa 66/15 – Urteil vom 09.11.2016

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 6.1.2015, Az.: 8 Ca 1129/14, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Änderungskündigung.

Der Kläger war seit dem 11.11.1996 bei der Beklagten beschäftigt. Seine Einstellung erfolgte als Schlosser, zuletzt war er an einem Schweißroboter eingesetzt. Die Beklagte beschäftigt in der Regel mehr als zehn Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubilden. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden aufgrund beiderseitiger Organisationszugehörigkeit die Bestimmungen der Tarifverträge für die Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie Rheinland-Pfalz Anwendung. Zuletzt war der Kläger in die Entgeltgruppe E 7 ERA eingruppiert.

Mit Schreiben vom 27.08.2014 sprach die Beklagte gegenüber dem Kläger eine Änderungskündigung aus. Das Kündigungsschreiben lautet auszugsweise wie folgt:

„…

mit vorliegendem Schreiben teilen wir Ihnen mit, dass wir das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis vom 11. November 1996 gemäß § 24 Abs. 1 ERA-Manteltarifvertrag ordentlich, aus betriebsbedingten Gründen zum 28. Februar 2015 kündigen.

Gleichzeitig bieten wir Ihnen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit sofortiger Wirkung zu folgenden geänderten Vertragsbedingungen an:

Tätigkeit als Sandstrahler im Bereich Oberflächentechnik mit der ERA Entgeltgruppe 4 unter Einhaltung der Maßgaben des § 14 ERA-Manteltarifvertrag.

…“

Der Kläger hat das Änderungsangebot innerhalb von drei Wochen nach Zugang des Kündigungsschreibens unter Vorbehalt angenommen und mit am 12.09.2014 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Änderungsschutzklage erhoben.

Von einer weitergehenden Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 06.01.2015 (Bl. 68 – 71 d. A.).

Der Kläger hat beantragt, festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 27.08.2014 sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 06.01.2015 festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 27.08.2014 rechtsunwirksam ist. Zur Darstellung der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 5 – 7 dieses Urteils (= Bl. 71 – 73 d. A.) verwiesen.

Gegen das ihr am 09.02.2015 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 23.02.2015 Berufung eingelegt und diese innerhalb der ihr mit Beschluss vom 07.04.2015 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 08.05.2015 begründet.

Die Beklagte macht im Wesentlichen geltend, entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts sei die Kündigung nicht nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG in Ermangelung einer ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrats unwirksam. Der Betriebsrat sei nämlich nicht nur mit Schreiben vom 25.08.2014 (Bl. 52 f. d. A.) zu der streitbefangenen Änderungskündigung angehört worden. Bereits vor dieser schriftlichen Anhörung hätten mehrere Gespräche mit dem Betriebsratsvorsitzenden und dessen Stellvertreter stattgefunden, in denen sowohl die vorgetragenen Kündigungsgründe als auch insbesondere die Gründe für die getroffene Sozialauswahl besprochen worden seien. Dabei seien dem Betriebsrat sowohl die Sozialdaten des Klägers als auch die der vergleichbaren Mitarbeiter mitgeteilt worden.

Zur Darstellung aller Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf deren Berufungsbegründungsschrift vom 08.05.2015 (Bl. 104 – 108 d. A.) Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt, das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe seiner Berufungserwiderungsschrift vom 22.06.2015 (Bl. 120 – 122 d. A.), auf die Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe

I.

Die statthafte Berufung ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das hiernach insgesamt zulässige Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat der Klage jedenfalls im Ergebnis zu Recht stattgegeben.

II.

Die streitbefangene Änderungskündigung erweist sich als sozial ungerechtfertigt und daher nach § 1 Abs. 2, § 2 KSchG als unwirksam. Dabei kann offen bleiben, ob die im Kündigungsschreiben bezeichnete Änderung der Arbeitsbedingungen zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist (28.02.2015) sozial gerechtfertigt wäre. Das Angebot der Beklagten, der Kläger solle „mit sofortiger Wirkung“, also schon vor Ablauf der Kündigungsfrist zu schlechteren Arbeitsbedingungen weiterarbeiten, ist sozial ungerechtfertigt (§ 1 Abs. 2 KSchG).

Eine ordentliche Kündigung wirkt erst zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist. Daran hat sich auch das Änderungsangebot des Arbeitgebers bei einer ordentlichen Änderungskündigung zu orientieren. Der Arbeitnehmer ist nicht verpflichtet, auf einen Teil der ihm zustehenden Kündigungsfrist zu verzichten und vorzeitig in eine Vertragsänderung mit schlechteren Arbeitsbedingungen einzuwilligen. Eine solche vorzeitige Änderung der Arbeitsbedingungen hat der Arbeitnehmer auch dann nicht hinzunehmen, wenn das Änderungsangebot im Rahmen einer ordentlichen Änderungskündigung erfolgt. Eine ordentliche Änderungskündigung, die – wie vorliegend – auf eine vor Ablauf der Kündigungsfrist wirksam werdende Verschlechterung der Arbeitsbedingungen zielt, ist daher nicht sozial gerechtfertigt (BAG v. 21.09.2006 – 2 AZR 120/06 – AP Nr. 86 zu § 2 KSchG 1969).

Dem steht im vorliegenden Fall nicht entgegen, dass das Arbeitsentgelt des Klägers auf Basis der Entgeltgruppe E 7 ERA der Höhe nach bei Anwendung der Vorschriften des § 14 des Manteltarifvertrages für die Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie Rheinland-Pfalz über den Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist hinaus durch Ausgleichszahlungen gesichert ist. Das von der Beklagten mit der Änderungskündigung dem Kläger unterbreitete Angebot, nunmehr eine Tätigkeit auszuüben, die nicht – wie seine bisherige Tätigkeit – der Entgeltgruppe E 7, sondern nur noch der Entgeltgruppe E 4 unterfällt, stellt nämlich bereits für sich genommen eine wesentliche Verschlechterung der Arbeitsbedingungen dar.

Das Angebot der Beklagten, die Arbeitsbedingungen schon vor Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zu ändern, kann auch nicht dahin ausgelegt werden, die neuen Arbeitsbedingungen bei Unzulässigkeit der vorfristigen Änderung erst mit dem Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist eintreten zu lassen (BAG v. 21.09.2006 – 2 AZR 120/06 – a. a. O.).

III.

Die Berufung der Beklagten war daher mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG), wird hingewiesen.

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