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Änderungskündigung – Auflösungsantrag des Arbeitnehmers

Eine Pflegedienstleiterin sieht sich mit schweren Vorwürfen konfrontiert: Urkundenfälschung soll der Grund für eine Degradierung sein. Doch anstatt einer einvernehmlichen Lösung eskaliert die Situation, und ein Gericht muss entscheiden, ob die Wogen noch zu glätten sind oder eine Weiterbeschäftigung unzumutbar ist. Am Ende geht es um die Frage: Kann Vertrauen käuflich sein?

Übersicht:

Zum vorliegenden Urteil Az.: 2 SLa 96/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern
  • Datum: 15.10.2024
  • Aktenzeichen: 2 SLa 96/24
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren
  • Rechtsbereiche: Arbeitsrecht, Kündigungsschutzrecht
  • Beteiligte Parteien:
    • Klägerin: Die im März 1963 geborene Klägerin, war seit dem 01.11.1998 als Pflegedienstleiterin bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Sie ging von einer längeren Beschäftigungszeit aus als die Beklagte und focht eine ordentliche Kündigung an. Sie forderte eine Abfindung.
    • Beklagte: Die Beklagte ist das Unternehmen, bei dem die Klägerin als Pflegedienstleiterin angestellt war. Die Beklagte bestritt die von der Klägerin angegebene Beschäftigungszeit.
  • Um was ging es?
    • Sachverhalt: Die Klägerin war als Pflegedienstleiterin bei der Beklagten beschäftigt. Es gab Streit über die Dauer der Beschäftigungszeit und die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung. Die Klägerin begehrte eine Abfindung.
    • Kern des Rechtsstreits: War die ordentliche Kündigung wirksam und hat die Klägerin Anspruch auf eine Abfindung?
  • Was wurde entschieden?
    • Entscheidung: Die Berufung der Beklagten wurde zurückgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin wurde das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert. Das Arbeitsverhältnis wurde gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 76.283,42 € brutto zum 31.05.2024 aufgelöst.
  • Folgen: Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Der Fall vor Gericht


LAG Mecklenburg-Vorpommern: Änderungskündigung und Auflösung im Fokus – Urteil zum Arbeitsverhältnis einer Pflegedienstleiterin

Reife Frau in einem Büro hält ein Dokument, während Kollegen besorgt zuschauen. Spannung und Dramatik im Raum.
Änderungskündigung und Auflösungsantrag im Arbeitsrecht | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (LAG) hat in einem Urteil vom 15. Oktober 2024 (Az.: 2 SLa 96/24) über die Wirksamkeit einer Änderungskündigung und einen Antrag der Arbeitnehmerin auf Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses entschieden. Im Zentrum des Falls stand eine Pflegedienstleiterin, die wegen des Vorwurfs der Urkundenfälschung mit einer Änderungskündigung konfrontiert wurde. Das Gericht wog die Interessen beider Parteien ab und fällte ein Urteil, das sowohl die Rechte der Arbeitnehmerin stärkte als auch die Pflichten des Arbeitgebers verdeutlichte.

Der Fall im Detail: Vorwurf der Urkundenfälschung als Auslöser der Auseinandersetzung

Die Klägerin, eine im März 1963 geborene Frau, war seit dem 1. November 1998 als Pflegedienstleiterin bei der Beklagten, einem Unternehmen im Gesundheitswesen, angestellt. Strittig war der genaue Beginn des Arbeitsverhältnisses, da die Klägerin eine frühere Beschäftigungszeit geltend machte. Ihr monatliches Bruttogehalt betrug zuletzt 4.600 Euro zuzüglich weiterer Leistungen wie Jahressonderzahlung und betriebliche Altersvorsorge. Im Unternehmen der Beklagten sind regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt und ein Betriebsrat existiert.

Zertifikate-Affäre: Fälschungsvorwürfe bei Online-Fortbildungen

Der Stein des Anstoßes war die Organisation und Überwachung von Fortbildungen für Praxisanleiterinnen durch die Klägerin. Diese Fortbildungen sind notwendig, um Auszubildende anleiten zu dürfen. Im Jahr 2022 nutzte die Beklagte Online-Fortbildungen des Anbieters „SingLiesel“. Die Klägerin meldete Mitarbeiterinnen an, ließ aber teils mehr Personen als angemeldet an den Veranstaltungen teilnehmen, die in ihrem Büro stattfanden. Für nicht angemeldete Teilnehmerinnen erstellte die Klägerin eigene Zertifikate, indem sie Originalzertifikate kopierte, Namen handschriftlich hinzufügte und mit einem Stempel der Beklagten sowie ihrer Unterschrift versah. Dies betraf auch Mitarbeiterinnen einer Schwesterfirma.

Konfrontation und Änderungskündigung: Demotion statt Kündigung?

Anfang Dezember 2022 wurde der Klägerin mitgeteilt, dass sie von ihrer Position als Pflegedienstleiterin entbunden und künftig nur noch stellvertretend sowie in der Wundversorgung eingesetzt werden solle, bei gleichbleibendem Gehalt. Während die Klägerin einverstanden war, scheiterte eine Einigung über den Zeitpunkt der Umsetzung. Die Beklagte drängte auf sofortige Änderung, die Klägerin wollte einen späteren Termin. Am 29. Dezember 2022 kam es zu einem Gespräch, in dem der Geschäftsführer der Klägerin im Beisein der Chefärztin Betrug und Urkundenfälschung vorwarf. Die Klägerin räumte ein, möglicherweise den Bildungsträger geschädigt zu haben.

Entscheidung des Arbeitsgerichts Rostock: Berufung der Beklagten erfolglos

Das Arbeitsgericht Rostock hatte in erster Instanz bereits zugunsten der Klägerin entschieden. Gegen dieses Urteil legte die Beklagte Berufung ein, die jedoch vom Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern zurückgewiesen wurde. Das LAG bestätigte damit die Entscheidung der Vorinstanz im Wesentlichen.

Auflösungsantrag der Klägerin erfolgreich: Abfindung statt Weiterbeschäftigung

Die Klägerin selbst legte ebenfalls Berufung ein, mit dem Ziel, eine Abänderung des erstinstanzlichen Urteils in Bezug auf die Auflösung des Arbeitsverhältnisses und die Abfindung zu erreichen. Das LAG gab der Berufung der Klägerin statt und änderte das Urteil des Arbeitsgerichts Rostock ab. Das Gericht entschied, dass das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 76.283,42 Euro brutto gemäß §§ 9, 10 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) zum 31. Mai 2024 aufgelöst wird.

Begründung des Gerichts: Zerrüttetes Vertrauensverhältnis und Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung

Das Landesarbeitsgericht begründete die Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit dem zerrütteten Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien. Die Vorwürfe der Urkundenfälschung und des Betrugs, die im Raum standen, sowie die Eskalation der Situation durch das Gespräch im Dezember 2022, hatten zu einer irreparablen Beschädigung des Vertrauens geführt. Für die Klägerin sei eine Weiterbeschäftigung unter diesen Umständen unzumutbar geworden.

Kostenentscheidung und Revisionszulassung: Beklagte trägt die Kosten, Revision ausgeschlossen

Das Gericht entschied, dass die Beklagte die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen tragen muss. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Nichtzulassung der Revision. Das LAG sah keine Gründe für eine Revision an das Bundesarbeitsgericht (BAG), die höchste Instanz in Arbeitsrechtssachen. Damit ist das Urteil des LAG Mecklenburg-Vorpommern rechtskräftig und abschließend.

Bedeutung für Betroffene: Stärkung der Arbeitnehmerrechte bei unzumutbarer Weiterbeschäftigung

Dieses Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern hat eine erhebliche Bedeutung für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Es zeigt, dass auch bei Fehlverhalten von Arbeitnehmerseite, eine Eskalation durch den Arbeitgeber und schwere Vorwürfe zu einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit Abfindung führen können, wenn dadurch das Vertrauensverhältnis irreparabel zerstört wird und eine Weiterbeschäftigung unzumutbar erscheint. Arbeitnehmer, die sich in einer ähnlichen Situation befinden, in der das Vertrauensverhältnis zum Arbeitgeber massiv gestört ist, können unter Umständen die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung erreichen. Das Urteil unterstreicht die Bedeutung eines respektvollen und fairen Umgangs miteinander im Arbeitsverhältnis und die Konsequenzen, wenn dieses Vertrauen nachhaltig beschädigt wird. Es macht deutlich, dass Arbeitgeber bei Vorwürfen gegen Arbeitnehmer sorgfältig vorgehen und eine Eskalation vermeiden sollten, da dies im schlimmsten Fall zu einer für sie ungünstigen gerichtlichen Entscheidung führen kann.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil verdeutlicht, dass selbst langjährige Führungskräfte bei Vertrauensbruch durch Fälschung von Dokumenten (hier: Fortbildungszertifikate) gekündigt werden können, jedoch nicht immer fristlos. Bei schwerwiegenden Vorwürfen wie Urkundenfälschung muss der Arbeitgeber seine Anschuldigungen beweisen und die Verhältnismäßigkeit wahren. Die Entscheidung zeigt, dass Arbeitnehmer trotz berechtigter Kündigung eine Abfindung erhalten können, wenn eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar erscheint – hier wurden über 76.000 € zugesprochen, was die potenzielle Höhe solcher Ansprüche unterstreicht.


Hinweise und Tipps

Praxistipps für Arbeitnehmer bei Vorwürfen am Arbeitsplatz

Konfrontationen am Arbeitsplatz, insbesondere Vorwürfe wie Urkundenfälschung, können schnell eskalieren und die berufliche Existenz bedrohen. Ein offener und besonnener Umgang mit solchen Situationen ist entscheidend, um die eigenen Rechte zu wahren und negative Konsequenzen zu minimieren. Die folgenden Tipps sollen Ihnen helfen, sich in solchen schwierigen Lagen richtig zu verhalten.

⚖️ DISCLAIMER: Diese Praxistipps stellen keine Rechtsberatung dar und ersetzen nicht die individuelle juristische Beratung. Jeder Fall ist anders und kann besondere Umstände aufweisen, die einer speziellen Einschätzung bedürfen.

Tipp 1: Ruhe bewahren und Gespräch suchen

Reagieren Sie auf Vorwürfe zunächst ruhig und versuchen Sie, das Gespräch mit Ihrem Arbeitgeber oder Vorgesetzten zu suchen. Klären Sie die Situation und versuchen Sie, die Vorwürfe im Detail zu verstehen. Eine Eskalation zu Beginn kann die Situation unnötig verschärfen.

Beispiel: Bitten Sie um ein persönliches Gespräch, in dem Sie die konkreten Vorwürfe erfahren und um Zeit bitten, diese zu prüfen und zu beantworten.

⚠️ ACHTUNG: Nehmen Sie Vorwürfe ernst und ignorieren Sie sie nicht. Auch wenn Sie die Vorwürfe für ungerechtfertigt halten, ist es wichtig, sich aktiv damit auseinanderzusetzen.


Tipp 2: Sachverhalt dokumentieren

Fertigen Sie ein Gedächtnisprotokoll der Situation an, in dem Sie Datum, Uhrzeit, Gesprächsinhalte und beteiligte Personen festhalten. Sichern Sie relevante Dokumente oder E-Mails, die den Sachverhalt aus Ihrer Sicht beleuchten können. Eine detaillierte Dokumentation ist wichtig für eine mögliche spätere rechtliche Auseinandersetzung.


Tipp 3: Keine voreiligen Zugeständnisse

Äußern Sie sich zu den Vorwürfen erst, nachdem Sie die Situation vollständig erfasst und gegebenenfalls rechtlichen Rat eingeholt haben. Vermeiden Sie voreilige Schuldeingeständnisse oder Unterschriften unter Dokumente, deren Inhalt und Konsequenzen Sie nicht vollständig überblicken.

⚠️ ACHTUNG: Aussagen, die Sie unüberlegt treffen, können später gegen Sie verwendet werden. Nehmen Sie sich Zeit für eine durchdachte Reaktion.


Tipp 4: Rechtlichen Rat einholen

Suchen Sie frühzeitig eine Rechtsberatung bei einem Fachanwalt für Arbeitsrecht auf. Dieser kann Ihre Situation rechtlich einschätzen, Ihnen Ihre Rechte und Handlungsoptionen erläutern und Sie im weiteren Verlauf unterstützen. Eine frühzeitige Beratung kann entscheidend sein, um Ihre Position zu stärken.


Tipp 5: Beschäftigungszeit prüfen

Überprüfen Sie Ihre Beschäftigungszeit bei Ihrem Arbeitgeber genau. Die Dauer der Beschäftigung ist relevant für den Kündigungsschutz und mögliche Abfindungsansprüche. Halten Sie alle relevanten Unterlagen wie Arbeitsverträge und Gehaltsabrechnungen bereit.

Weitere Fallstricke oder Besonderheiten?

In eskalierten Situationen kann das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer stark beschädigt sein. Auch wenn Vorwürfe ausgeräumt werden können, kann eine Weiterbeschäftigung schwierig werden. In solchen Fällen kann es sinnvoll sein, eine einvernehmliche Lösung, wie beispielsweise einen Aufhebungsvertrag mit Abfindung, in Betracht zu ziehen.

Checkliste: Vorwürfe am Arbeitsplatz

  • Ruhe bewahren und Gespräch suchen
  • Sachverhalt und Beweismittel dokumentieren
  • Keine voreiligen Zugeständnisse machen
  • Frühzeitig Rechtsberatung einholen
  • Beschäftigungszeit prüfen

Benötigen Sie Hilfe?

Kompetenz bei arbeitsrechtlichen Umbrüchen und Beziehungsstörungen

In arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen, in denen wesentliche Veränderungen des Arbeitsverhältnisses oder ein gestörtes Vertrauensverhältnis eine Rolle spielen, können Unsicherheiten und vielfältige Fragen entstehen. Solche Situationen erfordern eine fundierte Betrachtung der individuellen Umstände, um die Angemessenheit von Kündigungen oder Auflösungen des Arbeitsverhältnisses objektiv zu beurteilen.

Wir unterstützen Sie dabei, Ihre rechtliche Position zu erfassen und den komplexen Anforderungen einer veränderten Arbeitssituation gerecht zu werden. Durch eine sachliche und präzise Beratung möchten wir Ihnen dabei helfen, alle relevanten Aspekte zu erkennen und etwaige Handlungsoptionen transparent darzulegen. Nehmen Sie die Gelegenheit wahr, um über Ihre nächste Schritte in einer schwierigen arbeitsrechtlichen Situation nachzudenken.

Ersteinschätzung anfragen

Häufig gestellte Fragen zum Thema

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was genau ist eine Änderungskündigung und wie unterscheidet sie sich von einer normalen Kündigung?

Eine Änderungskündigung ist eine besondere Form der Kündigung, bei der der Arbeitgeber das bestehende Arbeitsverhältnis beendet und gleichzeitig ein Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter geänderten Bedingungen macht. Dies kann beispielsweise eine Änderung des Arbeitsortes, der Vergütung oder der Aufgabenbereiche umfassen. Im Gegensatz dazu beendet eine normale Kündigung das Arbeitsverhältnis ohne ein neues Angebot.

Wichtige Unterschiede:

  • Angebot zur Fortsetzung: Bei einer Änderungskündigung wird ein neues Arbeitsangebot gemacht, während eine normale Kündigung lediglich das Arbeitsverhältnis beendet.
  • Reaktionsmöglichkeiten: Der Arbeitnehmer kann das Änderungsangebot annehmen oder ablehnen. Bei einer Ablehnung endet das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Kündigungsfrist.
  • Rechtliche Grundlagen: Beide Formen unterliegen dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG), jedoch muss eine Änderungskündigung zusätzlich sozial gerechtfertigt sein, d.h., sie muss durch betriebs-, verhaltens- oder personenbedingte Gründe begründet sein.

Annahme unter Vorbehalt: Der Arbeitnehmer kann das Änderungsangebot auch unter Vorbehalt annehmen. Das bedeutet, dass er das neue Angebot annimmt, aber gleichzeitig gegen die Kündigung klagen kann. Wenn er die Klage gewinnt, bleibt das Arbeitsverhältnis in seinem ursprünglichen Zustand bestehen; verliert er, wird es zu den neuen Bedingungen fortgesetzt.


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Unter welchen Umständen kann ein Arbeitnehmer nach einer Änderungskündigung einen Auflösungsantrag stellen und welche Voraussetzungen müssen dafür erfüllt sein?

Ein Arbeitnehmer kann nach einer Änderungskündigung einen Auflösungsantrag stellen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Diese Möglichkeit ist jedoch eingeschränkt und hängt von der Art und Weise ab, wie der Arbeitnehmer auf die Änderungskündigung reagiert.

1. Ablehnung des Änderungsangebots:

  • Voraussetzung: Der Arbeitnehmer muss das Änderungsangebot des Arbeitgebers ablehnen. In diesem Fall wandelt sich die Änderungskündigung in eine Beendigungskündigung um, und der Arbeitnehmer kann einen Auflösungsantrag nach § 9 KSchG stellen.
  • Gründe: Der Antrag kann gestellt werden, wenn dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar ist oder wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen.

2. Annahme unter Vorbehalt:

  • Voraussetzung: Wenn der Arbeitnehmer das Änderungsangebot unter Vorbehalt annimmt, ist ein Auflösungsantrag in der Regel nicht möglich. In diesem Fall streiten die Parteien nur noch über die Angemessenheit der neuen Arbeitsbedingungen, und das Arbeitsverhältnis besteht fort.
  • Ausnahme: Es gibt keine direkte Ausnahme, die eine Auflösung in diesem Fall ermöglicht. Die herrschende Meinung und Rechtsprechung lehnen einen Auflösungsantrag in solchen Fällen ab.

3. Gründe für den Auflösungsantrag:

  • Zerrüttetes Vertrauensverhältnis: Ein zerrüttetes Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer kann ein Grund sein, warum die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist. Solche Gründe müssen jedoch im Zusammenhang mit der Kündigung oder dem Kündigungsschutzprozess stehen.
  • Weitere Gründe: Andere Gründe, die eine Auflösung rechtfertigen könnten, sind schwerwiegende Störungen im persönlichen Verhältnis oder erhebliche Konflikte mit anderen Mitarbeitern.

Insgesamt ist ein Auflösungsantrag nach einer Änderungskündigung nur unter bestimmten Umständen möglich, und die Voraussetzungen sind streng.


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Welche Rolle spielt das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei einer Änderungskündigung und einem möglichen Auflösungsantrag?

Das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer spielt eine zentrale Rolle bei der Beurteilung von Änderungskündigungen und Auflösungsanträgen. Ein stark erschüttertes Vertrauensverhältnis kann dazu führen, dass das Arbeitsverhältnis nicht mehr fortgeführt werden kann.

Vertrauensverhältnis und Änderungskündigung

Eine Änderungskündigung ist eine Kündigung, bei der der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis beenden oder ändern möchte, oft aufgrund von betrieblichen Gründen. Das Vertrauensverhältnis wird hier nicht direkt betroffen, es sei denn, es gibt gleichzeitig ein Fehlverhalten, das das Vertrauen beeinträchtigt.

Vertrauensverhältnis und Auflösungsantrag

Ein Auflösungsantrag kann gestellt werden, wenn das Vertrauensverhältnis so stark erschüttert ist, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr sinnvoll erscheint. Dies kann der Fall sein, wenn es zu schwerwiegenden Verfehlungen oder Drohungen kommt, die das Vertrauen irreparabel beschädigen. In solchen Fällen kann das Gericht das Arbeitsverhältnis auflösen, oft verbunden mit einer Abfindung für den Arbeitnehmer.

Eskalation durch den Arbeitgeber

Wenn der Arbeitgeber selbst das Vertrauensverhältnis durch sein Verhalten eskalieren lässt, kann dies das Arbeitsverhältnis irreparabel beschädigen. Ein Beispiel hierfür wäre, wenn der Arbeitgeber Druck auf den Arbeitnehmer ausübt, einen Aufhebungsvertrag zu unterzeichnen, oder wenn er den Arbeitnehmer unangemessen behandelt. In solchen Fällen kann ein Auflösungsantrag gerechtfertigt sein, um das Arbeitsverhältnis zu beenden.

Für Sie bedeutet das, dass das Vertrauensverhältnis ein entscheidender Faktor ist, der über den Erfolg oder Misserfolg eines Auflösungsantrags entscheiden kann. Wenn das Vertrauen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer stark beschädigt ist, kann dies zu einer gerichtlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses führen.


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Wie wird die Höhe einer Abfindung bei einem erfolgreichen Auflösungsantrag nach einer Änderungskündigung berechnet und welche Faktoren beeinflussen diese Berechnung?

Die Höhe einer Abfindung bei einem erfolgreichen Auflösungsantrag nach einer Änderungskündigung hängt von mehreren Faktoren ab und wird oft individuell ausgehandelt. Ein häufig verwendetes Richtwert ist die Berechnung gemäß § 1a KSchG, die als Faustregel gilt: 0,5 Monatsgehälter pro Beschäftigungsjahr. Diese Formel dient als Ausgangspunkt für Verhandlungen, ist jedoch nicht verbindlich.

Wichtige Faktoren, die die Abfindungshöhe beeinflussen, sind:

  • Betriebszugehörigkeit: Je länger der Arbeitnehmer im Unternehmen tätig war, desto höher kann die Abfindung ausfallen.
  • Gehalt: Das Bruttomonatsgehalt ist ein entscheidender Faktor bei der Berechnung.
  • Alter und Position: Diese können ebenfalls die Verhandlungsposition stärken.
  • Betriebliche Situation: Die finanzielle Lage des Unternehmens und die Wahrscheinlichkeit, dass eine Kündigungsschutzklage erfolgreich wäre, spielen ebenfalls eine Rolle.

In vielen Fällen wird die Abfindung im Rahmen eines Sozialplans oder eines Tarifvertrags festgelegt, insbesondere bei betriebsbedingten Umstrukturierungen. Zudem können Verhandlungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu individuellen Vereinbarungen führen.


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Was sind die wichtigsten Schritte, die ein Arbeitnehmer unternehmen sollte, wenn er eine Änderungskündigung erhält und einen Auflösungsantrag in Erwägung zieht?

Wenn ein Arbeitnehmer eine Änderungskündigung erhält, bedeutet dies, dass sein Arbeitgeber das bestehende Arbeitsverhältnis kündigt und gleichzeitig ein Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter geänderten Bedingungen macht. Hier sind die wichtigsten Schritte, die ein Arbeitnehmer in dieser Situation unternehmen kann:

  1. Schnelle Reaktion: Es ist entscheidend, schnell zu reagieren, da die Klagefrist von drei Wochen ab Zugang der Kündigung gilt. Innerhalb dieser Frist muss der Arbeitnehmer entscheiden, ob er das Änderungsangebot annimmt, ablehnt oder eine Klage einreicht.
  2. Dokumentation: Alle relevanten Ereignisse und Kommunikationen sollten dokumentiert werden. Dies kann bei späteren rechtlichen Schritten hilfreich sein.
  3. Beratung: Es ist ratsam, sich über die eigenen Rechte und Optionen zu informieren. Eine Beratung durch Fachleute kann dabei helfen, die beste Vorgehensweise zu bestimmen.
  4. Mögliche Reaktionen:
    • Vorbehaltlose Annahme: Der Arbeitnehmer akzeptiert die neuen Bedingungen und arbeitet weiter.
    • Annahme unter Vorbehalt: Der Arbeitnehmer nimmt das Angebot an, arbeitet unter den neuen Bedingungen weiter und kann gleichzeitig die Rechtmäßigkeit der Änderungen gerichtlich prüfen lassen.
    • Ablehnung und Kündigungsschutzklage: Der Arbeitnehmer lehnt das Angebot ab und kann gegen die Kündigung vorgehen, um das Arbeitsverhältnis zu den alten Bedingungen fortzusetzen.
  5. Auflösungsantrag: Wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis beenden möchte, kann er einen Auflösungsantrag stellen. Dieser muss jedoch begründet werden und ist oft mit einer Abfindung verbunden.

In jedem Fall ist es wichtig, die Fristen zu beachten und rechtzeitig zu handeln, um die eigenen Rechte zu wahren.


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⚖️ DISCLAIMER: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar - Fachbegriffe aus dem Arbeitsrecht

Glossar


Juristische Fachbegriffe kurz erklärt

Änderungskündigung

Eine Änderungskündigung ist ein besonderes arbeitsrechtliches Instrument, bei dem der Arbeitgeber das bestehende Arbeitsverhältnis kündigt und gleichzeitig die Fortsetzung unter geänderten Bedingungen anbietet. Sie ist in § 2 KSchG (Kündigungsschutzgesetz) geregelt. Der Arbeitnehmer kann dieses Angebot entweder annehmen oder unter Vorbehalt annehmen und die Änderung gerichtlich überprüfen lassen. Anders als bei einer regulären Kündigung zielt sie nicht auf die Beendigung, sondern auf die Modifikation des Arbeitsverhältnisses ab.

Beispiel: Eine Pflegedienstleiterin erhält eine Änderungskündigung, bei der ihr angeboten wird, statt in leitender Position künftig als reguläre Pflegekraft zu arbeiten – bei entsprechend niedrigerem Gehalt.


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Urkundenfälschung

Urkundenfälschung bezeichnet das Herstellen einer unechten Urkunde, das Verfälschen einer echten Urkunde oder den bewussten Gebrauch einer gefälschten Urkunde zum Zweck der Täuschung im Rechtsverkehr. Dies stellt gemäß § 267 StGB eine Straftat dar, die mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe geahndet werden kann. Im Arbeitsrecht kann Urkundenfälschung einen wichtigen Kündigungsgrund darstellen, da sie das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer erheblich beeinträchtigt.

Beispiel: Eine Angestellte fälscht ein Fortbildungszertifikat, um berufliche Qualifikationen nachzuweisen, die sie tatsächlich nicht erworben hat.


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Auflösung des Arbeitsverhältnisses

Die Auflösung des Arbeitsverhältnisses bezeichnet die gerichtliche Beendigung eines Arbeitsverhältnisses auf Antrag einer Partei, obwohl eine ausgesprochene Kündigung unwirksam ist. Sie ist in § 9 KSchG geregelt und kann erfolgen, wenn dem Antragsteller die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar erscheint. Das Gericht spricht in diesem Fall eine angemessene Abfindung zu. Die Auflösung unterscheidet sich von einer Kündigung dadurch, dass sie nur durch gerichtliche Entscheidung erfolgen kann.

Beispiel: Eine Pflegedienstleiterin beantragt nach Konflikten mit dem Arbeitgeber die Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung, da eine vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht mehr möglich erscheint.


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Berufungsverfahren

Das Berufungsverfahren ist ein Rechtsmittelverfahren, in dem eine Partei die Entscheidung eines erstinstanzlichen Gerichts (hier: Arbeitsgericht) durch ein höheres Gericht (hier: Landesarbeitsgericht) überprüfen lassen kann. Es ist in den §§ 511 ff. ZPO und speziell für arbeitsrechtliche Streitigkeiten in den §§ 64 ff. ArbGG geregelt. Die Berufung muss innerhalb eines Monats nach Urteilszustellung eingelegt werden. Im Berufungsverfahren wird der Rechtsstreit in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht erneut geprüft.

Beispiel: Nach einem Urteil des Arbeitsgerichts legt die unterlegene Partei Berufung beim Landesarbeitsgericht ein, um eine abweichende Entscheidung zu erreichen.


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Abfindung

Eine Abfindung ist eine einmalige finanzielle Entschädigung, die bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer gezahlt wird. Sie kann auf verschiedenen Grundlagen beruhen, etwa auf § 1a KSchG, § 9 KSchG bei gerichtlicher Auflösung oder einem Aufhebungsvertrag. Die Höhe richtet sich oft nach der Formel: Monatsentgelt × Beschäftigungsjahre × 0,5. Die Abfindung ist eine Kompensation für den Verlust des Arbeitsplatzes und soll wirtschaftliche Nachteile ausgleichen.

Beispiel: Im vorliegenden Fall erhielt die Pflegedienstleiterin eine Abfindung von 76.283,42 € brutto für die Auflösung ihres langjährigen Arbeitsverhältnisses.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • Kündigungsschutzgesetz (KSchG) § 1: Dieser Paragraph bestimmt, dass eine Kündigung sozial gerechtfertigt sein muss. Eine Kündigung ist sozial ungerechtfertigt, wenn sie nicht durch Gründe, die im Verhalten oder in der Person des Arbeitnehmers liegen oder durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht musste prüfen, ob die Kündigung der Pflegedienstleiterin aufgrund der Erstellung falscher Fortbildungsnachweise sozial gerechtfertigt war. Da das Gericht eine Abfindung zusprach, deutet dies darauf hin, dass es die Kündigung als sozial ungerechtfertigt ansah, aber eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses als unzumutbar.
  • Kündigungsschutzgesetz (KSchG) § 9, § 10: Diese Paragraphen regeln die Auflösung des Arbeitsverhältnisses und die Zahlung einer Abfindung, wenn das Gericht feststellt, dass die Kündigung zwar sozial ungerechtfertigt ist, aber eine weitere Zusammenarbeit unzumutbar erscheint. Die Höhe der Abfindung wird unter Berücksichtigung verschiedener Faktoren, wie z.B. der Dauer der Betriebszugehörigkeit und des Verdienstes, festgelegt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht hat das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufgelöst. Dies bedeutet, dass es die Kündigung zwar als nicht gerechtfertigt ansah, aber eine Rückkehr der Klägerin an ihren Arbeitsplatz nicht für zumutbar hielt. Die Höhe der Abfindung wurde auf Basis ihres Gehalts und der langen Beschäftigungsdauer berechnet.
  • Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) § 102: Dieser Paragraph schreibt vor, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Kündigung anhören muss, sofern ein Betriebsrat im Unternehmen existiert. Der Betriebsrat hat das Recht, zu der geplanten Kündigung Stellung zu nehmen und Bedenken zu äußern. Eine Kündigung ohne vorherige Anhörung des Betriebsrats ist in der Regel unwirksam. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Im vorliegenden Fall wird explizit erwähnt, dass im Betrieb der Beklagten ein Betriebsrat existiert. Es ist daher davon auszugehen, dass die korrekte Anhörung des Betriebsrats eine notwendige formelle Voraussetzung für die Wirksamkeit der Kündigung gewesen wäre.

Das vorliegende Urteil


Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern – Az.: 2 SLa 96/24 – Urteil vom 15.10.2024


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