Übersicht:
- Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Arbeitsvertrag geändert? Gerichtsurteil zur Bestimmtheit des Änderungsangebots
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- FAQ – Häufige Fragen
- Welche Anforderungen muss ein Änderungsangebot erfüllen, um rechtlich wirksam zu sein?
- Was kann ein Arbeitnehmer tun, wenn das Änderungsangebot unklar oder widersprüchlich ist?
- Welche Folgen hat die Unbestimmtheit eines Änderungsangebots für die Wirksamkeit der Änderungskündigung?
- Kann ein Arbeitgeber den Arbeitsort ändern, ohne die Tätigkeit zu verändern?
- Wie sollte ein Arbeitnehmer reagieren, wenn er eine Änderungskündigung erhält?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Das Gericht befasste sich mit der Wirksamkeit einer ordentlichen Änderungskündigung.
- Der Kläger war bei der Versicherungsgesellschaft als Vertriebsassistent beschäftigt.
- Aufgrund einer Umstrukturierung sollten alle Vertriebsassistenten an zwei Standorten konzentriert werden.
- Die Beklagte bot dem Kläger eine Weiterbeschäftigung unter geänderten Bedingungen an, was der Kläger unter Vorbehalt annahm.
- Das Änderungsangebot der Beklagten war laut Gericht nicht hinreichend bestimmt.
- Es gab Unklarheiten zwischen der Änderung des Arbeitsortes und der Art der zukünftigen Tätigkeit.
- Die Beklagte konnte die behauptete Gleichwertigkeit der Aufgaben nicht schlüssig darlegen.
- Das Gericht entschied, dass die Änderungskündigung rechtsunwirksam ist.
- Unklarheiten im Änderungsangebot gehen zulasten des Arbeitgebers.
- Die Revision wurde nicht zugelassen.
Arbeitsvertrag geändert? Gerichtsurteil zur Bestimmtheit des Änderungsangebots
Die Änderungskündigung ist ein Instrument, das Arbeitgeber nutzen können, um Arbeitsverträge zu ändern. Dabei wird dem Arbeitnehmer zunächst gekündigt, gleichzeitig wird ihm aber ein neues Arbeitsverhältnis angeboten. Dieses Angebot muss dabei bestimmte Voraussetzungen erfüllen, damit der Arbeitnehmer nicht einfach zum Arbeitslosengeld greifen kann. Ein zentrales Element ist die Bestimmtheit des Änderungsangebots, das heißt, es müssen alle wesentlichen Vertragsbedingungen klar und deutlich formuliert sein.
Diese Bestimmtheit ist wichtig, damit der Arbeitnehmer die Möglichkeit hat, die Änderung des Arbeitsvertrags sinnvoll zu beurteilen. Ist das Änderungsangebot nicht ausreichend bestimmt, kann der Arbeitnehmer die Kündigungsschutzklage einreichen und die Änderung des Arbeitsvertrags mit der Begründung ablehnen, dass diese nicht rechtmäßig wäre. So kann er versuchen, sein bisheriges Arbeitsverhältnis weiterzuführen. Im folgenden Beitrag wollen wir Ihnen ein Gerichtsurteil zum Thema der Bestimmtheit des Änderungsangebots erläutern und Ihnen Einblicke in die juristischen Feinheiten dieses komplexen Rechtsgebiets geben.
Unsicherheit bei Ihrer Änderungskündigung? Wir helfen Ihnen weiter!
Stehen Sie vor einer Änderungskündigung mit unklaren Bedingungen? Wir verstehen Ihre Bedenken. Unsere Kanzlei ist spezialisiert auf Arbeitsrecht und hat langjährige Erfahrung in der erfolgreichen Vertretung von Arbeitnehmern. Wir bieten Ihnen eine unverbindliche Ersteinschätzung Ihrer Situation an, um Ihre Rechte zu wahren. Kontaktieren Sie uns noch heute, um den ersten Schritt zur Klärung Ihrer rechtlichen Möglichkeiten zu machen.
Der Fall vor Gericht
Rechtmäßigkeit einer Änderungskündigung bei unklarem Änderungsangebot
Der Fall befasst sich mit der Wirksamkeit einer ordentlichen Änderungskündigung, die ein Versicherungsunternehmen gegenüber einem langjährigen Mitarbeiter ausgesprochen hat. Der betroffene Arbeitnehmer war seit 2002 als Vertriebsassistent im Innendienst des Außendienstes der Regionaldirektion K. tätig. Im Rahmen einer Umstrukturierung kündigte das Unternehmen am 26.05.2020 das Arbeitsverhältnis zum 31.12.2020 und bot gleichzeitig die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen an zwei anderen Standorten an.
Der Kern des rechtlichen Problems liegt in der Unklarheit des mit der Kündigung verbundenen Änderungsangebots. Während im Kündigungsschreiben lediglich von einer Änderung des Arbeitsortes die Rede war, enthielten die beigefügten Änderungsangebote zusätzlich eine Änderung der Tätigkeitsbezeichnung von „Vertriebsassistent“ zu „Mitarbeiter für den Direktservice. Der Arbeitnehmer nahm das Angebot für einen der Standorte unter Vorbehalt an und klagte gegen die Änderungskündigung.
Gerichtliche Bewertung der Bestimmtheit des Änderungsangebots
Das Landesarbeitsgericht Köln bestätigte in seinem Urteil vom 10.11.2021 die Entscheidung des Arbeitsgerichts und wies die Berufung des Arbeitgebers zurück. Das Gericht stellte fest, dass das Änderungsangebot nicht hinreichend bestimmt war und damit den gesetzlichen Anforderungen nicht genügte.
Die Richter betonten, dass ein Änderungsangebot so konkret formuliert sein muss, dass der Arbeitnehmer ohne Weiteres erkennen kann, welche Vertragsbedingungen künftig gelten sollen. Nur so könne er eine fundierte Entscheidung über die Annahme oder Ablehnung des Angebots treffen. Im vorliegenden Fall sah das Gericht erhebliche Zweifel darüber, welche Art der Tätigkeit künftig geschuldet sein sollte.
Widersprüchlichkeit zwischen Kündigungsschreiben und Änderungsangebot
Das Landesarbeitsgericht stellte eine klare Diskrepanz zwischen dem Inhalt des Kündigungsschreibens und den beigefügten Nachträgen fest. Während die Änderungskündigung die Änderung der Arbeitsbedingungen auf den Arbeitsort beschränkte, beinhalteten die Änderungsangebote eine neue Tätigkeitsbezeichnung als „Mitarbeiter im Direktservice“ anstelle von „Vertriebsassistent“.
Die Richter betonten, dass die Bezeichnung „Mitarbeiter im Direktservice“ kein Synonym für „Vertriebsassistent“ darstelle. Vielmehr handle es sich beim Direktservice um einen Teilbereich der Tätigkeit eines Vertriebsassistenten. Die Konkretisierung auf den Direktservice wurde vom Gericht als qualitative Änderung der Arbeitsbedingungen eingestuft, die nicht mit der Aussage im Kündigungsschreiben vereinbar sei, wonach sich die Änderung nur auf den Arbeitsort beschränke.
Konsequenzen der Unbestimmtheit für die Wirksamkeit der Änderungskündigung
Das Landesarbeitsgericht kam zu dem Schluss, dass die Unklarheit des Änderungsangebots zu Lasten des Arbeitgebers geht. Die fehlende Bestimmtheit führte dazu, dass die Änderungskündigung insgesamt als unwirksam eingestuft wurde. Das Gericht betonte, dass es bei einer beabsichtigten Beschränkung der Änderung auf den Arbeitsort ausgereicht hätte, nur diese Änderung im Angebot aufzunehmen und im Übrigen die Fortgeltung der bisherigen Arbeitsbedingungen anzubieten.
Die Entscheidung verdeutlicht die hohen Anforderungen, die an die Formulierung von Änderungsangeboten im Rahmen von Änderungskündigungen gestellt werden. Arbeitgeber müssen äußerst sorgfältig und präzise vorgehen, um die Wirksamkeit ihrer Änderungskündigungen nicht zu gefährden. Für Arbeitnehmer zeigt das Urteil, wie wichtig es ist, Änderungsangebote genau zu prüfen und im Zweifelsfall rechtlichen Rat einzuholen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Die Entscheidung unterstreicht die hohe Bedeutung der Bestimmtheit bei Änderungsangeboten im Rahmen von Änderungskündigungen. Widersprüche zwischen Kündigungsschreiben und Änderungsangebot führen zur Unwirksamkeit der gesamten Änderungskündigung. Arbeitgeber müssen äußerste Sorgfalt bei der Formulierung walten lassen und alle beabsichtigten Änderungen präzise und widerspruchsfrei darlegen. Für Arbeitnehmer ergibt sich die Möglichkeit, unklare Änderungsangebote erfolgreich anzufechten.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Als Arbeitnehmer, der mit einer Änderungskündigung konfrontiert ist, stärkt dieses Urteil Ihre Position erheblich. Es unterstreicht, dass Ihr Arbeitgeber bei einer Änderungskündigung absolut klar und widerspruchsfrei kommunizieren muss, welche Änderungen genau vorgesehen sind. Sollten Sie Unstimmigkeiten zwischen dem Kündigungsschreiben und dem Änderungsangebot feststellen – etwa bezüglich Ihres Arbeitsortes oder Ihrer Tätigkeitsbeschreibung – könnte die gesamte Kündigung unwirksam sein. In diesem Fall haben Sie gute Chancen, sich erfolgreich gegen die Änderung zu wehren. Es ist ratsam, das Änderungsangebot sorgfältig zu prüfen und im Zweifel rechtlichen Beistand in Anspruch zu nehmen, um Ihre Rechte bestmöglich zu wahren.
FAQ – Häufige Fragen
Sie haben ein Angebot zur Änderung eines Vertrags erhalten, sind sich aber nicht sicher, ob es den rechtlichen Anforderungen entspricht? Die Bestimmtheit des Änderungsangebots ist ein komplexes Thema. Unsere FAQ-Rubrik bietet Ihnen verständliche Antworten auf häufig gestellte Fragen und gibt Ihnen die nötigen Informationen, um fundierte Entscheidungen zu treffen.
Wichtige Fragen, kurz erläutert:
- Welche Anforderungen muss ein Änderungsangebot erfüllen, um rechtlich wirksam zu sein?
- Was kann ein Arbeitnehmer tun, wenn das Änderungsangebot unklar oder widersprüchlich ist?
- Welche Folgen hat die Unbestimmtheit eines Änderungsangebots für die Wirksamkeit der Änderungskündigung?
- Kann ein Arbeitgeber den Arbeitsort ändern, ohne die Tätigkeit zu verändern?
- Wie sollte ein Arbeitnehmer reagieren, wenn er eine Änderungskündigung erhält?
Welche Anforderungen muss ein Änderungsangebot erfüllen, um rechtlich wirksam zu sein?
Ein rechtlich wirksames Änderungsangebot im Rahmen einer Änderungskündigung muss mehrere Anforderungen erfüllen. Die Bestimmtheit des Angebots ist dabei von zentraler Bedeutung. Der Arbeitgeber muss die geplanten Änderungen der Arbeitsbedingungen klar und eindeutig formulieren. Aus dem Angebot muss für den Arbeitnehmer zweifelsfrei hervorgehen, welche konkreten Modifikationen des bestehenden Arbeitsverhältnisses beabsichtigt sind.
Die neuen Arbeitsbedingungen müssen präzise beschrieben werden. Dazu gehören beispielsweise Änderungen der Tätigkeit, des Arbeitsortes, der Arbeitszeit oder der Vergütung. Vage oder mehrdeutige Formulierungen können zur Unwirksamkeit des Änderungsangebots führen. Der Arbeitnehmer muss in die Lage versetzt werden, die Tragweite der vorgeschlagenen Änderungen vollständig zu erfassen und eine fundierte Entscheidung zu treffen.
Ein weiteres wichtiges Kriterium ist die Angabe des Zeitpunkts, zu dem die neuen Arbeitsbedingungen in Kraft treten sollen. Dieser muss ebenfalls eindeutig bestimmt sein. Fehlt eine klare zeitliche Festlegung, kann dies die Wirksamkeit des Änderungsangebots beeinträchtigen.
Der Arbeitgeber muss bei der Formulierung des Änderungsangebots äußerste Sorgfalt walten lassen. Pauschale Verweise auf Tarifverträge oder betriebliche Regelungen genügen in der Regel nicht den Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit. Die Rechtsprechung verlangt, dass die relevanten Änderungen konkret benannt und erläutert werden.
Bei der Gestaltung des Änderungsangebots sind zudem die gesetzlichen oder vertraglich vereinbarten Kündigungsfristen zu beachten. Das Angebot muss so formuliert sein, dass die neuen Arbeitsbedingungen frühestens mit Ablauf der maßgeblichen Kündigungsfrist wirksam werden. Eine Missachtung dieser Fristen kann die Rechtmäßigkeit des gesamten Vorgangs gefährden.
In Betrieben mit Betriebsrat ist dessen Mitwirkung bei der Änderungskündigung zwingend erforderlich. Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat vor Ausspruch der Änderungskündigung ordnungsgemäß anhören und über die geplanten Änderungen sowie deren Gründe informieren. Eine Unterlassung dieser Anhörung führt zur Unwirksamkeit der Kündigung und damit auch des Änderungsangebots.
Das Änderungsangebot muss darüber hinaus sozial gerechtfertigt sein. Die Gründe für die beabsichtigten Änderungen müssen nachvollziehbar und betrieblich notwendig sein. Willkürliche oder sachlich nicht gerechtfertigte Änderungen erfüllen diese Voraussetzung nicht. Der Arbeitgeber muss darlegen können, warum die bisherigen Arbeitsbedingungen nicht mehr aufrechterhalten werden können und weshalb die vorgeschlagenen Änderungen erforderlich sind.
Ein Praxisbeispiel verdeutlicht die Anforderungen: Ein Unternehmen plant die Verlegung seines Betriebssitzes von Berlin nach Hamburg. In diesem Fall muss das Änderungsangebot den neuen Arbeitsort präzise benennen, den Zeitpunkt des Umzugs konkret festlegen und die damit verbundenen Änderungen der Arbeitsbedingungen detailliert beschreiben. Pauschale Formulierungen wie „Versetzung an einen anderen Standort“ wären nicht ausreichend bestimmt.
Was kann ein Arbeitnehmer tun, wenn das Änderungsangebot unklar oder widersprüchlich ist?
Bei einem unklaren oder widersprüchlichen Änderungsangebot im Rahmen einer Änderungskündigung hat der Arbeitnehmer mehrere Handlungsmöglichkeiten. Zunächst sollte er den Arbeitgeber um Klarstellung und Präzisierung des Angebots bitten. Das Bundesarbeitsgericht stellt hohe Anforderungen an die Bestimmtheit einer Änderungskündigung. Das Änderungsangebot muss so konkret gefasst sein, dass der Arbeitnehmer ohne Weiteres erkennen kann, welche Tätigkeiten er zukünftig schulden soll.
Bleibt das Angebot trotz Nachfrage unklar, kann der Arbeitnehmer die Annahme verweigern. In diesem Fall wirkt die Änderungskündigung wie eine Beendigungskündigung. Der Arbeitnehmer kann dann innerhalb von drei Wochen Kündigungsschutzklage erheben und die Unwirksamkeit der Kündigung geltend machen.
Eine weitere Option besteht darin, das unklare Angebot unter Vorbehalt anzunehmen. Dafür muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung, den Vorbehalt erklären. Anschließend kann er innerhalb derselben Frist Änderungsschutzklage beim Arbeitsgericht erheben. Das Gericht prüft dann die soziale Rechtfertigung der geänderten Arbeitsbedingungen.
Der Arbeitnehmer sollte unbedingt die Dreiwochenfrist beachten. Versäumt er diese, gilt die Änderungskündigung als wirksam. Eine nachträgliche Klageerhebung ist dann nur unter sehr engen Voraussetzungen möglich.
Bei der gerichtlichen Überprüfung trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast für die Wirksamkeit der Änderungskündigung. Er muss darlegen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch Gründe in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers oder durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist. Zudem muss er nachweisen, dass die angebotenen Änderungen nicht über das erforderliche Maß hinausgehen und dem Arbeitnehmer zumutbar sind.
Stellt das Gericht fest, dass das Änderungsangebot zu unbestimmt war, führt dies zur Unwirksamkeit der gesamten Änderungskündigung. Der Arbeitnehmer behält dann seinen bisherigen Arbeitsplatz zu den ursprünglichen Bedingungen.
In komplexen Fällen oder bei Unsicherheiten bezüglich der rechtlichen Bewertung des Änderungsangebots ist es ratsam, sich frühzeitig juristischen Rat einzuholen. Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht kann die individuelle Situation beurteilen und den Arbeitnehmer bei der Wahrnehmung seiner Rechte unterstützen.
Welche Folgen hat die Unbestimmtheit eines Änderungsangebots für die Wirksamkeit der Änderungskündigung?
Die Unbestimmtheit eines Änderungsangebots hat weitreichende Konsequenzen für die Wirksamkeit der gesamten Änderungskündigung. Ein Änderungsangebot muss hinreichend konkret und eindeutig formuliert sein, damit der Arbeitnehmer klar erkennen kann, welche neuen Arbeitsbedingungen künftig gelten sollen. Fehlt diese notwendige Bestimmtheit, führt dies zur Unwirksamkeit der Änderungskündigung in ihrer Gesamtheit.
Der Arbeitgeber trägt die Verantwortung dafür, dass das Änderungsangebot präzise und unmissverständlich formuliert ist. Er muss darin genau darlegen, welche Vertragsbedingungen geändert werden sollen und wie die neuen Konditionen aussehen. Nur so kann der Arbeitnehmer eine fundierte Entscheidung darüber treffen, ob er das Angebot annehmen oder ablehnen möchte.
Unklarheiten und Mehrdeutigkeiten im Änderungsangebot gehen stets zu Lasten des Arbeitgebers. Dies bedeutet, dass selbst kleine Ungenauigkeiten oder Interpretationsspielräume im Angebot dazu führen können, dass die gesamte Änderungskündigung als unwirksam eingestuft wird. Der Arbeitgeber kann sich in einem solchen Fall nicht darauf berufen, dass der Arbeitnehmer die Intention hinter dem Angebot hätte erkennen müssen.
Die Rechtsprechung legt bei der Beurteilung der Bestimmtheit eines Änderungsangebots strenge Maßstäbe an. Es reicht nicht aus, wenn der Arbeitgeber lediglich vage Andeutungen macht oder Raum für Spekulationen lässt. Vielmehr muss das Angebot so detailliert sein, dass der Arbeitnehmer ohne Weiteres zustimmen könnte, wenn er mit den Änderungen einverstanden wäre.
Ein Beispiel verdeutlicht die Problematik: Formuliert ein Arbeitgeber in seinem Änderungsangebot lediglich, dass „der Arbeitsort in Zukunft flexibler gestaltet werden soll“, ohne konkrete Angaben zu machen, welche Standorte oder Einsatzorte gemeint sind, wäre dies zu unbestimmt. Der Arbeitnehmer könnte in diesem Fall nicht einschätzen, ob er künftig nur gelegentlich in einer Nachbarstadt oder regelmäßig bundesweit eingesetzt werden soll.
Die Unbestimmtheit des Änderungsangebots führt dazu, dass die Änderungskündigung insgesamt unwirksam ist. Dies hat zur Folge, dass das ursprüngliche Arbeitsverhältnis unverändert fortbesteht. Der Arbeitgeber kann in dieser Situation weder die gewünschten Änderungen durchsetzen noch das Arbeitsverhältnis beenden. Er müsste gegebenenfalls eine neue, diesmal präzise formulierte Änderungskündigung aussprechen.
Für Arbeitnehmer ergibt sich aus dieser Rechtslage eine wichtige Handlungsoption: Erhalten sie eine Änderungskündigung mit einem unbestimmten Änderungsangebot, können sie dies im Rahmen einer Kündigungsschutzklage geltend machen. Die Erfolgsaussichten einer solchen Klage sind in diesen Fällen oft gut, da die Gerichte die Anforderungen an die Bestimmtheit des Angebots sehr ernst nehmen.
Es ist daher für Arbeitgeber von großer Bedeutung, bei der Formulierung von Änderungsangeboten äußerste Sorgfalt walten zu lassen. Jede Unklarheit kann potenziell zur Unwirksamkeit der gesamten Änderungskündigung führen. Arbeitnehmer hingegen sollten bei Erhalt einer Änderungskündigung genau prüfen, ob das enthaltene Angebot hinreichend bestimmt ist. Im Zweifel empfiehlt sich die Konsultation eines Fachanwalts für Arbeitsrecht, um die Situation rechtlich einzuordnen und die besten Handlungsoptionen zu ermitteln.
Die Rechtsprechung hat die Anforderungen an die Bestimmtheit von Änderungsangeboten in den letzten Jahren kontinuierlich präzisiert. Arbeitgeber müssen daher stets auf dem aktuellen Stand der Rechtsprechung sein, um rechtssichere Änderungskündigungen aussprechen zu können. Für Arbeitnehmer bietet diese strenge Auslegung einen wichtigen Schutz vor unklaren oder nachteiligen Vertragsänderungen.
Kann ein Arbeitgeber den Arbeitsort ändern, ohne die Tätigkeit zu verändern?
Das Direktionsrecht des Arbeitgebers gemäß § 106 Gewerbeordnung ermöglicht grundsätzlich eine Änderung des Arbeitsortes ohne Veränderung der Tätigkeit. Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, sofern diese nicht anderweitig festgelegt sind.
Entscheidend für die Zulässigkeit einer Versetzung ist die vertragliche Vereinbarung zum Arbeitsort. Ist im Arbeitsvertrag ein fester Arbeitsort definiert, kann der Arbeitgeber diesen nicht einseitig ändern. Eine Versetzungsklausel im Vertrag erweitert hingegen den Spielraum des Arbeitgebers.
Fehlt eine konkrete Ortsangabe im Vertrag, hat der Arbeitgeber mehr Flexibilität bei der Zuweisung des Arbeitsortes. Er muss dabei jedoch die Grenzen des billigen Ermessens beachten. Eine Versetzung darf keine unbillige Härte für den Arbeitnehmer darstellen.
Wichtige Kriterien für die Zumutbarkeit einer Versetzung sind:
Die Entfernung zum neuen Arbeitsort spielt eine wesentliche Rolle. Gerichte sehen in der Regel eine einfache Wegstrecke von bis zu 30 Kilometern oder eine Fahrzeit von einer Stunde als zumutbar an. Längere Anfahrtswege können im Einzelfall gerechtfertigt sein, etwa wenn der Arbeitnehmer nur selten vor Ort sein muss.
Auch die persönlichen Lebensumstände des Arbeitnehmers sind zu berücksichtigen. Familiäre Verpflichtungen wie die Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen können gegen eine Versetzung sprechen. Ebenso können gesundheitliche Einschränkungen des Arbeitnehmers einer Versetzung entgegenstehen.
Die wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers fließen ebenfalls in die Abwägung ein. Betriebliche Gründe wie Umstrukturierungen oder die Schließung von Standorten können eine Versetzung rechtfertigen. Der Arbeitgeber muss jedoch darlegen, warum die Versetzung erforderlich ist und keine milderen Mittel zur Verfügung stehen.
Eine Versetzung kann unwirksam sein, wenn sie:
Als Maßregelung oder Schikane erfolgt. Der Arbeitgeber darf das Direktionsrecht nicht missbräuchlich ausüben, um unliebsame Mitarbeiter loszuwerden.
Gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstößt. Die Auswahl der zu versetzenden Mitarbeiter muss nach sachlichen Kriterien erfolgen.
Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats missachtet. Bei Versetzungen hat der Betriebsrat in vielen Fällen ein Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG.
Arbeitnehmer haben folgende Handlungsmöglichkeiten bei einer unzumutbaren Versetzung:
Sie können der Versetzung widersprechen und ihre Arbeit am bisherigen Ort fortsetzen. Dies birgt jedoch das Risiko arbeitsrechtlicher Konsequenzen wie Abmahnung oder Kündigung.
Eine gerichtliche Klärung durch Erhebung einer Feststellungsklage ist möglich. Hierbei wird die Wirksamkeit der Versetzung gerichtlich überprüft.
In manchen Fällen kann auch eine Leistungsklage in Betracht kommen, um die Beschäftigung am bisherigen Arbeitsort durchzusetzen.
Arbeitnehmer sollten bei Zweifeln an der Rechtmäßigkeit einer Versetzung rechtlichen Rat einholen. Eine sorgfältige Prüfung des Einzelfalls unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände ist unerlässlich.
Wie sollte ein Arbeitnehmer reagieren, wenn er eine Änderungskündigung erhält?
Bei Erhalt einer Änderungskündigung sollte ein Arbeitnehmer besonnen und strategisch vorgehen. Zunächst ist es wichtig, das Änderungsangebot gründlich zu prüfen. Der Arbeitgeber muss die vorgeschlagenen Änderungen klar und eindeutig formulieren. Unbestimmte oder mehrdeutige Angebote sind rechtlich problematisch.
Ein zentraler Aspekt ist die Annahme des Änderungsangebots unter Vorbehalt. Diese Option ermöglicht es dem Arbeitnehmer, die neuen Bedingungen vorläufig zu akzeptieren, ohne auf rechtliche Schritte zu verzichten. Der Vorbehalt muss innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch drei Wochen nach Zugang der Kündigung, erklärt werden. Durch diese Vorgehensweise kann der Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz sichern und gleichzeitig die Rechtmäßigkeit der Änderungen überprüfen lassen.
Eine fristgerechte Kündigungsschutzklage ist entscheidend. Sie muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Änderungskündigung beim zuständigen Arbeitsgericht eingereicht werden. Diese Frist ist unbedingt einzuhalten, da sonst die Änderungskündigung als wirksam gilt. In der Klage wird geprüft, ob die vorgeschlagenen Änderungen sozial gerechtfertigt sind.
Es empfiehlt sich, umgehend fachkundigen Rat einzuholen. Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht kann die individuelle Situation beurteilen und bei der Formulierung des Vorbehalts sowie der Kündigungsschutzklage unterstützen. Zudem kann er einschätzen, ob die Änderungen angemessen sind oder ob Verhandlungsspielraum besteht.
Der Arbeitnehmer sollte alle Unterlagen sorgfältig aufbewahren und jegliche Kommunikation mit dem Arbeitgeber dokumentieren. Dies kann im Falle eines Rechtsstreits von Bedeutung sein. Auch sollte er sich über mögliche finanzielle Konsequenzen der Änderungen im Klaren sein und gegebenenfalls Rücklagen bilden.
Eine offene Kommunikation mit dem Arbeitgeber kann in manchen Fällen zu einer einvernehmlichen Lösung führen. Der Arbeitnehmer sollte jedoch vorsichtig sein und keine voreiligen Zugeständnisse machen. Jede Vereinbarung sollte schriftlich festgehalten werden.
Die Reaktion auf eine Änderungskündigung erfordert Umsicht und rechtliches Verständnis. Durch die richtige Vorgehensweise kann der Arbeitnehmer seine Interessen wahren und gleichzeitig die Chancen auf eine faire Lösung erhöhen.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Änderungskündigung: Eine Änderungskündigung ist eine spezielle Form der Kündigung, bei der der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis kündigt und gleichzeitig anbietet, es zu geänderten Bedingungen fortzusetzen. Dies erfolgt, wenn der Arbeitgeber Änderungen der Arbeitsbedingungen durchsetzen möchte, die der Arbeitnehmer nicht ohne Weiteres akzeptieren würde. Das Angebot muss klar und bestimmt sein, damit der Arbeitnehmer fundiert entscheiden kann, ob er die neuen Bedingungen akzeptiert oder eine Kündigungsschutzklage einreicht.
- Bestimmtheit des Änderungsangebots: Die Bestimmtheit des Änderungsangebots bedeutet, dass alle wesentlichen Änderungen der Arbeitsbedingungen klar und eindeutig formuliert sein müssen. Dies ist notwendig, damit der Arbeitnehmer weiß, welche neuen Bedingungen gelten sollen und ob er diese annehmen möchte. Unklare oder widersprüchliche Angebote können dazu führen, dass die Änderungskündigung unwirksam ist, weil der Arbeitnehmer seine Entscheidung nicht auf einer soliden Grundlage treffen kann.
- Kündigungsschutzklage: Eine Kündigungsschutzklage ist eine Klage des Arbeitnehmers gegen die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses. Der Arbeitnehmer kann diese Klage erheben, wenn er der Meinung ist, dass die Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen unwirksam ist. Im Fall einer Änderungskündigung kann der Arbeitnehmer die Klage nutzen, um zu prüfen, ob die angebotenen Änderungen rechtmäßig und hinreichend bestimmt sind.
- Soziale Rechtfertigung: Soziale Rechtfertigung bezieht sich auf die Gründe, die eine Kündigung oder Änderungskündigung notwendig und gerechtfertigt machen. Diese Gründe können betriebsbedingt, personenbedingt oder verhaltensbedingt sein. Bei Änderungskündigungen muss geprüft werden, ob die vorgeschlagenen Änderungen sozial gerechtfertigt sind und ob sie den Interessen des Arbeitnehmers angemessen Rechnung tragen.
- Direktionsrecht: Das Direktionsrecht ist das Recht des Arbeitgebers, die Arbeitsbedingungen innerhalb des Rahmens des Arbeitsvertrages einseitig zu bestimmen. Dazu gehören beispielsweise Arbeitsort, Arbeitszeit und Arbeitsinhalt. Das Direktionsrecht hat Grenzen und muss nach billigem Ermessen ausgeübt werden. Eine Änderungskündigung darf nicht dazu missbraucht werden, das Direktionsrecht zu erweitern.
- Interessenausgleich und Sozialplan: Ein Interessenausgleich und ein Sozialplan sind Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat im Rahmen von Betriebsänderungen, wie z.B. Umstrukturierungen. Der Interessenausgleich regelt die Modalitäten der Änderungen, während der Sozialplan Maßnahmen zur Milderung der wirtschaftlichen Nachteile für die betroffenen Arbeitnehmer vorsieht. Diese Vereinbarungen spielen eine wichtige Rolle bei der Bewertung der sozialen Rechtfertigung von Änderungskündigungen.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 622 Abs. 2 BGB (Änderungskündigung): Eine Änderungskündigung ist eine spezielle Form der Kündigung, bei der dem Arbeitnehmer gleichzeitig mit der Kündigung ein neues Arbeitsverhältnis zu geänderten Bedingungen angeboten wird. Die Änderungskündigung ist nur wirksam, wenn die Änderungen sozial gerechtfertigt sind. Im vorliegenden Fall geht es um die Frage, ob die Änderungskündigung wegen der Unklarheit des Änderungsangebots sozial ungerechtfertigt und damit unwirksam ist.
- § 145 BGB (Wirksamkeit einer Willenserklärung): Eine Willenserklärung ist eine rechtlich bindende Erklärung, durch die eine Person ihren Willen zum Ausdruck bringt, ein Rechtsverhältnis zu begründen, zu ändern oder aufzuheben. Damit eine Willenserklärung wirksam ist, muss sie hinreichend bestimmt sein, d.h., ihr Inhalt muss so klar und eindeutig formuliert sein, dass der Empfänger ihn verstehen und darauf reagieren kann. Im vorliegenden Fall ist die Bestimmtheit des Änderungsangebots fraglich, da es Widersprüche zwischen dem Kündigungsschreiben und den beigefügten Nachträgen gibt.
- § 315 Abs. 1 BGB (Bestimmung der Leistung durch eine Partei): Wenn die Leistungspflicht einer Partei nicht im Vertrag festgelegt ist, sondern von einer Partei nach billigem Ermessen bestimmt werden soll, kann die andere Partei die Bestimmung der Leistung verlangen. Diese Bestimmung muss nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Interessen beider Parteien erfolgen. Im vorliegenden Fall könnte argumentiert werden, dass die Beklagte durch die unklare Formulierung des Änderungsangebots ihre Bestimmungspflicht verletzt hat.
- § 102 BetrVG (Anhörung des Betriebsrats bei Kündigungen): Vor jeder Kündigung muss der Arbeitgeber den Betriebsrat anhören und ihm die Gründe für die Kündigung mitteilen. Der Betriebsrat hat das Recht, zur Kündigung Stellung zu nehmen. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte den Betriebsrat vor Ausspruch der Änderungskündigung angehört, jedoch stellt sich die Frage, ob die Anhörung ordnungsgemäß war, da das Änderungsangebot unklar formuliert war.
- § 1 KSchG (Kündigungsschutzgesetz): Das Kündigungsschutzgesetz regelt den Kündigungsschutz für Arbeitnehmer in Betrieben mit in der Regel mehr als zehn Arbeitnehmern. Es schreibt vor, dass eine Kündigung sozial gerechtfertigt sein muss, um wirksam zu sein. Eine Kündigung ist sozial gerechtfertigt, wenn sie durch Gründe, die in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist. Im vorliegenden Fall ist die Sozialwidrigkeit der Änderungskündigung aufgrund der unklaren Formulierung des Änderungsangebots fraglich.
Das vorliegende Urteil
Landesarbeitsgericht Köln – Az.: 11 Sa 106/21 – Urteil vom 10.11.2021
Lesen Sie hier das Urteil…
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 10.12.2020 – 14 Ca 3587/20 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen Änderungskündigung.
Der am .1972 geborene Kläger, verheiratet, ist seit dem 01.12.2002 auf der Grundlage des Anstellungsvertrages vom 11.11.2001 bei der beklagten Versicherungsgesellschaft als Vertriebsassistent beschäftigt, zuletzt im sog. Innendienst des Außendienstes der Regionaldirektion K . Wegen der weiteren Einzelheiten des Arbeitsvertrages wird auf Bl. 252 f. d. A. verwiesen.
Anlässlich einer Umstrukturierung, die u. a. die Zentralisierung der Mitarbeiter des Innendienstes im Außendienst der Regionaldirektionen an den Standorten G und L beinhaltet, hat die Beklagte am 06.07.2018 mit dem Gesamtbetriebsrat sowohl einen Interessenausgleich als auch einen Sozialplan abgeschlossen. Wegen der Einzelheiten des Interessenausgleichs und des Sozialplans wird auf Bl. 67 ff. d. A. Bezug genommen.
Der Kläger war bis zum 03.04.2019 Mitglied des Betriebsrates des Außendienstes. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Änderungskündigung vom 23.04.2019 außerordentlich mit sozialer Auslauffrist zum 31.12.2019 sowie ordentlich zum 31.12.2019, jeweils verbunden mit dem Angebot der Fortsetzung seiner Tätigkeit an den Standorten L oder G . Der Kläger nahm das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung bezogen auf den Standort L an. Die hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage des Klägers war vor dem Arbeitsgericht Köln – 3 Ca 2717/19 – erfolgreich, die Berufung der Beklagten wurde mit Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 10.06.2020 – 3 Sa 2/20 – zurückgewiesen.
Nach Anhörung des Betriebsrates mit Schreiben vom 08.05.2020 (Bl. 100 ff. d. A.) hat die Beklagte mit Schreiben vom 26.05.2020 erneut eine Änderungskündigung zum 31.12.2020 erklärt (Bl. 4 f. d. A.). In diesem Kündigungsschreiben heißt es u. a., dass sich die Änderung der Arbeitsbedingungen auf den Arbeitsort beschränke. Dem Kündigungsschreiben waren zwei weitere Schreiben vom 26.05.2020 als Änderungsangebot und Nachtrag zum Anstellungsvertrag beigefügt. Beide Schreiben beinhalten übereinstimmend die Tätigkeit als Mitarbeiter für den Direktservice ohne Änderung der Bezüge unter Fortgeltung der Bestimmungen des Arbeitsvertrages ab dem 01.01.2021. Während das eine Angebot die Fortsetzung der Tätigkeit am Standort L beinhaltet, betrifft das andere Schreiben die Fortsetzung der Tätigkeit am Standort G . Wegen der Einzelheiten der unterbreiteten Nachträge zum Anstellungsvertrag wird auf Bl. 16 f. d. A. Bezug genommen.
Der Kläger nahm das Änderungsangebot bezogen auf den Standort L unter dem Vorbehalt an, dass eine gerichtliche Überprüfung die Kündigung nicht als sozial ungerechtfertigt qualifiziert.
Mit Urteil vom 10.12.2020 (Bl. 172 ff. d. A.) hat das Arbeitsgericht Köln festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der ordentlichen betriebsbedingten Kündigung vom 26.05.2020 rechtsunwirksam ist. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Änderungsangebote seien nicht hinreichend bestimmt, da laut Kündigungsschreiben nur eine Änderung des Tätigkeitsortes erfolgen solle, die Änderungsangebote jedoch auf den Einsatz im Direktservice bezogen seien. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens und der Antragstellung der Parteien erster Instanz wird auf den Tatbestand, wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichtes wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Gegen das ihr am 08.01.2021 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 03.02.2021 Berufung eingelegt und diese innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 07.04.2021 begründet.
Die Beklagte weist darauf hin, dass aufgrund der Umstrukturierung in der Regionaldirektion K nur noch der klassische Außendienstvertrieb nebst Vertriebsdirektor und dessen Assistenz bestehe, während alle Vertriebsassistenten bundesweit auf die Standorte G und L konzentriert worden seien. Das Änderungsangebot habe sich nur auf den Arbeitsort bezogen. Beim Direktservice handele es sich nicht um einen neuen Tätigkeitsbereich, sondern um eine bloße organisatorische Zuordnung. Eine solche Tätigkeit könne dem Kläger im Wege der Ausübung des Weisungsrechts zugewiesen werden. Der Kläger sei bereits seit dem Januar 2020 Mitarbeiter des Direktservice.
Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 10.12.2020 (Az.: 14 Ca 3597/20) die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Aus Sicht des objektiven Lesers seien Inhalt von Änderungskündigung und Änderungsangebot widersprüchlich. Der Direktservice stelle einen weniger anspruchsvollen Teilausschnitt der Tätigkeit des Vertriebsassistenten für den Außendienst dar. Der Direktservice umfasse allgemeine Tätigkeiten, insbesondere die Entgegennahme Telefonate aller Art. Der Kläger sei auch vor Ausspruch der Änderungskündigung nicht in den Direktservice versetzt worden. Eine solche Versetzung wäre im Übrigen nicht vom Direktionsrecht gedeckt. Der Beklagten sei die Widersprüchlichkeit ihres Angebots auch bewusst, wie sich anhand des Inhalts einer weiteren Änderungskündigung vom 25.03.2021 (Bl. 278 f. d. A.) zeige, die eine Änderung der Art der Tätigkeit nicht mehr beinhalte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Parteien vom 07.04.2021 und 06.08.2021, die Sitzungsniederschrift vom 20.10.2021 sowie den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, denn sie ist gemäß § 64 Abs. 2c) ArbGG statthaft und wurde ordnungsgemäß innerhalb der Fristen des § 66 Abs. 1 ArbGG eingelegt und begründet
II. Die Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat mit zutreffender Begründung, der sich die Berufungskammer anschließt und auf die zum Zwecke der Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der ordentlichen betriebsbedingten Kündigung vom 26.05.2020 rechtsunwirksam ist. Die Berufungsbegründung rechtfertigt keine Abänderung der angefochtenen Entscheidung.
1. Die Änderungskündigung ist ein aus zwei Willenserklärungen zusammengesetztes Rechtsgeschäft. Zur Kündigungserklärung muss als zweites Element ein bestimmtes, zumindest bestimmbares und somit den Voraussetzungen des § 145 BGB entsprechendes Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen hinzukommen. Das Änderungsangebot muss so konkret gefasst sein, dass es der Arbeitnehmer ohne Weiteres annehmen kann. Ihm muss klar sein, welche Vertragsbedingungen künftig gelten sollen. Nur so kann er eine abgewogene Entscheidung über die Annahme oder Ablehnung des Angebots treffen. Er muss von Gesetzes wegen innerhalb der recht kurzen Frist des § 2 Satz 2 KSchG auf das Vertragsangebot des Arbeitgebers reagieren und sich entscheiden, ob er es ablehnt, ob er es mit oder ohne Vorbehalt annimmt. Schon im Interesse der Rechtssicherheit muss deshalb das Änderungsangebot zweifelsfrei klarstellen, zu welchen Vertragsbedingungen das Arbeitsverhältnis künftig fortbestehen soll. Unklarheiten gehen zulasten des Arbeitgebers. Allerdings genügt ein Änderungsangebot auch dann dem Bestimmtheitsgebot, wenn sich ihm nach Auslegung gemäß den §§ 133, 157 BGB zweifelsfrei entnehmen lässt, welche Arbeitsbedingungen künftig gelten sollen. Dabei können und müssen auch außerhalb des Kündigungsschreibens liegende, zur Erforschung seines Inhalts geeignete Umstände herangezogen und berücksichtigt werden. Da sich das Schriftformerfordernis des § 623 BGB nicht nur auf die Kündigungserklärung als solche, sondern auch auf das Änderungsangebot erstreckt, ist nach der Ermittlung des vom Erklärenden Gewollten aber zu prüfen, ob dieser Wille in der Urkunde noch einen hinreichenden Ausdruck gefunden hat. Bei formbedürftigen Erklärungen ist nur der Wille beachtlich, der unter Wahrung der vorgeschriebenen Form erklärt worden ist (BAG, Urt. v. 21.05.2019 – 2 AZR 26/19 – m. w. N.).
2. Hiervon ausgehend ist festzustellen, dass das mit der Kündigung vom 26.05.2020 verbundene Änderungsangebot nicht zweifelfrei klar stellt, zu welchen Vertragsbedingungen das Arbeitsverhältnis künftig fortbestehen soll. Auch im Wege der Auslegung lässt sich die notwendige Bestimmtheit des Änderungsangebots nicht entnehmen. Der Abgleich zwischen dem Inhalt des Kündigungsschreibens einerseits und den beigefügten Nachträgen andererseits lässt erhebliche Zweifel aufkommen, welche Art der Tätigkeit künftig geschuldet sein soll. Während die Änderungskündigung die Änderung der Arbeitsbedingungen auf den Arbeitsort beschränkt, benennen die Änderungsangebote die zukünftige Tätigkeit nicht als die eines Vertriebsassistenten, sondern als Mitarbeiter im Direktservice. Die Bezeichnung Mitarbeiter im Direktservice stellt kein Synonym für die eines Vertriebsassistenten dar. Die Vertriebstätigkeit im Direktservice ist Bestandteil der Tätigkeit eines Vertriebsassistenten, mithin ein Ausschnitt der Beschäftigung eines Assistenten im Vertrieb. Bereits das Arbeitsgericht hat in seinen Entscheidungsgründen darauf hingewiesen, dass sich aus dem Vortrag der Beklagten nicht erschließt, woraus sich die von ihr behauptete Gleichwertigkeit der Aufgaben ergibt. Auch die Berufungsbegründung bleibt eine Antwort schuldig. Die Konkretisierung auf den Direktservice beinhaltet eine qualitative Änderung der Arbeitsbedingungen und lässt sich mit der Aussage der Änderungskündigung, wonach sich die Änderung der Arbeitsbedingungen auf den Arbeitsort beschränkt, nicht zweifelsfrei in Einklang bringen. Verstärkt wird diese Unsicherheit durch die Systematik des Änderungsangebots, wonach einerseits unter Ziffer 1. neben dem geänderten Arbeitsort die neue Tätigkeit ausdrücklich benannt wird, andererseits gemäß Ziffer 3. des Änderungsangebots „im Übrigen“ die Bestimmungen des bestehenden Anstellungsvertrages unverändert fortgelten sollen. Das Änderungsangebot enthält auch keinen Hinweis darauf, dass es sich bei der Erwähnung der Tätigkeit im Direktservice lediglich um eine organisatorische Zuordnung handeln soll. Es ist auch nicht nachvollziehbar, aus welchen konkreten Umständen der Kläger hätte erkennen müssen, dass die Bezeichnung Mitarbeiter im Direktservice keine qualitative Änderung gegenüber der eines Vertriebsassistenten darstellen soll, jedenfalls hat dieser Wille keinen hinreichenden Niederschlag im schriftlichen Änderungsangebot gefunden. Aus Sicht eines verständigen und redlichen Erklärungsempfängers hätte es bei einer beabsichtigten Beschränkung einer Änderung auf den Arbeitsort genügt, nur diese Änderung im Änderungsangebot aufzunehmen und im Übrigen die Fortgeltung der bisherigen Arbeitsbedingungen anzubieten.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
IV. Die Revision wurde nicht zugelassen, da die gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht vorliegen.