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Änderungskündigung – rechtswirksame Herabgruppierung – Entgeltreduzierung

Langjähriger Mitarbeiter wehrt sich erfolgreich gegen Herabgruppierung durch Arbeitgeber! Das Arbeitsgericht Hagen stärkt Arbeitnehmerrechte und erklärt die Änderungskündigung eines Metallarbeiters für unwirksam. Nach über 35 Jahren im Betrieb wollte der Arbeitgeber ihn einfach in eine niedrigere Entgeltgruppe drängen – doch das Gericht schob dem einen Riegel vor.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 10.03.2021 wurde als sozial ungerechtfertigt und rechtsunwirksam festgestellt.
  • Das Arbeitsverhältnis des Klägers besteht zu den bisherigen Bedingungen unverändert fort.
  • Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
  • Der Kläger war zuletzt in der Abteilung Auftragszentrum/Disposition/Kaltband beschäftigt und wurde nach ERA-Entgeltgruppe 10 vergütet.
  • Die Änderungskündigung beinhaltete eine Herabgruppierung des Klägers von Entgeltgruppe 10 auf Entgeltgruppe 9.
  • Der Betriebsrat wurde zur beabsichtigten Änderungskündigung angehört und hatte zunächst zugestimmt, aber der Kläger widersprach dieser Änderung.
  • Das Gericht entschied zugunsten des Klägers, da seine Tätigkeiten unverändert blieben und die Herabgruppierung daher nicht gerechtfertigt war.
  • Der Kläger ist nach dem Tarifvertrag ordentlich unkündbar, was eine Kündigung erschwert.
  • Das Gericht stellte fest, dass die Kündigung nur dem Zweck der Entgeltminderung diente, was rechtlich unzulässig ist.
  • Die Entscheidung stärkt die Position von Arbeitnehmern, deren Arbeitsbedingungen ohne sachliche Grundlage verschlechtert werden sollen.

Änderungskündigung: Wann Arbeitgeber die Vergütung senken dürfen

Die Änderungskündigung ist ein Instrument, mit dem Arbeitgeber die Arbeitsbedingungen eines Arbeitnehmers einseitig verändern können. Um rechtmäßig zu sein, muss die Änderungskündigung bestimmte Voraussetzungen erfüllen. So darf sie beispielsweise nicht zu einer unzumutbaren Verschlechterung der Arbeitsbedingungen führen.

In der Praxis kommt es häufig zu Streitigkeiten, wenn ein Arbeitgeber die Entlohnung eines Arbeitnehmers herabsetzen oder ihn in eine niedrigere Position versetzen möchte. Hierbei ist es wichtig zu unterscheiden, ob die Änderung der Arbeitsbedingungen tatsächlich eine Herabgruppierung darstellt, die eine Zustimmung des Arbeitnehmers erfordert, oder ob die Anpassung der Arbeitsbedingungen als zulässige Anpassung der Arbeitsbedingungen zu betrachten ist. Der Unterschied liegt darin, dass bei einer Herabgruppierung der Arbeitsvertrag in seinen wesentlichen Teilen geändert wird, während bei einer Anpassung der Arbeitsbedingungen der Arbeitsvertrag in seinen wesentlichen Teilen bestehen bleibt. Mit anderen Worten: Bei einer zulässigen Anpassung bleibt die grundlegende Arbeitsleistung und die zugehörige Vergütung im Wesentlichen gleich.

Ein aktuelles Urteil des Bundesarbeitsgerichts befasst sich mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Änderungskündigung, die eine Herabgruppierung und Entgeltreduzierung beinhaltet, rechtmäßig ist.

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Der Fall vor Gericht


Änderungskündigung zur Herabgruppierung für unwirksam erklärt

Das Arbeitsgericht Hagen hat in einem aktuellen Urteil die Änderungskündigung eines Arbeitgebers zur Herabgruppierung eines langjährigen Mitarbeiters für unwirksam erklärt. Der Fall betraf einen Angestellten in der Metall- und Elektroindustrie, der seit über 35 Jahren im Unternehmen beschäftigt war.

Hintergrund des Falls

Der Kläger war seit 1983 zunächst bei der A GmbH & Co. KG und nach einem Betriebsübergang seit 2021 bei der beklagten A Service GmbH als Mitarbeiter im Auftragszentrum/Disposition tätig. Er wurde nach der Entgeltgruppe 10 (EG 10) des Entgeltrahmenabkommens (ERA) vergütet.

Im März 2021 sprach die Arbeitgeberin eine Änderungskündigung aus, mit der sie den Mitarbeiter in die niedrigere Entgeltgruppe 9 herabgruppieren wollte. Begründet wurde dies mit einer Neustrukturierung des Auftragszentrums und einer angeblich zu hohen Eingruppierung in der Vergangenheit. Der Mitarbeiter nahm das Änderungsangebot unter Vorbehalt an und klagte gegen die Wirksamkeit der Änderungskündigung.

Entscheidung des Arbeitsgerichts

Das Arbeitsgericht Hagen gab dem Kläger in vollem Umfang Recht und erklärte die Änderungskündigung für unwirksam. In der Urteilsbegründung führte das Gericht mehrere Gründe für die Rechtswidrigkeit der Kündigung an:

  1. Verstoß gegen tarifvertraglichen Sonderkündigungsschutz: Der Kläger genoss aufgrund seines Alters und der langen Betriebszugehörigkeit einen besonderen Kündigungsschutz nach dem Manteltarifvertrag. Eine Änderungskündigung zur reinen Entgeltminderung war danach nur aus wichtigem Grund zulässig, der hier nicht vorlag.
  2. Fehlen eines dringenden betrieblichen Erfordernisses: Die Arbeitgeberin konnte nicht substantiiert darlegen, dass die bisherige Eingruppierung fehlerhaft war oder sich die Tätigkeit des Klägers tatsächlich geändert hatte.
  3. Unzulässige Herabgruppierung ohne Tätigkeitsänderung: Eine Herabgruppierung ohne Änderung der Tätigkeit hätte nach dem Tarifvertrag eine Vertragsänderung oder wirksame Änderungskündigung vorausgesetzt. Beides lag nicht vor.

Bedeutung des Urteils

Das Urteil stärkt die Position von Arbeitnehmern bei versuchten Herabgruppierungen durch Arbeitgeber. Es zeigt, dass Änderungskündigungen zur Entgeltminderung hohe Hürden überwinden müssen, insbesondere wenn tarifvertragliche Sonderkündigungsschutzregelungen greifen.

Arbeitgeber müssen demnach sehr sorgfältig prüfen und darlegen können, ob tatsächlich Gründe für eine niedrigere Eingruppierung vorliegen. Eine bloße Neustrukturierung oder der Wunsch nach Kostenersparnis reichen als Begründung nicht aus.

Für Arbeitnehmer bedeutet das Urteil, dass sie sich gegen ungerechtfertigte Herabgruppierungen erfolgreich zur Wehr setzen können, wenn die rechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Die Annahme einer Änderungskündigung unter Vorbehalt ermöglicht es dabei, den Arbeitsplatz zu behalten und trotzdem gerichtlich gegen die Änderung vorzugehen.

Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil bekräftigt den hohen Stellenwert des tarifvertraglichen Sonderkündigungsschutzes und setzt strenge Maßstäbe für Änderungskündigungen zur Entgeltminderung. Arbeitgeber müssen substantiiert darlegen, dass eine Herabgruppierung aufgrund geänderter Tätigkeiten oder fehlerhafter Voreingruppierung gerechtfertigt ist. Eine bloße Neustrukturierung oder Kostenersparnis reichen als Begründung nicht aus. Das Urteil stärkt somit die Position von Arbeitnehmern gegen ungerechtfertigte Herabgruppierungen erheblich.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Dieses Urteil stärkt Ihre Rechte als Arbeitnehmer erheblich, wenn Sie mit einer Änderungskündigung zur Herabgruppierung konfrontiert werden. Der Arbeitgeber muss nun sehr hohe Hürden überwinden, um eine solche Kündigung rechtswirksam durchzusetzen. Besonders wichtig für Sie: Eine bloße Neustrukturierung oder der Wunsch nach Kosteneinsparungen reichen als Begründung nicht aus. Der Arbeitgeber muss konkret nachweisen, dass sich Ihre Tätigkeit tatsächlich geändert hat oder dass Ihre bisherige Eingruppierung fehlerhaft war. Zudem müssen tarifvertragliche Sonderkündigungsschutzregelungen, wie etwa für ältere Mitarbeiter, zwingend beachtet werden. Sollten Sie eine Änderungskündigung erhalten, können Sie diese unter Vorbehalt annehmen und gerichtlich überprüfen lassen, ohne Ihren Arbeitsplatz zu gefährden.


FAQ – Häufige Fragen

Die Änderungskündigung zur Herabgruppierung ist ein komplexes Thema mit vielen rechtlichen Fallstricken. In dieser FAQ-Rubrik finden Sie verständliche Antworten auf die wichtigsten Fragen rund um diese Thematik.


Welche Voraussetzungen muss eine Änderungskündigung erfüllen, um wirksam zu sein?

Eine Änderungskündigung muss mehrere rechtliche Voraussetzungen erfüllen, um wirksam zu sein. Zunächst ist die Schriftform zwingend erforderlich. Der Arbeitgeber muss die Kündigung schriftlich aussprechen und dem Arbeitnehmer zustellen. Mündliche oder elektronische Kündigungen sind unwirksam.

Ein weiteres zentrales Kriterium ist das Vorliegen eines sachlichen Grundes für die Änderung der Arbeitsbedingungen. Der Arbeitgeber muss darlegen können, warum die bisherigen Vertragsbedingungen nicht mehr aufrechterhalten werden können. Dabei kommen personen-, verhaltens- oder betriebsbedingte Gründe in Betracht. Bei einer betriebsbedingten Änderungskündigung müssen dringende betriebliche Erfordernisse vorliegen, die einer Weiterbeschäftigung zu den bisherigen Bedingungen entgegenstehen.

Die angestrebten Änderungen müssen zudem sozial gerechtfertigt sein. Das bedeutet, sie dürfen nicht willkürlich oder unangemessen sein. Der Arbeitgeber muss sich bei seinem Änderungsvorschlag auf die Modifikationen beschränken, die zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unbedingt erforderlich sind. Eine Herabgruppierung oder Entgeltreduzierung ist nur zulässig, wenn sie durch betriebliche Gründe zwingend geboten ist.

Besonders wichtig ist die Verhältnismäßigkeit der Änderung. Der Arbeitgeber darf nicht über das notwendige Maß hinausgehen. Wenn beispielsweise die neue Tätigkeit am bisherigen Arbeitsort ausgeführt werden kann, wäre eine Versetzung an einen anderen Standort unverhältnismäßig und damit unwirksam.

Bei der Prüfung der Wirksamkeit wird auch berücksichtigt, ob der Arbeitgeber mildere Mittel zur Verfügung hatte. Er muss zunächst versuchen, die Änderungen im Rahmen seines Direktionsrechts umzusetzen oder eine einvernehmliche Vertragsänderung zu erreichen. Erst wenn dies nicht möglich ist, kommt eine Änderungskündigung in Betracht.

In Unternehmen mit Betriebsrat muss dieser vor Ausspruch der Änderungskündigung angehört werden. Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat die Gründe für die geplante Änderung mitteilen. Unterbleibt die Betriebsratsanhörung, ist die Kündigung unwirksam.

Das Änderungsangebot des Arbeitgebers muss hinreichend bestimmt sein. Für den Arbeitnehmer muss klar erkennbar sein, welche konkreten Arbeitsbedingungen künftig gelten sollen und ab wann die Änderungen greifen. Unklare oder widersprüchliche Formulierungen führen zur Unwirksamkeit.

Bei der Änderungskündigung sind auch die allgemeinen Kündigungsschutzvorschriften zu beachten. In Betrieben mit mehr als zehn Arbeitnehmern gilt das Kündigungsschutzgesetz, wenn das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate besteht. Besonders geschützte Arbeitnehmergruppen wie Schwangere oder Schwerbehinderte genießen einen erhöhten Kündigungsschutz.

Der Arbeitgeber muss bei einer betriebsbedingten Änderungskündigung eine Sozialauswahl unter vergleichbaren Arbeitnehmern durchführen. Dabei sind Kriterien wie Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung zu berücksichtigen.

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Wie kann ich gegen eine Änderungskündigung vorgehen, wenn ich sie für ungerechtfertigt halte?

Arbeitnehmer haben verschiedene Möglichkeiten, gegen eine als ungerechtfertigt empfundene Änderungskündigung vorzugehen. Der wichtigste erste Schritt besteht darin, die Änderungskündigung unter Vorbehalt anzunehmen. Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer zunächst zu den neuen Bedingungen weiterarbeitet, sich aber gleichzeitig das Recht vorbehält, die Wirksamkeit der Änderungskündigung gerichtlich überprüfen zu lassen.

Für dieses Vorgehen gilt eine strikte Frist von drei Wochen ab Zugang der Änderungskündigung. Innerhalb dieser Frist muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber schriftlich mitteilen, dass er die Änderungen nur unter dem Vorbehalt akzeptiert, dass sie sozial gerechtfertigt sind. Gleichzeitig sollte innerhalb dieser Dreiwochenfrist Klage beim zuständigen Arbeitsgericht eingereicht werden.

Bei der gerichtlichen Überprüfung wird dann geprüft, ob die Änderungskündigung sozial gerechtfertigt ist. Dafür müssen ähnlich wie bei einer regulären Kündigung betriebliche, persönliche oder verhaltensbedingte Gründe vorliegen. Gerade bei Gehaltskürzungen legen die Gerichte sehr strenge Maßstäbe an. Eine Entgeltreduzierung durch Änderungskündigung ist in der Regel nur zulässig, wenn dadurch Kündigungen oder sogar die Schließung des Betriebs vermieden werden können.

Der Arbeitgeber muss nachweisen, dass die Änderungen erforderlich sind und keine milderen Mittel zur Verfügung stehen. Er muss außerdem darlegen, dass er einen umfassenden Sanierungsplan erstellt hat, der alle anderen Einsparmöglichkeiten ausschöpft. Die Gehaltskürzung muss also das letzte Mittel sein, um die wirtschaftliche Situation zu verbessern.

Stellt das Gericht fest, dass die Änderungskündigung unwirksam ist, muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zu den ursprünglichen Vertragsbedingungen weiterbeschäftigen. Der Arbeitnehmer hat dann auch Anspruch auf Nachzahlung der Differenz zwischen dem alten und dem reduzierten Gehalt für den Zeitraum der vorläufigen Weiterbeschäftigung zu schlechteren Bedingungen.

Es ist ratsam, sich bei einer Änderungskündigung umgehend fachkundigen Rat, etwa bei einem Fachanwalt für Arbeitsrecht oder einer Gewerkschaft, einzuholen. Diese können die individuelle Situation beurteilen und bei der Formulierung des Vorbehalts sowie der Klageschrift unterstützen. Schnelles Handeln ist aufgrund der kurzen Fristen unbedingt geboten, um die eigenen Rechte zu wahren und erfolgreich gegen eine ungerechtfertigte Änderungskündigung vorgehen zu können.

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Was bedeutet eine Herabgruppierung in der Praxis für meine Entlohnung und Arbeitsbedingungen?

Eine Herabgruppierung bedeutet in der Praxis, dass ein Arbeitnehmer einer niedrigeren Entgeltgruppe zugeordnet wird. Dies hat direkte Auswirkungen auf die Entlohnung, da mit einer niedrigeren Entgeltgruppe in der Regel ein geringeres Gehalt verbunden ist. Die konkrete Höhe der Entgeltreduzierung hängt von der jeweiligen Differenz zwischen alter und neuer Entgeltgruppe ab.

Bei der Herabgruppierung erfolgt die Stufenzuordnung in der Regel stufengleich. Das heißt, der Beschäftigte wird in der niedrigeren Entgeltgruppe derselben Stufe zugeordnet wie zuvor in der höheren Gruppe. Trotz dieser stufengleichen Zuordnung kommt es aufgrund der niedrigeren Entgeltgruppe zu finanziellen Einbußen.

Neben den finanziellen Folgen kann eine Herabgruppierung auch Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen haben. Häufig geht mit der Herabgruppierung die Übertragung weniger anspruchsvoller oder verantwortungsvoller Tätigkeiten einher. Dies kann sich auf die berufliche Entwicklung und Karrierechancen auswirken.

Eine rechtswirksame Herabgruppierung erfordert in der Regel eine Änderungskündigung durch den Arbeitgeber. Dabei muss der Arbeitgeber darlegen, aus welchen Gründen die bisherige Eingruppierung nicht mehr gerechtfertigt ist. Mögliche Gründe können betriebliche Umstrukturierungen, wirtschaftliche Schwierigkeiten des Unternehmens oder eine Änderung des Aufgabenbereichs sein.

Der Arbeitnehmer hat die Möglichkeit, gegen eine Herabgruppierung vorzugehen. Er kann die Änderungskündigung gerichtlich überprüfen lassen. Dabei wird geprüft, ob die Herabgruppierung sozial gerechtfertigt ist und ob mildere Mittel zur Verfügung gestanden hätten.

In manchen Fällen wird bei einer Herabgruppierung eine Besitzstandszulage gewährt. Diese gleicht die Differenz zwischen dem bisherigen und dem neuen, niedrigeren Entgelt ganz oder teilweise aus. Allerdings ist eine solche Zulage meist befristet und wird schrittweise abgebaut.

Für den Arbeitnehmer ist es wichtig, die genauen Auswirkungen einer Herabgruppierung auf sein individuelles Arbeitsverhältnis zu prüfen. Dazu gehört ein Vergleich der bisherigen mit der neuen Entgeltgruppe sowie eine Analyse der damit verbundenen Tätigkeiten und Verantwortlichkeiten. Nur so lässt sich einschätzen, ob die Herabgruppierung angemessen ist oder ob rechtliche Schritte dagegen in Betracht gezogen werden sollten.

Bei einer Herabgruppierung im öffentlichen Dienst gelten besondere tarifvertragliche Regelungen. Diese sehen oft einen gewissen Schutz vor allzu drastischen finanziellen Einbußen vor. Dennoch kann auch hier eine Herabgruppierung spürbare Auswirkungen auf das Einkommen und die berufliche Stellung haben.

Eine Herabgruppierung kann auch Folgen für zukünftige Gehaltserhöhungen oder Beförderungen haben. In der niedrigeren Entgeltgruppe sind die Möglichkeiten für Gehaltssteigerungen möglicherweise begrenzter. Zudem kann es schwieriger sein, wieder in eine höhere Position aufzusteigen.

Für Arbeitnehmer ist es ratsam, bei einer drohenden Herabgruppierung frühzeitig das Gespräch mit dem Arbeitgeber zu suchen. Möglicherweise lassen sich Alternativen finden, die sowohl den betrieblichen Erfordernissen als auch den Interessen des Arbeitnehmers gerecht werden. In jedem Fall sollten Betroffene sich über ihre Rechte informieren und gegebenenfalls rechtlichen Rat einholen.

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Welche Rolle spielt der Betriebsrat bei einer Änderungskündigung?

Bei einer Änderungskündigung spielt der Betriebsrat eine bedeutende Rolle, die gesetzlich im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) verankert ist. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Betriebsrat vor jeder Änderungskündigung anzuhören. Diese Anhörung muss gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG erfolgen und ist eine zwingende Voraussetzung für die Wirksamkeit der Kündigung. Ohne ordnungsgemäße Beteiligung des Betriebsrats ist die Änderungskündigung unwirksam.

Im Rahmen der Anhörung muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat alle relevanten Informationen zur geplanten Änderungskündigung mitteilen. Dazu gehören nicht nur die persönlichen und sozialen Daten des betroffenen Arbeitnehmers, sondern auch der vollständige Inhalt des Änderungsangebots sowie die Gründe für die Kündigung. Diese umfassende Information ist notwendig, damit der Betriebsrat eine fundierte Stellungnahme abgeben kann.

Der Betriebsrat hat nach der Anhörung verschiedene Möglichkeiten zu reagieren. Er kann Bedenken äußern, was jedoch keine rechtlichen Konsequenzen nach sich zieht. Eine stärkere Option ist der Widerspruch gegen die Änderungskündigung. Obwohl ein Widerspruch die Kündigung nicht automatisch unwirksam macht, verbessert er die Position des gekündigten Arbeitnehmers erheblich.

Ein wichtiger Aspekt des Widerspruchsrechts ist der Weiterbeschäftigungsanspruch. Widerspricht der Betriebsrat der Änderungskündigung, muss der Arbeitgeber den betroffenen Arbeitnehmer zu den bisherigen Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen, bis ein rechtskräftiges Urteil im Kündigungsschutzprozess vorliegt. Dies ist in § 102 Abs. 5 BetrVG geregelt und stellt einen bedeutenden Schutz für den Arbeitnehmer dar.

Es ist wichtig zu beachten, dass der Betriebsrat nicht willkürlich widersprechen kann. Das Gesetz sieht in § 102 Abs. 3 BetrVG bestimmte Widerspruchsgründe vor. Der Betriebsrat muss seine Entscheidung auf diese gesetzlich definierten Gründe stützen.

In Unternehmen mit mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Betriebsrat zusätzliche Mitbestimmungsrechte, wenn mit der Änderungskündigung eine Versetzung oder Umgruppierung verbunden ist. In diesen Fällen muss der Arbeitgeber den Betriebsrat gemäß § 99 BetrVG beteiligen. Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber die Zustimmung des Betriebsrats einholen muss. Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, kann der Arbeitgeber diese durch eine gerichtliche Entscheidung ersetzen lassen.

Bei Massenänderungskündigungen, die zur Einführung eines neuen betriebseinheitlichen Vergütungsgruppensystems führen, ist sogar die Zustimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG erforderlich. Dies unterstreicht die weitreichenden Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats in solchen Situationen.

Der Betriebsrat hat eine Woche Zeit, um auf die Anhörung zu reagieren. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung als erteilt. Diese Frist ist entscheidend für die Handlungsfähigkeit des Betriebsrats und sollte sorgfältig beachtet werden.

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Was sind die rechtlichen Möglichkeiten, um gegen eine unzulässige Herabgruppierung vorzugehen?

Bei einer unzulässigen Herabgruppierung stehen Arbeitnehmern verschiedene rechtliche Möglichkeiten zur Verfügung, um dagegen vorzugehen. Ein wichtiges Instrument ist die Eingruppierungsfeststellungsklage. Mit dieser können Beschäftigte gerichtlich feststellen lassen, dass ihnen eine höhere Vergütung zusteht als vom Arbeitgeber festgelegt.

Im Rahmen einer solchen Klage muss der Arbeitnehmer darlegen und beweisen, dass seine Tätigkeit die Merkmale der höheren Entgeltgruppe erfüllt. Dies erfordert eine genaue Beschreibung der ausgeübten Tätigkeiten und deren zeitlichen Anteils. Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern hat in zwei Urteilen verdeutlicht, wie wichtig ein detaillierter und substantiierter Vortrag des Klägers ist.

Der Arbeitgeber hat grundsätzlich das Recht, eine fehlerhafte Eingruppierung durch eine Rückgruppierung zu korrigieren. Dies gilt auch dann, wenn der Betriebsrat der ursprünglichen Eingruppierung zugestimmt hat. Allerdings gibt es Grenzen für dieses Recht des Arbeitgebers. Eine wiederholte korrigierende Rückgruppierung bei unveränderter Tätigkeit und Tarifrechtslage ist unzulässig, da sie gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt.

Arbeitnehmer sollten beachten, dass die Dauer der fehlerhaften Eingruppierung eine Rolle spielen kann. Je länger eine fehlerhafte höhere Eingruppierung bestand, desto eher kann sich der Arbeitnehmer darauf berufen, dass er auf den Fortbestand dieser Eingruppierung vertrauen durfte.

Bei einer geplanten Herabgruppierung durch den Arbeitgeber ist der Betriebsrat zu beteiligen. Dieser hat ein Mitbestimmungsrecht bei Ein- und Umgruppierungen und kann die Zustimmung verweigern, wenn er die Maßnahme für rechtswidrig hält. Arbeitnehmer können sich in solchen Fällen an den Betriebsrat wenden, um ihre Interessen zu vertreten.

Es ist wichtig zu unterscheiden zwischen einer korrigierenden Herabgruppierung und der Übertragung einer geringer bewerteten Tätigkeit. Letztere bedarf einer wirksamen Änderungskündigung oder einer vertraglichen Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Eine korrigierende Herabgruppierung hingegen ist ohne Vertragsänderung oder Änderungskündigung möglich, wenn der Arbeitgeber irrtümlich ein höheres als das tarifrechtlich zustehende Entgelt gezahlt hat.

Im Falle einer Klage auf Höhergruppierung trägt grundsätzlich der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Tätigkeitsmerkmale der höheren Entgeltgruppe. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber im Gerichtsverfahren die Erfüllung der Tätigkeitsmerkmale der bisherigen Entgeltgruppe bestreitet.

Arbeitnehmer sollten bei einer vermeintlich unzulässigen Herabgruppierung zeitnah handeln und sich gegebenenfalls rechtlichen Beistand suchen. Die genaue Dokumentation der ausgeübten Tätigkeiten und deren zeitlichen Umfangs kann im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung von großem Nutzen sein.

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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Änderungskündigung: Eine Änderungskündigung ist ein Instrument, das Arbeitgeber nutzen können, um die Arbeitsbedingungen eines Arbeitnehmers zu ändern. Dabei wird das Arbeitsverhältnis gekündigt und gleichzeitig ein neues Arbeitsverhältnis zu geänderten Bedingungen angeboten. Die Änderungskündigung muss sozial gerechtfertigt sein und darf nicht zu unzumutbaren Verschlechterungen führen.
  • Herabgruppierung: Eine Herabgruppierung bedeutet, dass ein Arbeitnehmer in eine niedrigere Entgeltgruppe eingestuft wird. Dies führt in der Regel zu einer Reduzierung des Gehalts und kann auch die Arbeitsbedingungen verschlechtern. Eine Herabgruppierung erfordert entweder eine wirksame Änderungskündigung oder eine einvernehmliche Vertragsänderung.
  • Betriebsübergang (§ 613a BGB): Beim Betriebsübergang geht das Arbeitsverhältnis von einem Unternehmen auf ein anderes über. Der neue Arbeitgeber tritt in die Rechte und Pflichten des alten Arbeitgebers ein. Der Arbeitnehmer hat das Recht, dem Übergang zu widersprechen, wodurch das Arbeitsverhältnis beendet wird.
  • Mitbestimmung des Betriebsrats (§ 99 BetrVG): Der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht bei personellen Maßnahmen wie Einstellungen, Versetzungen oder Eingruppierungen. Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat vor der Durchführung solcher Maßnahmen anhören und dessen Zustimmung einholen. Bei Ablehnung kann der Arbeitgeber die Zustimmung gerichtlich ersetzen lassen.
  • Sonderkündigungsschutz: Bestimmte Arbeitnehmergruppen, wie ältere Mitarbeiter oder solche mit langer Betriebszugehörigkeit, genießen einen besonderen Kündigungsschutz. Dieser Schutz kann im Tarifvertrag oder durch gesetzliche Regelungen festgelegt sein und erschwert die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung.
  • Interessenausgleich: Ein Interessenausgleich ist eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen. Er regelt die Auswirkungen auf die Belegschaft und mögliche Maßnahmen zur Vermeidung oder Milderung von Nachteilen für die Arbeitnehmer. Der Interessenausgleich ist oft Voraussetzung für die Durchführung betrieblicher Veränderungen.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 613a BGB (Betriebsübergang): Regelt den Übergang von Arbeitsverhältnissen beim Betriebsübergang. Im vorliegenden Fall ging das Arbeitsverhältnis des Klägers durch den Betriebsübergang gemäß § 613a BGB auf die Beklagte über.
  • § 37 Abs. 1 BetrVG (Anhörung des Betriebsrats): Schreibt vor, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Kündigung zu hören hat. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte den Betriebsrat vor Ausspruch der Änderungskündigung angehört.
  • § 2 KSchG (Kündigungsschutz): Regelt die Voraussetzungen für eine wirksame Kündigung. Im vorliegenden Fall wurde geprüft, ob die Änderungskündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam war.
  • § 99 BetrVG (Mitbestimmung bei Betriebsänderungen): Gibt dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei Betriebsänderungen. Im vorliegenden Fall wurde ein Interessenausgleich zur Betriebsänderung geschlossen, der auch die Eingruppierung der Arbeitnehmer betraf.
  • § 1 MTV Metall NRW (Manteltarifvertrag): Enthält Regelungen zum Sonderkündigungsschutz für ältere Arbeitnehmer und zur Entgeltgruppe. Im vorliegenden Fall wurde geprüft, ob die Änderungskündigung gegen den Sonderkündigungsschutz des Klägers verstieß und ob die Herabgruppierung gerechtfertigt war.

Das vorliegende Urteil

ArbG Hagen (Westfalen) – Az.: 3 Ca 448/21 – Urteil vom 10.11.2021

Lesen Sie hier das Urteil…

 

1. Es wird festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 10.03.2021 sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist.

2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Der Streitwert wird auf 14.212,62 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer Änderungskündigung und dabei über eine rechtswirksame Herabgruppierung des Klägers.

Der am 14.11.“00″ geborene Kläger ist anrechenbar seit dem 16.02.1983 bei der Beklagten bzw. der Rechtsvorgängerin, der Firma A GmbH & Co. KG, beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis ist zum 01.01.2021 aufgrund eines Betriebsteilübergangs gemäß § 613 a BGB von der A GmbH & Co. KG auf die Beklagte übergegangen. Der Kläger hat nach erfolgter Information über den Betriebsteilübergang dem Übergang des Arbeitsverhältnisses nicht widersprochen. Der Kläger war zuletzt als Mitarbeiter in der Abteilung Auftragszentrum/Disposition/Kaltband bei der A GmbH & Co. KG beschäftigt. Sein weiterhin einschlägiger Anstellungsvertrag vom 28.09.1998 ist in Kopie zur Gerichtsakte gereicht (Bl. 15 – 17 d. A.), worauf Bezug genommen wird. Die wöchentliche Arbeitszeit des Klägers beträgt 37,5 Stunden. Sein letztes monatliches Bruttoentgelt beträgt 4.737,54 Euro. Der Kläger wurde zuletzt nach der ERA-Entgeltgruppe 10 (kurz: EG 10) vergütet.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden (aufgrund Verweis in dem schriftlichen Arbeitsvertrag) die einschlägigen Tarifverträge der Metallindustrie NRW Anwendung. Das Arbeitsverhältnis des Klägers ist aufgrund Vollendung des 55. Lebensjahres und zehnjähriger Zugehörigkeit zum Betrieb/Unternehmen gemäß § 3 Ziffer 3.3 Absatz 1 des MTV Metall NRW im Grundsatz ordentlich unkündbar.

Im Betrieb der Beklagten, die regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden beschäftigt, ist ein Betriebsrat gewählt.

Im Hinblick auf die bevorstehende Betriebsänderung zum 01.01.2021, die Eingliederung des bis dahin bei der A GmbH & Co. KG bestehenden Betriebsteils „Auftragszentrum“, dem auch das Arbeitsverhältnis des Klägers zuzurechnen war, in den Betrieb der Beklagten, schlossen die Beklagte und der in ihrem Betrieb gewählte Betriebsrat unter dem 28.10.2020 einen „Interessenausgleich und Entgeltsicherung zur Betriebsänderung Eingliederung Auftragszentrum in die A Service GmbH zum 01. Januar 2021“ ab. Der Interessenausgleich ist in Kopie zur Gerichtsakte gereicht (Bl. 57 ff. d. A.), worauf Bezug genommen wird. Nach diesem Interessenausgleich ist der Kläger dem Betriebsteil Auftragszentrum zugeordnet. Er ist in der als Anlage 1 dem Interessenausgleich beigefügten Liste mit der Personalnummer „000“ namentlich benannt. Gemäß dieser Anlage wurden seine bisherige Tätigkeit als „Disposition Sachbearbeiter“ und seine Tätigkeit ab 01.01.2021 als „Disposition Kaltband Spezialist“ angegeben. Seine Tarifgruppe bei der bisherigen Firma wurde mit EG 10 und als EG neu wurde die 9 angegeben. In § 3 des Interessenausgleichs vom 28.10.2020 sind Regelungen zu einer Organisationsstruktur des Auftragszentrums ab 01.01.2021 vorgesehen. Zudem ist dort die vorgesehene Überführung aller in der Anlage 1 benannten Beschäftigten in den Betrieb der Beklagten geregelt. Die künftige Struktur des Auftragszentrums bei der Beklagten gibt das Organigramm in der Anlage 2 des Interessenausgleichs wieder. § 3 des Interessenausgleichs sieht noch Regelungen zur Anhörung des Betriebsrats im Rahmen der § 99 BetrVG, § 7 ERA ETV vor, worauf im Einzelnen Bezug genommen wird. In § 3 d ist vorgesehen, dass nach abgeschlossener Beteiligung des Betriebsrats die Arbeitsverträge der Beschäftigten in erforderlichem Umfang nach Abstimmung mit dem Betriebsrat abgeändert werden.

Die Beklagte hatte vor Abschluss des Interessenausgleichs ERA-Aufgabenbeschreibungen für ihr künftiges Auftragszentrum erstellt. Unter dem 20.10.2020 wurde auch eine Aufgabenbeschreibung für das Arbeitsverhältnis des Klägers erarbeitet, die in Kopie zur Gerichtsakte gereicht ist (Bl. 108, 109 d. A.). Die Aufgabenbeschreibung enthält auch Angaben zu den Bewertungsstufen der Anforderungsmerkmale „Können“ (Fachkenntnisse und Berufserfahrung), „Handlungs- und Entscheidungsspielraum“, „Kooperation“ und „Mitarbeiterführung“. Die Beklagte hatte hiernach eine Gesamtpunktzahl von 78 und damit die Entgeltgruppe 9 ermittelt. Wegen weiterer Angaben in der Aufgabenbeschreibung wird auf die zur Gerichtsakte gereichte Kopie Bezug genommen.

Zur Durchführung der Regelungen des Interessenausgleichs vom 28.10.2020 hörte die Beklagte den Betriebsrat zur beabsichtigten geänderten Eingruppierung auf der Grundlage der Anlage 1 des Interessenausgleichs unter dem Datum 02.11.2020 mit entsprechender Liste vom 02.11.2020 (Bl. 67, 68 d. A.) an. Mit Datum vom 10.11.2020 nahm der Betriebsrat zu dieser Anhörung Stellung. Zur Herabgruppierung des Klägers erteilte er seine Zustimmung.

Mit Schreiben vom 02.03.2021 (Bl. 69, 70 d. A.) hörte die Beklagte den in ihrem Betrieb gewählten Betriebsrat gemäß §§ 99, 102 BetrVG zu einer beabsichtigten ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers zum 31.10.2021, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin an. Gleichzeitig wurde dem Betriebsrat mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, dem Kläger eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen wie folgt anzubieten: Kfm. Sachbearbeiter Auftragszentrum Disposition, Vergütung: EG 9, Leistungszulage: 10 % und Entgeltsicherung gemäß Interessenausgleich vom 28.10.2020. Für den weiteren Inhalt der schriftlichen Betriebsratsanhörung wird auf die zur Gerichtsakte gereichte Kopie Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 05.03.2021 (Bl. 71 d. A.) widersprach der Betriebsrat der Kündigung. Er begründete den Widerspruch mit Schreiben vom 09.03.2021 (Bl. 72 d. A.), worauf Bezug genommen wird.

Mit Schreiben vom 10.03.2021 (Bl. 18 d. A.), dem Kläger zugegangen am 11.03.2021, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers „fristgerecht zum 31.10.2021, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin“. Gleichzeitig bot sie dem Kläger in dem Kündigungsschreiben die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab 01.11.2021 zu folgenden geänderten Arbeitsbedingungen an: Vergütung nach EG 9 zuzüglich 12,5 % Leistungszulage, zudem eine der Höhe nach gestaffelte Entgeltsicherung für den Zeitraum bis 31.12.2024, wofür im Einzelnen auf die Angaben in dem Kündigungsschreiben Bezug genommen wird.

Der Kläger hat die Änderungskündigung unter dem Vorbehalt angenommen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt sei, und die Vorbehaltsannahme in der Klageschrift wiederholt.

Mit seiner am 25.03.2021 vorab per Telefax und am 29.03.2021 im Original bei Gericht eingehenden Klageschrift begehrt der Kläger die Feststellung der Unwirksamkeit der ausgesprochenen Änderungskündigung sowie des Fortbestandes seines Arbeitsverhältnisses zu unveränderten Bedingungen.

Der Kläger ist der Auffassung, die angegriffene Änderungskündigung sei sozial ungerechtfertigt. Er trägt vor, die erforderliche, ordnungsgemäße Beteiligung des Betriebsrats zu der mit der ausgesprochenen Herabgruppierung verbundenen Umgruppierung nach § 99 Abs. 1 BetrVG sei nicht erfolgt.

Der Kläger ist der Ansicht, seine Arbeitstätigkeit sei unter Beachtung der ERA-Anforderungsmerkmale in der Vergangenheit aufgrund zutreffender Eingruppierung korrekt nach der EG 10 vergütet worden und sei auch weiterhin zutreffend nach EG 10 zu vergüten, da sich seine Tätigkeit nicht geändert habe, er vielmehr unverändert auf dem bisherigen Arbeitsplatz arbeite. Seine Tätigkeit sei wie in der Vergangenheit weiterhin mit einer Gesamtpunktzahl von 92 zu bewerten, was die EG 10 ergebe, wofür auf den Klägervortrag im Einzelnen auf Seite 1 ff. seines Schriftsatzes vom 10.09.2021 (Bl. 95 ff. d. A.) Bezug genommen wird. Die Beklagte wolle offensichtlich eine korrigierende Rückgruppierung vornehmen, komme für eine begründete Rückgruppierung der ihr obliegenden Darlegungs- und Beweislast jedoch in keiner Weise ausreichend nach.

Der Kläger verweist auf seine ordentliche Unkündbarkeit nach Tarifvertrag. Eine Ausnahmeregelung von dieser Unkündbarkeit sei nicht ersichtlich. Ein wichtiger Grund für den Ausspruch der angegriffenen Kündigung im Sinne des Tarifvertrages liege nicht vor. Bei der angegriffenen Änderungskündigung handele es sich letztlich um eine reine Änderungskündigung zum Zwecke der Entgeltminderung, da, wie aus dem Kündigungsschreiben zu entnehmen sei, die einzige beabsichtigte Änderung darin bestehe, dass statt der bisherigen Entgeltgruppe 10 nunmehr die Entgeltgruppe 9 Anwendung finden solle. Im Übrigen solle es wortwörtlich bei den bisherigen Arbeitsbedingungen bleiben. Die Beklagte könne sich für die Begründung der angegriffenen Änderungskündigung auch nicht auf einer dieser zugrundeliegende, vorhergehende Betriebsänderung berufen, da hier als Betriebsänderung lediglich die Eingliederung des Auftragszentrums in den Bereich der Beklagten anzusehen sei und hiermit strukturelle Änderungen verbunden gewesen sein mögen. Ein Grund für eine Herabgruppierung ergebe sich hieraus jedoch nicht, da es sich auch nach Vollzug der Betriebsänderung die Tätigkeit des Klägers gerade nicht geändert habe.

Im Übrigen ist der Kläger der Auffassung, die angegriffene Änderungskündigung verstoße gegen § 613 a Abs. 4 BGB.

Auch sei der Betriebsrat vor Kündigungsausspruch nicht ordnungsgemäß nach § 102 BetrVG angehört worden. Das Anhörungsschreiben enthalte keinerlei Angaben zum Kündigungsgrund, insbesondere, in welchen Punkten sich die Tätigkeit des Klägers geändert habe. Auch die tarifliche Unkündbarkeit des Klägers sei in dem Anhörungsschreiben nicht erwähnt worden, was als entscheidendes Kriterium jedoch zwingend erforderlich gewesen wäre.

Der Kläger beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 10.03.2021 sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist.

2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, aufgrund der Regelungen in dem Interessenausgleich vom 28.10.2020 und der geänderten Organisationsstruktur in dem Auftragszentrum ab 01.01.2021 habe sie wegen der geänderten Arbeitsbedingungen für die betroffenen Arbeitnehmer, auch für den Kläger, neue Aufgabenbeschreibungen für das Auftragszentrum erstellt und für den Kläger anhand der erstellten Aufgabenbeschreibung festgestellt, dass sich für seine Arbeitstätigkeit ab 01.01.2021 unter Beachtung der ERA-Anforderungsmerkmale nur noch eine Punktzahl von 78 und damit die Entgeltgruppe 9 ergebe. Nach heutiger Auslegung sei die im Jahr 2007 seinerzeit durch die vormalige Arbeitgeberin erfolgte Eingruppierung des Klägers in die Entgeltgruppe 10 bereits deutlich zu hoch erfolgt. Im Jahr 2017 sei bereits bei der alten Arbeitgeberin eine Umstrukturierung der Abteilung in ein Auftragszentrum vorgenommen worden, ohne dass zum damaligen Zeitpunkt jedoch eine Aufgabenbeschreibung gefertigt, noch eine tarifliche Eingruppierung erfolgt sei. Unabhängig von der Änderung der Tätigkeiten des Klägers habe die Beklagte nach den tariflichen Vorschriften eine Neueingruppierung vornehmen müssen, deren Umsetzung einen betriebsbedingten Kündigungsgrund darstelle.

Die Beklagte verweist darauf, dass für den Betrieb der A GmbH & Co. KG eine freiwillige Betriebsvereinbarung zur betrieblichen Einführung des Entgeltrahmenabkommens nach § 2 Nr. 4 ERA-ETV am 01.01.2007 vereinbart worden sei, die in Kopie zur Gerichtsakte gereicht ist (Bl. 110 – 112 d. A.), worauf Bezug genommen wird, wonach bezüglich der Reklamation von Eingruppierungen das besondere Eingruppierungs- und Reklamationsverfahren gemäß § 7 ERA-ETV, § 4 Nr. 3 ERA vereinbart sei. Diese Betriebsvereinbarung werde im Rahmen des Interessenausgleichs zur Gründung der A Service GmbH vom 05.07.2007, der ebenfalls in Kopie zur Gerichtsakte gereicht ist (Bl. 120 – 126 d. A.) und worauf auch Bezug genommen wird, als weiter geltende Betriebsvereinbarung für die Beklagte benannt. Der Betriebsrat sei zu der beabsichtigten Eingruppierung des Klägers am 02.11.2020 mit Anhörungsbogen angehört worden und habe dieser am 10.11.2020 zugestimmt. Die Eingruppierung in die EG 9 sei dem Kläger am 13.11.2020 mitgeteilt worden. Ein Einspruch des Betriebsrats oder des Klägers hinsichtlich der Eingruppierung liege bis heute nicht vor. Die Beklagte verweist auf das bei Änderungen von Arbeitsaufgaben geltende Verfahren nach § 7 Nr. 5 ERA-ETV, § 4 Nr. 2 ERA. Gemäß § 7 Nr. 6 ERA-ETV gelte das Eingruppierungsverfahren bis zum Abschluss des Reklamationsverfahrens als vorläufig. Es könne auch aufgrund der geschilderten Verfahrensschritte nach den ERA-Regelungen bereits von einer Herabgruppierung des Klägers ausgegangen werden.

Die Beklagte meint zudem, der Kläger könne sich für eine Unwirksamkeit der angegriffenen Änderungskündigung nicht erfolgreich auf § 3 Ziffer 3.3 des Manteltarifvertrages für die Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen (MTV) berufen, da hier eine Änderungskündigung aufgrund erfolgter Betriebsänderung ausgesprochen worden sei. Eine solche Änderungskündigung werde auch nach der genannten tarifvertraglichen Regelung ausdrücklich zugelassen. Die Betriebsänderung sei in der Zuordnung des bisher bei der A GmbH & Co. KG bestehenden Betriebsteils „Auftragszentrum“ in das Auftragszentrum der Beklagten sowie der vorgenommenen Änderung der Betriebsorganisation zu sehen. Ein anderer, zumutbarer, freier Arbeitsplatz in der Entgeltgruppe 10 sei zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Änderungskündigung für den Kläger nicht vorhanden gewesen.

Die Beklagte meint, dem Betriebsrat sei im Rahmen der Anhörung gemäß § 102 BetrVG nicht mitzuteilen gewesen, dass der Kläger über den besonderen Kündigungsschutz gemäß Tarifvertrag verfüge. Aus den Verhandlungen zum Interessenausgleich und zur Eingruppierung der Mitarbeiter sei dem Betriebsrat ohnehin positiv bekannt gewesen, dass der Kläger über den besonderen Kündigungsschutz des Tarifvertrages verfüge.

Für das weitere Vorbringen der Parteien wird Bezug genommen auf die ausgetauschten und zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze sowie auf die in mündlicher Verhandlung zu Protokoll abgegebenen Erklärungen.

Entscheidungsgründe

A.

Die Klage ist zulässig.

Der Klageantrag zu 1., der sich vollumfänglich gegen die Rechtswirksamkeit der Änderungskündigung der Beklagten mit Schreiben vom 10.03.2021 richtet, ist in dieser Weise zulässig (siehe hierzu nur Juli, in: Grobys/Panzer-Heemeier, StichwortKommentar Arbeitsrecht, 3. Auflage, Änderungskündigung, Rdnr. 44; KR/Kreft, 12. Auflage, § 2 KSchG, Rdnr. 246). Streitgegenstand ist nicht ein einzelner Unwirksamkeitsgrund, sondern die Unwirksamkeit der Änderungskündigung schlechthin.

Für den Klageantrag zu 2. ist das erforderliche Feststellungsinteresse gegeben, da die Beklagte offenbar auch unabhängig von der Rechtswirksamkeit der Änderungskündigung, die Gegenstand des Klageantrages zu 1. ist, von einer erfolgreichen Herabgruppierung des Klägers aufgrund der erstellten Aufgabenbeschreibung, der Beteiligung und Zustimmung des Betriebsrats im November 2020 und der erfolgten Mitteilung der Eingruppierung gegenüber dem Kläger am 13.11.2020 ausgeht, dabei unter Beachtung des besonderen Eingruppierungs- und Reklamationsverfahrens gemäß § 7 ERA-ETV, § 4 Nr. 3 ERA. Es besteht demnach auch unabhängig von der Änderungskündigung Streit über die tarifgerechte Eingruppierung als streitiges Rechtsverhältnis.

B.

Die Klage ist auch begründet.

a)

Der Klageantrag zu 1. ist begründet, da die Änderungskündigung der Beklagten mit Schreiben vom 10.03.2021 rechtsunwirksam ist. Die Änderungskündigung verstößt gegen § 3 Ziffer 3.3 des Manteltarifvertrages für die Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen (kurz: MTV). Sie ist aber auch sozial ungerechtfertigt im Sinne von § 1 Abs. 2, 3 KSchG. Wie sich aus § 2 Satz 1 KSchG ergibt, unterliegt die einseitige Änderung der Arbeitsbedingungen durch den Arbeitgeber im Wege der Änderungskündigung denselben Wirksamkeitsvoraussetzungen nach § 1 Abs. 2 und Abs. 3 KSchG, wie eine Beendigungskündigung.

aa)

Zunächst ist festzustellen, dass die Klagefrist gemäß §§ 4, 7 KSchG durch Klageerhebung am 25.03.2021 jedenfalls gewahrt ist.

bb)

Die angegriffene Änderungskündigung mit Schreiben vom 10.03.2021 verstößt schon deshalb gegen § 3 Ziffer 3.3 MTV Metall NRW und den dort vorgesehenen Sonderkündigungsschutz, da es sich hierbei um eine Änderungskündigung im Einzelfall zum Zwecke der Entgeltminderung handelt, für die ein wichtiger Grund bei Kündigungsausspruch nicht vorlag.

1.

Unstreitig finden die Regelungen des MTV auf das Arbeitsverhältnis des Klägers Anwendung. Der einschlägige Arbeitsvertrag vom 28.09.1998 verweist unter § 6 ausdrücklich auf die Vorschriften des jeweils geltenden MTV der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalens. Zugunsten des Klägers finden die Sonderbestimmungen für ältere Beschäftigte gemäß § 3 Ziffer 3.3 MTV Anwendung, da er das 55., aber noch nicht das 65. Lebensjahr vollendet hat, und dem Betrieb/Unternehmen der Beklagten nach erfolgtem Betriebsteilübergang zum 01.01.2021 gemäß § 613 a Abs. 1 BGB anrechenbar über zehn Jahre angehört.

2.

Die Änderungskündigung vom 10.03.2021 spricht lediglich eine Entgeltminderung in Form einer Herabgruppierung aus. Die einzige vorgesehene Änderung besteht ausschließlich darin, dass statt der bisherigen Entgeltgruppe 10 künftig die Entgeltgruppe 9 Anwendung finden solle. Ausweislich des ausdrücklichen Inhalts des Kündigungsschreibens soll es im Übrigen bei den bisherigen Arbeitsbedingungen verbleiben.

Ein wichtiger Grund im Sinne von § 3 Ziffer 3.3, Abs. 1 MTV für den Ausspruch der Änderungskündigung ist seitens der Beklagten nicht vorgetragen, die sich ausdrücklich etwa auf Seite 8 und Seite 9 ihre Schriftsatzes vom 13.07.2021 auf das Vorliegen eines dringenden betrieblichen Erfordernisses bzw. eines betriebsbedingten Kündigungsgrundes für deren Ausspruch beruft, wie sie sich auch in der schriftlichen Anhörung vom 02.03.2021 gemäß § 102 BetrVG gegenüber dem Betriebsrat auf das Vorliegen dringender betrieblicher Gründe berufen hat.

3.

Es handelt sich bei der angegriffenen Änderungskündigung nicht um eine sonstige Änderungskündigung im Sinne von § 3 Ziffer 3.3, Abs. 3, 1. Spiegelstrich des MTV, da mit dieser keine andere Änderung ausgesprochen ist, als die Herabgruppierung und damit eine Entgeltminderung im Sinne von § 3 Ziffer 3.3 Abs. 2 des MTV.

4.

Die angegriffene Änderungskündigung ist auch nicht infolge einer Betriebsänderung im Sinne von § 3 Ziffer 3.3, Abs. 3, 2. Spiegelstrich des MTV ausgesprochen worden. Infolge der Betriebsänderung (-en), die mit der Eingliederung des „Auftragszentrums“ der A GmbH & Co. KG in das Auftragszentrum der Beklagten verbunden waren und die Gegenstand des Interessenausgleichs vom 28.10.2020 sind, haben sich der Arbeitsplatz und die Arbeitstätigkeit des Klägers nach dessen nicht widerlegtem Vortrag nicht verändert. Die Beklagte verweist für die nach ihrer Auffassung nunmehr zutreffende Eingruppierung des Klägers nach der EG 9 lediglich auf die unter dem Datum 20.10.2020 erstellte Beschreibung der Arbeitsaufgaben für den Kläger als „Spezialist Disposition Kaltband“ und die diesem übertragenen Arbeitsaufgaben. Inwieweit hiermit eine Änderung der Arbeitsaufgaben zu dem vorher dem Kläger übertragenen Arbeitsaufgaben verbunden ist, trägt die Beklagte im Einzelnen nicht vor.

Soweit die Beklagte vorträgt, die Eingruppierung des Klägers im Jahr 2007 sei nach heutiger Auslegung bereits deutlich zu hoch erfolgt und eine tarifliche (Neu-) Eingruppierung des Klägers sei trotz Umstrukturierung im Jahr 2017 der Abteilung in ein Auftragszentrum bei dem alten Arbeitgeber nicht erfolgt, ergibt sich hieraus keine nachvollziehbare Betriebsänderung, die die Beklagte nunmehr aktuell zum Ausspruch der Änderungskündigung am 10.03.2021 berechtigt hätte.

5.

Aus Gründen des Verstoßes gegen § 3 Ziffer 3.3 des MTV ist die angegriffene Änderungskündigung daher bereits rechtsunwirksam.

cc)

Die angegriffene Änderungskündigung mit Schreiben vom 10.03.2021 verstößt aber auch gegen § 1 Abs. 2, 3 KSchG. Ein dringendes betriebliches Erfordernis für deren Begründung lag bei ihrem Ausspruch nicht vor.

1.

Die Regelungen des 1. Abschnitts des Kündigungsschutzgesetzes finden Anwendung, da der Kläger, wie oben unter aa) bereits ausgeführt, rechtzeitig im Sinne von §§ 4, 7 KSchG Kündigungsschutzklage erhoben hat, bei Kündigungsausspruch länger als sechs Monate bei der Beklagten anrechenbar beschäftigt war (§ 1 Abs. 1 KSchG) und da die Beklagte in der Regel mehr als zehn Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden beschäftigt (§ 23 Abs. 1 KSchG).

2.

Zwar kann die (irrtümliche) Eingruppierung des Arbeitnehmers in eine zu hohe Vergütungsgruppe eine Änderungskündigung aus dringenden betrieblichen Gründen in die richtige Vergütungsgruppe rechtfertigen (siehe hierzu nur Juli, in: Grobys/Panzer-Heemeier a. a. O., Änderungskündigung, Rdnr. 17 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des BAG).

Zu einer falschen, zu hohen Eingruppierung des Klägers bis vor dem 01.01.2021 in die EG 10 trägt die für die Kündigungsbegründung darlegungs- und beweispflichtige Beklagte im Einzelnen aber ebenfalls nicht substantiiert vor. Die Vorlage der unter dem 20.10.2020 für den Arbeitsplatz des Klägers im Auftragszentrum ab dem 01.01.2021 erstellte Aufgabenbeschreibung lässt nicht erkennen, inwieweit die Eingruppierung vor dem 01.01.2021 aufgrund der von dem Kläger zu erbringenden Arbeitsaufgaben zu hoch und damit falsch war. Inwieweit die Arbeitsaufgaben des Klägers vor und ab dem 01.01.2021 identisch waren und sind oder sich geändert hätten, wird aus dem Beklagtenvortrag nicht deutlich. Nach nicht widerlegtem Klägervortrag haben sie sich jedenfalls nicht geändert. Die Vorlage der Aufgabenbeschreibung vom 20.10.2020 ohne Sachvortrag der Beklagten im Einzelnen hierzu, inwieweit die Eingruppierung des Klägers ab dem 01.01.2021 anhand der nach ERA vorgesehenen Anforderungsmerkmalen „Können“ (hier Fachkenntnisse und Berufserfahrung), „Handlungs- und Entscheidungsspielraum“, „Kooperation“ und „Mitarbeiterführung“ zutreffend aufgrund der ermittelten Punktezahl in die EG 9 einzugruppieren wären, lässt keine fehlerhaft zu hohe Eingruppierung vorher erkennen, für die die Beklagte für das Vorliegen eines dringenden betrieblichen Erfordernisses jedoch darlegungs- und beweispflichtig ist, vergleichbar auch der Darlegungs- und Beweislast bei einer korrigierenden Rückgruppierung, wenn rechtsfehlerhaft die mitgeteilten Voraussetzungen für die ursprünglich mitgeteilte Eingruppierung fehlen (vgl. zur Darlegungs- und Beweislast hier nur BAG, Urteil vom 11.07.2018 – 4 AZR 488/17 -, veröffentlicht bei juris, Rdnr. 22; Erfurter Kommentar/Koch, 21. Auflage, § 46 ArbGG, Rdnr. 36).

3.

Es liegt aber auch kein dringendes betriebliches Erfordernis vor, weil der Kläger ab 01.01.2021 eine niedriger bewertete Tätigkeit ausübt.

Unabhängig davon, dass eine Änderung der Tätigkeit des Klägers ab 01.01.2021, wie bereits ausgeführt, nicht feststellbar ist, vermindert sich der Entgeltanspruch nicht allein aufgrund der Übertragung einer niedriger bewerteten Tätigkeit. Eine Ausübung der niedriger bewerteten Tätigkeit über mehr als sechs Monate setzt gemäß § 2 Nr. 6 TV ERA NRW eine Vertragsänderung durch Vereinbarung oder Änderungskündigung voraus und führt dann zu einer Neueingruppierung (siehe hierzu auch BAG, Urteil vom 11.07.2018 a. a. O., juris Rdnrn. 28, 30). Eine demgemäße Änderungsvereinbarung der Parteien oder eine Änderungskündigung der Beklagten, wonach der Kläger ab dem 01.01.2021 eine niedriger zu bewertende Tätigkeit über mehr als sechs Monate zu erbringen habe, liegt beides jedoch nicht vor. Aus diesem Gesichtspunkt ist die Beklagte allein unter Beachtung der von ihr erstellten Aufgabenbeschreibung daher ebenfalls nicht aufgrund eines dringenden betrieblichen Erfordernisses zum Ausspruch der angegriffenen Änderungskündigung mit Schreiben vom 10.03.2021 berechtigt gewesen.

4.

Im Ergebnis ist daher kein dringendes betriebliches Erfordernis im Sinne von § 1 Abs. 1, 2 KSchG für den Ausspruch der angegriffenen Änderungskündigung mit Schreiben vom 10.03.2021 erkennbar.

dd)

Auf die weitere Rechtsfrage, ob die angegriffene Änderungskündigung auch aus Gründen eines Verstoßes gegen § 102 BetrVG unwirksam ist, wie der Kläger meint, kommt es entscheidungserheblich nicht mehr an.

ee)

Der Klageantrag zu 1. ist nicht etwa deshalb unbegründet, weil die mit der Änderungskündigung seitens der Beklagten angestrebte Herabgruppierung des Klägers aufgrund Anwendung der einschlägigen tarifvertraglichen Regelungen auch ohne deren Ausspruch möglich oder gar bereits erfolgt wäre, es sich letztlich also um eine „überflüssige“ Änderungskündigung handelte (siehe zur fehlenden Erfolgsaussicht einer Klage gegen eine demgemäß „überflüssige“ Änderungskündigung im Falle einer Vorbehaltsannahme nur BAG, Urteil vom 23.02.2012 – 2 AZR 44/11 -, in: AP Nr. 154 zu § 2 KSchG 1969, Rdnr. 12; Künzl, in: Ascheid/Preis/Schmidt, Kündigungsrecht, 6. Auflage (kurz: APS-Künzel), § 2 KSchG, Rdnr. 116 d).

Denn die Beklagte konnte die von ihr angestrebte Herabgruppierung schon deshalb nicht ohne Ausspruch einer Änderungskündigung erreichen, da weder die Voraussetzungen für eine korrigierende Rückgruppierung bei unveränderter Tätigkeit, etwa aufgrund fehlerhaft zu hoher Eingruppierung im Jahr 2007, im Einzelnen substantiiert von ihr dargelegt sind, noch eine Änderung der Tätigkeit des Klägers bzw. der von ihm zu erbringenden Aufgaben danach, insbesondere hier auch nicht ab 01.01.2021, wozu oben unter bb) 4. bereits vorgetragen ist. Vorab wäre aber ohnehin eine wirksame Änderungsvereinbarung oder Änderungskündigung hinsichtlich einer niedriger zu bewertenden Tätigkeit über sechs Monate hinaus gemäß § 2 Nr. 6 TV ERA NRW erforderlich gewesen, die nicht vorliegt. Zudem hat sich die Beklagte in dem Interessenausgleich vom 28.10.2020 unter § 3 d verpflichtet, die Arbeitsverträge der Beschäftigten in erforderlichem Umfang nach Abstimmung mit dem Betriebsrat abzuändern. Eine Änderung der Arbeitsverträge kann aber nur durch Änderungsvereinbarung oder Änderungskündigung erfolgen, was auch die Beklagte konkret hier so sieht, da sie in der Anhörung gemäß § 102 BetrVG an den Betriebsrat ausführt, dass die angestrebte Umgruppierung hinsichtlich des Klägers zunächst nach Tarifvertrag einvernehmlich habe erfolgen sollen. Da der Kläger dies aber abgelehnt habe, sehe der Tarifvertrag in diesem Fall vor, dass die Änderung im Wege einer Änderungskündigung herbeizuführen sei.

b)

Auch der Klageantrag zu 2. ist begründet, da das Arbeitsverhältnis des Klägers zu unveränderten Bedingungen fortbesteht. Da, wie oben zu dem Klageantrag zu 1. ausgeführt, weder die Voraussetzungen für eine korrigierende Rückgruppierung aufgrund in der Vergangenheit fehlerhafter Eingruppierung des Klägers im Einzelnen anhand des Beklagtenvortrags erkennbar sind, noch derart geänderte Arbeitsaufgaben des Klägers seit seiner Eingruppierung in die EG 10 ERA im Jahr 2007, insbesondere mit Wirkung ab 01.01.2021, die zu einer Herabgruppierung auch ohne Ausspruch einer Änderungskündigung berechtigen würden, vorliegen, kann entgegen der seitens der Beklagten wohl vertretenen Rechtsauffassung auch nicht von einer Herabgruppierung des Klägers allein aufgrund Mitteilung der Aufgabeninhalte eines Spezialisten Disposition Kaltband und der sich hieraus ergebenden Eingruppierung in die EG 9 am 13.10.2020 sowie einer fehlenden Reaktion des Klägers hierauf ausgegangen werden.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 2 ArbGG, §§ 91 ff. ZPO. Die Beklagte hat als unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich gemäß §§ 46 Abs. 2, 61 Abs. 1 ArbGG, §§ 3 ff. ZPO, § 42 Abs. 2 GKG. Für den Klageantrag zu 1. wird ein Streitwert in Höhe von zwei Bruttomonatsverdiensten des Klägers, für den Klageantrag zu 2. ein Streitwert in Höhe von einem Bruttomonatsverdienst für angemessen erachtet.


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