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Altersrenten- und Hinterbliebenenversorgungszusage durch Arbeitgeber

ArbG Hamburg, Az.: S 1 Ca 161/14

Urteil vom 16.01.2014

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 12.096,00 € festgesetzt.

4. Die Berufung wird für den Kläger nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

Altersrenten- und Hinterbliebenenversorgungszusage durch Arbeitgeber
Symbolfoto: Pixabay

Die Parteien streiten darum, ob sich aus einer dem Kläger zugesagten betrieblichen Altersversorgung Ansprüche auf Hinterbliebenenversorgung ergeben.

Der Kläger war bei der Beklagten als leitender Ingenieur seit 1991 beschäftigt.

In einem Schreiben der Beklagten vom 15. Dezember 2000 (Blatt 26 ff. der Akten) an die bei ihr Beschäftigten heißt es in Ziff. 8 u.a.:

„8. Pensionen

Wir wollen allen Kapitänen, leitenden Ingenieuren und 1. Offizieren ein freiwilliges betriebliches Ruhegeld nach den Bestimmungen des beiliegenden Vertragsmusters zahlen, sofern folgende Voraussetzungen jeweils erfüllt sind:

a) Der Mitarbeiter muss mindestens 10 Jahre in der Reederei angestellt gewesen sein.

b) Der Mitarbeiter muss mindestens bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres in der Reederei tätig gewesen sein.

Das monatliche Ruhegeld beträgt DM 1.000,- für Kapitäne, sowie DM 800,- für ltd. Ingenieure und 1. Offiziere.“

In einem wegen ausstehender Heuer- und Urlaubsansprüche zwischen den Parteien geführten Rechtsstreit schlossen diese am 6. Juni 2012 vor dem Landesarbeitsgericht Hamburg einen Vergleich zur Beendigung des zwischen ihnen bestehenden Heuerverhältnisses zum 30. Juni 2012. Daraufhin beantragte der Kläger mit Schreiben vom 18. Juni 2012 (Anlage B4, Blatt 68 der Akten) an die Beklagte die „Firmenrente“.

In einem Schreiben der Beklagten an den Kläger vom 20. Juni 2012 heißt es u.a.:

„… wir haben uns entschlossen, Pensionszahlungen an alle ehemaligen Kapitäne und leitenden Ingenieure unserer Reederei zu zahlen, sofern zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Dienst folgende Voraussetzungen erfüllt waren:

1. Der Mitarbeiter muss …

2. Der Mitarbeiter muss …

Die monatlichen Zahlungen betragen für ehemalige Kapitäne Euro 520,- und für ehemalige Leitenden Ingenieure Euro 420,- pro Monat.

Für Sie haben wir den 01.07.2012 errechnet.“

Mit einem weiteren Schreiben vom 22. Juni 2012 (Blatt 87 der Akten) übersandte die Beklagte dem Kläger eine „Vereinbarung über betriebliches Ruhegeld“ (Anlage K3, Blatt 12 ff. der Akten) und forderte den Kläger zu deren Unterzeichnung auf. Dies tat der Kläger nicht.

In einem zwischen den Parteien geführten Vorverfahren (S 1 Ca 21/13) verurteilte das Arbeitsgericht Hamburg mit Urteil vom 2. August 2013 die Beklagte zur Zahlung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an den Kläger auf der Grundlage der im Schreiben vom 20. Juni 2012 enthaltenen Zusage auf Pensionszahlungen.

Mit der beim Arbeitsgericht Hamburg am 23. Juli 2014 eingegangenen und der Beklagten am 30. Juli 2014 zugestellten Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass im Falle seines Ablebens Leistungen an seine Ehefrau zu zahlen seien.

Der Kläger trägt vor, die Beklagte habe ihm Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zugesagt. Hieraus ergebe sich auch die Zusage einer Hinterbliebenenversorgung.

Der Kläger beantragt, festzustellen, dass die von der Beklagten gewährte betriebliche Altersversorgung an den Kläger im Fall des Ablebens des Klägers an seine Ehefrau in Höhe von 420,- EUR zu zahlen ist.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, eine Hinterbliebenenversorgung habe sie nicht zugesagt. Hiervon habe auch der Kläger nicht ausgehen können.

Wegen des weiteren Sachvortrags der Parteien, ihrer Beweisantritte und der eingereichten Unterlagen wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen (§§ 46 Abs. 2 ArbGG, 313 Abs. 2 ZPO).

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Erwägungen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht, werden wie folgt kurz zusammengefasst (§ 313 Abs. 3 ZPO):

I.

Die Klage ist vor dem Arbeitsgericht Hamburg und im Übrigen zulässig. Der Kläger hat den Klagantrag nicht unter eine Bedingung gestellt. Er will vielmehr unbedingt festgestellt wissen, dass für den Fall des Eintretens der im Klagantrag genannten Voraussetzung Leistungen an seine Ehefrau zu zahlen seien. Das erforderliche Feststellungsinteresse für diesen Antrag folgt schon daraus, dass die Beklagte eine entsprechende Leistungspflicht bestreitet. Mit dem Antrag des Klägers wird ein Teil eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses abschließend geklärt, nicht nur eine bloße Vorfrage. Der Kläger hat auch ein schutzwürdiges Interesse daran, bereits jetzt klären zu lassen, ob und wie seine Ehefrau im Falle seines Ablebens im Verhältnis zur Beklagten abgesichert ist. Die Entscheidung dieser Frage hat erhebliche Bedeutung für weitere Überlegungen der Ehepartner zur Lebensgestaltung und Absicherung für den Versorgungsfall.

II.

Die Klage ist nicht begründet. Der Kläger kann von der Beklagten zwar selbst die Zahlung von Leistungen aus betrieblicher Altersversorgung auf der Grundlage der Zusage aus dem Schreiben vom 20. Juni 2012 beanspruchen. Allerdings hat die Beklagte dem Kläger weder hierdurch noch auf anderem Wege Leistungen der Hinterbliebenenversorgung zugesagt. Eine solche Zusage ist keiner der Erklärung der Beklagten ausdrücklich zu entnehmen. Sie ergibt sich auch nicht im Wege der Auslegung des Schreibens vom 20. Juni 2012. Nach § 133 BGB ist bei der Auslegung einer Willenserklärung der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Ausgehend vom Wortlaut der Erklärung ist mithin deren objektiver Bedeutungsgehalt zu ermitteln (vgl. nur BAG vom 23. Februar 2011, AP Nr. 86 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag; BAG vom 10. Dezember 2008, AP Nr. 68 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag, beide m.w.N.). Dabei ist das Schreiben der Beklagten, da es sich um eine empfangsbedürftige Willenserklärung handelt, so auszulegen, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste (sog. objektiver Empfängerhorizont, vgl. Palandt/Ellenberger, § 133 BGB Rn. 9 m.w.N.). Abzustellen ist dabei auf die dem Kläger als Empfänger bei Zugang des Schreibens erkennbaren Umstände.

In Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich hier: Der Kläger durfte das Schreiben der Beklagten vom 20. Juni 2013 nur so verstehen, dass ihm hiermit Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung versprochen werden, allerdings nicht Leistungen der Hinterbliebenenversorgung. Für eine solche Zusage fehlt es an jeglichem Anknüpfungspunkt im Wortlaut des Schreibens. Es ist auch nicht notwendig so, dass Leistungen der betrieblichen Altersversorgung stets eine Hinterbliebenenversorgung beinhalten. Selbst der Gesetzgeber geht ausweislich der Verwendung der Konjunktion „oder“ in § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG davon aus, dass nicht alle Versorgungsfälle in einer Leistungszusage enthalten sein müssen oder auch nur üblicherweise sind (so auch ErfKom/Steinmeyer, § 1 BetrAVG Rn. 5). Übliche Regelungen, die Bestandteil von Hinterbliebenenversorgungszusagen sind, fehlen zudem. So ist keine Aussage zur Höhe einer möglichen Hinterbliebenenversorgung getroffen. Angesichts der Üblichkeit einer Hinterbliebenenversorgung in Höhe von 60 % der erdienten oder erdienbaren Anwartschaft auf Altersversorgung (vgl. Henssler/Willemsen/Schipp, Vorb. BetrAVG Rn. 45) wäre auch zu erwarten gewesen, dass zur Höhe solcher Leistungen eine Aussage getroffen worden wäre, wenn sie denn hätte zugesagt werden sollen. Auch in der gesetzlichen Rentenversicherung erfolgt die Leistung an Hinterbliebene nicht in Höhe von 100 % der an den Versicherten gezahlten Leistungen. Es fehlen hier auch sonstige übliche Regelungen einer Hinterbliebenenversorgung, wie etwa die Berücksichtigung anderweitiger Versorgungsleistungen, Regelungen zum Ausschluss reiner Versorgungsehen.

Vor diesem Hintergrund braucht die Frage, ob das Vertragsmuster der Beklagten dem Schreiben der Beklagten vom 15. Dezember 2000 beigefügt war und dem Kläger zur Kenntnis gegeben wurde, nicht geklärt werden. Erforderlich und ausreichend ist eben nicht, dass sich kein Ausschluss einer Hinterbliebenenversorgung aus der Zusage des Ruhegeldes an den Kläger ergibt, sondern dass eine solche Hinterbliebenenversorgung überhaupt zugesagt wurde.

Auch die Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB hilft hier nicht weiter. Für deren Anwendung genügt nicht, dass Streit über die Auslegung besteht. Voraussetzung ist, dass nach Ausschöpfung aller in Betracht kommender Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel bleibt und mindestens zwei Auslegungsmethoden rechtlich vertretbar sind (vgl. Palandt/Grüneberg, § 305c BGB Rn. 18 m.w.N.). Dies ist hier gerade nicht der Fall.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, da er unterlegen ist.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 61 Abs. 1 ArbGG, § 3 ZPO, § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG. Den Wert des Streitgegenstandes hat die Kammer mit 12.096,- EUR bemessen. Insoweit war § 42 Abs. 3 GKG zu berücksichtigen, wonach bei Ansprüchen von Arbeitnehmern auf wiederkehrende Leistungen der dreifache Jahresbetrag der wiederkehrenden Leistungen maßgebend ist; allerdings war, da es sich um ein Feststellungsbegehren handelt, ein Abschlag von 20 % vorzunehmen.

Einer gesonderten Entscheidung über die Zulassung der Berufung bedurfte es hier nicht, da die Berufung ohnehin nach § 64 Abs. 2 ArbGG zulässiges Rechtsmittel ist.

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