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Anfechtung der Betriebsratswahl wegen Verkennung des Betriebsbegriffs

Kurierfahrer eines Essenslieferdienstes in Kiel haben ihren Betriebsrat gewählt – doch das Gericht erklärte die Wahl für ungültig. Der Grund: Die Fahrer arbeiten in einer sogenannten „Remote-City“ ohne eigene Führungsstruktur vor Ort, was nach Ansicht des Gerichts die Bildung eines Betriebsrats ausschließt. Die Digitalisierung des Arbeitsalltags ändere nichts an den rechtlichen Voraussetzungen für die Gründung einer Arbeitnehmervertretung, so die Richter.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
  • Datum: 07.08.2024
  • Aktenzeichen: 6 TaBV 20/23
  • Verfahrensart: Beschwerdeverfahren bezüglich der Anfechtung einer Betriebsratswahl
  • Rechtsbereiche: Arbeitsrecht, Betriebsverfassungsrecht

Beteiligte Parteien:

  • Arbeitgeberin: Ein Unternehmen aus der J. Unternehmensgruppe, das Essensbestelldienste anbietet. Sie hat die Betriebsratswahl in K. angefochten, da sie der Meinung ist, dass in K. kein eigenständiger Betrieb existiert, wodurch die Wahl unwirksam sei.
  • Betriebsrat K.: Der am 28.03.2023 gewählte Betriebsrat von Kurierfahrern im Liefergebiet K. Er widersetzt sich der Anfechtung und argumentiert, dass K. ein eigenständiger, qualifizierter Betriebsteil sei.
  • Betriebsrat H.: Unterstützt den Betriebsrat K. und bestreitet die Unwirksamkeit der Betriebsratswahl.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Die Arbeitgeberin hat die Betriebsratswahl vom 28.03.2023 in der Remote-City K. angefochten. Sie behauptet, dass in K. kein eigenständiger Betrieb oder qualifizierter Betriebsteil existiert, da es dort an einem eigenen Leitungsapparat fehlt. Die Betriebsräte K. und H. halten die Betriebsratswahl für gültig und tragen vor, dass das Gebiet K. ausreichend verselbstständigt sei.
  • Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage ist, ob das Liefergebiet K. einen eigenständigen Betrieb oder einen selbstständigen Betriebsteil bildet, der eine Betriebsratswahl rechtfertigt.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Beschwerde der Betriebsräte K. und H. wird zurückgewiesen, und die Betriebsratswahl in K. wird für unwirksam erklärt.
  • Begründung: Das Gericht stellte fest, dass in K. kein eigenständiger Leitungsapparat existiert und das Gebiet keine organisatorische Selbstständigkeit besitzt. Die Wahl des Betriebsrats basierte auf der Annahme eines falschen Betriebsbegriffs.
  • Folgen: Die Arbeitgeberin ist berechtigt, die Betriebsratswahl anzufechten, und die Feststellung der Unwirksamkeit hat Bestand. Die Rechtsbeschwerde wurde zugelassen.

Anfechtung der Betriebsratswahl: Bedeutung des Betriebsbegriffs im Fokus

Die Anfechtung einer Betriebsratswahl ist ein zentrales Anliegen im Arbeitsrecht, insbesondere wenn dabei der Betriebsbegriff falsch interpretiert wurde. Eine solche Verkennung kann zur Unzulässigkeit der Betriebsratswahl führen und somit die Rechte der Arbeitnehmervertretung stark beeinträchtigen. Der rechtliche Rahmen für die Wahlverfahren des Betriebsrats wird durch das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) definiert, welches klare Fristen und Bedingungen für eine mögliche Anfechtung festlegt.

Es geht nicht nur um die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben, sondern auch um die soziale Mitbestimmung und die Pflichten des Betriebsrats, die für eine funktionierende Unternehmerische Einheit entscheidend sind. Im Folgenden wird ein konkreter Fall untersucht, der sich mit der Anfechtung einer Betriebsratswahl aufgrund der Verkennung des Betriebsbegriffs befasst.

Der Fall vor Gericht


Gericht erklärt Betriebsratswahl bei Essenslieferdienst für unwirksam

Essenslieferanten in Arbeitskleidung diskutieren vor Kieler Restaurant
Anfechtung der Betriebsratswahl wegen Betriebsbegriff (Symbolfoto: Flux gen.)

Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hat die im März 2023 durchgeführte Betriebsratswahl im Liefergebiet Kiel eines großen Essenslieferdienstes für unwirksam erklärt. Die rund 45 Kurierfahrer hatten einen dreiköpfigen Betriebsrat gewählt, doch nach Auffassung des Gerichts war die Organisationseinheit Kiel nicht betriebsratsfähig.

Komplexe Unternehmensstruktur mit Hub-Cities und Remote-Cities

Das Unternehmen ist deutschlandweit in sogenannte Hub-Cities und Remote-Cities gegliedert. In den Hub-Cities wie Hamburg befinden sich neben den Fahrern auch Verwaltungsmitarbeiter und ein lokaler Leitungsapparat. Die Remote-Cities wie Kiel verfügen dagegen nur über Kurierfahrer ohne eigene Führungsstruktur vor Ort. Die Personalangelegenheiten der Kieler Fahrer werden von den Courier-Koordinatoren in Hamburg gesteuert, die unter anderem für Krankmeldungen, Urlaubsplanung und Personalentscheidungen zuständig sind.

Fehlendes Mindestmaß an Selbstständigkeit

Das Gericht stellte fest, dass es in Kiel weder eine Person mit Leitungsfunktion gibt, noch eine institutionalisierte Leitung, die Weisungsrechte des Arbeitgebers ausübt. Die Fahrer kommunizieren über eine App oder per E-Mail mit den Hamburger Koordinatoren, ohne dass erkennbar ist, welcher Koordinator jeweils zuständig ist. Diese fehlende organisatorische Selbstständigkeit führt dazu, dass Kiel weder als eigenständiger Betrieb noch als selbstständiger Betriebsteil im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes einzustufen ist.

Digitalisierung ändert nichts an rechtlichen Anforderungen

Die Richter wiesen das Argument zurück, dass der Einsatz von künstlicher Intelligenz im Personalbereich oder die Nutzung einer digitalen Plattform im Geschäftsmodell die Anforderungen an einen Betrieb oder Betriebsteil verändere. Zwar seien diese Entwicklungen betriebsverfassungsrechtlich relevant, aber nicht für die Definition des Betriebsbegriffs. Ein Verzicht auf eine institutionalisierte Leitung würde zu konturenlosen Einheiten führen, die sich nicht verlässlich abgrenzen ließen.

Formelle Korrektheit der Wahlanfechtung

Die vom Arbeitgeber eingereichte Wahlanfechtung erfüllte alle formellen Voraussetzungen. Die digital übermittelte Antragsschrift enthielt eine wirksame Unterschrift des Unternehmensvertreters. Das Anfechtungsrecht war auch nicht ausgeschlossen, da sich die Anfechtung nicht auf eine fehlerhafte Wählerliste stützte, sondern auf die grundsätzliche Verkennung des Betriebsbegriffs durch den Wahlvorstand.

Das Landesarbeitsgericht hat die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.


Die Schlüsselerkenntnisse


Das Gericht stellt klar, dass auch in der digitalen Arbeitswelt und Plattformökonomie für einen rechtlich eigenständigen Betrieb oder Betriebsteil eine institutionalisierte Leitung vor Ort erforderlich ist. Der bloße Einsatz von KI im Personalbereich oder die Steuerung über Apps und digitale Plattformen reicht nicht aus, um auf diese Leitungsstruktur zu verzichten. Für die Betriebsratsfähigkeit einer Organisationseinheit sind weiterhin klare Strukturen und Verantwortlichkeiten notwendig, die eine effektive Mitbestimmung ermöglichen.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie als Fahrer oder Mitarbeiter in einer „Remote-City“ ohne eigene Führungsstruktur arbeiten, können Sie dort keinen eigenständigen Betriebsrat wählen. Ihre Mitbestimmungsrechte müssen Sie stattdessen über den Betriebsrat der zuständigen „Hub-City“ wahrnehmen, der auch für Ihre Belange zuständig ist. Bei Personalentscheidungen, Urlaubsplanung oder anderen Anliegen ist dieser Betriebsrat Ihr Ansprechpartner. Der Einsatz von Apps oder KI bei der Personalverwaltung ändert nichts an diesem Grundsatz – auch wenn die alltägliche Kommunikation digital erfolgt, muss es für eine wirksame Mitbestimmung eine greifbare Leitungsstruktur geben, die Entscheidungen trifft und als Gegenüber des Betriebsrats fungiert.


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Häufig gestellte Fragen zum Thema

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was macht einen Betrieb im rechtlichen Sinne aus?

Ein Betrieb ist eine organisatorische Einheit, in der ein Arbeitgeber mit seinen Arbeitnehmern unter einer einheitlichen Leitung bestimmte arbeitstechnische Zwecke verfolgt. Dabei handelt es sich um eine rechtlich unselbständige, aber organisatorisch selbständige Einheit, mit der unternehmerische Ziele wie beispielsweise die Gewinnerzielung verfolgt werden.

Wesentliche Merkmale eines Betriebs

Die einheitliche Leitungsmacht ist das zentrale Merkmal eines Betriebs. Diese muss sich auf alle wesentlichen Funktionen in personellen und sozialen Angelegenheiten erstrecken. Wenn Sie beispielsweise in einer Filiale arbeiten, ist diese nur dann ein eigenständiger Betrieb, wenn dort eigenständige Entscheidungen über Personal und soziale Belange getroffen werden können.

Abgrenzung zum Betriebsteil

Ein Betriebsteil unterscheidet sich vom eigenständigen Betrieb dadurch, dass er zwar eine gewisse organisatorische Selbstständigkeit besitzt, aber in die Organisation des Hauptbetriebs eingegliedert ist. Stellen Sie sich etwa eine Bankfiliale vor, die zwar eigenständig arbeitet, aber bei wichtigen Personalentscheidungen an die Zentrale gebunden ist.

Moderne Arbeitsstrukturen

In der heutigen digitalisierten Arbeitswelt können auch virtuelle Teams und standortübergreifende Einheiten einen Betrieb bilden. Entscheidend ist dabei nicht mehr die räumliche Nähe, sondern die organisatorische Zusammengehörigkeit unter einer einheitlichen Leitung. Die technisch-organisatorische Einheit kann dabei verschiedene Formen annehmen, von klassischen Verwaltungen bis hin zu modernen Coworking-Spaces.

Bedeutung für die betriebliche Mitbestimmung

Die Einordnung als Betrieb ist besonders relevant für die Arbeitnehmervertretung. Ein Betriebsrat kann gewählt werden, wenn mindestens fünf ständige wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt sind, von denen drei wählbar sein müssen. Bei Zweifeln über das Vorliegen einer betriebsratsfähigen Organisationseinheit können der Arbeitgeber, der Betriebsrat, der Wahlvorstand oder eine vertretene Gewerkschaft eine verbindliche Entscheidung des Arbeitsgerichts beantragen.


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Wann ist eine Betriebsratswahl rechtlich ungültig?

Eine Betriebsratswahl kann auf zwei verschiedene Arten rechtlich ungültig sein: durch Anfechtbarkeit oder durch Nichtigkeit.

Anfechtbarkeit der Betriebsratswahl

Eine Betriebsratswahl ist anfechtbar, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen wurde und eine Berichtigung nicht erfolgt ist. Die Anfechtung muss innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses erfolgen.

Zur Anfechtung berechtigt sind:

  • mindestens drei wahlberechtigte Arbeitnehmer
  • eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft
  • der Arbeitgeber

Ein häufiger Anfechtungsgrund ist die Verkennung des Betriebsbegriffs. Wenn eine Wahl für einen Betrieb durchgeführt wurde, der nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht, führt dies zur Anfechtbarkeit.

Nichtigkeit der Betriebsratswahl

Eine Wahl ist nur dann nichtig, wenn besonders schwerwiegende Verstöße gegen grundlegende Wahlvorschriften vorliegen. Die Wahl muss dabei so fehlerhaft sein, dass nicht einmal der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl besteht – sie muss „den Stempel der Nichtigkeit auf der Stirn tragen“.

Wichtige Einschränkungen des Anfechtungsrechts

Seit der Modernisierung des Betriebsverfassungsgesetzes gelten neue Einschränkungen:

Eine Wahlanfechtung ist ausgeschlossen, wenn sie sich auf Unrichtigkeiten in der Wählerliste stützt und zuvor kein Einspruch eingelegt wurde. Der Arbeitgeber kann die Wahl nicht anfechten, wenn die Unrichtigkeit der Wählerliste auf seinen eigenen Angaben beruht.

Die Anfechtung ist auch dann ausgeschlossen, wenn durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht verändert oder beeinflusst werden konnte. Wird die Wahl erfolgreich angefochten, bleibt der gewählte Betriebsrat dennoch bis zur rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung im Amt.


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Welche Rolle spielt die lokale Führungsstruktur für die Betriebsratsfähigkeit?

Die lokale Führungsstruktur ist ein entscheidendes Kriterium für die Betriebsratsfähigkeit eines Betriebsteils. Ein Betriebsteil muss ein Mindestmaß an organisatorischer Selbstständigkeit gegenüber dem Hauptbetrieb aufweisen.

Mindestanforderungen an die Führungsstruktur

Die grundlegende Voraussetzung ist das Vorhandensein mindestens einer Person mit Leitungsmacht, die Weisungsrechte des Arbeitgebers ausübt. Diese Anforderung kann bereits erfüllt sein durch:

  • Eine Teamleitung
  • Eine weisungsbefugte Büroleitung
  • Einen Einrichtungsleiter
  • Einen regionalen Gebietsleiter
  • Inspektoren

Eigenständigkeit der Leitung

Die Führungsstruktur vor Ort muss in der Lage sein, wesentliche Entscheidungen selbstständig zu treffen. Dies betrifft insbesondere personelle und soziale Angelegenheiten. Ein umfassender eigener Leitungsapparat ist dabei nicht erforderlich, jedoch muss die Leitung die Arbeitgeberfunktionen in den wesentlichen Bereichen der betrieblichen Mitbestimmung wahrnehmen können.

Räumliche und organisatorische Aspekte

Ein Betriebsteil wird als selbstständiger Betrieb eingestuft, wenn er entweder räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt ist oder durch Aufgabenbereich und Organisation eigenständig agiert. Der Zweck dieser Regelung ist es, eine effektive Vertretung der Arbeitnehmerinteressen zu gewährleisten, wenn die räumliche Trennung vom Hauptbetrieb die Arbeit des dortigen Betriebsrats erschweren würde.

Institutionelle Leitungsmacht

Die institutionelle Einheitlichkeit der Leitungsmacht ist von zentraler Bedeutung. Ohne eine institutionalisierte einheitliche Leitungsmacht ist die Annahme eines eigenständigen Betriebs rechtlich nicht möglich. Die Leitungsmacht muss sich dabei nicht auf alle Arbeitgeberfunktionen erstrecken, sondern primär die wesentlichen Bereiche der betrieblichen Mitbestimmung umfassen.


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Wie wirken sich digitale Arbeitsstrukturen auf die Betriebsratsfähigkeit aus?

Grundlegende Auswirkungen der Digitalisierung

Die digitale Transformation verändert die traditionellen Betriebsstrukturen grundlegend. Durch neue Technologien und digitale Arbeitsformen entstehen virtuelle Arbeitsräume, die die klassische Präsenzarbeit ergänzen oder teilweise ersetzen. Diese Entwicklung hat direkte Auswirkungen auf die Betriebsratsfähigkeit eines Unternehmens.

Rechtliche Rahmenbedingungen

Der Gesetzgeber hat auf die digitalen Veränderungen reagiert. Das Betriebsverfassungsgesetz wurde angepasst, um die Handlungsfähigkeit der Betriebsräte auch in digitalen Strukturen zu gewährleisten. Bei der Einführung von KI-Systemen und digitalen Arbeitsprozessen muss der Betriebsrat nach § 90 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG rechtzeitig informiert und eingebunden werden.

Digitale Kommunikation und Beschlussfassung

Die Betriebsratsarbeit kann mittlerweile auch digital erfolgen. Virtuelle Betriebsratssitzungen sind unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Dabei müssen jedoch besondere Anforderungen erfüllt werden:

  • Die Vertraulichkeit der Sitzungen muss gewährleistet sein
  • Die technische Ausstattung muss allen Betriebsratsmitgliedern zur Verfügung stehen
  • Der Datenschutz muss durchgehend gewahrt bleiben

Mitbestimmungsrechte im digitalen Kontext

Die Digitalisierung erweitert die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats. Bei der Einführung digitaler Arbeitssysteme hat der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ein zwingendes Mitbestimmungsrecht. Dies betrifft insbesondere technische Einrichtungen, die zur Überwachung von Verhalten oder Leistung der Arbeitnehmenden geeignet sind.

Die digitale Transformation erfordert eine kontinuierliche Anpassung der betrieblichen Strukturen. Der Betriebsrat muss bei der Gestaltung dieser Prozesse aktiv mitwirken und die Interessen der Beschäftigten im digitalen Wandel vertreten.


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Wer kann eine Betriebsratswahl anfechten und welche Fristen gelten?

Eine Betriebsratswahl kann von drei spezifischen Gruppen angefochten werden:

  • mindestens drei wahlberechtigte Arbeitnehmer
  • eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft
  • der Arbeitgeber

Anfechtungsfrist und formale Anforderungen

Die Anfechtung muss innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses erfolgen. Diese Frist ist zwingend einzuhalten. Wenn das Wahlergebnis beispielsweise an einem Mittwoch bekannt gegeben wird, läuft die Frist bis zum Mittwoch der übernächsten Woche.

Die Anfechtung erfolgt durch Einreichung eines Antrags beim zuständigen Arbeitsgericht. Der Antrag muss eine konkrete Begründung enthalten, die darlegt, welche wesentlichen Wahlvorschriften verletzt wurden.

Wichtige Einschränkungen

Der Betriebsrat selbst und der Wahlvorstand als Gremien sind nicht anfechtungsberechtigt. Einzelne Mitglieder des Betriebsrats können die Wahl jedoch anfechten, sofern sie dies gemeinsam mit anderen wahlberechtigten Arbeitnehmern tun, sodass mindestens drei Anfechtende zusammenkommen.

Besondere Regelungen zur Wählerliste

Nach dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz gelten besondere Einschränkungen bei Fehlern in der Wählerliste:

  • Wahlberechtigte können die Wahl wegen Unrichtigkeit der Wählerliste nur anfechten, wenn sie zuvor Einspruch gegen die Liste eingelegt haben
  • Der Arbeitgeber kann die Wahl nicht wegen Unrichtigkeit der Wählerliste anfechten, wenn diese auf seinen eigenen Angaben beruht

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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar - Fachbegriffe aus dem Arbeitsrecht

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Betriebsrat

Ein Betriebsrat ist die gewählte Interessenvertretung aller Arbeitnehmer eines Betriebs. Er vertritt die Belange der Beschäftigten gegenüber dem Arbeitgeber und verfügt über gesetzlich festgelegte Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte, besonders in sozialen und personellen Angelegenheiten. Die rechtliche Grundlage bildet das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Zu den Aufgaben gehören beispielsweise die Überwachung der Einhaltung von Arbeitsschutzvorschriften, Mitsprache bei Kündigungen oder die Verhandlung von Betriebsvereinbarungen. Ein Beispiel: Der Betriebsrat muss bei der Einführung neuer Arbeitszeitmodelle oder bei geplanten Massenentlassungen einbezogen werden.


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Betriebsbegriff

Der Betriebsbegriff definiert im Arbeitsrecht eine organisatorische Einheit, in der ein Arbeitgeber mit seinen Arbeitnehmern mithilfe technischer und immaterieller Mittel bestimmte arbeitstechnische Zwecke verfolgt. Wesentlich ist das Vorhandensein einer einheitlichen Leitung, die Weisungsrechte ausübt. Geregelt im BetrVG §1. Ein Betrieb muss eine gewisse organisatorische Selbstständigkeit aufweisen und über eine eigene Führungsstruktur verfügen. Beispiel: Eine Fabrik mit eigenem Management und Produktionsleitung gilt als Betrieb, eine reine Verkaufsstelle ohne eigene Leitung jedoch nicht.


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Wahlanfechtung

Die Wahlanfechtung ist ein rechtliches Instrument, um eine durchgeführte Betriebsratswahl für ungültig erklären zu lassen. Sie kann erfolgen, wenn wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verletzt wurden (§19 BetrVG). Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer können binnen einer Frist von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses Anfechtung einlegen. Ein typischer Anfechtungsgrund wäre beispielsweise die Durchführung einer Wahl in einer Einheit, die gar nicht betriebsratsfähig ist.


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Betriebsteil

Ein Betriebsteil ist eine räumlich vom Hauptbetrieb getrennte Organisationseinheit, die aber noch eine gewisse Verbindung zum Hauptbetrieb aufweist. Gemäß §4 BetrVG kann ein Betriebsteil als eigenständiger Betrieb gelten, wenn er die Voraussetzungen eines Betriebs erfüllt und räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt oder durch Aufgabenbereich und Organisation eigenständig ist. Beispiel: Eine Filiale eines Unternehmens mit eigener Leitung und gewisser Autonomie in Personalfragen kann als Betriebsteil gelten.


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Remote-City

Eine Remote-City bezeichnet im vorliegenden Kontext einen Unternehmensstandort ohne eigene Führungsstruktur vor Ort, der von einem anderen Standort (Hub-City) aus gesteuert wird. Diese moderne Organisationsform ist durch die Digitalisierung entstanden, erfüllt aber nicht die klassischen arbeitsrechtlichen Anforderungen an einen eigenständigen Betrieb. Entscheidend ist das Fehlen einer lokalen Leitung mit eigenen Entscheidungskompetenzen. Zum Beispiel werden alle Personalentscheidungen für die Remote-City von der übergeordneten Hub-City getroffen.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), § 1: Das Betriebsverfassungsgesetz regelt die Bildung und die Aufgaben von Betriebsräten in Deutschland. Es gibt den Arbeitnehmern das Recht, einen Betriebsrat zu wählen, um ihre Interessen im Betrieb zu vertreten. Im vorliegenden Fall stellt sich die Frage, ob die Wahl des Betriebsrats K. rechtmäßig war, was direkt auf die Einhaltung der Vorschriften des BetrVG abzielt.
  • Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), § 14: Hier wird die Ordnungsgemäßheit der Betriebsratswahl definiert sowie die Anforderungen an die Wahl und ihre Durchführung. Die Regelung legt fest, dass der Wahlausschuss die Voraussetzungen und den Ablauf der Wahl ordnungsgemäß gestalten muss. Im Fall geht es darum zu überprüfen, ob diese Anforderungen beim Wahlverfahren für den Betriebsrat K. eingehalten wurden.
  • Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), § 15: Dieser Paragraph betrifft die Wahlberechtigung und die Wählbarkeit der Arbeitnehmer zum Betriebsrat. Er legt fest, wer an der Betriebsratswahl teilnehmen darf und welche Anforderungen für die Kandidaten bestehen. Im vorliegenden Fall könnte die Frage aufkommen, ob alle wahlberechtigten Arbeitnehmer in K. ordnungsgemäß zur Wahl zugelassen wurden.
  • Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG), § 1: Das AGG schützt Beschäftigte vor Diskriminierung aufgrund verschiedener Merkmale wie Geschlecht, Ethnie oder Alter. Dieser Paragraph hat Relevanz, da eine nicht diskriminierende Wahl durchgeführt werden muss. Sollten im Rahmen der Wahl des Betriebsrats in K. Ungleichheiten oder Diskriminierungen festgestellt werden, könnte dies die Rechtmäßigkeit der Wahl in Frage stellen.
  • Wahlordnung für die Betriebsratswahlen: Diese spezielle Regelung umfasst die genauen Schritte und Verfahren, die bei der Durchführung der Betriebsratswahl zu beachten sind, einschließlich der Fristen und der Anforderungen an den Wahlvorstand. Im vorliegenden Fall verweist der Ablauf der Wahlanfechtung auf die ordnungsgemäße Einhaltung dieser Wahlordnung, um die Gültigkeit der Wahl für den Betriebsrat K. sicherzustellen.

Weitere Beiträge zum Thema

  • Anfechtung durchgeführter Betriebsratswahl
    Dieser Artikel behandelt die Anfechtung einer Betriebsratswahl aufgrund von Unregelmäßigkeiten, insbesondere das Verhalten eines Wahlhelfers, der eine Liste nicht gewählter Arbeitnehmer erstellte und den Wahlraum mit dieser verließ. Das Gericht sah darin einen Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften, der die Wahlfreiheit und Chancengleichheit beeinträchtigte. Es wird auch die Bedeutung des Urteils für zukünftige Wahlen thematisiert. → → Präzedenzfall für Unregelmäßigkeiten bei Betriebsratswahlen
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    Der Artikel diskutiert die Voraussetzungen für den Abbruch einer Betriebsratswahl aufgrund einer fehlerhaften Bestellung des Wahlvorstands. Es wird dargelegt, unter welchen Umständen eine Betriebsratswahl als nichtig anzusehen ist und welche Rolle die ordnungsgemäße Bestellung des Wahlvorstands dabei spielt. → → Fehlerhafte Wahlvorstandbestellung und ihre Folgen
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    In diesem Beitrag wird ein Fall vorgestellt, in dem die Nichtigkeit einer Betriebsratswahl festgestellt wurde, weil neben der Präsenz- und Briefwahl auch eine Online-Wahl durchgeführt wurde, was nicht mit der Wahlordnung vereinbar war. Das Gericht entschied, dass die Wahl aufgrund der unzulässigen Online-Wahl nichtig sei. → → Rechtswidrigkeit durch Online-Wahlen bei Betriebsratswahlen

Das vorliegende Urteil

Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein – Az.: 6 TaBV 20/23 – Beschluss vom 07.08.2024


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