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Anforderungen an fristlose Kündigung wegen Vortäuschen Arbeitsunfähigkeit

Eine abgelehnte Gehaltserhöhung, eine eskalierte Auseinandersetzung und eine fristlose Kündigung – doch das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz sieht das anders. Eine Rechtsanwaltsfachangestellte kämpft erfolgreich um ihren Job und zeigt, dass der Wunsch nach einer Gehaltserhöhung kein Kündigungsgrund ist. Ein wegweisendes Urteil, das die Rechte von Arbeitnehmern stärkt und Arbeitgebern Grenzen aufzeigt.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Die Klägerin und der Beklagte streiten um die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung in Verbindung mit der Bitte um Gehaltserhöhung.
  • Der Zusammenhang ergibt sich aus der Klägerin, die eine Gehaltserhöhung benötigte, um einen Kredit für den Hauskauf zu erhalten.
  • Die Schwierigkeiten liegen in der Ablehnung der Gehaltserhöhung durch den Arbeitgeber und der darauf folgenden Kündigung.
  • Das Gericht wies die Berufung des Beklagten zurück und bestätigte die Wirksamkeit der Kündigungen nicht.
  • Die Entscheidung des Gerichts stützt sich auf die Begründung, dass die Kündigungen nicht durch den Arbeitgeber gerechtfertigt waren.
  • Der Arbeitgeber konnte nicht nachweisen, dass die Klägerin einen ernsthaften Anlass für die Kündigung gegeben hatte.
  • Die Auswirkungen betreffen die rechtliche Stellung der Klägerin, die nun als Arbeitnehmerin den Kündigungen erfolgreich widersprechen konnte.
  • Arbeitnehmer in ähnlicher Situation können gestärkt aus dem Urteil hervorgehen und ihre Ansprüche besser verteidigen.
  • Die Entscheidung des Gerichts erhöht das Bewusstsein für die Rechte von Arbeitnehmern bei Gehaltsverhandlungen.
  • Das Urteil setzt einen Präzedenzfall für die rechtliche Bewertung von Kündigungen im Kontext von Gehaltserhöhungen.

Fristlose Kündigung: Vortäuschen von Krankheit als Kündigungsgrund erheblicher Streitpunkt

Bei einem Arbeitsverhältnis sind sowohl Arbeitgeberrechte als auch Arbeitnehmerschutz von großer Bedeutung. Ein häufig strittiger Punkt im Arbeitsrecht ist die fristlose Kündigung, die unter bestimmten Voraussetzungen gerechtfertigt sein kann. Ein Kündigungsgrund, der immer wieder für Rechtsstreitigkeiten sorgt, ist das Vortäuschen von Krankheit. Arbeitnehmer sind verpflichtet, im Krankheitsfall ihre Arbeitsunfähigkeit korrekt zu dokumentieren und ihrer Nachweispflicht nachzukommen. Bei Manipulationen, sei es durch das Fälschen von Arztbescheinigungen oder den bewussten Missbrauch von Krankheitszeiten, können erhebliche rechtliche Konsequenzen drohen.

Arbeitgeber müssen in diesem Kontext genau abwägen, ob die Umstände einer solchen Täuschung eine fristlose Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen, insbesondere aufgrund von Betrug. Die hohe Hürde, die das Kündigungsschutzgesetz setzt, verlangt eine sorgfältige Analyse der vorliegenden Beweise und der spezifischen Handlung des Arbeitnehmers. Wenn die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung vorliegen, kann der Arbeitgeber nicht nur das Arbeitsverhältnis beenden, sondern unter Umständen auch Schadensersatz fordern.

Im Folgenden wird ein konkreter Fall vorgestellt, der die Anforderungen an eine fristlose Kündigung im Zusammenhang mit dem Vortäuschen von Arbeitsunfähigkeit beleuchtet.

Der Fall vor Gericht


Gehaltserhöhung abgelehnt: Fristlose Kündigung einer Rechtsanwaltsfachangestellten unwirksam

Eine 37-jährige Rechtsanwaltsfachangestellte aus Rheinland-Pfalz hat erfolgreich gegen ihre fristlose Kündigung geklagt.

Fristlose Kündigung wegen Vortäuschung von Krankheit
Die fristlose Kündigung einer Rechtsanwaltsfachangestellten wegen Vortäuschens von Krankheit nach Ablehnung einer Gehaltserhöhung wurde vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz als unwirksam eingestuft, da kein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB vorlag. (Symbolfoto: Ideogram gen.)

Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz bestätigte in seinem Urteil vom 7. Juni 2023, dass weder die außerordentliche Kündigung vom 20. September 2021 noch die ordentliche Kündigung vom 13. Oktober 2021 das Arbeitsverhältnis beendet haben.

Streit um Gehaltserhöhung eskaliert

Die Klägerin, die seit 2003 in der Kanzlei beschäftigt war, hatte ihren Arbeitgeber um eine Gehaltserhöhung von 300 Euro netto gebeten. Sie benötigte das zusätzliche Einkommen, um einen Kredit für einen geplanten Hauskauf aufnehmen zu können. Der Beklagte, inzwischen alleiniger Eigentümer der Anwaltskanzlei, lehnte die Gehaltserhöhung ab.

Nach mehreren Gesprächen eskalierte die Situation am 16. September 2021. Die Klägerin verließ die Kanzlei eine Stunde vor Arbeitsende, nahm ihre persönlichen Gegenstände mit und meldete sich am Nachmittag telefonisch krank. Sie legte eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bis zum 30. September vor.

Fristlose Kündigung und Zurückweisung

Der Arbeitgeber kündigte daraufhin am 20. September 2021 fristlos, hilfsweise ordentlich zum 31. März 2022. Die Klägerin wies die Kündigung nach § 174 BGB zurück, woraufhin der Beklagte am 13. Oktober 2021 vorsorglich ordentlich zum 30. November 2021 kündigte.

Gericht sieht keinen wichtigen Grund für fristlose Kündigung

Das Landesarbeitsgericht stellte fest, dass die fristlose Kündigung unwirksam war, da kein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB vorlag. Die Klägerin hatte weder ein Eingehungsbetrug begangen noch ihre Arbeitsleistung unberechtigt verweigert. Ihr Verhalten am 16. September 2021 rechtfertigte nach Ansicht des Gerichts keine fristlose Kündigung.

Ordentliche Kündigung ebenfalls unwirksam

Auch die ordentliche Kündigung vom 13. Oktober 2021 erklärte das Gericht für unwirksam. Der Beklagte konnte nicht nachweisen, dass betriebliche Gründe für die Kündigung vorlagen. Das Gericht sah die Kündigung als Reaktion auf die Gehaltserhöhungsforderung und die anschließende Arbeitsunfähigkeit der Klägerin.

Arbeitsverhältnis besteht fort

Das Landesarbeitsgericht wies die Berufung des Beklagten zurück und bestätigte das Urteil der Vorinstanz. Somit besteht das Arbeitsverhältnis der Klägerin unverändert fort. Der Fall verdeutlicht die Grenzen des Kündigungsrechts und die Bedeutung einer sorgfältigen Prüfung vor dem Ausspruch einer Kündigung.


Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil verdeutlicht, dass eine Gehaltserhöhungsforderung und anschließende Arbeitsunfähigkeit keine ausreichenden Gründe für eine fristlose oder ordentliche Kündigung darstellen. Arbeitgeber müssen stichhaltige betriebliche oder verhaltensbedingte Gründe nachweisen, um ein Arbeitsverhältnis rechtmäßig zu beenden. Der Fall unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen Prüfung vor dem Ausspruch einer Kündigung und stärkt den Kündigungsschutz für Arbeitnehmer.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Dieses Urteil hat wichtige Konsequenzen für Arbeitnehmer, die eine Gehaltserhöhung anstreben:

  1. Eine Ablehnung der Gehaltserhöhung durch den Arbeitgeber ist kein Grund für eine fristlose Kündigung durch den Arbeitnehmer. Verlassen Sie in solch einem Fall nicht einfach Ihren Arbeitsplatz, da dies als Arbeitsverweigerung ausgelegt werden könnte.
  2. Wenn Sie sich nach einem schwierigen Gespräch mit Ihrem Arbeitgeber tatsächlich krank fühlen, lassen Sie sich vom Arzt krankschreiben. Ein Attest kann jedoch nicht rückwirkend eine vorherige Arbeitsverweigerung „heilen“.
  3. Arbeitgeber müssen sehr stichhaltige Gründe für eine fristlose Kündigung haben. Bloße Vermutungen über vorgetäuschte Krankheit reichen nicht aus. Lassen Sie sich daher nicht einschüchtern.
  4. Selbst wenn eine fristlose Kündigung unwirksam ist, kann in Kleinbetrieben ohne Kündigungsschutz trotzdem ordentlich gekündigt werden. Beachten Sie die für Sie geltenden Kündigungsfristen.
  5. Seien Sie vorsichtig mit Äußerungen gegenüber Ihrem Arbeitgeber, die als Aufforderung zu illegalen Handlungen missverstanden werden könnten. Formulieren Sie Ihre Anliegen klar und eindeutig.

FAQ – Häufige Fragen

In dieser FAQ-Rubrik beantworten wir zentrale Fragen rund um das Thema Fristlose Kündigung wegen Vortäuschung von Krankheit. Hier finden Sie wertvolle Informationen und praktische Hinweise, um sich im komplexen Bereich des Arbeitsrechts besser zurechtzufinden. Unsere Antworten sind prägnant und klar strukturiert, sodass Sie schnell die relevanten Informationen erhalten, die Sie benötigen.

Hier sind 5 hochrelevante FAQ-Fragen zum Thema „Fristlose Kündigung wegen Vortäuschung von Krankheit“ mit Erläuterungen:

Welche Voraussetzungen müssen für eine fristlose Kündigung wegen vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeit erfüllt sein?

Für eine fristlose Kündigung wegen vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeit müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein:

Wichtiger Grund nach § 626 BGB

Eine fristlose Kündigung erfordert einen wichtigen Grund gemäß § 626 Abs. 1 BGB. Das Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit kann einen solchen wichtigen Grund darstellen, da es sich um eine schwerwiegende Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten handelt.

Erschütterung des Beweiswerts der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Der Arbeitgeber muss den hohen Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) erschüttern. Dazu müssen Sie als Arbeitgeber objektive Tatsachen darlegen und beweisen, die ernsthafte Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit begründen. Dies könnte beispielsweise der Fall sein, wenn Sie als arbeitsunfähig gemeldeter Arbeitnehmer bei einer anderen Tätigkeit beobachtet werden, die mit der attestierten Erkrankung unvereinbar ist.

Nachweisbare Täuschungsabsicht

Es muss eine nachweisbare Täuschungsabsicht des Arbeitnehmers vorliegen. Wenn Sie als Arbeitnehmer wissentlich eine Arbeitsunfähigkeit vortäuschen, um sich der Arbeitspflicht zu entziehen, kann dies die fristlose Kündigung rechtfertigen.

Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses

Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der regulären Kündigungsfrist muss für den Arbeitgeber unzumutbar sein. Dies ist bei einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit in der Regel gegeben, da das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer dadurch erheblich gestört wird.

Einhaltung der Zwei-Wochen-Frist

Die fristlose Kündigung muss innerhalb von zwei Wochen nach Kenntniserlangung der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen durch den Arbeitgeber erfolgen (§ 626 Abs. 2 BGB).

Interessenabwägung

Es muss eine Interessenabwägung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer stattfinden. Dabei werden Faktoren wie die Dauer des Arbeitsverhältnisses, das Alter des Arbeitnehmers und eventuelle Unterhaltspflichten berücksichtigt.

Wenn Sie als Arbeitgeber eine fristlose Kündigung wegen vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeit aussprechen möchten, müssen Sie all diese Voraussetzungen sorgfältig prüfen und dokumentieren. Bedenken Sie, dass die Beweislast für das Vorliegen einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit beim Arbeitgeber liegt und die Arbeitsgerichte hohe Anforderungen an den Nachweis stellen.


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Wie kann ein Arbeitnehmer gegen eine fristlose Kündigung wegen angeblich vorgetäuschter Krankheit vorgehen?

Ein Arbeitnehmer kann gegen eine fristlose Kündigung wegen angeblich vorgetäuschter Krankheit mit einer Kündigungsschutzklage vorgehen. Diese muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung beim zuständigen Arbeitsgericht eingereicht werden. Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem Sie die schriftliche Kündigung erhalten haben.

Vorbereitung der Klage

Sammeln Sie alle relevanten Unterlagen, insbesondere Ihre Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und eventuelle Zeugenaussagen, die Ihre tatsächliche Erkrankung belegen können. Dokumentieren Sie genau, wann und wie Sie die Krankmeldung eingereicht haben und ob es vorherige Gespräche oder Abmahnungen zu diesem Thema gab.

Beweislast des Arbeitgebers

In einem Kündigungsschutzprozess muss der Arbeitgeber beweisen, dass Sie die Arbeitsunfähigkeit nur vorgetäuscht haben. Die bloße Vermutung oder ein Verdacht reichen nicht aus. Der Arbeitgeber muss konkrete Tatsachen vorbringen, die den Beweiswert Ihrer ärztlichen Bescheinigung erschüttern.

Argumente für Ihre Verteidigung

Betonen Sie in Ihrer Klage, dass eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung einen hohen Beweiswert hat. Wenn Sie während Ihrer Krankschreibung beobachtet wurden, bedeutet dies nicht automatisch, dass Sie arbeitsfähig waren. Viele Erkrankungen erlauben bestimmte Aktivitäten, ohne dass die Arbeitsunfähigkeit entfällt.

Verhandlung vor Gericht

Im Gerichtsverfahren haben Sie die Möglichkeit, Ihre Sicht der Dinge darzulegen. Das Gericht wird alle vorgebrachten Beweise und Argumente sorgfältig prüfen. Sollte sich herausstellen, dass die Kündigung unberechtigt war, muss der Arbeitgeber Sie weiterbeschäftigen oder eine Abfindung zahlen.

Mögliche Ergebnisse

Wenn das Gericht Ihrer Klage stattgibt, wird die Kündigung für unwirksam erklärt. Sie haben dann Anspruch auf Weiterbeschäftigung und Lohnfortzahlung für den Zeitraum zwischen Kündigung und Gerichtsentscheidung. Oft einigen sich die Parteien auch auf einen Vergleich, der eine Abfindungszahlung beinhalten kann.

Bedenken Sie, dass jeder Fall individuell ist und das Gericht die spezifischen Umstände Ihrer Situation berücksichtigen wird. Eine sorgfältige Vorbereitung und die Sammlung aller relevanten Beweise sind entscheidend für den Erfolg Ihrer Klage.


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Welche Beweislast trägt der Arbeitgeber bei einer fristlosen Kündigung wegen Vortäuschens von Arbeitsunfähigkeit?

Bei einer fristlosen Kündigung wegen Vortäuschens von Arbeitsunfähigkeit trägt der Arbeitgeber die Beweislast für das Vorliegen eines wichtigen Kündigungsgrundes. Dies bedeutet konkret:

Erschütterung des Beweiswerts der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Der Arbeitgeber muss zunächst den hohen Beweiswert der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) erschüttern. Dazu muss er objektive Tatsachen darlegen und beweisen, die ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit der AU begründen. Stellen Sie sich vor, Ihr Arbeitgeber sieht Sie beim Einkaufen, obwohl Sie krankgeschrieben sind. Dies könnte ein solcher Umstand sein, der Zweifel an Ihrer Arbeitsunfähigkeit weckt.

Nachweis der vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit

Nach erfolgreicher Erschütterung des Beweiswerts der AU muss der Arbeitgeber konkrete Umstände nachweisen, die eine vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit belegen. Dies können beispielsweise Zeugenaussagen, Videoaufnahmen oder Social-Media-Posts sein, die zeigen, dass Sie trotz Krankschreibung anderen Tätigkeiten nachgehen.

Darlegung der Kündigungsgründe

Der Arbeitgeber muss detailliert darlegen, warum das Vertrauensverhältnis durch die vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit so stark gestört ist, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist. Wenn Sie beispielsweise wiederholt Arbeitsunfähigkeit vorgetäuscht haben, könnte dies das Vertrauensverhältnis nachhaltig zerstören.

Einhaltung formeller Anforderungen

Zusätzlich muss der Arbeitgeber nachweisen, dass er die formellen Anforderungen an eine fristlose Kündigung eingehalten hat. Dazu gehört insbesondere die Einhaltung der zweiwöchigen Kündigungserklärungsfrist nach § 626 Abs. 2 BGB. Stellen Sie sich vor, Ihr Arbeitgeber erfährt am 1. März von Ihrer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit. Er müsste dann bis spätestens 15. März die Kündigung aussprechen.

Beachten Sie, dass die Beweislast für den Arbeitgeber in solchen Fällen sehr hoch ist. Wenn Sie mit einer fristlosen Kündigung wegen vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeit konfrontiert sind, haben Sie gute Chancen, sich erfolgreich dagegen zu wehren, sofern der Arbeitgeber keine stichhaltigen Beweise vorlegen kann.


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Welche Folgen hat eine unwirksame fristlose Kündigung für das Arbeitsverhältnis?

Eine unwirksame fristlose Kündigung hat weitreichende Folgen für das Arbeitsverhältnis. Zunächst einmal besteht das Arbeitsverhältnis unverändert fort, da die Kündigung rechtlich keine Wirkung entfaltet. Dies bedeutet, dass Sie als Arbeitnehmer weiterhin Anspruch auf Beschäftigung und Vergütung haben.

Fortbestand des Arbeitsverhältnisses

Wenn ein Gericht die Unwirksamkeit der Kündigung feststellt, gilt das Arbeitsverhältnis als nie beendet. Sie haben daher das Recht, Ihre Arbeit wieder aufzunehmen. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, Sie zu den bisherigen Bedingungen weiterzubeschäftigen.

Anspruch auf Annahmeverzugslohn

Für den Zeitraum zwischen der ausgesprochenen Kündigung und der gerichtlichen Feststellung der Unwirksamkeit haben Sie als Arbeitnehmer Anspruch auf den sogenannten Annahmeverzugslohn. Dies bedeutet, dass Ihr Arbeitgeber Ihnen das Gehalt nachzahlen muss, das Sie erhalten hätten, wenn Sie normal weitergearbeitet hätten. Dieser Anspruch umfasst nicht nur das Grundgehalt, sondern auch andere Leistungen mit Entgeltcharakter wie Zulagen oder ein 13. Monatsgehalt.

Anrechnung anderweitigen Verdienstes

Sollten Sie in der Zwischenzeit eine andere Beschäftigung aufgenommen haben, wird der dort erzielte Verdienst auf den Annahmeverzugslohn angerechnet. Auch erhaltenes Arbeitslosengeld wird in der Regel abgezogen. Sie sind verpflichtet, zumutbare Arbeit anzunehmen, um den Annahmeverzugslohn nicht böswillig in die Höhe zu treiben.

Wiederaufnahme der Arbeit

Nach Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung sind Sie grundsätzlich verpflichtet, Ihre Arbeit wieder aufzunehmen. Tun Sie dies nicht, riskieren Sie eine erneute – diesmal möglicherweise wirksame – Kündigung wegen Arbeitsverweigerung.

Stellen Sie sich vor, Sie erhalten eine fristlose Kündigung und fechten diese erfolgreich an. In diesem Fall können Sie nicht nur Ihre Arbeitsstelle behalten, sondern haben auch Anspruch auf Nachzahlung des entgangenen Gehalts. Dies kann für Sie als Arbeitnehmer eine erhebliche finanzielle Entlastung bedeuten, insbesondere wenn der Rechtsstreit längere Zeit in Anspruch genommen hat.


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Wie unterscheidet sich rechtlich eine fristlose von einer ordentlichen Kündigung bei Verdacht auf vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit?

Bei Verdacht auf vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit unterscheiden sich fristlose und ordentliche Kündigung in mehreren wesentlichen Punkten:

Voraussetzungen

Fristlose Kündigung: Erfordert einen wichtigen Grund, der so schwerwiegend ist, dass dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar ist. Bei vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeit muss der Arbeitgeber konkrete Tatsachen darlegen, die den Verdacht erhärten und den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttern.

Ordentliche Kündigung: Benötigt lediglich einen sachlichen Grund, der weniger schwerwiegend sein kann. Hier reichen begründete Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit aus, die eine negative Prognose für die weitere Zusammenarbeit rechtfertigen.

Fristen

Fristlose Kündigung: Muss innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen erfolgen. Wenn Sie als Arbeitgeber also von Umständen erfahren, die auf eine vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit hindeuten, müssen Sie schnell handeln.

Ordentliche Kündigung: Unterliegt den gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfristen, die je nach Betriebszugehörigkeit mehrere Monate betragen können. Sie haben als Arbeitgeber also mehr Zeit für die Entscheidung und Vorbereitung.

Beweislast

Fristlose Kündigung: Der Arbeitgeber trägt die volle Beweislast für das Vorliegen des wichtigen Grundes. Sie müssen als Arbeitgeber also eindeutig nachweisen, dass die Arbeitsunfähigkeit vorgetäuscht wurde.

Ordentliche Kündigung: Hier genügt es, wenn der Arbeitgeber Tatsachen darlegt, die Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit begründen. Die Beweislast ist also etwas geringer.

Rechtsfolgen

Fristlose Kündigung: Beendet das Arbeitsverhältnis sofort. Der Arbeitnehmer verliert seinen Anspruch auf Gehalt ab dem Zeitpunkt der Kündigung.

Ordentliche Kündigung: Das Arbeitsverhältnis endet erst mit Ablauf der Kündigungsfrist. Bis dahin besteht der Anspruch auf Gehalt weiter, auch wenn der Arbeitnehmer freigestellt wird.

Risiko für den Arbeitgeber

Fristlose Kündigung: Höheres Risiko, da die Anforderungen strenger sind. Wenn ein Arbeitsgericht die fristlose Kündigung für unwirksam erklärt, kann dies zu erheblichen Nachzahlungen führen.

Ordentliche Kündigung: Geringeres Risiko, da die Hürden niedriger sind. Selbst wenn die Kündigung unwirksam ist, enden die finanziellen Verpflichtungen mit Ablauf der Kündigungsfrist.

Wenn Sie als Arbeitgeber den Verdacht einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit haben, ist es oft ratsam, beide Kündigungsarten auszusprechen: eine fristlose Kündigung und hilfsweise eine ordentliche Kündigung. So können Sie das Arbeitsverhältnis im Zweifel zumindest mit der ordentlichen Kündigung beenden, falls die fristlose Kündigung vor Gericht keinen Bestand hat.


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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Fristlose Kündigung: Eine fristlose Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis sofort und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist. Sie ist nur in Ausnahmefällen möglich, wie bei schwerwiegendem Fehlverhalten des Arbeitnehmers, das es dem Arbeitgeber unzumutbar macht, die reguläre Kündigungsfrist abzuwarten. Ein Beispiel ist der Missbrauch von Krankheitszeiten, etwa wenn ein Arbeitnehmer eine Krankheit vortäuscht, um nicht zur Arbeit kommen zu müssen.
  • Ordentliche Kündigung: Die ordentliche Kündigung erfolgt unter Einhaltung gesetzlicher oder vertraglicher Kündigungsfristen und beendet das Arbeitsverhältnis nicht sofort. Gründe für eine ordentliche Kündigung können betriebsbedingte Veränderungen oder das Verhalten des Arbeitnehmers sein. In Kleinbetrieben ist diese Kündigungsart auch ohne besondere Gründe möglich, sofern die Fristen eingehalten werden.
  • Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung: Dieses Attest wird von einem Arzt ausgestellt und bestätigt, dass der Arbeitnehmer aufgrund einer Krankheit nicht arbeitsfähig ist. Es dient als Nachweis für die krankheitsbedingte Abwesenheit am Arbeitsplatz. Bei Verdacht auf Vortäuschung kann der Arbeitgeber die Bescheinigung durch einen Vertrauensarzt überprüfen lassen.
  • Eingehungsbetrug: Dies ist eine Form des Betrugs, bei der jemand durch Vorspiegelung falscher Tatsachen oder Verschweigen wahrer Tatsachen einen Vertrag abschließt, um sich einen finanziellen Vorteil zu verschaffen. Im Arbeitsrecht kann dies etwa dann vorliegen, wenn ein Arbeitnehmer bei Vertragsabschluss falsche Angaben zu seiner Qualifikation oder seiner Gesundheit macht.
  • Kündigungsschutzgesetz: Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) schützt Arbeitnehmer vor sozial ungerechtfertigten Kündigungen. Es legt fest, dass eine Kündigung durch den Arbeitgeber nur wirksam ist, wenn sie aus betriebs-, verhaltens- oder personenbedingten Gründen erfolgt und sozial gerechtfertigt ist. Dieser Schutz greift allerdings nicht in Kleinbetrieben mit weniger als zehn Mitarbeitern.
  • Wichtiger Grund: Ein wichtiger Grund ist eine besonders schwerwiegende Verfehlung des Arbeitnehmers, die eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigt. Im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB muss das Verhalten des Arbeitnehmers derart gravierend sein, dass dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung auch nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Ein Beispiel ist das bewusste und mehrfach wiederholte Vortäuschen von Krankheit.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 626 BGB (Kündigung wegen wichtigen Grundes): Dieser Paragraph regelt die außerordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses aus wichtigem Grund. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn ein Verhalten des Arbeitnehmers oder ein anderes Ereignis die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber unzumutbar macht. Dies kann beispielsweise durch grobe Verletzung der Arbeitsvertragspflichten, tätliche Angriffe auf den Arbeitgeber oder durch unzumutbares Verhalten des Arbeitnehmers geschehen. Im vorliegenden Fall könnte der Beklagte argumentieren, dass die Klägerin durch ihr Verhalten eine außerordentliche Kündigung rechtfertigt, da sie die Arbeitsverträge gekündigt haben möchte, ihre Arbeitszeit nicht aufstocken möchte und ein konkretes Monatsgehalt von € 2.000,00 für eine Halbtagstätigkeit gefordert hat. Dieses Verhalten könnte als unzumutbar für den Arbeitgeber angesehen werden.
  • § 102 KSchG (Kündigungsgründe aufgrund eines wichtigen Grundes): Dieser Paragraph regelt die Kündigung wegen wichtigen Grundes im Rahmen des Kündigungsschutzes. Der Arbeitgeber kann das Arbeitsverhältnis mit einer sog. personenbedingten Kündigung fristlos beenden. Kündigungsgründe können beispielsweise Krankheit, Unfall, schwerwiegende Arbeitsverweigerung und wiederholte Verletzung der Arbeitsvertragspflichten sein. Im vorliegenden Fall wird vom Beklagten argumentiert, dass die Klägerin durch ihre krankbedingte Abwesenheit eine außerordentliche Kündigung rechtfertigt. Es bleibt zu prüfen, ob die Krankheit der Klägerin als verhaltensbedingter Kündigungsgrund qualifiziert und ob die Voraussetzungen dieser Kündigungsform erfüllt sind.
  • § 113 KSchG (Schutzfrist bei Krankheit): Dieser Paragraph regelt die Schutzfrist bei Krankheit im Arbeitsverhältnis. Gemäß § 113 KSchG kann der Arbeitnehmer während einer Krankheit nicht gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beginnt nach Beendigung der Krankheit neu zu laufen, wobei der Kündigungszeitpunkt frühestens 4 Wochen nach Wiederaufnahme der Arbeit erfolgen kann. Im vorliegenden Fall ist wichtig zu prüfen, ob der Kündigungsschutz der Klägerin durch ihre Erkrankung gewährleistet war. Bei einer krankheitsbedingten Kündigung wäre es notwendig zu prüfen, ob die Kündigung rechtzeitig erfolgt ist und der Arbeitgeber alle formalen Vorgaben und Bedingungen beachtet hat.
  • § 174 BGB (Rücknahme der Kündigung): Dieser Paragraph ermöglicht es einem Arbeitnehmer, eine Kündigung durch Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber zurückzuweisen. Damit wird die Kündigung unwirksam. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 27. September 2021 die Kündigung des Beklagten mit Rechtsgrundlage § 174 BGB zurückgewiesen. Dieser Paragraph spielt eine entscheidende Rolle, weil er die Wirksamkeit der Kündigung des Beklagten in Frage stellt. Es bleibt zu prüfen, ob die Klägerin ihre Rücknahme der Kündigung wirksam durchgeführt hat und ob die Voraussetzungen des § 174 BGB erfüllt sind.
  • § 106 KSchG (Kündigungsschutz bei personenbedingtem Grund): Dieser Paragraph regelt die Kündigungsschutzbestimmungen, die bei personenbedingten Gründen zum Tragen kommen. Das bedeutet, dass ein Arbeitsverhältnis nur dann beendet werden kann, wenn die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber unzumutbar ist. Dies kann beispielsweise durch Krankheit, Unfall, schwerwiegende Arbeitsverweigerung oder andere Gründe gegeben sein. Die Voraussetzungen für eine Kündigung wegen eines personenbedingten Grundes sind sehr streng. Im vorliegenden Fall könnte die Klägerin argumentieren, dass die Kündigung des Beklagten nicht rechtmäßig war, da sie nicht die Voraussetzungen erfüllt, die durch § 106 KSchG geregelt sind. Der Beklagte müsste nachweisen, dass die Weiterbeschäftigung der Klägerin unzumutbar ist, um den rechtlichen Anforderungen dieses Paragraphen zu genügen.

Das vorliegende Urteil

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz – Az.: 5 Sa 324/22 – Urteil vom 07.06.2023


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