Übersicht:
- Der Fall vor Gericht
- Arbeitsgericht Köln: Kein einklagbarer Anspruch auf Altersteilzeit aus Freiwilligenprogramm trotz erfüllter Voraussetzungen laut Konzernbetriebsvereinbarung
- Ausgangslage: Mitarbeiter beantragt Altersteilzeit im Rahmen eines Freiwilligenprogramms der Mediengruppe
- Ablehnung des Antrags durch Arbeitgeberin unter Berufung auf dringende betriebliche Erfordernisse und das Clearingverfahren
- Streitpunkte: Mitarbeiter sieht Anspruch auf Altersteilzeitvertrag trotz Ablehnung durch Arbeitgeberin
- Entscheidung des Arbeitsgerichts Köln: Klage des Mitarbeiters auf Altersteilzeit abgewiesen
- Entscheidungsgründe: Konzernbetriebsvereinbarung begründet keinen individuellen Rechtsanspruch auf Altersteilzeit
- Bedeutung der „dringenden betrieblichen Erfordernisse“ und des Clearingverfahrens laut Gerichtsurteil
- Letztentscheidungsrecht des Arbeitgebers nach Scheitern des Clearingverfahrens
- Gerichtliche Bewertung der Ablehnungsgründe der Arbeitgeberin (Unersetzbarkeit, Führungskraft)
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was bedeutet Altersteilzeit genau und welche Vorteile bietet sie Arbeitnehmern?
- Unter welchen Voraussetzungen kann ein Arbeitnehmer Altersteilzeit beanspruchen?
- Was sind „dringende betriebliche Erfordernisse“ und wie werden sie im Kontext von Altersteilzeitanträgen bewertet?
- Welche Rolle spielt eine Konzernbetriebsvereinbarung (KBV) bei der Altersteilzeit und welche Rechte und Pflichten ergeben sich daraus für Arbeitnehmer und Arbeitgeber?
- Was können Arbeitnehmer tun, wenn ihr Antrag auf Altersteilzeit abgelehnt wird und welche Fristen sind dabei zu beachten?
- Glossar
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 10 Ca 6427/21 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: Arbeitsgericht Köln
- Datum: 31.03.2022
- Aktenzeichen: 10 Ca 6427/21
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Ein langjähriger Mitarbeiter, der die Voraussetzungen eines freiwilligen Vorruhestandsprogramms erfüllte und die Teilnahme beantragte. Nachdem sein Antrag vom Arbeitgeber abgelehnt wurde, klagte er auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages.
- Beklagte: Der Arbeitgeber (eine Mediengruppe), der das freiwillige Personalabbauprogramm mit dem Betriebsrat vereinbart hatte und den Antrag des Mitarbeiters unter Berufung auf betriebliche Erfordernisse ablehnte.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Ein Mitarbeiter einer Mediengruppe beantragte im Rahmen eines freiwilligen Personalabbauprogramms die Teilnahme am Vorruhestandsprogramm (Altersteilzeit). Der Arbeitgeber lehnte den Antrag unter Verweis auf betriebliche Gründe ab, auch nachdem ein in der Betriebsvereinbarung vorgesehenes Schlichtungsverfahren durchlaufen wurde. Der Mitarbeiter reichte daraufhin Klage ein, um den Arbeitgeber zum Angebot des Altersteilzeitvertrages zu zwingen.
- Kern des Rechtsstreits: Der zentrale juristische Streitpunkt war, ob einem Mitarbeiter auf Grundlage einer Konzernbetriebsvereinbarung über ein freiwilliges Personalabbauprogramm ein individueller Rechtsanspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages zustand, obwohl die Vereinbarung den Grundsatz der Freiwilligkeit enthielt und die letzte Entscheidung dem Arbeitgeber überließ.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Arbeitsgericht wies die Klage des Mitarbeiters ab. Damit wurde entschieden, dass der Arbeitgeber nicht verpflichtet war, dem Mitarbeiter den beantragten Altersteilzeitvertrag anzubieten.
- Begründung: Das Gericht begründete die Klageabweisung damit, dass die maßgebliche Konzernbetriebsvereinbarung, die ein freiwilliges Programm regelte, ausdrücklich keinen individuellen Anspruch des Mitarbeiters auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages begründete. Trotz der Regelungen zu möglichen Ablehnungsgründen und einem Schlichtungsverfahren verblieb die letztentscheidende Befugnis zur Annahme oder Ablehnung des Antrags beim Arbeitgeber.
Der Fall vor Gericht
Arbeitsgericht Köln: Kein einklagbarer Anspruch auf Altersteilzeit aus Freiwilligenprogramm trotz erfüllter Voraussetzungen laut Konzernbetriebsvereinbarung
Ein Urteil des Arbeitsgerichts Köln (Az.: 10 Ca 6427/21 vom 31.03.2022) hat klargestellt, unter welchen Umständen ein Mitarbeiter die Teilnahme an einem Freiwilligenprogramm zum Personalabbau, speziell einem Vorruhestandsprogramm in Form von Altersteilzeit, gerichtlich durchsetzen kann.

Im Kern ging es um die Frage, ob ein individueller Rechtsanspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages besteht, wenn der Mitarbeiter zwar alle formalen Kriterien einer Konzernbetriebsvereinbarung (KBV) erfüllt und fristgerecht einen Antrag stellt, der Arbeitgeber die Teilnahme aber unter Berufung auf „Dringende betriebliche Erfordernisse„ ablehnt und ein in der KBV vorgesehenes Clearingverfahren ohne Einigung endet. Das Gericht entschied, dass dem Mitarbeiter in diesem konkreten Fall kein Einklagbarer Anspruch zustand.
Ausgangslage: Mitarbeiter beantragt Altersteilzeit im Rahmen eines Freiwilligenprogramms der Mediengruppe
Der Kläger, ein langjährig beschäftigter Diplom-Ingenieur der Elektrotechnik und anerkannte Fachkraft für Arbeitssicherheit mit einem Grad der Behinderung von 50, arbeitete seit 1988 für die beklagte Mediengruppe bzw. deren Vorgängerunternehmen. Sein monatliches Bruttogehalt lag bei über 9.300 Euro. Ihm war zur Unterstützung eine Teilzeit-Sekretärin zugeordnet, bei der es sich um seine Ehefrau handelte.
Im April 2021 schlossen die Arbeitgeberin und weitere Konzerngesellschaften mit dem Konzernbetriebsrat eine freiwillige Konzernbetriebsvereinbarung (KBV) über ein umfassendes Freiwilligenprogramm zum Personalabbau. Dieses Programm bot den Mitarbeitern verschiedene Optionen: ein Abfindungsprogramm, ein Vorruhestandsprogramm (Altersteilzeit) und ein Strukturprogramm.
Das hier relevante Vorruhestandsprogramm (Altersteilzeit) richtete sich an Mitarbeiter der Mediengruppe, die über zehn Jahre betriebszugehörig waren und das 55. Lebensjahr vollendet hatten (Stichtag 11.06.2021). Leitende Angestellte waren von diesem Programm ausgeschlossen. Ein entscheidendes Merkmal war, dass die Teilnahme ausschließlich auf Antrag des Mitarbeiters erfolgen konnte, der in einem festgelegten Zeitfenster vom 3. Mai bis zum 11. Juni 2021 gestellt werden musste.
Der Mitarbeiter erfüllte die formalen Voraussetzungen und stellte am 10. Juni 2021 fristgerecht einen Antrag auf Teilnahme am Vorruhestandsprogramm. Er wünschte einen Austritt zum 31. März 2022.
Ablehnung des Antrags durch Arbeitgeberin unter Berufung auf dringende betriebliche Erfordernisse und das Clearingverfahren
Die Konzernbetriebsvereinbarung enthielt in § 2 einen entscheidenden Passus zum „Grundsatz der beidseitigen Freiwilligkeit“. Demnach konnte die Arbeitgeberin Anträge auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages annehmen oder ablehnen. Eine Ablehnung war jedoch gemäß § 2 Abs. 3 KBV an Bedingungen geknüpft: Sie war nur zulässig, wenn „dringende betriebliche Erfordernisse„ vorlagen. Die Betriebsparteien hatten sich dazu auf beispielhafte sachliche Gründe geeinigt, die in einer Anlage zur KBV festgehalten waren. Dazu zählten unter anderem die „Unersetzbarkeit des Mitarbeiters wegen spezieller Qualifikation oder Erfahrung“ und die Eigenschaft als „Führungskraft“, wobei letztere beispielhaft bereits ab einem Monatsbruttogehalt von 9.000 Euro angenommen wurde. Bei schwerbehinderten Mitarbeitern wie dem Kläger sollte die Schwerbehinderung bei der Entscheidung besonders berücksichtigt werden.
Die Arbeitgeberin lehnte den Antrag des Mitarbeiters am 1. Juli 2021 zunächst mit der Begründung ab, die Stelle könne nicht rechtzeitig nachbesetzt werden. Es folgten Gespräche, in denen der Mitarbeiter auch potenzielle interne Nachfolger vorschlug. Die Arbeitgeberin bekräftigte jedoch am 13. August 2021, dass eine Nachfolgeregelung bis zum gewünschten Austrittstermin nicht realisierbar sei. Parallel dazu holte sie ein Angebot eines externen Dienstleisters für die Aufgaben der Fachkraft für Arbeitssicherheit ein.
Für den Fall einer beabsichtigten Ablehnung sah die KBV in § 2 Abs. 4 ein Clearingverfahren vor. Eine Clearingstelle, paritätisch besetzt mit Vertretern von Arbeitgeberin und Konzernbetriebsrat – und bei Schwerbehinderung zusätzlich mit einem Mitglied der (Konzern-)Schwerbehindertenvertretung – sollte mit dem „ernsthaften Willen zur Einigung“ beraten. Dieses Verfahren wurde eingeleitet. Am 30. August 2021 lehnte die Clearingstelle, an deren Sitzung der Mitarbeiter nicht teilnahm, dessen Teilnahme am Vorruhestandsprogramm ab. Als Gründe wurden angeführt: Der Mitarbeiter sei ein „unersetzlicher Experte“, der Weggang seiner ebenfalls am Freiwilligenprogramm teilnehmenden Ehefrau schaffe eine „nicht kompensierbare Belastung für das Team“, und der Mitarbeiter sei eine „Führungskraft“.
Nach weiteren Gesprächen fand am 29. Oktober 2021 ein zweites Clearinggespräch statt, diesmal unter Teilnahme des Mitarbeiters, von Arbeitgebervertretern, des Betriebsrats und der Schwerbehindertenvertretung. Der Mitarbeiter signalisierte Kompromissbereitschaft hinsichtlich des Austrittsdatums, um eine Lösung zu ermöglichen. Dennoch konnte keine Einigung erzielt werden. Die KBV regelte für diesen Fall ausdrücklich: „Kommt keine Einigung zustande, obliegt die endgültige Entscheidung über die Ablehnung dem Arbeitgeber“ (§ 2 Abs. 4 Satz 7 KBV).
Streitpunkte: Mitarbeiter sieht Anspruch auf Altersteilzeitvertrag trotz Ablehnung durch Arbeitgeberin
Der Mitarbeiter war der Auffassung, dass die von der Arbeitgeberin angeführten Ablehnungsgründe nicht stichhaltig seien und keine „dringenden betrieblichen Erfordernisse“ im Sinne der KBV darstellten. Er argumentierte, dass ihm alternativ eine Abfindung von 85.000 Euro für sein Ausscheiden angeboten worden sei, was die Behauptung seiner Unersetzbarkeit widerlege. Zudem bestritt er, eine Führungskraft zu sein, da er keine Abteilungsleitungsfunktion innehabe oder Personalentscheidungen treffe. Die Aufgaben der Fachkraft für Arbeitssicherheit könnten zudem, wie das Angebot des externen Dienstleisters zeige, innerhalb kurzer Zeit (1-2 Monate) fremdvergeben werden. Er pochte darauf, dass die Arbeitgeberin an die KBV gebunden sei und eine Ablehnung nur unter den eng definierten Voraussetzungen möglich sei, die hier nicht vorlägen. Deshalb verklagte er die Arbeitgeberin mit dem Ziel, sie zur Abgabe eines Angebots auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages gemäß den Konditionen der KBV zu verurteilen, mit einer Freistellungsphase spätestens ab dem 1. Juli 2022.
Die Arbeitgeberin hingegen beantragte die Abweisung der Klage und beharrte auf ihrem Recht zur Ablehnung nach dem durchgeführten, aber gescheiterten Clearingverfahren.
Entscheidung des Arbeitsgerichts Köln: Klage des Mitarbeiters auf Altersteilzeit abgewiesen
Das Arbeitsgericht Köln folgte der Argumentation der Arbeitgeberin und wies die Klage des Mitarbeiters vollständig ab. Die Kosten des Rechtsstreits wurden dem Mitarbeiter auferlegt.
Entscheidungsgründe: Konzernbetriebsvereinbarung begründet keinen individuellen Rechtsanspruch auf Altersteilzeit
Das Gericht stützte seine Entscheidung maßgeblich auf die Auslegung der Konzernbetriebsvereinbarung (KBV). Es betonte zunächst den Charakter des Programms als freiwilliges Personalabbauinstrument. Dieser Freiwilligkeitscharakter manifestiere sich im „Grundsatz der beidseitigen Freiwilligkeit“ (§ 2 Abs. 2 KBV), der der Arbeitgeberin explizit das Recht einräumt, Anträge anzunehmen oder abzulehnen.
Der entscheidende Punkt für das Gericht war jedoch der eindeutige Wortlaut am Ende des Abschnitts über das Clearingverfahren in § 2 Abs. 4 Satz 8 KBV: „Es besteht kein individueller Anspruch eines Mitarbeiters auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages und die damit verbundenen Leistungen nach dieser Konzernbetriebsvereinbarung.“ Nach Auffassung des Gerichts schließt diese Klausel unmissverständlich aus, dass ein einzelner Mitarbeiter, selbst wenn er alle formalen Voraussetzungen erfüllt, einen einklagbaren Rechtsanspruch auf den Abschluss des Altersteilzeitvertrages hat. Die Betriebsparteien (Arbeitgeberin und Konzernbetriebsrat) hätten mit dieser Formulierung bewusst verhindern wollen, dass aus der KBV individuelle Leistungsansprüche abgeleitet werden können.
Bedeutung der „dringenden betrieblichen Erfordernisse“ und des Clearingverfahrens laut Gerichtsurteil
Das Gericht setzte sich auch mit der Frage auseinander, welche Bedeutung die Regelungen zu den „dringenden betrieblichen Erfordernissen“ als Voraussetzung für eine Ablehnung (§ 2 Abs. 3 KBV) und das vorgeschriebene Clearingverfahren (§ 2 Abs. 4 KBV) haben. Es stellte klar, dass diese Regelungen zwar das Ablehnungsrecht der Arbeitgeberin einschränken und ein strukturiertes Verfahren zur Konfliktlösung vorsehen. Sie führen jedoch nach Ansicht des Gerichts nicht dazu, dass bei einem Scheitern dieses Verfahrens oder bei möglicherweise nicht stichhaltigen Ablehnungsgründen automatisch ein Anspruch des Mitarbeiters auf Vertragsabschluss entsteht.
Selbst wenn man unterstellen würde – was das Gericht offenließ –, dass die von der Arbeitgeberin genannten Gründe (Unersetzbarkeit, Belastung des Teams, Führungskraft) keine „dringenden betrieblichen Erfordernisse“ im Sinne der KBV darstellen, würde dies nach der Logik der Vereinbarung nicht zu dem vom Mitarbeiter begehrten Ergebnis führen. Die KBV sieht für diesen Fall lediglich das Clearingverfahren vor, in dem eine Einigung gesucht werden soll.
Letztentscheidungsrecht des Arbeitgebers nach Scheitern des Clearingverfahrens
Kommt im Clearingverfahren – wie im vorliegenden Fall – keine Einigung zustande, sieht die KBV ausdrücklich vor, dass die endgültige Entscheidung über die Ablehnung bei der Arbeitgeberin verbleibt (§ 2 Abs. 4 Satz 7 KBV). Dieser Mechanismus, kombiniert mit dem expliziten Ausschluss eines individuellen Anspruchs am Ende desselben Absatzes, war für das Gericht ausschlaggebend. Die KBV limitiert zwar das Wie der Ablehnung (Begründungspflicht, Clearingverfahren), begründet aber keinen Zwang zum Vertragsabschluss, wenn das Verfahren durchlaufen wurde und keine Einigung erzielt werden konnte.
Gerichtliche Bewertung der Ablehnungsgründe der Arbeitgeberin (Unersetzbarkeit, Führungskraft)
Ob die von der Arbeitgeberin vorgebrachten Ablehnungsgründe – Unersetzbarkeit, Belastung des Teams durch den Weggang beider Ehepartner, Einstufung als Führungskraft – tatsächlich als „dringende betriebliche Erfordernisse“ zu werten waren, musste das Gericht letztlich nicht abschließend entscheiden. Da die KBV nach seiner Auslegung ohnehin keinen individuellen Anspruch auf Vertragsabschluss begründete, kam es auf die Stichhaltigkeit der Ablehnungsgründe für die Frage des Anspruchs nicht mehr an.
Das Gericht merkte jedoch am Rande an, dass die KBV selbst in ihrer Anlage 1 beispielhaft Mitarbeiter mit einem Monatsbruttogehalt ab 9.000 Euro als „Führungskräfte“ im Sinne der Ablehnungsgründe definierte, was auf den Kläger zutraf. Auch die gesetzlich vorgeschriebene Funktion als Fachkraft für Arbeitssicherheit könne die Einschätzung der Arbeitgeberin bezüglich der Bedeutung der Stelle stützen. Ebenso sei der Umstand, dass die Ehefrau des Klägers als seine direkte Unterstützungskraft ebenfalls ausschied, von der Arbeitgeberin im Clearingverfahren als relevanter Grund für die Teambelastung angeführt worden. Das Gericht bestätigte zudem, dass das in der KBV vorgeschriebene Verfahren, einschließlich der Durchführung des Clearingverfahrens und der Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung im zweiten Gespräch, von der Arbeitgeberin eingehalten wurde.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Arbeitsgericht Köln die Klage abwies, weil die Konzernbetriebsvereinbarung trotz detaillierter Regelungen zum Verfahren und zu den Ablehnungsgründen durch eine explizite Klausel einen individuellen, einklagbaren Anspruch des Mitarbeiters auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages ausschloss und der Arbeitgeberin nach einem gescheiterten Clearingverfahren das Letztentscheidungsrecht über die Ablehnung beließ.
Die Schlüsselerkenntnisse
Ein Anspruch auf Altersteilzeit aus einem Freiwilligenprogramm zum Personalabbau besteht nicht automatisch, selbst wenn der Mitarbeiter alle formalen Voraussetzungen erfüllt. Entscheidend ist der Wortlaut einer Konzernbetriebsvereinbarung, die trotz Einschränkungen des Ablehnungsrechts und vorgeschriebenem Clearingverfahren das letzte Entscheidungsrecht beim Arbeitgeber belassen kann. Arbeitnehmer sollten daher genau prüfen, ob ein Freiwilligenprogramm tatsächlich einen individuell einklagbaren Rechtsanspruch begründet oder ob die Teilnahme letztlich im Ermessen des Arbeitgebers liegt, auch wenn bestimmte Verfahrensregeln einzuhalten sind.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was bedeutet Altersteilzeit genau und welche Vorteile bietet sie Arbeitnehmern?
Altersteilzeit ist eine besondere Form der Arbeitszeitgestaltung, die es Arbeitnehmern ermöglicht, ihren Übergang vom Berufsleben in den Ruhestand gleitend zu gestalten. Im Grunde geht es darum, die Arbeitszeit in den Jahren vor der eigentlichen Rente zu reduzieren.
Stellen Sie sich vor, Sie arbeiten bisher Vollzeit. Mit Altersteilzeit reduzieren Sie Ihre Arbeitszeit deutlich, zum Beispiel auf die Hälfte. Das Besondere daran ist, dass Sie trotz der reduzierten Arbeit nicht nur den entsprechend gekürzten Lohn erhalten. Ihr Arbeitgeber stockt Ihr reduziertes Gehalt auf, und zusätzlich werden oft auch die Beiträge zur Rentenversicherung weitergezahlt oder aufgestockt. Dadurch haben Sie mehr Freizeit, aber gleichzeitig eine stabilere finanzielle Situation als bei einer einfachen Teilzeit.
Es gibt im Wesentlichen zwei Modelle, wie Altersteilzeit praktisch umgesetzt werden kann:
Wie funktioniert Altersteilzeit?
- Gleichverteilungsmodell: Bei diesem Modell arbeiten Sie über den gesamten Zeitraum der Altersteilzeit verteilt weniger Stunden pro Woche oder Monat. Sie reduzieren also kontinuierlich Ihre Arbeitszeit.
- Blockmodell: Dieses Modell ist weit verbreitet. Es teilt die Altersteilzeit in zwei Hälften: die sogenannte Arbeitsphase und die Freistellungsphase. In der Arbeitsphase arbeiten Sie zunächst weiter in Vollzeit (oder Ihrer bisherigen Teilzeit), erhalten aber bereits das reduzierte Altersteilzeitgehalt. Die Stunden, die Sie „zuviel“ arbeiten, werden auf einem Zeitkonto angespart. In der anschließenden Freistellungsphase arbeiten Sie gar nicht mehr, erhalten aber weiterhin Ihr Altersteilzeitgehalt, das aus den in der Arbeitsphase angesparten Mitteln und vom Arbeitgeber gezahlt wird.
Welche Vorteile kann Altersteilzeit bieten?
Für Arbeitnehmer kann Altersteilzeit verschiedene Vorteile mit sich bringen:
- Gleitender Übergang: Sie können sich schrittweise an den Ruhestand gewöhnen und haben mehr Zeit für private Interessen oder die Familie, bevor Sie ganz aufhören zu arbeiten.
- Finanzielle Sicherheit: Durch die Aufstockung des Gehalts und die zusätzlichen Rentenversicherungsbeiträge haben Sie während der Altersteilzeit ein höheres Einkommen, als wenn Sie nur Ihre Arbeitszeit reduzieren würden. Auch die spätere Rente fällt durch die Beitragsaufstockung in der Regel höher aus, als sie bei einer einfachen Reduzierung der Arbeitszeit wäre.
- Mehr Freiheit und Flexibilität: Insbesondere im Blockmodell ermöglicht die Freistellungsphase eine längere Zeit ohne berufliche Verpflichtungen bei gesichertem Einkommen.
Ob und in welcher Form Altersteilzeit angeboten wird, hängt oft von Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder individuellen Vereinbarungen mit dem Arbeitgeber ab. Ein gesetzlicher Anspruch für jeden Arbeitnehmer besteht in der Regel nicht, es sei denn, er ist tarifvertraglich oder durch eine Betriebsvereinbarung begründet.
Unter welchen Voraussetzungen kann ein Arbeitnehmer Altersteilzeit beanspruchen?
Altersteilzeit ermöglicht einen Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand durch eine reduzierte Arbeitszeit. Ob ein Arbeitnehmer einen Anspruch auf Altersteilzeit hat, ist heutzutage in den meisten Fällen nicht allein gesetzlich geregelt, sondern hängt stark von vertraglichen Vereinbarungen ab.
Früher gab es das Altersteilzeitgesetz (ATG), das die Altersteilzeit staatlich gefördert hat und unter bestimmten Bedingungen einen gesetzlichen Anspruch begründete. Diese staatliche Förderung ist aber weitgehend ausgelaufen. Das Gesetz besteht zwar noch, legt aber in erster Linie den rechtlichen Rahmen fest, wenn Altersteilzeit vertraglich vereinbart wird. Einen direkten gesetzlichen Anspruch auf Altersteilzeit für jeden Arbeitnehmer gibt es grundsätzlich nicht mehr.
Die Rolle von Betriebsvereinbarungen und Tarifverträgen
Heute entsteht ein Anspruch auf Altersteilzeit meist durch Vereinbarungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmervertretern. Das können zum Beispiel:
- Betriebsvereinbarungen (Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat) oder
- Tarifverträge (Vereinbarungen zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden oder einzelnen Arbeitgebern) sein.
Solche Vereinbarungen legen fest, ob, unter welchen Bedingungen und für wie viele Mitarbeiter Altersteilzeit im Unternehmen oder Konzern möglich ist. Sie können auch einen rechtsverbindlichen Anspruch für Arbeitnehmer schaffen, wenn diese die festgelegten Voraussetzungen erfüllen.
Typische Voraussetzungen in Vereinbarungen
Wenn eine solche Vereinbarung (wie eine Konzernbetriebsvereinbarung) Altersteilzeit vorsieht, enthält sie in der Regel Kriterien, die ein Arbeitnehmer erfüllen muss, um sie beanspruchen zu können. Typische Voraussetzungen sind oft:
- Mindestalter: Der Arbeitnehmer muss ein bestimmtes Alter erreicht haben, oft 55 oder 60 Jahre.
- Vorbeschäftigungszeit: Eine bestimmte Zeit der Beschäftigung beim aktuellen Arbeitgeber oder im Konzern, zum Beispiel 5 Jahre innerhalb der letzten 5 Jahre vor Beginn der Altersteilzeit.
- Reduzierung der Arbeitszeit: Die Arbeitszeit wird auf die Hälfte der bisherigen vollen Arbeitszeit reduziert.
- Aufstockung des Gehalts und der Rentenbeiträge: Der Arbeitgeber verpflichtet sich in der Vereinbarung oft, das reduzierte Gehalt um einen bestimmten Prozentsatz aufzustocken und zusätzliche Beiträge zur Rentenversicherung zu zahlen, um Renteneinbußen zu mindern.
Oft wird die Altersteilzeit im sogenannten Blockmodell vereinbart. Dabei arbeitet der Arbeitnehmer zunächst für einen bestimmten Zeitraum (z.B. 3 Jahre) in Vollzeit weiter (Arbeitsphase), erhält aber nur das reduzierte Altersteilzeitgehalt. Danach schließt sich ein gleich langer Zeitraum an, in dem er von der Arbeit freigestellt ist (Freistellungsphase) und weiterhin das reduzierte Gehalt erhält.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Ein Anspruch auf Altersteilzeit entsteht heute meist nicht direkt aus dem Gesetz, sondern nur dann, wenn es eine konkrete vertragliche Grundlage gibt, wie eine Betriebsvereinbarung oder einen Tarifvertrag, der diesen Anspruch für Arbeitnehmer unter bestimmten, darin definierten Bedingungen vorsieht.
Was sind „dringende betriebliche Erfordernisse“ und wie werden sie im Kontext von Altersteilzeitanträgen bewertet?
„Dringende betriebliche Erfordernisse“ sind ein Begriff aus dem Arbeitsrecht. Stellen Sie sich darunter ernsthafte Gründe vor, die im Betrieb des Arbeitgebers liegen und die Weiterführung des Betriebsablaufs oder die wirtschaftliche Existenz des Unternehmens massiv gefährden könnten. Es handelt sich also nicht um kleine Unannehmlichkeiten oder zusätzliche Kosten, sondern um Probleme von erheblichem Gewicht.
Im Zusammenhang mit einem Antrag auf Altersteilzeit kann ein Arbeitgeber diesen ablehnen, wenn die gewünschte Altersteilzeit dringenden betrieblichen Erfordernissen entgegensteht. Das bedeutet, der Arbeitgeber ist der Meinung, dass durch Ihre Altersteilzeit (also die Reduzierung Ihrer Arbeitszeit oder Ihr Ausscheiden im Blockmodell) unvermeidbare und schwerwiegende Probleme für den Betrieb entstehen würden.
Welche Probleme können gemeint sein?
Typischerweise können dringende betriebliche Erfordernisse vorliegen, wenn:
- Der normale Betriebsablauf erheblich gestört oder unmöglich gemacht würde. Das könnte zum Beispiel der Fall sein, wenn Ihre spezifischen Kenntnisse oder Ihre Stelle für den Betrieb unerlässlich sind und kurzfristig nicht ersetzt werden können, sodass wichtige Arbeiten liegen bleiben.
- Das Unternehmen durch die Altersteilzeit mit unzumutbaren wirtschaftlichen Belastungen konfrontiert wäre. Dies meint finanzielle Nachteile, die über das normale Maß hinausgehen und die wirtschaftliche Grundlage des Betriebs bedrohen könnten.
Hohe Anforderungen an die Begründung durch den Arbeitgeber
Wichtig ist: Der Arbeitgeber muss die dringenden betrieblichen Erfordernisse konkret darlegen und beweisen. Es reicht nicht aus, nur allgemein zu behaupten, dass es schwierig wird oder dass Kosten entstehen. Der Arbeitgeber muss im Detail erklären, welche spezifischen Probleme durch die Altersteilzeit entstehen, warum diese Probleme dringend sind und warum es keine zumutbaren Möglichkeiten gibt, diese Probleme zu vermeiden oder zu lösen.
Die Anforderungen an diese Begründung sind von den Gerichten sehr hoch angesetzt. Nicht jede organisatorische Umstellung oder jeder Mehraufwand, der durch die Gewährung von Altersteilzeit entsteht, stellt gleich ein dringendes betriebliches Erfordernis dar, das eine Ablehnung rechtfertigt. Der Arbeitgeber muss nachweisen, dass die Altersteilzeit unmittelbar und zwangsläufig zu den schwerwiegenden Problemen führt und keine anderen, weniger einschneidenden Maßnahmen (wie z.B. Umstrukturierungen, Neueinstellungen, Übergangslösungen) möglich oder zumutbar wären. Gerichte prüfen sehr genau, ob die vom Arbeitgeber angeführten Gründe tatsächlich dringend und betrieblich bedingt sind und ob die Ablehnung der Altersteilzeit die einzig verbleibende Möglichkeit war, um die Probleme abzuwenden.
Welche Rolle spielt eine Konzernbetriebsvereinbarung (KBV) bei der Altersteilzeit und welche Rechte und Pflichten ergeben sich daraus für Arbeitnehmer und Arbeitgeber?
Eine Konzernbetriebsvereinbarung (KBV) ist eine Vereinbarung, die zwischen der zentralen Geschäftsführung eines Konzerns und dem zuständigen Betriebsrat oder Gesamtbetriebsrat geschlossen wird. Sie gilt für alle oder bestimmte Betriebe innerhalb des Konzerns. Stellen Sie sich die KBV wie eine Art interne Regelwerk-Ergänzung vor, die spezifische Themen für den gesamten Konzern regelt.
Bei der Altersteilzeit spielt eine KBV eine wichtige Rolle, weil das Gesetz selbst keine generelle Pflicht des Arbeitgebers vorsieht, Altersteilzeit anzubieten. Die Altersteilzeit basiert oft auf freiwilligen Regelungen im Unternehmen. Hier kommt die KBV ins Spiel.
Was regelt eine KBV zur Altersteilzeit?
Eine KBV kann die Rahmenbedingungen für Altersteilzeit im Konzern festlegen. Das bedeutet, sie kann bestimmen:
- Ob und in welchem Umfang Altersteilzeit überhaupt im Konzern angeboten wird (z.B. für eine bestimmte Anzahl von Mitarbeitern).
- Welche Voraussetzungen Arbeitnehmer erfüllen müssen, um überhaupt einen Antrag stellen zu können (z.B. Mindestalter, Betriebszugehörigkeit).
- Wie das Verfahren für die Antragstellung und Bearbeitung aussieht.
- Nach welchen Kriterien entschieden wird, wenn mehr Anträge gestellt werden als Plätze verfügbar sind.
Welche Rechte und Pflichten kann eine KBV begründen?
Für Arbeitnehmer kann eine solche KBV bestimmte Rechte schaffen, auch wenn sie nicht automatisch einen individuellen Anspruch auf Altersteilzeit für jeden begründet, der die Voraussetzungen erfüllt. Ein Recht, das eine KBV oft schafft, ist das Recht auf eine faire und geregelte Prüfung Ihres Altersteilzeit-Antrags nach den in der KBV festgelegten Kriterien. Sie haben also ein Recht darauf, dass Ihr Antrag überhaupt behandelt wird und die festgelegten Regeln dabei eingehalten werden.
Für den Arbeitgeber ergeben sich aus der KBV ebenfalls Pflichten. Er muss sich an die Regelungen der KBV halten. Dazu gehört zum Beispiel die Pflicht, das vorgegebene Verfahren einzuhalten, Anträge nach den festgelegten Kriterien zu prüfen und im Falle einer Ablehnung des Antrags eine Begründung zu geben, warum die Altersteilzeit im Einzelfall nicht gewährt werden kann (z.B. weil die festgelegte Anzahl an Altersteilzeitstellen bereits besetzt ist oder bestimmte Kriterien nicht erfüllt sind).
Zusammenfassend lässt sich sagen: Eine KBV zur Altersteilzeit schafft ein strukturiertes Verfahren und verbindliche Regeln für den Umgang mit Altersteilzeit-Anträgen im Konzern. Sie gibt Arbeitnehmern mehr Transparenz und bestimmte Verfahrensrechte, verpflichtet den Arbeitgeber zur Einhaltung dieser Regeln, begründet aber in der Regel kein Recht für jede einzelne Person auf den Abschluss eines Altersteilzeitvertrags.
Was können Arbeitnehmer tun, wenn ihr Antrag auf Altersteilzeit abgelehnt wird und welche Fristen sind dabei zu beachten?
Wenn Ihr Arbeitgeber Ihren Antrag auf Altersteilzeit ablehnt, gibt es verschiedene Schritte, die Sie in Betracht ziehen können. Zunächst ist es oft hilfreich, das Gespräch mit dem Arbeitgeber zu suchen. Fragen Sie nach den genauen Gründen für die Ablehnung. Manchmal lassen sich Missverständnisse klären oder alternative Regelungen finden.
Eine weitere Möglichkeit ist die Einschaltung des Betriebsrats, sofern in Ihrem Unternehmen einer existiert. Der Betriebsrat kann versuchen, zwischen Ihnen und dem Arbeitgeber zu vermitteln. In manchen Fällen hat der Betriebsrat auch Mitbestimmungsrechte bei der Ausgestaltung von Altersteilzeitregelungen, insbesondere wenn dies in einer Betriebsvereinbarung geregelt ist.
Sollte ein Gespräch oder die Einbeziehung des Betriebsrats nicht zum Erfolg führen, kann auch rechtliche Schritte vor dem Arbeitsgericht erwogen werden. Dabei wird gerichtlich geprüft, ob die Ablehnung durch den Arbeitgeber rechtmäßig war. Die Erfolgsaussichten einer solchen Klage hängen stark von den konkreten Umständen Ihres Falles ab. Entscheidend sind hier oft die Gründe, die der Arbeitgeber für die Ablehnung genannt hat, und ob es spezifische Vereinbarungen zur Altersteilzeit im Unternehmen gibt (zum Beispiel in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung).
Es ist sehr wichtig zu wissen, dass bei einer Klage vor dem Arbeitsgericht kurze Fristen gelten. Wenn Sie gerichtlich gegen die Ablehnung vorgehen möchten, müssen Sie in der Regel innerhalb weniger Wochen nach Erhalt der schriftlichen Ablehnung aktiv werden. Wenn diese Frist versäumt wird, kann die Ablehnung in der Regel nicht mehr gerichtlich angegriffen werden. Schnelles Handeln ist daher entscheidend, falls Sie diesen Weg in Erwägung ziehen.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.
Glossar
Juristische Fachbegriffe kurz erklärt
Konzernbetriebsvereinbarung (KBV)
Eine Konzernbetriebsvereinbarung ist eine schriftliche Vereinbarung zwischen der Geschäftsführung eines Konzerns und dem Konzernbetriebsrat, die verbindliche Regelungen für alle oder bestimmte Betriebe innerhalb des Konzerns trifft. Sie legt innerbetriebliche Rechte und Pflichten fest, zum Beispiel zu Themen wie Arbeitszeit, Personalabbau oder eben Altersteilzeit. Im konkreten Fall bestimmt die KBV, unter welchen Bedingungen Mitarbeiter die Altersteilzeit beantragen können und wie der Antrag zu behandeln ist. Wichtig ist, dass eine KBV zwar Verfahrensrechte und Rahmenbedingungen schafft, aber nicht automatisch einen individuellen Anspruch auf den Abschluss eines Altersteilzeitvertrags begründet.
Beispiel: Ein Konzern stellt über die KBV Regeln auf, wer im Unternehmen Altersteilzeit beantragen darf und wie solche Anträge geprüft werden. Ein Mitarbeiter, der die Voraussetzungen erfüllt, hat dann das Recht, einen Antrag zu stellen, aber keinen garantierten Anspruch auf Zusage.
Dringende betriebliche Erfordernisse
„Dringende betriebliche Erfordernisse“ sind wichtige, ernste Gründe im Betrieb, die einem geplanten Arbeitnehmerwunsch, etwa auf Altersteilzeit, entgegenstehen können. Diese Gründe müssen solche Auswirkungen haben, dass durch die gewünschte Änderung der Arbeitszeit oder der Weggang eines Mitarbeiters der Betriebsablauf ernsthaft gestört oder wirtschaftlich gefährdet wird. Die Anforderungen sind hoch: Der Arbeitgeber muss konkret darlegen, warum die Erfordernisse so gravierend sind, dass der Antrag abgelehnt werden muss, und warum keine zumutbaren Alternativen bestehen. Eine bloße Behauptung genügen nicht.
Beispiel: Wenn ein Fachmitarbeiter mit Spezialwissen plötzlich ausscheidet und kurzfristig kein geeigneter Ersatz gefunden werden kann, so dass Produktionsausfälle drohen, können dringende betriebliche Erfordernisse vorliegen, die eine Ablehnung der Altersteilzeit rechtfertigen.
Clearingverfahren
Das Clearingverfahren ist ein im Konzernbetriebsvereinbarung geregeltes strukturiertes Gesprächs- und Vermittlungsverfahren zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern (z.B. Betriebsrat), das vor einer endgültigen Ablehnung eines Antrags auf Altersteilzeit stattfinden muss. Ziel ist es, im Falle von Konflikten oder abgelehnten Anträgen durch eingehenden Austausch eine einvernehmliche Lösung zu finden. Im vorliegenden Fall war die Clearingstelle auch mit Vertretern der Schwerbehindertenvertretung besetzt, wenn der Antragsteller schwerbehindert ist. Das Verfahren hat keine Entscheidungsgewalt, sondern dient der Konfliktlösung; endet es ohne Einigung, steht laut KBV das endgültige Entscheidungsrecht dem Arbeitgeber zu.
Beispiel: Ein Mitarbeiter beantragt Altersteilzeit, der Arbeitgeber lehnt ab. Im Clearingverfahren besprechen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter die Gründe intensiv, um Missverständnisse zu klären und Lösungen zu finden. Bleibt das ergebnislos, entscheidet der Arbeitgeber abschließend.
Einklagbarer Anspruch
Ein einklagbarer Anspruch ist ein rechtlich durchsetzbares Recht, das eine Person gegenüber einer anderen gerichtlich geltend machen kann. Dabei kann der Anspruchsteller vor Gericht erzwingen, dass der Anspruchsgegner eine bestimmte Leistung erbringt, etwa den Abschluss eines Vertrags. Im geschilderten Fall stellte das Gericht fest, dass die Konzernbetriebsvereinbarung ausdrücklich keinen solchen individuellen, einklagbaren Anspruch der Mitarbeiter auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrags beinhaltet. Dies bedeutet, dass Mitarbeiter trotz erfüllter Voraussetzungen und fristgerechtem Antrag nicht gerichtlich erzwingen können, dass der Arbeitgeber ihnen Altersteilzeit gewährt.
Beispiel: Wenn ein Mitarbeiter einen einklagbaren Anspruch auf Altersteilzeit hätte, könnte er vor Gericht die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Gewährung der Altersteilzeit durchsetzen. Im vorliegenden Fall ist das jedoch ausdrücklich ausgeschlossen.
Letztentscheidungsrecht des Arbeitgebers
Das Letztentscheidungsrecht des Arbeitgebers bezeichnet die im Konzernbetriebsvereinbarung verankerte Befugnis der Arbeitgeberseite, die endgültige Entscheidung über die Annahme oder Ablehnung eines Antrags auf Altersteilzeit zu treffen, wenn ein vorgeschaltetes Verfahren – hier das Clearingverfahren – zu keiner Einigung führt. Selbst wenn Zweifel an der Begründetheit der Ablehnung bestehen, bleibt es dem Arbeitgeber überlassen, den Antrag letztlich abzulehnen. Das Letztentscheidungsrecht begrenzt somit Entscheidungen der Arbeitnehmervertretung und schränkt den Anspruch der Beschäftigten auf Altersteilzeit weiter ein.
Beispiel: Nach einem klärenden Gespräch zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat über die Ablehnung eines Altersteilzeitantrags, in dem keine Einigung erzielt wird, entscheidet der Arbeitgeber verbindlich, ob er die Altersteilzeit genehmigt oder ablehnt. Ein Mitarbeiter kann diese Entscheidung nicht per Gericht erzwingen.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 2 Abs. 2, 3 und 4 Konzernbetriebsvereinbarung (KBV): Regelt den Grundsatz der beidseitigen Freiwilligkeit und legt die Bedingungen fest, unter denen Arbeitgeber Anträge auf Altersteilzeit ablehnen dürfen, insbesondere bei „dringenden betrieblichen Erfordernissen“; zudem beschreibt es das Clearingverfahren zur Konfliktlösung und das dort geregelte letztinstanzliche Entscheidungsrecht des Arbeitgebers. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die KBV erlaubt die Ablehnung trotz erfüllter formaler Voraussetzungen, wenn dringende betriebliche Gründe vorliegen, und überträgt nach einem erfolglosen Clearingverfahren die endgültige Ablehnungskompetenz dem Arbeitgeber, wodurch kein einklagbarer Anspruch entsteht.
- § 611a BGB (Arbeitsvertrag und Nebenabreden): Regelt, dass ein Arbeitsvertrag und Nebenabreden wie betriebliche Vereinbarungen grundsätzlich verbindliche Rechtswirkungen entfalten, jedoch nicht immer individuelle Ansprüche begründen, insbesondere wenn dies im Vertrag oder einer Betriebsvereinbarung ausgeschlossen wird. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die KBV als Nebenabrede definiert ausdrücklich keinen individuellen Anspruch auf Altersteilzeitvertrag, weshalb der Antragsteller keinen einklagbaren Vertragsschluss erzwingen kann.
- Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) §§ 77 ff. (Betriebsvereinbarungen): Bestimmt die Rechtsnatur von Betriebs- und Konzernbetriebsvereinbarungen als kollektivrechtliche Regelungen, die keine individuellen Ansprüche begründen, sofern sie dies nicht ausdrücklich vorsehen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Konzernbetriebsvereinbarung begründet kollektivrechtliche Regelungen und schließt individuell einklagbare Ansprüche aus, was das Arbeitsgericht bei der Entscheidung zugrunde legte.
- Schwerbehindertenrecht (§ 88 SGB IX): Verpflichtet Arbeitgeber und Betriebsräte, bei schwerbehinderten Mitarbeitern besondere Rücksicht zu nehmen und diese in sozialen Angelegenheiten besonders zu schützen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Schwerbehindertenvertretung war in das Clearingverfahren eingebunden und die Schwerbehinderung des Mitarbeiters war bei der Beurteilung der betrieblichen Erfordernisse zu berücksichtigen, ohne jedoch einen einklagbaren Anspruch auf Altersteilzeit abzuleiten.
- § 106 GewO (Leitungsrecht des Arbeitgebers): Verleiht dem Arbeitgeber das Recht, das Arbeitsverhältnis nach billigem Ermessen zu gestalten, insbesondere Anweisungen und betriebliche Entscheidungen hinsichtlich des Personaleinsatzes zu treffen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Ablehnung des Antrags auf Altersteilzeit unter Verweis auf dringende betriebliche Erfordernisse und das letztentscheidende Weisungsrecht des Arbeitgebers sind mit dem Leitungsrecht vereinbar und rechtfertigen die fehlende Verpflichtung zum Vertragsabschluss.
- Grundsatz der Vertragsfreiheit und dispositives Arbeitsrecht: Besagt, dass Arbeitsverträge und Zusatzvereinbarungen grundsätzlich freiwillig abgeschlossen werden und ein Zwang zum Vertragsabschluss nur bei ausdrücklicher gesetzlicher oder vertraglicher Grundlage besteht. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Freiwilligkeitsprinzip der KBV führt dazu, dass die Arbeitgeberin nicht gezwungen werden kann, einen Altersteilzeitvertrag abzuschließen, obwohl der Mitarbeiter die formalen Voraussetzungen erfüllt.
Das vorliegende Urteil
ArbG Köln – Az.: 10 Ca 6427/21 – Urteil vom 31.03.2022
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