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Anspruch auf Bildungsurlaub – Welche Rechte haben Arbeitnehmer?

Ansprüche auf Bildungsfreistellung für Arbeitnehmer

Heutzutage ist die Welt und speziell auch die Arbeitswelt erheblich schnelllebiger geworden, was zu einer schnelleren Veralterung des erlernten Wissens führt. Sowohl die organisatorischen als auch die technischen nebst der kommunikativen Innovationen des beruflichen Umfeldes machen es zwingend erforderlich, dass Arbeitnehmer mit den Neuerungen Schritt halten und diese auch im täglichen Arbeitsleben anwenden können. Dies erfordert eine stetige Weiterbildung oder auch Erweiterung der Arbeitnehmerkompetenzen durch Weiterbildungen bzw. Fortbildungen. Damit dies auch wirklich effektiv durchgeführt werden kann kennt der Gesetzgeber in Deutschland den sogenannten Bildungsurlaub. Vielen Arbeitgeber oder auch Arbeitnehmern sind jedoch die genauen Hintergründe sowie Rahmenumstände des Bildungsurlaubs überhaupt nicht bekannt. Vor allen Dingen die Frage, welche Rechte Arbeitnehmer im Zusammenhang mit dem Bildungsurlaub haben, ist überaus interessant. Arbeitnehmer sollten dabei nicht nur die eigenen Rechte kennen, sondern vielmehr auch wissen, wie genau der Bildungsurlaub beantragt wird.

Um was genau handelt es sich bei dem Bildungsurlaub?

Obgleich das Wort „Bildungsurlaub“ auch das Wort „Urlaub“ beinhaltet, so darf diese spezielle Form der Beurlaubung auf gar keinen Fall mit dem Erholungsurlaub verwechselt werden. Der Bildungsurlaub dient gem. gesetzlicher Definition dazu, die politischen oder auch beruflichen nebst der kulturellen Kompetenzen einer Person mittels Weiterbildung zu festigen bzw. zu erweitern. Durch den Bildungsurlaub erhalten die Arbeitnehmer hierfür die Gelegenheit, ohne dass in diesem Zusammenhang wirtschaftliche Einbußen bei der Lohnzahlung oder auch Freizeit bzw. Urlaubstage seitens des Arbeitnehmers befürchtet werden müssen.

Bundesweit gibt es keinerlei einheitliche Regelung im Hinblick auf den Bildungsurlaub. Sogar die Bezeichnung für den Bildungsurlaub ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. In einigen Bundesländern wird der Bildungsurlaub auch tatsächlich als Bildungsurlaub deklariert, während hingegen in anderen Bundesländern diese spezielle Form des Urlaubs auch als Bildungsfreizeit oder Bildungszeit bzw. Arbeitnehmerweiterbildung bezeichnet wird.

Der gesetzliche Anspruch eines Arbeitnehmers auf den bezahlten Bildungsurlaub geht zurück auf das Übereinkommen mit der Nummer 140, welches die internationale Arbeitsorganisation ILO im Jahr 1974 ins Leben gerufen hat. Durch dieses Abkommen werden die Staaten, die diese Übereinkunft unterzeichnet haben, zu der bezahlten Bildungsfreistellung verpflichtet.

Für wen gilt der Anspruch auf den bezahlten Bildungsurlaub?

Bildungsurlaub Arbeitnehmer
Wann besteht ein Anspruch auf Bildungsfreistellung? (Symbolfoto: fizkes/Shutterstock.com)

Dem reinen Grundsatz nach hat jeder Arbeitnehmer in Deutschland einen Anspruch auf Bildungsurlaub. Dies gilt allerdings nur für diejenigen Bundesländer, in welchem das Bildungsurlaubsgesetz als gesetzliche Grundlage für den Bildungsurlaub Geltung hat.

Bis auf Arbeitnehmer in Bayern sowie Sachsen gilt das Bildungsurlaubsgesetz in jedem Bundesland. Die Arbeitnehmer in Bayern sowie Sachsen haben dementsprechend nicht das Privileg des gesetzlichen Anspruchs auf Bildungsurlaub.

Es muss überdies auch erwähnt werden, dass es fünf Bundesländer in Deutschland gibt, in denen Arbeitgeber in sogenannten Kleinbetrieben mit einer Arbeitnehmerzahl von unter 10 Arbeitnehmern ihren Arbeitnehmern ausdrücklich keinen Bildungsurlaub gewähren müssen. Diese Regelung gilt für die Bundesländer Nordrhein-Westfalen sowie Baden-Württemberg. In den Bundesländern Sachsen-Anhalt sowie Thüringen und Rheinland-Pfalz gibt es diesbezüglich sogar die Grenze von 5 Arbeitnehmer in einem Kleinbetrieb.

Gewährt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen Bildungsurlaub, so müssen die Kosten für die Bildungsmaßnahme von dem Arbeitnehmer selbst getragen werden. Dies gilt für die erforderlichen Ausgaben für Unterkünfte oder Anfahrtswege sowie Lehrmittel. Der Arbeitnehmer hat jedoch die Möglichkeit, diese Kosten im Zuge der Steuererklärung als sogenannte Werbungskosten steuerlich geltend zu machen.

Welche Voraussetzungen müssen für den Bildungsurlaub erfüllt sein?

Nach dem Bildungsurlaubgesetz hat derjenige Arbeitnehmer ein Anrecht auf den Bildungsurlaub, welcher für einen Mindestzeitraum von einem halben Jahr in dem jeweiligen Unternehmen beschäftigt wurde. Das halbe Jahr gilt gesetzlich betrachtet als Wartezeit. Ist die Wartezeit noch nicht erfüllt kann der Arbeitnehmer dementsprechend auch keinen Antrag auf einen Bildungsurlaub stellen. Der Anspruch auf den Bildungsurlaub bezieht sich dabei auf einen Zeitraum von 5 Tagen je Kalenderjahr. Es ist jedoch durchaus möglich, diesen Zeitraum – verteilt auf zwei Jahre – um weitere 5 Tage zu erweitern. Als weitere Voraussetzung für den Bildungsurlaub gilt, dass die entsprechende Fortbildungsmaßnahme sowie auch der Anbieter der Maßnahme auf der Grundlage des Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz (AWbG) als anerkannt gelten müssen. In einigen Bundesländern wird diesbezüglich als Voraussetzung der Anerkennung eine Berufsrelevanz für den Arbeitnehmerberuf in dem Unternehmen herangezogen. Sprachkurse oder auch Fortbildungen im IT-Bereich nebst Rhetorik-Kursen werden jedoch in der Regel in allen Bundesländern problemlos anerkannt.

Welchen Anspruch auf Bildungsurlaub haben Teilzeitkräfte?

Auch diejenigen Arbeitnehmer, welche in ihrem Unternehmen als Teilzeitkraft beschäftigt sind, haben einen Anspruch auf Bildungsurlaub. Dieser Anspruch gilt jedoch in einem reduzierten Ausmaß, da der Anspruch auf den Bildungsurlaub in voller Höhe sehr eng an die Wochenarbeitszeit des Arbeitnehmers geknüpft sind. Lediglich diejenigen Arbeitnehmer, welche eine Fünftagewoche in dem Betrieb ableisten, haben auch einen Anspruch auf die vollen 5 Tage Bildungsurlaub je Kalenderjahr. Sollte ein Arbeitnehmer in der Woche weniger arbeiten, so hat dies eine verringernde Wirkung auf den Anspruch auf Bildungsurlaub. Sollte ein Arbeitnehmer beispielsweise 2 Tage die Woche in dem Betrieb arbeiten, so hat er einen Anspruch auf 2 Tage Bildungsurlaub je Kalenderjahr.

Haben auch Beamte einen Anspruch auf Bildungsurlaub?

Grundsätzlich ist der Anspruch auf Bildungsurlaub für Beamte eng an die Länderregelungen geknüpft. Es gibt dementsprechend Bundesländer, in denen ein Beamter mehr Anspruch auf Bildungsurlaub hat, als es in anderen Bundesländern der Fall wäre.

Die Regelungen der Bundesländer im Überblick

  • Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg und Thüringen bieten einen Anspruch von 5 Tagen je Kalenderjahr für Beamte
  • das Saarland bietet einen Anspruch von 6 Tagen je Kalenderjahr für Beamte
  • Rheinland-Pfalz sowie Mecklenburg-Vorpommern bieten einen Anspruch von 10 Tagen in zwei Kalenderjahren für Beamte
  • Sachsen, Bayern und Brandenburg bieten keinen Anspruch auf Bildungsurlaub für Beamte
  • Berlin, Hamburg, Bremen, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen bieten Bildungsurlaub für Beamte in Form von Sonderurlaub an

In welcher Form wird der Bildungsurlaub beantragt?

Grundsätzlich gilt, dass ein Arbeitnehmer mit dem Wunsch nach einem Bildungsurlaub zunächst erst einmal seinen Anspruch prüfen sollte. Die Frage, ob in dem Bundesland das Bildungsurlaubsgesetz Anerkennung findet und zur Geltung kommt, ist hierbei absolut entscheidend. Hierbei ist es wichtig zu wissen, dass nicht der eigene Wohnsitz des Arbeitnehmers, sondern vielmehr der Sitz des Unternehmens – sprich der Arbeitsplatz – für die Frage der Geltung des Bildungsurlaubsgesetzes gilt. Neben der Frage der Geltung des Bildungsurlaubgesetzes muss zudem auch die Anzahl der freien Tage geprüft werden. Als Nächstes sollte dann auch eine geeignete Bildungsmaßnahme gefunden werden, für welche der Bildungsurlaub genutzt werden soll. In einigen Bundesländern gibt es diesbezüglich eine sogenannte Bildungsdatenbank in Form einer Liste, in welcher die als anerkannt geltenden Seminare aufgeführt sind. Es ist jedoch auch möglich, bei dem Anbieter der Maßnahme vorab eine derartige Information einzuholen. Dies kann durchaus sinnvoll sein, damit etwaige Probleme, die sich zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber mit Bezug auf den Bildungsurlaub ergeben können, direkt im Vorfeld ausgeräumt werden.

Im Hinblick auf den Bildungsurlaub gilt, dass diese Maßnahme nicht zwingend auf eine berufliche Weiterbildung bezogen sein muss. Auch eine Weiterbildung im kulturellen oder politischen Bereich wird als Bildungsurlaub in Deutschland größtenteils anerkannt.

Den Bildungsurlaub unbedingt beantragen

Sind alle vorherigen Schritte seitens des Arbeitnehmers abgeschlossen muss der Arbeitgeber zwingend über den Wunsch des Bildungsurlaubs informiert werden. Ein entsprechender Antrag muss in schriftlicher Form bei dem Arbeitgeber eingereicht werden, wobei es diesbezüglich von Bundesland zu Bundesland unterschiedliche Fristen gibt. Sofern der Arbeitnehmer diese Fristen und die Form des Antrags einhält hat der Arbeitgeber die gesetzliche Verpflichtung, den Antrag auf Bildungsurlaub des Arbeitnehmers zu genehmigen. Es ist jedoch durchaus auch möglich, dass eine Ablehnung des Antrags seitens des Arbeitgebers erfolgt. Dies muss jeder Arbeitgeber dann jedoch mit dringenden betriebsbedingten Gründen ausdrücklich begründen. Personalengpässe oder auch eine personelle Unabkömmlichkeit des Arbeitnehmers wegen eines wichtigen unternehmerischen Auftrags bzw. Projekts gelten ausdrücklich als wichtige betriebsbedingte Gründe.

Sollte es zu einer Ablehnung kommen ist es unter bestimmten Voraussetzungen auch möglich, den Anspruch auf den Bildungsurlaub in das nächste Kalenderjahr zu übertragen. Dies setzt allerdings voraus, dass seitens des Arbeitnehmers ein form- und fristgerechter Antrag auf den Bildungsurlaub gestellt und diesen Antrag aus betriebsbedingten Gründen von dem Arbeitgeber abgelehnt wurde. So manch ein Arbeitgeber möchte jedoch von den gesetzlichen Ansprüchen eines Arbeitnehmers auf Bildungsurlaub überhaupt nichts wissen und zeigt sich wenig kooperativ. In derartigen Fällen sollte der Arbeitnehmer einen erfahrenen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung der eigenen Interessen beauftragen.

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