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Anspruch auf leidensgerechten Arbeitsplatz

Leidensgerechter Arbeitsplatz: Welche Rolle spielt das betriebliche Wiedereingliederungsmanagement?

Es ist schon ein wenig bezeichnend, dass ein Großteil aller Arbeitnehmer im Fall eines Unfalls oder einer schweren Erkrankung zunächst erst einmal die Sorge bzw. Angst um den Arbeitsplatz hat, anstatt sich über den gesundheitlichen Zustand zu sorgen. Unabhängig davon, ob die Erkrankung respektive der Unfall Auswirkungen auf die physische oder die psychische Gesundheit des Menschen hat, die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes steigt enorm an. Der Grund hierfür liegt dabei nicht nur in dem Umstand, dass ein Großteil aller Menschen ihren Lebensunterhalt durch die Erwerbstätigkeit bestreitet, vielmehr ist die Arbeitsstelle auch ein wichtiger sozialer Aspekt im Leben.

Die meisten Menschen wählen die Arbeitstätigkeit auf der Grundlage dessen aus, was ihnen im Leben Freude bereitet. Dementsprechend nimmt die Arbeit auch einen wichtigen Platz im Leben des Menschen ein, die Kollegen werden in etlichen Fällen sogar zu Freunden oder gar einer Familie. Die Befürchtung um den Verlust des Arbeitsplatzes ist in vielen Fällen jedoch absolut unbegründet, denn es gibt den Anspruch auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz.

Das Wichtigste in Kürze


  • Leidensgerechter Arbeitsplatz: Wichtig für Arbeitnehmer nach Unfällen oder schweren Erkrankungen, um den Verlust des Arbeitsplatzes zu verhindern.
  • Bedeutung für Genesung: Ein bekannter Arbeitsplatz kann nach einem traumatischen Erlebnis zur schnelleren Genesung beitragen.
  • Definition: Ein Arbeitsplatz, der es dem Arbeitnehmer ermöglicht, trotz physischer oder psychischer Einschränkungen seine Tätigkeit vollständig auszuführen.
  • Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM): Erforderlich, wenn ein Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen krank ist oder wiederholt erkrankt.
  • Anspruch: Ein Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz, wenn dieser im Arbeitsvertrag festgelegt ist und im Unternehmen vorhanden ist.
  • Zumutbarkeit: Beide Parteien, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, müssen den leidensgerechten Arbeitsplatz als zumutbar betrachten.
  • Vorgehensweise für Arbeitnehmer: Ein offenes Gespräch mit dem Arbeitgeber ist entscheidend, um die Situation und die Bedürfnisse transparent zu machen.

Anspruch auf leidensgerechten Arbeitsplatz
Anspruch auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz – Führt der Arbeitgeber kein korrektes betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) durch, muss er beweisen, dass es im Unternehmen keinen leidensgerechten Arbeitsplatz gibt. Symbolfoto: Von Arts Illustrated Studios/Shutterstock.com

Nach einem traumatischen Erlebnis wie einem Unfall oder einer schweren Krankheit ist die Arbeit sowie auch der gewohnt gewordene Arbeitsplatz ein wichtiger Faktor für die Genesung. Wissenschaftliche Erkenntnisse belegen, dass der Mensch über die Arbeit und den gewohnten Tagesablauf sehr viel schneller zu einer intakten Gesundheit gelangen können. Die Kündigung bewirkt dabei exakt das Gegenteil und kann den Betroffenen sehr schnell in einen Isolationszustand versetzen, welcher der Gesundheit natürlich nicht förderlich ist.

Was wird unter einem leidensgerechten Arbeitsplatz verstanden?

Die exakte Definition eines leidensgerechten Arbeitsplatzes ist in der Theorie recht einfach, doch ist sie in der gängigen Praxis nicht immer so einfach umzusetzen. Der leidensgerechte Arbeitsplatz zeichnet sich dadurch aus, dass der betroffene Mitarbeiter bzw. Angestellte eines Unternehmens die Tätigkeit trotz physischer oder psychischer Einschränkungen vollumfänglich ausfüllen kann. Der leidensgerechte Arbeitsplatz ist dementsprechend an den Arbeitnehmer mit Handicap oder gesundheitlicher Einschränkung angepasst und soll diese Arbeitnehmer letztlich vor einer Kündigung bewahren. Nunmehr stellt sich jedoch für jeden Arbeitnehmer, der in eine derartige Situation geraten ist, die Frage, ob überhaupt ein Anspruch auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz besteht oder ob dieser in dem Betrieb des Arbeitgebers extra geschaffen werden muss.

Ein leidensgerecht gestalteter Arbeitsplatz muss für den jeweiligen Arbeitnehmer nicht extra durch den Arbeitgeber geschaffen werden oder gar in dem Unternehmen schon vorhanden bzw. frei sein. Vielmehr muss das neue Aufgabenfeld des Arbeitnehmers in einem Arbeitsvertrag enthalten sein.

Die Rolle des betrieblichen Wiedereingliederungsmanagements

Sollte ein Arbeitnehmer innerhalb von einer Zeitspanne von einem Jahr für einen Zeitraum von mehr als sechs Wochen am ganzen Stück an einer Krankheit leiden oder wiederholt der gleichen Erkrankung zum Opfer fallen, so wird ein betriebliches Eingliederungsmanagement erforderlich. In zahlreichen Unternehmen gibt es diesbezüglich bereits Programme und auch der öffentliche Dienst kennt ein derartiges Eingliederungsmanagement. Bundesweit berühmt ist das sogenannte „Hamburger Modell“, welches als Eingliederungsmanagement durchaus mit dem leidensgerechten Arbeitsplatz vergleichbar ist und eine reduzierte Stundenanzahl sowie auch eingeschränkte Tätigkeiten vorsieht. Mit dem Grundgedanken des leidensgerechten Arbeitsplatzes ist das „Hamburger Modell“ zwar nicht direkt vergleichbar, allerdings geht diese Maßnahme stark in die gleiche Richtung.

Besteht ein Anspruch auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz?

Die aktuelle Rechtsprechung kennt sehr wohl Regelungen, die den leidensgerechten Arbeitsplatz betreffen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass der Arbeitsplatz entsprechende Voraussetzungen erfüllen muss. Der Arbeitnehmer muss aufgrund seiner Erkrankung oder körperlichen Einschränkung in der Lage sein, die Aufgaben sowie Herausforderungen problemlos meistern zu können. Hierbei muss der Arbeitgeber darauf achten, dass die Aufgaben und Herausforderungen an die Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers angepasst werden. Die rechtliche Grundlage für den leidensgerechten Arbeitsplatz finden sich in dem § 241 Bürgerliches Gesetzbuch wieder. Hierbei muss auch beachtet werden, dass ein Arbeitnehmer nur dann einen Anspruch auf einen derartigen Arbeitsplatz hat, wenn der Arbeitsvertrag eine derartige Regelung vorsieht. Problematisch ist jedoch die Einschränkung, dass ein derartiger Arbeitsplatz in dem Unternehmen des Arbeitnehmers überhaupt vorhanden sein muss. Ein Arbeitgeber hat gesetzlich gesehen keine Verpflichtung, einen derartigen Arbeitsplatz für den Arbeitnehmer neu einzurichten oder gar zu schaffen.

Ein Arbeitnehmer, der einen leidensgerechten Arbeitsplatz beanspruchen möchte, muss mit Einschränkungen leben. Diese Einschränkungen können sich auf die Arbeitstätigkeit als solche beziehen, sodass der leidensgerechte Arbeitsplatz auch ein gänzlich neues Tätigkeitsfeld beinhalten kann.

Rechtlich gesehen gilt für den leidensgerechten Arbeitsplatz die Zumutbarkeit beider Parteien, also sowohl die des Arbeitgebers als auch die des Arbeitnehmers. Ein Arbeitgeber ist nicht dazu verpflichtet, für einen leidensgerechten Arbeitsplatz einen anderweitigen Arbeitnehmer des Unternehmens zu versetzen oder zu kündigen.

In der gängigen Praxis gibt es für Menschen mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen durchaus Möglichkeiten, in dem Unternehmen des bisherigen Arbeitgebers weiterhin tätig zu sein. Der Arbeitgeber hat in vielen Fällen die Möglichkeit, den Arbeitsplatz des betroffenen Arbeitnehmers leidensgerecht umzugestalten. In einem derartigen Fall wird auch gern von dem sogenannten Schonarbeitsplatz gesprochen, bei welchem die Kerntätigkeiten des Arbeitnehmers nicht mehr vollumfänglich den bisherigen Kerntätigkeiten entsprechen. In der Regel ist dies jedoch dann der Fall, wenn ein neuer Arbeitnehmer in dem Unternehmen eingestellt wird. Direkt vergleichbar mit dem Grundgedanken des leidensgerechten Arbeitsplatzes ist das Prinzip des Schonarbeitsplatzes jedoch nicht, da der leidensgerechte Arbeitsplatz in der Regel angepasst oder neu geschaffen werden muss.

Wie sollte ein Arbeitnehmer vorgehen, wenn es um den leidensgerechten Arbeitsplatz geht?

Der ideale Weg für einen Arbeitnehmer im Zusammenhang mit dem leidensgerechten Arbeitsplatz ist in erster Linie das Gespräch mit dem Arbeitgeber. Wichtig hierbei ist, dass die Situation möglichst transparent mit dem Arbeitgeber kommuniziert wird, damit der Arbeitgeber die Chance auf eine Reaktion erhält. Möchte ein Arbeitnehmer nach einem langfristigen Ausfall der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung seine Arbeitstätigkeit für den Arbeitgeber wieder aufnehmen, so müssen beiderseitig einige wichtige Aspekte in dem sogenannten BEM-Gespräch geklärt werden. Existiert in dem Unternehmen bereits ein leidensgerechter Arbeitsplatz, der überdies auch zur Verfügung steht, so kann der Arbeitnehmer die Umsetzung von dem Arbeitgeber sogar verlangen. Von einer zu forschen Herangehensweise ist jedoch dringend abzuraten, da viele Arbeitgeber in einem derartigen Fall mit wenig Verständnis reagieren. Vielmehr sollte der Gedanke im Vordergrund stehen, wie beide Seiten von einer Fortführung des Arbeitsverhältnisses profitieren können.

Es gibt in der gängigen Praxis jedoch auch viele Arbeitgeber, die mit dem wünschenswerten Verständnis und der erforderlichen Menschenführung ihr Unternehmen führen und sich der Auswirkungen von

  • Stress
  • psychischen Druck
  • gesundheitlicher Auswirkungen von Überstunden
  • Belastungen durch die Arbeitstätigkeit

bewusst sind und sich um die Gesundheit der Arbeitnehmer sorgen. Einige Arbeitgeber vergessen nur zu gern, dass sie gegenüber ihren Arbeitnehmern eine Fürsorgepflicht innehaben und dass Depressionen oder Burn-Out bei den Arbeitnehmern die direkte Folge einer überhöhten Arbeitsbelastung sind. Auch Schichtarbeit oder Konflikte mit den direkten Vorgesetzten sowie auch Kollegen können die Gesundheit eines Arbeitnehmers belasten. Mobbing sowie auch Bossing sind heutzutage keine Randprobleme mehr, vielmehr sind sie ernsthafte Belastungen für den Arbeitnehmer. Ebenso verhält es sich mit schlechten ergonomischen Arbeitsplatzverhältnissen. Jeder Arbeitgeber, der die wirtschaftliche Notwendigkeit eines reibungslosen Betriebsablaufs erkannt hat, wird wissen, welche wichtige Rolle ein zufriedener und gesunder Arbeitnehmer dabei spielt und dass die §§ 617 – 619 BGB (Fürsorgepflicht des Arbeitgebers) für den Arbeitgeber eine enorm wichtige Nebenpflicht darstellen.

Wenn Sie als Arbeitnehmer einen Unfall oder eine Erkrankung erlitten haben, welche Ihre Arbeitskraft merklich beeinträchtigt, so sind Sie in einer besonderen Situation. Falls bei Ihnen der Wunsch nach einer Fortführung Ihrer beruflichen Tätigkeit bei Ihrem Arbeitgeber besteht und Sie sich unsicher sind, wie der Arbeitgeber auf Sie reagieren wird, so können Sie sich selbstverständlich im Vorfeld anwaltlichen Rat einholen. Es gibt zwar durchaus Arbeitgeber, die ihre Arbeitnehmer gern im Vorfeld einzuschüchtern versuchen, doch ist dies nicht der Regelfall. Sollten Sie einen derartigen Arbeitgeber haben, so sollten Sie auf Ihr Recht der juristischen Beratung nicht verzichten und sich einen Termin bei einem Fachanwalt für Arbeitsrecht einholen. Wir sind eine sehr erfahrene Rechtsanwaltskanzlei und haben in unserem Team sehr kompetente und engagierte Fachanwälte für Arbeitsrecht, welche Ihren Fall sehr gern für Sie prüfen. Auf Wunsch übernehmen wir auch sehr gern die vollständige Kommunikation mit Ihrem Arbeitgeber und machen Ihren Wunsch nach einem leidensgerechten Arbeitsplatz für Sie gegenüber Ihrem Arbeitgeber geltend.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

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