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Anspruch auf Teilzeit-Verringerung nach § 8 Abs 4 TzBfG

Landesarbeitsgericht Hamburg – Az.: 1 Sa 50/20 – Urteil vom 11.05.2021

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 13. Oktober 2020 (9 Ca 136/20) teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, der Verringerung der Arbeitszeit des Klägers auf 37, 5 Stunden pro Woche ab dem 21. März 2020 mit einer arbeitstäglichen Verteilung der Arbeitszeit von Montag bis Freitag, jeweils von 8.00 Uhr bis 16.00 Uhr, zuzustimmen.

Der Kläger trägt 20 Hundertstel der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens, die Beklagte 80 Hundertstel sowie die Kosten der Berufung.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger verlangt von der Beklagten die Verringerung der Arbeitszeit und deren Verteilung auf die Tage Montag bis Freitag jeweils von 8.00 bis 16.00 Uhr.

Die Beklagte ist ein Unternehmen des öffentlichen Personennahverkehrs, das am Standort S. ca. 520 Busfahrerinnen und Busfahrer und insgesamt an allen ihren Standorten mehr als 2000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt. Die Beklagte führt im Rahmen des H. V. Buslinienverkehr an 365 Tagen im Jahr und 24 Stunden am Tag durch. Neben der Beklagten sind im H.-Gebiet auch andere Verkehrsunternehmen tätig, die zusammen mit der Beklagten nach einem einheitlichen Fahrplan, der zum Winter und zum Sommer eines jeden Jahres wechselt, mit einheitlichen Tarifen jeweils bestimmte Buslinien des gesamten Streckennetzes des HVV bedienen.

Für die jeweiligen Fahrpläne werden von der Beklagten für die von ihr im Streckennetz des HVV zu erbringenden Fahrdienste jeweils Dienstpläne erstellt. Diese Dienstpläne stehen für die Geltungsdauer des Sommer- bzw. des Winterfahrplans grundsätzlich fest. Die Dienstpläne tragen jeweils sog. Plannummern und weisen jeweils aus, welche Buslinie um welche Uhrzeit von welchem Stellplatz aus von welcher Bushaltestelle zu welcher Endhaltestelle fährt. Diese Dienstpläne haben zunächst keinen Bezug zu einzelnen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern der Beklagten im Fahrdienst.

Für die Verteilung der Dienstpläne auf die einzelnen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Fahrdienst wurde im Jahr 1990 ein betriebliches Organisationskonzept entwickelt, welches seither Anwendung findet und welches das System „3/1-4/1“ umsetzt und den Arbeitnehmern grundsätzlich zwei freie Wochenenden im Monat zur Verfügung stellt. Dieses Konzept sieht in einem Zeitraum vom 1. Januar eines Jahres bis zum 31. Dezember eines Jahres über einen Rhythmus von neun Wochen an sieben Tagen in der Woche (montags bis sonntags), beginnend ab der 1. Woche über die 2., 3., 4., 5., 6., 7., 8. Woche bis zur 9. Woche fest vor, dass drei Arbeitstagen ein freier Tag nachfolgt, diesem wiederum vier Arbeitstage und ein freier Tag folgen, diesem wiederum drei Arbeitstage und ein freier Tag nachfolgen, diesem wiederum vier Arbeitstage und ein freier Tag nachfolgen etc.

Die Beklagte legt die erforderliche Kapazität an Arbeitskräften und Arbeitszeit danach fest, dass alle Busfahrerinnen und Busfahrer grundsätzlich an allen sieben Tagen in der Woche zu arbeiten haben. In diesem sich über neun Wochen erstreckenden Rhythmus von entsprechenden Arbeitstagen und entsprechenden freien Tagen sind überdies zusätzliche freie Tage (F-Tage) eingestellt, um die jährliche Gesamtzahl an freien Tagen und die beiden freien Wochenenden im Monat zu erreichen. Mit diesem 9-Wochen-Rhythmnus mit dem System „3/1-4/1“ und dem grundsätzlich freien 2. Wochenende wurden ferner sog. „Freizeitgruppen“ eingeführt, und zwar für jede Woche der neuen Wochen eine Freizeitgruppe, mithin neun Freizeitgruppen. Dies bedeutet, dass die 1. Freizeitgruppe in der ersten Woche des 9-Wochen-Rhythmus und diesen bis zur 9. Woche „abarbeitet“, im Anschluss daran erneut den 9-Wochen-Rhythmus beginnt und diesen bis zur 9. Woche „abarbeitet“ etc., dies jeweils bis zum Ende des Jahres wiederholend. Entsprechend beginnt die 2. Freizeitgruppe in der 2. Woche des 9-Wochen-Rhythmus usw. des Jahres wiederholend. Insoweit wird auf die Anlage B 2 zur Klageerwiderung verwiesen.

Unter Zugrundelegung des 9-Wochen-Plnes werden im Oktober eines Jahres für das Folgejahr im Rahmen der langfristigen Dienstplanung für die jeweiligen Freizeitgruppen jeweils Freizeitübersichten erstellt, aus denen für jede Freizeitgruppe unterschiedlich jeweils für einzelnen Monat innerhalb eines jeden Monats vom Ersten bis Letzten ersichtlich ist, welche Kalendertage in dem Jahr für welche Freizeitgruppen „freie Tage“ sind. Die unterschiedlichen Freizeitgruppen unterscheiden sich somit durch die unterschiedliche Lage der freien Tage und damit auch der Arbeitstage.

In diese neun unterschiedlichen Freizeitgruppen werden von den Arbeitnehmern der Beklagten im Fahrdienst auf dem Betriebshof S. die Vollzeit-Mitarbeiter der Beklagten „einsortiert“, die jeweils aus ca. 48 bis 50 Mitarbeitern bestehen. Nachdem die Beklagte in den letzten Jahren zusätzliche Dienstpläne für Samstage hinzubekommen hatte, wurde es erforderlich, dass die Busfahrer in Vollzeit an drei zusätzlichen Samstagen im Jahr arbeiten. Um dies wiederum umsetzen zu können, wurden die Freizeitgruppen 1 – 9 jeweils unterteilt in a) und b), die diese zusätzlichen Samstage jeweils im Wechsel fahren. Der 9-Wochen-Plan wurde somit auf einen „18-Wochen-Plan“ erweitert, wobei der 9-Wochen-Rhythmus der 1. bis 9. Woche identisch ist mit dem 9-Wochen-Rhythmus der 10. bis 18. Woche des 18-Wochen-Rhythmus, dies indes ergänzt um die zusätzlichen Samstage, an denen die Busfahrer der Gruppe a) und der Busfahrer der Gruppe b) einer jeweiligen Freizeitgruppe im Wechsel arbeiten. Die Vollzeit-Mitarbeiter der Beklagten im Fahrdienst haben damit innerhalb von neun Wochen fünf freie Sonntage und vier freie Samstage abzüglich jener zusätzlichen drei Samstage pro Jahr.

Die Beklagte hat von montags bis freitags ca. 282 bis 286 Dienstpläne täglich, samstags ca. 208 und sonntags ca. 157 Dienstpläne zu bedienen. In dem Zeitraum montags bis freitags haben an jedem Tag jeweils zwei unterschiedliche Freizeitgruppen frei, samstags haben vier Freizeitgruppen, sonntags fünf Freizeitgruppen frei.

In der weiteren Dienstplanung werden nach diesem betrieblichen Organisationskonzept der Beklagten die einzelnen Dienstpläne mit den Freizeitgruppen und sodann mit deren jeweiligen Arbeitnehmern und Arbeitnehmern unter Wahrung der tarifvertraglichen und gesetzlichen Vorgaben, insbesondere zu Arbeitszeit, Lenk- und Ruhezeiten, Sonn- und Feiertagen, aber auch unter Berücksichtigung der zuvor erfolgten Urlaubsplanung, verknüpft. Diese Verknüpfung erfolgt über das entsprechende EDV-Programm der Beklagten.

Sofern bei dieser Verknüpfung der einzelnen Dienstpläne mit den Freizeitgruppen und deren Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen Probleme dergestalt auftreten, dass beispielsweise ein Dienstplan nicht mit einem bestimmten Arbeitnehmer oder einer bestimmten Arbeitnehmerin im Fahrdienst verknüpft werden kann, etwa weil dieser bzw. diese an diesem Tag Urlaub hat, fällt dieser Dienstplan in einen Pool, in dem sich alle Dienstpläne ansammeln, deren Verknüpfung mit einem Arbeitnehmer gescheitert ist. In der sich nunmehr anschließenden mittelfristigen Dienstplanung obliegt es den Diensteinteilern der Beklagten, diese nicht besetzten Dienstpläne aus dem Pool durch andere Busfahrerinnen und Busfahrer, wie etwa Teilzeit-Beschäftigte, zu besetzen. Auch diese weitere Dienstplanung hat unter Berücksichtigung der gesetzlichen, tarifvertraglichen und arbeitsvertraglichen Vorgaben zu erfolgen, für die die Beklagte nach ihrem betrieblichen Organisationskonzept einen 2-Wochen-Rhythmus für die Busfahrer in Teilzeit mit der Maßgabe zugrunde legt, dass grundsätzlich an zwei Wochenenden im Monat zu arbeiten ist. Diese mittelfristige Dienstplanung schließt mit einem über einen Kalendermonat geltenden Plan, der dem Busfahrer bzw. der Busfahrerin im Vormonat von der Beklagten bekannt gegeben wird, und aus dem ersichtlich ist, an welchen Kalendertagen des Monats er oder sie welchen Dienstplan zu fahren hat.

Wenn während der Laufzeit eines solchen Monatsplanes Störungen auftreten, etwa durch Krankheit, obliegt es den Diensteinteilerinnen und Diensteinteilern der Beklagten im Rahmen der kurzfristigen Dienstplanung die „frei gewordenen“ Dienstpläne neu zu besetzen.

Die Dienste der Beklagten am Standort S..beginnen am Standort der Beklagten in S.und enden dort. Es gibt bei der Beklagten keinen Dienstplan, der um 8.00 Uhr in S. beginnt und um 16.00 Uhr in S. endet.

Der am XX. X. XXXX geborene, verheiratete und drei zwischen sechs- und 13-jährigen Kindern unterhaltsverpflichtete Kläger ist gemäß schriftlichem Arbeitsvertrag vom 16. Juli 2012 seit dem 1. August 2012 bei der Beklagten als Busfahrer am Standort S., zuletzt zu einem monatlichen Bruttoentgelt in Höhe von ca. € 2.800,00, bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 39 Stunden beschäftigt. Hinsichtlich der Einzelheiten des Arbeitsvertrages wird auf die Anlage K 1 zur Klageschrift (Bl. 6 f d.A.) verwiesen.

Die Ehefrau des Klägers verzog in die T.. Mit Beschluss des Amtsgerichts vom 14. April 2020 wurde dem Kläger die elterliche Sorge für die gemeinsamen Kinder vorläufig und mit Beschluss vom 6. Oktober 2020 endgültig allein übertragen. Insoweit wird auf die Anlage K 11 zum Schriftsatz des Klägers vom 10. September 2020 verwiesen.

Mit Schreiben vom 19. Dezember 2019 verlangte der Kläger von der Beklagten, die wöchentliche Arbeitszeit auf 37,5 Stunden bei gleichzeitiger Bestimmung einer Arbeitszeit auf einen Zeitkorridor zwischen 8.00 bis 16.00 Uhr an den Wochentagen Montag bis Freitag ab dem 21. März 2019 zu legen. Mit Email vom 29. Januar 2020 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Insoweit wird auf die Anlagen K 2 – 3 zur Klageschrift (Bl. 8 bis 10 d.A.) verwiesen.

Mit seiner am 25. März beim Arbeitsgericht eingegangenen und am 8. April 2020 der Beklagten zugestellten Klage verfolgt der Kläger sein Teilzeitverlangen weiter.

Der Kläger ist seit dem 14. Mai 2018 arbeitsunfähig krank.

Am 12. März 2020 fand ein BEM-Gespräch zwischen den Parteien statt. Dem Kläger wurde in dem Gespräch erklärt, dass es nicht möglich sei, einen individuellen Dienstplan nach den Wünschen des Klägers zu festen Arbeitszeiten für den Kläger zu basteln.

Mit Schreiben vom 16. März 2020 lehnte die Beklagte den Wunsch des Klägers auf Verteilung der Arbeitszeit in dem Zeitraum von 8.00 bis 16.00 Uhr endgültig ab. Insoweit wird auf die Anlage K 4 zur Klageschrift (Bl. Bl. 11 und 12 d.A.) verwiesen.

Der Kläger legte der Beklagten beginnend mit dem 13. Mai 2020 eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung als Erstbescheinigung vor. Daraufhin leistete die Beklagte ab dem 13. Mai 2020 Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.

Der von dem Krankenversicherer des Klägers eingeschaltete Medizinische Dienst traf nachfolgend die Feststellung, dass es sich bei der Erkrankung des Klägers ab dem 13. Mai 2020 nicht um eine Ersterkrankung handelt.

Mit der Abrechnung für den Monat Juni 2020 rechnete die Beklagte die Überzahlung ab, die mit einer Rückforderung der Beklagten gegenüber dem Kläger in Höhe von € 1333,96 netto schließt.

Die Beklagte hatte den Kläger zur Rückzahlung dieses Betrages unter Fristsetzung bis zum 10. Juli 2020 und erneut unter Fristsetzung bis zum 28. Juli 2020 aufgefordert. Der Kläger ließ mit Schreiben vom 01. Juli 2020 den Rückzahlungsanspruch der Beklagten in Höhe von € 1.333,96 anerkennen und suchte um Ratenzahlung nach. Die Beklagte teilte dem Kläger mit, dass sie mit einer Ratenzahlung nicht einverstanden sei. Dennoch zahlte der Beklagte am 10. Juli 2020 und am 03. August 2020 jeweils € 100,00 an die Beklagte. Mit ihrer Widerklage vom 26. August 2020 hat die Beklagte die Rückzahlung überzahlter Vergütung geltend gemacht. Der Kläger zahlte am 31. August 2020 und am 30. September 2020 jeweils weitere € 100,00 an die Beklagte zurück.

Die Beklagte warb auf ihrer Internetseite bei Neueinstellungen im September 2020, dass die zeitlichen Wünsche von Eltern, insbesondere von Alleinerziehenden, flexibel in die Dienstpläne integriert werden können. Insoweit wird auf die Anlage K 12 zum Schriftsatz des Klägers vom 28. September 2020 verwiesen.

Die Beklagte nimmt zum 13. Dezember 2020 einen neuen Betriebshof – V.– auf. Insoweit wird auf die Anlage K 6 zum Schriftsatz des Klägers vom 10. September 2020 verwiesen.

Der Kläger hat vorgetragen, er sei aufgrund seiner persönlichen Situation ab Juli 2019 in erhebliche Schwierigkeiten geraten. Die Ehefrau habe den Kläger mit drei Kindern allein in Deutschland zurückgelassen. Es sei dem Kläger gelungen, die Kinderbetreuung in der Zeit von 8.00 Uhr bis 16.00 Uhr zu organisieren. Der 5-jährige Sohn sei in der Kita P. in der R. während der Zeit von 6.45 Uhr bis 17.00 Uhr untergebracht. Die beiden Mädchen würden im E. auf die L. gehen. Sie würden um 7.30 Uhr von einer Fahrgemeinschaft zu Hause abgeholt. Die Schule dauere Montag, Donnerstag und Freitag bis 16.00 Uhr und Dienstag und Mittwoch bis 17.00 Uhr. Der Kläger verfüge nicht über andere Betreuungsmöglichkeiten. Die Beklagte müsse eine Vereinbarkeit zwischen Familie und Beruf herstellen. Es gebe bei der Beklagten zwei Personen, die bei der Beklagten lediglich in der Zeit von Montag bis Freitag als Fahrer tätig seien. Die Beklagte habe den Antrag des Klägers auf Verringerung der Arbeitszeit nicht formgerecht zurückgewiesen. Die Beklagte könne sich nicht auf die Rechtslage ab dem 1. Januar 2020 berufen, wonach eine Ablehnung auch in Textform ausreichend sei. Der Kläger habe seinen Antrag unter der alten Rechtslage gestellt. Der Beklagten sei es ohne weiteres zumutbar, den Ausfall des Klägers am Wochenende durch entsprechende Mitarbeiter aus dem Pool zu kompensieren. Es wäre der Beklagten möglich, aus der Tätigkeit auf mehreren Linien, dem Kläger einen Dienstplan zusammenzustellen, der es ihm ermögliche, in der Zeit von 08.00 bis 16.00 Uhr tätig zu sein. Im Übrigen gäbe es bereits Dienstpläne, die eine Beschäftigung von 08.00 bis 16.00 Uhr vorsehen würden.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, der Verringerung der Arbeitszeit des Klägers auf 37,5 Stunden pro Woche ab dem 21. März 2020 zuzustimmen, mit der arbeitstäglichen Verteilung Montag bis Freitag jeweils von 08.00 Uhr bis 16.00 Uhr.

Die Beklagte hat beantragt,

1. die Klage abzuweisen;

2. widerklagend den Kläger/Widerbeklagten zu verurteilen, an die Beklagte/Widerklägerin € 933,96 nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf € 1133,96 seit dem 11. Juli 2020 bis zum 30. August 2020, auf € 1033,96 seit dem 31. August bis 29. September 2020 und auf € 933,96 seit dem 30. September 2020 zu zahlen.

Die Beklagte hat vorgetragen, dass es Betreuungsmöglichkeiten für Kinder gebe, sei es durch öffentliche oder private Träger oder Privatpersonen. Um die Dienste an sieben Tagen in der Woche, an 365 Tagen im Jahr und an 24 Stunden am Tag mit dem grundsätzlich freien zweiten Wochenende sicherzustellen, müssten alle Arbeitnehmer der Beklagten im Fahrdienst – sei es in Vollzeit, sei es in Teilzeit – grundsätzlich an Wochenenden und an allen sieben Tagen der Woche an 24 Stunden des Tages arbeiten. Die Beklagte habe die Entscheidung getroffen, dass alle Busfahrer grundsätzlich an allen sieben Tagen in der Woche an 24 Stunden des Tages zu arbeiten haben. Müsste die Beklagte individuellen Verteilungswünschen einzelner Arbeitnehmer dergestalt, dass an Wochenenden und vor 08.00 Uhr und nach 16.00 Uhr nicht gearbeitet werde, nachkommen, könnte sie ihre unternehmerische Aufgabe nicht mehr erfüllen. Dem Teilzeitbegehren des Klägers stehe der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen. Die Umstände würden darauf schließen lassen, dass der Kläger § 8 TzBfG zweckwidrig dazu nutze, um unter Inkaufnahme einer unwesentlichen Verringerung seiner Arbeitszeit zu versuchen, eine bestimmte Verteilung derselben auf feste Arbeitstage und feste Arbeitszeiten zu erreichen, auf die er ohne die Reduzierung seiner Arbeitszeit keinen Anspruch hätte. Dier widerklagend geltend gemachte Betrag stehe der Beklagten aus der Überzahlung von Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zu.

Der Kläger hat beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage unter Stattgabe der Widerklage durch Urteil vom 13. Oktober 2020 (Bl. 140 bis 154 d.A. sowie Bl. 212 bis 214 d.A.) abgewiesen. Gegen dieses Urteil, das dem 27. Oktober 2020 zugestellt wurde, hat dieser mit Schriftsatz vom 26. November 2020, der am selben Tage beim Landesarbeitsgericht einging, Berufung eingelegt. Mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2020, eingegangen beim Landesarbeitsgericht am selben Tage, hat der Kläger die Verlängerung der Frist zur Begründung der Berufung beantragt. Das Landesarbeitsgericht hat die Frist mit Beschluss vom 16. Dezember 2020 bis zum 27. Januar 2020 verlängert. Mit Schriftsatz vom 18. Januar 2021, der am selben Tage beim Landesarbeitsgericht einging, hat der Kläger die Berufung begründet.

Der Kläger hält das Urteil des Arbeitsgerichts, soweit es die Klage abgewiesen hat, für unzutreffend, weil das Arbeitsgericht zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass das Teilzeitverlangen des Klägers rechtsmissbräuchlich sei. Da das Gesetz keinen bestimmten Umfang der Arbeitszeitreduzierung verlange, könne bei einer verhältnismäßig geringfügigen Verringerung der Arbeitszeit nur bei Vorliegen besonderer Umstände angenommen werden, dass das Teilzeitverlangen zweckwidrig eingesetzt werde. Dem stehe vorliegend entgegen, dass der Kläger die Arbeitszeitreduzierung gerade eingesetzt habe, um der gesetzlichen Zielrichtung des Teilzeitanspruchs entsprechend die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen. Um die Betreuung seiner Kinder sicherstellen zu wollen, habe der Kläger seine Arbeitszeiten reduziert, aber immer noch so viel wie möglich arbeiten wollen. Das sei nicht rechtsmissbräuchlich. Hinreichend gewichtige Gründe für die Verweigerung des Teilzeitverlangens lägen nicht vor. Insbesondere ergebe sich aus dem Organisationskonzept der Beklagten nicht, dass eine bestimmte Arbeitszeitregelung bedingt sei. Ferner fehle es an Darlegungen der Beklagten, dass sie nicht nur freie, sondern auch anderen Beschäftigten zugewiesene Arbeitsplätze in ihre Überlegungen einbezogen habe. Auch sei nicht ersichtlich, warum der Kläger nicht als Teilzeitkraft in den Dienstplanpool eingestellt werden könne, um für kurzfristig zu besetzende Dienste eingesetzt zu werden. Schließlich sei nicht ersichtlich, dass die Berücksichtigung des Teilzeitverlangens des Klägers die besonderen betrieblichen Belange der Beklagten und die ihm zugrundeliegenden unternehmerische Aufgabenstellung wesentlich beeinflusst würden. Angesichts der Größe des Unternehmens der Beklagten wäre eine wesentliche Beeinträchtigung durch die Berücksichtigung des Teilzeitwunsches des Klägers schlicht nicht nachvollziehbar. Ein Dienstbeginn bzw. -ende auf der Strecke im Verlaufe eines Fahrplans sei bei der Beklagten nicht nur möglich, sondern auch vielfach üblich. Die Beklagte könnte den Kläger auch auf anderen Betriebshöfen beschäftigen, um die Anzahl seiner Einsatzmöglichkeiten zu erhöhen.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 12. Oktober 2020, Az. 9 Ca 136/20, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, der Verringerung der Arbeitszeit des Klägers auf 37,5 Stunden pro Woche ab dem 21. März 2020 zuzustimmen, mit der arbeitstäglichen Verteilung Montag bis Freitag jeweils von 8.00 Uhr bis 16.00 Uhr.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält das Urteil des Arbeitsgerichts für zutreffend. Das Teilzeitbegehren des Klägers sei aus den vom Arbeitsgerichts genannten Gründen rechtsmissbräuchlich. Der Kläger benutze das Vehikel der Arbeitszeitreduzierung im äußerst geringen Umfang allein, um die von ihm gewünschte Verteilung der Arbeitszeit zu erreichen. Ein schutzwürdiges Interesse an einer Reduzierung der Arbeitszeit bestehe bei ihm nicht. Der Kläger wolle eine Besserstellung bei der Verteilung der Arbeitszeit erreichen, obwohl alle Allein- und Getrennterziehenden bei der Beklagten ebenso wie alle anderen Busfahrerinnen und Busfahrer an sieben Tage in der Woche zu 24 Stunden und 365 Tagen im Jahr arbeiten müssten. Es obliege dem Kläger, die Betreuung seiner Kinder mithilfe öffentlicher Einrichtungen, durch Tagesmütter oder Familienmitglieder oder im Freundeskreis zu organisieren. So wie ihm das in den Schulferien möglich sein müsse, müsse er dieses auch für die Nächte und Wochenenden tun. Dieses werde dem Kläger durch die planbare Schicht- und Urlaubsgestaltung bei der Beklagten ermöglicht. Außerdem stünden dem Verlangen des Klägers betriebliche Gründe im Sinne des § 8 Abs. 4 TzBfG entgegen. Der einheitliche Wunsch des Klägers nach einer Reduzierung der Arbeitszeit und ihrer Verteilung auf die Tage Montag bis Freitag von 8.00 bis 16.00 Uhr sei betrieblich nicht umsetzbar. Wenn der Kläger hierauf einen Anspruch habe, gelte dieses auch für die übrigen Busfahrerinnen und Busfahrer der Beklagte. Es führe dann außerhalb dieser Zeiten kein einziger Bus der Beklagten mehr. Der von den Fahrplänen vorgegebene Dienstplanrhythmus erfordere es, dass alle Busfahrerinnen und Busfahrer grundsätzlich rund um die Uhr an jedem Tage der Woche und des Jahres arbeiteten. Die Komplexität der Diensteinteilung und die dabei zu beachtenden Vorgaben aus dem HVV und in Bezug auf Arbeitszeit, Lenkzeit und Ruhezeit aus gesetzlichen, tarifvertraglichen und arbeitsvertraglichen Vorgaben bedeute ein enges Gerüst für die Beklagte, das die volle Flexibilität aller Busfahrerinnen und Busfahrer erfordere. Dieses gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass Fehlzeiten anderer Busfahrerinnen und Busfahrer infolge von freien Tagen, Urlaub oder Krankheit durch den flexiblen Einsatz ausgeglichen werden müssten. Gerade für die Wochenenden, an denen samstags vier und sonntags fünf Freizeitgruppen von Vollzeitbeschäftigten frei hätten, sei es für die Beklagte zwingend, einen ausreichenden personellen Bestand vorzuhalten. Dabei müsse auch berücksichtigt werden, dass es am Wochenende zu Sonderverkehren aufgrund von Veranstaltungen komme. Der Beklagten sei es nicht möglich, den Kläger aus ihrem komplexen Arbeitszeitsystem herauszunehmen und ihn nicht am Wochenende zu beschäftigen. Eine Beschäftigung im sog. Pool verhelfe dem Kläger nicht zu weiteren freien Wochenenden. Dieser greife nur im Rahmen der mittelfristigen Dienstplanung in den Fällen, in denen die Verknüpfung eines Dienstplans mit einem bestimmten Arbeitnehmer nicht möglich sei. Der Wunsch des Klägers verbiete sich schon deshalb, weil die Beklagte dann aus Gründen der Gleichbehandlung auch entsprechenden Wünschen anderer Beschäftigter nachkommen müsste. Die Beklagte sei nach §§ 8 und 9 des Manteltarifvertrages auf das von ihr praktizierte System der Arbeitszeit verpflichtet, das die vom Kläger gewünschte Arbeitszeit nicht ermögliche. Mit der von ihm gewünschten Arbeitszeit von 8.00 bis 16.00 Uhr sei er in keinem Dienstplan planbar, weil es keine Dienste gebe, die um 8.00 Uhr am Standort S. begönnen und um 16.00 Uhr dort endeten. Selbst wenn es möglich wäre, den Arbeitszeitverteilungswünschen des Klägers nachzukommen, hätte dieses erhebliche Störungen für die Beklagte zur Folge, weil die Beklagte Dienste nicht mit Beschäftigten besetzen könne, die ihrer Beschäftigungspflicht nicht in vollem Umfang nachkommen könnten. Diese müssten für Zeiten bezahlt werden, in denen sie keine Arbeitsleistung erbringen könnten. Im Übrigen sei es nicht möglich, eine Tätigkeit im Straßenverkehr so zu planen, dass die vom Kläger gewünschten fixen Arbeitszeiten eingehalten werden können. Auch die in Teilzeit beschäftigten Busfahrerinnen und Busfahrer hätten für einen Einsatz an allen Tagen des Jahres und rund um die Uhr zur Verfügung zu stehen.

Wegen des weiteren Sachvortrags der Parteien, ihrer Beweisantritte und der von ihnen überreichten Unterlagen sowie wegen ihrer Rechtsausführungen im Übrigen wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig und begründet.

1) Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 1 und 2 Buchstabe b ArbGG statthaft und nach §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden.

2) Die Berufung ist begründet, weil die Klage zulässig und begründet ist.

a) Die Klage ist zulässig. Es handelt sich um einen auf Abgabe einer Willenserklärung gerichteten Leistungsantrag, mit dem der Kläger hinreichend bestimmt sein Rechtsschutzziel verfolgt. Auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts wird verwiesen.

b) Die Klage ist begründet. Der Kläger hat einen Anspruch darauf, dass die Beklagte mit ihm die verlangte Reduzierung der Arbeitszeit vereinbart und die Arbeitszeiten entsprechend den Wünschen des Klägers legt.

aa) Der Kläger hat nach § 8 Abs. 1, 4 TzBfG einen Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit. Der Änderungswunsch ist vom Kläger rechtzeitig im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 1 TzBfG mitgeteilt worden. Die Beklagte hat dem Kläger die Ablehnung des Wunsches des Klägers rechtzeitig und formgerecht im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 1 TzBfG erklärt.

Nach § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG hat der Arbeitgeber der Verringerung der Arbeitszeit zuzustimmen, soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. Ein entgegenstehender betrieblicher Grund liegt gemäß § 8 Abs. 4 Satz 2 TzBfG insbesondere vor, wenn die Umsetzung des Arbeitszeitverlangens die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht. Insoweit genügt es, wenn der Arbeitgeber rational nachvollziehbare, hinreichend gewichtige Gründe hat, der Verringerung der Arbeitszeit nicht zuzustimmen. Die Prüfung, ob betriebliche Gründe entgegenstehen, ist regelmäßig in drei Stufen vorzunehmen. Zunächst ist festzustellen, ob der vom Arbeitgeber als erforderlich angesehenen Arbeitszeitregelung überhaupt ein betriebliches Organisationskonzept zugrunde liegt und – wenn das der Fall ist – um welches Konzept es sich handelt (erste Stufe). In der Folge ist zu untersuchen, inwieweit die aus dem Organisationskonzept folgende Arbeitszeitregelung dem Arbeitszeitverlangen tatsächlich entgegensteht (zweite Stufe). Schließlich ist das Gewicht der entgegenstehenden betrieblichen Gründe zu prüfen (dritte Stufe). Dabei ist die Frage zu klären, ob das betriebliche Organisationskonzept oder die zugrundeliegende unternehmerische Aufgabenstellung durch die vom Arbeitnehmer gewünschte Abweichung wesentlich beeinträchtigt wird. Maßgeblich für das Vorliegen der betrieblichen Gründe ist der Zeitpunkt der Ablehnung des Arbeitszeitwunschs durch den Arbeitgeber, der die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen entgegenstehender betrieblicher Gründe trägt (BAG 20. Januar 2015, 9 AZR 735/13 Rdnr. 18; Juris).

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte hinreichend genau zu einem bei ihr bestehenden betrieblichen Organisationskonzept vorgetragen hat und ob das Organisationskonzept dem vom Kläger gewünschten Umfang der Teilzeit entgegensteht. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass durch die vom Kläger gewünschte Verringerung der Arbeitszeit dieses Organisationskonzept wesentlich beeinträchtigt wird. Auch bei einer Teilzeit von 37 Stunden pro Woche könnte das von der Beklagten als unabdingbar angesehene Konzept, das einen Einsatz an sieben Tage pro Woche und 356 Tagen im Jahr sowie 24 Stunden am Tag für erforderlich hält, umgesetzt werden. Dass der Kläger aufgrund der geringeren Dauer der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit insgesamt weniger arbeitete als seine Kolleginnen und Kollegen in Vollzeit, ändert nichts daran, dass er auch mit der verringerten Arbeitszeit von der Beklagten wie von ihr gewünscht eingesetzt werden könnte.

bb) Der Kläger kann verlangen, dass die Arbeitszeiten von Montag bis Freitag von 8.00 bis 16.00 Uhr gelegt werden. Insoweit sind dieselben Anforderungen zu stellen wie ab die Verkürzung der Arbeitszeit (ErfK/Preis, § 9 a TzBfG, Rdnr. 52). Die vom Arbeitnehmer gewünschte Lage der Arbeitszeit muss demgemäß einem betrieblichen Organisationskonzept und dieses wesentlich beeinträchtigen. Auch insoweit ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass die vom Kläger angestrebte Lage der Arbeitszeit ein Konzept der Beklagten wesentlich beeinträchtigt.

Eine wesentliche Beeinträchtigung des Organisationskonzepts ist schon deshalb nicht anzunehmen, weil die Beklagte jedenfalls im September 2020 auf ihrer Internetseite um Neueinstellungen damit warb, dass die zeitlichen Wünsche von Eltern, insbesondere von Alleinerziehenden, flexibel in die Dienstpläne integriert werden können. Damit kann die Beklagte zwingend nicht die Einordnung in das von ihr praktizierte Arbeitszeitmodell, nach dem an sieben Tagen pro Woche und 256 Tagen im Jahr rund um die Uhr gearbeitet werden muss, gemeint haben. Ein solches Modell ist – auch mit zwei freien Wochenenden im Monat – jedenfalls für Alleinerziehende nicht „familienfreundlich“, weil die Kinder häufig nachts und am Wochenende betreut werden müssten. Da zu diesen Zeiten die üblichen Betreuungseinrichtungen für Kinder nicht geöffnet haben, wäre dieses mit einem erheblichen organisatorischen und vermutlich auch finanziellen Aufwand für die Alleinerziehenden verbunden, den die Beklagte nicht damit gemeint haben kann, als sie mit einer „flexiblen“ Integration in die Dienstpläne warb. Gemeint sein kann mit einer solchen Werbung nur, dass sich die Arbeitszeiten an den üblichen Zeiten ausrichten, in denen die Kinder in Kindertagesstätte oder Schule betreut werden könne. Da sich die Annonce der Beklagten ausdrücklich und auch nach den Bekundungen im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 11. Mai 2021 nicht nur an alleinerziehende Mütter gerichtet hat, muss davon ausgegangen werden, dass der Beklagten eine solche Rücksichtnahme auf die Lage der Arbeitszeit auch bei alleinerziehenden Vätern zugemutet werden kann, also keine wesentliche Beeinträchtigung des Organisationskonzepts ist, wenn der Arbeitnehmer nicht neu eingestellt wird, sondern bereits bei der Beklagten beschäftigt ist. Es wäre nicht nachvollziehbar, wenn die Beklagte bei Neueingestellten eine Abweichung von ihrem Arbeitszeitsystem für nicht wesentlich und akzeptabel hielte, für bereits Beschäftigte aber von einer wesentlichen Beeinträchtigung des Organisationskonzepts ausginge.

Von einer wesentlichen Beeinträchtigung des Organisationskonzepts kann überdies nicht ausgegangen werden, weil die Beklagte, die die Darlegungslast für die entgegenstehenden betrieblichen Gründe trägt, hierzu nicht ausreichend vorgetragen hat.

Nicht genügend ist der Hinweis der Beklagten, dass sie die von ihr übernommenen Transportaufträge nicht mehr erfüllen könnte, wenn alle Busfahrerinnen und Busfahrer entsprechende Anträge stellten. Prüfungsmaßstab nach § 8 TzBfG ist allein, ob einem konkreten einzelnen Wunsch nach Lage der Arbeitszeit betriebliche Gründe im Sinne einer wesentlichen Beeinträchtigung des Organisationskonzepts entgegenstünden. Nur dieser einzelne Wunsch ist zu prüfen. Es geht um die von einem einzelnen Arbeitnehmer gewünschte Veränderung der Dauer und Lage der Arbeitszeit, nicht um eine generelle Änderung der betrieblichen Tätigkeit für alle Beschäftigten. Die Beklagte müsste keinesfalls – wie von ihr angenommen – allen Teilzeitwünschen anderer Beschäftigter aus Gleichbehandlungsgründen stattgeben, wenn sie den Antrag des Klägers erfüllte. Es wäre vielmehr jeweils neu zu prüfen, ob es wesentliche betriebliche Gründe gibt, die dem Wunsch nach einer bestimmten Lage der Arbeitszeit entgegenstünden.

Ferner kann nicht davon ausgegangen werden, dass die tarifvertragliche vorgesehene Beschäftigung rund um die Uhr an allen Tagen des Jahres nach §§ 8 und 9 des Manteltarifvertrages dem Arbeitszeitwunsch des Klägers entgegensteht. Dagegen spricht sowohl, dass § 8 TzBfG einen tariflich nicht disponiblen gesetzlichen Anspruch begründet, als auch, dass das Günstigkeitsprinzip einzelvertragliche Abweichungen von tariflichen Regelungen zulässt. Durch Tarifverträge können – ebenso wenig wie durch Betriebsvereinbarungen – zum Nachteil der Beschäftigten Abweichungen von § 8 TzBfG vereinbart werden (ErfK/Preis, § 9 a TzBfG, Rdnr. 83 f). Es ist nicht ersichtlich, dass für die Beklagte tarifliche Ablehnungsgründe für ein Teilzeitbegehren nach § 8 Abs. 4 Satz 3 TzBfG geregelt worden sind. Ferner ist nicht ersichtlich, dass der Kläger tarifgebunden ist oder mit der Beklagten die Geltung der tariflichen Ablehnungsgründe nach § 8 Abs. 4 Satz 4 TzBfG vereinbart hat.

Im Übrigen sieht § 9 Abs. 3 Satz 2 des Manteltarifvertrages ausdrücklich vor, dass es Beschäftigte gibt, die keiner Dienstplangruppe angehören. Der Tarifvertrag schreibt damit offensichtlich keine mögliche Verplanung aller Beschäftigten an allen Tagen des Jahres und rund um die Uhr vor.

Es ist ferner von der Beklagten nicht nachvollziehbar vorgetragen worden, aus welchen Gründen sie für Arbeitszeitdienstwünsche wie denjenigen des Klägers nicht Sonderdienstreihenfolgen bilden kann. Es wird bei der Beklagten mit ihrer sehr großen Anzahl von Busfahrerinnen und Busfahrern immer solche geben, die aus Betreuungsbedarfen, aber auch aus gesundheitlichen Gründen bestimmte Dienste schlicht nicht leisten können. Insbesondere wird es so sein, dass bestimmte Beschäftigte keine Nachtarbeit leisten können. Mit solchen Beschäftigten wird die Beklagte in irgendeiner Weise umgehen müssen. Hierzu muss sie Abweichungen von ihrem Arbeitszeitsystem akzeptieren und umsetzen. Es kann sein, dass die Beklagte das nicht tut. Das wäre allerdings erstaunlich, weil sie dadurch ihr zustehende Arbeitszeit abrufen würde. Denkbar ist ein derartiges System aber, bei dem die Schichten, die einzelne Beschäftigte nicht leisten können, wollen oder dürfen, mit anderen Beschäftigten besetzt werden, mit denen entsprechende arbeitsvertragliche Regelungen getroffen werden. Dass andere Beschäftigte zu einem derartigen Einsatz nicht bereit und auch auf dem Arbeitsmarkt nicht verfügbar wären, ist nicht ersichtlich. Ferner ist nicht ersichtlich, dass durch ihren Einsatz wesentliche Beeinträchtigungen ausgingen.

Da keine zwingenden Gründe dafür ersichtlich sind, dass der Kläger seinen Dienst auf einem Betriebshof der Beklagten beginnt oder beendet, ergeben sich schließlich wesentliche Beeinträchtigungen nicht daraus, dass es bei der Beklagten keine Fahrten gibt, die genau um 8.00 Uhr auf einem Betriebshof beginnen und genau um 16.00 Uhr auf einem Betriebshof enden. Es wäre Sache der von der Beklagten zu planenden Sonderdienstreihenfolgen, derartige Beginn- und Endezeiten auf der Strecke zu planen. Welche wesentliche Beeinträchtigung des betrieblichen Organisationskonzepts für die Beklagte damit verbunden wäre, ist von ihr nicht mitgeteilt worden.

Schließlich spricht gegen den Anspruch des Klägers nicht, dass es durch die Bedingungen des Straßenverkehrs immer wieder zu Verzögerungen im Busverkehr kommen kann. Dieses ist eine selbstverständliche Einschränkung jeder denkbaren Arbeitszeitfestlegung und bedeutet nicht, dass deshalb ganz darauf verzichtet werden könnte. Die Beklagte legt ja gerade auch für die übrigen Busfahrerinnen und Busfahrer Arbeitszeiten fest, die sich bei Verkehrstaus verändern können.

cc) Das Verlangen des Klägers ist nicht rechtsmissbräuchlich.

Es gelten folgende Grundsätze: § 8 TzBfG enthält keine Vorgaben hinsichtlich des Umfangs der Vertragsänderung und knüpft den Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit nicht an ein Mindestmaß der Arbeitszeitreduzierung. Dies bewirkt, dass ein Arbeitnehmer grundsätzlich auch Anspruch auf eine verhältnismäßig geringfügige Verringerung seiner Arbeitszeit haben kann und indiziert per se keinen Rechtsmissbrauch. Liegen allerdings im Einzelfall besondere Umstände vor, die darauf schließen lassen, der Arbeitnehmer wolle die ihm gemäß § 8 TzBfG zustehenden Rechte zweckwidrig dazu nutzen, unter Inkaufnahme einer unwesentlichen Verringerung der Arbeitszeit und der Arbeitsvergütung eine bestimmte Verteilung der Arbeitszeit zu erreichen, auf die er ohne die Arbeitszeitreduzierung keinen Anspruch hätte, kann dies die Annahme eines gemäß § 242 BGB rechtsmissbräuchlichen Verringerungsverlangens rechtfertigen (BAG, Urteil vom 11. Juni 2013 – 9 AZR 786/11 –, juris, LS 1 und 2 sowie Rdnr. 11).

Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger in diesem Sinne nur eine unwesentliche Reduzierung der Arbeitszeit verlangt. Es handelt sich um eine Verringerung um 3,85 %, aus der sich eine entsprechende Verringerung seines Entgelts ergibt. Um Entgelterhöhungen in der Größenordnung um 3,85 % sind durchaus schon zahlreiche Arbeitskämpfe geführt worden, was dagegenspricht, dass die Verringerung nur unwesentlich ist. Auch bedeutet der Betrag von € 107,80, um den sich das monatliche Entgelt des Klägers mindestens verringerte, angesichts der Höhe seines Verdienstes und der Anzahl der davon zu versorgenden Personen keinen unwesentlichen Betrag. Zu berücksichtigen ist ferner, dass der Kläger mit der von ihm gewünschten Lage des Arbeitszeiten weitere finanzielle Einbußen dadurch erleidet, dass er keine Nacht- und Wochenendzuschläge mehr verdienen kann, die bei der regelmäßigen Schichteinteilung auch für planmäßige Arbeit für ihn anfallen würden. Unabhängig davon aber ist das Verlangen des Klägers nicht rechtsmissbräuchlich, weil durch den Anspruch auf Teilzeit die Richtlinie 97/81 EG umgesetzt werden soll. Die mit dieser Richtlinie in Kraft gesetzte Rahmenvereinbarung der Union der europäischen Industrie- und Arbeitgeberverbände, des Europäischen Gewerkschaftsbundes und des Zentralverbandes der europäischen Wirtschaft über Teilzeit sieht in dem Erwägungsgrund Ziffer 5 ausdrücklich vor, dass durch den erleichterten Zugang zu Teilzeit die Vereinbarkeit von Beruf und Familienleben gefördert werden soll. Das macht deutlich, dass das Verlangen des Klägers dem Zweck der gesetzlichen Regelung entspricht und in dessen Schutzbereich fällt. Der Kläger verringert seine Arbeitszeit und sein Arbeitszeiteinkommen nicht etwa, um seine Freizeitmöglichkeiten zu optimieren, sondern unter Hinnahme von für ihn bedauerlichen Einkommensnachteilen, um für seine Kinder da sein zu können. Das gehört zum Kernbereich der Zwecke, die vom Teilzeitanspruch gefördert werden sollen und stellt keinen Rechtsmissbrauch, sondern einen bestimmungsgemäßen Gebrauch des Anspruchs dar (vgl. zu einer solchen Konstellation auch ArbG Stuttgart, Urteil vom 23. November 2001 – 26 Ca 1324/01 –, Rn. 128, juris). Auch bei einer möglicherweise nur als unwesentlich zu bewertenden Verringerung der Arbeitszeit stellt das Verlangen deshalb keinen Rechtsmissbrauch, sondern einen bestimmungsgemäßen Einsatz des Anspruchs dar.

3) Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 92 ZPO. Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht gegeben sind.

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