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Anspruch auf ungeknicktes und ungetackertes Arbeitszeugnis

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz – Az.: 5 Sa 314/17 – Urteil vom 09.11.2017

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 6. April 2017, Az. 9 Ca 922/16, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Form und Inhalt eines bereits erteilten Arbeitszeugnisses.

Der 1971 geborene Kläger war bei der Beklagten, die gewerblich Arbeitnehmerüberlassung betreibt, seit 01.02.2010 als Vertriebsdisponent am Standort Mainz zu einer Monatsvergütung von zuletzt 2.600 EUR brutto beschäftigt. Die Beklagte ist Mitglied im Arbeitgeberverband iGZ (Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen). Mit Schreiben vom 28.09.2015 kündigte sie das Arbeitsverhältnis des Klägers ordentlich zum 30.11.2015. Gegen die Kündigung wehrte sich der Kläger mit einer Kündigungsschutzklage im Vorprozess 3 Ca 1747/15 vor dem Arbeitsgericht Mainz. Außerdem verlangte er die Entfernung einer Abmahnung vom 16.03.2015 aus seiner Personalakte.

Am 30.11.2015 stellte das Arbeitsgericht im Vorprozess nach § 278 Abs. 6 ZPO das Zustandekommen eines Vergleichs fest, den die anwaltlich vertretenen Parteien zuvor ausgehandelt und dem Gericht übereinstimmend unterbreitet hatten. Danach endete das Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher betriebsbedingter Arbeitgeberkündigung mit Ablauf des 30.11.2015 gegen Zahlung einer Abfindung iHv. 3.000 EUR. In Ziff. 6 des Vergleichs vereinbarten die Parteien folgendes:

„Die Beklagte erteilt dem Kläger unter dem Datum 30.11.2015 ein dem bereits erteilten Zwischenzeugnis entsprechendes Endzeugnis mit einer guten Bewertung von Leistung und Verhalten (stets zur vollen Zufriedenheit/jederzeit einwandfrei).“

Die Beklagte erteilte dem Kläger, der seit dem 01.01.2016 in einem neuen Arbeitsverhältnis steht, ein Zeugnis. Der Kläger ist weder mit der Form noch mit dem Inhalt des Zeugnisses einverstanden. Deshalb erhob er mit Schriftsatz vom 15.06.2016 Klage. Von einer weiteren Darstellung des unstreitigen Tatbestandes, des erstinstanzlichen Parteivorbringens und der erstinstanzlichen Sachanträge wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils vom 06.04.2017 Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger ein – als Anlage zum Urteil (Anlage 6 = Bl. 87-88 d.A.) beigefügtes – Zeugnis mit folgendem Wortlaut zu erteilen:

„Zeugnis

Herr A., geboren am 23. November 0000, war im Zeitraum vom 01. Februar 2010 bis zum 30. November 2015 in unserem Unternehmen X Arbeitnehmerüberlassung und Y GmbH & Co. KG, Geschäftsstelle Mainz, als Vertriebsdisponent tätig.

Die X Arbeitnehmerüberlassung und Y GmbH & Co. KG gehört zu einem Verbund bundesweit operierender Personaldienstleister und überlässt qualifiziertes Personal im gewerblichen, technischen und kaufmännischen Bereich.

Das Aufgabengebiet von Herrn A. mitumfasste im Wesentlichen die Akquisition von Neukunden sowie die intensive Kundenpflege; hiermit verbunden waren Besuche bei den Kunden.

Weitere Tätigkeiten von Herrn A. waren:

  • Recruiting und Auswahl von Personal im Facharbeiter- und kaufmännischen Bereich incl. Festlegung von Konditionen
  • Abschluss und Abfertigung der Arbeitsverträge innerhalb der bestehenden Richtlinien mit dem ProSoft Anwenderprogramm
  • Disposition der Mitarbeiter bei den Kunden
  • Mitarbeiterführung und –Betreuung
  • Durchführung von personellen Maßnahmen (Abmahnungen, Kündigungen)
  • Beachtung der arbeitsrechtlichen Vorschriften und der sondergesetzlichen Bestimmungen
  • Verhandlungen mit Kunden und Interessenten, Angebotserstellung und Abschluss der Arbeitsnehmerüberlassungsverträge mit dem ProSoft Anwenderprogramm

Sein Arbeitsgebiet beherrschte er sehr sicher und kannte sich mit allen Prozessen und Gegebenheiten des Unternehmens gut aus. Durch die regelmäßige Teilnahme an freiwilligen Weiterbildungskursen erweiterte Herr A. stets sein Fachwissen. Seine neu erworbenen Kenntnisse setzte er sofort erfolgreich in die Praxis um.

Herr A. war stets gut belastbar. Er arbeitete sehr gründlich und zügig. Herr A. dachte bei der Arbeitsvorbereitung gut mit und erledigte die Aufgaben mit großer Effizienz und Systematik.

Herr A. leistete auch unter Termindruck und bei schwierigen Bedingungen jederzeit eine gute Arbeit. Er nahm seine Aufgaben und die Unternehmensinteressen jederzeit zu unserer vollen Zufriedenheit wahr. Das Verhalten von Herrn A. gegenüber Vorgesetzten, Kollegen, Kunden und externen Mitarbeitern war jederzeit einwandfrei. Im Umgang mit unseren Geschäftspartnern verstand er es, eine vertrauensvolle und offene Atmosphäre zu schaffen.

Das Arbeitsverhältnis endete aus betrieblichen Gründen ordentlich nach fristgerechter Kündigung zum 30. November 2015. Wir danken Herrn A. für die geleisteten Dienste und wünschen ihm für seinen weiteren beruflichen und privaten Lebensweg alles Gute.

Mainz, den 30. November 2015

X GmbH & Co. KG“

Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils vom 06.04.2017 Bezug genommen. Gegen das am 24.05.2017 zugestellte Urteil hat der Kläger mit am 23.06.2017 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 24.07.2017 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Anspruch auf ungeknicktes und ungetackertes Arbeitszeugnis
(Symbolfoto: Von Orathai Mayoeh/Shutterstock.com)

Er macht geltend, die Beklagte habe ihm im Juni 2017 ein neues (diesmal ungetackertes und ungeknicktes) Zeugnis unter dem Datum 30.11.2015 erteilt. Dieses Zeugnis sei zwar unter dem Briefkopf der Beklagten ausgestellt worden, ohne allerdings im unteren Bereich des Firmenpapiers die Kontaktdaten des Unternehmens auszuweisen (Bl. 109-110 d.A.). Außerdem habe die Beklagte im letzten Satz das Wort „ihm“ groß geschrieben. Die Beklagte sei verpflichtet, in die Tätigkeitsbeschreibung auch aufzunehmen, dass er Vorstellungsgespräche geführt habe. Es handele sich hierbei um eine wichtige Tätigkeit, die nicht jedem Arbeitnehmer übertragen werde und somit bei künftigen Bewerbungen ein Herausstellungsmerkmal sei. Das Arbeitsgericht habe seinen bereits erstinstanzlich benannten Zeugen dafür, dass er auch Vorstellungsgespräche geführt habe, fehlerhaft nicht vernommen. Außerdem sei es seinem Beweisangebot nicht nachgegangen, dass er mit potenziellen Arbeitnehmern Gehaltsverhandlungen geführt und für die Beklagte eine ordnungsgemäße Beleg- und Aktenführung sowie Abrechnungsvorbereitung sichergestellt habe. Auch bei diesen Tätigkeiten handele es sich um wichtige Aufgaben, die in einem Arbeitszeugnis nicht fehlen dürften. Er habe auch Anspruch auf Aufnahme der sog. Dankes- und Bedauernsformel im Schlusssatz des Zeugnisses. Zwar habe ein Arbeitnehmer hierauf grundsätzlich keinen Anspruch. Wenn jedoch – wie hier – im Kündigungsschutzprozess zwischen den Parteien in einem Vergleich vereinbart worden sei, dass dem Arbeitnehmer ein der Note „gut“ entsprechendes Arbeitszeugnis zu erteilen sei, sei der Arbeitgeber verpflichtet, im Zeugnis neben dem bloßen Dank für die geleisteten Dienste auch das Bedauern über das Ausscheiden zum Ausdruck zu bringen. Andernfalls leide das Zeugnis unter einem Makel, der beim Leser den Eindruck erwecke, es handele sich lediglich um einen mit „befriedigend“ bewerteten Arbeitnehmer. Sein Verlangen, dass das Zeugnis unter dem Briefkopf der Beklagten ausgestellt werden solle, sei entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts nicht widersprüchlich. Das in erster Instanz streitgegenständliche Zeugnis (Anlage 6) sei auf bloßem Briefpapier ausgestellt worden, was sich aus der Adresszeile im Brieffenster ergebe. Ein Arbeitnehmer habe jedoch Anspruch darauf, dass das Zeugnis nicht als „Brief“, sondern als Dokument auf einem Firmenpapier erteilt werde, das oben links auf der ersten Seite kein Brieffenster enthalte, sich aus dem Zeugnis gleichwohl die Kontaktdaten des Unternehmens wie Adresse, Telefonnummer, Homepage etc. ergeben. Schließlich habe er auch Anspruch auf Erteilung eines ungetackerten und ungeknickten Zeugnisses, weil es ansonsten nicht als Bewerbungsunterlage geeignet sei. Das Zeugnis (erste Fassung) sei oben links mit einem starken Eselsohr versehen und getacktert gewesen. Dies habe man beim Fertigen einer Kopie deutlich sehen können. Ein sichtbar geknicktes und getackertes Zeugnis indiziere nach der Zeugnissprache, dass der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer nicht zufrieden gewesen sei. Ein Zeugnis müsse so ausgehändigt werden, dass man es kopieren könne, ohne dass sich in der Kopie Falz- oder Klammerstellen abzeichnen. Eselsohren deuteten sogar auf eine Kundgabe der Missachtung hin (vgl. Arbeitsrecht von H.G. Rühle, Praxistips rund um das Thema Bewerbung und Arbeitsrecht, Folge 52: „Zeugnisbenotung und Geheimzeichen“). In gleicher Weise sei ihm im Schlusssatz des Zeugnisses „weiterhin viel Erfolg“ zu wünschen, weil ein Weglassen dieses bei „guten“ Arbeitszeugnissen selbstverständlichen Wunsches zwangsläufig indiziere, dass ihm bewusst kein gutes Zeugnis erteilt werden solle. Vorliegend sei jedoch die Erteilung eines guten Arbeitszeugnisses vereinbart worden.

Der Kläger beantragt zweitinstanzlich, das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 06.04.2017, Az. 9 Ca 922/16, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm unter dem im unteren Bereich die Firmenkontaktdaten beinhaltenden Briefkopf der Beklagten ein ungetackertes und ungeknicktes Zeugnis mit folgendem Inhalt zu erstellen:

Zeugnis

Herr A., geboren am 23. November 0000, war im Zeitraum vom 01. Februar 2010 bis zum 30. November 2015 in unserem Unternehmen X Arbeitnehmerüberlassung und Y GmbH & Co. KG, Geschäftsstelle Mainz, als Vertriebsdisponent tätig.

Die X Arbeitnehmerüberlassung und Y GmbH & Co. KG gehört zu einem Verbund bundesweit operierender Personaldienstleister und überlässt qualifiziertes Personal im gewerblichen, technischen und kaufmännischen Bereich.

Das Aufgabengebiet von Herrn A. mitumfasste im Wesentlichen die Akquisition von Neukunden sowie die intensive Kundenpflege; hiermit verbunden waren Besuche bei den Kunden.

Weitere Tätigkeiten von Herrn A. waren:

  • Recruiting und Auswahl von Personal im Facharbeiter- und kaufmännischen Bereich incl. Festlegung von Konditionen
  • Abschluss und Anfertigung der Arbeitsverträge innerhalb der bestehenden Richtlinien mit dem ProSoft Anwenderprogramm
  • Disposition der Mitarbeiter bei den Kunden
  • Führen von Vorstellungsgesprächen
  • Mitarbeiterführung und -betreuung
  • Durchführung von personellen Maßnahmen (Abmahnungen, Kündigungen)
  • Führen von Gehaltsverhandlungen
  • Sicherstellung der ordnungsgemäßen Beleg- und Aktenführung und Abrechnungsvorbereitung
  • Beachtung der arbeitsrechtlichen Vorschriften und der sondergesetzlichen Bestimmungen
  • Verhandlungen mit Kunden und Interessenten, Angebotserstellung und Abschluss der Arbeitsnehmerüberlassungsverträge mit dem ProSoft Anwenderprogramm

Sein Arbeitsgebiet beherrschte Herr A. sicher und er kannte sich mit allen Prozessen und Gegebenheiten des Unternehmens gut aus. Durch die regelmäßige Teilnahme an freiwilligen Kursen und PET-Seminaren erweiterte Herr A. stets sein Fachwissen. Seine neu erworbenen Kenntnisse setzte er sofort erfolgreich in die Praxis um.

Herr A. war stets gut belastbar. Er arbeitete sehr gründlich und zügig. Herr A. dachte bei der Arbeitsvorbereitung gut mit und erledigte die Aufgaben mit großer Effizienz und Systematik.

Herr A. leistete auch unter Termindruck und bei schwierigen Bedingungen jederzeit eine gute Arbeit. Er nahm seine Aufgaben und die Unternehmensinteressen stets zu unserer vollen Zufriedenheit wahr. Das Verhalten von Herrn A. gegenüber Vorgesetzten, Kollegen, Kunden und externen Mitarbeitern war jederzeit einwandfrei. Im Umgang mit unseren Geschäftspartnern verstand er es, eine vertrauensvolle und offene Atmosphäre zu schaffen.

Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung zum 30. November 2015. Wir bedauern dies sehr und danken Herrn A. für die für unser Unternehmen geleisteten Dienste. Herrn A. wünschen wir für seinen weiteren Berufs- und Lebensweg alles Gute und weiterhin viel Erfolg.

Mainz, den 30. November 2015

X GmbH & Co. KG

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Außerdem wird Bezug genommen auf den Inhalt der zur Information des Gerichts beigezogenen Akte 3 Ca 1747/15 (ArbG Mainz).

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers ist zum Teil unzulässig, zum Teil unbegründet.

I.

Die Berufung des Klägers ist zum Teil bereits unzulässig.

1. Teilweise ist die Berufung mangels Beschwer unzulässig.

a) Die Zulässigkeit eines Rechtsmittels setzt die Beschwer des Rechtsmittelklägers voraus, die nicht allein im Kostenpunkt bestehen darf. Ob eine Beschwer vorliegt, bestimmt sich nach dem rechtskraftfähigen Inhalt der angegriffenen Entscheidung. Der Kläger kann – von Ausnahmefällen abgesehen – Rechtsmittel nur einlegen zur Weiterverfolgung eines durch die Vorinstanz aberkannten Anspruchs oder Anspruchsteils. Eine Beschwer ergibt sich damit aus einem Vergleich zwischen dem rechtskraftfähigen Inhalt der Entscheidung und den in dieser Instanz gestellten Anträgen der betreffenden Partei.

b) Das Arbeitsgericht hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger „das dem Urteil als Anlage beigefügte Zeugnis (Anlage 6) zu erteilen und dabei im Schlusssatz statt „Ihnen“ „ihm“ zu formulieren“. In der Anlage zum Urteil ist auch das Geschäftspapier abgebildet, das die Beklagte zu verwenden hat.

Dieses Geschäftspapier enthält die nach § 35a Abs. 1 GmbHG vorgeschriebenen Pflichtangaben. Nach dieser Vorschrift müssen auf allen Geschäftsbriefen gleichviel welcher Form, die an einen bestimmten Empfänger gerichtet werden, die Rechtsform und der Sitz der Gesellschaft, das Registergericht des Sitzes der Gesellschaft und die Nummer, unter der die Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen ist, sowie alle Geschäftsführer mit dem Familiennamen und mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen angegeben werden. Vom Zweck der Vorschrift umfasst sind alle Erklärungen in Textform (§ 126b BGB); das ist durch Zusatz „gleichviel welcher Form“ klargestellt (vgl. Baumbach/Hueck/Noack GmbHG 21. Aufl. § 35a Rn. 19 mwN). Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb der Kläger zweitinstanzlich ein Zeugnis „unter dem im unteren Bereich die Firmenkontaktdaten beinhaltenden Briefkopf der Beklagten“ begehrt. Diese Angaben sind in der Fußzeile des Geschäftspapiers enthalten, das das Arbeitsgericht als Anlage zum Urteil abgebildet hat. Inhalt und Umfang der Leistungspflicht der Beklagten, die selbst keine Berufung eingelegt hat, sind bezeichnet.

2. Teilweise ist die Berufung mangels Begründung unzulässig.

Soweit der Kläger ausweislich des Berufungsantrags die Formulierung wünscht, „Sein Arbeitsgebiet beherrschte Herr A. sicher und er kannte sich … gut aus“, statt den vom Arbeitsgericht tenorierten und von der Beklagten nicht angegriffenen Satz „Sein Arbeitsgebiet beherrschte er sehr sicher und kannte sich … gut aus“, zu akzeptieren, fehlt jedwede Begründung für diesen Antrag. Der Kläger hat nicht dargelegt, weshalb er das aufwertende Adverb „sehr“ gestrichen haben will.

Auch auf die (stillschweigende) Abweisung des Berichtigungsantrags hinsichtlich der Formulierung „nahm seine Aufgaben … stets zu unserer vollen Zufriedenheit wahr“, statt der gewählten Formulierung „nahm seine Aufgaben … jederzeit zu unserer vollen Zufriedenheit wahr“, geht die Berufung mit keinem Wort ein.

3. Soweit die Berufung rügt, die Beklagte habe im Schlusssatz des Zeugnisses das Wort „ihm“ fehlerhaft groß geschrieben, ist die Arbeitgeberin vom Arbeitsgericht – insoweit rechtskräftig – verurteilt worden, zu formulieren „Wir … wünschen ihm … alles Gute“, statt „Wir wünschen Ihnen … alles Gute“. Wenn die Beklagte das Wort „ihm“ trotz eindeutiger Verurteilung fehlerhaft groß geschrieben haben sollte, ist dieser Schreibfehler vom Kläger nicht mit einem Rechtsmittel anfechtbar.

II.

Soweit die Berufung zulässig ist, ist sie unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht weit überwiegend abgewiesen. Der Kläger hat nach § 109 Abs. 1 GewO keinen Anspruch auf Erteilung des begehrten Arbeitszeugnisses.

1. Ein Arbeitgeber erfüllt den Zeugnisanspruch, wenn das von ihm erteilte Zeugnis nach Form und Inhalt den gesetzlichen Anforderungen des § 109 GewO entspricht (st. Rspr. vgl. BAG 14.06.2016 – 9 AZR 8/15 – Rn. 13 mwN). Auf Verlangen des Arbeitnehmers muss sich das Zeugnis auf Leistung und Verhalten erstrecken (qualifiziertes Zeugnis), § 109 Abs. 1 Satz 3 GewO. Das dem Kläger erteilte Zeugnis genügt entgegen der Ansicht der Berufung den gesetzlichen Anforderungen.

2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf ein ungeknicktes und ungetackertes Arbeitszeugnis.

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der auch die Berufungskammer folgt, erfüllt ein Arbeitgeber den Anspruch des Arbeitnehmers auf Erteilung eines Arbeitszeugnisses auch mit einem Zeugnis, das er zweimal faltet, um den Zeugnisbogen in einen Geschäftsumschlag üblicher Größe unterzubringen, wenn das Originalzeugnis kopierfähig ist und die Knicke im Zeugnisbogen sich nicht auf den Kopien abzeichnen, zB. durch Schwärzungen (vgl. BAG 21.09.1999 – 9 AZR 893/98). Damit kann der Kläger kein ungeknicktes Zeugnis verlangen. Auch der vom Kläger zitierte Autor Hans Gottlob Rühle (Folge 7: „Kein Anspruch auf ungefaltetes Zeugnis“), der Praxistipps im Internet veröffentlicht, vertritt die Ansicht, dass insbesondere keine Verpflichtung des Arbeitgebers bestehe, das Zeugnis in einem DIN A4 Umschlag ungefaltet und in besonderer Weise durch Verstärkung geschützt zu übersenden.

b) Hinzu kommt, dass die Beklagte vorgetragen hat, sie habe dem Kläger alle bisher erstellten Zeugnisse (Erstexemplar und außergerichtlich geänderte Fassungen) ungeknickt mit der Post übersandt. Im ersten Fall sei der Briefkasten des Klägers nach ihren Informationen völlig überfüllt gewesen, so dass der Postbote den DIN A4 Umschlag offensichtlich in den Briefkasten „hineingeknüllt“ habe, um überhaupt die Zustellung zu bewirken. Das mit der Klageschrift angegriffene Zeugnis (geänderte Fassung) habe sie ebenfalls in einem DIN A4 Umschlag per Post versandt. Obwohl sie dem Anwalt des Klägers mitgeteilt habe, dass sie kein Zeugnis mehr verschicken wolle, sondern es an ihrem Standort Mainz zur Abholung bereithalten werde, habe der Klägervertreter (ausweislich seines Schreibens vom 20.04.2016, Anlage K4 zur Klageschrift) erneut um Versendung gebeten. Es war dem in A-Stadt wohnhaften Kläger nicht unzumutbar, das Zeugnis in Mainz abzuholen oder durch einen beauftragten Boten abholen zu lassen (zur Holschuld vgl. BAG 08.03.1995 – 5 AZR 848/93). Es grenzt schon an Rechtsmissbrauch über zwei Instanzen ein ungeknicktes Zeugnis einzuklagen, anstatt es sich bei der Beklagten – wie angeboten – an seinem früheren Arbeitsort (Entfernung zur Wohnung ca. 11 Kilometer) abzuholen.

c) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf ein ungetackertes Zeugnis. Auf seine subjektiven Vorstellungen, die er zu einer allgemein verschlüsselten Bedeutung der Verwendung von Heftklammern entwickelt hat, kommt es nicht an. Das erteilte Arbeitszeugnis besteht aus zwei Seiten. Auch wenn eine feste körperliche Verbindung einzelner Blätter einer Urkunde, die (nur) am Ende des Textes unterzeichnet ist, nach der sog. „Auflockerungsrechtsprechung“ nicht erforderlich ist, wenn sich deren Einheitlichkeit aus anderen eindeutigen Merkmalen zweifelsfrei ergibt (vgl. BAG 04.11.2015 – 7 AZR 933/13 – Rn. 18 mwN), stellt es kein unzulässiges Geheimzeichen dar, wenn der Arbeitgeber die Blätter des Zeugnisses mit einem Heftgerät körperlich miteinander verbindet (ugs. „tackert“). Anders als der Kläger meint, gibt es keinerlei Belege dafür, dass ein „getackertes Zeugnis“ einem unbefangenen Arbeitgeber mit Berufs- und Branchenkenntnis signalisiert, der Zeugnisaussteller sei mit dem Arbeitnehmer nicht zufrieden gewesen. Der Kläger verkennt, dass es auf die Sicht des objektiven Empfängerhorizonts und nicht auf vereinzelt geäußerte Rechtsansichten ankommt, selbst wenn sie im Internet zu „Geheimcodes“ kursieren (so schon BAG 15.11.2011 – 9 AZR 386/10 – Rn. 19).

3. Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass der Kläger keine inhaltlichen Änderungen am Zeugnistext verlangen kann. Es ist grundsätzlich Sache des Arbeitgebers, das Zeugnis im Einzelnen zu verfassen. Die Formulierung und Ausdrucksweise steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Maßstab ist dabei ein wohlwollender verständiger Arbeitgeber. Der Arbeitgeber hat insoweit einen Beurteilungsspielraum. Dies gilt insbesondere für die Formulierung von Werturteilen. Sie lässt sich nicht bis in die Einzelheiten regeln und vorschreiben. Solange das Zeugnis allgemein verständlich ist und nichts Falsches enthält, kann der Arbeitnehmer daher keine abweichende Formulierung oder eine abweichenden Gliederung verlangen (vgl. BAG 15.11.2011 – 9 AZR 386/10 – Rn. 11).

a) Der Kläger kann nicht beanspruchen, dass die Tätigkeiten „Führen von Vorstellungsgesprächen“ und „Führen von Gehaltsverhandlungen“ zusätzlich in die Spiegelstrichaufzählung des Zeugnisses aufgenommen werden. Die Tätigkeitsbeschreibung der Beklagten ist vollständig.

Die Beklagte hat im ersten Spiegelstrich der Tätigkeitsbeschreibung aufgeführt „Recruiting und Auswahl von Personal im Facharbeiter- und kaufmännischen Bereich incl. Festlegung von Konditionen“. In dieser Formulierung sind sowohl das Führen von Vorstellungsgesprächen als auch das Führen von Gehaltsverhandlungen enthalten. Unter dem englischen Begriff „Recruiting“ ist die Personalbeschaffung zu verstehen. Ihre grundsätzliche Aufgabe besteht darin, das Unternehmen mit Arbeitskräften zu versorgen. Zum „Recruiting“ und zur „Auswahl von Personal“ gehört selbstverständlich auch die Aufgabe, mit den Bewerbern Vorstellungsgespräche zu führen. Mit dem Begriff „Festlegung von Konditionen“ hat die Beklagte die Tätigkeit umschrieben, die der Kläger unter „Führen von Gehaltsverhandlungen“ versteht. Die Beklagte ist Mitglied im Arbeitgeberverband iGZ. Sie wendet die abgeschlossenen Tarifverträge an, wonach die Leiharbeitnehmer Entgelt nach der Entgelttabelle, Zulagen und Zuschläge, ggf. Branchenzuschläge und Fahrtkostenersatz beanspruchen können. Vom Begriff „Festlegung von Konditionen“ wird das Aushandeln derartiger Vertragsbedingungen umfasst. Entgegen der Ansicht der Berufung war das Arbeitsgericht deshalb nicht verpflichtet, den vom Kläger benannten Zeugen zu hören. Im Übrigen ist der Beweisantritt des Klägers als Ausforschungsbeweis unzulässig und unbeachtlich, weil es an der Bestimmtheit der zu beweisenden Tatsachen fehlt. Wann der Kläger mit wem Verhandlungen mit welchem Inhalt geführt hat, ist seinem Beweisangebot nicht zu entnehmen.

b) Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die Aufgabe „Sicherstellung der ordnungsgemäßen Beleg- und Aktenführung und Abrechnungsvorbereitung“ zusätzlich in die Spiegelstrichaufzählung als weitere Tätigkeit aufnimmt.

Der Kläger behauptet, es habe zu seinen Aufgaben gehört, eine ordnungsgemäße Beleg- und Aktenführung sowie Abrechnungsvorbereitung „sicherzustellen“. Welche konkreten Tätigkeiten der Kläger in diesem Zusammenhang ausgeübt, insb. wie er die „Sicherstellung“ durchgeführt haben will, ist seinem Vorbringen nicht zu entnehmen. Insofern wäre die Vernehmung des von ihm benannten Zeugen auch zu diesem Thema auf einen unzulässigen Ausforschungsbeweis hinausgelaufen.

c) Nach dem Inhalt des Klage- als auch des Berufungsantrags verlangt der Kläger von der Beklagten die Formulierung „Teilnahme an freiwilligen Kursen und PET-Seminaren“, statt der gewählten Formulierung „Teilnahme an freiwilligen Weiterbildungskursen“. Eine irgendwie geartete inhaltliche Begründung für diesen Antrag fehlte bereits erstinstanzlich. Die Klage war zu diesem Punkt mangels Begründung bereits unzulässig.

d) Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Beklagte nicht verpflichtet ist, im Schlusssatz des Zeugnisses einen Ausdruck des Bedauerns („Wir bedauern dies sehr“) und gute Wünsche („weiterhin viel Erfolg“) aufzunehmen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der auch die Berufungskammer folgt, ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, im Schlusssatz des Zeugnisses persönliche Empfindungen, wie Bedauern, Dank oder gute Wünsche, zum Ausdruck zu bringen. Ist ein Arbeitnehmer mit einer vom Arbeitgeber verwendeten Schlussformel nicht einverstanden, hat er keinen Anspruch auf Ergänzung oder Umformulierung, sondern auf ein Zeugnis ohne jeden Schlusssatz (vgl. BAG 11.12.2012 – 9 AZR 227/11 – Rn. 17; LAG Rheinland-Pfalz – 5 Sa 264/16 – Rn. 25).

Ein Anspruch auf Erteilung eines Zeugnisses mit dem vom Kläger begehrten Schlusssatz folgt entgegen der Ansicht der Berufung nicht aus Ziff. 6 des Prozessvergleichs vom 30.11.2015 im Vorprozess 3 Ca 1747/15. Die Beklagte hat sich im Vergleich verpflichtet, dem Kläger ein (dem bereits erteilten Zwischenzeugnis entsprechendes) Endzeugnis mit einer „guten“ Bewertung von Leistung und Verhalten zu erteilen. Aus der Vereinbarung der Notenstufe „gut“ lässt sich kein Anspruch auf eine Dankes-, Wunsch- und Bedauernsformel herleiten. Im Prozessvergleich wurde keine Vereinbarung über eine Schlussformulierung getroffen, obwohl dem Klägervertreter die höchstrichterliche Rechtsprechung bekannt war, dass Aussagen über persönliche Empfindungen des Arbeitgebers in einer Schlussformel nicht zum erforderlichen Inhalt eines Arbeitszeugnisses gehören. Auch wenn sich der Arbeitgeber zur Erteilung eines Zeugnisses verpflichtet, dessen Inhalt einer bestimmten Notenstufe entspricht, bleibt es seine Sache, das Zeugnis im Einzelnen abzufassen (vgl. BAG 14.02.2017 – 9 AZB 49/16 – Rn. 11).

III.

Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Berufung zu tragen.

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

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