ArbG Kiel – Az.: 1 Ca 1712 c/17 – Urteil vom 06.03.2018
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, der Klägerin Zug-um-Zug gegen Rückgabe des unter dem 31.05.2017 erteilten Zeugnisses ein Zeugnis mit folgendem Inhalt zu erteilen und in einem DIN-A4-Umschlag, nicht gefaltet, zu übersenden:
„…
H…-H…, 31.05.2017
Arbeitszeugnis
Frau B. L., geb. am … 1959, war seit dem 01.06.2015 bei dem Rechtsvorgänger unseres Betriebes, dem Alten und Pflegeheim Haus H., als examinierte Pflegefachkraft der Altenpflege beschäftigt. Ab dem 01.07.2016 wurde der Betrieb von uns übernommen. Seitdem war Frau L. durchgehend im Nachtdienst für unser Unternehmen beschäftigt. Das Aufgabenfeld einer examinierten Fachkraft im Nachtdienst umfasst dabei unter anderem folgendes:
- Stellen der Medikamente für den Tagdienst
- Vorausstellen der Medikamente für die kommende Nachtschichtwoche
- Verabreichen der Nachtmedikation
- Grund und -Behandlungspflege nach Bedarf
- Versorgung mit Nahrung oder Flüssigkeiten nach Bedarf
- Regelmäßiges Lagern der Bewohner zur Dekubitusprophylaxe
- Regelmäßige Versorgung mit Inkontinenzmaterialien
- Regelmäßige Rundgänge, um den Gesundheitszustand der Bewohner zu kontrollieren
-Reinigung von Pflegehilfsprodukten, die im Tagdienst verwendet werden
Ab Oktober 2016 übte Frau L. zudem die Funktion der stellvertretenden Pflegedienstleitungen für unser Unternehmen aus. In dieser Funktion erstellte Frau L. zudem das Qualitätsmanagement-Handbuch für unser Unternehmen.
Frau L. arbeitete jederzeit sicher und selbstständig. Sie führte alle Aufgaben mit Elan und Pflichtbewusstsein aus. Frau L. verfügt über entsprechende Fachkenntnisse, die die erfolgreich einsetzte. Sie nahm wiederholt die Gelegenheit wahr, sich fachlich fortzubilden. Sie war anerkannt und beliebt und verstand es, ihre Arbeitskollegen zu erfolgreichem Arbeitseinsatz zu motivieren.
Frau L. hat die ihr übertragenen Aufgaben stets zu unserer Zufriedenheit erledigt. Das Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Mitarbeitern war höflich und korrekt. Ihr Verhalten gegenüber Patienten war immer einwandfrei und sie war aufgrund ihrer Hilfsbereitschaft bei den Patienten und deren Angehörigen beliebt und angesehen.
Frau L. verlässt unseren Betrieb auf eigenen Wunsch zum 31.05.2017.
M. S.
A. Sc.
Heimleitung
Heimleitung“
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Beklagten tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits.
4. Der Streitwert wird festgesetzt auf 2.450,00 €.
5. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien führen ein Zeugnisrechtsstreit.
Die Klägerin arbeitete als Altenpflegefachkraft zunächst seit dem 01.06.2015 beim Rechtsvorgänger der Beklagten zu 1), ab dem 01.07.2016 dann unmittelbar bei der Beklagten zu 1), die eine Altenpflegeeinrichtung betreibt. Ab Oktober 2016 übernahm die Klägerin auch die Funktion der stellvertretenden Pflegedienstleistung. Sie verdiente zuletzt inklusive Zulagen 2.450,00 € brutto. Das Arbeitsverhältnis endete durch klägerseitige Kündigung am 31.05.2017. Die Beklagten wiesen die bei ihr beschäftigten Mitarbeiter anschließend an, dafür Sorge zu tragen, dass die Klägerin die Einrichtung der Beklagten zu 1) nicht mehr betreten kann.
Mit Klage vom 09.06.2017 beantragte die Klägerin vor dem Arbeitsgericht Kiel (Az.: 1 Ca 933 c/17) die Verurteilung der Beklagten zu 1-3 u.a. zur Zahlung wie auch zur Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses. Im September erhielt die Klägerin von den Beklagten ein mit „Arbeitszeugnis“ bezeichnetes, an sie adressiertes Schreiben unter dem Datum 31.05.2017. In diesem heißt es auszugsweise:
„(….) bekam [die Klägerin] allerdings ab Oktober 2016 in Ermangelung weiterer Kandidaten zusätzlich die Position der stellvertretenden Pflegedienstleitung zugewiesen. (…)
(…) zeigte sich ab Februar 2017, dass Frau L. nicht mehr in der Versorgung unserer bis zu 24 Pflegebedürftigen zurechtgekommen ist. Bis auf das Füttern der heimzugehörigen Katzen war Frau L. nicht mehr in der Lage, ohne zusätzliche Unterstützung im Nachtdienst die Nebentätigkeiten zu erledigen. (…)
(…) Auch reagierte Frau L. gereizt darauf, wenn Bewohner Behandlungspflege in der Nacht eingefordert haben. (…)
(…) Frau L. schien durch die zusätzlichen Anforderungen (…) derartig überlastet gewesen zu sein, dass sie ihre eigentliche Arbeit nicht mehr vollbringen konnte. (…) Frau L. besaß viele Ambitionen, konnte dieser (sic!) aber nicht gerecht werden. (…)
(…) Frau L. hat stattdessen bewusst Unruhe ins Team gebracht und Mitarbeiter gegeneinander ausgespielt, um sich selbst zu profilieren und einen Vorteil herauszuschlagen.
Bei der Planung und Organisation innerbetrieblicher Schulungen hat Frau L. ihre Überforderung demonstriert. (…)
(…) Es mangelt Frau L. an folgenden, persönlichen Grundfähigkeiten: eigene Kritikfähigkeit und Selbstreflexion (…) innere Stabilität.
(…) Wir hoffen, dass Frau L. sich dieses sachliche Zeugnis zu Herzen nimmt und an ihren Defiziten arbeitet. (…)“
Eine Führungs- und Leistungsbeurteilung enthält das Schreiben nicht. Auf Anlage K 2, Bl. 10 d.A. wird ergänzend Bezug genommen.
Nach Übergabe dieses Schreibens erklärten die Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 21.09.2017 übereinstimmend den zum Aktenzeichen 1 Ca 933 c/17 geführten Rechtsstreit hinsichtlich des Zeugniserteilungsantrags für erledigt. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erklärte in diesem Zusammenhang, dass über den Inhalt des Zeugnisses noch gestritten werde.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 16.10.2017 monierte die Klägerin das Zeugnis und forderte die Beklagten unter Fristsetzung auf, das Zeugnis entsprechend eines von ihr beigefügten Zeugnisentwurfes zu korrigieren. Die Beklagten reagierten auch auf nochmalige Aufforderung nicht.
Die Klägerin meint, das ihr übergebene Zeugnis erfülle weder die formellen noch die materiellen Voraussetzungen eines Arbeitszeugnisses:
In formeller Hinsicht sei Folgendes zu beanstanden:
Das Adressfeld sei ausgefüllt, das Zeugnis sei geknickt und nicht in einem DIN-A4-Umschlag versendet worden. Letzteres sei jedenfalls dann erforderlich, wenn – wie hier – andernfalls beim Versand in einem kleineren Format die Knickungen auch auf einer Kopie weiterhin ersichtlich seien.
In materieller Hinsicht sei der Zeugnisinhalt nahezu vollständig negativ formuliert und geeignet, einen neuen Arbeitgeber vom Abschluss eines Arbeitsvertrages abzuhalten. Es fehle dem Zeugnis darüber hinaus an einer Leistungs- und Führungsbeurteilung. Das Zeugnis weiche in erheblicher Weise vom dem vom Rechtsvorgänger unter dem 18.01.2016 erstellten Zwischenzeugnis ab. Soweit das Zeugnis Behauptungen über Schlechtleistungen der Klägerin enthalte, können sich diese auch nur unterstellten und unsubstantiierten Behauptungen allein auf den Zeitraum der letzten vier Monate des Arbeitsverhältnisses beziehen und lassen damit den größten Teil des Beschäftigungsverhältnisses außer Betracht.
Bei der Beklagten zu 1) sei es zudem üblich, eine Schlussformel (Dankens-, Bedauerns- und Gute-Wünsche-Formel) in das Arbeitszeugnis aufzunehmen. Jedenfalls wegen des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes habe auch die Klägerin einen Anspruch darauf.
Die Klägerin beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, der Klägerin Zug-um-Zug gegen Rückgabe des unter dem 31.05.2017 erteilten Zeugnisses ein Zeugnis mit folgendem Inhalt:
„…
H.-H., 31.05.2017
Arbeitszeugnis
Frau B. L., geb. am ….1959, war seit dem 01.06.2015 bei dem Rechtsvorgänger unseres Betriebes, dem Alten und Pflegeheim Haus H., als examinierte Pflegefachkraft der Altenpflege beschäftigt. Ab dem 01.07.2016 wurde der Betrieb von uns übernommen. Seitdem war Frau L. durchgehend im Nachtdienst für unser Unternehmen beschäftigt. Das Aufgabenfeld einer examinierten Fachkraft im Nachtdienst umfasst dabei unter anderem folgendes:
- Stellen der Medikamente für den Tagdienst
- Vorausstellen der Medikamente für die kommende Nachtschichtwoche
- Verabreichen der Nachtmedikation
- Grund und -Behandlungspflege nach Bedarf
- Versorgung mit Nahrung oder Flüssigkeiten nach Bedarf
- Regelmäßiges Lagern der Bewohner zur Dekubitusprophylaxe
- Regelmäßige Versorgung mit Inkontinenzmaterialien
- Regelmäßige Rundgänge, um den Gesundheitszustand der Bewohner zu kontrollieren
- Reinigung von Pflegehilfsprodukten, die im Tagdienst verwendet werden
Ab Oktober 2016 übte Frau L. zudem die Funktion der stellvertretenden Pflegedienstleitungen für unser Unternehmen aus. In dieser Funktion erstellte Frau L. zudem das Qualitätsmanagement-Handbuch für unser Unternehmen.
Frau L. arbeitete jederzeit sicher und selbstständig. Sie führte alle Aufgaben mit Elan und Pflichtbewusstsein aus. Frau L. verfügt über entsprechende Fachkenntnisse, die die erfolgreich einsetzte. Sie nahm wiederholt die Gelegenheit wahr, sich fachlich fortzubilden. Sie war anerkannt und beliebt und verstand es, ihre Arbeitskollegen zu erfolgreichem Arbeitseinsatz zu motivieren.
Frau L. hat die ihr übertragenen Aufgaben stets zu unserer Zufriedenheit erledigt. Das Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Mitarbeitern war höflich und korrekt. Ihr Verhalten gegenüber Patienten war immer einwandfrei und sie war aufgrund ihrer Hilfsbereitschaft bei den Patienten und deren Angehörigen beliebt und angesehen.
Frau L. verlässt unseren Betrieb auf eigenen Wunsch zum 31.05.2017. Wir wünschen Frau L. für ihren beruflichen und persönlichen Werdegang alles Gute und viel Erfolg.
M. S.
A. Sc.
Heimleitung
Heimleitung
….“
zu erteilen und in einem DIN-A4-Umschlag, nicht gefaltet, zu übersenden.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.
Die Beklagten sind der Auffassung, es sei der Klägerin wegen der übereinstimmenden Erledigungserklärung hinsichtlich des Zeugniserteilungsantrages im Verfahren vor dem Arbeitsgericht Kiel zum Az. 1 Ca 933 c/17 verwehrt, einen erneuten Rechtsstreit über die Erteilung des Zeugnisses zu führen.
Die Klägerin habe weder einen Anspruch auf ein ungeknicktes Zeugnis in einem DIN- A 4-Umschlag noch darauf, dass die Beklagte ihr überhaupt ein Zeugnis zusende.
Inhaltlich könne die Klägerin eine Aufzählung der von ihr ausgeübten Tätigkeiten ohne Aufzählung der „Leerlauftätigkeiten“ während der Nachtwachen nicht verlangen. Auch habe sie keinen Anspruch auf die Erklärungen „arbeitete jederzeit sicher und selbstständig“, „war anerkannt und beliebt“ sowie „Verhalten gegenüber Vorgesetzten war höflich und korrekt sowie gegenüber Patienten immer einwandfrei“. Dies sei nicht der Fall gewesen, wie sich unmittelbar dem im bereits erteilten Zeugnis geschilderten Vorgängen ergebe. Auch habe sie gegenüber ihren Vorgesetzten bewusste Falschangaben hinsichtlich ihrer Berufserfahrung gemacht.
Auf die an einen Kollegen gerichtete Frage, ob dieser sie nach ihrem Ausscheiden vermissen werde, habe dieser mit „nein“ geantwortet.
Auch ein Anspruch auf die von der Klägerin begehrte Schlussformel bestehe nicht.
Wegen des weiteren Sachvortrags der Parteien, ihrer Beweisantritte und der von ihnen überreichten Unterlagen sowie ihrer Rechtsausführungen im Übrigen wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen (§§ 46 Abs. 2 ArbGG, 313 Abs. 2 ZPO).
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet. Die Klägerin hat – bis auf die Aufnahme des von ihr begehrten Schlusssatzes mit guten Wünschen – einen Anspruch darauf, dass die Beklagten ihr das von ihr begehrte Zeugnis wie beantragt in einem DIN-A4-Umschlag und nicht gefaltet zusenden.
Die Entscheidung beruht auf den nachfolgend kurz zusammengefassten rechtlichen und tatsächlichen Erwägungen (§§ 46 Abs. 2 ArbGG, 313 Abs. 3 ZPO).
A
Die Klage ist zulässig.
I.
Streiten die Parteien – wie hier – dergestalt über die Berichtigung eines erteilten Zeugnisses, dass nicht nur einzelne Wörter oder Passagen geändert werden sollen, sondern in der Sache ein vollständig neues Zeugnis begehrt wird, ist es prozessual zulässig, den gesamten Wortlaut des Zeugnisses in den Klageantrag aufzunehmen (BAG, Urteil v. 14.03.2000 – 9 AZR 246/99).
II.
Der Zulässigkeit der Klage steht auch nicht entgegen, dass die Parteien in einem vorangegangenen Rechtsstreit einen klageweise geltend gemachten Anspruch auf Zeugniserteilung übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Auch nach übereinstimmender Erledigungserklärung ist eine erneute Klageerhebung selbst bei identischem Streitgegenstand zulässig (Münchener Kommentar ZPO/Schulz, 5. Auflage 2016, § 91a Rn. 38 m.w.N.). Dies gilt erst recht, wenn es sich um verschiedene Streitgegenstände handelt. So liegt der Fall hier. Der ursprüngliche, übereinstimmend für erledigt erklärte Antrag war gerichtet auf Erteilung eines Zeugnisses (Zeugniserteilungsantrag), der hier streitgegenständliche Antrag ist indes gerichtet auf Zeugnisberichtigung. Im Übrigen hatte der Prozessbevollmächtigte bereits im Zusammenhang mit der Abgabe seiner Erledigungserklärung erklärt, dass mit dem Zeugnisinhalt des erteilten Zeugnisses kein Einverständnis bestehe und insoweit – sollte eine außergerichtliche Einigung scheitern – die Erhebung einer weiteren Klage in Aussicht gestellt.
B.
Die Klage ist auch überwiegend begründet. Die Klägerin kann von den Beklagten verlangen, dass sie ihr ein Zeugnis wie beantragt erteilen (I./IV.). Lediglich auf die von der Klägerin begehrte Dankens-, Bedauerns- und Gute-Wünsche-Formel hat die Klägerin keinen Anspruch (II.). Die Beklagten sind auch verpflichtet, der Klägerin das Zeugnis ungefaltet und in einem DIN-A4-Umschlag zuzusenden (III./IV.).
I.
1.
Das Arbeitszeugnis muss als Bewerbungsunterlage des Arbeitnehmers und Entscheidungsgrundlage für die Personalauswahl künftiger Arbeitgeber inhaltlich wahr, dabei jedoch zugleich vom verständigen Wohlwollen des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer getragen sein. Letzteres ist nur dann der Fall, wenn es dessen weiteres Fortkommen durch seinen Inhalt oder seine Form nicht unnötig erschwert (BAG, Urteil v. 14.06.2016 – 9 AZR 8/15). Hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast gilt: Der ein Zeugnis beanspruchende Arbeitnehmer trägt grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden Umstände, soweit es sich dabei um Tatsachen handelt. Bei Streit über die Bewertung von Führung und Leistung, die üblicherweise durch anerkannte und verbreitete Formulierungen ihren Ausdruck findet, obliegt es dem Arbeitnehmer, diejenigen Tatsachen vorzutragen, die eine überdurchschnittliche Bewertung begründen (BAG, Urteil v. 18.11.2014 – 9 AZR 584/13). Indes obliegt es dem Arbeitgeber, eine unterdurchschnittliche Bewertung durch hinreichenden Tatsachenvortrag zu rechtfertigen (BAG, Urteil v. 24.03.1977 – 3 AZR 232/76; LAG Köln, Urteil v. 25.08.2011 – 7 Sa 447/11).
2.
Nach diesen Maßstäben steht der Klägerin weit überwiegend das von ihr beantragte Zeugnis zu.
a) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Aufzählung der von der Klägerin ausgeübten Tätigkeiten nicht um die Tätigkeiten zu ergänzen, welche die Klägerin während ihrer Tätigkeit im Nachtdienst in „Leerlaufzeiten“ ausgeübt hat. Zwar folgt aus dem Grundsatz der Zeugniswahrheit und dem Grundsatz der Zeugnisvollständigkeit, dass das Zeugnis alle für den künftigen Arbeitgeber möglicherweise relevanten Tatsachen zu enthalten hat.
Diese Gebote werden aber ihrerseits begrenzt durch das Verbot, das weitere Fortkommen des Arbeitnehmers ungerechtfertigt zu erschweren. Unwesentliches darf daher nicht in das Zeugnis aufgenommen werden (BAG, Urteil v. 10.05.2005 – 9 AZR 261/04). Unwesentliche Angaben sind wegzulassen, weil das Zeugnis andernfalls entwertet würde (Schleßmann, Das Arbeitszeugnis, 21. Auflage 2015, Rn. 678). Die von der Beklagten zu 1) weiter aufgeführten Tätigkeiten während des nächtlichen Leerlaufs sind solche unwesentlichen und im Vergleich mit der Haupttätigkeit und der Stellung der Klägerin als stellvertretender Pflegedienstleitung minderwertigen Aufgaben, die geeignet sind, bei Aufnahme in das Zeugnis das berufliche Fortkommen der Klägerin zu erschweren.
b) Soweit sich die Beklagten gegen die von der Klägerin begehrten Formulierungen „arbeitete jederzeit sicher und selbstständig“, „war anerkannt und beliebt“ sowie „Verhalten gegenüber Vorgesetzten war höflich und korrekt sowie gegenüber Patienten immer einwandfrei“ mit der Begründung wehren, dies alles sei nicht der Fall gewesen, sind die Beklagten ihrer Darlegungslast nicht nachgekommen.
aa) Bei diesen Formulierungen handelt es sich nicht um Tatsachenbehauptungen, sondern um übliche Formulierungen zur Bewertung von Leistung und Führung bzw. dem Verhalten, die der Klägerin eine umfänglich durchschnittliche Leistung und Führung attestieren (exemplarisch zu den hier verwendeten Formulierungen und weiteren Beispielen: Schleßmann, Das Arbeitszeugnis, 21. Auflage 2015, Rn. 742, 746, 732). Wendet sich der Arbeitgeber gegen eine begehrte durchschnittliche Beurteilungsformulierung ist er nach oben genannten Grundsätzen gehalten, die eine unterdurchschnittliche Bewertung rechtfertigenden Tatsachen darzulegen und zu beweisen.
bb) Dem wird das Vorbringen der Beklagten nicht gerecht. Der Vortrag erschöpft sich im Wesentlichen in der Wiederholung der im zunächst erteilten Zeugnis erhobenen Vorwürfe hinsichtlich einzelner Vorfälle. Diesem pauschalen Vortrag ist schon nicht zu entnehmen, warum die Leistung oder das Verhalten der Klägerin unterdurchschnittlich gewesen sein soll. Dies gilt umso mehr, da – wie die Klägerin unbestritten vorgetragen hat – sich die erwähnten Vorfälle auf die letzten Wochen bzw. Monate eines beinahe zwei Jahre andauernden Arbeitsverhältnisses beziehen. Die Beklagte zu 1) hat bei ihrer Beurteilung damit offensichtlich den überwiegenden Teil des Beschäftigungsverhältnisses in ihrer Bewertung nicht berücksichtigt. Darüber hinaus steht eine unterdurchschnittliche Bewertung auch in deutlichem Widerspruch zu dem der Klägerin vom Rechtsvorgänger erteilten Zwischenzeugnis.
Dahinstehen stehen, ob die Klägerin gegenüber den Beklagten tatsächlich falsche Angaben über ihre praktische Erfahrung gemacht hat. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, ist damit nicht substantiiert dargelegt, warum das Verhalten der Klägerin während des gesamten Verlaufs des Arbeitsverhältnisses gegenüber ihren Vorgesetzten nicht durchschnittlich („höflich und korrekt“) war. Gleiches gilt für die Behauptung der Beklagten, ein Mitarbeiter der Beklagten zu 1) habe auf Nachfrage der Klägerin erklärt, er werde sie nicht vermissen. Auch diese einzelne Behauptung ist untauglich für die Darlegung, die Klägerin habe keinen Anspruch auf eine durchschnittliche Beurteilung ihres Verhältnisses zu den Kollegen.
II.
Die Klägerin hat indes keinen Anspruch auf den von ihr begehrten Satz „Wir wünschen Frau L. für ihren beruflichen und persönlichen Werdegang alles Gute und viel Erfolg.“.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die Kammer ausdrücklich anschließt, besteht ein solcher Anspruch des Arbeitnehmers grundsätzlich nicht (BAG, Urteil v. 11.12.2012 – 9 AZR 227/11). Ein Anspruch folgt vorliegend auch nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Dieser Grundsatz gelangt im Streitfall schon nicht zur Anwendung. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz kann nur dann als Anspruchsgrundlage zum Tragen kommen, wenn eine Gruppenbildung vergleichbarer Arbeitnehmer möglich ist. Dies ist jedoch vorliegend nicht der Fall. Die Erteilung eines Zeugnisses ist – soweit es um Bewertungen und Einschätzungen des Arbeitgebers geht – keine Gewährung einer bestimmten Leistung oder ein sonstiges verobjektivierbares Verhalten des Arbeitgebers gegenüber seinen Arbeitnehmern. Die Zeugniserteilung ist hinsichtlich der vom Arbeitgeber darin vorgenommenen Bewertung von Leistung und Führung vielmehr ein ausschließlich subjektiv geprägter, von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängiger Vorgang. Nichts Anderes gilt für die Frage, ob der Arbeitgeber in einem Zeugnis mit einem Schlusssatz sein Bedauern zum Ausdruck bringt und dem Arbeitnehmer gute Wünsche mit auf den Weg geben will. Dies ist ein Ausdruck persönlicher Empfindungen (BAG, Urteil v. 11.12.2012 – 9 AZR 227/11). Da die persönlichen Empfindungen für jeden Arbeitnehmer des Arbeitgebers unterschiedlich sein können – und in der Regel auch sind – fehlt es bereits an einer Vergleichsgruppe.
III.
Die Beklagte zu 1) ist verpflichtet, der Klägerin das Zeugnis ungeknickt in einem DIN-A4-Umschlag zuzusenden.
1.
Die Beklagte zu 1) ist zunächst verpflichtet, der Klägerin das Zeugnis zuzusenden.
Zwar ist die Zeugnisschuld grundsätzlich eine Holschuld (BAG, Urteil v. 08.03.1995 – 5 AZR 848/93). Indes wird aus der Holschuld eine Schickschuld, wenn die Abholung für den Arbeitnehmer unzumutbar ist (BAG, Urteil v. 08.03.1995 – 5 AZR 848/93). Dies gilt erst recht, wenn der Arbeitgeber die Abholung durch den Arbeitnehmer unmöglich macht. Dies ist hier der Fall. Die Beklagte zu 1) hat ihre Arbeitnehmer nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Klägerin angewiesen, der Klägerin nach Ausspruch der Kündigung, jedenfalls aber nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, keinen Zugang zu den Geschäftsräumen zu gewähren. Der Klägerin ist damit ein faktisches Hausverbot erteilt werden, die Abholung des Zeugnisses beim Arbeitgeber ist ihr aus in dessen Sphäre liegender Umstände unmöglich.
2.
Ist die Beklagte zu 1) hiernach verpflichtet, der Klägerin das Zeugnis zuzusenden, berechtigt das die Beklagte zu 1) gleichwohl nicht dazu, dem Zeugnis ein Anschriftenfeld voranzustellen. Der auf einem Briefbogen vorgesehene Platzhalter für ein Anschriftenfeld hat frei zu bleiben (LAG Hessen, Beschluss v. 21.10.2014 – 12 Ta 375/14).
3.
Die Beklagte ist schließlich auch verpflichtet, der Klägerin das Zeugnis ungeknickt – mithin im Format DIN-A4 in einem entsprechenden Umschlag – zuzusenden.
Die Kammer folgt dabei ausdrücklich nicht der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. In einer Entscheidung aus dem Jahre 1999 hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass der zur Zeugniserteilung verpflichtete Arbeitgeber seine Schuld auch dann erfüllt, wenn er das Arbeitszeugnis geknickt bzw. gefaltet zur Verfügung stellt, solange sichergestellt ist, dass saubere Kopien angefertigt werden können (BAG, Urteil v. 21.09.1999 – 9 AZR 893/98).
Für die Kammer scheint zweifelhaft, ob an dieser Rechtsprechung auch nach beinahe zwanzig Jahren noch festzuhalten sein wird. Dabei ist zunächst zu bedenken, dass Zeugnisse in Zeiten elektronischer Bewerbungen nicht kopiert, sondern durch technische Hilfsmittel gescant oder fotografiert und sodann gespeichert und verwendet werden. Das Scannen/Fotografieren eines geknickten Zeugnisses führt jedoch im Regelfall zu einer schlechteren Lesbarkeit im Vergleich zu einem Scan oder einem Foto eines ungeknickten Blattes. Die Einreichung von so unsauber erfassten elektronischen Dokumenten ist potenziell geeignet, beim künftigen Arbeitgeber – ähnlich wie Rechtschreibfehler im Anschreiben – unabhängig vom Inhalt des Textes eine weniger positive Grundeinstellung einem Bewerber gegenüber zu begründen.
Im Übrigen droht durch das Knicken/Falten stets – worauf auch das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung hinweist -, dass einzelne Zeilen nicht oder schlecht lesbar sein können, insbesondere, wenn hiervon Kopien, Scans oder Fotografien angefertigt werden. Der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts folgend hinge es stets von den Umständen des Einzelfalls ab, ob der Arbeitnehmer in einem – unter Umständen nur deshalb zu führenden Zeugnisrechtsstreit – die (erneute) ungeknickte Zurverfügungstellung eines Zeugnisses verlangen kann. Insbesondere im konkreten Fall steht zu befürchten, dass bei einem geknickten Zeugnis weiterer Streit über die erneute Erteilung eines – in Teilen dann möglicherweise behauptet schwerer lesbaren – Zeugnisses droht. Die Arbeitsvertragsparteien sind nicht nur erkennbar im Streit auseinandergegangen und haben über diverse Ansprüche bereits in einem weiteren Verfahren gestritten. Sie streiten darüber hinaus im vorliegenden Rechtsstreit über ein (vermeintlich) erteiltes Zeugnis, das eher den Charakter der Begründung einer verhaltensbedingten Kündigung oder Abmahnung hat.
Für die Kammer war ungeachtet dieser praktischen Fragen entscheidend, dass ein schützenswertes Interesse des Arbeitgebers daran, ein unstreitig im ungeknickten DIN-A4-Format gedrucktes Blatt Papier zu falten/zu knicken, nicht erkennbar ist, zumal es sich im Regelfall um eine Holschuld handelt. Gleiches gilt, wenn allein aus Gründen, die der Arbeitgeber zu vertreten hat, aus der Holschuld eine Schickschuld wird. Dies ist hier – wie dargelegt – der Fall.
IV.
Die Beklagten zu 2) und 3) haften als Gesellschafter der GbR in analoger Anwendung von § 128 HGB i.V.m. §§ 421, 705 ff. BGB als Gesamtschuldner (Baumbach/Hopt, HGB, 37. Auflage 2016, § 128 Rn. 15).
V.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus §§ 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, 92 Abs. 2 Nr. 1ZPO. Soweit die Klage im Hinblick auf die begehrte Schlussformel abgewiesen worden ist, stellt sich die Zuvielforderung der Klägerin als verhältnismäßig geringfügig dar. Höhere Kosten sind dadurch nicht veranlasst worden.
Der nach § 61 Abs. 1 ArbGG festzusetzende Urteilsstreitwert bestimmt sich nach § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. §§ 3 ff. ZPO. Die Kammer hat ein für die Zeugnisberichtigung den Streitwert auf ein Bruttomonatsgehalt festgesetzt.
Einer gesonderten Zulassung der Berufung bedurfte es nicht. Die Berufungsmöglichkeit ergibt sich bereits aus § 64 Abs. 2b ArbGG.