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Anspruch auf Verringerung und Neuverteilung der Arbeitszeit

ArbG Köln – Az.: 10 Ca 5194/18 – Urteil vom 13.12.2018

1. Die Beklagte wird verurteilt, einer Reduzierung der jährlichen Arbeitszeit des Klägers um 16,44 % auf 83,56 % der geschuldeten Vollarbeitszeit durch Freistellung an jeweils 10 Tagen am Monatsende der Monate Februar, April, Juni, August, Oktober und Dezember eines jeden Jahres, ab dem 01.07.2018 zuzustimmen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

3. Streitwert: 53.252,28 Euro

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Verringerung und Neuverteilung der Arbeitszeit des Klägers.

Die Beklagte ist ein Luftfahrtunternehmen, das im Bereich des fliegenden Personals regelmäßig mehr als 18.000 Arbeitnehmer beschäftigt. Der 31-jährige Kläger ist bei der Beklagten seit dem 1.10.2014 als Flugzeugführer in der Funktion als Co-Pilot beschäftigt. Er bedient das Muster A320 am Stationierungsort …. Auf das Arbeitsverhältnis finden die kollektivrechtlichen Vereinbarungen bei der Beklagten aufgrund individualrechtlicher Inbezugnahme Anwendung.

Der Kläger hat ein durchschnittliches Bruttomonatsgehalt von 8.997,75 EUR.

Mit Schreiben vom 21.3.2018 beantragte der Kläger die Gewährung von Teilzeit. Die bisherige Vollzeit will der Kläger um 16,44 % reduzieren, indem er jeweils an den letzten 10 Tagen der Monate Februar, April, Juni, August, Oktober und Dezember eines jeden Jahres von der Arbeit freigestellt wird. Die Teilzeit soll ab 1.7.2018 durchgeführt werden.

Mit Schreiben vom 12.4.2018 lehnte die Beklagte das Teilzeitbegehren des Klägers ab.

Bei der Beklagten existieren verschiedene Teilzeitmodelle, die auch eine Blockteilzeit ermöglichen. Die hierzu in der Vergangenheit existierenden betrieblichen Vereinbarungen wurden seitens der Beklagten gekündigt und wirken nicht nach. Die Beklagte räumt nunmehr Teilzeit nach einem von ihr einseitig vorgegebenen Rahmen ein. Hierzu veröffentlicht sie ein jährliches Merkblatt. Die Teilzeit wird insoweit jeweils nur befristet für ein Jahr bewilligt. Wegen der Einzelheiten des Merkblatts wird auf die Anlage zur Klageerwiderung Bezug genommen.

Mit seiner Klage verfolgt der Kläger weiterhin seinen Teilzeitantrag. Er vertritt die Auffassung, dass dem Teilzeitantrag keine betrieblichen Belange entgegenstünden.

Er bestreitet, dass aufgrund des Teilzeitantrages Neueinstellungen erforderlich würden. Es gebe keinen Mehrbedarf an Kapitänen. Seit 4 Jahren habe es keine Übernahmen von Piloten gegeben, die an der von der Beklagten betriebenen Flugschule ausgebildet worden seien.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, einer Reduzierung der jährlichen Arbeitszeit des Klägers um 16,44 % auf 83,56 % der geschuldeten Vollarbeitszeit durch Freistellung an jeweils 10 Tagen am Monatsende der Monate Februar, April, Juni, August, Oktober und Dezember eines jeden Jahres ab 1.7.2018 zuzustimmen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, der Verringerung der Arbeitszeit stünden Kapazitätsgründe entgegen. Es gebe eine verbreitete Nachfrage nach Teilzeit. Der Reduzierung stehe die Gefährdung der Bereederung des A320 entgegen. Es gebe Teilzeit auf der Basis verschiedener Modelle. Um möglichst vielen Teilzeitbegehren entsprechen zu können, würden diese jeweils auf ein Jahr befristet erteilt. Es gebe die monatsreduzierte Teilzeit, bei der Mitarbeiter eine Freistellung zwischen 3 und 15 Tagen erhielten. Des Weiteren gebe es Blockteilzeit bei der Mitarbeiter Freistellung von 1 bis 5 30 Tageblöcken erhielten. Die eingehenden Anträge würden nach Seniorität entsprechend des Freistellungsfaktors mit der geringsten Freistellungsquote gewährt. Erst nachdem sämtliche Mitarbeiter, die ein Teilzeitmodell beantragt haben, ein solches auch gewährt erhalten hätten, würden im zweiten Durchlauf die Teilzeitanträge mit der nächsthöheren Freistellungsquote überprüft und ggfls. gewährt. Bei der monatsreduzierten Teilzeit erfolge die Verteilung der freien Tage in jedem Monat durch den Arbeitgeber im Rahmen der Einsatzplanung. Der Mitarbeiter könne dabei Wünsche im Rahmen des Request äußern, wobei maximal zweimal drei zusammenhängende Teilzeittage pro Monat requestet werden können. Hierdurch verbleibe der Beklagten eine ausreichende Flexibilität.

Die Beklagte verweist zusätzlich auf vermehrte Kosten, die einerseits durch die Notwendigkeit der Einstellung zusätzlicher Piloten bzw. Kapitäne entstünden, sowie andererseits durch vermehrte Vergütungskosten wegen Mehrflugstunden des verbliebenen Personals. Eine Darlegung der Verteilung der Mehrflugstunden der einzelnen Piloten sei jedoch aufgrund der sich monatlich ändernden Flugstunden nicht möglich.

Dem konkreten Teilzeitantrag des Klägers stünde entgegen, dass eine Blockung der freien Tage am Monatsende die Planungsschwierigkeiten nochmals erhöht würden. Zusätzlich würden vermehrt Tage in den … Schulferien geblockt und die begehrten Zeiten am Jahresende.

Anspruch auf Verringerung und Neuverteilung der Arbeitszeit
(Symbolfoto: Andrey_Popov/Shutterstock.com)

Der Kläger vertritt die Ansicht, dass die formalen Voraussetzungen für einen Teilzeitantrag gem. § 8 TzBfG vorlägen. Die Reduzierung der Arbeitszeit könne bei der Art der Arbeit des Klägers nur durch die Reduzierung der monatlichen Arbeitszeit durch blockweise Freistellung erfolgen. Die von der Beklagten vorgenommene Gewährung von Teilzeit befristet für ein Jahr widerspreche der Regelung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes. Dem Antrag stünden auch keine betrieblichen Gründe entgegen. Die vom Kläger begehrte Reduzierung der Arbeitszeit um 13,15 % mache keine Neueinstellungen erforderlich. Es sei auch nicht ersichtlich, dass der konkrete Teilzeitwunsch des Klägers zu größeren Problemen bei der Urlaubsgewährung komme. Insoweit fehle es am substantiierten Vortrag zur angeblichen Beeinträchtigung der Urlaubsplanung. Dem Teilzeitantrag stehe kein Organisationskonzept der Beklagten entgegen. Es bestehe auch keine Personalknappheit. Es gebe für die Jahre 2017 bzw. 2018 keinen Mehrbedarf an Kapitänen. Die Beklagte rechne vielmehr mit einem Rückgang. Aus diesem Grund habe sie die Schulungen für Copiloten drastisch reduziert. Es entstünden auch ansonsten keine Mehrkosten. Diese Mehrflugstunden würden vielmehr regelmäßig eingeplant und beruhten nicht auf einem Teilzeitantrag des Klägers. Es fehle im Übrigen jeglicher konkrete Vortrag zu den angeblichen Mehrkosten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig.

Die auf Abgabe einer Willenserklärung gerichtete Klage ist zulässig. Sie ist hinreichend bestimmt i.S.d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Klageantrag ist auch soweit er sich auf ein in der Vergangenheit liegendes Datum bezieht zulässig, denn das unbefristete Teilzeitbegehren nach § 8 TzBfG, mit dem die klagende Partei eine Reduzierung der regelmäßigen Arbeitszeit verlangt, kann auch mit Rückwirkung gerichtlich durchgesetzt werden (BAG vom 15.4.2008 – 9 AZR 380/07 -; Juris).

Die Klage ist auch begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, der Reduzierung der jährlichen Arbeitszeit in dem gewünschten Umfang zuzustimmen, § 8 Abs. 1 TzBfG.

Die allgemeinen Voraussetzungen für den Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit lagen zum Zeitpunkt des Änderungsverlangens vor. Das Arbeitsverhältnis der klagenden Partei mit der Beklagten, die mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt (§ 8 Abs. 7 TzBfG), bestand länger als sechs Monate (§ 8 Abs. 1 TzBfG). Die klagende Partei hat das Verlangen, die regelmäßige Arbeitszeit zu verringern, mit dem Begehren, an den im Klageantrag genannten Tagen eines jeden Monats nicht arbeiten zu müssen, zulässigerweise verknüpft (vgl. BAG, Urt. v. 11.06.2013 – 9 AZR 786/11, Rn. 9, juris). Der Verringerungsantrag vom 20.2.2018 ist hinreichend bestimmt und bezogen auf die Reduzierung und Verteilung der Arbeitszeit in sich schlüssig. Die Zustimmung der Beklagten wird nicht gemäß § 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG fingiert. Die Beklagte lehnte das Angebot der klagenden Partei auf Vertragsänderung mit Schreiben vom 12.4.2018 form- und fristgerecht ab (§ 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG).

Der auf Annahme des Vertragsangebots gerichtete Antrag ist nicht deshalb unbegründet, weil die klagende Partei die rückwirkende Änderung des Arbeitsverhältnisses ab dem 01.07.2018 verlangt. Seit Inkrafttreten des § 311a Abs. 1 BGB idF des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001 (BGBl. I S. 3138) kommt die Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung mit Rückwirkung in Betracht. Ein Vertragsangebot kann auch dann angenommen werden, wenn es auf eine Vertragsänderung zu einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt gerichtet ist. Dies gilt selbst in den Fällen, in denen der Vertrag hinsichtlich der Vergangenheit tatsächlich nicht durchgeführt werden kann (vgl. BAG, Urt. v. 12.04.2011 – 9 AZR 19/10, Rn. 15, juris).

Dem Verringerungsantrag des Klägers steht nicht der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegen. Das Teilzeitbegehren beinhaltet nur eine geringfügige Reduzierung der Arbeitszeit. Dies allein ist jedoch kein ausreichendes Indiz für eine Rechtsmissbräuchlichkeit des Antrags (BAG vom 18.8.2009 – 9 AZR 517/08; Juris). Sonstige Anhaltspunkte für einen Rechtsmissbrauch sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Dem Teilzeitbegehren des Klägers stehen keine betrieblichen Gründe i.S.d. § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG entgegen. Nur wenn es derartige entgegenstehende betriebliche Gründe gibt, hat der Arbeitgeber das Recht, den Teilzeitantrag abzulehnen.

Die Kammer folgt dabei der zutreffenden Entscheidung der 9. Kammer des Arbeitsgerichts Köln vom 31.10.2018 -9 Ca 5184/18-, deren Ausführungen sie sich zu eigen macht:

Ein entgegenstehender betrieblicher Grund liegt gemäß § 8 Abs. 4 Satz 2 TzBfG insbesondere vor, wenn die Umsetzung des Arbeitszeitverlangens die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht. Insoweit genügt es, wenn der Arbeitgeber rational nachvollziehbare, hinreichend gewichtige Gründe hat, der Verringerung der Arbeitszeit nicht zuzustimmen (BAG, Urt. v. 13.11.2012 – 9 AZR 259/11, Rn. 21, juris). Der Arbeitgeber kann die Ablehnung des Teilzeitbegehrens aber nicht allein mit seiner abweichenden unternehmerischen Vorstellung von der „richtigen“ Arbeitszeitverteilung begründen (st. Rspr., BAG, Urt. v. 08.05.2007 – 9 AZR 1112/06, AP TzBfG § 8 Nr. 21 = EzA TzBfG § 8 Nr. 18; BAG Urt. v. 15.08.2006 – 9 AZR 30/06, AP TzBfG § 8 Nr. 16 = EzA TzBfG § 8 Nr. 14).

a) Nach § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG hat der Arbeitgeber der Verringerung der Arbeitszeit zuzustimmen, soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. Ein entgegenstehender betrieblicher Grund liegt gemäß § 8 Abs. 4 Satz 2 TzBfG insbesondere vor, wenn die Umsetzung des Arbeitszeitverlangens die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht. Insoweit genügt es, wenn der Arbeitgeber rational nachvollziehbare, hinreichend gewichtige Gründe hat, der Verringerung der Arbeitszeit nicht zuzustimmen (BAG, Urt. v. 13.11.2012 – 9 AZR 259/11, Rn. 21, juris). Der Arbeitgeber kann die Ablehnung des Teilzeitbegehrens daher nicht allein mit seiner abweichenden unternehmerischen Vorstellung von der „richtigen“ Arbeitszeitverteilung begründen (st. Rspr., BAG, Urt. v. 08.05.2007 – 9 AZR 1112/06, AP TzBfG § 8 Nr. 21 = EzA TzBfG § 8 Nr. 18; BAG Urt. v. 15.08.2006 – 9 AZR 30/06, AP TzBfG § 8 Nr. 16 = EzA TzBfG § 8 Nr. 14).

b) Nach der Rechtsprechung des 9. Senats des BAG ist die Prüfung, ob betriebliche Gründe entgegenstehen, regelmäßig in drei Stufen vorzunehmen. Zunächst ist festzustellen, ob der vom Arbeitgeber als erforderlich angesehenen Arbeitszeitregelung überhaupt ein betriebliches Organisationskonzept zugrunde liegt und – wenn das der Fall ist – um welches Konzept es sich handelt (erste Stufe). In der Folge ist zu untersuchen, inwieweit die aus dem Organisationskonzept folgende Arbeitszeitregelung dem Arbeitszeitverlangen tatsächlich entgegensteht (zweite Stufe). Schließlich ist das Gewicht der entgegenstehenden betrieblichen Gründe zu prüfen (dritte Stufe). Dabei ist die Frage zu klären, ob das betriebliche Organisationskonzept oder die zugrunde liegende unternehmerische Aufgabenstellung durch die vom Arbeitnehmer gewünschte Abweichung wesentlich beeinträchtigt wird. Maßgeblich für das Vorliegen der betrieblichen Gründe ist der Zeitpunkt der Ablehnung des Arbeitszeitwunschs durch den Arbeitgeber, der die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen entgegenstehender betrieblicher Gründe trägt (st. Rspr., BAG, Urt. v. 13.11.2012 – 9 AZR 259/11, Rn. 23, juris; BAG, Urt. v. 08.05.2007 – 9 AZR 1112/06, AP TzBfG § 8 Nr. 21 = EzA TzBfG § 8 Nr. 18; BAG, Urt. v. 15.08.2006 – 9 AZR 30/06, AP TzBfG § 8 Nr. 16 = EzA TzBfG § 8 Nr. 14; BAG, Urt. v. 21.06.2005 – 9 AZR 409/04, BAGE 115, 136 ff.). Der Begriff der entgegenstehenden betrieblichen Gründe wiederum ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, bei dessen Anwendung dem Tatsachengericht ein Beurteilungsspielraum zukommt (st. Rspr., BAG, Urt. v. 20.01.2015 – 9 AZR 735/13, Rn. 19, juris; BAG, Urt. v. 08.05.2007 – 9 AZR 1112/06, AP TzBfG § 8 Nr. 21 = EzA TzBfG § 8 Nr. 18 ; BAG, Urt. v. 09.12.2003 – 9 AZR 16/03, BAGE 109, 81 ff.).

c) Hieran gemessen sind vorliegend keine betrieblichen Gründe gegeben, die dem Verlangen nach Arbeitszeitreduzierung entgegen gehalten werden können.

(1) Zumindest für die Kalenderjahre ab 2019 und die zukünftigen Jahre hat die Beklagte kein entgegenstehendes betriebliches Konzept dargestellt, mit dem sie das unbefristete Teilzeitverlangen der klagenden Partei ablehnen könnte. Ihr Vorbringen beschränkt sich, wenn überhaupt, auf Planungsdaten für das Jahr 2017/2018 und die aus ihrer Sicht bestehenden Planungsschwierigkeiten, vor allem aufgrund der Saisonalität des Flugbetriebes. Unklar bleibt, mit welcher Argumentation sie den Teilzeitwunsch der klagenden Partei für die darauffolgenden Jahre ablehnen will. Die angebliche Unmöglichkeit, soweit in die Zukunft planen zu können, ist kein entgegenstehendes unternehmerisches Konzept, sondern allgemeines (Lebens-)Risiko. Soweit die Beklagte sich insofern auf Planungsunsicherheit beruft, reicht der allgemein gehaltene Hinweis auf die Besonderheiten von Luftfahrtunternehmen nicht aus, um die Annahme zu rechtfertigen, es liege ein entgegenstehender betrieblicher Grund vor. Die Besonderheiten des Luftverkehrs entbinden die Beklagte ebenso wenig wie andere Arbeitgeber davon, die im Zeitpunkt der Ablehnung bestehenden konkreten Planungsunwägbarkeiten darzulegen. Anderenfalls würde die in § 1 TzBfG enthaltene Zielsetzung des Gesetzes, Teilzeitarbeit zu fördern, verfehlt (BAG, Urt. v. 24.06.2008 – 9 AZR 313/07, Rn. 31, juris). Zudem hat die Beklagte nicht vorgetragen, ob und aufgrund welcher Umstände gerade eine Teilzeitbeschäftigung der klagenden Partei für die Planungsunsicherheit ursächlich sein oder diese erhöhen könnte (BAG, Urt. v. 20.01.2015 – 9 AZR 735/13, Rn. 36, juris). Dies gilt ebenso für den Punkt, dass sich die Beklagte auf einen Personalbedarf an Co-Piloten beruft, da die Beklagte ausweislich eines von ihr selbst vorgelegten Dokumentes (Bl. 64 d.A.) Flugzeuge außer Dienst gestellt hat.

(2) Auf die geltenden kollektivrechtlichen Regelungen kann die Beklagte die Verweigerung des Teilzeitwunsches ebenfalls nicht stützen, denn auch ihr lässt sich kein entgegenstehendes unternehmerisches Konzept entnehmen. Die kollektiven Regelungen beschreiben zwar einen Katalog von Teilzeitmodellen abschließend. Allerdings werden damit die individualrechtlichen Ansprüche nach § 8 TzBfG nicht abbedungen. Die hierin liegende Beschränkung ist unzulässig, da sie die Wahlmöglichkeiten, die das TzBfG der klagenden Partei eröffnet, zu ihren Lasten beschränkt. § 22 Abs. 1 TzBfG erfasst alle Regelungen, die den Inhalt des Anspruchs zum Nachteil des Arbeitnehmers verändern (BAG, Urt. v. 14.10.2003 -9 AZR 100/03, Rn. 28, juris). Insbesondere die unbefristete Dauer des gesetzlichen Teilzeitanspruchs aus § 8 TzBfG ist nicht dispositiv (vgl. BAG, Urt. v. 24.06.2008 – 9 AZR 313/07, NZA 2008, 1309 ff.). Hinzu kommt, dass die Bewilligung von befristeter Teilzeit und ein Antrag nach § 8 TzBfG rechtlich vollkommen sind.

Die Kammer schließt sich diesen Ausführungen insgesamt an. Dies gilt insbesondere für die fehlende Darlegung der betrieblichen Belange. Die Beklagte räumt den bei ihr beschäftigten Piloten Teilzeiten ein. Dies jedoch nur im Rahmen des von ihr einseitig festgelegten Umfangs und befristet jeweils auf ein Jahr. Dies widerspricht den Regelungen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes. Es ist der gesetzgeberische Wunsch, Arbeitnehmern in einem größeren Umfang Teilzeit einzuräumen. Dem haben die Arbeitgeber, soweit nicht betriebliche Gründe entgegenstehen, Rechnung zu tragen. Es ist kein betrieblicher Grund ersichtlich, woraus eine Beschränkung von Teilzeitanträgen lediglich für die Dauer eines Jahres folgen sollte. Es erhöht vielmehr die Planungssicherheit, wenn die Teilzeit unbeschränkt erfolgt. Es entspricht auch nicht dem gesetzgeberischen Zweck des TzBfG, dass Teilzeitanträge in einer Abhängigkeit des Umfangs der Reduzierung der Arbeitszeit oder gestaffelt nach Seniorität vergeben werden. Die einseitig von der Beklagten vorgegebenen Teilzeitmodelle zeigen aber, dass es ihr sehr wohl möglich ist, die reduzierte Arbeitszeit zu ermöglichen. Das gerade, das vom Kläger beanspruchte Teilzeitmodell nachteilige betriebliche Auswirkungen haben soll, ist nicht schlüssig dargelegt. Es ist insoweit auch insbesondere nicht konkret belegt, dass es aufgrund der Blockung der freien Tage am Monatsende zu größeren Schwierigkeiten in der Planung kommt. Soweit sich die freien Tage teilweise in den Schulferien befinden ist auch nicht konkret dargelegt, dass es hierdurch zu Benachteiligungen von Kollegen kommt. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass es sich jeweils um wenige Tage handelt. Es ist keine Blockung der Teilzeit für den gesamten Zeitraum von Schulferien beantragt worden. Einer Veränderung der Lage der geblockten freien Tage im Verlauf eines Monats, wie sie vom Kläger und dem Gericht vorgeschlagen worden sind, hat die Beklagte im Übrigen widersprochen.

Der Klage war mithin insgesamt stattzugeben.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 ZPO, 42 Abs. 3 GKG.

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