Übersicht:
- Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Rechtliche Herausforderungen der Arbeit auf Abruf: Ein Präzedenzfall im Fokus
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- FAQ – Häufige Fragen
- Welche Rechte haben Beschäftigte bei Arbeit auf Abruf?
- Welche Risiken bestehen bei der Arbeit auf Abruf?
- Welche Mindestarbeitszeit gilt bei fehlender vertraglicher Vereinbarung?
- Wie wirkt sich eine unwirksame Arbeitsvertragsklausel auf die Arbeitszeit aus?
- Welche Bedeutung hat eine ergänzende Vertragsauslegung bei Arbeit auf Abruf?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Es ging um die Frage, ob der Kläger Anspruch auf eine feste Wochenarbeitszeit hat.
- Der Kläger wollte wöchentlich eine bestimmte Anzahl an Stunden arbeiten.
- Der Arbeitsvertrag erlaubte flexible Arbeitszeiten je nach Arbeitsanfall.
- Der Kläger wurde in der Vergangenheit unterschiedlich oft eingesetzt, was er als Vollzeitarbeitsverhältnis interpretierte.
- Das Gericht entschied, dass kein Anspruch auf eine feste Wochenarbeitszeit besteht.
- Die Vertragsklausel zur Abrufarbeit wurde als unwirksam angesehen.
- Es wurde festgestellt, dass die Arbeitszeit nach Bedarf abgerufen werden kann.
- Die tatsächliche Arbeitsleistung in der Vergangenheit führte nicht zu einer Vertragsänderung.
- Die Planungssicherheit des Klägers war durch die flexible Arbeitszeit beeinträchtigt.
- Die Entscheidung des Gerichts basiert auf der ergänzenden Vertragsauslegung zur Festlegung einer Mindestarbeitszeit.
Rechtliche Herausforderungen der Arbeit auf Abruf: Ein Präzedenzfall im Fokus
Die Arbeitswelt unterliegt ständigen Veränderungen, und flexible Arbeitsmodelle gewinnen zunehmend an Bedeutung. Einer dieser Ansätze ist die „Arbeit auf Abruf“, die es Arbeitgebern ermöglicht, Mitarbeiter je nach Bedarf und Arbeitsanfall einzusetzen. Dies kann für Unternehmen wirtschaftliche Vorteile bringen, gleichzeitig wirft es jedoch zahlreiche rechtliche Fragestellungen auf. Insbesondere die Regelungen zur Arbeitszeit und die Gestaltung entsprechender Klauseln im Arbeitsvertrag stehen im Fokus der aktuellen Diskussion.
Die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Arbeit auf Abruf sind komplex und betreffen sowohl die Rechte der Beschäftigten als auch die Pflichten der Arbeitgeber. Ein zentraler Punkt ist die Frage, inwieweit solche Vertragsklauseln wirksam sind und ob sie die Interessen der Arbeitnehmer ausreichend schützen. Denn während Flexibilität durchaus wünschenswert ist, darf dies nicht zulasten der Planungssicherheit und der finanziellen Stabilität der Mitarbeiter gehen.
Im folgenden Abschnitt wird ein konkreter Fall vorgestellt, der die rechtlichen Herausforderungen und neuesten Entwicklungen im Bereich der Arbeit auf Abruf beleuchtet.
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Der Fall vor Gericht
Arbeit auf Abruf: Klage um Mindestarbeitszeit bei der F. GmbH

Der Fall eines langjährigen Mitarbeiters der F. GmbH in F. hat die Frage nach der rechtlichen Ausgestaltung von Arbeit auf Abruf vor das Landesarbeitsgericht Düsseldorf gebracht. Der seit 1999 als Versandhilfskraft beschäftigte Kläger strebte die gerichtliche Festlegung eines bestimmten wöchentlichen Arbeitsumfangs an.
Vertragliche Grundlagen und tatsächliche Beschäftigung
Der Arbeitsvertrag des Klägers sah vor, dass sich Umfang und Lage seiner Arbeitszeit nach dem jeweiligen Arbeitsanfall richten sollten. Eine Mindestarbeitszeit war nicht festgelegt. Tatsächlich wurde der Kläger in monatlich schwankendem Umfang eingesetzt, wobei die durchschnittliche monatliche Arbeitszeit zwischen 176 und 189 Stunden lag.
Gerichtliche Auseinandersetzung
Der Kläger vertrat die Auffassung, die vertragliche Klausel zur Abrufarbeit sei unwirksam, da sie ihm das volle wirtschaftliche Risiko übertrage. Er forderte eine Beschäftigung im Umfang von durchschnittlich 42,8 Stunden wöchentlich. Das Arbeitsgericht Essen gab der Klage teilweise statt und sprach dem Kläger einen Beschäftigungsanspruch von 33,4 Stunden wöchentlich zu.
Entscheidung des Landesarbeitsgerichts
Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf bestätigte im Wesentlichen die Entscheidung der Vorinstanz. Es stellte fest, dass die Parteien weder ausdrücklich noch konkludent ein Vollzeitarbeitsverhältnis vereinbart hatten. Die vertragliche Regelung zur Arbeit auf Abruf wurde als unwirksam erachtet, da sie den Kläger unangemessen benachteilige.
Ergänzende Vertragsauslegung
Zur Schließung der Vertragslücke nahm das Gericht eine ergänzende Vertragsauslegung vor. Dabei berücksichtigte es die tatsächliche Vertragsdurchführung und kam zu dem Schluss, dass die Parteien ein Abrufarbeitsverhältnis mit einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 41,74 Stunden gewollt hatten.
Flexibilisierung und Interessenausgleich
Um einen angemessenen Ausgleich zwischen dem Flexibilisierungsinteresse des Arbeitgebers und dem Interesse des Arbeitnehmers an Planungssicherheit zu schaffen, begrenzte das Gericht den flexiblen Anteil der Arbeitszeit auf 25%. Hieraus ergab sich ein Beschäftigungsanspruch des Klägers von mindestens 33,4 Stunden wöchentlich, bezogen auf den Jahresdurchschnitt.
Rechtliche Einordnung
Das Gericht lehnte einen Rückgriff auf die gesetzliche Fiktion des § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG ab, wonach bei fehlender Vereinbarung einer bestimmten Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit eine Arbeitszeit von zehn Stunden als vereinbart gilt. Dies sei angesichts der tatsächlichen Handhabung des Vertragsverhältnisses nicht interessengerecht.
Revision zugelassen
Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache wurde die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen. Dies eröffnet die Möglichkeit einer höchstrichterlichen Klärung der aufgeworfenen Rechtsfragen zur Ausgestaltung von Arbeit auf Abruf.
Die Schlüsselerkenntnisse
Die Entscheidung verdeutlicht, dass bei Arbeit auf Abruf ohne wirksame Mindestarbeitszeitvereinbarung eine ergänzende Vertragsauslegung unter Berücksichtigung der tatsächlichen Vertragsdurchführung erforderlich ist. Dabei ist ein angemessener Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu finden, indem der flexible Arbeitszeitanteil auf 25% begrenzt wird. Die gesetzliche Fiktion des § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG findet keine Anwendung, wenn die Parteien erkennbar eine längere Mindestarbeitszeit wollten.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie als Arbeitnehmer in einem Arbeitsverhältnis mit Arbeit auf Abruf beschäftigt sind, stärkt dieses Urteil Ihre Rechte auf Planungssicherheit und ein stabiles Einkommen. Es legt fest, dass Ihr Arbeitgeber Ihnen eine Mindestarbeitszeit garantieren muss, die sich an Ihrem bisherigen durchschnittlichen Arbeitspensum orientiert. Allerdings darf Ihr Arbeitgeber weiterhin bis zu 25% der Arbeitszeit flexibel gestalten. Wichtig für Sie zu wissen: Auch wenn Sie über längere Zeit mehr arbeiten als vertraglich vereinbart, entsteht daraus nicht automatisch ein Anspruch auf diese höhere Arbeitszeit. Das Urteil betont jedoch, dass Ihre tatsächliche Beschäftigung bei der Ermittlung Ihrer Mindestarbeitszeit berücksichtigt werden muss, was Ihnen mehr Sicherheit bei der Planung Ihrer Finanzen und Freizeit gibt.
FAQ – Häufige Fragen
Arbeit auf Abruf – ein flexibler Weg, der gleichzeitig viele Fragen aufwirft. Arbeit auf Abruf und rechtliche Rahmenbedingungen – hier finden Sie Antworten auf die wichtigsten Fragen rund um dieses Thema.
Wichtige Fragen, kurz erläutert:
- Welche Rechte haben Beschäftigte bei Arbeit auf Abruf?
- Welche Risiken bestehen bei der Arbeit auf Abruf?
- Welche Mindestarbeitszeit gilt bei fehlender vertraglicher Vereinbarung?
- Wie wirkt sich eine unwirksame Arbeitsvertragsklausel auf die Arbeitszeit aus?
- Welche Bedeutung hat eine ergänzende Vertragsauslegung bei Arbeit auf Abruf?
Welche Rechte haben Beschäftigte bei Arbeit auf Abruf?
- Beschäftigte, die auf Abruf arbeiten, haben verschiedene Rechte, die durch das Teilzeit– und Befristungsgesetz (TzBfG) geschützt werden. Diese Rechte sind wichtig, um die Interessen der Arbeitnehmer zu wahren und sicherzustellen, dass sie fair behandelt werden.
- Recht auf feste Arbeitszeitvereinbarung: Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen im Arbeitsvertrag die tägliche und wöchentliche Arbeitszeit festlegen. Dies ist gesetzlich in § 12 Abs. 1 TzBfG geregelt. Ohne eine solche Vereinbarung kann der Arbeitnehmer nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet werden.
- Recht auf Mindestarbeitszeit: Wenn keine wöchentliche Arbeitszeit vereinbart wurde, muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zumindest 20 Stunden pro Woche zahlen, sofern dies gesetzlich vorgeschrieben ist. Dieser Schutzmechanismus verhindert, dass Arbeitnehmer ohne ausreichende Einkommenssicherheit bleiben.
- Recht auf Entgeltfortzahlung: Arbeitnehmer, die auf Abruf arbeiten, haben Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei Krankheit oder medizinischen Vorsorgemaßnahmen. Die Entgeltfortzahlung wird auf Basis der durchschnittlichen Arbeitszeit der letzten drei Monate berechnet und kann bis zu sechs Wochen fortgezahlt werden.
- Recht auf Vorankündigung: Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer mindestens vier Tage im Voraus über den anstehenden Arbeitseinsatz informieren. Dies gibt dem Arbeitnehmer genügend Zeit, sich auf den Einsatz vorzubereiten.
- Recht auf Schutz vor Überforderung: Die vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit darf nicht um mehr als 25 Prozent überschritten werden. Ebenso darf die vereinbarte Arbeitszeit nicht um mehr als 20 Prozent unterschritten werden. Dies verhindert, dass Arbeitnehmer übermäßig belastet werden.
- Recht auf Mitbestimmung des Betriebsrats: Wenn ein Betriebsrat vorhanden ist, hat er das Recht, bei der täglichen Arbeitszeit mitzubestimmen. Dies sichert die Interessen der Arbeitnehmer im Betrieb ab.
- Recht auf Schutz vor unverschuldeten Arbeitsausfällen: Wenn der Arbeitgeber keine Arbeit für den Arbeitnehmer hat, muss er dennoch das vereinbarte Entgelt zahlen, sofern der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft angeboten hat. Dies schützt die Arbeitnehmer vor unverschuldeten Einkommensverlusten.
Diese Rechte gewährleisten, dass Arbeitnehmer auf Abruf fair behandelt werden und ihre Interessen geschützt sind.
Welche Risiken bestehen bei der Arbeit auf Abruf?
Die Arbeit auf Abruf birgt mehrere Risiken, insbesondere für die Arbeitnehmer. Ein Hauptproblem ist die finanzielle Unsicherheit. Arbeitnehmer wissen oft nicht, wie viele Stunden sie in einer Woche arbeiten werden, was ihre monatlichen Einkünfte stark schwankend macht. Dies erschwert die Planung von Ausgaben und die Sicherung des Lebensunterhalts.
Ein weiteres Risiko ist die Verlagerung des Betriebsrisikos auf die Arbeitnehmer. Im Normalfall trägt der Arbeitgeber das Risiko, dass es keine sinnvolle Verwendung für die Arbeitsleistungen gibt. Bei der Arbeit auf Abruf übernehmen die Arbeitnehmer jedoch einen Teil dieses Risikos, da sie nur vergütet werden, wenn sie tatsächlich arbeiten.
Die Planungssicherheit ist ebenfalls stark eingeschränkt. Arbeitnehmer müssen oft kurzfristig zur Arbeit erscheinen, was die Organisation von Privatleben und anderen Verpflichtungen erschwert. Die Ankündigungsfrist für Abrufarbeit beträgt mindestens vier Tage, was jedoch nicht immer ausreicht, um private Pläne zu machen.
Darüber hinaus gibt es gesetzliche Fallstricke. Ohne klare Vereinbarungen im Arbeitsvertrag kann die wöchentliche Arbeitszeit auf 20 Stunden festgelegt werden, was zu Problemen mit dem Mindestlohn führen kann, insbesondere bei Minijobs auf Abruf.
Die Arbeit auf Abruf kann auch zu sozialen Problemen führen, da Arbeitnehmer oft Schwierigkeiten haben, ihre Freizeit zu planen und ihre sozialen Kontakte zu pflegen.
Die Gesundheit der Arbeitnehmer kann auch beeinträchtigt werden, da die unregelmäßigen Arbeitszeiten zu Stress und Überlastung führen können.
Es ist wichtig, dass Arbeitnehmer sich dieser Risiken bewusst sind und sich entsprechend vorbereiten, um ihre Rechte und Interessen zu schützen.
Welche Mindestarbeitszeit gilt bei fehlender vertraglicher Vereinbarung?
Wenn im Arbeitsvertrag keine feste Arbeitszeit vereinbart wurde, greifen gesetzliche Regelungen, um die Beschäftigten zu schützen. Bei Arbeit auf Abruf, wo die Arbeitszeit nach dem Arbeitsanfall bestimmt wird, ist es wichtig, die gesetzlichen Mindestarbeitszeiten zu kennen.
Gesetzliche Mindestarbeitszeit
Ohne eine vertragliche Vereinbarung gilt eine wöchentliche Mindestarbeitszeit von 20 Stunden als vereinbart. Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Vergütung für mindestens 20 Stunden pro Woche hat, auch wenn die tatsächliche Arbeitsleistung geringer war. Diese Regelung dient dazu, die Planungsunsicherheit für Beschäftigte zu minimieren und sicherzustellen, dass sie eine gewisse Mindestvergütung erhalten.
Tägliche Mindestarbeitszeit
Für den Fall, dass die Dauer der täglichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, muss der Arbeitgeber die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers täglich jeweils für mindestens drei aufeinander folgende Stunden abrufen. Dies stellt sicher, dass der Arbeitnehmer nicht nur kurzfristig und unvorhersehbar eingesetzt wird, sondern eine gewisse Kontinuität in seiner Arbeitszeit hat.
Ankündigungsfrist
Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer die Lage seiner Arbeitszeit jeweils mindestens vier Tage im Voraus mitteilen. Diese Ankündigungsfrist hilft den Beschäftigten, ihre persönlichen und beruflichen Planungen besser zu koordinieren.
Praktische Umsetzung
In der Praxis bedeutet dies, dass Arbeitnehmer, die auf Abruf arbeiten, auf eine gewisse Stabilität in ihrer Arbeitszeit und Vergütung vertrauen können. Sie haben Anspruch auf eine Mindestvergütung, auch wenn die tatsächliche Arbeitsleistung schwankt. Dies schützt sie vor unvorhersehbaren und unfairen Arbeitsbedingungen.
Durch diese gesetzlichen Regelungen wird sichergestellt, dass Arbeitnehmer auf Abruf nicht ausgenutzt werden und eine gewisse finanzielle Sicherheit haben.
Wie wirkt sich eine unwirksame Arbeitsvertragsklausel auf die Arbeitszeit aus?
Eine unwirksame Arbeitsvertragsklausel kann sich auf die Arbeitszeit auswirken, indem sie die Regelungen zur Arbeitszeitgestaltung beeinflusst. Wenn eine Klausel im Arbeitsvertrag unwirksam ist, bedeutet dies, dass sie nicht rechtsgültig ist und daher nicht angewendet werden kann.
Beispiel: Eine Klausel im Arbeitsvertrag sieht vor, dass der Arbeitnehmer Überstunden ohne zusätzliche Vergütung leisten muss. Wenn diese Klausel unwirksam ist, bedeutet dies, dass der Arbeitnehmer für Überstunden Anspruch auf Vergütung hat.
In Deutschland ist die Arbeitszeit durch das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) geregelt. Das Gesetz sieht vor, dass die tägliche Arbeitszeit acht Stunden nicht überschreiten darf (§ 3 ArbZG). Wenn eine Klausel im Arbeitsvertrag diese Regelung verletzt, ist sie unwirksam.
Rechtsfolge: Wenn eine unwirksame Klausel im Arbeitsvertrag die Arbeitszeit betrifft, kann der Arbeitnehmer sich auf die gesetzlichen Regelungen berufen. In diesem Fall kann der Arbeitnehmer beispielsweise Überstundenvergütung fordern oder die Einhaltung der gesetzlichen Arbeitszeit beanspruchen.
Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die Rechtsfolgen einer unwirksamen Klausel im Arbeitsvertrag immer von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängen. Es ist daher ratsam, sich an einen Rechtsanwalt zu wenden, um die konkreten Rechte und Pflichten zu klären.
Welche Bedeutung hat eine ergänzende Vertragsauslegung bei Arbeit auf Abruf?
Die ergänzende Vertragsauslegung bei Arbeit auf Abruf spielt eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, Lücken in einem Vertrag zu schließen, die durch fehlende oder unwirksame Regelungen entstanden sind. Diese Methode hilft, eine faire und interessengerechte Lösung zu finden, die den ursprünglichen Vertragszweck und die beiderseitigen Interessen der Parteien berücksichtigt.
Voraussetzungen und Anwendung
Eine ergänzende Vertragsauslegung ist nur dann möglich, wenn eine planwidrige Regelungslücke vorliegt. Das bedeutet, dass die Parteien einen Punkt übersehen haben oder eine Regelung bewusst unterlassen haben, die jedoch für die Verwirklichung des Vertragszwecks notwendig ist. Diese Lücke kann durch eine nachträgliche Änderung der rechtlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse entstehen oder durch die Unwirksamkeit einer getroffenen Vereinbarung.
Beispiel: Arbeitszeit bei Arbeit auf Abruf
Ein typisches Beispiel für die Anwendung der ergänzenden Vertragsauslegung bei Arbeit auf Abruf ist die Festlegung der wöchentlichen Arbeitszeit. Wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht festlegen, gilt grundsätzlich eine Arbeitszeit von 20 Stunden als vereinbart, gemäß § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG. Eine Abweichung von dieser gesetzlichen Regelung kann nur dann angenommen werden, wenn die gesetzliche Regelung nicht sachgerecht ist und objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Parteien bei Vertragsschluss übereinstimmend eine andere Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit gewollt hätten.
Kriterien für die Auslegung
Bei der ergänzenden Vertragsauslegung müssen die Parteien nach dem von ihnen gewollten Vertragszweck bei sachgemäßer Abwägung ihrer beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben redlicherweise vereinbart hätten, wenn sie den unvorhergesehen eingetretenen und deshalb von ihnen nicht geregelten Fall bei Vertragsschluss bedacht hätten. Das Ergebnis der ergänzenden Vertragsauslegung darf nicht im Widerspruch zum tatsächlichen Parteiwillen sowie zum Vertragsinhalt stehen oder zu einer wesentlichen Erweiterung des Vertragsgegenstandes führen.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Abrufklausel: Eine Klausel im Arbeitsvertrag, die es dem Arbeitgeber erlaubt, den Arbeitnehmer je nach Bedarf und Arbeitsanfall „abzurufen“ und einzusetzen. Sie regelt, dass Umfang und Lage der Arbeitszeit flexibel und nicht im Voraus festgelegt sind.
- Unwirksamkeit: Eine Rechtsfolge, die bedeutet, dass ein Vertrag oder eine Vertragsklausel nicht gültig ist und keine rechtlichen Wirkungen entfaltet. Im vorliegenden Fall wurde die Abrufklausel als unwirksam angesehen, da sie den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligte.
- Konkludent: Eine Art der Willenserklärung, bei der der Wille nicht ausdrücklich erklärt, sondern durch schlüssiges Verhalten zum Ausdruck gebracht wird. Im Zusammenhang mit Arbeitsverträgen kann beispielsweise durch die regelmäßige Zahlung eines bestimmten Gehalts ein konkludenter Arbeitsvertrag über eine bestimmte Stundenzahl zustande kommen.
- Ergänzende Vertragsauslegung: Ein Vorgehen, bei dem das Gericht eine Vertragslücke schließt, indem es den mutmaßlichen Willen der Vertragsparteien ermittelt und den Vertrag entsprechend ergänzt. Dies geschieht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls und der allgemeinen Verkehrssitte.
- Beschäftigungsanspruch: Das Recht des Arbeitnehmers auf Beschäftigung in einem bestimmten Umfang. Im vorliegenden Fall wurde dem Kläger ein Beschäftigungsanspruch von mindestens 33,4 Stunden pro Woche zugesprochen, um einen Ausgleich zwischen Flexibilität und Planungssicherheit zu schaffen.
- Gesetzliche Fiktion: Eine Annahme, die das Gesetz trifft, obwohl sie möglicherweise nicht der Realität entspricht. Im vorliegenden Fall geht es um die gesetzliche Fiktion des § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG, wonach bei fehlender Vereinbarung einer bestimmten Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit eine Arbeitszeit von zehn Stunden als vereinbart gilt. Diese Fiktion wurde jedoch nicht angewendet, da sie im konkreten Fall nicht interessengerecht war.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 307 Abs. 1 BGB (Unangemessene Benachteiligung): Diese Vorschrift besagt, dass Vertragsbedingungen unwirksam sind, wenn sie den Vertragspartner unangemessen benachteiligen. Im vorliegenden Fall wurde die Abrufklausel im Arbeitsvertrag des Klägers als unwirksam angesehen, da sie ihm das volle wirtschaftliche Risiko der schwankenden Arbeitszeiten aufbürdete und ihn somit unangemessen benachteiligte.
- § 611 BGB (Arbeitsvertrag): Dieser Paragraph definiert den Arbeitsvertrag als ein Schuldverhältnis, in dem sich der Arbeitnehmer zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet. Im vorliegenden Fall war strittig, ob ein Vollzeit- oder ein Abrufarbeitsverhältnis vereinbart wurde, was Auswirkungen auf den Umfang des Beschäftigungsanspruchs des Klägers hatte.
- § 12 TzBfG (Teilzeitbefristungsgesetz): Dieses Gesetz regelt die Teilzeitarbeit und enthält in § 12 Abs. 1 S. 3 eine gesetzliche Fiktion, wonach bei fehlender Vereinbarung einer bestimmten Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit eine Arbeitszeit von zehn Stunden als vereinbart gilt. Im vorliegenden Fall wurde diese Fiktion jedoch nicht angewendet, da sie angesichts der tatsächlichen Handhabung des Vertragsverhältnisses als nicht interessengerecht erachtet wurde.
- Ergänzende Vertragsauslegung: Dieses Rechtsinstitut kommt zur Anwendung, wenn eine Vertragslücke besteht, also eine bestimmte Frage im Vertrag nicht geregelt ist. Das Gericht ermittelt dann den mutmaßlichen Willen der Parteien und ergänzt den Vertrag entsprechend. Im vorliegenden Fall wurde die Vertragslücke hinsichtlich des Umfangs der Arbeitszeit durch ergänzende Vertragsauslegung geschlossen, wobei die tatsächliche Vertragsdurchführung berücksichtigt wurde.
- Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB): Dieser allgemeine Rechtsgrundsatz verpflichtet die Vertragsparteien zu einem fairen und loyalen Verhalten. Im vorliegenden Fall wurde der Grundsatz von Treu und Glauben herangezogen, um einen angemessenen Ausgleich zwischen dem Flexibilisierungsinteresse des Arbeitgebers und dem Interesse des Arbeitnehmers an Planungssicherheit zu schaffen. Dies führte zur Begrenzung des flexiblen Anteils der Arbeitszeit auf 25%.
Das vorliegende Urteil
Landesarbeitsgericht Düsseldorf – Az.: 7 Sa 313/15 – Urteil vom 29.07.2015
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I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 28.01.2015, 4 Ca 2237/14, wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Verurteilung der Beklagten, ihn in einem bestimmten zeitlichen Umfang wöchentlich einzusetzen.
Der Kläger ist seit dem 01.02.1999 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Versandhilfskraft zunächst befristet, sodann unbefristet, zu einem Stundenlohn in Höhe von zuletzt 10,75 € brutto beschäftigt.
In den Arbeitsverträgen vom 11.01. und 19.07.1999 wird hinsichtlich der Arbeitszeit Folgendes ausgeführt:
„Wegen des schwankenden und nicht vorhersehbaren Umfangs der Arbeit richten sich Umfang und Lage Ihrer Arbeitszeit nach dem jeweiligen Arbeitsanfall (§ 4 Abs. 1 Beschäftigungsförderungsgesetz). Die Lage der Arbeitszeit werden wir Ihnen anhand eines Einsatzplanes bekannt geben.“
Eine Mindestarbeitszeit ist nicht ausgewiesen.
Außerdem enthält der Arbeitsvertrag folgende Regelung:
„Tarifliche Regelungen finden auf das Arbeitsverhältnis, für das § 4 des Beschäftigungsförderungsgesetzes gilt, keine Anwendung“.
Wegen des Inhalts der Arbeitsverträge im Einzelnen wird auf Bl. 5 bis 8 der Akte Bezug genommen.
Auf der Basis vergleichbarer Verträge beschäftigt die Beklagte in ihrem Betrieb in F. zirka 200 Arbeitnehmer.
Der Kläger wurde ohne regelmäßige Arbeitszeit in monatlich schwankendem Umfang eingesetzt. Im Jahr 2011 schwankte die monatlich geleistete Arbeitszeit zwischen 130 und 213,50 Stunden, im Jahr 2012 zwischen 172 und 202 Stunden, im Jahr 2013 zwischen 151,59 und 192,5 Stunden und im Jahr 2014 zwischen 156 und 198,98 Stunden. Unter Zugrundelegung einer Durchschnittsberechnung arbeitete der Kläger im Jahr 2011 im Monat durchschnittlich gut 182 Stunden, im Jahr 2012 durchschnittlich gut 189 Stunden, im Jahr 2013 durchschnittlich gut 176 Stunden sowie im Zeitraum Januar bis August 2014 durchschnittlich gut 180 Stunden. Wegen der unstreitig vom Kläger in den einzelnen Monaten geleisteten Stunden wird auf die Aufstellungen in den Schriftsätzen des Klägers vom 20.01.2015 (Bl. 57 der Akte) und vom 23.01.2015 (Bl. 59 der Akte) Bezug genommen.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Vertragsklausel über die Abrufarbeit sei unwirksam, da sie ihm das volle Wirtschaftsrisiko übertrage. Die Beklagte habe ihm durch den ständig hohen, über 10 Stunden weit hinausgehenden Abruf der wöchentlichen Arbeitszeit unmissverständlich signalisiert, dass es nicht bei der Fiktion des § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG habe bleiben sollen, so dass die durchschnittliche Wochenarbeitszeit für eine Neuregelung maßgeblich sei.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihn als Versandhilfskraft mit einem Arbeitsumfang von durchschnittlich wöchentlich 42,8 Stunden zu beschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 24.09.2014, 5 AZR 1024/12, die Auffassung vertreten, dem Kläger stehe der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Zwischen den Parteien bestehe ein Abrufarbeitsverhältnis. Bei Abschluss des Arbeitsvertrages sei eindeutig und unmissverständlich vereinbart worden, dass die Arbeitszeit flexibel, also veränderlich sei und sich nach den betrieblichen Erfordernissen – also dem Arbeitsanfall und dem Beschäftigungsbedarf bei der Beklagten – richten solle. Der Kläger habe vor diesem Hintergrund nicht davon ausgehen dürfen, es habe ein Vollzeitarbeitsverhältnis begründet werden sollen. Ein solches sei weder schriftlich noch konkludent abgeschlossen worden.
Das Arbeitsgericht hat der Klage in Höhe einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit im Umfang von 33,4 Stunden stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, aus dem Arbeitsvertrag sei eindeutig ersichtlich, dass auch der Umfang der Arbeitszeit im Rahmen eines Abrufarbeitsverhältnisses habe schwanken sollen. Es könne daher nicht angenommen werden, dass die Parteien ein Vollzeitarbeitsverhältnis angestrebt hätten. Die Parteien hätten sich auch nicht konkludent auf ein Vollzeitarbeitsverhältnis geeinigt. Das bloße Abrufen der Arbeitsleistung reiche ohne weitere, darüber hinausgehende Anhaltspunkte für eine derartige Annahme nicht aus. Unstreitig sei der Kläger über die gesamte von ihm dargestellte Dauer nicht durchgehend mit einer regelmäßigen Arbeitszeit eingesetzt worden. Vielmehr bestehe eine Bandbreite von zumindest 157 bis gut 198 Stunden pro Monat. Der Umfang des Einsatzes belege lediglich, dass die Beklagte den Kläger jederzeit in einem Umfang habe beschäftigen können, der mindestens einer Vollzeittätigkeit entsprochen habe. Wegen der gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksamen Abrufabrede im Arbeitsvertrag der Parteien sei der Beschäftigungsumfang anhand einer ergänzenden Vertragsauslegung zu ermitteln, die zunächst zu dem Ergebnis führe, dass ein Abrufarbeitsverhältnis gewollt gewesen sei, das einen Abruf mindestens bis zu einer wöchentlichen Arbeitszeit von 41,74 Stunden ermöglichen sollte. Dieser Umfang entspreche der tatsächlichen durchschnittlichen Beschäftigung des Klägers im Zeitraum vom 01.01.2011 bis zum 31.08.2014. Mangels anderweitigen Vortrags sei davon auszugehen, dass die Parteien ihr Arbeitsverhältnis seit Beginn der Tätigkeit des Klägers in diesem Umfang gelebt hätten. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, die von einem flexibel abrufbaren Arbeitszeitanteil von maximal 25 % im Verhältnis zu der Mindestbeschäftigung ausgehe, bestehe zu Gunsten des Klägers ein Beschäftigungsanspruch von mindestens 33,4 Stunden wöchentlich. Entsprechend der bisherigen Vertragspraxis könne der Kläger diese Beschäftigung allerdings nicht wöchentlich, sondern lediglich bezogen auf den Jahresdurchschnitt verlangen.
Gegen das ihm am 19.02.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 16.03.2015 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 20.05.2015 mit einem am 20.05.2015 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
Mit seiner Berufung vertritt der Kläger weiterhin unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens die Auffassung, bei der Berechnung des Beschäftigungsumfangs könne nur berücksichtigt werden, wie das Arbeitsverhältnis tatsächlich gelebt worden sei. Insoweit sei auf eine Durchschnittsberechnung abzustellen, die zu dem Ergebnis führe, dass für ihn ein Beschäftigungsanspruch in Höhe von 41,74 Stunden bestehe. Die vom Arbeitsgericht vorgenommene Kürzung der durchschnittlichen Arbeitszeit um 20 % sei nicht nachvollziehbar.
Der Kläger beantragt,
1. das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 28.01.2015, 4 Ca 2237/14, teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihn mit einem Arbeitsumfang von durchschnittlich 41,74 Stunden wöchentlich zu beschäftigen.
2. hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, ihn mit einem Arbeitsumfang von wöchentlich 41,74 Stunden bezogen auf den Jahresdurchschnitt zu beschäftigen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und weist darauf hin, der Gesetzgeber habe in § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG den Fall der fehlenden Vereinbarung einer bestimmten Dauer der Arbeitszeit eindeutig und abschließend dahingehend geregelt, dass in diesem Fall eine Arbeitszeit von 10 Stunden gelte. Auch eine deutliche Überschreitung der Dauer der Arbeitszeit für einen längeren Zeitraum stelle keine Vertragsänderung dar, denn der Arbeitseinsatz an sich beinhalte keine rechtsgeschäftliche Erklärung, sondern stelle ein rein tatsächliches Verhalten dar. Aus dem Abrufverhalten der Beklagten habe der Kläger lediglich auf einen hohen Bedarf an Arbeitsleistung schließen dürfen, nicht aber auf ein Angebot der Beklagten auf eine bestimmte Mindestarbeitszeit. Der Kläger habe keinesfalls einen weitergehenden Anspruch als das, was das Arbeitsgericht zu seinen Gunsten entschieden habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die in beiden Instanzen zu den Akten gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen.
Entscheidungsgründe
I.
Die statthafte (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässige (§ 64 Abs. 2 ArbGG), form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 Abs. 3 ZPO) ist zulässig.
II.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die über den zugesprochenen Umfang hinausgehende Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung, die die Berufungskammer sich – auch zur Vermeidung von Wiederholungen – ausdrücklich zu Eigen macht, abgewiesen. Das Berufungsvorbringen ist nicht geeignet, die Entscheidung des Arbeitsgerichts abzuändern.
Zutreffend hat das Arbeitsgericht zunächst festgestellt, dass die Parteien sich nicht auf ein Vollzeitarbeitsverhältnis geeinigt haben.
Unstreitig ist im Arbeitsvertrag keine feste Arbeitszeit ausgewiesen. Vielmehr enthält der Arbeitsvertrag die Vereinbarung, dass sich der Umfang der Beschäftigung des Klägers nach dem schwankenden Arbeitsanfall richten soll und verweist zudem auf § 4 BeschFG, die Vorgängervorschrift zu § 12 Abs. 1 TzBfG. Die Ausführungen des Arbeitsgerichts dazu, dass die Parteien ausweislich des Arbeitsvertrages ein Abrufarbeitsverhältnis vereinbart haben, hat der Kläger mit der Berufung nicht weiter angegriffen, so dass sich weitere Ausführungen seitens der Berufungskammer erübrigen.
Auch eine – grundsätzlich mögliche – konkludente Vereinbarung der Parteien, das Abrufarbeitsverhältnis in ein Vollzeitarbeitsverhältnis abzuändern, liegt nicht vor.
Die Tatsache, dass ein Arbeitnehmer vom Arbeitgeber – auch längere Zeit – unter Überschreitung der vertraglich vorgesehenen Arbeitszeit eingesetzt wird, beinhaltet nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts für sich genommen noch keine einvernehmliche Vertragsänderung. Bei einem entsprechenden Arbeitseinsatz handelt es sich um ein tatsächliches Verhalten, dem nicht notwendig ein bestimmter rechtsgeschäftlicher Erklärungswert in Bezug auf den Inhalt des Arbeitsverhältnisses zukommt. Es ist auf die Absprachen abzustellen, die dem erhöhten Arbeitseinsatz zugrunde liegen. Die Annahme einer dauerhaften Vertragsänderung mit einer erhöhten regelmäßigen Arbeitszeit setzt die Feststellung entsprechender Erklärungen der Parteien voraus (vgl. BAG, Urteil vom 22.04.2009, 5 AZR 133/08, zitiert nach juris). Der bloße Arbeitseinsatz eines Arbeitnehmers in der Vergangenheit lässt mithin als tatsächliches Verhalten nicht darauf schließen, der Arbeitgeber wolle damit zugleich eine bindende rechtliche Erklärung zum zukünftig geschuldeten Arbeitsumfang abgeben.
Ausgehend von dieser Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat die tatsächliche Arbeitszuweisung durch die Beklagte vorliegend somit nicht zu einer Vertragsänderung geführt. Besondere Umstände, die die Annahme nahe legten, die Beklagte hätte sich weitergehend binden wollen, sind nicht ersichtlich. Über das tatsächliche Verhalten hinausgehende zusätzliche Erklärungen der Beklagten in Verbindung mit dem Arbeitseinsatz, die auf die Vereinbarung eines Vollzeitarbeitsverhältnisses schließen ließen, hat der Kläger selbst nicht behauptet.
Zutreffend hat das Arbeitsgericht sodann ausgeführt, dass im Hinblick auf die Dauer der Mindestarbeitszeit des Klägers wegen einer fehlenden wirksamen Regelung im Arbeitsvertrag eine ergänzende Vertragsauslegung geboten ist.
Die arbeitsvertraglich getroffene Vereinbarung zum Einsatz des Klägers nach Arbeitsanfall ist gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam. Diese Vertragsklausel, bei der es sich unter Berücksichtigung des insoweit übereinstimmenden Parteivortrags um eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB handelt, benachteiligt den Kläger unangemessen, weil sie zu seinen Lasten von § 615 BGB abweicht, nach dessen Maßgabe der Arbeitgeber das Risiko trägt, den Arbeitnehmer beschäftigen zu können bzw. ihn bei Nichtbeschäftigung wegen Auftragsmangel gleichwohl vergüten zu müssen. Zutreffend hat das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass die arbeitsvertragliche Regelung der Beklagten erlauben würde, eine Arbeitszeit zwischen 0 und 48 Stunden abzurufen. Ein derartiger Korridor ist selbst unter Berücksichtigung des berechtigten Wunsches der Beklagten nach einer Flexibilisierung der Arbeitszeit nicht zuzulassen, weil dem Kläger jegliche Planungssicherheit hinsichtlich des zukünftig zu erzielenden Arbeitseinkommens – seiner finanziellen Existenzgrundlage – genommen würde (vgl. LAG Düsseldorf, Urteil vom 17.04.2012, 8 Sa 1334/11, zitiert nach juris).
Die Vertragsklausel ist auch am Maßstab der §§ 305 ff BGB zu messen, obwohl es sich um einen sogenannten Altfall handelt, das heißt um einen Arbeitsvertrag, der vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes abgeschlossen worden ist, denn die §§ 305 ff BGB beanspruchen nach Ablauf der einjährigen Übergangsfrist am 31.12.2002 gemäß Art. 229 § 5 EGBGB auch für derartige Verträge Geltung.
Eine gesetzliche Regelarbeitszeit, die nach § 306 Abs. 2 BGB an die Stelle der vertraglichen Regelung treten könnte, besteht nicht. Auch ein Rückgriff auf Tarifrecht scheidet vorliegend aus, denn zum einen fehlt es an einem eindeutig bestimmbaren einschlägigen Tarifvertrag, und zum anderen haben die Parteien ausweislich des Arbeitsvertrages ausdrücklich auf eine Inbezugnahme von Tarifverträgen verzichtet.
Die sich durch die Unwirksamkeit der Vertragsklausel ergebende Vertragslücke ist daher durch ergänzende Vertragsauslegung zu schließen.
Bei der ergänzenden Vertragsauslegung ist darauf abzustellen, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn sie die Unwirksamkeit der Klausel bedacht hätten. Zur Feststellung des mutmaßlichen Parteiwillens ist die tatsächliche Vertragsdurchführung von erheblicher Bedeutung. Sie gibt Aufschluss über die von den Parteien wirklich gewollte Arbeitszeitdauer. Zudem darf nicht unberücksichtigt bleiben, wenn die Parteien statt einer festen Arbeitszeit Arbeit auf Abruf vereinbaren wollten (vgl. BAG, Urteil vom 07.12.2005, 5 AZR 535/04, zitiert nach juris).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist das Arbeitsgericht unter Berücksichtigung der tatsächlichen Vertragsdurchführung zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass die Parteien ein Abrufarbeitsverhältnis gewollt haben, das einen Abruf mindestens bis zu einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 41,74 Stunden ermöglicht. Dieser Umfang entspricht der tatsächlichen durchschnittlichen Beschäftigung des Klägers in dem von ihm als Referenzzeitraum gewählten und vorgetragenen Zeitraum vom 01.01.2011 bis zum 31.08.2014. Es ist auch sachgerecht, der Beurteilung den durchschnittlich geleisteten Arbeitsumfang des Klägers zugrunde zu legen, weil dieser die tatsächliche Vertragsdurchführung am ehesten repräsentativ widerspiegelt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 03.11.2006, 1 BvR 1909/06, zitiert nach juris).
Zutreffend hat das Arbeitsgericht sodann unter Abwägung der berechtigten Interessen der Vertragsparteien das Interesse der Beklagten berücksichtigt, die Arbeitszeit aufgrund der wechselnden Auslastung zu flexibilisieren und hat im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts im Hinblick auf die berechtigten Interessen des Klägers an einer festen Arbeitszeit mit festem Einkommen den flexiblen Anteil der Arbeitszeit auf 25 % begrenzt mit dem Ergebnis, dass vorliegend ein Beschäftigungsanspruch des Klägers von mindestens 33,4 Stunden wöchentlich besteht. Mit dieser Regelung werden das Interesse des Arbeitgebers an einer Flexibilisierung der Arbeitszeitdauer und das Interesse des Arbeitnehmers an einer festen Regelung der Dauer der Arbeitszeit und der sich daraus ergebenden Arbeitsvergütung angemessen zum Ausgleich gebracht. Die Ausführungen des Arbeitsgerichts stehen im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach der Abrufanteil nicht mehr als 25 % der vertraglich vereinbarten Mindestarbeitszeit betragen darf (vgl. BAG, Urteil vom 07.12.2005, 5 AZR 535/04, zitiert nach juris). Dieser Auffassung schließt die Berufungskammer sich an.
Der Einwand des Klägers, es sei nicht nachvollziehbar, warum das Arbeitsgericht die ermittelte durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit um 20 % gekürzt habe, ist unbegründet. Bei der Bewertung des mutmaßlichen Parteiwillens darf – wie bereits ausgeführt – nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Parteien statt einer festen Arbeitszeit Arbeit auf Abruf vereinbart haben. Unter Berücksichtigung dieser Vereinbarung ist der Kläger von der Beklagten zwar durchschnittlich, aber im zeitlichen Umfang wechselnd 41,74 Stunden wöchentlich eingesetzt worden. Aus diesem Abrufverhalten der Beklagten konnte der Kläger allenfalls auf einen hohen Bedarf an seiner Arbeitsleistung schließen, nicht aber auf das Angebot der Beklagten einer wöchentlichen Mindestarbeitszeit im Umfang von 41,74 Stunden. Zu berücksichtigen bei dieser Bewertung ist auch der Umstand, dass der Kläger kein verstetigtes Monatsgehalt auf einer bestimmten Stundenbasis erhalten hat, so dass der Kläger auch aus dem Abrechnungsverhalten der Beklagten keine Rückschlüsse auf eine Mindestarbeitszeit von 41,74 Stunden ziehen konnte. Vielmehr ist davon auszugehen, dass in diesem Beschäftigungsumfang – für den Kläger auch erkennbar – der flexible Arbeitszeitanteil enthalten sein sollte mit der Folge, dass der flexible Anteil bei Bestimmung der Mindestarbeitszeit in Abzug zu bringen ist. Zwar kann nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine ständig erbrachte Mindestarbeitsleistung als konkludent vereinbart angesehen werden, wenn der Arbeitgeber die Arbeitsleistung nicht nur abgerufen und erwartet, sondern vom Arbeitnehmer als vertraglich geschuldete Leistung gefordert hat (vgl. BAG, Urteil vom 26.09.2012, 10 AZR 336/11, zitiert nach juris). Obwohl bereits das Arbeitsgericht auf diese Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hingewiesen hat, hat der Kläger allerdings auch im Berufungsverfahren keine über die tatsächliche Zuweisung von Arbeit hinausgehenden Umstände vorgetragen, so dass es bei dem vorstehend dargelegten Auslegungsergebnis bleiben muss.
Entgegen der Auffassung der Beklagten scheidet ein Rückgriff auf § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG aus. Einen derartigen Rückgriff hat das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 07.12.2005 (a.a.O.) mit der Begründung abgelehnt, dass die Anwendung der Fiktion einer wöchentlichen Arbeitszeitdauer von zehn Stunden im dort entschiedenen Fall nicht interessengerecht sei. Die Parteien hätten offenkundig eine deutlich längere Mindestarbeitszeit gewollt. Diese Erwägung trifft angesichts der tatsächlichen Handhabung des Vertragsverhältnisses auch auf das vorliegende Verfahren zu. Bei einer Mindestarbeitszeit von 10 Stunden pro Woche wäre die Beklagte im Rahmen des Abrufarbeitsverhältnisses lediglich dazu berechtigt, maximal weitere 2,5 Stunden, mithin insgesamt 12,5 Stunden abzurufen. Dies entspricht ersichtlich nicht dem Willen der Vertragsparteien, worauf bereits das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen hat. Ein Rückgriff auf die gesetzliche Fiktion des § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG gegen den Willen der Parteien wäre gerade nicht interessengerecht. Für § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG verbleibt daher praktisch kein relevanter Anwendungsbereich. Die Norm kann nur dann eingreifen, wenn sich eine vertragliche Arbeitszeitdauer in keiner Weise ermitteln lässt (vgl. ErfK-Preis, § 12 TzBfG Rn. 16).
Schließlich hat das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt, dass der Kläger die Beschäftigung im Umfang von 33,4 Stunden nicht regelmäßig in der Woche verlangen kann, weil dies nicht der bisherigen Vertragspraxis entspricht. Insoweit ist auf den Jahresdurchschnitt abzustellen. Diese Ausführungen des Arbeitsgerichts hat der Kläger mit der Berufung letztlich auch nicht angegriffen. Vielmehr hat er unter Bezugnahme auf seinen Hilfsantrag darauf hingewiesen, dass mit dem Hilfsantrag dem Umstand Rechnung getragen werde, dass nach der bisherigen Vertragspraxis bezüglich des Arbeitsumfangs nicht regelmäßig in jeder Woche gearbeitet worden sei.
Die Berufung war daher insgesamt zurückzuweisen.
III.
Die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels waren gemäß §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 97 Abs. 1 ZPO dem Kläger aufzugeben.
IV.
Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.