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Arbeitgeberseitige jährliche Sonderzahlung an Direktversicherung

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz – Az.: 2 Sa 358/19 – Urteil vom 26.03.2021

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein – Auswärtige Kammern Landau i. d. Pfalz – vom 15.08.2019 – 5 Ca 907/18 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch darüber, ob die Klägerin vom Beklagten eine anteilige Sonderzahlung für das Jahr 2015 in Höhe von 1.022,00 EUR an die Lebensversicherung von 1871 a.G. (im Folgenden: LV 1871) beanspruchen kann.

Die Klägerin war aufgrund Arbeitsvertrags vom 16. Dezember 2011 (Bl. 6 bis 9 d.A.) beim Beklagten seit dem 1. Februar 2012 als Mitarbeiterin in der Büroorganisation und der Weinpräsentation beschäftigt. § 2 Abs. 3 des Arbeitsvertrages der Parteien enthält folgende Regelung:

„§ 2 Vergütung

(…)

(3) Der Arbeitgeber übernimmt die bestehende Direktversicherung LV 1871 für den Arbeitnehmer mit einer jährlichen Sonderzahlung zum Jahresende von 1752 EUR ohne Dynamisierung des Betrages, sozialabgabenfrei“.

Der Beklagte zahlte an die Direktversicherung der Klägerin (LV 1871) am 18. Dezember 2012, 16. Januar 2014 und 16. Januar 2015 jeweils 1.752,00 EUR.

Ab dem 7. April 2015 war die Klägerin in Mutterschutz bis zum 14. Juli 2015 und befand sich im Anschluss daran bis Mitte Mai 2018 in Elternzeit. Das Arbeitsverhältnis der Parteien wurde durch Kündigung der Klägerin im April 2018 zum 31. Mai 2018 beendet, was ihr von Seiten des Beklagten per E-Mail vom 26. April 2018 (Bl. 13 d.A.) bestätigt wurde.

Mit ihrem an die Klägerin gerichteten Schreiben vom 19. April 2018 (Bl. 39 d.A.), von dem der Beklagte eine Kopie zu seiner Information erhielt (Bl. 38 d.A.), teilte die LV 1871 Folgendes mit:

„Sehr geehrte Frau A.,

für Ihre im Betreff genannte Direktversicherung wurden ab 01.12.2012 die Jahresbeiträge von dem genannten Arbeitgeber überwiesen. Der Jahresbeitrag beträgt 1.752,00 Euro.

Im Einzelnen bedeutet dies:

  • 18.12.2012 – Jahresbeitrag für den Zeitraum 01.12.2012 – 30.11.2013
  • 16.01.2014 – Jahresbeitrag für den Zeitraum 01.12.2013 – 30.11.2014
  • 16.01.2015 – Jahresbeitrag für den Zeitraum 01.12.2014 – 30.11.2015

Zum 01.12.2015 wurde der Vertrag beitragsfrei gestellt.

Eine Wiederinkraftsetzung erfolgte nun zum 01.12.2017; der Jahresbeitrag wurde privat von Ihnen entrichtet.

(…)“

Per E-Mail vom 23. April 2018 (Bl. 169 d.A.) teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass er nach der Überprüfung seiner Zahlungen an die Direktversicherung LV 1871 für die Versicherungsjahre 12/12 bis 11/13, 12/13 bis 11/14 und 12/14 bis 11/15 jeweils 1.752,00 EUR als Prämie gezahlt habe.

Per E-Mail vom 25. April 2018 (Bl. 167, 168 d.A.) machte die Klägerin gegenüber dem Beklagten die Zahlung einer anteiligen Prämie von 1.022,00 EUR für das Jahr 2015 wie folgt geltend:

„(…)

1. Betriebliche Altersversorgung

Leider sind die im Arbeitsvertrag festgehaltenen Zahlungen an die Direktversicherungen nicht vertragsgemäß erfüllt worden. Es ist richtig, dass folgende Zahlungen bei der Versicherung eingegangen sind:

-Arbeitsjahr 2012: Zahlung am 18.12.2012 – Versicherungsbeitrag 12/12 – 11/13

-Arbeitsjahr 2013: Zahlung am 16.01.2014 – Versicherungsbeitrag 12/13 – 11/14

-Arbeitsjahr 2014: Zahlung am 16.01.2015 – Versicherungsbeitrag 12/14 – 11/15

Die jeweilige Zahlung stellt jedoch stets ein Gehaltsanspruch aus dem abgelaufenen Arbeitsjahr dar, die von der Versicherung jeweils als Beitrag für die nächsten 12 Monate (Versicherungsjahr) verbucht wird. Somit wurden nur für die Arbeitsjahre 2012, 2013 und 2014 die vertraglich festgehaltenen Zahlungen erfüllt, da die letzte Zahlung vom 16.01.2015 meinem Gehaltsanspruch aus dem Arbeitsjahr 2014 darstellt.

Da das Arbeitsverhältnis erst zum 01.02.2012 begonnen hatte, am 18.12.2012 jedoch die volle Prämie für das Beschäftigungsjahr 2012 eingezahlt wurde, bin ich gerne bereit, diesen Monat mit Ansprüchen aus anderen Beschäftigungsjahren z.B. dem Anspruch vom Mai 2018 zu verrechnen.

Durch meine Beschäftigungszeit in 2015 inkl. Mutterschutz steht mir für das Arbeitsjahr 2015 jedoch immer noch ein anteiliger Anspruch von 7 Monaten der vereinbarten Prämie von 1.752,00 EUR zu. Diese anteilige Prämie von 1.022,00 EUR ist jedoch nicht bei der LV1871 eingegangen und stellt eine Lücke in meiner betrieblichen Altersvorsorge dar. Daher bitte ich um die Einzahlung dieser anteiligen Prämie an die LV1871 mit meinem Gehalt vom Mai 2018.

(…)“

Mit E-Mail vom 16. Mai 2018 (Bl. 16 d.A.) und anwaltlichem Schreiben vom 4. Juli 2018 (Bl. 17, 18 d.A.) machte die Klägerin erneut die Zahlung des anteiligen Prämienbetrages für das Jahr 2015 in Höhe von 1.022,00 EUR gegenüber dem Beklagten geltend.

Mit ihrer am 11. Dezember 2018 beim Arbeitsgericht Ludwigshafen am Rhein – Auswärtige Kammern Landau in der Pfalz – eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin – soweit für das Berufungsverfahren von Interesse – ihren Anspruch auf eine anteilige Sonderzahlung für das Jahr 2015 in Höhe von 1.022,00 EUR weiter.

Wegen des wechselseitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein – Auswärtige Kammern Landau in der Pfalz – vom 15. August 2019 – 5 Ca 907/18 – Bezug genommen; im Übrigen wird auf die erstinstanzlich eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Mit dem vorgenannten Urteil hat das Arbeitsgericht – soweit für das Berufungsverfahren von Interesse – den Beklagten verurteilt, zugunsten der Klägerin an die LV 1871 1.022,00 EUR netto zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klägerin die Zahlung der anteiligen Sondervergütung für das Jahr 2015 an die LV 1871 verlangen könne. Diesen Anspruch habe der Beklagte mit der Zahlung für die vergangenen Jahre nicht erfüllt. Gemäß § 2 Abs. 3 des Arbeitsvertrages der Parteien habe sich der Beklagte verpflichtet, diese Zahlung jeweils zum Jahresende vorzunehmen. Die Zahlung des Beklagten am 18. Dezember 2012 sei daher auf den Anspruch der Klägerin für das Jahr 2012, die Zahlung vom 16. Januar 2014 auf den Anspruch der Klägerin für das Jahr 2013 und die Zahlung vom 16. Januar 2015 auf den Anspruch der Klägerin für das Jahr 2014 erfolgt. Die von der LV 1871 nach ihrem Schreiben vom 19. April 2018 vorgenommene andere Verrechnung berühre das Anspruchsverhältnis der Parteien nicht. Die in § 10 des Arbeitsvertrages der Parteien enthaltene Ausschlussfrist, auf die sich der Beklagte schon nicht berufen habe, halte das Gericht für unwirksam. Zudem habe die Klägerin darauf verwiesen, dass sie ihren Anspruch gegenüber dem Beklagten mehrfach geltend gemacht habe.

Gegen das ihm am 17. September 2019 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2019, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 13. November 2019, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, begründet.

Die Beklagte trägt vor, im Arbeitsvertrag sei eine rückwirkende Verpflichtung nicht vereinbart worden. Somit sei er aufgrund der in § 2 Abs. 3 des Arbeitsvertrages getroffenen Regelung lediglich verpflichtet, ab dem Jahresende 2012 den Beitrag für die LV 1871 zu übernehmen. Weder werde im Arbeitsvertrag eine rückwirkende Verpflichtung begründet, noch werde der Vertragsinhalt zwischen der Klägerin und der LV 1871 durch seine Bereitschaft, für die Dauer der Beschäftigung der Klägerin den Beitrag zum Jahresende zu übernehmen, inhaltlich verändert, so dass die nächste Fälligkeit des Beitrages erst zum November 2012 vorgelegen habe, und zwar für das Folgejahr 2013. Wie der Bescheinigung der LV 1871 vom 19. April 2018 zu entnehmen sei, habe er dann unstreitig die Beiträge für die Jahre 2013 bis 2015 bezahlt. Dort werde ausgeführt, dass er den Jahresbeitrag für den Zeitraum 1. Dezember 2014 bis 30. November 2015 bezahlt habe. Danach liege eine Überzahlung von seiner Seite für die Monate August bis November 2015 vor. Mit dem vorgelegten Schreiben vom 17. Dezember 2015 an die LV 1871 (BL. 156 d. A.), von dem die Klägerin ebenfalls mit Schreiben vom gleichen Tag (Bl. 157 d. A.) informiert worden sei, habe er die fragliche Direktversicherung beitragsfrei gestellt. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch sei bereits nach ihrem eigenen Vortrag nicht nachvollziehbar, weil sie eine anteilige Prämienzahlung für Januar bis Juli 2015 begehre und diese unstreitig von ihm geleistet worden sei.

Der Beklagte beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein – Auswärtige Kammern Landau in der Pfalz – vom 15. August 2019 – 5 Ca 907/18 – abzuändern, soweit er verurteilt worden ist, zugunsten der Klägerin an die Lebensversicherung von 1871 a.G. München 1.022,00 EUR netto zu zahlen, und die Klage hinsichtlich des Klageantrags zu 2) abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie erwidert, das Berufungsvorbringen des Beklagten beruhe auf der unzutreffenden Einschätzung, dass er nur insoweit zur Zahlung der Sonderzahlung gemäß § 2 Abs. 3 des Arbeitsvertrages verpflichtet sein solle, soweit die Verpflichtung zur Zahlung gegenüber der LV 1871 bestanden habe. Dies sei jedoch unzutreffend und vom Arbeitsgericht zutreffend damit festgehalten, dass die Verrechnungen durch die Lebensversicherung das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht berühren würden. Auch wenn sich der Beklagte dies ursprünglich anders vorgestellt haben möge, fehle jedoch ein entsprechender Hinweis im Arbeitsvertrag, dass die Verpflichtung zur Zahlung der Sonderzahlung am jeweiligen Jahresende erstmals im Jahr 2013 erfolgen solle. Mitnichten sei dies jedoch der Fall. Es sei überdies und vor allem so nicht vereinbart gewesen. Mithin habe die Verpflichtung auch für 2012 bestanden, die der Beklagte unstreitig erfüllt habe. Auch lasse sich der Formulierung im Arbeitsvertrag nicht entnehmen, dass die Zahlung entsprechend dem Versicherungsjahr oder in einem entsprechenden Gleichklang von Versicherungsjahr und Kalenderjahr unmittelbar an die LV 1871 erfolgen solle. Im Hinblick darauf, dass sie die Direktversicherung für die Zeit vom 1. Dezember 2011 bis 30. November 2012 beitragsfrei gestellt habe, sei die vom Beklagten Ende 2012 geleistete Prämienzahlung an die Direktversicherung für die Zeit vom 1. Dezember 2012 bis 30. November 2013 verrechnet worden. Allerdings hätten ihr im Jahr 2015 Vergütungsansprüche bis einschließlich Juli 2015 zugestanden, so dass der Beklagte zum Ende des Jahres 2015 verpflichtet gewesen sei, die Prämienzahlung für die Zeit vom 1. Dezember 2015 bis 30. November 2016 anteilig entsprechend der Zeit von Januar bis Juli 2015 (7/12) zu übernehmen. Erstmals mit E-Mail vom 23. April 2018 habe der Beklagte erklärt, dass die erstmals gezahlte Jahresprämie für das Folgejahr gezahlt worden sei, nicht jedoch für das zurückliegende Jahr bzw. für die Zeit vom 1. Februar bis 30. November 2012. Dass der Beklagte entgegen der arbeitsvertraglichen Vereinbarung mit Tilgungsbestimmung für das Folgejahr/Folgeversicherungsjahr ab dem 1. Dezember 2012 geleistet habe, sei ihr schlicht nicht bekannt gewesen. Die in 2012 geleistete Zahlung sei unstreitig erfolgt, jedoch als für das Jahr 2012 gezahlt zu behandeln. Anderenfalls hätte sie für den Zeitraum vom 1. Februar bis 30. November 2012 keine Zahlungen erhalten, obwohl dies im Arbeitsvertrag vereinbart gewesen sei. Entscheidend sei, dass der Beklagte nach dem Arbeitsvertrag jährlich eine Sonderzahlung in Höhe von 1.752,00 EUR geschuldet habe, mithin auch für das Jahr 2012, diese vom Beklagten auch gezahlt worden sei, jedoch aus nicht nachvollziehbaren Gründen erstmals für das „Versicherungsjahr“ Dezember 2012 bis November 2013.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. b ArbGG statthafte Berufung des Beklagten ist zulässig. Sie ist insbesondere form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. 519, 520 ZPO).

Die Berufung des Beklagten hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Klägerin nach § 2 Abs. 3 des Arbeitsvertrages der Parteien ein Anspruch auf die geltend gemachte anteilige Sonderzahlung für das Jahr 2015 in Höhe 1.022,00 EUR (1.752,00 EUR x 7/12) zusteht.

1. Nach § 2 Abs. 3 des Arbeitsvertrages der Parteien vom 16. Dezember 2011 übernimmt der Beklagte die bestehende Direktversicherung LV 1871 für die Klägerin mit einer jährlichen Sonderzahlung zum Jahresende von 1.752,00 EUR (ohne Dynamisierung des Betrags, sozialabgabenfrei). Bei dem Anspruch auf die jährliche „Sonderzahlung“, die in § 2 des Arbeitsvertrages unter der Überschrift „Vergütung“ als ein Teil der als Gegenleistung für die Arbeitsleistung geschuldeten Vergütung festgelegt ist, handelt es sich um eine arbeitsleistungsbezogene Sonderzahlung, auf die sich die Zeiten der Mutterschutzfristen nach § 3 Abs. 1 und 2 MuSchG nicht anspruchsmindernd auswirken (vgl. BAG 25. November 1998 – 10 AZR 595/97 – NZA 1999, 766). Danach ist die vereinbarte jährliche Sonderzahlung auch für die Zeiten der Mutterschutzfristen bis Juli 2015 geschuldet, so dass gemäß der Berechnung der Klägerin unter Berücksichtigung des Zeitraums von Januar bis Juli 2015 noch ein anteiliger Anspruch in Höhe von 1.022,00 EUR (1.752,00 EUR x 7/12) verbleibt.

2. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist dieser Anspruch auf die anteilige Sonderzahlung für das Jahr 2015 nicht durch Erfüllung (§ 362 Abs. 1 BGB) erloschen.

Die nach § 2 Abs. 3 des Arbeitsvertrages der Parteien zum Ende des Jahres 2012 – als Teil der vertragsgemäßen Vergütung für das Jahr 2012 – geschuldete Sondervergütung ist vom Beklagten am 18. Dezember 2012 und damit zur Erfüllung des arbeitsvertraglichen Anspruchs für das Jahr 2012 gezahlt worden. Zwar hatte die Klägerin die Direktversicherung für die Zeit vom 01. Dezember 2011 bis 30. November 2012 beitragsfrei gestellt, woraufhin die LV 1871 die zum Ende des Jahres 2012 geleistete Zahlung des Beklagten nicht für das Jahr 2012, sondern auf den – nach der Beitragsfreistellung bis zum 30. November 2012 – fälligen Jahresbeitrag für die Zeit vom 01. Dezember 2012 bis 30. November 2013 verrechnet hat. Die von der LV 1871 aufgrund der Beitragsfreistellung bis zum 30. November 2012 vorgenommene Verrechnung auf den danach fälligen Jahresbeitrag ändert aber nichts daran, dass der Beklagte nach der in § 2 Abs. 3 des Arbeitsvertrags getroffenen Vereinbarung verpflichtet war, die jährliche Sonderzahlung zum Ende des Jahres 2012 als Gegenleistung für die im Jahr 2012 erbrachte Arbeitsleistung an die Direktversicherung zu leisten. Die zum Ende des Jahres 2012 geleistete Sonderzahlung ist daher gemäß der zutreffenden Annahme des Arbeitsgerichts zur Erfüllung des für das Jahr 2012 entstandenen Anspruchs erfolgt. Dementsprechend sind die nachfolgenden Zahlungen am 16. Januar 2014 und 16. Januar 2015 gemäß den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts jeweils zur Erfüllung des zum Jahresende 2013 und 2014 entstandenen Anspruchs auf die jährliche Sonderzahlung für die Jahre 2013 und 2014 geleistet worden. Damit ist der noch verbleibende Anspruch der Klägerin auf die vereinbarte jährliche Sonderzahlung für die Zeit ihrer Arbeitsleistung ab Januar 2015 und die ebenfalls zu berücksichtigenden Mutterschutzfristen bis zu deren Ablauf im Juli 2015 nicht erfüllt worden. Unerheblich ist, dass die LV 1871 die vom Beklagten jeweils zum Jahresende für das vergangene Jahr zugunsten der Klägerin geleisteten Zahlungen im Hinblick darauf, dass die Klägerin die Direktversicherung für die Zeit vom 01. Dezember 2011 bis 30. November 2012 beitragsfrei gestellt hatte, jeweils auf den Jahresbeitrag für den nachfolgenden Jahreszeitraum vom 01. Dezember 2012 bis 30. November 2013, 01. Dezember 2013 bis 30. November 2014 und 01. Dezember 2014 bis 30. November 2015 verrechnet hat. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass zwischen den Parteien anlässlich des Abschlusses des Arbeitsvertrages vom 16. Dezember 2011 für die Zeit ab dem 01. Februar 2012 vereinbart war, dass der Beklagte für das Jahr 2012 aufgrund der durch die Klägerin erfolgten Beitragsfreistellung der Direktversicherung keine jährliche Sonderzahlung zugunsten der Klägerin zu leisten hat. Vielmehr ist in § 2 Abs. 3 des Arbeitsvertrages der Parteien vom 16. Dezember 2011 vereinbart, dass der Beklagte die bestehende Direktversicherung für die Klägerin mit einer jährlichen Sonderzahlung zum Jahresende von 1.752,00 EUR übernimmt, die mithin erstmals zum Ende des Jahres 2012 für die in diesem Jahr erbrachte Arbeitsleistung zu zahlen war.

3. Der Klageanspruch ist auch nicht verfallen.

Nach § 10 des Arbeitsvertrages der Parteien sind Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit diesem in Verbindung stehen, innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit, spätestens jedoch innerhalb von drei Monaten nach Beendigung des Vertragsverhältnisses schriftlich gegenüber der anderen Vertragspartei geltend zu machen.

Die Fälligkeit des Anspruchs gemäß § 271 BGB ist nicht stets mit der Fälligkeit im Sinne vertraglicher Ausschlussfristen gleichzusetzen. Vielmehr ist ein Anspruch regelmäßig erst dann im Sinne einer Ausschlussfrist fällig, wenn der Gläubiger ihn annähernd beziffern kann. Die Forderung muss in ihrem Bestand feststellbar sein und geltend gemacht werden können. Ausschlussfristen dienen dem Rechtsfrieden und der Rechtssicherheit im Vertragsverhältnis. Der Schuldner soll binnen einer angemessenen Frist darauf hingewiesen werden müssen, ob und welche Ansprüche gegen ihn noch geltend gemacht werden. Ferner soll er sich darauf verlassen können, dass nach Fristablauf gegen ihn keine Ansprüche mehr erhoben werden. Voraussetzung dafür aber ist, dass der Gläubiger weiß, dass überhaupt Ansprüche bestehen. Diese Annahme korrespondiert mit der Wertung des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB, wonach die regelmäßige Verjährungsfrist erst beginnt, wenn der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (BAG 14. März 2012 – 10 AZR 172/11 – Rn. 39 u. 40, NZA-RR 2012, 480).

Die Klägerin hat unwidersprochen dargelegt, ihr sei nicht bekannt gewesen, dass abweichend von der arbeitsvertraglichen Vereinbarung mit Tilgungsbestimmung für das Folgejahr/Folgeversicherungsjahr ab dem 01. Dezember 2012 geleistet worden sei. Erst mit der vorgelegten E-Mail des Beklagten vom 23. April 2018 und dem Schreiben der Versicherung vom 19. April 2018 hat die Klägerin Kenntnis von den Umständen erlangt, nach denen ihre Ansprüche auf die jährliche Sonderzahlung nicht vollständig erfüllt worden sind. Zuvor hatte die Klägerin keine Veranlassung, Ansprüche auf (anteilige) Zahlung der Sonderzahlung für das Jahr 2015 gegenüber dem Beklagten geltend zu machen. Aus dem Schreiben des Beklagten vom 17. Dezember 2015 an die LV 1871, das die Klägerin zur Kenntnis erhalten hat, ergibt sich nichts anderes. Darin hat der Beklagte lediglich mitgeteilt, dass er die Versicherungsbeiträge für die Klägerin beitragsfrei stelle, weil sie sich bis 19. Mai 2017 in Elternzeit befinde. Daraus lässt sich nicht entnehmen, dass für die Zeit von Januar bis Juli 2015 keine anteilige Zahlung mehr erfolgt ist. Nach Kenntniserlangung hiervon im April 2018 hat die Klägerin den Klageanspruch rechtzeitig mit ihrer E-Mail vom 25. April 2018 formgerecht gegenüber dem Beklagten geltend gemacht. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die im Arbeitsvertrag vereinbarte Ausschlussfristenregelung rechtswirksam ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

 

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