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Arbeitnehmerbenachteiligung wegen Schwerbehinderung

Ein schwerbehinderter Mann im öffentlichen Dienst fühlte sich bei einer Stellenbesetzung übergangen und diskriminiert. Er zog vor Gericht und forderte Schadensersatz für die verpasste Chance. Doch die Richter urteilten unmissverständlich: Wer seine Rechte nicht sofort per Eilantrag sichert, kann später keine Entschädigung verlangen.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 5 Sa 178/23 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
  • Datum: 04.04.2024
  • Aktenzeichen: 5 Sa 178/23
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren
  • Rechtsbereiche: Arbeitsrecht (öffentlicher Dienst), Anti-Diskriminierungsrecht (AGG), Verfassungsrecht (Art. 33 Abs. 2 GG), Teilzeitrecht (TzBfG)

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Ein teilzeitbeschäftigter Mitarbeiter der beklagten Gemeinde, der sich auf eine ausgeschriebene Stelle bewarb und nicht berücksichtigt wurde. Er klagte auf Schadensersatz und Entschädigung wegen behaupteter Diskriminierung, Verletzung der Bestenauslese und Nichtbevorzugung bei Arbeitszeitverlängerung.
  • Beklagte: Eine Gemeinde (öffentlicher Arbeitgeber), die eine Stelle ausschrieb und besetzte und die Klage des nicht berücksichtigten Bewerbers abweisen ließ.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Ein schwerbehinderter Mitarbeiter der beklagten Gemeinde wollte seine Arbeitszeit erhöhen und bewarb sich auf eine ausgeschriebene Stelle, wurde aber nicht berücksichtigt. Die Gemeinde brach das ursprüngliche Bewerbungsverfahren ab und stellte nach einer erneuten Ausschreibung mit geändertem Profil einen externen Bewerber ein. Der Mitarbeiter klagte daraufhin auf Schadensersatz und Entschädigung.
  • Kern des Rechtsstreits: Der zentrale Streitpunkt war, ob der Mitarbeiter Anspruch auf Schadensersatz oder Entschädigung wegen angeblicher Diskriminierung, Verletzung der Bestenauslese oder fehlender bevorzugter Berücksichtigung bei der Stundenaufstockung hat. Entscheidend war dabei, ob er die Stelle, die an einen Konkurrenten vergeben werden sollte, zuvor im Eilverfahren hätte anfechten müssen.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Die Klage wurde damit endgültig abgewiesen.
  • Begründung: Das Gericht entschied, dass der Kläger keine ausreichenden Beweise für eine Benachteiligung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes vorgelegt habe. Es wies auch die Schadensersatzansprüche wegen Verletzung der Bestenauslese und des Teilzeitrechts zurück. Der Kläger hätte die Stellenbesetzung durch seinen Konkurrenten im Vorfeld gerichtlich verhindern müssen, anstatt später Schadensersatz zu fordern.
  • Folgen: Der Kläger hat seinen Prozess verloren und erhält weder Schadensersatz noch Entschädigung. Er muss die Verfahrenskosten tragen. Da die Revision nicht zugelassen wurde, ist das Urteil rechtskräftig.

Der Fall vor Gericht


Verpasste Chance: Ohne Eilantrag kein Schadensersatz für übergangenen Bewerber

Ein nicht berücksichtigter interner Bewerber im öffentlichen Dienst, der eine Diskriminierung aufgrund seiner Schwerbehinderung oder Herkunft sowie eine Verletzung des Prinzips der Bestenauslese vermutet, kann in der Regel keinen Schadensersatz oder eine Entschädigung einklagen, wenn er die Besetzung der Stelle mit einem Konkurrenten nicht zuvor per Eilantrag zu verhindern versucht hat. Dies entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 4. April 2024 (Az. 5 Sa 178/23) und bestätigte damit eine grundlegende Linie der Rechtsprechung.

Der Streit um die Ingenieursstelle und zwei Bewerbungsrunden

Mann mit Behinderung liest absagenden Bewerbungsbrief bei Stellenbewerbung im Büro
Schwerbehinderter erhält Absage auf Ingenieursstelle: Diskriminierung bei Bewerbung im öffentlichen Dienst. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Im Zentrum des Falles stand Herr S., geboren 1962 in der ehemaligen UdSSR und anerkannter schwerbehinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 60. Der GdB ist ein Maß für die Schwere einer Behinderung. Seit 2016 war Herr S. als Diplom-Bauingenieur teilzeitbeschäftigt bei einer Gemeinde im Bereich Bauen und Umwelt. Seine Schwerbehinderung und Herkunft waren der Gemeinde bekannt. Bereits im Januar 2020 hatte er eine Erhöhung seiner Arbeitszeit beantragt, woraufhin ihm mitgeteilt wurde, man werde dies bei künftigen Neubesetzungen berücksichtigen.

Die erste Ausschreibung und der überraschende Abbruch

Im April 2022 schrieb die Gemeinde eine Ingenieursstelle im Fachbereich Bauen und Umwelt aus, vergütet nach Entgeltgruppe 11 des TVöD-VKA (Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst – Bereich der kommunalen Arbeitgeberverbände). Herr S. bewarb sich mit dem Wunsch nach 30 Wochenstunden. Nach Vorstellungsgesprächen mit allen vier Bewerbern, darunter Herr S., brach die Gemeinde das Verfahren im August 2022 jedoch ab. Die offizielle Begründung: Keine der eingegangenen Bewerbungen habe die geforderten Voraussetzungen in ausreichendem Maß erfüllt.

Herr S. vermutete eine Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderung und möglicherweise seiner Herkunft. Er forderte über seinen Anwalt eine Entschädigung von mindestens 11.250 Euro nach § 15 Abs. 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). Das AGG zielt darauf ab, Benachteiligungen aus verschiedenen Gründen, einschließlich Behinderung und ethnischer Herkunft, zu verhindern.

Die zweite Ausschreibung mit geändertem Profil

Im November 2022 schrieb die Gemeinde dieselbe Stelle erneut aus, diesmal jedoch mit einem erweiterten Anforderungsprofil. Nun genügte auch eine Ausbildung als staatlich geprüfter Techniker oder eine vergleichbare Qualifikation, während zuvor ein Hochschulstudium gefordert war. Auf diese zweite Ausschreibung bewarb sich nur noch der externe Bewerber K., der bereits im ersten Verfahren zu den Kandidaten zählte. Herr S. bewarb sich nicht erneut, da ihm nach seiner Darstellung der zuständige Dezernatsleiter versichert habe, seine Unterlagen lägen vor – eine Darstellung, die die Gemeinde bestritt.

Brisant wurde es, als bekannt wurde, dass die Gemeinde dem Personalrat mitteilte, das erste Verfahren sei abgebrochen worden, um Herrn K. (der „nur“ Techniker war) im Rahmen der zweiten Ausschreibung mit erweitertem Profil eine „reelle Chance“ zu geben.

Die Klage und die Vorinstanz

Herr S. zog vor das Arbeitsgericht Ludwigshafen am Rhein. Er stützte seine Klage auf drei Pfeiler:

  1. Schadensersatz wegen Verletzung des Grundsatzes der Bestenauslese nach Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz (GG). Dieser Artikel garantiert jedem Deutschen nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt.
  2. Entschädigung wegen Diskriminierung nach dem AGG.
  3. Schadensersatz, weil sein Antrag auf Arbeitszeitverlängerung nach § 9 Teilzeit– und Befristungsgesetz (TzBfG) nicht bevorzugt berücksichtigt worden sei. § 9 TzBfG gibt Teilzeitbeschäftigten unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf bevorzugte Berücksichtigung bei der Besetzung freier Stellen zur Arbeitszeitverlängerung.

Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Die wesentliche Begründung: Herr S. habe den Abbruch des ersten Verfahrens nicht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes angegriffen und sich auf die zweite Ausschreibung nicht beworben. Unter einstweiligem Rechtsschutz versteht man ein gerichtliches Eilverfahren, das eine vorläufige Regelung oder Sicherung von Rechten ermöglicht, bevor eine endgültige Entscheidung im Hauptsacheverfahren fällt. Auch für eine Diskriminierung sah das Gericht keine ausreichenden Anhaltspunkte. Dagegen legte Herr S. Berufung beim Landesarbeitsgericht ein.

Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts: Kein Geld ohne vorherigen Eilantrag

Das LAG Rheinland-Pfalz wies die Berufung von Herrn S. vollumfänglich zurück. Die Richter stellten klar, dass die Klage zwar zulässig, aber in allen Punkten unbegründet sei.

Kein Anspruch auf Entschädigung wegen Diskriminierung (AGG)

Das Gericht sah keine ausreichenden Indizien für eine Benachteiligung von Herrn S. wegen seiner Schwerbehinderung oder seiner ethnischen Herkunft.

  • Keine Verletzung von Förderpflichten: Die Gemeinde hatte Herrn S. 2016 trotz Kenntnis seiner Schwerbehinderung und Herkunft eingestellt. Er wurde auch zum nach § 165 Satz 3 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) für öffentliche Arbeitgeber vorgeschriebenen Vorstellungsgespräch eingeladen. Diese Vorschrift verpflichtet öffentliche Arbeitgeber, schwerbehinderte Bewerber zu einem Gespräch einzuladen, es sei denn, die fachliche Eignung fehlt offensichtlich. An dem Gespräch nahmen auch Vertreter des Personalrats, der Gleichstellungsbeauftragten und der Schwerbehindertenvertretung teil.
  • Keine hinreichenden Indizien für Diskriminierung: Das Gericht folgte der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG), wonach es für eine Vermutung einer Benachteiligung nach § 22 AGG nicht ausreicht, wenn ein Kläger lediglich vorträgt, er erfülle ein Merkmal des AGG (z.B. Schwerbehinderung) und sei deshalb ungünstiger behandelt worden. § 22 AGG regelt die Beweislast: Kann eine Partei Indizien beweisen, die eine Benachteiligung vermuten lassen, muss die Gegenseite beweisen, dass kein Verstoß vorlag. Die bloße Behauptung sei eine unzulässige Mutmaßung.
  • Vage Vorwürfe zur Herkunft nicht ausreichend: Der Hinweis auf eine „ggf.“ vorliegende Benachteiligung wegen seiner Herkunft war dem Gericht zu unsubstantiiert.
  • Frühere Absagen kein hinreichendes Indiz: Auch der Umstand, dass frühere Anträge auf Stundenerhöhung oder interne Bewerbungen von Herrn S. erfolglos blieben, wertete das Gericht nicht als ausreichendes Indiz für eine Diskriminierung in den konkreten Stellenbesetzungsverfahren des Jahres 2022.

Kein Schadensersatz wegen Verletzung der Bestenauslese (Art. 33 Abs. 2 GG)

Der entscheidende Punkt für die Abweisung dieses Anspruchs war das Unterlassen von Herrn S., Primärrechtsschutz in Anspruch zu nehmen. Primärrechtsschutz zielt darauf ab, eine Rechtsverletzung von vornherein zu verhindern.

  • Kenntnis von der drohenden Stellenbesetzung: Spätestens als Herr S. vom Antrag der Gemeinde an den Personalrat zur Einstellung des Konkurrenten K. erfuhr (Schreiben vom 22. November 2022), war ihm bekannt, dass die Stelle anderweitig besetzt werden sollte. In diesem Schreiben wurde auch der Grund für den Abbruch des ersten Verfahrens und die Neuausschreibung dargelegt – nämlich um Herrn K. eine Chance zu geben.
  • Unterlassener Eilantrag: Obwohl Herr S. diese Vorgehensweise der Gemeinde als „Täuschungshandlung“ bewertete, beantragte er keine einstweilige Verfügung, um die Besetzung der Stelle mit Herrn K. vorläufig zu stoppen. Dies wäre ihm laut Gericht möglich und zumutbar gewesen.
  • Grundsatz: Kein „dulde und liquidiere“: Das LAG berief sich auf die gefestigte Rechtsprechung des BAG. Demnach kann ein übergangener Bewerber Schadensersatz wegen Verletzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs aus Art. 33 Abs. 2 GG nur dann fordern, wenn er zuvor versucht hat, den Schaden durch rechtzeitige gerichtliche Schritte abzuwenden. Es bestehe kein Wahlrecht zwischen sofortigem Eilrechtsschutz und späterem Schadensersatz. Dieser Grundsatz gilt sowohl für die Anfechtung von Auswahlentscheidungen als auch für den Abbruch von Stellenbesetzungsverfahren.
  • Verletzung der Schadensabwendungsobliegenheit: Durch das Unterlassen des Eilantrags habe Herr S. seine Obliegenheit zur Schadensabwendung verletzt. Eine Obliegenheit ist eine Verhaltensanforderung, deren Missachtung zwar nicht einklagbar ist, aber zu Rechtsnachteilen – hier dem Verlust des Schadensersatzanspruchs – führen kann.
  • Streitige Aussage des Dezernatsleiters unerheblich: Ob der Dezernatsleiter Herrn S. tatsächlich sagte, er müsse sich nicht erneut bewerben, spielte für das Gericht keine Rolle mehr, da der Schadensersatzanspruch bereits aus dem Grundsatz des vorrangigen Primärrechtsschutzes scheiterte.

Kein Schadensersatz wegen Nichtberücksichtigung bei Arbeitszeitverlängerung (§ 9 TzBfG)

Auch der Anspruch auf Schadensersatz wegen einer möglichen Verletzung des Rechts auf bevorzugte Berücksichtigung bei der Arbeitszeitverlängerung nach § 9 TzBfG scheiterte an derselben Hürde:

  • Vorrang des Primärrechtsschutzes gilt auch hier: Das Gericht übertrug die Grundsätze zum versäumten Eilrechtsschutz auch auf diesen Anspruch. Nachdem Herr S. von der geplanten Einstellung des Herrn K. erfahren hatte, hätte er auch die Verletzung seines Anspruchs aus § 9 TzBfG im Wege einer einstweiligen Verfügung geltend machen müssen, um die Besetzung der Stelle zu verhindern.
  • Das Versäumnis, diese rechtliche Möglichkeit zu nutzen, schloss den Schadensersatzanspruch auch hier dem Grunde nach aus.

Juristische Einordnung und allgemeine Bedeutung

Das Urteil des LAG Rheinland-Pfalz unterstreicht eine zentrale Weichenstellung im Rechtsschutz bei Stellenbesetzungen im öffentlichen Dienst: Der Grundsatz des Vorrangs des Primärrechtsschutzes. Wer sich bei einer Auswahlentscheidung oder dem Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahrens übergangen oder unfair behandelt fühlt und später Schadensersatzansprüche geltend machen möchte, muss in der Regel zunächst versuchen, die endgültige Besetzung der Stelle mit einem Konkurrenten durch einen Eilantrag bei Gericht zu verhindern.

Die Tragweite von Art. 33 Abs. 2 GG und die Rolle des Eilrechtsschutzes

Art. 33 Abs. 2 GG sichert den Zugang zu öffentlichen Ämtern nach Leistung, Eignung und Befähigung. Dieser Bewerbungsverfahrensanspruch ist ein subjektives Recht des Bewerbers. Um dieses Recht effektiv durchzusetzen, stellt die Rechtsordnung den Weg des einstweiligen Rechtsschutzes zur Verfügung. Ziel ist es, zu verhindern, dass durch die endgültige Besetzung einer Stelle vollendete Tatsachen geschaffen werden, die später kaum noch korrigierbar sind. Die Rechtsprechung will damit vermeiden, dass übergangene Bewerber die Auswahlentscheidung zunächst hinnehmen („dulden“) und später lediglich finanzielle Entschädigung fordern („liquidieren“).

Konsequenzen für Bewerber im öffentlichen Dienst

Für Bewerber im öffentlichen Dienst, die eine Verletzung ihrer Rechte im Auswahlverfahren vermuten – sei es durch eine Diskriminierung wegen Schwerbehinderung oder anderer AGG-Merkmale, oder durch eine Missachtung des Leistungsprinzips – bedeutet dies, dass sie sehr zeitnah handeln müssen. Sobald sie von einer sie benachteiligenden Entscheidung (z.B. Absage, Auswahl eines anderen Bewerbers, Abbruch des Verfahrens aus möglicherweise vorgeschobenen Gründen) erfahren, müssen sie prüfen lassen, ob ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sinnvoll und notwendig ist, um ihre Chancen auf die Stelle oder zumindest auf Schadensersatz zu wahren. Das Unterlassen kann, wie der Fall von Herrn S. zeigt, dazu führen, dass spätere Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüche bereits dem Grunde nach ausgeschlossen sind.

Das Gericht hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht nicht zugelassen, da die Entscheidung auf gesicherten Grundsätzen der BAG-Rechtsprechung beruhe. Die Kosten der erfolglosen Berufung muss Herr S. tragen. Sein Arbeitsverhältnis mit der Gemeinde hatte er bereits vor der Entscheidung des LAG selbst gekündigt.


Die Schlüsselerkenntnisse

Ein übergangener Bewerber im öffentlichen Dienst, der Schadensersatz wegen vermeintlicher Diskriminierung oder Verletzung der Bestenauslese anstrebt, muss zuvor unbedingt eine einstweilige Verfügung beantragen, um die Stellenbesetzung zu verhindern. Das LAG Rheinland-Pfalz bekräftigte den Grundsatz „kein dulde und liquidiere“ – wer nicht rechtzeitig den Primärrechtsschutz (Eilantrag) nutzt, verliert seine Ansprüche auf spätere Entschädigung. Diese Rechtsprechung hat erhebliche praktische Bedeutung für Bewerber im öffentlichen Dienst, die bei einer Benachteiligung sehr schnell handeln und rechtliche Schritte einleiten müssen, um ihre Rechte zu wahren.

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Häufig gestellte Fragen zum Thema

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet der Begriff „Bestenauslese“ im Zusammenhang mit Bewerbungen im öffentlichen Dienst?

Im öffentlichen Dienst, also bei Behörden, Verwaltungen oder Gerichten, gibt es einen wichtigen Grundsatz für die Besetzung von Stellen: das Prinzip der Bestenauslese. Dieses Prinzip ist im Grundgesetz, unserer Verfassung, in Artikel 33 Absatz 2 festgeschrieben.

Vereinfacht gesagt bedeutet Bestenauslese, dass öffentliche Ämter nicht nach persönlicher Bekanntschaft oder anderen unsachlichen Gründen vergeben werden dürfen. Stattdessen muss die Auswahl der Bewerberinnen und Bewerber streng nach Kriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung erfolgen.

Was bedeuten Eignung, Befähigung und fachliche Leistung?

Diese drei Begriffe beschreiben die Kriterien, nach denen der „Beste“ für eine Stelle ausgewählt wird:

  • Eignung: Hier geht es um die persönlichen Eigenschaften einer Bewerberin oder eines Bewerbers. Dazu gehören zum Beispiel charakterliche Merkmale, soziale Kompetenzen, die Fähigkeit zur Zusammenarbeit oder auch die gesundheitliche Verfassung, wenn diese für die Stelle relevant ist. Stellen Sie sich vor, jemand muss im Team arbeiten – dann gehört eine gute Teamfähigkeit zur persönlichen Eignung.
  • Befähigung: Dieser Punkt bezieht sich auf die allgemeinen und fachlichen Kenntnisse und Fertigkeiten. Das umfasst zum Beispiel die Schul- und Studienabschlüsse, die Berufsausbildung, aber auch praktische Erfahrungen und besondere Fähigkeiten, die für die ausgeschriebene Tätigkeit notwendig sind. Wenn eine Stelle spezielle Computerkenntnisse erfordert, gehört dies zur Befähigung.
  • Fachliche Leistung: Hier wird die bisher gezeigte Arbeitsleistung bewertet. Bei Bewerbungen von Personen, die bereits im öffentlichen Dienst tätig waren, können dies zum Beispiel dienstliche Beurteilungen sein. Bei externen Bewerbern ohne vorherige öffentliche Tätigkeit können auch Arbeitszeugnisse oder Prüfungsergebnisse herangezogen werden, um die zu erwartende Leistung einzuschätzen.

Für Sie als Bewerberin oder Bewerber bedeutet das Prinzip der Bestenauslese, dass Ihre Bewerbung auf Basis dieser objektiven Kriterien bewertet werden sollte. Die Auswahlentscheidung muss nachvollziehbar darlegen, warum eine bestimmte Person im Vergleich zu anderen Bewerbern unter Berücksichtigung von Eignung, Befähigung und Leistung als die am besten geeignete angesehen wird. Es geht also um eine umfassende Bewertung der Qualifikationen, nicht nur um das formale Zeugnis.


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Welche Rolle spielt der Grad der Behinderung (GdB) bei Bewerbungen und im Arbeitsverhältnis?

Ein anerkannter Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 oder eine entsprechende Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen begründet in Deutschland einen besonderen rechtlichen Schutzstatus. Ziel ist es, die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsleben zu fördern und Benachteiligungen zu vermeiden. Die relevanten Regelungen finden sich hauptsächlich im Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX).

Auswirkungen bei der Bewerbung auf eine Stelle

Wenn Sie sich mit einem GdB von mindestens 50 oder einer Gleichstellung bewerben, haben Sie als schwerbehinderter oder gleichgestellter Bewerber unter bestimmten Voraussetzungen besondere Rechte.

  • Freiwillige Angabe: Sie entscheiden grundsätzlich selbst, ob Sie Ihre Schwerbehinderung oder Gleichstellung im Bewerbungsprozess offenlegen möchten. Eine Pflicht dazu besteht nicht.
  • Pflicht zur Einladung: Öffentliche Arbeitgeber und private Arbeitgeber mit mindestens 20 Arbeitnehmern, die eine Arbeitsplatzabgabe zahlen müssen, sind verpflichtet, schwerbehinderte oder gleichgestellte Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Dies gilt, wenn der Bewerber die Mindestanforderungen der ausgeschriebenen Stelle erfüllt und keine offensichtliche Ungeeignetheit vorliegt. Diese Einladungspflicht dient dazu, Ihnen eine faire Chance zu geben, sich persönlich vorzustellen.
  • Schwerbehindertenvertretung: Bei Arbeitgebern mit einer Schwerbehindertenvertretung wird diese in der Regel über Ihre Bewerbung informiert und kann den Prozess begleiten, wenn Sie dies wünschen oder der Arbeitgeber dazu verpflichtet ist.

Wird ein schwerbehinderter oder gleichgestellter Bewerber trotz Erfüllung der Mindestanforderungen nicht eingeladen, kann dies ein Hinweis auf eine Benachteiligung sein.

Auswirkungen im bestehenden Arbeitsverhältnis

Auch im Arbeitsverhältnis genießen schwerbehinderte und gleichgestellte Menschen besonderen Schutz und haben Anspruch auf bestimmte sogenannte Nachteilsausgleiche.

  • Besonderer Kündigungsschutz: Eine Kündigung gegenüber einem schwerbehinderten oder gleichgestellten Arbeitnehmer ist nur mit vorheriger Zustimmung des Integrationsamtes wirksam. Dieser Schutz greift nach sechs Monaten Betriebszugehörigkeit. Das Integrationsamt prüft, ob die Kündigung im Zusammenhang mit der Behinderung steht und ob alle milderen Mittel ausgeschöpft wurden.
  • Zusätzlicher Urlaub: Schwerbehinderte Menschen haben Anspruch auf fünf zusätzliche bezahlte Urlaubstage pro Jahr bei einer Fünf-Tage-Woche.
  • Nachteilsausgleiche im Arbeitsalltag: Der Arbeitgeber hat eine besondere Fürsorgepflicht. Er muss prüfen, wie Ihr Arbeitsplatz und Ihre Arbeitsbedingungen so gestaltet werden können, dass Ihre Behinderung bestmöglich berücksichtigt wird. Dazu gehören zum Beispiel:
    • Anpassung des Arbeitsplatzes (z.B. spezielle Möbel, technische Hilfsmittel)
    • Änderung der Arbeitsorganisation oder des Aufgabenbereichs
    • Möglichkeit zur Reduzierung der Arbeitszeit, wenn dies aufgrund der Behinderung notwendig ist
    • Unterstützung durch das Integrationsamt oder die Agentur für Arbeit bei der Beschaffung von Hilfsmitteln oder Zuschüssen.

Diese Regelungen sollen sicherstellen, dass Sie trotz Einschränkungen gleichberechtigt und produktiv am Arbeitsleben teilnehmen können. Es geht darum, eine Arbeitsumgebung zu schaffen, die Ihre spezifischen Bedürfnisse berücksichtigt.


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Was ist das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und wie schützt es vor Diskriminierung im Bewerbungsprozess?

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist ein zentrales Gesetz in Deutschland, das Menschen davor schützen soll, wegen bestimmter persönlicher Merkmale benachteiligt zu werden. Es ist auch bekannt als „Antidiskriminierungsgesetz“. Das AGG gilt in verschiedenen Lebensbereichen, unter anderem auch im Arbeitsleben – und somit auch bereits dann, wenn Sie sich auf eine Stelle bewerben.

Wen schützt das AGG im Bewerbungsprozess?

Das AGG schützt Bewerberinnen und Bewerber vor Benachteiligung durch den potenziellen Arbeitgeber. Der Schutz bezieht sich auf die Ablehnung oder schlechtere Behandlung aus bestimmten, gesetzlich genannten Gründen. Diese geschützten Merkmale sind:

  • die ethnische Herkunft oder „Rasse“
  • die Religion oder Weltanschauung
  • eine Behinderung
  • das Alter
  • die sexuelle Identität
  • das Geschlecht

Ziel des AGG ist, dass Entscheidungen im Bewerbungsverfahren, wie zum Beispiel die Einladung zum Vorstellungsgespräch oder die Einstellung, ausschließlich anhand Ihrer Qualifikationen getroffen werden und nicht wegen eines dieser persönlichen Merkmale.

Was bedeutet Diskriminierung bei der Bewerbung?

Von Diskriminierung im Sinne des AGG spricht man, wenn Sie wegen eines der oben genannten Merkmale schlechter behandelt werden als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation, ohne dass es dafür einen zulässigen, sachlichen Grund gibt.

Stellen Sie sich vor, eine qualifizierte Bewerbung wird nur deshalb aussortiert, weil die Bewerberin über 50 Jahre alt ist (und das Alter nicht aus einem zulässigen Grund entscheidend ist) oder weil der Bewerber wegen seiner Religionszugehörigkeit abgelehnt wird. Dies könnten Beispiele für eine nach dem AGG verbotene Benachteiligung sein. Auch Fragen im Bewerbungsgespräch, die nur auf diese Merkmale abzielen und nicht relevant für die Stelle sind, können ein Indiz für Diskriminierung sein.

Welche Rechte haben Bewerber im Falle einer Diskriminierung?

Wenn Sie den Verdacht haben und Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass Sie im Bewerbungsprozess wegen eines der geschützten Merkmale diskriminiert wurden, haben Sie nach dem AGG bestimmte Rechte gegenüber dem potenziellen Arbeitgeber.

Dazu gehören insbesondere Ansprüche auf Entschädigung für den erlittenen immateriellen Schaden (z.B. Kränkung) und unter bestimmten Umständen auf Schadensersatz für entstandene materielle Nachteile (z.B. Bewerbungskosten). Die Höhe der Entschädigung hängt vom Einzelfall ab. Wichtig ist: Durch das AGG erhalten Sie keinen Anspruch darauf, eingestellt zu werden. Das Gesetz gewährt einen Anspruch auf Ausgleich für die erlittene Benachteiligung, nicht auf den Arbeitsplatz selbst.

Wie funktioniert der „Beweis“ einer Diskriminierung?

Im AGG gibt es eine Besonderheit bei der Frage, wer was beweisen muss, die sogenannte Beweislastverteilung. Dies soll es Betroffenen erleichtern, ihre Rechte durchzusetzen.

Wenn Sie als Bewerberin oder Bewerber Anhaltspunkte vorbringen können, die eine Benachteiligung wegen eines geschützten Merkmals vermuten lassen (zum Beispiel durch schriftliche Absagen mit auffälligen Begründungen, unzulässige Fragen im Gespräch oder eine Stellenausschreibung mit diskriminierenden Formulierungen), dann kehrt sich die Beweislast um. Das bedeutet, dass nun der potenzielle Arbeitgeber beweisen muss, dass es gerade keine Diskriminierung aufgrund dieses Merkmals gab, sondern die Entscheidung auf einem anderen, sachlichen und diskriminierungsfreien Grund beruhte.


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Was bedeutet „Einstweiliger Rechtsschutz“ und warum ist er in solchen Fällen wichtig?

„Einstweiliger Rechtsschutz“ bedeutet, dass Sie bei einem Gericht sehr schnelle, vorläufige Hilfe beantragen können. Es geht darum, eine Situation vorübergehend zu regeln oder etwas dringend zu verhindern, bevor in einem normalen, oft länger dauernden Gerichtsverfahren eine endgültige Entscheidung getroffen wird.

Was ist einstweiliger Rechtsschutz?

Stellen Sie sich vor, es gibt eine Situation, die sich schnell ändern und dann nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Wenn Sie darauf warten müssten, bis ein Gericht nach vielen Monaten oder Jahren eine endgültige Entscheidung fällt, wäre der Schaden vielleicht schon entstanden und nicht mehr zu beheben. Der einstweilige Rechtsschutz ermöglicht es Ihnen, schon vorher beim Gericht einen Antrag auf eine schnelle Entscheidung zu stellen. Diese Entscheidung ist aber nur vorläufig und gilt nur so lange, bis über die eigentliche Angelegenheit endgültig entschieden ist.

Warum ist er in Bewerbungsfällen wichtig?

In Fällen, in denen jemand zum Beispiel vermutet, im Bewerbungsprozess aufgrund von Diskriminierung benachteiligt worden zu sein, ist der einstweilige Rechtsschutz oft sehr wichtig. Der Hauptgrund ist, dass die fragliche Stelle in der Regel schnell besetzt wird.

Wenn die Stelle einmal mit einem anderen Bewerber oder einer anderen Bewerberin besetzt wurde, ist es im Nachhinein oft sehr schwierig oder sogar unmöglich, dass der oder die benachteiligte Bewerber/in die Stelle noch bekommt. Selbst wenn ein Gericht später feststellt, dass tatsächlich Diskriminierung vorlag, kann es die Besetzung der Stelle nicht mehr ohne Weiteres rückgängig machen.

Der einstweilige Rechtsschutz bietet hier die Möglichkeit, beim Gericht schnell zu beantragen, dass die Stelle vorläufig nicht besetzt werden darf, bis geklärt ist, ob bei der Auswahlentscheidung alles rechtmäßig ablief. Das verhindert, dass vollendete Tatsachen geschaffen werden, die später nicht mehr korrigiert werden können. Er sichert also die Möglichkeit, dass das Recht auf eine diskriminierungsfreie Bewerbung überhaupt noch wirksam durchgesetzt werden kann.


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Welche Rechte haben Teilzeitbeschäftigte bezüglich der Erweiterung ihrer Arbeitszeit?

Als Teilzeitbeschäftigter haben Sie unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, Ihre Arbeitszeit zu erhöhen. Das Gesetz sieht hierfür ein bevorzugtes Berücksichtigungsrecht vor.

Dieses Recht bedeutet grundsätzlich, dass Ihr Arbeitgeber Sie bevorzugt behandeln muss, wenn in Ihrem Unternehmen eine freie Stelle besetzt werden soll, die mit einer höheren Stundenzahl verbunden ist oder eine Aufstockung auf einer bestehenden Stelle möglich ist, und Sie Ihren Wunsch nach mehr Arbeitszeit geäußert haben.

Damit dieses bevorzugte Berücksichtigungsrecht greift, müssen in der Regel folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

Sie arbeiten bereits in Teilzeit in dem Unternehmen. Sie haben Ihrem Arbeitgeber Ihren Wunsch, Ihre durchschnittliche Arbeitszeit zu verlängern, in Textform mitgeteilt. Im Unternehmen gibt es eine freie Stelle, die mit einer höheren Arbeitszeit verbunden ist als Ihre aktuelle. Diese freie Stelle muss passend sein. Das bedeutet, dass Ihre Fähigkeiten und Qualifikationen grundsätzlich den Anforderungen der Stelle entsprechen. Sie müssen für diese Stelle gleich gut geeignet sein wie andere Bewerber.

Liegen diese Voraussetzungen vor, muss der Arbeitgeber Sie bevorzugt berücksichtigen. Dies gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Der Arbeitgeber kann Ihre Berücksichtigung ablehnen, wenn dringende betriebliche Gründe oder die Berücksichtigung eines anderen teilzeitbeschäftigten oder eines befristet beschäftigten Arbeitnehmers entgegenstehen. Beispiele für betriebliche Gründe können sein, dass die Stelle für eine bestimmte Umstrukturierung benötigt wird oder die Besetzung mit Ihnen die betriebliche Organisation erheblich beeinträchtigen würde.

Wenn Sie Ihren Wunsch nach Arbeitszeiterhöhung äußern, können Sie Ihre Position stärken, indem Sie Ihre Eignung für die angestrebte höhere Stundenzahl oder die freie Stelle darlegen. Sie können beispielsweise auf Ihre bisherige Erfahrung im Unternehmen, Ihre Kenntnisse der betrieblichen Abläufe und Ihre Qualifikationen für die konkrete Position hinweisen.

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, Ihnen die Entscheidung über Ihren Wunsch nach Arbeitszeiterhöhung spätestens innerhalb eines Monats nach der Mitteilung Ihres Wunsches in Textform mitzuteilen. Lehnt er Ihren Wunsch ab, muss er Ihnen die Gründe dafür ebenfalls in Textform mitteilen.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar - Fachbegriffe aus dem Arbeitsrecht

Glossar


Juristische Fachbegriffe kurz erklärt

Grad der Behinderung (GdB)

Der Grad der Behinderung (GdB) ist ein Maß, das in Deutschland die Schwere einer Behinderung angibt. Er reicht von 20 bis 100 und wird von einem ärztlichen Dienst festgestellt. Ein GdB von mindestens 50 begründet besondere Rechte und Schutzvorschriften, zum Beispiel nach dem Sozialgesetzbuch IX (SGB IX), wie das Recht auf bevorzugte Einladung zu Vorstellungsgesprächen und auf Nachteilsausgleiche im Arbeitsleben. Der GdB hilft Arbeitgebern, die Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsplatz zu fördern und Diskriminierungen zu vermeiden.

Beispiel: Ein Bewerber mit einem GdB von 60 hat gegenüber dem Arbeitgeber Anspruch auf eine Einladung zum Vorstellungsgespräch, wenn er die Mindestanforderungen der Stelle erfüllt.


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Einstweiliger Rechtsschutz

Einstweiliger Rechtsschutz bezeichnet eine schnelle, vorläufige gerichtliche Entscheidung, mit der eine Rechtsverletzung oder ein rechtlich strittiger Zustand vorläufig geregelt oder verhindert wird, bevor in einem Hauptverfahren endgültig entschieden wird. Er ist besonders wichtig, wenn sonst durch Vollzug einer Entscheidung (zum Beispiel die Besetzung einer Stelle) vollendete Tatsachen geschaffen werden, die später kaum noch rückgängig gemacht werden können. Der einstweilige Rechtsschutz dient also dazu, das Recht wirksam zu schützen und Schaden abzuwenden.

Beispiel: Wenn ein Bewerber vermutet, dass er bei der Stellenbesetzung diskriminiert wurde, kann er mit einem Eilantrag vorläufig verhindern, dass die Stelle an einen anderen Besetzt wird, bis die Rechtslage geklärt ist.


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Primärrechtsschutz

Primärrechtsschutz bedeutet den vorrangigen Schutz eines Rechts durch frühzeitige gerichtliche Maßnahmen, bevor ein Schaden entsteht oder sich verhärtet. Er verlangt vom Rechtsinhaber, bei drohender Rechtsverletzung rechtzeitig tätig zu werden, zum Beispiel durch einen Eilantrag, um eine Nachteile abzuwenden. Unterlässt man dies, kann ein späterer Anspruch auf Schadensersatz oder Entschädigung wegen dieser Rechtsverletzung ausgeschlossen sein. Das Konzept basiert auf der Verpflichtung zur Schadensminderung bzw. Schadensabwendung.

Beispiel: Ein Bewerber, der merkt, dass eine Stellenbesetzung an einen Konkurrenten droht, muss rechtzeitig einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz stellen, um seine Chancen zu wahren. Andernfalls verliert er seine Ansprüche auf Schadensersatz.


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Bestenauslese (Art. 33 Abs. 2 GG)

Die Bestenauslese ist ein Prinzip des Grundgesetzes (Art. 33 Abs. 2 GG), das sicherstellt, dass öffentliche Ämter nur nach den Kriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung vergeben werden. Sie verbietet unsachliche Entscheidungskriterien, wie etwa Herkunft oder andere persönliche Merkmale, und gewährleistet einen fairen und leistungsorientierten Zugang zu öffentlichen Stellen. Ein Bewerber, der sich benachteiligt fühlt, kann Ansprüche geltend machen, wenn das Auswahlverfahren nicht diesem Grundsatz entspricht.

Beispiel: Wird eine Stellenbesetzung wegen der Herkunft eines Bewerbers diskriminierend beeinflusst, besteht ein Verstoß gegen die Bestenauslese, der gerichtlich angefochten werden kann.


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Schadensabwendungsobliegenheit

Die Schadensabwendungsobliegenheit ist die Pflicht einer Person, rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen, um einen drohenden Schaden zu verhindern oder zu mindern. Im Arbeits- und Verwaltungsrecht bedeutet dies meist, dass ein Betroffener bei einer Rechtsverletzung unverzüglich geeignete Schritte – zum Beispiel einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz – einleiten muss. Unterlässt er dies, kann er seine Ansprüche auf späteren Schadensersatz verlieren, weil er seinen Beitrag zur Schadenvermeidung nicht geleistet hat.

Beispiel: Ein Bewerber, der erfährt, dass eine Stelle an einen anderen vergeben werden soll, muss sofort einen Eilantrag stellen, wenn er seine Rechte schützen will. Tut er das nicht, kann er später keinen Schadensersatz mehr fordern.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz (GG): Dieser Artikel garantiert den Zugang zu öffentlichen Ämtern ausschließlich nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung und schützt somit das Leistungsprinzip bei der Besetzung öffentlicher Stellen. Er begründet einen subjektiven Anspruch auf ein faires Auswahlverfahren und einen Rechtsschutz gegen willkürliche Entscheidungen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Herr S. berief sich auf Art. 33 Abs. 2 GG, da er eine Verletzung des Bestenausleseprinzips bei der Stellenbesetzung durch die Gemeinde vermutete, konnte jedoch ohne vorherigen Eilantrag keinen Schadensersatz geltend machen.
  • § 15 Abs. 2 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG): Dieser Paragraph ermöglicht Entschädigungsansprüche bei Benachteiligungen aus Gründen wie Behinderung oder Herkunft und legt besondere Beweisregeln fest. Der Anspruch setzt jedoch hinreichende Indizien für eine Diskriminierung voraus, nicht bloße Vermutungen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Herr S. machte Entschädigung wegen Diskriminierung nach dem AGG geltend, scheiterte aber, da das Gericht keine ausreichenden Beweise für eine Benachteiligung wegen Schwerbehinderung oder Herkunft sah.
  • § 9 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG): Diese Norm räumt Teilzeitbeschäftigten unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf bevorzugte Berücksichtigung bei der Besetzung von Stellen zur Arbeitszeitverlängerung ein, um Diskriminierung zu vermeiden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Herr S. behauptete, dass sein Antrag auf Arbeitszeitverlängerung nicht beachtet wurde, konnte jedoch keinen erfolgreichen Anspruch durchsetzen, da er die notwendige vorherige Geltendmachung mittels Eilantrag unterlassen hatte.
  • § 165 Satz 3 Sozialgesetzbuch IX (SGB IX): Diese Vorschrift verpflichtet öffentliche Arbeitgeber, schwerbehinderte Bewerber zu Vorstellungsgesprächen einzuladen, sofern ihre fachliche Eignung nicht offensichtlich fehlt, zur besonderen Förderung schwerbehinderter Menschen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Gemeinde hatte Herrn S. ordnungsgemäß zum Vorstellungsgespräch eingeladen, was das Gericht als Zeichen gegen eine Diskriminierung wertete und die Förderpflichten als erfüllt ansah.
  • Grundsatz des Vorrangs des Primärrechtsschutzes (einschließlich einstweiliger Rechtsschutz): Rechtsverletzungen im Bewerbungsverfahren müssen primär durch unverzüglichen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz verhindert werden; ein nachträglicher Schadensersatzanspruch besteht regelmäßig nur, wenn zuvor Eilrechtsschutz versucht wurde. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Herr S. unterließ es, gegen die Stellenbesetzung mit dem Konkurrenten per Eilantrag vorzugehen, weshalb das LAG seinen Anspruch auf Schadensersatz abschlägig beurteilte.
  • § 22 AGG (Beweislastregelung): Diese Vorschrift regelt die Verteilung der Beweislast bei Diskriminierungsvorwürfen und verlangt von der klagenden Partei Indizien, welche die Vermutung einer Benachteiligung erhärten, woraufhin der Arbeitgeber die Unschuld beweisen muss. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht lehnte den Anspruch von Herrn S. wegen fehlender substantiierten Indizien ab, womit die Beweislast für eine Diskriminierung nicht zu seinen Gunsten umgekehrt wurde.

Das vorliegende Urteil


Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz – Az.: 5 Sa 178/23 – Urteil vom 04.04.2024


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