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Arbeitnehmerfreistellung nach Kündigung – Erfüllung des Urlaubsanspruchs

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz – Az.: 2 Sa 56/18 – Urteil vom 27.02.2019

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 06.12.2017 – 5 Ca 233/17 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Urlaubsabgeltung.

Zwischen den Parteien bestand in der Zeit vom 1. August 2005 bis zum 15. Januar 2017 ein Arbeitsverhältnis.

In der Zeit vom 13. bis 15. Dezember 2016 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt (Bl. 32 d. A.). Mit Schreiben vom 15. Dezember 2016 (Bl. 24 d. A.), das der Kläger am gleichen Tag dem Prokuristen der Beklagten, Herrn E., in dessen Büro übergeben hat, kündigte der Kläger sein mit der Beklagten bestehendes Arbeitsverhältnis zum 15. Januar 2017.

Daraufhin erhielt der Kläger am gleichen Tag von der Beklagten folgendes Schreiben vom 15. Dezember 2016 (Bl. 12 d. A.):

„Ihre ordentliche Kündigung vom 15.12.2016

Sehr geehrter Herr A.,

wir haben Ihre Kündigung zum 15.01.2017 zur Kenntnis genommen.

Bitte beachten:

Ihre Freistellung erfolgt zum 15.12.2016.

Das gewünschte qualifizierte Arbeitszeugnis reichen wir Ihnen nach.

Wir bedanken uns auf diesem Wege für die geleistete Arbeit in unserem Unternehmen und wünschen Ihnen für die private und berufliche Zukunft alles Gute.“

Am gleichen Tag (15. Dezember 2016) teilte die in der Buchhaltung der Beklagten tätige Mitarbeiterin, Frau K., per WhatsApp um 17:28 Uhr dem Kläger Folgendes mit (Bl. 80 d. A.):

„Huhu. Durfte eben ein Schreiben dir zukommen lassen. Guck mal Deine E-Mail durch. Bist ab sofort Freigestellt. Lg“

Daraufhin fragte der Kläger um 17:41 bzw. 17:43 Uhr:

„Ok., danke

Das heißt??“

Frau K. antwortete um 18:28 Uhr wie folgt:

„Du brauchst morgen nicht mehr zu kommen. Und deine Urlaubstage müssen dann vergütet werden.“

Der Kläger fragte sodann um 18:40 Uhr nach:

„Ernsthaft, weiß der das?“

Daraufhin antwortete Frau K. um 18:49 Uhr wie folgt:

„Ich glaub nicht, aber das bekommt er dann von mir Anfang Januar, wenn ich die Gehälter fertig mache, gesagt. Du kannst ja nichts dafür, wenn er Dich vorzeitig frei stellt. Ich erkundige mich aber morgen mal beim Lohnbüro wie das sich genau verhält.“

Im Zeitpunkt der Eigenkündigung des Klägers vom 15. Dezember 2016 betrug sein Resturlaubsanspruch 16 (Arbeits-)Tage. Nach dem 15. Dezember 2016 hat der Kläger bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zum 15. Januar 2017 nicht mehr gearbeitet. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Kläger in diesem Zeitraum unter Anrechnung auf seinen Resturlaubsanspruch freigestellt war.

Mit seiner am 1. März 2017 beim Arbeitsgericht Trier eingegangenen Klage hat der Kläger die Abgeltung seines Resturlaubs von 16 (Arbeits-)Tagen in Höhe von 1.934,88 EUR brutto geltend gemacht und zur Begründung vorgetragen, dass die Beklagte ihn mit Schreiben vom 15. Dezember 2016 freigestellt habe, ohne dass eine Anrechnung von Urlaubsansprüchen erfolgt sei.

Wegen des wechselseitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 6. Dezember 2017 – 5 Ca 233/17 Bezug genommen.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.934,88 EUR brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. Februar 2017 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen E. und F.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsprotokolle des Arbeitsgerichts vom 13. September 2017 und 6. Dezember 2017 verwiesen. Mit Urteil vom 6. Dezember 2017 – 5 Ca 233/17 – hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nicht zur Überzeugung des Gerichts habe darlegen können, dass eine Freistellung unter Urlaubsanrechnung bzw. dass eine Urlaubserteilung mündlich am 15. und 16. Dezember 2016 von Seiten des Zeugen E. erfolgt sei. Zwar habe der Zeuge E. bei seiner Vernehmung im Kammertermin am 13. September 2017 bekundet, er habe den Kläger noch am 15. Dezember 2016 im Lager aufgesucht, wo dieser sich mit Kollegen unterhalten hätte, und ihm gesagt, er schenke ihm vier Arbeitstage und er – der Kläger – könne seine 16 Urlaubstage dann „abfeiern“, woraufhin der Kläger den Betrieb verlassen habe. Zudem habe der Zeuge E. erklärt, er habe den Kläger am 16. Dezember 2016 wieder im Betrieb gesehen und ihm nochmals erklärt, dass man ihm vier Arbeitstage schenken würde und er seinen Resturlaub „abfeiern“ könne. Die Aussage des Zeugen E. stehe jedoch im Widerspruch sowohl zu der schriftlichen Erklärung vom 15. Dezember 2016 als auch zu den WhatsApp-Nachrichten der Frau K. vom gleichen Tag als auch zu der Aussage des Zeugen F. und sei aus diesem Grund unglaubhaft. Es bestünden auch Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen E., der als Prokurist der Beklagten und die maßgeblich an der Freistellung des Klägers beteiligte Person nicht unvoreingenommen und neutral sei, sondern auch ein Eigeninteresse daran haben könnte, gegebenenfalls eigene Fehler durch seine Aussagen im Verfahren zu verdecken. Es sei kein Grund dafür ersichtlich, weshalb der Zeuge E. dem Kläger mehrmals mündlich, sowohl am 15. als auch am 16. Dezember 2016, die Urlaubsgewährung erklären, diese jedoch mit keinem Wort im Freistellungsschreiben vom 15. Dezember 2016 erwähnen sollte. Auch die an den Kläger gerichteten Nachrichten von Frau K. am 15. Dezember 2016 ließen den Rückschluss zu, dass diese und der Zeuge E. an diesem Tag nicht über die Urlaubsansprüche gesprochen hätten. Vielmehr sei aus den WhatsApp-Nachrichten ersichtlich, dass die Freistellung des Klägers ohne Berücksichtigung des Resturlaubsanspruchs erfolgt sei und ein Gespräch über die Anrechnung von Urlaub bzw. die Urlaubsgewährung jedenfalls am 15. Dezember 2016 weder zwischen Frau K. und dem Zeugen E., noch zwischen dem Zeugen E. und dem Kläger stattgefunden habe. Die Aussage des Zeugen E. sei ferner deswegen unglaubhaft, weil er bekundet habe, er habe den Kläger am 15. Dezember in einer der drei Lagerhallen im hinteren Bereich angetroffen und auf den Urlaub angesprochen. Der Zeuge F. habe bekundet, dass er sich am 15. Dezember 2016 in der hinteren Lagerhalle mit dem Kläger über seine Kündigung unterhalten und der Kläger danach durch den Seitenausgang die Lagerhalle und den Betrieb verlassen habe, ohne dass er ein Gespräch zwischen dem Kläger und dem Zeugen E. habe beobachten können. Dies widerlege die Aussage des Zeugen E., der Kläger hätte den Betrieb nach dem Gespräch mit ihm verlassen. Zudem wäre der Kläger am 16. Dezember 2016 nicht noch einmal im Betrieb erschienen, falls er zuvor, wie von der Beklagten und dem Zeugen E. behauptet, mit dem Zeugen E. über die Freistellung und den Urlaub gesprochen hätte. Im Übrigen habe der Zeuge F. bekundet, der Zeuge E. habe ihm am selben Tag morgens gesagt, er – der Zeuge F. – möge sich bei dem Zeugen E. melden, wenn der Kläger im Betrieb erscheine, was er auch gemacht habe. Dies stehe im Widerspruch zu der Aussage des Zeugen E., er hätte den Kläger am 16. Dezember 2016 im Betrieb von sich aus gesehen und, um „Fakten zu schaffen“, noch mal auf die Urlaubgewährung angesprochen. Seine Unterredung mit dem Zeugen F. habe der Zeuge E. dagegen mit keinem Wort erwähnt. Danach habe die Kammer die Aussage der Beklagten, der Kläger sei unter Anrechnung von Urlaub von seiner Arbeitsleistung freigestellt worden, nicht als erwiesen angesehen.

Gegen das ihr am 29. Januar 2018 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 19. Februar 2018, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am 21. Februar 2018 eingegangen, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 19. März 2018, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am 22. März 2018 eingegangen, begründet.

Sie trägt vor, in dem vom Kläger für seine Anspruchsbegründung herangezogenen Schreiben vom 15. Dezember 2016 habe sie lediglich erklärt, dass die Freistellung zum 15. Dezember 2016 erfolge, was nichts über die Dauer der Freistellung aussage. Ohne irgendeinen konkreten Anhaltspunkt hätte der Kläger somit nicht unterstellen können und dürfen, dass die Freistellung unbeschränkt bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses andauern sollte. Bereits aus diesem Grund hätte das Arbeitsgericht die Klage abweisen müssen. Weiterhin habe das Arbeitsgericht das Ergebnis der Beweisaufnahme unvollständig gewürdigt und fehlerhaft erfasst. Der Zeuge E. habe bei seiner Vernehmung klar angegeben, dass er dem Kläger im Betrieb erklärt habe, dass dieser seinen Resturlaub nehmen könne und man ihm im Übrigen die restlichen vier Arbeitstage „schenke“, ihn also insoweit von der Arbeitstätigkeit freistelle. Dem Kläger sei somit von vornherein klar gewesen, dass die Freistellung nur für die vier verbliebenen Arbeitstage erfolgt und mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch sein Urlaubsanspruch erfüllt gewesen sei. Diese Kernaussage des Zeugen E. hätte angesichts ihres Gewichts vom Arbeitsgericht entsprechend gewürdigt werden müssen, zumal dieselbe vom Kläger in keiner Art und Weise widerlegt worden sei. Die Auffassung des Arbeitsgerichts, die Aussage des Zeugen E. sei widersprüchlich und unglaubhaft gewesen, sei überhaupt nicht haltbar. Ein Eigeninteresse des Zeugen E. am Ausgang des Prozesses bestehe nicht und sei weder vom Kläger vorgetragen noch ersichtlich. Der Zeuge E. habe unwidersprochen angegeben, dass er Resturlaub noch niemals schriftlich bestätigt, sondern dies immer mit dem jeweiligen Arbeitnehmer besprochen habe, was weder unüblich noch verwerflich sei. Deshalb hätte das Arbeitsgericht diesen Umstand nicht zu ihren Lasten werten dürfen. Der vom Arbeitsgericht aus einer Kurznachricht von Frau K. gezogene Rückschluss stelle nicht mehr als eine substanzlose und unbewiesene Annahme dar, die außerdem jeglicher Objektivität ermangele. Die weitere Unterstellung des Arbeitsgerichts, der Zeuge E. habe am 15. Dezember 2016 im Betrieb nicht mit dem Kläger gesprochen, da der Zeuge F. den Zeugen E. nicht gesehen habe, sei ein Fehlschluss. Denn „nicht gesehen“ heiße nicht, dass ein derartiges Gespräch nicht stattgefunden habe. Hätte das Arbeitsgericht den Sachverhalt und die Zeugenaussagen vollständig und richtig erfasst, hätte es an der Wahrheitsgemäßheit der Aussage des Zeugen E. keinen Zweifel haben können. Der Kläger habe sich vor Kündigungsausspruch unstreitig in ihrer Buchhaltung bei Frau K. nach seinem bestehenden Resturlaub erkundigt. Dies lege nahe, dass der Kläger den Zeugen E. darauf angesprochen hätte, wenn dieser gegenüber ihm nicht zuvor die Resturlaubsfrage thematisiert gehabt hätte. Aus der Aussage des Zeugen F. ergebe sich, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Gesprächs mit dem Zeugen F. seine Freistellung gekannt habe. Im Hinblick darauf, dass das Gespräch des Klägers mit dem Zeugen F. am 15. Dezember 2016 stattgefunden habe, bevor der Kläger ihr Schreiben vom 15. Dezember 2016 und die abendliche WhatsApp-Nachricht von Frau K. erhalten habe, könne er die Kenntnis von seiner Freistellung nur aufgrund des Gesprächs mit dem Zeugen E. haben. Nach der Aussage des Zeugen F. habe der Kläger am nächsten Tag nur nochmals kommen wollen, um sich „von den Kollegen zu verabschieden“, und habe außerdem „Das war’s jetzt“ gesagt, was indiziere, dass der Kläger Kenntnis von seiner Freistellung gehabt habe, mit ihm also zuvor über seinen Urlaub und seine Freistellung gesprochen worden sein müsse. Damit sei auch gleichzeitig die Behauptung des Klägers widerlegt, er habe sich am 15. Dezember 2016 verabschiedet, weil er vorgehabt habe, am 16. Dezember 2016 wieder zur Arbeit zu erscheinen. Die fehlerhafte Schlussfolgerung des Arbeitsgerichts in Bezug auf die Glaubwürdigkeit des Zeugen E. beruhe auf der teils unbeachteten und teils unvollkommenen Übernahme der Aussage des Zeugen F.. Die Darstellung des Arbeitsgerichts, der Zeuge F. habe bestätigt, dass der Kläger am Schluss noch sinngemäß gesagt habe, „er komme morgen wieder“, ignoriere den im gleichen Satz enthaltenen – wesentlichen – Nachsatz des Zeugen F., dass der Kläger am nächsten Tag nur nochmals habe kommen wollen, um sich „von den Kollegen zu verabschieden“.

Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Trier von 6. Dezember 2017 – 5 Ca 233/17 – die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er erwidert, aus der im Schreiben der Beklagten vom 15. Dezember 2016 zitierten Erklärung („Ihre Freistellung erfolgt zum 15. Dezember 2016.“) könne gerade nicht entnommen werden, dass die Freistellung unter Anrechnung von Urlaubsansprüchen erfolgt sei. Zwar sei aus dieser Erklärung nicht eindeutig zu entnehmen, dass die Freistellung bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses andauern solle. Für beide Parteien sei jedoch klar gewesen, dass dies der Fall sein sollte. Dass diese Erklärung nicht eindeutig ist, gehe aber zu Lasten der darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten, weil diese die Freistellung so formuliert habe. Das Arbeitsgericht habe zu Recht festgestellt, dass die Aussage des Zeugen E. hinsichtlich der bestrittenen Urlaubsgewährung unglaubhaft sei. Der Zeuge E. habe als Prokurist der Beklagten an dem Ausgang dieses Verfahrens ein erhebliches Eigeninteresse, weil er den „Fehler“ begangen habe, ihn in seiner „Rage“ freizustellen, ohne ihm Urlaub zu erteilen. Dieser „Fehler“ des Zeugen E. gehe zu finanziellen Lasten der Beklagten. Aus diesem Grunde versuche dieser, den Fehler zu „vertuschen“, indem er im Nachhinein eine mündliche „Urlaubsgewährung“ behaupte, die zu keinem Zeitpunkt stattgefunden habe. Weder am 15. Dezember noch am 16. Dezember 2016 habe zwischen ihm und dem Zeugen E. in den Betriebshallen ein entsprechendes Gespräch stattgefunden. Nach Aussage des Zeugen E. habe er – der Kläger – nach der angeblichen Unterredung in der Lagerhalle den Betrieb verlassen. Somit hätte dann kein Gespräch mehr mit dem Zeugen F. stattfinden können, da dieser ebenfalls ausgesagt habe, dass er – der Kläger – nach der Unterredung mit ihm – dem Zeugen F. – die Lagerhalle verlassen habe. Insoweit habe das Arbeitsgericht zu Recht festgestellt, dass die Aussage des Zeugen E. widersprüchlich sei. Wenn die Beklagte nunmehr ihre Berufung auf die Aussage des Zeugen F. stütze, sei der zitierte Satz („Das war’s jetzt. Ich komm‘ aber morgen noch mal, um mich von den Kollegen zu verabschieden.“) von ihm nicht gesagt worden. Die Aussage des Zeugen F. stehe auch im Widerspruch zu der vorgelegten WhatsApp-Korrespondenz zwischen ihm und dem Zeugen F. (Bl. 165 d. A.). Hieraus ergebe sich, dass der Zeuge F. zum Zeitpunkt seines Gespräches mit ihm im Betrieb der Beklagten noch keine Ahnung gehabt haben könne, dass er nach Ablauf seiner Arbeitsunfähigkeit am 15. Dezember 2016 freigestellt worden sei. Dies habe er dem Zeugen F. dann mit einer weiteren Nachricht um 19.25 Uhr („Bin freigestellt“) mitgeteilt. Danach habe der Zeuge F. von einer Freistellung erst am Abend des 15. Dezember 2016 erfahren. Inzwischen habe er von einer ehemaligen Mitarbeiterin, der Zeugin T. erfahren, dass diese bestätigen könne, dass der Zeuge E. am 15. Dezember 2016 nicht die Büroräume verlassen habe, bis er – der Kläger – mit seinem PKW das Gelände verlassen hätte. Ein Gespräch zwischen ihm und dem Zeugen E. habe auch nicht am 16. Dezember 2016 stattgefunden.

Das Berufungsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen E., F. und G. (geb. T.). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 27. Februar 2019 verwiesen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. b ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist insbesondere form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. 519, 520 ZPO).

Die Berufung der Beklagten hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zu Recht der Klage stattgegeben. Der Kläger hat gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG Anspruch auf Abgeltung von 16 Urlaubstagen aus dem Jahr 2016 i.H.v. 1.934,88 EUR brutto.

Dem Kläger stand zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Eigenkündigung am 15. Dezember 2016 unstreitig noch ein restlicher Anspruch auf Urlaub von 16 Arbeitstagen aus dem Jahr 2016 zu. Die Beklagte hat diesen Resturlaubsanspruch mit ihrem Freistellungsschreiben vom 15. Dezember 2016 nicht i.S.v. § 362 Abs. 1 BGB erfüllt. Im Streitfall lässt sich nicht zur Überzeugung des Berufungsgerichts feststellen, dass die Beklagte den Resturlaub mündlich gewährt bzw. den Kläger gemäß ihrer Darstellung aufgefordert hat, den Resturlaub in der Zeit bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu nehmen, womit dieser einverstanden gewesen sei. Gemäß der zutreffenden Annahme des Arbeitsgerichts war der Resturlaub bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 15. Januar 2017 noch nicht erfüllt und auch nicht erloschen, so dass er gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG abzugelten ist.

1. Zwar kann der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers auch dadurch erfüllt werden, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Anrechnung auf den Urlaubsanspruch von der Arbeit freistellt. Die bloße Erklärung des Arbeitgebers, der Arbeitnehmer könne zu Hause bleiben oder sei von der Arbeitspflicht entbunden, genügt allerdings nicht, um den Urlaubsanspruch zum Erlöschen zu bringen. Die zur Erfüllung des Urlaubsanspruchs erforderliche Erklärung des Arbeitgebers muss vielmehr hinreichend deutlich erkennen lassen, dass der Arbeitnehmer zur Erfüllung des Urlaubsanspruchs von der Arbeitspflicht befreit wird. Sonst ist nicht bestimmbar, ob der Arbeitgeber die geschuldete Leistung als Schuldner des Urlaubsanspruchs bewirkt (§ 362 Abs. 1 BGB), als Gläubiger der Arbeitsleistung nach § 615 Satz 1 BGB auf deren Annahme verzichtet oder er dem Arbeitnehmer nach § 397 Abs. 1 BGB anbietet, die Arbeitspflicht vertraglich zu erlassen (BAG 24. März 2009 – 9 AZR 983/07 – Rn. 24, NZA 2009, 538). Die Freistellungserklärung des Arbeitgebers ist als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung nach § 133 BGB aus der objektivierten Sicht des Empfängers auszulegen. Besteht ein übereinstimmender Wille der Parteien, ist er allein maßgeblich, selbst wenn er im Wortlaut nur falsch oder unvollkommen ausgedrückt ist (BAG 24. März 2009 – 9 AZR 983/07 – Rn. 25, NZA 2009, 538).

2. Ausgehend von diesen Grundsätzen lässt die mit dem Schreiben der Beklagten vom 15. Dezember 2016 erklärte Freistellung des Klägers „zum 15. Dezember 2016“ nach dem maßgeblichen Empfängerhorizont nicht erkennen, dass der Kläger zur Erfüllung seines (Rest-)Urlaubsanspruchs von der Arbeitspflicht befreit wird.

Die im Schreiben vom 15. Dezember 2016 erklärte Freistellung des Klägers „zum 15. Dezember 2016“ besagt lediglich, dass der Kläger mit Wirkung zum 15. Dezember 2016 freigestellt wird und danach seine Arbeitsleistung in der Zeit bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die von ihm ausgesprochene Eigenkündigung nicht mehr zu erbringen hat. Die Beklagte hat in ihrem Schreiben vom 15. Dezember 2016 nicht erklärt, dass der Kläger zur Erfüllung des Urlaubsanspruchs von der Arbeitspflicht befreit wird. Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, lässt die schriftliche Freistellungserklärung Rückschlüsse auf eine Urlaubsgewährung oder eine Freistellung unter Anrechnung auf Urlaubsansprüche nicht zu. Nachdem die Beklagte in ihrem Schreiben vom 15. Dezember 2016 dem Kläger erklärt hat, dass sie seine Kündigung zum 15. Januar 2017 zur Kenntnis genommen habe und seine Freistellung zum 15. Dezember 2016 erfolge, konnte und durfte der Kläger davon ausgehen, dass er mit Wirkung zum 15. Dezember 2016 freigestellt ist und danach seine Arbeitsleistung bis zum genannten Kündigungstermin nicht mehr zu erbringen hat. Hingegen konnte und musste der Kläger aus dieser schriftlichen Erklärung nicht entnehmen, dass er auch zur Erfüllung des Urlaubsanspruchs von der Arbeit freigestellt werden sollte.

3. Die für den Einwand der Erfüllung darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat den ihr obliegenden Beweis für eine mündlich besprochene Urlaubsnahme nicht erbracht. Unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses der erst- und zweitinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme lässt sich nicht zur Überzeugung des Berufungsgerichts (§ 286 ZPO) feststellen, dass der Zeuge E. gemäß der Darstellung der Beklagten mit dem Kläger nach der Übergabe der Kündigung am 15. und 16. Dezember 2016 über den Urlaub gesprochen hat.

Der von der Beklagten benannte Zeuge E. hat bei seiner erstinstanzlichen Vernehmung zum Geschehensablauf am 15. Dezember 2016 bekundet, er sei nach Erhalt der Kündigung des Klägers zur Buchhaltung gegangen, um sich über den Resturlaub des Klägers kundig zu machen, woraufhin ihm Frau K. gesagt habe, der Kläger hätte noch vier Tage zu arbeiten und 16 Resturlaubstage. Daraufhin habe er den Kläger im Betrieb aufgesucht und im Lager auch angetroffen, wo dieser sich mit Kollegen unterhalten habe. Aufgrund der aufgetretenen atmosphärischen Spannungen mit dem Kläger habe er diesen nicht mehr so lange im Betrieb haben wollen und diesem gesagt: „Wir schenken dir die vier noch verbleibenden Arbeitstage und deine 16 Urlaubstage kannst du dann jetzt abfeiern.“ Daraufhin habe der Kläger dann den Betrieb verlassen. Noch am selben Nachmittag sei er dann zu Frau K. gegangen und habe mit ihr das Schriftstück vom 15. Dezember 2016 verfasst, wo sie dem Kläger seine Kündigung einschließlich der Freistellung noch einmal bestätigt hätten. Die Bestätigung von Resturlaubstagen habe er noch nie schriftlich fixiert, das sei immer mit den Arbeitnehmern besprochen worden.

Bei seiner zweitinstanzlichen Vernehmung hat der Zeuge E. zum Geschehensablauf am 15. Dezember 2016 erneut bekundet, dass er nach Erhalt der Kündigung des Klägers zur Buchhaltung gegangen sei und dort die Resturlaubstage abgefragt habe. Die Buchhalterin, Frau K., habe ihm mitgeteilt, wie viele Tage Urlaub der Kläger noch habe und wie viele Arbeitstage er noch arbeiten müsse, was seines Wissens noch vier Tage gewesen seien. Danach sei er runter in die Halle gegangen und habe den Kläger gesucht. Er habe ihn kurz gesehen und ihm gesagt, dass sie ihm die vier Tage schenken würden. In der Firma sei schlechte Stimmung gewesen. Er sei in Rage gewesen, weil zu organisieren gewesen sei, wer die Leitung vom Kläger übernehme. Er habe den Kläger gebeten, am nächsten Tag noch einmal vorbeizukommen, um seine persönlichen Sachen zu holen. Das Gespräch am 15. Dezember 2016 sei ganz kurz gewesen. Er habe dann nur von den vier Tagen gesprochen, nicht über den Urlaub. Das ausführliche Gespräch sei vielmehr am Tag danach gewesen. Auf Vorhalt seiner damaligen Aussage beim Arbeitsgericht hat der Zeuge bekundet, er könne sich noch daran erinnern, dass er am 15. Dezember 2016 dem Kläger gesagt habe, dass sie die vier Tage schenken würden. Er könne sich nicht mehr genau daran erinnern, dass er bereits am 15. Dezember 2016 auch die 16 Urlaubstage angesprochen habe. Er sei sich aber sicher, dass seine damalige Aussage beim Arbeitsgericht richtig sei.

Der Kläger hat bei seiner Anhörung erklärt, er habe am 15. Dezember 2016 nach Abgabe seiner Kündigung das Büro des Herrn E. verlassen und sich dann noch mit Herrn F. unterhalten, wonach er unmittelbar durch den daneben befindlichen Seiteneingang die Halle verlassen habe. Herr E. habe mit ihm nach Abgabe der Kündigung nicht mehr gesprochen. Insbesondere habe er nicht mit Herrn E. über den Urlaub gesprochen. Vielmehr habe er erst am Abend des 15. Dezember 2016 aufgrund der WhatsApp-Nachricht von Frau K. und der E-Mail der Beklagten davon erfahren, dass er freigestellt sei.

Nach der vorgelegten WhatsApp-Nachricht von Frau K. hat diese am 15. Dezember 2016 um 17:28 Uhr dem Kläger mitgeteilt, dass sie ihm ein Schreiben per E-Mail habe zukommen lassen und er ab sofort freigestellt sei. Die darauf erfolgte Antwort des Klägers „Ok, danke“ und „Das heißt ??“ spricht dafür, dass dem Kläger seine Freistellung zuvor noch nicht bekannt war. Zwar hat sich der Kläger vor Kündigungsausspruch bei Frau K. nach seinem Resturlaub erkundigt. Weiterhin kann als richtig unterstellt werden, dass der Zeuge E. sich nach Eingang der Kündigung am 15. Dezember 2016 bei Frau K. nach dem Resturlaubsanspruch des Klägers erkundigt hat und darüber von Frau K. informiert worden ist. Die Anhörung des Klägers und der von ihm vorgelegte WhatsApp-Verkehr mit Frau K. begründen gleichwohl erhebliche Zweifel daran, dass der Zeuge E. tatsächlich mit dem Kläger persönlich noch am 15. Dezember 2016 über die Freistellung und den Urlaub gesprochen hat. Der Zeuge E. hat erklärt, dass er erst nach seiner erstinstanzlichen Vernehmung über den Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom WhatsApp-Verkehr zwischen dem Kläger und Frau K. Kenntnis erlangt und bei seiner ersten Vernehmung vor dem Arbeitsgericht davon nichts gewusst habe. Sein Aussageverhalten war bei seiner zweitinstanzlichen Vernehmung erkennbar darauf ausgerichtet, dass er mit dem Kläger über den Urlaub nicht in dem ganz kurzen Gespräch am 15. Dezember 2016, sondern vielmehr in dem ausführlichen Gespräch am Tag danach gesprochen habe. Auf Nachfrage hat er erklärt, dass er sich noch daran erinnern könne, dass er am 15. Dezember 2016 dem Kläger gesagt habe, dass sie die vier Tage schenken würden, während er sich nicht mehr genau daran erinnern könne, dass er bereits am 15. Dezember 2016 auch die 16 Urlaubstage angesprochen habe. Er sei sich aber sicher, dass seine damalige Aussage richtig sei. Der vorgelegte WhatsApp-Verkehr zwischen dem Kläger und Frau K. und das Aussageverhalten des Zeugen E., der seine Angaben nach der zwischenzeitlichen Kenntniserlangung hiervon ersichtlich angepasst hat, begründen durchgreifende Zweifel daran, dass der Zeuge E. am 15. Dezember 2016 persönlich mit dem Kläger über die Freistellung und den Urlaub gesprochen hat.

Aus der Aussage des Zeugen F. lässt sich nicht ableiten, dass der Kläger aufgrund eines persönlichen Gesprächs mit dem Zeugen E. am 15. Dezember 2016 bereits vor Zugang des Schreibens der Beklagten vom 15. Dezember 2016 von seiner Freistellung gewusst haben soll. Der Zeuge S. hat bei seiner erstinstanzlichen Vernehmung bekundet, der Kläger sei zu ihm gekommen und habe gesagt, dass er gekündigt hätte. Sie hätten noch 2 – 3 Sätze miteinander gewechselt und dann habe der Kläger durch den Seitenausgang die Lagerhalle verlassen. Er sei alleine in der Halle gewesen und habe nicht beobachten können, dass der Kläger mit dem Zeugen E. ein Gespräch geführt habe. Er könne nicht sagen, ob das der 15. Dezember gewesen sei. Er wisse nur, dass der Kläger zu ihm gesagt habe, er hätte gekündigt. Der Kläger habe noch sinngemäß gesagt: „Das war´s jetzt. Ich komm‘ aber morgen noch mal, um mich von den Kollegen zu verabschieden.“ Am darauffolgenden Tag sei der Kläger noch mal da gewesen, habe noch mit ein paar Kollegen in der Lagerhalle und auch kurz mit ihm gesprochen und habe sich dann von den Kollegen verabschiedet. Danach habe der Kläger die Lagerhalle verlassen. Er könne sich nicht erinnern und habe auch nicht beobachten können, dass der Kläger in der Lagerhalle in seinem Beisein mit Herrn E. gesprochen habe. Er könne es aber auch nicht ausschließen, weil er mit dem Wareneingang beschäftigt gewesen sei. Herr E. habe ihm am selben Tag morgens gesagt, er solle sich bei ihm melden, wenn der Kläger im Betrieb wieder da sei. Das habe er dann gemacht. Als der Kläger gekommen sei, habe er sich bei Herrn E. gemeldet. Danach sei er wieder an die Arbeit gegangen. Was danach passiert sei, wisse er nicht.

Bei seiner zweitinstanzlichen Vernehmung hat der Zeuge F. bekundet, der Kläger sei gegen Feierabend zu ihm ins Lagerbüro gekommen und habe ihm dort gesagt, dass er gekündigt habe. Sie hätten sich dann noch einige Minuten unterhalten. Danach habe sich der Kläger von ihm verabschiedet und sei nach Hause gegangen. Er habe ihm gesagt: „Ich habe gekündigt, das war´s jetzt, ich fahre nach Hause.“ Auf Vorhalt seiner Aussage beim Arbeitsgericht hat der Zeuge erklärt, das sei so korrekt, er könne sich nicht mehr hundertprozentig daran erinnern, inzwischen sei einige Zeit vergangen. Sie hätten nicht darüber gesprochen, wie lange der Kläger noch arbeite. Er habe dann einen Anruf von der Buchhaltung erhalten, ob er die private E-Mail-Adresse des Klägers habe. Er habe die E-Mail-Adresse gehabt und sie dann auch weitergegeben. Dann habe er seine Arbeit fertig gemacht und sei dann auch nach Hause gefahren. Auf weitere Nachfrage hat der Zeuge F. erklärt, er habe gewusst, dass der Kläger nach seiner Kündigung am nächsten Tag noch mal komme, um Tschüss zu sagen. Weitere Angaben könne er hierzu nicht machen. Er könne sich auch nicht daran erinnern, ob der Kläger sich nur noch habe verabschieden oder noch arbeiten wollen.

Aus den eher vagen Angaben des Zeugen F. lässt sich nicht ableiten, dass dem Kläger aufgrund eines persönlichen Gesprächs mit Herrn E. bereits am 15. Dezember 2016 noch vor Zugang des Schreibens der Beklagten vom 15. Dezember 2016 bekannt war, dass er freigestellt ist. Der Zeuge hat keine Erinnerung daran, ob der Kläger sich nur noch verabschieden oder noch arbeiten wollte. Vielmehr spricht auch der vorgelegte WhatsApp-Verkehr zwischen dem Kläger und dem Zeugen F. dafür, dass der Kläger erst am Abend des 15. Dezember 2016 aufgrund der WhatsApp-Nachricht von Frau K. und des per E-Mail übersandten Schreibens der Beklagten erfahren hat, dass er freigestellt ist, was er dem Zeugen F. um 19:25 Uhr dann mitgeteilt hat. Jedenfalls ist das Berufungsgericht auch unter Berücksichtigung der vagen Angaben des Zeugen F. nicht davon überzeugt, dass der Zeuge E. am 15. Dezember 2016 mit dem Kläger persönlich über die Freistellung und den Urlaub gesprochen hat.

Danach verbleiben auch durchgreifende Zweifel daran, dass der Zeuge E. am Folgetag (16. Dezember 2016) „noch mal“ in einem persönlichen Gespräch mit dem Kläger über den Urlaub gesprochen haben soll. Bei seiner erstinstanzlichen Vernehmung hat der Zeuge E. bekundet, dass der Kläger am Morgen des 16. Dezember wieder zum Betrieb gekommen sei. Er habe das gesehen und habe auch hier Fakten schaffen wollen, weswegen er zu ihm gegangen und ihm gesagt habe, er könne sich jetzt eine Stunde nehmen, um seine Sachen zu packen und sich von Kollegen im Haus zu verabschieden, und habe dann bitte das Haus zu verlassen. Hierbei habe er dem Kläger auch noch mal erklärt, dass sie ihm die vier verbleibenden Arbeitstage schenken würden und er seinen Resturlaub abfeiern könne, wie sie bereits am Vortage besprochen hätten.

Bei seiner zweitinstanzlichen Vernehmung hat der Zeuge E. zu dem angeblich ausführlichen Gespräch am Folgetag ausgeführt, er habe Herrn F. gebeten, ihn zu informieren, wenn der Kläger in den Betrieb komme. Entsprechend seiner Bitte habe Herr F. ihn dann auch angerufen und ihm gesagt, dass der Kläger da sei. Daraufhin sei er runtergegangen und habe mit dem Kläger in Ruhe und auch länger gesprochen. Damit hat der Zeuge E. seine zweitinstanzliche Aussage insoweit angepasst, als er – gemäß dem vom Arbeitsgericht ausdrücklich angeführten Widerspruch – seine Unterredung mit dem Zeugen F. bei seiner erstinstanzlichen Aussage nicht erwähnt hatte. Zum Inhalt des Gesprächs hat er ausgesagt, er habe dem Kläger gesagt, dass er ja noch vier Arbeitstage habe und dann seinen Resturlaub. Er habe mit ihm besprochen, dass er die vier Arbeitstage nicht mehr arbeiten müsse und seinen Resturlaub nehme. Das sei für den Kläger okay gewesen.

Der Kläger hat bei seiner Anhörung hierzu erklärt, dass er am Folgetag, den 16. Dezember 2016, noch einmal in den Betrieb gekommen sei, um seine Sachen mitzunehmen und sich von den Kollegen zu verabschieden. An diesem Tag habe er ebenfalls nicht mit Herrn E. gesprochen. Vielmehr habe er am Abend des 15. Dezember 2016 aufgrund der WhatsApp-Nachricht von Frau K. und der E-Mail der Beklagten davon erfahren, dass er freigestellt sei.

Die hinsichtlich des Geschehensablaufs am 15. Dezember 2016 bestehenden Zweifel an der Darstellung des Zeugen E. greifen auch auf den von ihm geschilderten Geschehensablauf am Folgetag durch. Nach der Anhörung des Klägers und dem von ihm vorgelegten WhatsApp-Verkehr mit Frau K. spricht bereits mehr dafür, dass der Kläger am 15. Dezember 2016 kein persönliches Gespräch über seine Freistellung und den Urlaub mit dem Zeugen E. geführt hat, sondern von seiner Freistellung erst aufgrund der WhatsApp-Nachricht von Frau K. und des per E-Mail übersandten Schreibens der Beklagten vom 15. Dezember 2016 erfahren hat. Dementsprechend bestehen auch Zweifel an der Darstellung des Zeugen, dass er am 16. Dezember 2016 nochmals mit dem Kläger über den Urlaub gesprochen hat. Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist kein Grund dafür ersichtlich, weshalb der Zeuge E. dem Kläger mehrmals mündlich, sowohl am 15. als auch am 16. Dezember 2016, die Urlaubsgewährung erklären, diese jedoch mit keinem Wort im Freistellungsschreiben vom 15. Dezember 2016 erwähnen sollte. Zwar hat der Zeuge E. hierzu bei seiner erstinstanzlichen Vernehmung erklärt, dass er die Bestätigung von Resturlaubstagen noch nie schriftlich fixiert habe, sondern das immer mit den Arbeitnehmern besprochen worden sei. Bei seiner zweitinstanzlichen Vernehmung hat er allerdings auf Frage des Gerichts bekundet, dass er nach seinem Schreiben vom 15. Dezember 2016 noch am Nachmittag das Steuerbüro angerufen habe, weil er sich nicht sicher gewesen sei, ob seine Formulierung in dem Schreiben den neuesten gesetzlichen Bestimmungen entspreche. Der Steuerberater habe ihm gesagt, dass dies okay sei, er wüsste es auch nicht besser. Bei der Erstellung des Schreibens vom 15. Dezember 2016 habe er noch nicht gewusst, dass daraus ein Rechtsstreit entstehen könne. Danach hat sich der Zeuge E. noch am 15. Dezember 2016 eigens rückversichert, ob sein Schreiben mit der verwandten Formulierung okay sei. Das spricht dafür, dass dem Zeugen E. nicht bewusst war, dass er in seinem Schreiben nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht haben könnte, dass die Freistellung unter Anrechnung auf den Resturlaub erfolgen soll. Anderenfalls hätte er dies in seinem Schreiben sicherlich aufgeführt, zumal er sich noch eigens bei seinem Steuerberater rückversichert hat. Im Hinblick darauf, dass der Zeuge E. offenbar die Formulierung in seinem Schreiben zur Abwicklung des Resturlaubs des Klägers für ausreichend gehalten hat, ist wenig plausibel, weshalb er bei dem von ihm angeführten Gespräch am Tag nach der Kündigung ausführlich mit dem Kläger darüber gesprochen haben will, dass dieser seinen Resturlaub nehme und die weiteren vier Tage nicht mehr arbeiten müsse.

Jedenfalls verbleiben erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des vom Zeugen E. geschilderten Geschehensablaufs am 15. und 16. Dezember 2016. Der Kläger hat sowohl schriftsätzlich unter Vorlage des jeweiligen WhatsApp-Verkehrs mit Frau K. und mit dem Zeugen F. als auch im Rahmen seiner Anhörung in sich schlüssig und plausibel den Ablauf des Geschehens am 15. und 16. Dezember 2016 geschildert. Für die Darstellung des Zeugen E. spricht unter Berücksichtigung der oben dargestellten Umstände nicht mehr als für die des Klägers. Ebenso wie der Kläger ein Interesse am Ausgang des Rechtsstreits hat, kann der Zeuge E. gemäß den Ausführungen des Arbeitsgerichts auch nicht als unvoreingenommen und neutral angesehen werden, sondern ein Eigeninteresse daran haben, dass sich sein Fehler bei der Formulierung des Freistellungsschreibens nicht auswirkt. Das Berufungsgericht ist unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses der erst- und zweitinstanzlichen Beweisaufnahme nicht davon überzeugt, dass der Zeuge E. mit dem Kläger am 15. und/oder 16. Dezember 2016 darüber gesprochen bzw. diesen aufgefordert hat, dass er den ihm noch zustehenden Resturlaub von 16 Urlaubstagen in der Zeit bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses nimmt.

Danach war der Resturlaub gemäß der zutreffenden Annahme des Arbeitsgerichts bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 15. Januar 2017 noch nicht erfüllt und auch nicht erloschen (vgl. hierzu BAG 19. Februar 2019 – 9 AZR 541/15 -). Mithin kann der Kläger nach § 7 Abs. 4 BurlG die Abgeltung seines Resturlaubsanspruchs von 16 Urlaubstagen verlangen. Die Höhe des vom Kläger bei der Berechnung des Urlaubsabgeltungsanspruchs angesetzten Tagesbruttoentgelts ist zwischen den Parteien gemäß der zutreffenden Feststellung des Arbeitsgerichts unstreitig.

Der Zinsanspruch beruht auf §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1, 247 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

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