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Arbeitnehmerhaftung – Schadensersatz wegen verweigerter Herausgabe von Passwörtern

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz – Az.: 8 Sa 16/21 – Urteil vom 03.08.2021

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern – Auswärtige Kammern Pirmasens – vom 24.11.2020, Az. 4 Ca 131/20, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch um Urlaubsabgeltungsansprüche des Klägers sowie um einen Schadensersatzanspruch der Beklagten.

Der Kläger war in der Zeit vom 21.06.2010 bis zum 31.12.2019 bei der Beklagten zu einem Bruttomonatsgehalt von 4.230,- EUR beschäftigt. Die Beendigung zum 31.12.2019 wurde in einem vor dem Arbeitsgericht Kaiserslautern geschlossenen Vergleich (Az. 4 Ca 404/19) vereinbart, nachdem die Beklagte zuvor eine am 26.09.2019 zugegangene außerordentliche Kündigung ausgesprochen und der Kläger hiergegen Kündigungsschutzklage erhoben hatte.

Am 20.08.2019, am 09.09.2019 und auch am 28.09.2019 fanden Gesellschafterversammlungen der Beklagten bzw. Besprechungen zwischen -unter anderem- dem Kläger und Gesellschaftern der Mehrheitsgesellschafterin der Beklagten, der s.+s. m. GmbH, statt. Die Einzelheiten dieser Gespräche sind zwischen den Parteien streitig. Im Vorfeld des Termins vom 20.08.2019 erbat die s.+s. m. GmbH von dem damaligen Geschäftsführer der Beklagten, Herrn L. A., die Nennung von Betriebsdaten und Passwörtern der Beklagten.

Der Kläger hat erstinstanzlich -soweit für das Berufungsverfahren von Bedeutung- vorgetragen, 20 der 25 vereinbarten Urlaubstage habe er nicht genommen, so dass diese abzugelten seien. Ein Schadensersatzanspruch bestehe nicht. Er habe keine Pflichten im Arbeitsverhältnis verletzt und sei durch seine Arbeitgeberin nicht zur Herausgabe von Passwörtern aufgefordert worden. Dies sei schon deswegen ausgeschlossen, da für die Beklagte selbst in der Zeit vom 01.09.2019 bis zum 13.10.2019 kein Geschäftsführer bestellt gewesen sei. Zudem habe Herr L. A. bereits alle von der Beklagten gewünschten und benötigten Informationen zur Verfügung gestellt.

Arbeitnehmerhaftung - Schadensersatz wegen verweigerter Herausgabe von Passwörtern
(Symbolfoto: Rawpixel.com/Shutterstock.com)

Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger brutto 19.273,62 EUR abzüglich bereits geleisteter netto 3.458,52 EUR zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für die Zeit vom 01.10.2019 bis zum 31.12.2019 Provisionen in Höhe von brutto 2.009,30 EUR zu zahlen.

Die Beklagte hat den Antrag zu 2. anerkannt und im Übrigen beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat hierzu erstinstanzlich vorgetragen, ein Schadensersatzanspruch bestehe, da der Kläger anweisungswidrig Administratoren-Passwörter für sich behalten habe. Als Prokurist der Beklagten habe er deren IT mit nur ihm bekannten Passwörtern abgesichert. Zu deren Herausgabe sei er am 09.09.2019 und am 17.09.2019 von Repräsentanten der Mehrheitsgesellschafterin aufgefordert worden und habe diese verweigert. Diese Passwörter hätten deswegen bei den Software-Firmen und Providern erfragt werden müssen. Zwei Mitarbeiter der s.+s. m. GmbH hätten insgesamt 53,75 Stunden benötigt, um einen Zugang zum IT-System der Beklagten herzustellen, Domains zu sichern und das gesamte System einer Prüfung zu unterziehen.

Die Urlaubsansprüche des Klägers seien vollständig erfüllt. Dies könne man anhand der Zeiterkennung feststellen, die an 31 Tagen des Jahres 2019 keine Anwesenheit des Klägers ausweise. Der Kläger habe als Prokurist seinen Urlaub nicht schriftlich beantragen müssen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage weitestgehend, bis auf erstinstanzlich noch verfolgte Entgeltfortzahlungsansprüche, stattgegeben. Zur Begründung hat es – soweit für das Berufungsverfahren von Bedeutung- ausgeführt, die geltend gemachten Urlaubsabgeltungsansprüche seien begründet. Der bloße Hinweis auf Abwesenheitszeiten genüge nicht, um eine Erfüllung der Urlaubsansprüche darzulegen.

Eine Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch habe die Beklagte nicht vornehmen dürfen. Es könne offenbleiben, ob der Kläger angesichts der durch die Beklagte verursachten unübersichtlichen Lage überhaupt eine Pflichtverletzung begangen habe, jedenfalls fehle es an ausreichend substantiierten Ausführungen zur Schadenshöhe.

Gegen das ihr am 14.12.2020 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 13.01.2021 Berufung eingelegt. Sie hat diese mit Schriftsatz vom 12.03.2021, eingegangen bei dem LAG Rheinland-Pfalz am gleichen Tag, begründet.

Hierzu hat sie -zusammengefasst- vorgetragen, der Urlaubsanspruch sei vollständig erfüllt. Der Kläger habe als Prokurist ein Selbstbeurlaubungsrecht gehabt. Dies müsse jedenfalls zu einer Verschiebung der Darlegungslast hinsichtlich der Urlaubserfüllung führen. Da der Kläger an den von ihr genannten Tagen nicht im Zeiterfassungssystem eingeloggt war, hätte er nun darlegen müssen, welche Arbeiten er an diesen Tagen erbracht haben will, sofern er keinen Urlaub hatte.

Der Kläger hätte die Passwörter herausgeben müssen, auch dann, wenn bei ihm eine Unsicherheit darüber geherrscht haben mag, wem die Geschäftsleitung der Beklagten oblag. Während einer Gesellschafterversammlung hätte eine Herausgabe sensibler Daten offensichtlich nicht unbefugt gewesen sein können. Der Schaden bestehe darin, dass insgesamt 29 Zeitstunden im Wert von je 68,- EUR durch die s. +s. m. GmbH aufgewendet worden seien.

Zweitinstanzlich hat die Beklagte zuletzt beantragt, das Urteil des ArbG Kaiserslautern – Auswärtige Kammern Pirmasens- vom 24.11.2020, Az. 4 Ca 131/20 teilweise abzuändern und die Klage insoweit abzuweisen, als dass die Beklagte zur Zahlung von mehr als 12.972,- EUR brutto sowie abzüglich von nur 3.458,52 EUR netto anstatt von abzüglich 5.457,52 EUR netto verurteilt wurde.

Der Kläger hat zweitinstanzlich beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

An den von der Beklagten als Urlaubstage bezeichnete Tagen sei er im Betrieb bzw. für den Betrieb tätig gewesen. Eine Zeiterfassung habe es in dem betreffenden Zeitraum nicht gegeben. Wenn das Tor offenstand, habe man keinen Chip benötigt, um dieses zu öffnen, so dass der Kläger dann ohne Chip-Registrierung eintreten konnte. Wenn sein Eintreten daher nicht durch die Verwendung eines Chips registriert worden sei, bedeute dies nicht, dass er nicht anwesend gewesen sei. Urlaub habe er nur vom 02.01.2019 bis 04.01.2019, vom 26.-28.02.2019 (jeweils Resturlaub aus dem Vorjahr) und dann wieder am 30.08.2019 und am 02.09.2019 genommen. Eine Erlaubnis, ohne Zustimmung der Beklagten Urlaub zu nehmen, sei nicht erteilt worden.

Auch der Schadensersatzanspruch bestehe nicht. Er sei zur Herausgabe der Passwörter bereits gar nicht durch die Beklaget aufgefordert worden. Auch sei keine Bekanntgabe von Passwörtern zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs der Beklagten erforderlich gewesen, dieser sei uneingeschränkt fortgesetzt worden. Die von der Beklagten genannten Arbeitsstunden im Bereich der IT seien erforderlich gewesen, da eine Zusammenführung der Beklagten mit der s. + s. m. GmbH erfolgte und hierzu auch die IT habe angeglichen werden müssen. Der Aufwand sei zudem nur Mitarbeitern der s. + s. m. GmbH entstanden und stünde mit Passwörtern der Beklagten in keinem Zusammenhang.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

I. Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Berufung erweist sich auch sonst als zulässig.

II. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass ein Urlaubsgeltungsanspruch in der geltend gemachten Höhe besteht und auch, dass ein Schadensersatzanspruch der Beklagten nicht gegeben ist.

1. Die Beklagte ist verpflichtet, an den Kläger Urlaubsabgeltung gem. § 7 Abs. 4 BUrlG für 20 nicht genommene Urlaubstage aus 2019 zu zahlen.

a. Laut § 5 des Arbeitsvertrags beträgt der Urlaubsanspruch 25 Arbeitstage im Kalenderjahr. Der Kläger hat vorgetragen, im Jahr 2019 nur fünf Tage Urlaub genommen zu haben.

b. Die Beklagte hat nicht darlegen können, dass sie dem Kläger auch die darüberhinausgehenden streitigen weiteren 20 Tage Urlaub gewährt hat. Hierzu hat sie sich lediglich darauf berufen, dass der Kläger an diesen Tagen ausweislich der Registrierungen eines Chip-Systems nicht im Betrieb gewesen sei.

aa. Zur Erfüllung des Urlaubsanspruchs bedarf es jedoch einer Freistellungserklärung des Arbeitgebers. Die Freistellung erfolgt durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, wobei der Arbeitgeber die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen hat (§ 7 Abs. 1 S. 1 BUrlG). Beginn und Ende des Urlaubs sind festzulegen. Die Freistellungserklärung ist nur geeignet, das Erlöschen des Urlaubsanspruchs zu bewirken, wenn der Arbeitnehmer erkennen kann, dass der Arbeitgeber ihn zur Erfüllung des Anspruchs auf Erholungsurlaub von der Arbeitspflicht freistellen will (BAG, Urteil vom 20. August 2019 – 9 AZR 468/18; Urteil vom 10. Februar 2015 – 9 AZR 455/13; Urteil vom 14. August 2007 – 9 AZR 934/06; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20. Oktober 2016 – 7 Sa 171/16).

Eine solche Erklärung hat die Beklagte für die streitigen Tage nicht vorgetragen.

bb. Eine Entbehrlichkeit der Freistellungserklärung ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger Prokura hatte. Bei arbeitnehmerähnlichen Personen kann deren Zeitsouveränität und Weisungsunabhängigkeit dazu führen, dass zur Erreichung der Urlaubsvergütung eine einseitige arbeitgeberseitige Erteilung des Urlaubs nicht erforderlich ist, und es ausreichend ist, dass der Selbstständige absprachegemäß bei fortbestehendem Dienstvertrag mit der Dienstleistung aussetzt und das Fehlen aus anderen Gründen ausgeschlossen ist (LAG Köln Urt. v. 28.11.2005 – 2 Sa 238/05, BeckOK ArbR/Lampe, 60. Ed. 1.6.2021, BUrlG § 7 Rn. 2.1).

Der Kläger ist jedoch keine arbeitnehmerähnliche Person. Diese unterscheidet sich vom Arbeitnehmer dadurch, dass an die Stelle einer weisungsabhängigen Eingliederung in eine Arbeitsorganisation die wirtschaftliche Abhängigkeit vom Auftraggeber tritt (BAG, Urteil vom 25.05.2005 – 5 AZR 347/04). Dazu bietet der Sachvortrag der Parteien keine Anhaltspunkte.

cc. Hinzukommt, dass der Arbeitsvertrag in § 5 Ziffern 2 und 3 die Vorgehensweise bei der Urlaubserteilung regelt. Die rechtliche Behandlung des Urlaubs richtet sich hiernach nach den Vorschriften des BUrlG, auch ist die Einreichung eines Urlaubsantrags erforderlich, der Arbeitgeber behält sich nach dieser Regelung zudem vor, den Urlaub abzulehnen bzw. zu verlegen. Damit ist erkennbar, dass eine Beantragung von Urlaub und eine Freistellungserklärung auch nach dem Parteiwillen nicht entbehrlich sein sollten.

Mangels Erfüllung des Urlaubsanspruchs des Klägers gem. § 362 BGB bestand dieser bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch und musste abgegolten werden, da er nicht mehr tatsächlich genommen werden konnte, § 7 Abs. 4 BUrlG. Die Berechnung des Abgeltungsanspruchs stand nicht im Streit.

Das Arbeitsgericht hat daher zu Recht das Bestehen des Urlaubsabgeltungsanspruchs angenommen.

2. Ebenfalls zu Recht hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass der Beklagten keine aufrechenbare Schadensersatzforderung gegenüber dem Kläger aufgrund einer nicht erfolgten Passwortherausgabe zusteht. Die Beklagte konnte keinen über die Abzüge der Zahlungen des Jobcenters hinausgehenden weiteren Nettoabzug durchsetzen. Eine Aufrechnung mit einem Nettoanspruch von 1.972,- EUR, wie die Beklagte ihn zuletzt beziffert hat, war nicht rechtswirksam.

a. Eine solche Aufrechnung wäre bereits nach § 394 BGB unzulässig. Soweit eine Forderung der Pfändung nicht unterworfen ist, findet die Aufrechnung gegen die Forderung nach dieser Vorschrift nicht statt. Im Monat Dezember 2019 hat die Beklagte das Nettogehalt des Klägers vollständig einbehalten. Für das Arbeitsentgelt gilt der Pfändungsschutz des § 850c ZPO. Auch wenn die Beklagte sich zweitinstanzlich nur noch auf einen zur Aufrechnung gestellten Betrag von 1.972,- EUR netto berufen hat, so hat sie nicht dargelegt, inwiefern sie die pfändungsfreien Beträge beachtet haben und damit eine zulässige Aufrechnung vorgenommen haben will. Rechnet der Arbeitgeber gegen Arbeitseinkommen auf, obliegt es ihm vorzutragen, dass die Aufrechnung unter Beachtung der Pfändungsschutzvorschriften erfolgt (BAG, Urteil vom 05. Dezember 2002 – 6 AZR 569/01). Denn die Befugnis des Arbeitgebers, gegen den Entgeltanspruch des Arbeitnehmers aufzurechnen, ist integraler Teil des Erfüllungseinwands, den der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Arbeitgeber dem Zahlungsanspruch des Arbeitnehmers entgegenhalten kann.

Bereits aus diesem Grunde erweist sich die Aufrechnung als unzulässig.

b. Der Beklagten steht aber, wie das Arbeitsgericht ausgeführt hat, auch keine aufrechenbare Schadensersatzforderung gegenüber dem Kläger nach § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 619 a BGB zu.

aa. Gemäß §§ 280, 282, 241 Abs. 2 BGB hat der Arbeitnehmer dann Schadensersatz zu leisten, wenn er seinen arbeitsvertraglichen Pflichten – zu denen gemäß § 241 Abs. 2 BGB auch die Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des Arbeitgebers gehören – schuldhaft verletzt, dadurch dem Arbeitgeber ein Schaden entstanden ist und zwischen der Vertragsverletzung und dem Schadenseintritt ein Kausalzusammenhang besteht (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 07. September 2009 – 5 Sa 269/09). Der Arbeitgeber trägt die Darlegungs- und Beweislast im Rahmen von ihm geltend gemachter vertraglicher Schadensersatzansprüche, wobei sich der Arbeitgeber gemäß § 619 a BGB nicht auf die Beweislastregelung des § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB berufen kann; damit hat der Arbeitgeber das Verschulden des Arbeitnehmers und die den Grad des Verschuldens ausmachenden Tatsachen darzulegen und ggf. zu beweisen; die Darlegungs- und Beweislast erstreckt sich mithin nicht nur auf die Pflicht- bzw. Rechtsgutverletzung, sondern auch auf die haftungsbegründende und die haftungsausfüllende Kausalität sowie den Schaden (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12. April 2016 – 6 Sa 299/15).

Die Beklagte hat weder eine Pflichtverletzung noch einen der Höhe nach nachvollziehbaren oder gem. § 287 BGB schätzbaren Schaden substantiiert dargelegt.

bb. Hierzu wird zunächst auf die zutreffende Begründung des Arbeitsgerichts gem. § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen. Auch zweitinstanzlich hat die Beklagte die Pflichtverletzung nicht näher erläutert. Es ist unklar geblieben, welche Passwörter für welche Vorgänge von wem – aus dem Kreis der zur Beklagten gehörenden, dem Kläger gegenüber weisungsberechtigten Personen- von dem Kläger erfragt wurden und welche Bedeutung diese Passwörter hatten. Bei der Beurteilung des Vorliegens einer Pflichtverletzung aufgrund der Geheimhaltung der Passwörter ist zu berücksichtigen, dass es gleichzeitig auch Aufgabe eines Passortinhabers ist, diese nicht leichtfertig nach außen zu tragen. Wenn der Kläger hierzu von der s. + s. m. GmbH gebeten wurde oder von einer Person, über deren Berechtigung zur Kenntniserlangung er nicht sicher war, so hätte er die Herausgabe im Zweifel ablehnen müssen. Zu dieser Eindeutigkeit einer Weisungsberechtigung hat die Beklagte keine Darlegungen vornehmen können.

Auch ein entstandener Schaden der Beklagten lässt sich aus ihrem Vortrag nicht herleiten. Insbesondere lag nach dem Vortrag der Beklagten eine Tätigkeit der Mitarbeiter der s. + s. m. GmbH vor, die jedenfalls auch mit einer Zusammenführung dieser und der Beklagten in Verbindung stand. So trägt sie selbst vor, dass die Internetseite der Beklagten so umgestellt werden musste, dass bei deren Aufruf auf die Seite der s. + s. m. GmbH umgeleitet wurde. Auch wurde durch den Anbieter J… eine einheitliche Verwaltung der Internetadressen hergestellt. Diese Vorgänge stehen nicht erkennbar in Zusammenhang mit einer eventuellen Unkenntnis von Passwörtern. Gleiches gilt für die Begutachtung von „Verkabelungen und Verbindungen einzelner Computer“. Die Beklagte hat weiter vorgetragen, Gegenstand der den Schaden ausmachenden Tätigkeit der Beklagten bzw. der s. + s. m. GmbH sei es ebenfalls gewesen, die einzelnen Kennwörter auf den einzelnen Endgeräten zu „knacken“. Sollte der Kläger diese Kennwörter tatsächlich sämtlich alleine gekannt haben, so hätte er bei jeder Benutzung jedes Endgeräts diese persönlich eingeben müssen, was auch die Beklagte nicht behauptet hat. Zudem benötigte dieses Entschlüsseln der einzelnen Kennwörter nach Angabe der Beklagten drei Stunden. Somit hätte die Beklagte nach eigenem Vortrag innerhalb von drei Stunden die ihrer Auffassung nach unberechtigte Verweigerung der Passwortherausgabe kompensiert.

Schließlich kann sich die Beklagte entgegen ihrer Auffassung nicht unter dem Gesichtspunkt, der Kläger habe als sachnähere Person zum Schaden vorzutragen, auf eine Verschiebung der Darlegungslast zu ihren Gunsten berufen. Der Kläger war gerade nicht sachnäher. Die Beklagte hat den nach ihren Angaben entstandenen Schaden erlitten und musste diesen daher substantiiert beschreiben.

Damit fehlt es nicht nur an einer erkennbaren Pflichtverletzung, sondern auch an einem kausal entstandenen Schaden. Ein aufrechenbarer Gegenanspruch der Beklagten scheidet aus und ein über den vom Arbeitsgericht berücksichtigten Netto-Abzug hinausgehender Abzug der Schadensposition von 1.972,- EUR konnte nicht erfolgen.

Daher war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorlagen.

 

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