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Arbeitnehmerhaftung wegen nutzlos gewordener Bauarbeiten

Eine Gemeinde verklagt ihre ehemalige Betriebsleiterin wegen angeblich nutzlos gewordener Bauarbeiten an Rettungshäusern, doch die Gerichte sehen die Verantwortung für die kostspielige Planänderung bei der Gemeinde selbst. Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die Haftungsrisiken bei öffentlichen Bauprojekten und die Bedeutung klarer Zuständigkeiten zwischen Politik und Verwaltung.

➔ Zum vorliegenden Urteil Az.: 5 Sa 27/22 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Hilfe anfordern


✔ Der Fall: Kurz und knapp

  • Der Fall beschäftigt sich mit der Haftung einer Arbeitnehmerin für nutzlos gewordene Bauarbeiten.
  • Die Klägerin, eine Gemeinde, beauftragte die Arbeitnehmerin mit der Durchführung umfangreicher Bauarbeiten für touristische Infrastruktur.
  • Schwierigkeiten entstanden durch Planungsmängel, die zur Nutzlosigkeit der Bauarbeiten führten.
  • Das Gericht entschied, dass die Berufung der Klägerin abgewiesen wird und die Arbeitnehmerin nicht haftbar gemacht werden kann.
  • Die Entscheidung basierte darauf, dass die Arbeitnehmerin bei der Durchführung der Bauarbeiten keine grobe Fahrlässigkeit begangen hat.
  • Ebenso stellte das Gericht fest, dass Planungsfehler innerhalb des Risikobereichs des Arbeitgebers lagen.
  • Diese Entscheidung entlastet Arbeitnehmer, da sie für einfache Fahrlässigkeit in der Regel nicht haftbar gemacht werden.
  • Die Auswirkungen zeigen, dass Arbeitgeber sorgfältiger beaufsichtigen und klare Anweisungen geben müssen, um solche Fälle zu vermeiden.

Baukosten-Desaster: Gemeinde verklagt Kurmanagerin vergeblich

Wenn ein Arbeitnehmer im Rahmen seiner Tätigkeit bei einem Unternehmen Schäden verursacht, kann dies rechtliche Konsequenzen haben. Eine zentrale Frage ist dabei, in welchem Umfang der Arbeitnehmer für solche Schäden haftbar gemacht werden kann. Grundsätzlich gilt, dass der Arbeitgeber für Schäden, die ein Arbeitnehmer in Ausübung seiner Tätigkeit verursacht, verantwortlich ist. Allerdings gibt es Ausnahmen, in denen der Arbeitnehmer selbst für sein Handeln einstehen muss. Wann genau dies der Fall ist und welche Kriterien dabei eine Rolle spielen, soll in diesem Beitrag anhand eines konkreten Gerichtsurteils näher beleuchtet werden.

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✔ Der Fall vor dem Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern


Standortverschiebung der Rettungshäuser führt zu Streit zwischen Gemeinde und Kurdirektorin

In einem Rechtsstreit zwischen einer Gemeinde und ihrer früheren Betriebsleiterin des Eigenbetriebs Kurverwaltung ging es um die Frage, ob die Betriebsleiterin für nutzlos gewordene Bauarbeiten im Rahmen eines Neugestaltungsprojekts der Dünenpromenade haftet.

Ursprünglich sahen die Planungen vor, im Zuge der Neugestaltung der Promenade fünf Rettungstürme für die Wasserwacht seeseitig zur Promenade in der Düne zu errichten. Nach einer Besprechung mit Vertretern des zuständigen Staatlichen Amtes für Landwirtschaft und Umwelt (StALU) im Januar 2020 stimmte die Betriebsleiterin jedoch einer Planänderung zu, nach der die Rettungshäuser nun allesamt landseitig zur Dünenpromenade positioniert werden sollten. Grund dafür war, dass das StALU einer Errichtung in der Düne nicht mehr zustimmte.

Gemeinde behauptet Pflichtverletzung der Betriebsleiterin

Die Gemeinde wirft der Betriebsleiterin vor, sich pflichtwidrig über das gemeindliche Einvernehmen hinweggesetzt und einer nicht von der Baugenehmigung gedeckten Planungsänderung zugestimmt zu haben. Zudem habe sie gegen Informationspflichten verstoßen. Ohne Zustimmung der Gemeindegremien habe sie die Pfahlgründungen für die landseitigen Standorte der Rettungshäuser veranlasst, obwohl sie davon ausgehen musste, dass diese Pfähle wieder entfernt werden müssen.

Die Gemeinde fordert daher von der Betriebsleiterin Schadensersatz in Höhe von 111.793,26 Euro für die Umsetzung von 12 nutzlos gewordenen, ursprünglich landseitig gerammten Pfählen. Nachdem die Gemeinde im Juni 2020 die Bauarbeiten gestoppt und die Betriebsleiterin entlassen hatte, ließ sie die Rettungshäuser letztlich doch auf der Seeseite errichten. Die bereits landseitig gesetzten Pfähle wurden wieder entfernt.

Gericht sieht keine Pflichtverletzung durch die Betriebsleiterin

Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht wiesen die Schadensersatzklage der Gemeinde ab. Das Gericht konnte weder eine Verletzung von Informationspflichten noch der Schadensabwendungspflicht durch die Betriebsleiterin erkennen.

Der Bürgermeister war spätestens Ende Januar 2020 über die vom StALU geforderte Planänderung informiert. In einer Bürgerinformationsveranstaltung wurden die Gründe für die Verlagerung der Rettungshäuser erläutert. Die Betriebsleiterin selbst habe versucht, durch die Einigung mit dem StALU einen Schaden für die Gemeinde in Form erheblicher Bauverzögerungen abzuwenden.

Die Gemeinde hätte auf die Planänderung reagieren und der Betriebsleiterin andere Weisungen erteilen können, tat dies aber nicht. Stattdessen ließ sie die Bauarbeiten nach den neuen Plänen weiterlaufen. Erst Ende Juni 2020, nach Entlassung der Betriebsleiterin, stoppte die Gemeinde das Projekt und entschied sich doch für die ursprüngliche seeseitige Platzierung, wodurch Mehrkosten entstanden. Dies könne der Betriebsleiterin aber nicht angelastet werden, so das Gericht.

Änderung des Bauvorhabens lag in Verantwortung der Gemeinde

Nach Ansicht des Gerichts wäre es Sache der Gemeinde gewesen, auf die vom StALU geforderte Planänderung zu reagieren und notfalls rechtlich dagegen vorzugehen, wenn sie an der ursprünglichen Planung festhalten wollte. Die Betriebsleiterin habe mit der Kompromissfindung lediglich versucht, im Interesse der Gemeinde das langwierig geplante Projekt ohne weitere Verzögerungen umsetzen zu können.

Das Urteil macht deutlich, dass bei Bauvorhaben der öffentlichen Hand die Letztverantwortung für grundlegende Änderungen bei den politischen Entscheidungsträgern liegt. Gerichte messen dem Bemühen von ausführenden Angestellten, drohende Verzögerungen oder Schäden durch pragmatische Lösungen abzuwenden, große Bedeutung bei, wenn die Vorgesetzten davon Kenntnis haben, aber nicht einschreiten.

✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall


Die Entscheidung verdeutlicht, dass bei öffentlichen Bauvorhaben die Verantwortung für grundlegende Planänderungen bei der Gemeinde liegt. Bemüht sich eine Führungskraft, Verzögerungen pragmatisch abzuwenden und werden die Vorgesetzten informiert, ohne einzuschreiten, kann ihr daraus kein Vorwurf gemacht werden. Das Urteil stärkt so die Position von Angestellten, die im Interesse der Gemeinde handeln, wenn Kompromisse nötig werden.


✔ FAQ – Häufige Fragen

Das Thema: Arbeitnehmerhaftung wirft bei vielen Lesern Fragen auf. Unsere FAQ-Sektion bietet Ihnen wertvolle Insights und Hintergrundinformationen, um Ihr Verständnis für dieses Thema zu vertiefen. Weiterhin finden Sie in der Folge einige der Rechtsgrundlagen, die für dieses Urteil wichtig waren.


Wann haftet ein Arbeitnehmer für Schäden, die er im Rahmen seiner Tätigkeit verursacht?

Ein Arbeitnehmer haftet für Schäden, die er im Rahmen seiner Tätigkeit verursacht, unter bestimmten Bedingungen. Grundsätzlich gilt, dass der Arbeitgeber das Betriebsrisiko trägt und für Schäden haftet, die durch betriebliche Tätigkeiten entstehen. Dies ist Teil des sogenannten innerbetrieblichen Schadensausgleichs. Die Haftung des Arbeitnehmers wird dabei nach dem Grad seines Verschuldens differenziert.

Bei Vorsatz haftet der Arbeitnehmer voll für den entstandenen Schaden. Dies bedeutet, dass er den gesamten Schaden ersetzen muss, wenn er diesen absichtlich verursacht hat.

Bei grober Fahrlässigkeit haftet der Arbeitnehmer in der Regel ebenfalls voll. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt wurde, also wenn selbst einfachste Überlegungen nicht angestellt wurden.

Bei mittlerer Fahrlässigkeit wird der Schaden zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgeteilt. Hierbei werden alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigt, wie die Höhe des Schadens, die Versicherbarkeit des Risikos und die persönlichen Verhältnisse des Arbeitnehmers.

Bei leichter Fahrlässigkeit haftet der Arbeitnehmer in der Regel nicht. Leichte Fahrlässigkeit bedeutet, dass der Arbeitnehmer nur geringfügig von der erforderlichen Sorgfalt abgewichen ist.

Eine besondere Regelung gilt, wenn der Arbeitnehmer einen Arbeitskollegen verletzt. In solchen Fällen greift meist die gesetzliche Unfallversicherung, die den Schaden reguliert, sodass der Arbeitnehmer nicht haftet, es sei denn, er hat den Schaden vorsätzlich verursacht.

Ein Beispiel verdeutlicht dies: Ein Bauarbeiter beschädigt versehentlich eine teure Maschine auf der Baustelle. Handelt es sich um leichte Fahrlässigkeit, haftet er nicht. Bei mittlerer Fahrlässigkeit wird der Schaden zwischen ihm und dem Arbeitgeber aufgeteilt. Bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz muss er den gesamten Schaden ersetzen.

Die Haftung des Arbeitnehmers kann auch durch vertragliche Vereinbarungen, wie Tarifverträge oder Arbeitsverträge, begrenzt werden. Zudem muss der Arbeitgeber nach § 619a BGB das Verschulden des Arbeitnehmers beweisen.

Diese Regelungen sollen verhindern, dass Arbeitnehmer durch hohe Schadensersatzforderungen in den finanziellen Ruin getrieben werden, und berücksichtigen, dass der Arbeitgeber das Betriebsrisiko trägt und organisatorische Maßnahmen zur Schadensvermeidung treffen kann.


Welche Rolle spielt die Abgrenzung zwischen leichter und grober Fahrlässigkeit bei der Arbeitnehmerhaftung?

Die Abgrenzung zwischen leichter und grober Fahrlässigkeit spielt eine zentrale Rolle bei der Arbeitnehmerhaftung. Diese Unterscheidung bestimmt, ob und in welchem Umfang ein Arbeitnehmer für verursachte Schäden haftet.

Leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Arbeitnehmer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt, aber sein Verhalten als geringfügig und entschuldbar angesehen wird. Ein typisches Beispiel ist eine kurze Unachtsamkeit, die jedem passieren kann. In solchen Fällen haftet der Arbeitnehmer in der Regel nicht für den entstandenen Schaden. Dies gilt insbesondere im Arbeitsverhältnis, wo die Rechtsprechung die Haftung des Arbeitnehmers bei leichter Fahrlässigkeit ausschließt, um eine Überforderung zu vermeiden.

Grobe Fahrlässigkeit hingegen liegt vor, wenn der Arbeitnehmer die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt. Dies bedeutet, dass er grundlegende und naheliegende Überlegungen nicht angestellt hat und sich in krasser Weise über die gebotene Sorgfalt hinweggesetzt hat. Beispiele hierfür sind das Überfahren einer roten Ampel oder das Führen eines Fahrzeugs unter Alkoholeinfluss. Bei grober Fahrlässigkeit haftet der Arbeitnehmer in der Regel für den gesamten Schaden, es sei denn, die Schadenshöhe steht in einem krassen Missverhältnis zu seinem Arbeitsentgelt.

Die Beweislast für das Vorliegen von grober Fahrlässigkeit liegt beim Arbeitgeber. Dieser muss nachweisen, dass der Arbeitnehmer seine Sorgfaltspflichten in einem besonders hohen Maße verletzt hat. Umgekehrt muss der Arbeitnehmer im Falle einer leichten Fahrlässigkeit keine Haftung befürchten, da diese als entschuldbar gilt und ihm nicht vorgeworfen werden kann.

Im Kontext der Arbeitnehmerhaftung wegen nutzlos gewordener Bauarbeiten bedeutet dies, dass der Arbeitgeber nachweisen muss, dass der Arbeitnehmer grob fahrlässig gehandelt hat, um eine volle Haftung durchzusetzen. Kann der Arbeitgeber dies nicht nachweisen und liegt lediglich leichte Fahrlässigkeit vor, haftet der Arbeitnehmer nicht für den entstandenen Schaden. Diese Differenzierung schützt Arbeitnehmer vor übermäßigen finanziellen Belastungen und berücksichtigt die besonderen Umstände des Arbeitsverhältnisses.


Welche Pflichten hat ein Arbeitnehmer zur Schadensabwendung und welche Konsequenzen hat deren Verletzung?

Arbeitnehmer haben im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses die Pflicht, Schäden für ihren Arbeitgeber zu vermeiden oder zu minimieren. Diese Pflicht zur Schadensabwendung ergibt sich aus den allgemeinen arbeitsvertraglichen Nebenpflichten, insbesondere der Loyalitäts- und Rücksichtnahmepflicht. Arbeitnehmer müssen daher sorgfältig und gewissenhaft arbeiten, um Schäden zu verhindern.

Verletzt ein Arbeitnehmer diese Pflicht, indem er beispielsweise Bauarbeiten mangelhaft ausführt, kann dies verschiedene rechtliche Konsequenzen haben. Zunächst muss der Arbeitnehmer für den entstandenen Schaden haften, wenn er schuldhaft, also vorsätzlich oder fahrlässig, gehandelt hat. Die Haftung des Arbeitnehmers richtet sich nach dem Grad des Verschuldens. Bei leichter Fahrlässigkeit haftet der Arbeitnehmer in der Regel nicht. Bei mittlerer Fahrlässigkeit wird der Schaden zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgeteilt. Bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz haftet der Arbeitnehmer grundsätzlich für den gesamten Schaden, wobei eine Haftungsbegrenzung möglich ist, wenn der Schaden in einem auffälligen Missverhältnis zum Einkommen des Arbeitnehmers steht.

Ein Beispiel verdeutlicht dies: Ein Bauarbeiter führt eine Aufgabe unsachgemäß aus, was dazu führt, dass die Bauarbeiten nutzlos werden und erneut durchgeführt werden müssen. Handelt der Bauarbeiter nur leicht fahrlässig, übernimmt der Arbeitgeber in der Regel den gesamten Schaden. Bei mittlerer Fahrlässigkeit wird der Schaden zwischen beiden Parteien aufgeteilt, wobei die genaue Aufteilung von den Umständen des Einzelfalls abhängt. Bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz haftet der Bauarbeiter für den gesamten Schaden, es sei denn, die Schadenshöhe übersteigt ein angemessenes Maß im Verhältnis zu seinem Einkommen.

Die Beweislast für das Verschulden des Arbeitnehmers liegt beim Arbeitgeber. Dieser muss nachweisen, dass der Arbeitnehmer vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat. Dies ergibt sich aus § 619a BGB, der besagt, dass der Arbeitnehmer nur dann Ersatz für den Schaden leisten muss, wenn er die Pflichtverletzung zu vertreten hat.

Zusätzlich kann der Arbeitnehmer unter bestimmten Umständen vom Arbeitgeber verlangen, dass dieser einen Teil des Schadens übernimmt. Dies ist der sogenannte Freistellungsanspruch, der sich nach den Grundsätzen des innerbetrieblichen Schadensausgleichs richtet. Hierbei wird berücksichtigt, dass der Arbeitnehmer durch die Weisungen des Arbeitgebers überhaupt erst in die Lage versetzt wurde, einen Schaden zu verursachen.

Insgesamt zeigt sich, dass die Pflicht zur Schadensabwendung und die Haftung des Arbeitnehmers eng miteinander verknüpft sind. Arbeitnehmer müssen sorgfältig arbeiten, um Schäden zu vermeiden, und haften bei Pflichtverletzungen je nach Grad des Verschuldens.


Inwieweit kann ein Arbeitnehmer für Schäden haftbar gemacht werden, die durch Anweisungen des Arbeitgebers entstehen?

Ein Arbeitnehmer kann für Schäden haftbar gemacht werden, die durch Anweisungen des Arbeitgebers entstehen, jedoch gibt es wichtige Einschränkungen und Schutzmechanismen. Grundsätzlich ist der Arbeitnehmer verpflichtet, den Weisungen des Arbeitgebers zu folgen. Diese Weisungen müssen jedoch rechtmäßig und zumutbar sein.

Wenn ein Schaden durch die Befolgung einer Weisung entsteht, wird die Haftung des Arbeitnehmers nach den Grundsätzen des innerbetrieblichen Schadensausgleichs beurteilt. Diese Grundsätze berücksichtigen das Betriebsrisiko des Arbeitgebers und die Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers. Der Arbeitgeber trägt das Betriebsrisiko, da er die wirtschaftlichen Vorteile aus dem Betrieb zieht und die Weisungs- und Organisationshoheit besitzt.

Die Haftung des Arbeitnehmers wird nach dem Grad des Verschuldens differenziert. Bei Vorsatz haftet der Arbeitnehmer voll für den Schaden. Bei grober Fahrlässigkeit haftet der Arbeitnehmer in der Regel voll, es sei denn, es liegen besondere Umstände vor, die eine Minderung der Haftung rechtfertigen. Bei mittlerer Fahrlässigkeit wird der Schaden zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgeteilt, wobei die Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden. Bei leichter Fahrlässigkeit haftet der Arbeitnehmer in der Regel nicht.

Ein Arbeitnehmer erhält die Anweisung, ein fehleranfälliges Werkzeug zu benutzen, obwohl er darauf hingewiesen hat, dass es zu Schäden führen könnte. Wenn der Schaden eintritt, wird die Haftung des Arbeitnehmers gemindert, da der Arbeitgeber ein Mitverschulden trägt (§ 254 BGB). Der Arbeitgeber hätte für ein sicheres Arbeitsumfeld sorgen müssen.

Bei besonders hohen Schadenssummen kann die Haftung des Arbeitnehmers weiter begrenzt werden, um eine wirtschaftliche Existenzgefährdung zu vermeiden. In solchen Fällen wird die Haftung oft auf ein bestimmtes Vielfaches des Bruttoeinkommens des Arbeitnehmers beschränkt.


Welche Rolle spielt die Haftungsbeschränkung bei der Arbeitnehmerhaftung und wie wird sie angewendet?

Die Haftungsbeschränkung bei der Arbeitnehmerhaftung schützt Arbeitnehmer vor übermäßigen finanziellen Belastungen, wenn sie im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit einen Schaden verursachen. Diese Beschränkung greift abhängig vom Grad des Verschuldens und weiteren Umständen.

Bei leichter Fahrlässigkeit haftet der Arbeitnehmer in der Regel nicht. Leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Schaden durch eine geringfügige Unachtsamkeit verursacht wurde. Mittlere Fahrlässigkeit führt zu einer anteiligen Haftung des Arbeitnehmers. Hierbei wird der Schaden zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgeteilt. Faktoren wie die Gefahrgeneigtheit der Tätigkeit, das Risikobewusstsein des Arbeitgebers, die Versicherbarkeit des Risikos und die Höhe des Arbeitsentgelts spielen eine Rolle bei der Bestimmung der Haftungsquote. Grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz führen in der Regel zu einer vollen Haftung des Arbeitnehmers. Grobe Fahrlässigkeit wird angenommen, wenn der Arbeitnehmer die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

Die Haftungsbeschränkung wird auch durch die Höhe des Schadens beeinflusst. Bei sehr hohen Schäden kann eine Begrenzung der Haftung erfolgen, um eine Existenzgefährdung des Arbeitnehmers zu vermeiden. Dies ist besonders relevant, wenn der Schaden in einem krassen Missverhältnis zum Arbeitsentgelt steht.

Ein Bauarbeiter beschädigt durch eine Unachtsamkeit eine teure Maschine. Bei leichter Fahrlässigkeit würde er nicht haften. Bei mittlerer Fahrlässigkeit würde der Schaden anteilig zwischen ihm und dem Arbeitgeber aufgeteilt. Bei grober Fahrlässigkeit müsste er den vollen Schaden tragen, es sei denn, der Schaden ist so hoch, dass seine Existenz gefährdet wäre. In diesem Fall könnte die Haftung begrenzt werden.

Die Haftungsbeschränkung berücksichtigt auch die Betriebsgröße und die Art der Tätigkeit. In großen Betrieben mit hohem Schadensrisiko wird die Haftung des Arbeitnehmers tendenziell stärker begrenzt. Zudem spielt die Vergütung eine Rolle, da ein höheres Gehalt eine höhere Risikoprämie darstellt.

Die Haftungsbeschränkung dient dazu, eine faire Verteilung des Schadensrisikos zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu gewährleisten und den Arbeitnehmer vor unverhältnismäßigen finanziellen Belastungen zu schützen.


§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils


  • § 619a BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Diese Vorschrift definiert die Beweislastumkehr im Arbeitsrecht. Im Kontext der Arbeitnehmerhaftung bedeutet dies, dass der Arbeitgeber beweisen muss, dass der Arbeitnehmer seine Pflichten verletzt hat, um Schadensersatzansprüche geltend zu machen.
  • § 276 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Legt fest, dass Fahrlässigkeit vorsätzliches und fahrlässiges Handeln umfasst. Fahrlässigkeit wird wiederum in leichte und grobe Fahrlässigkeit unterteilt. Diese Unterscheidung ist entscheidend für die Haftung des Arbeitnehmers.
  • Grundsatz der Arbeitnehmerhaftung: Nach deutschem Recht haftet ein Arbeitnehmer für Schäden, die er bei einer betrieblichen Tätigkeit verursacht, nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit voll. Bei leichter Fahrlässigkeit haftet er gar nicht, und bei mittlerer Fahrlässigkeit anteilig.
  • § 823 Abs. 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Allgemeiner Schadensersatzanspruch bei unerlaubter Handlung. Dieser Paragraph ist relevant, wenn geprüft wird, ob die Arbeitnehmerin durch eine unerlaubte Handlung Schaden verursacht hat.
  • § 254 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Regelung zum Mitverschulden. Diese Bestimmung ist wichtig, wenn der Arbeitgeber möglicherweise durch eigenes Verhalten zur Schadensentstehung beigetragen hat.
  • § 280 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Schadensersatz wegen Pflichtverletzung. Im Arbeitsrecht wichtig, um zu prüfen, ob der Arbeitnehmer seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt hat und dadurch ein Schaden entstanden ist.
  • § 619 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Gilt für die Haftung des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis. Bestimmt, dass ein Arbeitnehmer nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit haftet, es sei denn, es ist ein abweichendes vertragliches Haftungsregime vereinbart.
  • Landesrechtliche Bestimmungen: In diesem Fall speziell die Regelungen des Landes Mecklenburg-Vorpommern, die Einfluss auf die wasserrechtlichen Genehmigungen und den Küstenschutz haben. Diese sind wesentlich, da sie die Rahmenbedingungen für die Baugenehmigungen und die Nutzung von Landesmitteln bestimmen.


⇓ Das vorliegende Urteil vom Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern – Az.: 5 Sa 27/22 – Urteil vom 25.10.2022

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin vom 15.12.2021 – 4 Ca 855/21 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zahlung von Schadensersatz wegen nutzlos gewordener Bauarbeiten.

Die beklagte Arbeitnehmerin nahm zum 01.01.2012 bei der klagenden Gemeinde eine Beschäftigung als Betriebsleiterin/Kurdirektorin des Eigenbetriebs „……“ auf.

Im September 2014 beauftragte die Klägerin ein Ingenieurbüro mit der Planung einer Neugestaltung der rund 2,2 km langen Dünenpromenade zwecks Verbesserung der touristischen Infrastruktur. Gegenstand der Planungen war die Schaffung einer aufgeständerten Promenade auf der Schutzdüne, der Bau von 17 Häusern für Strandkorbvermieter sowie die Erneuerung von fünf Rettungstürmen für die ………(….). Die Gesamtkosten der Baumaßnahme wurden auf etwa € 7.000.000 veranschlagt, finanziert zum weit überwiegenden Teil aus Landesmitteln und im Übrigen durch den Eigenbetrieb Kurverwaltung. Der beplante Küstenteil ist Eigentum des Landes Mecklenburg-Vorpommern. In der Küstenschutzdüne befanden sich Gebäude, die ohne die erforderliche Baugenehmigung errichtet worden waren.

Das Ingenieurbüro beantragte mit den Schreiben vom 10.12.2014 und 01.09.2015 beim Staatlichen Amt für Landwirtschaft und Umwelt (….) Westmecklenburg die wasserrechtliche Genehmigung für das im Küstenschutzgebiet befindliche Bauvorhaben. Die Planungsunterlagen sahen eine Errichtung der fünf ….-Rettungstürme in der Düne vor, d. h. seeseitig zur Promenade, während die Strandkorbvermieterhäuschen auf der anderen Seite der Promenade, d. h. landseitig, positioniert werden sollten. Mit Bescheid vom 04.05.2016 erteilte das …. Westmecklenburg der Klägerin auf der Grundlage der eingereichten Pläne die wasserrechtliche Genehmigung für das Bauvorhaben Dünenpromenade. In dem Bescheid heißt es unter anderem:

„…

I. Entscheidung

4. Nebenbestimmungen

4.1. Bedingungen

4.1.2. Die Ausführungsplanung ist unter Berücksichtigung der in diesem Bescheid aufgeführten Nebenbestimmungen der Dezernatsgruppe Küste des Staatlichen Amtes für Landwirtschaft und Umwelt Mittleres Mecklenburg vor Beginn weiterer Planungs- und Ausführungsphasen zur erneuten Prüfung vorzulegen.

II. Begründung

2. Rechtliche Würdigung

Der Errichtung von Bauwerken im Bereich von Küstenschutzanlagen (hier Landesküstenschutzdüne) kann grundsätzlich nur zugestimmt werden, wenn die Bauwerke dem öffentlichen Interesse bzw. der Sicherheit von Menschen dienen. D.h. neben der Dünenpromenade können nur die für die …. vorgesehenen Bauwerke im Bereich der Düne errichtet werden. …

… “

Am 08.06.2017 erteilte der Landkreis Nordwestmecklenburg der Klägerin auf Grundlage der eingereichten Pläne die auf drei Jahre befristete Baugenehmigung zum Neubau von fünf ….- und 17 Strandhäusern unter gleichzeitiger Erteilung der Naturschutzgenehmigung.

Die Klägerin verabschiedete mit Datum vom 13.08.2018 eine Neufassung der Betriebssatzung für den „Eigenbetrieb K. O. B.“. Dort heißt es:

„…

§ 4

Leitung des Betriebes

(1) Zur Leitung des Eigenbetriebes wird ein Betriebsleiter / in (Kurdirektor / in) bestellt.

(2) Dienstvorgesetzter des Leiters des Eigenbetriebes ist der Bürgermeister. Der Leiter des Eigenbetriebes ist Vorgesetzter aller Beschäftigten des Eigenbetriebes.

§ 5

Vertretung des Betriebes

(1) Gesetzlicher Vertreter des Eigenbetriebes ist der Bürgermeister.

(2) Der Leiter des Eigenbetriebes vertritt die Gemeinde in den Angelegenheiten des Eigenbetriebes, die seiner Entscheidung unterliegen.

(3) Absatz 2 gilt auch für die Angelegenheiten, in denen die Entscheidung der Gemeindevertretung bzw. Empfehlung des Betriebsausschusses herbeizuführen ist und die keine Verpflichtungserklärungen über einen Wert von 12.500,00 Euro hinaus enthalten. …

§ 6

Aufgaben und Entscheidungsbefugnisse der Betriebsleitung

(1) Der Leiter des Eigenbetriebes leitet den Eigenbetrieb selbstständig und entscheidet in allen Angelegenheiten des Eigenbetriebes, soweit die Entscheidungen nicht durch die Gemeindevertretung, die Eigenbetriebsverordnung oder diese Betriebssatzung anderen Stellen vorbehalten sind; er ist für die wirtschaftliche Führung des Eigenbetriebes verantwortlich. Weiterhin vollzieht der Leiter des Eigenbetriebes die Beschlüsse der Gemeindevertretung und die Entscheidungen des Bürgermeisters in Angelegenheiten des Eigenbetriebes.

(4) Der Leiter des Eigenbetriebes hat den Bürgermeister und den Betriebsausschuss laufend über alle wichtigen Angelegenheiten des Eigenbetriebes zu unterrichten und auf Verlangen jede Auskunft zu erteilen. Die Unterrichtung soll unverzüglich und in der Regel schriftlich erfolgen. Die Unterrichtungspflicht besteht für alle Angelegenheiten von größerer Tragweite.

…“

Die Klägerin schrieb die Baumaßnahme Dünenpromenade im Oktober 2019 europaweit aus. Ebenfalls im Oktober 2019 reichte das Ingenieurbüro die Ausführungsplanung bei dem …. ein. In der Sitzung am 19.12.2019 entschied die Gemeindevertretung der Klägerin über die Vergabe des Bauauftrages.

Das …. stellte sich nunmehr auf den Standpunkt, dass angesichts der geplanten Lage der Promenade nicht mehr alle ….-Häuser seeseitig zur Promenade errichtet werden dürfen. Daraufhin fand am 08.01.2020 eine Besprechung statt, an der die Beklagte und der zuständige Planer sowie ein Vertreter des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz und vier Vertreter des …. Westmecklenburg bzw. Mittleres Mecklenburg teilnahmen. Gegenstand der Besprechung waren die ….-Hausplattformen sowie verschiedene Planungsänderungen, z. B. zu den Strandüberfahrten, den Strandzuwegungen etc. Das …. bezog sich hinsichtlich der ….-Häuser auf die Nebenbestimmungen zum Bescheid vom 04.05.2016. Im Ergebnis der Besprechung sollten die ….-Plattformen – im Interesse einer einheitlichen Lösung – nunmehr allesamt landseitig zur Dünenpromenade errichtet und somit um etwa 7,5 m verschoben werden. Zugleich gestattete das …. eine 6. Plattform am Strandübergang 3 als Ersatz für den bislang genutzten mobilen Wagen, ohne hierfür eine Änderung der Genehmigung zu verlangen. Dieser Kompromiss diente dazu, Bauverzögerungen und evtl. damit verbundene Schadensersatzforderungen zu vermeiden und das Vergabeverfahren nicht zu gefährden.

Am 10.01.2020 erhielt das bauausführende Unternehmen auf der Grundlage seines Angebots vom 25.11.2019 den Zuschlag für die Bauarbeiten.

Am Donnerstag, 23.01.2020, fand auf Einladung des Bürgermeisters der Klägerin eine Informationsveranstaltung für die Bürger der Gemeinde statt, an der auch 2-3 weitere Gemeindevertreter teilnahmen. In dieser Veranstaltung stellte der Planer die Baumaßnahme anhand von verschiedenen Folien vor. Die OZ berichtete daraufhin in ihrer Wochenendausgabe vom 25./26.01.2020 wie folgt hierüber:

„…

Acht Jahre dauerte die Planung für die Dünenpromenade in B.. Nun ist es soweit: „Sie wird realisiert”, sagt der Planer B. O.. Er informierte bei einer Einwohnerversammlung über den aktuellen Stand der Baumaßnahmen. Die beginnen im März und sollen Mitte Dezember abgeschlossen werden.

Das Interesse der B. war groß. Knapp 150 Menschen kamen in den Festsaal der Gemeinde und stellten letzte Fragen. Doch bevor es zu diesen kam, stellte B. O. den konkreten Zeitplan für das kommende Jahr vor. Bis Ende Februar sollen zunächst die Bauvorbereitungen für die neue Promenade abgeschlossen werden. Danach geht es Schlag auf Schlag: Bis Ende April sollen 288 Pfähle in den Boden gerammt werden. Zehn pro Tag.

Anderen Einwohnern war während O. Präsentation aufgefallen, dass sich die Pläne bezüglich der Häuser für die ……..(….) verändert haben. „Sollten diese nicht erst auf der Seeseite der Promenade stehen?”, hakte einer nach. „Das stimmt. Das war anders geplant”, erklärt B. O..

….-Häuser entstehen an Landseite

Der Grund für die Änderung: Unstimmigkeiten mit dem Staatlichen Amt für Landwirtschaft und Umwelt Westmecklenburg (….). „Um weiter voranzukommen, mussten wir uns schließlich auf einen Kompromiss einigen”, argumentierte B. O.. Künftig werden die sechs ….-Häuser daher auf der Landseite der Promenade stehen.

… “

Mit Schreiben vom 17.02.2020 beantragte das Ingenieurbüro beim Landkreis Nordwestmecklenburg eine Änderung der Baugenehmigung für die ….- und die Strandhäuser. Gegenstand des Antrags sind insbesondere der Bau eines 6. ….-Hauses und die Platzierung aller ….-Häuser landseitig zur Dünenpromenade unter Bezugnahme auf die Forderungen des ….. Im Übrigen betrifft der Antrag bauliche Veränderungen beim Treppenaufgang zu den ….-Häusern und eine Grundriss- bzw. Lageänderung bei den Strandhäusern. Der Landkreis Nordwestmecklenburg lehnte es mit E-Mail vom 20.02.2020 ab, die beantragten Änderungen als Nachtrag zu der bereits erteilten Baugenehmigung zu behandeln, und forderte die Einreichung eines neuen Bauantrages.

Am 24.02.2020 fand in Anwesenheit des damaligen Wirtschaftsministers, der damaligen Landrätin, des Bürgermeisters und weiterer Vertreter aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft der 1. Spatenstich für das Bauvorhaben Dünenpromenade statt. Im Anschluss daran wurden zunächst die Pfähle für den Steg gerammt. Mit der E-Mail vom 13.03.2020 unterrichtete die Beklagte den Bürgermeister der Klägerin auf Nachfrage über die Hintergründe für die Verschiebung der ….-Häuser auf die andere Seite der Promenade. Am 26.03.2020 begann die Rammung der Pfähle für die ….-Häuser, jeweils zwei pro Rettungsturm. Mit Schreiben vom 09.04.2020 wandte sich die Klägerin, vertreten durch den Bürgermeister und seine beiden Stellvertreter, wegen der Standorte für die ….-Häuser an den Minister für Landwirtschaft und Umwelt. Der Minister folgte in seiner Stellungnahme vom 02.06.2020 der Auffassung des …. und verwies auf die Notwendigkeit des Küstenschutzes, insbesondere des Schutzes bei Sturmfluten. Er regte an, es bei dem abgestimmten landseitigen Standort der ….-Häuser zu belassen.

Mit Schreiben vom 12.06.2020 kündigte die Klägerin das Arbeitsverhältnis der Beklagten außerordentlich und hilfsweise ordentlich, wogegen sich die Beklagte gerichtlich zur Wehr setzte (Arbeitsgericht Schwerin, Aktenzeichen 5 Ca 915/20). Die Parteien einigten sich in diesem Rechtsstreit auf ein Ausscheiden der Beklagten zum 31.03.2021 gegen Zahlung einer Abfindung von € 27.500,-. Die Beklagte bezog zuletzt ein monatliches Gehalt von € 4.943,53 brutto.

Am 24.06.2020 tagte der Hauptausschuss und erörterte die Positionierung der ….-Häuser. In dieser Sitzung erläuterte der Planer nochmals die Gründe für die Verlagerung. Der Hauptausschuss forderte hingegen eine Verlegung der ….-Häuser zur Seeseite. Am 25.06.2020 verhängte die Klägerin einen Baustopp für das Bauvorhaben Dünenpromenade.

Sie beantragte später beim Landkreis Nordwestmecklenburg erneut eine Baugenehmigung für das Bauvorhaben mit einem seeseitigen Standort der ….-Stationen. Die Baugenehmigung wurde wie beantragt erteilt. Welche Gespräche es dazu zwischen dem Landkreis und dem …. gab, ist der Klägerin nicht bekannt. Die Klägerin errichtete daraufhin fünf ….-Häuser seeseitig zur Promenade. Die bereits landseitig gesetzten Pfähle wurden entfernt.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihr die Kosten für die Umsetzung von 12 landseitig gerammten Pfählen zu erstatten. Die Beklagte habe sich pflichtwidrig über das gemeindliche Einvernehmen, das sich auf den seeseitigen Bau der ….-Häuser bezogen habe, hinweggesetzt und einer Planungsänderung zugestimmt. Trotz fehlender Baugenehmigung für eine landseitige Errichtung der ….-Häuser habe die Beklagte die Gründungsarbeiten hierfür zugelassen. Sie habe davon ausgehen müssen, dass diese Pfähle wieder zu entfernen seien. Zudem habe sie gegen ihre Informationspflichten aus der Eigenbetriebssatzung verstoßen. Die Beklagte hätte zunächst die Zustimmung der Klägerin zu einer Planungsänderung einholen müssen.

Die Klägerin hat erstinstanzlich – soweit für den Rechtsstreit noch von Bedeutung – beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 111.793,26 zzgl. fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie habe ihre Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis nicht verletzt. Angesichts der Haltung des …. zur Lage der ….-Häuser und dem dringenden Interesse der Klägerin an der Durchführung des Bauvorhabens unter Berücksichtigung der Durchführungsfristen des Förderbescheides habe die Beklagte keine andere Möglichkeit gesehen, als der Forderung des …. nachzukommen. Eine seeseitige Positionierung sei zum damaligen Zeitpunkt unvorstellbar gewesen. Aufgrund der nur geringfügigen Lageänderung habe sie darin kein Problem gesehen. Der Landkreis habe bereits signalisiert, dass einer Genehmigung der landseitigen Positionierung nichts im Wege stehe. Ohnehin beziehe sich die Baugenehmigung nur auf den Teil oberhalb der Plattformen. Für die Pfahlgründung sei allein die wasserrechtliche Genehmigung ausschlaggebend. Die landseitige Pfahlgründung sei sowohl dem Bürgermeister als auch seinen beiden Stellvertretern und anderen Gemeindevertretern bekannt gewesen. In der Bürgerinformationsveranstaltung am 23.01.2020 habe der Planer in Anwesenheit des Bürgermeisters die neuen Standorte der ….-Häuser vorgestellt. Des Weiteren habe der Bürgermeister an der Bauanlaufberatung am 24.02.2020 teilgenommen, bei der ebenfalls die Ausführungspläne mit den landseitig geplanten ….-Häusern ausgehängt worden seien. Anlässlich des offiziellen Baubeginns habe auch die 2. stellvertretende Bürgermeisterin bei dem Planer wegen der landseitigen Positionierung der ….-Häuser nachgefragt. Die Klägerin hätte die landseitige Pfahlgründung jederzeit verhindern oder stoppen können. Im Übrigen bestreitet die Beklagte die von der Klägerin als Schadensersatz geltend gemachten zusätzlichen Planungs- und Baukosten dem Grunde und der Höhe nach.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass eine Schadensersatzpflicht der Beklagten jedenfalls unter Billigkeitsgesichtspunkten abzulehnen sei, da die Klägerin vor Beginn der landseitigen Pfahlgründungen, spätestens mit der E-Mail vom 13.03.2020, die Planungsänderung gekannt habe. Sie hätte den Schaden ohne weiteres abwenden können. Selbst bei Annahme einer Pflichtverletzung der Beklagten treffe die Klägerin ein überwiegendes Mitverschulden, dem gegenüber ein evtl. Verschulden der Beklagten vollkommen zurücktrete. Dass die landseitige Positionierung der ….-Häuser von der Baugenehmigung abweiche, sei auch der Klägerin bekannt gewesen. Dennoch habe sie die Bauarbeiten zugelassen.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung. Die Beklagte habe vorsätzlich, zumindest aber grob fahrlässig bzw. in jedem Fall mit mittlerer Fahrlässigkeit den Schaden verursacht. Der Beklagten sei der geplante Baustart am 24.02.2020 wichtiger gewesen als die Einhaltung der Baugenehmigung und das gemeindliche Einvernehmen. Die Beklagte hätte die Baumaßnahme stoppen müssen, was ihr ohne weiteres möglich gewesen wäre, bzw. eine außerordentliche Versammlung der Gemeindevertreter veranlassen müssen. Nur die Beklagte habe alle maßgeblichen Informationen gehabt, um einen Baustopp zu erwirken. Den genauen Bauablauf habe nur die Beklagte gekannt. Sie habe den eingetretenen Schaden zumindest billigend in Kauf genommen.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin vom 15.12.2021, Az. 4 Ca 855/21, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 111.793,26 zzgl. fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Sie verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Als Kurdirektorin habe sie im Interesse der Klägerin versucht, die seit langem geplante Baumaßnahme noch so weit wie möglich vor der Saison fertigzustellen. Die Verlagerung der ….-Häuser habe deren Funktionalität nicht beeinträchtigt, was im Übrigen der Minister für Landwirtschaft und Umwelt in seinem Schreiben vom 02.06.2020 bestätigt habe. Die Klägerin habe dies offenbar zunächst ebenfalls so gesehen, da sie in Kenntnis der Planungsänderung gegen die Baumaßnahmen nicht eingeschritten sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, die Sitzungsprotokolle sowie das angegriffene arbeitsgerichtliche Urteil verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht und aus zutreffenden Erwägungen abgewiesen.

Nach § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Arbeitgeber, wenn ein Arbeitnehmer seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis verletzt, Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Der Arbeitnehmer hat dem Arbeitgeber Ersatz für den aus der Verletzung einer Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis entstehenden Schaden nur zu leisten, wenn er die Pflichtverletzung zu vertreten hat (§ 619a BGB). Zu vertreten hat der Schuldner Vorsatz und Fahrlässigkeit, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses zu entnehmen ist (§ 276 Abs. 1 Satz 1 BGB). Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs. 2 BGB).

Die Verpflichtung zum Schadensersatz sowie der Umfang des Ersatzes nach § 254 Abs. 1 BGB sind weiter davon abhängig, inwieweit der Schaden vorwiegend vom Schädiger oder vom Geschädigten verursacht worden ist. Dabei ist die Frage des mitwirkenden Verschuldens nicht mit den gleichfalls zu berücksichtigenden Grundsätzen über die Beschränkung der Arbeitnehmerhaftung bzw. privilegierten Arbeitnehmerhaftung „durch entsprechende Anwendung“ des § 254 BGB zu vermengen. Mitwirkendes Verschulden gemäß § 254 Abs. 1 BGB hat das Gericht von Amts wegen zu berücksichtigen (BAG, Urteil vom 21. Mai 2015 – 8 AZR 116/14 – Rn. 25, juris = NZA 2015, 1517).

Die Beklagte hat als K. die Pflicht, die arbeitsvertraglich festgelegten Aufgaben im Rahmen der ihr übertragenen Befugnisse sowie der einschlägigen Gesetze, Verordnungen, Satzungen etc. auszuführen. Dazu gehören auch Informationspflichten gegenüber Vorgesetzten, hier insbesondere gegenüber dem Bürgermeister, sei es aus § 6 Abs. 6 der Eigenbetriebssatzung vom 13.08.2018 oder aber auch in der Funktion als Ansprechpartnerin für das Bauvorhaben Dünenpromenade.

Zudem ist die Beklagte nach § 241 Abs. 2 BGB verpflichtet, auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihrer Arbeitgeberin Rücksicht zu nehmen. Zu den hieraus herzuleitenden Pflichten der Vertragspartner gehört im Arbeitsverhältnis die Schadensabwendungspflicht, nach der ein Arbeitnehmer gehalten ist, drohende Schäden vom Arbeitgeber abzuwenden bzw. zu beseitigen, soweit ihm dies möglich und zumutbar ist. In Zusammenhang damit steht die Verpflichtung des Arbeitnehmers, bemerkbare oder voraussehbare Schäden oder Gefahren dem Arbeitgeber unverzüglich anzuzeigen (BAG, Urteil vom 20. Oktober 2016 – 6 AZR 471/15 – Rn. 43, juris = ZTR 2017, 47; BAG, Urteil vom 28. August 2008 – 2 AZR 15/07 – Rn. 21, juris = NZA 2009, 192; LAG Niedersachsen, Urteil vom 19. April 2021 – 15 Sa 557/20 – Rn. 131, juris = LAGE § 626 BGB 2002 Nr. 123).

Die Beklagte hat weder ihre Informationspflichten noch ihre Pflicht zur Schadensabwendungspflicht verletzt noch gegen Weisungen der Klägerin verstoßen.

Der Bürgermeister der Klägerin war spätestens am 23.01.2020 anlässlich der Bürgerinformationsveranstaltung davon unterrichtet, dass das …. einer seeseitigen Platzierung aller ….-Häuser nicht mehr zustimmte und der vorgelegten Ausführungsplanung widersprochen hatte. Im Rahmen der Bürgerinformationsveranstaltung stellte der Planer die Verlagerung der ….-Häuser vor und erläuterte auf Nachfrage die Gründe hierfür. Weiterer Informationen bedurfte es nicht, um die Planungsänderung nachvollziehen zu können. Der Bürgermeister wusste, wo die ….-Häuser gebaut werden sollen und wo die Pfähle hierfür eingerammt werden. Er wusste, in welcher Weise die Beklagte und der Planer auf die Einwände des …. reagieren wollten und weshalb sie sich für diesen Weg entschieden hatten. Die Beklagte durfte davon ausgehen, dass der Bürgermeister jedenfalls im Rahmen der Bürgerinformationsveranstaltung ausreichend informiert war, sofern es nicht bereits zuvor im Nachgang zu dem ….-Termin am 08.01.2020 Gespräche hierzu gegeben haben sollte.

Die Beklagte hat nicht sehenden Auges die Entstehung eines Schadens für die Klägerin zugelassen. Vielmehr hat sie ihrerseits versucht, einen der Klägerin drohenden Schaden in Form einer weiteren, erheblichen Verzögerung der Baumaßnahme, insbesondere unter Berücksichtigung des vorliegenden Fördermittelbescheides, der bereits erfolgten Auftragsvergabe und des geplanten Baubeginns, abzuwenden. Am 08.01.2020 stand fest, dass das …. die Gründung für die ….-Häuser an dem geplanten seeseitigen Standort nicht mehr zulassen wird, obwohl der Bescheid vom 04.05.2016 einen anderen Eindruck erweckte. Die ursprüngliche Planung war danach nicht mehr wie vorgesehen und wie mit den Gremien abgestimmt umsetzbar. Da sich die Klägerin nicht über das …. hinwegsetzen konnte, blieb ihr nur die Möglichkeit, hiergegen rechtlich vorzugehen oder aber der Forderung des …. nachzukommen und den Standort der ….-Häuser ganz oder teilweise zu verschieben. Schon angesichts des Teilnehmerkreises der Besprechung am 08.01.2020 war nicht damit zu rechnen, das …. umstimmen zu können – was im Übrigen auch durch die spätere Eingabe beim Minister nicht gelungen ist. Der Beklagten war vor allem daran gelegen, das Bauvorhaben nach der achtjährigen Planungsphase nunmehr zeitnah und so weit wie möglich vor der Saison umzusetzen, zumal die Fördermittel bereitstanden und das Ausschreibungsverfahren für die Bauarbeiten beendet war. Einen Baustopp wollte sie gerade nicht. Aus diesen Gründen hielt es die Beklagte im Interesse der Klägerin für sinnvoll, mit dem …. eine einvernehmliche Lösung zu erreichen, um weitere, ggf. langjährige Verzögerungen zu vermeiden. Demgegenüber erschienen die vom …. geforderten Lageänderungen verhältnismäßig geringfügig. Die Funktionsfähigkeit der Rettungsstationen war durch eine Verschiebung um etwa 7,5 m nicht gefährdet. Die Höhe der Häuser bot ausreichend Sicht über die Promenade hinweg. Der Rettungsweg verlängerte sich insgesamt gesehen nur geringfügig. Zudem war der Rettungsweg durch die Promenade nicht blockiert. Eine versetzte Anordnung der ….-Häuser, also zum Teil landseitig, zum Teil seeseitig, wäre zwar möglich gewesen, kam aber aus optischen Gründen nicht in Betracht.

Die Klägerin musste dem von der Beklagten eingeschlagenen Weg zur Lösung des Problems nicht folgen. Die Beklagte unterlag als Arbeitnehmerin den Weisungen der Klägerin. Die Klägerin hätte, nachdem sie spätestens am 23.01.2020 von der Planungsänderung und den Hintergründen hierzu erfahren hatte, die Beklagte anweisen können, die Bauarbeiten vorläufig zu stoppen, den Termin für den offiziellen Baustart am 24.02.2020 abzusagen und gegen die Entscheidung des …. vorzugehen, auf welche Weise auch immer. Eine derartige Weisung hat die Klägerin der Beklagten jedoch nicht erteilt, sondern die Bauarbeiten erst rund vier Monate nach dem Baubeginn gestoppt, nachdem die Beklagte bereits die außerordentliche Kündigung erhalten hatte. Die Beklagte hat nicht Anweisungen der Klägerin zuwidergehandelt. Die Klägerin hat den Beginn und den Fortgang der Bauarbeiten nach den neuen Plänen zunächst geduldet, aus welchen Gründen auch immer. Ob dem Bürgermeister bekannt war, an welchen Tagen die Pfähle für die ….-Häuser gerammt werden, ist unerheblich. Er wusste jedenfalls, dass diese Pfähle nach den neuen Plänen und dass sie in nächster Zeit gerammt werden würden. Die endgültige Entscheidung gegen eine landseitige Platzierung der ….-Häuser und für die Weiterverfolgung der früheren Planung fiel erst Ende Juni 2020, und zwar nach Entlassung der Beklagten. Damit wurde sodann ein Teil der bisherigen Bauarbeiten nutzlos, was zu weiteren Planungs- und Baukosten führte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Rechtsstreit wirft keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf.

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