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Arbeitnehmerversetzung – Zustimmung des Betriebsrats

ArbG Trier, Az.: 3 BV 36/09, Beschluss vom 29.04.2010

1. Es wird festgestellt, dass die Versetzungen von Frau V in die Verkaufsstelle L, von Frau P in die Verkaufsstelle U und von Frau T in die Verkaufsstelle S offensichtlich nicht aus sachlichen Gründen dringend erforderlich waren.

2. Im Übrigen werden die Anträge zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die Ersetzung der Zustimmung des Antragsgegners (Betriebsrats) zu verschiedenen personellen Maßnahmen der Arbeitgeberin (Antragstellerin) i.S.v. § 99 BetrVG sowie um die aus sachlichen Gründen dringende Erforderlichkeit der vorläufigen Durchführung vorgenannter Maßnahmen i.S.v. § 100 BetrVG.

Die Antragstellerin ist eine bundesweit operierende Drogeriemarktkette, der Antragsgegner der bei ihr für den Bezirk R gebildete Betriebsrat.

Arbeitnehmerversetzung – Zustimmung des Betriebsrats
Symbolfoto: HannaKuprevich/Bigstock

Die Antragstellerin schloss die von ihr betriebene Verkaufsstelle R, Q zum 02.12.2009, wodurch der Arbeitsbedarf für die ausweislich ihres Arbeitsvertrages für diese Verkaufsstelle eingestellten und dort beschäftigten Arbeitnehmerinnen P und T entfiel. Im Hinblick hierauf beantragte sie am 16.10.2009 die Zustimmung des Antragsgegners gemäß § 99 BetrVG zur Versetzung von Frau P mit Wirkung ab dem 03.12.2009 als Verkäuferin auf eine seit Mitte November 2009 offene Stelle in der Verkaufsstelle U, da der befristete Arbeitsvertrag der dort beschäftigten Arbeitnehmerin O, die laut ihrem Arbeitsvertrag jedenfalls seit November 2008 für die Verkaufsstelle U eingestellt und dort auch tatsächlich eingesetzt wurde, auslief. Mit bei der Antragstellerin am 22.10.2009 eingegangenem Schreiben verweigerte der Antragsgegner seine Zustimmung und verwies in seiner Begründung u.a. darauf, Frau P habe nach U einen deutlich weiteren Anfahrtsweg und müsse anscheinend sechs Stunden weniger arbeiten, da sie mit 26 Wochenstunden beschäftigt, im Versetzungsantrag jedoch nur ein Einsatz in U von 20 Wochenstunden vorgesehen sei; zudem sei eine gemäß § 93 BetrVG erforderliche Ausschreibung der Stelle unterblieben. Im Übrigen habe die Antragstellerin ihrem Antrag keinerlei Unterlagen beigefügt und insbesondere keine Angaben zu den Personalien der Arbeitnehmerin und den Auswirkungen der geplanten Maßnahme auf andere Arbeitnehmer bzw. den getätigt. Unter dem 25.11.2009 teilte die Antragstellerin dem Antragsgegner mit, die für Frau P in der Verkaufsstelle U vorgesehene Arbeitszeit betrage 26 Stunden. Unter dem 30.11.2009 beantragte sie beim Antragsgegner dessen Zustimmung zur vorläufigen Durchführung der Maßnahme gemäß § 100 BetrVG, welche dieser am 01.12.2009 verweigerte, woraufhin sie mit bei Gericht am 05.03.2010 eingegangenem Schriftsatz das Verfahren gemäß § 100 Abs. 2 Satz 3 BetrVG einleitete.

Ebenfalls mit Antrag vom 16.10.2009 begehrte sie die Zustimmung des Antragsgegners gemäß § 99 BetrVG zur Versetzung der in der Verkaufsstelle R, Q beschäftigten Frau T mit Wirkung ab 03.12.2009 in die Verkaufsstelle S als Ersatz für die dort beschäftigte, infolge ihrer Betriebsratstätigkeit regelmäßig abwesende Verkaufsstellenverwaltung Frau N. Mit bei der Antragstellerin am 22.10.2009 eingegangenem Schreiben verweigerte der Antragsgegner seine Zustimmung und verwies in seiner Begründung u.a. darauf, Frau T habe nach S einen deutlich weiteren Anfahrtsweg, es sei unklar, mit wie vielen Wochenstunden sie in S eingesetzt werden solle, eine nach § 93 BetrVG erforderliche Stellenausschreibung habe nicht stattgefunden und im Übrigen habe die Antragstellerin die Auswirkung der geplanten Maßnahme ebenso wenig dargelegt wie ihrem Antrag Unterlagen, insbesondere persönliche Angaben über die Arbeitnehmerin T, beigefügt. Mit Antrag vom 30.11.2009 begehrte die Antragstellerin vom Antragsgegner dessen Zustimmung zur vorläufigen Durchführung der vorgenannten Maßnahme nach § 100 BetrVG, welche dieser am 01.12.2009 ablehnte, woraufhin sie mit bei Gericht am 03.12.2009 eingegangenem Antrag das Verfahren nach § 100 Abs. 2 Satz 3 BetrVG einleitete.

Ferner beabsichtigte sie die Schließung der Verkaufsstelle M zum 24.02.2010, wodurch der Bedarf an einer weiteren Beschäftigung der dort eingesetzten Frau V entfiel. Unter dem 22.02.2010 beantragte sie die Zustimmung des Antragsgegners gemäß § 99 BetrVG zur Versetzung von Frau V in die Verkaufsstelle L mit Wirkung ab dem 01.03.2010. Seine Verweigerung vom 01.03.2010 begründete der Antragsgegner u.a. damit, ein Bedarf für die Tätigkeit von Frau V in der Verkaufsstelle L sei nicht ersichtlich, da die nach ihrem Arbeitsvertrag für diese Verkaufsstelle eingestellte Arbeitnehmerin K lediglich deshalb in L „fehle“, weil sie von der Antragstellerin regelmäßig bzw. häufig als Springer eingesetzt werde. Bei einem ordnungsgemäßen Einsatz von Frau K in der Verkaufsstelle L bestehe dort kein weiterer Bedarf für Frau V. Auch habe die Antragstellerin keinerlei Unterlagen eingereicht und zu den Auswirkungen der geplanten Maßnahme nichts ausgeführt; schließlich sei auch hier die nach § 93 BetrVG erforderliche Stellenausschreibung unterblieben. Am 01.03.2010 beantragte die Antragstellerin die Zustimmung des Antragsgegners zur vorläufigen Durchführung der vorgenannten Maßnahme nach § 100 BetrVG, welche dieser am 03.03.2010 ablehnte, woraufhin sie mit bei Gericht am 05.03.2010 eingegangenem Schriftsatz das Verfahren nach § 100 Abs. 2 Satz 3 BetrVG einleitete.

Die Antragstellerin ist der Ansicht, der Antragsgegner könne sich auf keinen Zustimmungsverweigerungsgrund i.S.v. § 99 Abs. 2 BetrVG berufen. Insbesondere sei eine Stellenausschreibung für die von Frau P und Frau T zu besetzenden Stellen nachträglich noch erfolgt, ohne dass es aber hierauf Bewerbungen gegeben habe – dem hat der Antragsgegner auch nicht widersprochen. Die vorläufige Durchführung sämtlicher Maßnahmen sei aus sachlichen Gründen dringend erforderlich i.S.v. § 100 BetrVG gewesen, da infolge der Verkaufsstellenschließungen ein Arbeitskräfteüberhang entstanden sei und die Arbeitnehmerinnen woanders hätten eingesetzt werden müssen. Schließlich habe man Kündigungen vermeiden wollen.

Die Antragstellerin hat – soweit das Verfahren nicht durch Zeitablauf erledigt wurde – zuletzt noch beantragt,

die Zustimmung des Antragsgegners zur Versetzung der Frau P und Frau T zu ersetzen sowie festzustellen, dass die vorläufige Versetzung der Frau P und Frau T aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war,

ferner, die Zustimmung des Antragsgegners zur Versetzung der Frau V nach § 99 BetrVG zu ersetzen und festzustellen, dass die vorläufige Versetzung der Frau V nach §§ 99, 100 BetrVG aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war.

Der Antragsgegner beantragt, die Anträge zurückzuweisen.

Er rügt bereits eine ordnungsgemäße Antragstellung i.S.v. § 99 Abs. 1 BetrVG im Hinblick darauf, dass die Antragstellerin ihm trotz seines Hinweises erforderliche Informationen nicht mitgeteilt habe, weswegen die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 BetrVG nicht zu laufen begonnen habe und eine Zustimmungsersetzung nach § 99 Abs. 4 BetrVG nicht in Frage komme. Zur Begründung beruft er sich in Ergänzung zu seinen in den einzelnen Zustimmungsverweigerungsschreiben benannten Gründen darauf, die Antragstellerin habe in keinem Fall die vorgesehene Eingruppierung angegeben und keinerlei Unterlagen zu ihren Anträgen eingereicht. Zudem bedeute die Versetzung von Frau P für diese, da sie keinen Führerschein besitze und in Folge dessen auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sei, eine Fahrzeit von insgesamt 3 ½ Stunden pro Tag sowie eine Mehrausgabe für eine entsprechende ÖPNV-Monatskarte von 216,50 €; für Frau T bedeute deren Versetzung in die Verkaufsstelle S eine Fahrzeit mit den öffentlichen Verkehrsmitteln von 3 Stunden pro Tag. Beide Anfahrtswege bzw. -zeiten seien den vorgenannten Arbeitnehmerinnen unzumutbar, zumal sie in R eingesetzt werden könnten, wo die Antragstellerin aber lieber Aushilfen einsetze. Die vorläufige Durchführung sämtlicher Maßnahmen sei auch nicht aus sachlichen Gründen dringend erforderlich, da die Verkaufsstellenschließungen der Antragstellerin bereits längerfristig bekannt bzw. ja von ihr selbst geplant gewesen seien.

Dem hält die Antragstellerin in Bezug auf die Anträge nach § 99 BetrVG entgegen, der Antragsgegner habe alle Informationen erhalten, die er habe erhalten müssen. Die Information über eine vorgesehene Eingruppierung zähle nicht hierzu, da ihr keine Relevanz für einen Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 99 Abs. 2 BetrVG zukomme. Auswirkungen auf andere Arbeitnehmer im gebe es nicht, weswegen auch hierüber nicht zu informieren gewesen sei. Im Übrigen wisse er ebenso wie die betroffenen Arbeitnehmerinnen, wie deren Arbeit aussehe. Die von ihm benannten Anfahrtszeiten sowie die Angewiesenheit der Arbeitnehmerinnen P und T auf öffentliche Verkehrsmittel bestreitet sie mit Nichtwissen; im Übrigen seien den Arbeitnehmerinnen solche Zeiten zumutbar und die Kosten schließlich von ihnen steuerlich absetzbar. Eine Einsatzmöglichkeit in R bestreitet die Antragstellerin mit Nichtwissen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten verwiesen.

II.

Die Anträge sind zulässig, aber nicht begründet. Insbesondere war die vorläufige Durchführung der zuletzt noch streitgegenständlichen Maßnahmen offensichtlich nicht aus sachlichen Gründen dringend erforderlich.

1. Eine Zustimmungsersetzung nach § 99 Abs. 4 BetrVG kam vorliegend nicht in Betracht, da es bereits an ordnungsgemäßen Anträgen i.S.v. § 99 Abs. 1 BetrVG fehlt.

a) In allen drei Anträgen fehlen jedwede Angaben zu den Personalien und einer für die betreffende Arbeitnehmerin vorgesehenen Eingruppierung. Diese Angaben waren entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht entbehrlich, sondern gehören zu den grundlegenden in einen Antrag auf Zustimmung zu einer Versetzung aufzunehmenden Informationen. Für die vorgesehene Eingruppierung ergibt sich dies bereits unmittelbar aus dem Gesetz, nämlich aus § 99 Abs. 1 Satz 2 BetrVG. Einer derartigen Angabe kommt entgegen der Ansicht der Antragstellerin auch durchaus Relevanz für die vom Betriebsrat vorzunehmende Prüfung eines Zustimmungsverweigerungsgrundes i.S.v. § 99 Abs. 2 BetrVG zu. Bei der Versetzung eines Arbeitnehmers auf einen anderen Arbeitsplatz gehört zur Beschreibung des in Aussicht genommenen neuen Arbeitsplatzes auch dessen Zuordnung zu einer bestimmten Lohn- oder Gehaltsgruppe, da die Versetzung auf einen geringerwertigen Arbeitsplatz für den zu versetzenden Arbeitnehmer einen Nachteil i.S.v. § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG darstellen kann, der die Verweigerung der Zustimmung des Betriebsrats zur geplanten Versetzung rechtfertigen kann (BAG 20.12.1988 NZA 1989, 518, 519). Gleiches gilt für die persönlichen Angaben der zu versetzenden Arbeitnehmer. Auch aus ihnen kann ein aus der Versetzung resultierender Nachteil (erst) ersichtlich werden, wie etwa im Falle der Arbeitnehmerinnen P und T deren deutlich weitere Anfahrtszeit zu den Verkaufsstellen in U bzw. S. Es kann dem Betriebsrat nicht zugemutet werden, sämtliche persönliche Daten sämtlicher Arbeitnehmer auswendig zu kennen oder sich selbst zu beschaffen, da es der Arbeitgeber, also hier die Antragstellerin, ist, der eine Zustimmung zu einer bestimmten mitbestimmungspflichtigen Maßnahme begehrt und dem Betriebsrat daher die potentiell relevanten Daten und Umstände von sich aus mitzuteilen hat. Es ist ihm bzw. seiner Personalabteilung ein Leichtes, die Anträge mit den entsprechenden Daten zu versehen. Insbesondere bei der von den Beteiligten im Kammertermin übereinstimmend angegebenen Anzahl von ca. 25 Verkaufsstellen und ca. 84 fest angestellten Arbeitnehmerinnen (zuzüglich Aushilfen) kann vom Antragsgegner nicht erwartet werden, sämtliche Daten zu kennen und ansonsten bei der Antragstellerin gesondert nachzufragen, zumal dies auch – selbst unabhängig von dem zwischen den Beteiligten herrschenden, gerichtsbekannten Klima – wenig erfolgversprechend erschiene, da diese trotz seiner ausdrücklichen und mehrfachen Rüge noch während des gesamten Verfahrens den Standpunkt vertreten hat, dem Antragsgegner stehe ein entsprechender Anspruch nicht zu und er wisse alles, was er wissen müsse. Wenn nach der Personalpolitik der Antragstellerin infolge ständig wechselnder Arbeitszeiten, -einteilungen und -orte der Arbeitnehmer sowie der häufig überaus kurzen Dauer personeller Maßnahmen (vgl. insoweit allein die im hiesigen Verfahren durch Zeitablauf überholten Versetzungen von Frau J [ein Tag] und Frau I [drei Tage]) jede Woche eine Vielzahl von Anträgen gemäß § 99 BetrVG zu stellen ist, entbindet sie dies nicht von einer sorgfältigen, ordnungsgemäßen und vollständigen Information des Antragsgegners im Zuge dieser Anträge, da sie sich offensichtlich bewusst für eine solche Personalpolitik entschieden und damit den hieraus resultierenden hohen Anfall mitbestimmungsrechtlicher Arbeit selbst zu verantworten hat.

b) Zudem hat die Antragstellerin den Antragsgegner weder über die für Frau T vorgesehene Stundenzahl noch über die für Frau V vorgesehene Funktion informiert und dies auch trotz Rüge des Antragsgegners nicht nachgeholt. Zwar kann vermutet werden, dass die Stundenzahl von Frau T beibehalten werden sollte. Gerade am Beispiel von Frau P zeigt sich aber, dass – zumindest irrtümlich – durchaus auch eine andere Stundenanzahl vorgesehen sein kann, was durch entsprechende Angaben im Antrag nach § 99 BetrVG auffallen könnte und aus mitbestimmungsrechtlicher Sicht auch sollte, um eine entsprechende Klärung bzw. Korrektur herbeiführen zu können. Auch hier ist es der Antragstellerin ein Leichtes, die Eckdaten der angestrebten Position für die jeweilige Arbeitnehmerin kurz mitzuteilen, anstatt sich im gerichtlichen Verfahren schriftsätzlich darauf zurückzuziehen, der Antragsgegner wisse doch, welche Tätigkeiten in den Verkaufsstellen anfielen, da diese schließlich auch von seinen Mitgliedern wöchentlich vorgenommen würden (vgl. insoweit den Schriftsatz vom 19.02.2010, S. 2 oben).

Gleiches gilt für die für Frau V vorgesehene Funktion. Eine entsprechende Angabe fordert bereits das Gesetz in § 99 Abs. 1 Satz 2 BetrVG. Wenn es dort heißt, der Arbeitgeber habe den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz mitzuteilen, so beschränkt sich dies entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht auf die Mitteilung des Ortes, in welchem sich die jeweilige Verkaufsstelle befindet, in die die Arbeitnehmerin versetzt werden soll. Vielmehr erfasst der Begriff des Arbeitsplatzes in diesem Sinne auch die Funktion, den Arbeitsbereich, in welche(n) der Arbeitnehmer eingegliedert werden soll (BAG 03.10.1989 AP Nr. 74 zu § 99 BetrVG 1972; Fitting, BetrVG, 25. Aufl. 2010, § 99 Rn 180; Richardi, BetrVG, 10. Aufl. 2006, § 99 Rn 161, 150, 98 ff.; DLW/Wildschütz, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 8. Aufl. 2009, Kap. 12 Rn 1866). Eine solche Angabe ist auch im Falle von Frau V nicht entbehrlich, zumal nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten im Kammertermin jedenfalls auf die Woche verteilt mehrere Arbeitnehmerinnen in einer Verkaufsstelle arbeiten, aber nur eine von ihnen in leitender Funktion als Verkaufsstellenverwaltung/Verkaufsstellenleitung. In welcher Funktion Frau V in L eingesetzt werden sollte, blieb trotz Rüge des Antragsgegners bis zum Schluss der Kammerverhandlung unklar.

c) Die vorgenannten fehlenden Informationen gehörten bei den gestellten Anträgen auf Zustimmung zu den geplanten Versetzungen zu den dem Antragsgegner auf jeden Fall mitzuteilenden Grunddaten, weswegen die Antragstellerin ihre Informationspflichten vorliegend klar verletzt hat. Damit wurde die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 BetrVG gar nicht erst in Gang gesetzt, und zwar unabhängig davon, ob der Antragsgegner das Fehlen der Daten im Einzelnen, in Bezug auf jede personelle Maßnahme sowie ausdrücklich und/oder hinreichend substantiiert gerügt hat oder nicht. Zwar muss der Betriebsrat den Arbeitgeber unter bestimmten Umständen innerhalb einer Woche um Vervollständigung der erteilten Auskünfte bitten, wenn er diese nicht für ausreichend hält. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass der Arbeitgeber davon ausgehen durfte, er habe den Betriebsrat seinerseits i.S.v. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG vollständig unterrichtet. „Vollständig“ ist diese Unterrichtung aber nur dann, wenn der Arbeitgeber zu den in § 99 Abs. 1 BetrVG genannten Aspekten der geplanten Maßnahme jedenfalls unverzichtbare Angaben bereits gemacht hat. Er muss also Auskünfte über die geplante Maßnahme und die Person sämtlicher Beteiligter gegeben sowie Angaben über den zu besetzenden Arbeitsplatz, die vorgesehene Eingruppierung und die Auswirkungen der Maßnahme gemacht haben. Nur unter dieser Voraussetzung kann dem Betriebsrat deutlich werden, dass der Arbeitgeber seiner Pflicht aus § 99 Abs. 1 BetrVG nachkommen wollte und die Unterrichtung subjektiv als ausreichend und ordnungsgemäß angesehen hat. Nur dann wiederum fordert das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit, dass der Betriebsrat dem Arbeitgeber innerhalb der Wochenfrist, während derer dieser seine Stellungnahme erwartet, Mitteilung macht, wenn er für eine abschließende Erklärung weitere Informationen benötigt. Dagegen wird die Frist des § 99 Abs. 3 BetrVG nicht dadurch in Lauf gesetzt, dass der Betriebsrat es unterlassen hat, den Arbeitgeber auf offensichtliche Unvollständigkeiten der Unterrichtung hinzuweisen. Das gilt selbst dann, wenn der Betriebsrat zum Zustimmungsersuchen in der Sache Stellung nimmt und seine Zustimmung mit Bezug auf Gründe nach § 99 Abs. 2 BetrVG verweigert. Der Arbeitgeber kann daraus nicht berechtigterweise den Schluss ziehen, die Unterrichtung sei aus Sicht des Betriebsrats ausreichend. Vielmehr wird dessen Stellungnahme häufig nur zum Ziel haben, auf jeden Fall den Eintritt der Fiktion des § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG zu verhindern. Durch sie wird deshalb der Mangel der unvollständigen Unterrichtung durch den Arbeitgeber nicht geheilt (vgl. zu Vorstehendem BAG 14.12.2004 NZA 2005, 827, 830; 28.06.2005 NZA 2006, 111, 115).

Damit schied eine Ersetzung der Zustimmung des Antragsgegners zu den vorgenannten drei personellen Maßnahmen (Versetzungen) nach § 99 Abs. 4 BetrVG aus (vgl. ErfK/Kania, 10. Aufl. 2010, § 99 BetrVG Rn 22).

2. a) Auf die Frage, ob die vorgetragenen weite(re)n Anfahrtswege der Arbeitnehmerinnen P und T diesen insbesondere vor dem Hintergrund ihrer Teilzeittätigkeit unzumutbar sind und damit ein Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG gegeben ist (vgl. insoweit GK-BetrVG/Kraft/Raab, BetrVG, 8. Aufl. 2005, § 99 Rn 160; ErfK/Kania, § 99 BetrVG Rn 32), kommt es damit ebenso wenig an wie auf einen evtl. Nachteil der Arbeitnehmerin V i.S.v. § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG. Ebenso konnte dahinstehen, ob die Stellenausschreibung für die von den Arbeitnehmerinnen P und T zu besetzenden Stellen in U bzw. S, welche zunächst unterblieben waren und wohl später noch nachgeholt wurden, ohne dass sich jedoch jemand auf diese Stellen beworben hätte, den Antragsgegner zur Zustimmungsverweigerung gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG berechtigte oder ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen den nachgeholten Stellenausschreibungen – jedenfalls, da sich auf sie unstreitig niemand beworben hat – heilende Wirkung zukommt (vgl. hierzu einerseits LAG Berlin 26.09.2003 – 6 TaBV 609/03 sowie andererseits LAG Bremen 05.11.2009 – 3 TaBV 16/09 [beim BAG anhängig unter 7 ABR 4/10]).

b) Ein Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG wäre jedenfalls in Bezug auf die Versetzung von Frau V gegeben, da insoweit nach dem unwidersprochenen Vortrag des Antragsgegners eine erforderliche Stellenausschreibung i.S.v. § 93 BetrVG unterblieb und auch nicht nachgeholt wurde.

3. Die vorläufige Durchführung aller drei Versetzungen war auch offensichtlich nicht aus sachlichen Gründen dringend erforderlich.

Dies folgt zum einen bereits daraus, dass die Antragstellerin keinen diesbezüglichen Sachvortrag gehalten, sondern sich darauf beschränkt hat, kurz und knapp auf die anstehenden Verkaufsstellenschließungen zu verweisen. Damit mag die vertragsgemäße Beschäftigungsmöglichkeit der Arbeitnehmerinnen P, T und V entfallen sein und die Antragstellerin als Arbeitgeber ihr Wirtschaftsrisiko spüren. Hieraus ergibt sich jedoch nicht zugleich auch ein objektives, dringendes Erfordernis für die jeweiligen konkreten personellen Maßnahmen, da es insoweit eines aus sachlichen Gründen dringenden Erfordernisses für die Versetzungen von Frau P, Frau T und Frau V gerade in die Verkaufsstellen U, S bzw. L bedarf. Dazu hätte zunächst die Besetzung der in den vorgenannten Verkaufsstellen offenen Stellen aus sachlichen Gründen dringend erforderlich sein müssen. Bereits dies ist vorliegend nicht ersichtlich.

Dass die Stelle in U Mitte November 2009 wieder vakant wurde, konnte die Antragstellerin bereits seit November 2008 absehen, da sie in diesem Monat – wenn nicht sogar noch früher – die Arbeitnehmerin O befristet für ein Jahr für genau diese Stelle in U einstellte und seitdem auch dort einsetzte, was die Beteiligten im Kammertermin übereinstimmend vorgetragen und bestätigt haben. Irgendwelche Umstände, welche die dann am 15./16.11.2009 erwartungsgemäß aufgetretene Vakanz bei vernünftiger objektiver Betrachtung als Überraschung oder dringendes Erfordernis erscheinen lassen könnten, sind weder ersichtlich noch vorgetragen. Damit hat die Antragstellerin eine rechtzeitige Planung/Stellenbesetzung verabsäumt, weswegen sie sich auf eine aus sachlichen Gründen dringend erforderliche vorübergehende Versetzung von Frau P nicht berufen kann, sondern sich insoweit selbst in Zugzwang gebracht hat (vgl. hierzu allg. Fitting, § 100 Rn 4). Zudem war die Stelle bereits seit dem 16.11.2009 vakant, was bis zum 03.12.2009 offensichtlich kein Problem für die Antragstellerin bedeutete.

Hinsichtlich der Stelle in S fehlt es ebenfalls an einem solchen dringenden sachlichen Erfordernis. Die Antragstellerin hat in ihrer Antragsschrift vom 30.10.2009 die Versetzung der Arbeitnehmerin T damit begründet, diese solle in der Verkaufsstelle S „zum Ersatz für die regelmäßige Betriebsratsabwesenheit der dortigen Verkaufsstellenverwaltung Frau N eingesetzt werden.“ Handelt es sich damit aber um eine regelmäßig auftretende Vakanz, ist diese gerade nicht überraschend oder besonders dringlich, sodass sich die Antragstellerin im Rahmen von § 100 BetrVG hierauf nicht berufen kann, zumal sie im Verfahren 3 BV 2/09 im dortigen Kammertermin am 23.04.2009 selbst erklärt hat, Frau N sei bereits seit dem Jahre 1995 ununterbrochen für den Antragsgegner tätig (und in diesem Verfahren ein Antrag nach § 100 BetrVG ebenfalls aus genau diesem Grunde scheiterte).

Bezüglich der Verkaufsstelle L hat der Antragsgegner bereits unwidersprochen vorgetragen, dort bestehe im Grunde gar keine Vakanz. Der dortige Bedarf an Arbeitskraft resultiere vielmehr daraus, dass die ausweislich ihres Arbeitsvertrags für die Verkaufsstelle L eingestellte Arbeitnehmerin K arbeitsvertragswidrig nicht in L, sondern stattdessen als Springerin eingesetzt werde. Ließe sie die Antragstellerin in der Verkaufsstelle L arbeiten, gäbe es für eine Versetzung von Frau V dorthin keinen Grund mehr. Soweit man die Berufung der Antragstellerin auf die anstehende Verkaufsstellenschließung nicht bereits aus den eingangs genannten Gründen für irrelevant hält, ist auch unabhängig hiervon kein dringendes Erfordernis aus sachlichen Gründen gegeben, da die Schließung der Verkaufsstelle M nach ihren eigenen Angaben zum 24.02.2010 erfolgen sollte und der Antrag nach § 100 BetrVG vom 01.03.2010 datiert, obgleich der Antragsgegner den Zustimmungsantrag nach § 99 BetrVG bereits am 24.02.2010 abgelehnt hatte. Auch diesen Antrag nach § 99 BetrVG hatte die Antragstellerin erst am 22.02.2010 gestellt. Dass ihr aber die Schließung einer Verkaufsstelle erst zwei Tage vorher bekannt geworden sein soll, erscheint der Kammer vollkommen abwegig.

In allen drei Fällen fehlt damit ein aus sachlichen Gründen dringendes Erfordernis für die vorläufige Durchführung der Versetzungen ganz offensichtlich, weshalb ein entsprechender Beschluss erging.

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