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Arbeitsgerichtszuständigkeit für Rückzahlungsanspruch von Handelsvertreter-Provisionsvorschüssen

LG Verden – Az.: 7 O 40/20 – Beschluss vom 09.06.2020

1. Der Rechtsweg zu den Gerichten der ordentlichen Gerichtsbarkeit wird für unzulässig erklärt.

2. Der Rechtsstreit wird auf Antrag der Klägerin nach Anhörung der Beklagten an das Arbeitsgericht Nienburg verwiesen.

Gründe

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Rückzahlung von Provisionsvorschüssen in Anspruch.

Für den Rechtsstreit sind die Arbeitsgerichte zuständig.

Die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte folgt aus § 2 Abs.1 Nr.3 i.V.m. § 5 Abs.3 S.1 ArbGG i.V.m. § 92 a Abs.1 HGB.

Die Beklagte ist Einfirmenvertreterin im Sinne des § 92 a Abs.1 HGB. Dies folgt aus der gem. § 3 Abs.1 und § 11 vertraglich vereinbarten Rechtsstellung der Beklagten. Dort heißt es:

㤠3 Abs.1:

Der Vertriebspartner ist selbstständiger Handelsvertreter im Hauptberuf gem. §§ 84 ff des HGB und wird im Bereich der Versicherungsvermittlung exklusiv für die Gesellschaft tätig.“

§ 11 Abs.1:

Der Vertriebspartner ist während der Dauer dieses Vertrages exklusiv für die Gesellschaft im Bereich der Vermittlung von Versicherungen tätig (Wettbewerbsverbot).

Die Ausübung einer anderweitigen Nebentätigkeit hat der Vertriebspartner vor der Aufnahme einer solchen Tätigkeit schriftlich anzuzeigen.

…“

Wird einem Handelsvertreter – wie hier – auferlegt, hauptberuflich für den Unternehmer tätig zu werden, mit dem er den Handelsvertretervertrag geschlossen hat, so ist er nach Sinn und Zweck des § 92 a Abs.1 S.1 HGB als Einfirmenvertreter kraft Vertrags einzustufen (vgl. BGH, NJW-RR 2015, 289; NJW 2016, 316 m.w.N. Ein solcher Handelsvertreter ist zwar nicht völlig von diesem Unternehmer abhängig, sofern ihm eine nebenberufliche Tätigkeit gestattet ist. Bei der gebotenen typisierenden Betrachtung ist ein solcher Handelsvertreter jedoch einem Angestellten ähnlich angenähert wie ein Handelsvertreter, dem vertraglich vollständig untersagt ist, für weitere Unternehmer tätig zu werden. Denn er ist – ähnlich wie ein hauptberuflicher Angestellter – verpflichtet, hauptberuflich für den Unternehmer tätig zu werden, mit dem er den Handelsvertretervertrag geschlossen hat. Er kann die sich aus einer anderweitigen Tätigkeit ergebenden Chancen nicht in gleicher Weise nutzen wie ein nicht in den Anwendungsbereich des § 92 a Abs.1 S.1 HGB fallender Mehrfirmenvertreter (BGH, a.a.O.). Anders als dieser hat er nicht die typische Stellung eines selbstständigen Kaufmannes. Er ist vielmehr wegen der hauptberuflichen Zuordnung zu einem Unternehmer von diesem abhängig und kann ebenso wie der in den Gesetzesmaterialien genannte Einfirmenvertreter erwarten, dass seine Arbeit wenigstens so viel einbringt, als er zur Erhaltung seiner Existenz unumgänglich benötigt (BGH, NJW-RR 2015, 289).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ergibt sich aus §§ 3, 11 der zwischen den Parteien geschlossenen Vereinbarung ein vertragliches Verbot der Tätigkeit für weitere Unternehmer i.S.d. § 92 Abs.1 S.1 HGB. Den genannten Vertragsbestimmungen ist die Verpflichtung der Beklagten zu entnehmen, hauptberuflich für die Klägerin tätig zu werden. Der Beklagten war zwar eine nebenberufliche Tätigkeit für andere Unternehmer – wegen des in § 11 normierten Wettbewerbsverbotes außerhalb des Konkurrenzbereichs – gestattet. Ähnlich wie eine hauptberufliche Angestellte war sie aber verpflichtet, hauptberuflich für die Klägerin tätig zu werden.

Das Landgericht hatte daher den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig zu erklären und den Rechtsstreit auf Antrag der Klägerin an das zuständige Arbeitsgericht Nienburg zu verweisen.

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