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Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung – Erschütterung bei Marathonteilnahme

ArbG Mannheim, Az.: 3 Ca 432/10, Urteil vom 03.02.2011

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Der Streitwert wird auf € 5.413,34 festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten 1. um die Verpflichtung der Beklagten, an die Klägerin Urlaubsgeld für das Jahr 2010 in Höhe von € 1.600,00 brutto nebst Zinsen zu bezahlen., 2. um Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für den Zeitraum vom 14.09. – 30.09.2010 in Höhe von € 1.813,34 brutto nebst Zinsen zu entrichten und 3. um die Berichtigung eines erteilten Zeugnisses.

Die Klägerin hat im Zeitraum vom xxx bis zum xxx bei der Beklagten als FI Consultant mit einer durchschnittlichen Vergütung von € xxx brutto pro Monat gearbeitet. Die Parteien haben den Arbeitsvertrag vom 01./02.05.2008 geschlossen. Dieser lautet :

§ 4 Jahresgehalt

Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung - Erschütterung bei Marathonteilnahme
Symbolfoto: sportpoin74/bigstock

Der Mitarbeiter bezieht ab Vertragsbeginn ein Brutto-Jahresgehalt in Höhe von € xxx (in Worten: xxx), das aus 12 Bruttomonatsgehältern sowie einem Urlaubsgeld und einem Weihnachtsgeld besteht. Die monatlichen Zahlungen erfolgen jeweils bargeldlos zum Monatsende.

Das Urlaubsgeld und das Weihnachtsgeld betragen jeweils 50% eines Bruttomonatseinkommens und werden im Juni (Urlaubsgeld) und im November (Weihnachtsgeld) ausbezahlt. Voraussetzung ist, dass zum Zeitpunkt der Auszahlung ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis besteht. Im Eintritts- und im Austrittsjahr wird die Zahlung zeitanteilig gerechnet.

Im übrigen wird für den Wortlaut des Vertrages auf ABl. 27 f verwiesen.

Die Klägerin hat mit Schreiben vom 27.06. der Beklagten am 28.06. zugegangen, ihr Arbeitsverhältnis fristgerecht zum 30.09.2010 gekündigt.

Sie hat ein Attest für den Zeitraum vom 14.09. – 30.09. vorgelegt.

Die Klägerin meint, sie habe Urlaubsgeld zu beanspruchen, da zum Zeitpunkt des Zuganges des Geldes bei ihr das Arbeitsverhältnis noch nicht von ihr gekündigt worden sei. Diesbezüglich bietet sie für den Fall des Bestreitens die Vorlage eines Kontoauszuges an. Trotz Bestreitens hat die Klägerin aber keinen Kontoauszug vorgelegt.

Im übrigen stellt die Klägerin unstreitig, dass sie im Zeitraum ihrer Erkrankung, nämlich am 19.09.2010 am Badenmarathon über 42 km teilgenommen und den Lauf zu Ende gebracht hat.

Sie meint dennoch, sie habe Anspruch auf Entgeltfortzahlung, denn sie habe unter psychischen Problemen gelitten und diesbezüglich habe der Arzt ihr Bewegung verordnet.

Hinsichtlich des Zeugnisses beantragt die Klägerin, die Änderung des ihr erteilten Zeugnisses und meint, das erteilte Zeugnis entspreche den Grundsätzen für den Inhalt eines wohlwollenden Arbeitszeugnisses nicht. Hinsichtlich der von ihr abgeleisteten Weiterbildung ergebe sich der genaue Wortlaut der Weiterbildungsmaßnahmen aus den Zertifikaten, im übrigen sei ihr Arbeits- und Sozialverhalten unzureichend dargestellt und die Beschreibung bestimmter von ihr begehrter Eigenschaften würden branchenüblich erwartet. Nach 15 Monaten könne sie auch die von ihr gewünschte Dankes- und Grußformel als Abschluss des Zeugnisses verlangen.

Hinsichtlich der Ausführungen der Klägerin wird auf deren Schriftsätze, insbesondere was das Zeugnis betrifft, auch auf den letzten Schriftsatz vom 22.12.2010, ABl. 73, verwiesen.

Die Klägerin beantragt,

1. die beklagte Partei wird verurteilt, einen Betrag i. H. v. € 1.600,00 brutto (Urlaubsgeld 2010) nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 01.07.2010 an die klägerische Partei zu zahlen.

2. Die Beklagte Partei wird weiter verurteilt, einen Betrag i. H. v. € 1.813,34 (Arbeitsentgelt) nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 01.10.2010 an die klägerische Partei zu zahlen.

3. Die beklagte Partei zu verurteilen, der klägerischen Partei Zug um Zug gegen Rückgabe des unter dem Datum des 30.09.2010 erteilten Zeugnisses unter dem gleichen Datum ein Zeugnis mit folgendem Inhalt zu erteilen:

„Frau …, geboren am 13.06.19.., wohnhaft in 7….. K., B. 11, war vom 01.06.2008 bis zum 30.09.2010 als FI-Beraterin im Bereich S..-Beratung Finanzberatung unseres Unternehmens tätig. Sie wurde im Rahmen unseres Traineeprogrammes eingestellt, das sie mit der Zertifizierung zum Solution Consultant Financials erfolgreich absolviert hat. Anschließend war sie als Zerti Fi-Consultant tätig und hat in diesem Zusammenhang Kunden im Euro-Raum beraten.

Die m. s. GmbH mit Sitz in W. bietet innovative Beratung und Service in der Einführung und Betreuung von ausgewählten S.-Modulen zur Verbesserung der nationalen und internationalen Marktposition unserer Kunden. Zu unseren Kunden gehören Produktions- und Handelsunternehmen des Mittelstandes mit Tochtergesellschaften und Niederlassungen im In- und Ausland.

Die Tätigkeit von Frau … umfasste im Wesentlichen folgende Aufgaben:

Remote-Bearbeitung von Kundenanfragen und Bereitstellung von Fehlerlösungen bei Bestandskunden,

Erstellen und Realisieren von Konzepten im S.-Umfeld

Bearbeitung und Realisierung von Modulen F. + C. s. + f. l. support

Kundenschulungen im Rahmen von Einführungsprojekten.

Frau … war eine sehr fleißige Mitarbeiterin, die die Fülle ihrer Aufgaben stets in kurzer Zeit erledigte. Mit der Güte ihrer Arbeitsergebnisse waren wir jederzeit besonders zufrieden. Sie führte ihre Aufgaben immer ehrlich, sorgfältig und gewissenhaft. aus. Besonders zeichnete sie sich durch überdurchschnittliche Auffassungsgabe, Belastbarkeit, Vielseitigkeit und Initiative aus. Frau … war an geschäftlichen Vorgängen stark interessiert und arbeitete sehr selbständig und rationell. Die ihr gebotenen Möglichkeiten zur Weiterbildung nutzte sie mit großem Erfolg; so hat sie an der Qualifizierungsmaßnahme „Solution consultant Financials, Financials accounting, with my ERT 2005“ und „S. Certified Business Associate with S. ERT 6.0“ teilgenommen. Sie hat sich sehr engagiert in ihr neues Aufgabengebiet eingearbeitet und die vereinbarten Ziele nachhaltig verfolgt. Auch hohem Arbeitsaufwand und Termindruck war sie stets gewachsen. Die ihr übertragenen Aufgaben hat sie stets zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt.

Aufgrund ihres freundlichen Wesens und ihrer Bereitschaft zur Zusammenarbeit war Frau … überall beliebt. Ihre Führung und ihr Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Mitarbeitern und Kunden waren stets vorbildlich und stets einwandfrei.

Frau … scheidet auf eigenen Wunsch aus unserem Unternehmen aus. Wir bedauern seh, diese tüchtige Mitarbeiterin zu verlieren, danken für die geleistete Arbeit und wünschen ihr für die berufliche Zukunft weiterhin alles Gute.“

Die Beklagte beantragt, Klageabweisung.

Sie meint, die Klägerin habe weder Anspruch auf Erhalt von Urlaubsgeld noch von Entgeltfortzahlung. Auch sei das Zeugnis wohlwollend formuliert, die Klägerin habe keinen Anspruch auf eine Änderung.

Die Beklagte bestreitet, dass ihre Urlaubsgeldzahlung bei der Klägerin bereits vor Zugang der Eigenkündigung der Klägerin bei der Beklagten eingegangen sei. Die Beklagte habe eine Überweisung am Freitag getätigt und deswegen sei es wenig nachvollziehbar, dass zum Zeitpunkt des Zuganges der Eigenkündigung der Klägerin bei der Beklagten das Geld bereits auf dem Konto der Klägerin verbucht gewesen sei. Die Klägerin habe den angebotenen Kontoauszug nicht vorgelegt.

Im übrigen sei zu beachten, dass das Urlaubsgeld entsprechend § 4 des Arbeitsvertrages erst zum Monatsende fällig werde. Auch eine Zahlung vor Fälligkeit führe nicht dazu, dass der Klägerin dann das Urlaubsgeld bei Zugang der Eigenkündigung am Monatsletzten verbleibe.

Die Beklagte schulde auch keine Entgeltfortzahlung. Die Beklagte habe erfahren, dass die Klägerin während des Zeitraums ihrer behaupteten arbeitsunfähigen Erkrankung vom 14.09. – 30.09., nämlich genau am 19.09., am Baden -Marathon über 42 km teilgenommen und diesen auch zu Ende laufen sei. Sie sei dabei eine beachtliche Zeit von kaum mehr als 5 Stunden gelaufen. Auch bei einer psychischen Erkrankung stelle die Teilnahme an einem Wettkampf eine psychische Belastung dar.

Die Beklagte habe ein wohlwollendes Zeugnis erteilt und die Klägerin keinen Anspruch auf Änderung des erteilten Zeugnisses, denn der Inhalt sei Wohlwollen und wahrheitsgemäß und dem Arbeitgeber stehe ein Formulierungsspielraum zu.

Im Zeugnis sei keine Adresse des Arbeitnehmers aufzunehmen,. Auch sei die Klägerin nicht nur im Euro-Raum tätig gewesen sei. Aus dem Zeugnis ergebe sich, dass die Beklagte Kunden im In- und Ausland habe.

Die Realisierung von Modulen,….. support sei identisch mit der von der Beklagten bescheinigten Remote Bearbeitung. Darüber hinaus sei die Klägerin auch nicht sehr fleißig gewesen und habe die Fülle ihrer Aufgaben nicht in sehr kurzer Zeit erledigt. Die Beklagte sei mit der Güte der Arbeitsergebnisse nicht jederzeit besonders zufrieden gewesen. Nachdem die Beklagte Gewissenhaftigkeit attestiert habe, sei die Erwähnung von Sorgfalt im Zeugnis nicht zusätzlich nötig. Die Bescheinigung von Ehrlichkeit im Zeugnis sei bei Kassierern notwendig, nicht jedoch bei der Tätigkeit der Klägerin. Auch habe die Klägerin sich nicht durch überdurchschnittliche Auffassungsgabe, Vielseitigkeit und Initiative ausgezeichnet, wobei Initiative von der Beklagten im bescheinigten Engagement miterfasst sei. Die Belastbarkeit der Klägerin habe die Beklagte bereits aufgenommen, indem sie bescheinigt habe, dass die Klägerin hohem Arbeitsaufwand und Termindruck gewachsen sei.

Die Klägerin habe selbständig aber nicht sehr selbständig und auch nicht rationell gearbeitet. Ihre Weiterbildungsmaßnahmen habe sie mit Erfolg aber nicht mit großem Erfolg genutzt. Im übrigen seien die Weiterbildungsmaßnahmen nicht im einzelnen aufzuführen, denn die Klägerin besitze hierfür Zertifikate, die sie bei Bewerbungen vorlegen könne.

Die Klägerin habe engagiert aber nicht sehr engagiert gearbeitet und hohem Arbeitsaufwand und Termindruck sei sie nicht stets gewachsen gewesen.

Insgesamt habe die Beklagte die Leistung der Klägerin zutreffend mit befriedigend, also durchschnittlich bewertet. Die Klägerin habe keine große Berufserfahrung gehabt und mit dem einzigen Projekt, mit dem sie betraut gewesen sei, gebe es heute noch Probleme.

Freundliches Wesen und Bereitschaft zur Zusammenarbeit seien selbstverständlich und nicht in besonderer Weise hervorzuheben. Das Verhalten der Klägerin sei nicht stets vorbildlich und stets einwandfrei gewesen, vielmehr habe sie gerne kritisiert und sich arrogant und herablassend gegenüber Vorgesetzten gegeben. Kundenbefragungen hätten ergeben, dass die Klägerin die Beraterin mit der schlechtesten Leistung gewesen sei.

Auf eine Schlussformel im Zeugnis bestehe im übrigen kein Rechtsanspruch.

Im Übrigen wird für den Vortrag der Beklagten auf deren Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

I

Die Klage ist zulässig aber nach Überzeugung der Kammer nicht begründet.

Dies folgt gem. § 313 ZPO kurz zusammengefasst aus folgenden Erwägungen der Kammer.

1. Urlaubsgeld

Gemäß § 4 des Arbeitsvertrages erfolgen die monatlichen Zahlungen jeweils bargeldlos zum Monatsende. Gemäß Absatz 3 des § 4 des Arbeitsvertrages betragen Urlaubs- und Weihnachtsgeld jeweils 50 % eines Bruttomonatslohns. Das Urlaubsgeld wird im Juni ausbezahlt. Unter Beachtung des § 1 Satz 2 des § 4 des Arbeitsvertrages ist damit das Urlaubsgeld Ende Juni fällig. In § 4 Abs. 3 Satz 2 des Vertrags ist geregelt, dass Voraussetzung für den Erhalt des Urlaubsgeldes ist, dass zum Zeitpunkt der Auszahlung ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis besteht.

Unbesehen davon, dass die Klägerin meint, wenn das Urlaubsgeld am 28.06.2010 ausbezahlt worden wäre und sie am gleichen Tage die Kündigung zum 30.09.2010 an die Beklagte gesandt hätte, habe sie Anspruch auf Urlaubsgeld, verkennt sie, dass sie den hierfür angebotenen Beweis, nämlich die Vorlage des Kontoauszuges schuldig geblieben ist. Die Beklagte hat bestritten, dass Ihre Anweisung des Urlaubsgeldes am 28.06. auf dem Konto der Klägerin gebucht wurde.

Abgesehen davon, dass wohl nicht nachzuvollziehen sein wird, wann der genaue Zeitpunkt, das heißt die Uhrzeit der Buchung des Urlaubsgeldes war und zu welcher Uhrzeit die Eigenkündigung der Klägerin bei der Beklagten einging, ist nach Sinn und Zweck des § 4 des Arbeitsvertrages gewollt, dass ein Urlaubsgeld nur dann zur Auszahlung kommt, wenn die Kündigung dem Arbeitgeber nach dem 30.06.2010 zugegangen ist.

Dies kann jedoch nicht der Fall gewesen sein, denn dann wäre eine fristgerechte Kündigung zum 30.09.2010 nicht mehr möglich gewesen. Aus diesem Grunde kann dahinstehen, ob die Behauptung der Klägerin, das Urlaubsgeld sei vor Eingang ihrer Kündigung beim Arbeitgeber bei ihr gutgeschrieben worden, der Richtigkeit entspricht.

2. Entgeltfortzahlung

Ein Arbeitnehmer hat gemäß § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, wenn er in Folge Krankheit an der Erbringung seiner Arbeitsleistung verhindert ist, ohne dass ihn hierfür ein Verschulden trifft.

Voraussetzung ist mithin für den Erhalt von Entgeltfortzahlung, dass eine Arbeitsunfähigkeit in Folge einer Krankheit vorliegt.

Dies muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber nachweisen.

Im Regelfalle genügt er dieser Verpflichtung, in dem er eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Arztes vorlegt.

Grundsätzlich haben solche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung als Privaturkunden den Anschein ihre Richtigkeit ,( § 440 ZPO) . Anders, wenn der Arbeitgeber -wie hier- die Richtigkeit anzweifelt ( § 439 ZPO).

Die Beweiskraft der Urkunde kann dabei erschüttert werden durch Umstände, die sich aus der Urkunde selbst ergeben, aber auch durch Umstände, die außerhalb der Urkunde zu finden sind.

Im vorliegenden Fall bestehen nach Überzeugung der Kammer sowohl aus der Urkunde selbst Zweifel an ihrer Richtigkeit, als auch aus den äußeren Umständen.

Üblicherweise erfolgen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigen für den Zeitraum von einer Woche. Im vorliegenden Fall hat Ärztin jedoch eine arbeitsunfähige Erkrankung für zwei Wochen bescheinigt und noch dazu für die letzten zwei Wochen des Bestandes des Arbeitsverhältnisses. Damit ergeben sich nach Überzeugung der Kammer bereits aus der Urkunde selbst Zweifel an der wirksamen Bescheinigung einer arbeitsunfähigen Erkrankung.

Darüber hinaus hat die Beklagte einen Sachvortrag geleistet, der weitere Zweifel an einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit entstehen lassen.

Die Beklagte hat unstreitig vorgetragen, dass die Klägerin in der Mitte der bescheinigten Krankheitsphase, nämlich am 19.09.2010, am Baden-Marathon aktiv teilgenommen hat, den Marathon beendet, und dies noch mit einer Zeit, die für einen nicht Profisportler als beachtlich anzusehen ist.

Damit ist das ärztliche Attestes in seinem Beweiswert nach Überzeugung der Kammer erschüttert.

Nunmehr wäre die Klägerin gehalten gewesen, ihre arbeitsunfähige Erkrankung nachzuweisen durch eine Sachvortrag, der nicht nur die Art ihrer Erkrankung geschildert hätte, sondern auch, warum von einer arbeitsunfähigen Erkrankung trotz Teilnahme am Marathon ausgegangen werden muss.

Hierzu hätte die Klägerin bis zum 20.01.2011 Stellung nehmen können, was ihr mit Beschluss vom 03.12.2010 aufgegeben wurde.

Die Klägerin hat hingegen keinerlei Sachvortrag erbracht.

Erst im Termin zur mündlichen Verhandlung, und damit entgegen den Vorschriften zur Prozessförderungspflicht, hat sie mündlich vorgetragen, dass sie an einer psychischen Erkrankung leide und der Arzt ihr hierfür Laufen empfohlen habe. Abgesehen davon, dass sie mit diesem verspäteten Vortrag die ihr gesetzte Zeit überschritten hat, ohne dass sie für die Verzögerung einen Entschuldigungsgrund angegeben hat, er wäre auch nicht ersichtlich, nachdem die Klägerin für eine Zeugnisberichtigung Klageerweiterung eingereicht hat und in diesem Zusammenhang zur arbeitsunfähigen Erkrankung hätte vortragen können. Zudem widerspricht der verspätete Vortrag auch dem Gebot der Prozessförderungspflicht. Durch die Stellungnahme erst in der mündlichen Verhandlung war es dem Prozessgegner nicht möglich, sich auf diesen Vortrage einzulassen, ihn mit der Partei durchzusprechen und entsprechend zu erwidern. Zudem wäre, wenn der Vortrag erheblich gewesen wäre, dem Gericht auch eine Zeugenladung nicht mehr möglich gewesen.

Allerdings ist der Vortrag der Klägerin, unbesehen dessen, dass er als verspätet zurückzuweisen ist, wie oben ausgeführt, nicht erheblich.

Eine psychische Erkrankung mag durch Laufen gebessert werden. Laufen heißt jedoch nicht Teilnahme an einem Marathon. Gerichtsbekannt sind jede Art von Wettkämpfen psychisch belastend und mithin zur Genesung einer psychischen Erkrankung nicht geeignet.

Wäre die Klägerin joggend im Wald angetroffen worden, wäre dies nach Überzeugung der Kammer anders zu bewerten.

Darüber hinaus hätte die Klägerin einen plausiblen Grund dafür vortragen müssen, warum sie in der Mitte der bescheinigten Krankheitszeit an einem Marathon teilnehmen kann, um dann danach am Montag weiterhin arbeitsunfähig bis zum Ablauf ihres Arbeitsverhältnisses zu sein.

Ein Krankenschein dient nicht dem Zweck, Vorbereitungszeit für einen Marathon zu gewinnen und auch nicht dem Zweck, ein Arbeitsverhältnis vorzeitig abzuschließen. Es kann auch dahinstehen, wie der Vortrag der Beklagten, dass die Klägerin schon zu Beginn ihrer angeblichen arbeitsunfähigen Erkrankung ihren Schreibtisch aufgeräumt und die Dateien im PC gelöscht habe in diesem Zusammenhang zu werten ist.

3. Zeugnisberichtigung

Die Klägerin hat Anspruch auf Erhalt eines qualifizierten Zeugnisses, das wohlwollend gehalten sein muss. Ein solches Zeugnis hat die Klägerin erhalten.

Ein Zeugnisberichtigungsanspruch ist nur dann gegeben, wenn das Zeugnis der Wahrheit nicht entspricht oder nicht wohlwollend abgefasst ist. Die Zeugnisberichtigung dient weder dem Zweck, eine genehme Formulierung zu erhalten, noch dem Zweck etwaige sprachliche Mängel des Verfassers des Zeugnisses auszumerzen.

Im vorliegenden Fall hat die Klägerin von der Beklagten ein in sich schlüssiges, gut klingendes positives vom Wohlwollen getragenes Arbeitszeugnis erhalten, wie sich aus der Anlage K 9 auf Bl. 78 d.A. ergibt.

Die Beklagte hat dabei auch dem klägerischen Anspruch genügt, ein Zeugnis mittlerer Art und Güte zu erteilen. Erteilt der Arbeitgeber ein Zeugnis mittlerer Art und Güte (Leistung zu unserer vollen Zufriedenheit) ist es am Arbeitnehmer, durch Sachvortrag darzustellen, wieso seine Leistung über der durchschnittlichen Leistung anderer liegt und dies gegebenenfalls unter Beweis zu stellen. Hierfür hätte die Klägerin nun im Einzelnen dartun müssen, was sie im Arbeitsverhältnis täglich an Tätigkeiten verrichtet hat, diese im Einzelnen beschreiben und darstellen und ausführen, müssen warum die Ihre Leistung über dem Durchschnitt der Leistung anderer Mitarbeiter lag.

Genau dies hat die Klägerin jedoch nicht vorzutragen vermocht.

Nachdem sie die Zeugnisformulierung auf zwei Seiten Schriftsatz verteilt hat, ist die hierfür erforderliche Begründung auf gut zwei weitere Seiten beschränkt worden. Bereits aus dieser Relation und dem Umfang ergibt sich, dass die Tätigkeit der Klägerin nicht in der erforderlichen Weise geschildert worden sein kann.

Unbeachtlich ist, dass die Klägerin sicherlich nicht gehindert ist, ein schlechteres Zeugnis zu verlangen, als das bisher erhaltene.

So gehört zum Beispiel die Adresse des Arbeitnehmers unzweifelhaft nicht in ein Zeugnis und inwiefern die gewünschte Formulierung: „Sie führte ihre Aufgaben immer ehrlich … aus“ eine positive Aussage darstellet, war der Kammer nicht nachvollziehbar, unbesehen davon, dass auch nicht nachvollziehbar ist, was die Klägerin unter „ehrlicher Aufgabenausführung“ versteht. Auch der Formulierungswunsch: „Frau … war an geschäftlichen Vorgängen stark interessiert …“ lässt eher auf unangemessene Neugier denn auf Interesse an der Arbeit schließen. Inwieweit die Formulierung „auch hohem Arbeitsaufwand und Termindruck war sie stets gewachsen“ eine positive Bewertung darstellt, ist auch nicht erkennbar, denn Arbeitsaufwand betreibt der Arbeitnehmer selbst. Wenn er die Arbeit mit hohem Arbeitsaufwand erledigt, spricht dies nicht für, sondern eher ihn. Möglicherweise sollte allerdings nicht Arbeitsaufwand, sondern Erledigung des Arbeitsaufkommens bewertete werden.

Wie oben aufgeführt, hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Erhalt eines vorformulierten Zeugnisses. Vielmehr obliegt die Formulierung stets dem Arbeitgeber und lediglich der Inhalt des Zeugnisses und die Bewertung der Leistungen unterliegen der gerichtlichen Kontrolle. So muss zum Beispiel der Arbeitgeber auch nicht extra ausführen, dass der Arbeitnehmer als Zerti ( ? was immer das sein soll) FinanzConsultant tätig war. Es reicht aus, dass er bescheinigt, dass die Klägerin als FI Beraterin im Bereich S. Beratung Finanzwesen tätig gewesen ist. Auch muss der Arbeitgeber aufnehmen, dass die Klägerin Kunden im Euroraum beraten hat. Unbesehen davon, dass dies nach Ausführung des Arbeitgebers nicht der Richtigkeit entspricht, insbesondere als die Klägerin auch Kunden im englischsprachigen Raum betreut hat, ergibt sich aus dem Absatz 2, dass die Beklagte mit internationalen Kunden Geschäfte betreibt und die Klägerin in diesem Zusammenhang eingesetzt hat.

Die Beklagte hat ausgeführt, dass die Realisierung von Modulen F. + C. s. + f. l. in der Bescheinigung über Remotebearbeitung enthalten sind. Die Klägerin hat nicht ausführen können, dass es sich hier um zwei ganz unterschiedliche Tätigkeiten handelt, die die Klägerin auch in größerem Umfang erledigt hat.

Für die gewünschten Formulierungen „sehr fleißige Mitarbeiterin“ die die „Fülle ihrer Aufgaben“ in „sehr kurzer erledigt“, hat die Klägerin keinerlei Sachvortrag erbracht, der diese gewünschte Bewertung rechtfertigt. Gleiches gilt für die gewünschte „Güte ihrer Arbeitsergebnisse“ (was immer das auch bedeuten sollte), mit denen die Beklagte „jederzeit besonders zufrieden“ gewesen sein soll. Hier hätte die Klägerin im Einzelnen wie oben ausgeführt darstellen müssen, was sie an jedem Tag gearbeitet hat, was das Ergebnis ihrer Tätigkeit gewesen ist und weswegen jederzeit eine besondere Zufriedenheit bei der Beklagten entstehen musste und entstanden ist.

Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, dass die Erwähnung der Ehrlichkeit im Zeugnis für die Beurteilung eines Kassierers notwendig ist, nicht jedoch für die Tätigkeit der Klägerin. Unbesehen davon, dass die Klägerin nicht bescheinigt haben will, dass sie ehrlich ist, sondern dass sie ehrlich gearbeitet hat, was immer dies nun wieder bedeuten soll.

Auch die behauptete überdurchschnittliche Auffassungsgabe, Vielseitigkeit – was immer dies im Arbeitsbereich der Klägerin bedeuten soll – und Initiative ist nicht durch Sachvortrag im Einzelnen dargestellt worden. Die Beklagte hat der Klägerin selbstständiges Arbeiten bescheinigt, woraus sich ein sehr selbstständiges Arbeiten – was dies im Unterschied zum selbstständigen Arbeiten bedeuten soll ist nicht nachvollziehbar – ergibt, hat die Klägerin auch nicht durch Tatsachenvortrag erklärt. Die Beklagte hat die Weiterbildungsmaßnahmen nicht im einzelnen zu benennen, denn die Klägerin kann diese durch Vorlage ihrer Zertifikate bei späteren Bewerbungen nachweisen.

Darüber hinaus ist auch nicht erkennbar, inwiefern die Weiterbildungsmaßnahmen mit großem Erfolg, statt wie von der Beklagten bescheinigt, mit Erfolg absolviert wurden.

Auch für die Differenz von engagierten Arbeiten zum sehr engagierten Arbeiten hat die Klägerin Sachvortrag nicht vorzubringen vermocht.

Auch ist Sachvortrag, der ein stets vor „Terminsdruck gewachsen sein „ rechtfertigen würde nicht ersichtlich.

Für eine Leistungsbewertung im Bereich der Schulnote „gut“ hat die Klägerin keinen Sachvortrag geleistet.

Die Beklagte hat ein durchschnittliches Zeugnis mit der Schulnote befriedigend erstellt und muss die Berechtigung dieser Notengebung nicht nachweisen.

Vielmehr muss die Klägerin vortragen und nachweisen- und nicht nur behaupten, dass sie eine bessere als durchschnittliche Leistung erbracht hat.

Die Beklagte hat ausgeführt, dass freundliches Wesen und Bereitschaft zur Zusammenarbeit im Arbeitsverhältnis vorauszusetzen sind und nicht gesondert im Zeugnis herauszuheben.

Die Beklagte hat ausgeführt, dass die Klägerin andere kritisiert habe und arrogant und herablassend gegenüber Vorgesetzten aufgetreten sei. Sachvortrag der Klägerin, die diese Bewertung rechtfertigen würde hat die Klägerin nicht erbracht.

Die Beklagte schuldet lediglich die Erteilung eines Zeugnisses, das über die Art der Tätigkeit Ausführungen macht, sowie Leistung und Verhalten der Klägerin bewertet. Sie schuldet hingegen keine Schlussformel und weder den Ausdruck des Bedauerns, weil die Klägerin die Beklagte verlässt, noch schuldet sie Dokumentation von Wünschen für die Zukunft.

Die Klage war daher auch abzuweisen, soweit die Klägerin eine Zeugnisberichtigung verlangt.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, da die Klägerin in vollem Umfang unterlegen ist.

III.

Den Streitwert hat die Kammer gemäß § 61 ArbGG i.V. mit § 3 ZPO festgesetzt. und soweit die Klage beziffert war, diese berücksichtigt.

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