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Arbeitsverhältnisbefristung – Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung

Ein technischer Berater scheiterte vor dem Landesarbeitsgericht Hamm mit dem Versuch, seinen Job über die vertraglich vereinbarte Altersgrenze hinaus zu behalten, obwohl er bereits eine vorgezogene Altersrente bezog. Das Gericht entschied, dass die Befristung des Arbeitsvertrags an die Regelaltersgrenze rechtens ist und der Berater keinen Anspruch auf Weiterbeschäftigung oder Schadensersatz hat. Der Fall beleuchtet die rechtlichen Grenzen zwischen Altersvorsorge und dem Wunsch nach längerer Berufstätigkeit.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
  • Datum: 08.05.2024
  • Aktenzeichen: 4 Sa 1156/23
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren
  • Rechtsbereiche: Arbeitsrecht, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Ehemaliger technischer Berater, der gegen die Wirksamkeit der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses bei vorzeitigem Rentenbezug und die damit einhergehende Altersdiskriminierung klagt.
  • Beklagte: Ehemalige Arbeitgeberin des Klägers, die auf der vertraglich vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Rentenbezug beharrt und Schadensersatzforderungen des Klägers abweist.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Der Kläger, ein technischer Berater, wünscht die Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses trotz vorzeitigen Erhalts von Altersrente. Die Beklagte beruft sich auf eine Vertragsklausel, die das Arbeitsverhältnis bei Rentenbezug ohne Kündigung beendet. Der Kläger sieht darin einen Verstoß gegen das AGG und macht Schadensersatzansprüche geltend.
  • Kern des Rechtsstreits: Ob die vertragliche Regelung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei vorgezogenem Rentenbezug aufgrund altersdiskriminierender Wirkung unwirksam ist und ob die Beklagte für dadurch entstandene Schäden haftet.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen. Die Regelung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen der Regelaltersgrenze ist wirksam. Der Schadensersatzanspruch wird abgelehnt.
  • Begründung: Die Vertragsklausel ist wirksam und verstößt nicht gegen das AGG, da sie auf das gesetzliche Renteneintrittsalter abstellt und keine willkürliche Altersdiskriminierung vorliegt. Die schriftliche Vertragsform wurde gewahrt, und die Beklagte hat sich rechtmäßig verhalten, da die Vertragsklausel zuvor nicht beanstandet wurde.
  • Folgen: Das Arbeitsverhältnis endet mit dem Erreichen des Rentenalters. Der Kläger erhält keinen Schadensersatz. Die Entscheidung bekräftigt die Rechtmäßigkeit der Praxis, Arbeitsverhältnisse bei Renteneintritt zu beenden, sofern eine rechtliche Absicherung durch Rentenbezug gegeben ist. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gerichtsfall beleuchtet Spannungsfeld zwischen Arbeitnehmerrechten und Rentenansprüchen

Die gesetzliche Rentenversicherung bildet einen zentralen Baustein der sozialen Sicherung in Deutschland. Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist die Regelaltersgrenze ein wichtiger Wendepunkt im beruflichen Leben, der weitreichende Auswirkungen auf Beschäftigungsverhältnisse und Rentenansprüche hat.

Regelungen zur Arbeitsverhältnisbefristung und Renteneintrittsalter sind komplex und haben in den letzten Jahren signifikante Veränderungen erfahren. Die Wechselwirkungen zwischen Versicherungspflicht, Entgeltpunkten und möglichen Übergangsregelungen bestimmen maßgeblich die Altersvorsorge und Rentenplanung von Beschäftigten in verschiedenen Branchen und Beschäftigungsformen.

Der folgende Beitrag beleuchtet einen konkreten Gerichtsfall, der die Spannungsfelder zwischen Arbeitnehmerrechten, Befristungspraxis und gesetzlichen Rentenregelungen exemplarisch aufzeigt.

Der Fall vor Gericht


Arbeitsvertragliche Altersgrenze beendet Arbeitsverhältnis mit Erreichen der Regelaltersrente

Mitarbeiter prüft nachdenklich seinen Arbeitsvertrag im Büro, umgeben von modernen Büromöbeln und Stadtblick.
Altersgrenze im Arbeitsvertrag und Rentenansprüche | Symbolfoto: Ideogram gen.

Das Landesarbeitsgericht Hamm hat die Berufung eines technischen Beraters gegen ein Urteil des Arbeitsgerichts Bocholt zurückgewiesen. Der 1957 geborene Kläger war seit 1994 bei der Beklagten beschäftigt, zuletzt mit einem monatlichen Bruttogehalt von 8.004,24 EUR. Im Anstellungsvertrag von 2006 war vereinbart, dass das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats endet, in dem der Mitarbeiter sein 65. Lebensjahr vollendet oder einen Rentenbescheid erhält.

Streit um vorzeitige Altersrente und Weiterbeschäftigung

Anfang 2023 teilte der Kläger der Arbeitgeberin mit, dass er eine Vorgezogene Altersrente beziehen und gleichzeitig bis zum regulären Renteneintritt im Dezember 2023 weiterarbeiten wolle. Die Beklagte lehnte dies unter Verweis auf die arbeitsvertragliche Regelung ab.

Prüfung der Wirksamkeit der Altersgrenze

Das Gericht bestätigte die Wirksamkeit der vereinbarten Altersgrenzen-Befristung mit Erreichen der Regelaltersgrenze. Die erforderliche Schriftform wurde eingehalten, da beide Parteien den Vertrag eigenhändig unterschrieben hatten. Die behauptete Verwendung eingescannter Unterschriften durch die Arbeitgeberin konnte das Gericht nach eingehender Prüfung der Originalurkunden nicht feststellen.

Keine Benachteiligung wegen des Alters

Die Altersgrenzen-Regelung verstößt nach Ansicht des Gerichts nicht gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Eine Befristung zum Zeitpunkt des Erreichens der Regelaltersgrenze ist durch legitime Ziele gerechtfertigt, insbesondere um den Zugang jüngerer Personen zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Der Arbeitnehmer erhält zudem mit der Altersrente einen angemessenen Einkommensersatz.

Keine Schadensersatzpflicht der Arbeitgeberin

Das Gericht wies auch den Antrag auf Feststellung einer Schadensersatzpflicht zurück. Die Arbeitgeberin habe sich Anfang 2023 zu Recht auf ihren Rechtsstandpunkt berufen können, dass die vereinbarte Auflösende Bedingung bei Inanspruchnahme einer vorgezogenen Altersrente weiterhin wirksam sei. Eine schuldhafte Pflichtverletzung sei nicht erkennbar.

Rechtliche Bewertung

Das Arbeitsverhältnis endete somit wirksam mit Ablauf des 30. November 2023, als der Kläger die Regelaltersgrenze erreichte. Die Vereinbarung einer solchen Altersgrenze ist nach der ständigen Rechtsprechung zulässig und dient der ausgewogenen Verteilung von Beschäftigungschancen zwischen den Generationen. Der Umstand, dass seit 2023 ein unbegrenzter Hinzuverdienst neben der Altersrente möglich ist, ändert daran nichts.


Die Schlüsselerkenntnisse

„Das Urteil bestätigt die Rechtmäßigkeit von Vertragsklauseln, die eine automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Bezug einer vorzeitigen Altersrente vorsehen. Diese Regelungen verstoßen nicht gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und stellen keine unzulässige Altersdiskriminierung dar. Auch wenn neue gesetzliche Regelungen die parallele Beschäftigung neben dem Rentenbezug ermöglichen, bleiben entsprechende vertragliche Beendigungsklauseln wirksam.“

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie kurz vor dem Renteneintritt stehen, sollten Sie Ihren Arbeitsvertrag sorgfältig auf Klauseln zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Rentenbezug prüfen. Auch wenn Sie gerne parallel zur Rente weiterarbeiten möchten, kann eine solche Vertragsklausel Ihr Arbeitsverhältnis automatisch beenden. Die neue Möglichkeit, Altersrente und Arbeitseinkommen zu kombinieren, gilt nur, wenn Ihr Arbeitsvertrag keine gegenteilige Regelung enthält. Lassen Sie sich vor der Beantragung einer vorzeitigen Altersrente beraten, um die Konsequenzen für Ihr Arbeitsverhältnis einschätzen zu können.

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Altersgrenze im Arbeitsvertrag? Klären Sie Ihre Rechte!

Das Landesarbeitsgericht Hamm hat entschieden: Auch wenn Sie vorzeitig in Rente gehen, kann Ihr Arbeitsverhältnis durch eine entsprechende Klausel im Vertrag enden. Gerade bei komplexen Regelungen zu Altersgrenzen und Rentenansprüchen ist es wichtig, Ihre Rechte zu kennen. Wir unterstützen Sie dabei, Ihren Arbeitsvertrag zu überprüfen und die Auswirkungen auf Ihre individuelle Situation zu verstehen. Sichern Sie sich ab und lassen Sie sich von uns beraten, um Fehlentscheidungen zu vermeiden und Ihre berufliche Zukunft optimal zu gestalten.

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Häufig gestellte Fragen zum Thema

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wann und unter welchen Voraussetzungen darf ein Arbeitgeber eine Altersgrenze im Arbeitsvertrag festlegen?

Arbeitgeber dürfen Altersgrenzen in Arbeitsverträgen festlegen, wenn bestimmte rechtliche Voraussetzungen erfüllt sind.

Grundlegende Voraussetzungen

Eine Altersgrenze im Arbeitsvertrag ist nur wirksam, wenn sie an die gesetzliche Regelaltersgrenze gekoppelt ist und der Arbeitnehmer zu diesem Zeitpunkt Anspruch auf eine gesetzliche Altersrente hat. Die Klausel muss dabei transparent und eindeutig formuliert sein.

Formelle Anforderungen

Die Altersgrenzenregelung unterliegt als Befristungsabrede dem Teilzeit– und Befristungsgesetz (TzBfG). Ab dem 1. Januar 2025 ist für die Wirksamkeit der Altersgrenzenklausel die Textform ausreichend – das bedeutet, die Vereinbarung kann auch per E-Mail getroffen werden.

Rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten

Eine typische Formulierung für eine wirksame Altersgrenzenklausel lautet: „Das Arbeitsverhältnis endet mit Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer die Altersgrenze für den Bezug der Regelaltersrente erreicht hat“.

Bei älteren Arbeitsverträgen, die noch eine starre Altersgrenze von 65 Jahren vorsehen, wird diese Grenze durch die Rechtsprechung regelmäßig als dynamische Verweisung auf die jeweils geltende Regelaltersgrenze ausgelegt.

Sachliche Rechtfertigung

Die Altersgrenzenregelung muss sachlich gerechtfertigt sein. Als legitime Ziele gelten insbesondere:

  • Die ausgewogene Beschäftigungsverteilung zwischen den Generationen
  • Die Förderung des Zugangs jüngerer Menschen zur Beschäftigung
  • Die Ermöglichung von Berufserfahrung für jüngere Arbeitnehmer

Ohne eine wirksame Altersgrenzenvereinbarung läuft das Arbeitsverhältnis automatisch weiter. Eine Kündigung allein wegen des Erreichens der Regelaltersgrenze ist dann nicht möglich.


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Welche Rechte haben Arbeitnehmer bei einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eine Altersgrenze?

Ein Arbeitsverhältnis endet nicht automatisch mit dem Erreichen einer bestimmten Altersgrenze oder des Renteneintrittsalters. Wenn Sie von einer vorzeitigen Beendigung betroffen sind, stehen Ihnen folgende Rechte zu:

Prüfung der Altersgrenzenregelung

Eine Altersgrenzenregelung muss sachlich gerechtfertigt sein und bestimmte Voraussetzungen erfüllen:

  • Die Beendigung muss an den Bezug einer gesetzlichen Altersrente gekoppelt sein
  • Sie müssen beim automatischen Ende sozial abgesichert sein
  • Die Vereinbarung muss den richtigen Zeitpunkt berücksichtigen

Weiterbeschäftigungsanspruch

Wenn in Ihrem Arbeitsvertrag eine niedrigere Altersgrenze (z.B. 65 Jahre) festgelegt wurde, haben Sie einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung bis zur aktuell gültigen Regelaltersgrenze. Dies gilt auch dann, wenn im Vertrag eine konkrete Altersgrenze wie „65 Jahre“ genannt ist.

Verlängerungsmöglichkeiten

Sie können mit Ihrem Arbeitgeber während des laufenden Arbeitsverhältnisses vereinbaren, den Beendigungszeitpunkt hinauszuschieben. Diese Vereinbarung kann auch mehrfach getroffen werden. Wichtig ist, dass die Verlängerung schriftlich festgehalten wird.

Schutz vor Diskriminierung

Eine Kündigung allein aufgrund des Alters ist unzulässig. Altersgrenzenregelungen müssen vor dem Verbot der Altersdiskriminierung bestehen können und legitime sozialpolitische Ziele verfolgen.

Besonderheiten bei Tarifverträgen

Wenn für Sie ein Tarifvertrag gilt, kann dieser besondere Schutzregelungen enthalten. Manche Tarifverträge sehen vor, dass Mitarbeiter ab einem bestimmten Alter nicht mehr ordentlich gekündigt werden können. Die betriebsbedingte Kündigung kann ausgeschlossen sein, während verhaltensbedingte oder krankheitsbedingte Kündigungen möglich bleiben.


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Wie wirkt sich die Kombination von Altersrente und Weiterbeschäftigung auf den Arbeitsvertrag aus?

Das Erreichen des Rentenalters hat zunächst keine automatischen Auswirkungen auf Ihr Arbeitsverhältnis. Die konkrete Wirkung hängt von der Gestaltung Ihres Arbeitsvertrags ab.

Bestehende Vertragsklauseln

Wenn Ihr Arbeitsvertrag eine Altersgrenzklausel enthält, sind verschiedene Formulierungen möglich:

  • „Erreichen der Regelaltersgrenze“: Das Arbeitsverhältnis endet automatisch mit Erreichen der individuellen Regelaltersgrenze.
  • „Vollendung des 65. Lebensjahres“: Nach aktueller Rechtsprechung ist damit die jeweilige Regelaltersgrenze gemeint, die vom Geburtsjahrgang abhängt.
  • „Bezug einer Altersrente“: Hier endet das Arbeitsverhältnis bereits mit dem Bezug einer vorgezogenen Altersrente.

Weiterbeschäftigung nach Renteneintritt

Wenn Sie über den Renteneintritt hinaus arbeiten möchten, haben Sie folgende Möglichkeiten:

  • Weiterbeschäftigung im bestehenden Arbeitsverhältnis mit Anpassung des Arbeitsvertrags
  • Hinausschiebensvereinbarung nach § 41 Satz 3 SGB VI mit dem bisherigen Arbeitgeber
  • Neuer Arbeitsvertrag mit einem anderen Arbeitgeber

Rechtliche Besonderheiten

Bei einer Weiterbeschäftigung müssen Sie folgende Aspekte beachten:

Eine Hinausschiebensvereinbarung kann mehrfach verlängert werden, ohne dass die üblichen Befristungsgrenzen gelten. Die Vereinbarung muss vor der Fortsetzung der Zusammenarbeit schriftlich geschlossen werden. Ohne vertragliche Regelung entsteht automatisch ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.

Seit 2023 können Sie unbegrenzt zur Rente hinzuverdienen. Die arbeitsrechtlichen Regelungen bleiben davon unberührt.


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Welche Bedeutung hat das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz für Altersgrenzen im Arbeitsvertrag?

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verbietet grundsätzlich jede Form der Ungleichbehandlung aufgrund des Alters im Arbeitsverhältnis. Eine Altersgrenze im Arbeitsvertrag stellt zunächst eine Benachteiligung im Sinne des § 7 Abs. 1 AGG dar.

Zulässige Altersgrenzen

Regelaltersgrenze: Eine Vertragsklausel, die das Arbeitsverhältnis mit Erreichen der gesetzlichen Regelaltersgrenze beendet, ist rechtlich zulässig. Diese Regelung ist nach § 10 S. 3 Nr. 5 AGG erlaubt, da der Arbeitnehmer durch den Rentenbezug wirtschaftlich abgesichert ist.

Wichtig: Solche Regelungen müssen schriftlich vereinbart werden, da es sich rechtlich um eine Befristung des Arbeitsverhältnisses handelt.

Unzulässige Altersgrenzen

Wenn Sie eine Altersgrenze deutlich vor der Regelaltersgrenze vereinbaren möchten, ist dies in der Regel unzulässig. Eine solche Regelung verstößt gegen das AGG, außer sie ist durch besondere Umstände sachlich gerechtfertigt.

Rechtfertigungsmöglichkeiten

Eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters kann ausnahmsweise zulässig sein, wenn sie:

  • objektiv angemessen ist
  • durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt wird
  • mit angemessenen Mitteln erfolgt

Ein Beispiel für eine zulässige Altersgrenze ist die Höchstaltersgrenze von 30 Jahren für die Einstellung in den Feuerwehrdienst, da hier die körperliche Eignung zur Brandbekämpfung eine wesentliche berufliche Anforderung darstellt.

Praktische Konsequenzen

Wenn Sie eine Altersgrenze in Ihrem Arbeitsvertrag vereinbaren möchten, prüfen Sie zunächst, ob diese an die Regelaltersgrenze anknüpft. Eine solche Regelung ist grundsätzlich zulässig. Andere Altersgrenzen müssen Sie durch ein konkretes unternehmerisches Konzept rechtfertigen können, das diese Altersgrenze zwingend erforderlich macht.


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Welche formalen Anforderungen muss eine Altersgrenze im Arbeitsvertrag erfüllen?

Eine Altersgrenze im Arbeitsvertrag muss bestimmte formale Anforderungen erfüllen, damit sie wirksam ist.

Formvorschriften ab 1. Januar 2025

Für Altersgrenzen, die an die Regelaltersgrenze anknüpfen, reicht ab dem 1. Januar 2025 die Textform aus. Das bedeutet, Sie können diese Vereinbarungen auch per E-Mail oder mit eingescannter Unterschrift abschließen.

Für alle anderen Arten von Altersgrenzen gilt weiterhin das strenge Schriftformerfordernis nach § 14 Abs. 4 TzBfG. Dies betrifft insbesondere:

  • Befristungen auf vorzeitige Altersrente
  • Befristungen wegen Erwerbsminderung
  • Befristungen mit konkreter Altersangabe

Inhaltliche Anforderungen

Die Altersgrenze muss eindeutig an die Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung anknüpfen. Eine starre Altersgrenze von 65 Jahren ist nicht mehr zeitgemäß und wird von der Rechtsprechung regelmäßig als dynamische Verweisung auf die jeweils geltende Regelaltersgrenze ausgelegt.

Soziale Absicherung

Die Altersgrenzenklausel ist nur wirksam, wenn der Arbeitnehmer beim automatischen Ende des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf eine gesetzliche Altersrente hat. Dies dient der sozialen Absicherung des Arbeitnehmers.

Sachliche Rechtfertigung

Die Vereinbarung einer Altersgrenze stellt rechtlich eine Befristungsabrede dar. Sie muss daher nach § 14 Abs. 1 TzBfG sachlich gerechtfertigt sein. Als Sachgrund wird das Bedürfnis des Arbeitgebers nach einer sachgerechten Personal- und Nachwuchsplanung anerkannt.

Formulierung der Klausel

Eine rechtssichere Formulierung könnte wie folgt lauten: „Das Arbeitsverhältnis endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf, mit Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer die jeweils maßgebliche sozialversicherungsrechtliche Altersgrenze für den Bezug einer Regelaltersrente erreicht hat“.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar - Fachbegriffe aus dem Arbeitsrecht

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Regelaltersgrenze

Die Regelaltersgrenze markiert den Zeitpunkt, ab dem ein Versicherter regulär in die gesetzliche Altersrente eintreten kann. Dieser Zeitpunkt ist gesetzlich festgelegt und steigt seit 2012 schrittweise von 65 auf 67 Jahre an. Die Regelung basiert auf § 35 SGB VI. Erreicht ein Arbeitnehmer diese Grenze, kann das Arbeitsverhältnis automatisch enden, wenn dies vertraglich so vereinbart wurde. Für Personen des Geburtsjahrgangs 1957 liegt die Regelaltersgrenze bei 65 Jahren und 11 Monaten.


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Vorgezogene Altersrente

Eine Form der Altersrente, die vor Erreichen der Regelaltersgrenze in Anspruch genommen werden kann. Sie ist in § 236 SGB VI geregelt und führt zu dauerhaften Rentenabschlägen von bis zu 0,3% pro Monat der vorzeitigen Inanspruchnahme. Beispiel: Wer 3 Jahre früher in Rente geht, muss mit Abschlägen von bis zu 10,8% rechnen. Seit 2023 können Bezieher einer vorgezogenen Altersrente unbegrenzt hinzuverdienen.


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Altersgrenzen-Befristung

Eine arbeitsvertragliche Vereinbarung, die das automatische Ende des Arbeitsverhältnisses an das Erreichen der Regelaltersgrenze oder den Bezug einer Altersrente knüpft. Diese Befristungsart ist nach § 41 SGB VI und § 14 Abs. 1 TzBfG zulässig und muss schriftlich vereinbart werden. Sie dient der Personalplanung und der Verteilung von Beschäftigungschancen zwischen den Generationen. Die Rechtsprechung hat diese Form der Befristung wiederholt als wirksam bestätigt.


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Auflösende Bedingung

Ein rechtliches Konstrukt im Vertragsrecht (§ 158 Abs. 2 BGB), bei dem ein bestimmtes zukünftiges Ereignis zum automatischen Ende des Vertrags führt. Im Arbeitsrecht kann dies beispielsweise das Erreichen der Regelaltersgrenze oder der Erhalt eines Rentenbescheids sein. Wichtig ist, dass die Bedingung bereits bei Vertragsschluss klar definiert sein muss. Die Wirkung tritt automatisch ein, sobald das Ereignis eintritt.


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Schriftform

Eine gesetzlich vorgeschriebene Form für bestimmte Rechtsgeschäfte (§ 126 BGB), die eine eigenhändige Unterschrift der Vertragsparteien auf einer Urkunde erfordert. Im Arbeitsrecht ist sie besonders bei Befristungen zwingend erforderlich (§ 14 Abs. 4 TzBfG). Eine eingescannte oder digitale Unterschrift erfüllt diese Anforderung nicht. Bei Nichteinhaltung der Schriftform ist die Befristung unwirksam und der Vertrag gilt als unbefristet geschlossen.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 7 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG): Das AGG schützt Arbeitnehmer vor Diskriminierung am Arbeitsplatz, insbesondere aufgrund des Alters. § 7 AGG verbietet Benachteiligungen bei der Begründung, Durchführung oder Beendigung eines Arbeitsverhältnisses. Im vorliegenden Fall argumentiert der Kläger, dass die Kündigung aufgrund seines Alters erfolgt ist, was eine Verletzung dieses Paragraphen darstellen würde.
  • § 622 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Dieser Paragraph regelt die Kündigungsfristen im Arbeitsrecht. Er legt fest, welche Fristen für die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses einzuhalten sind, abhängig von der Dauer der Betriebszugehörigkeit. Im Anstellungsvertrag des Klägers ist eine Kündigungsfrist von zwei Monaten zum Monatsende vereinbart, doch § 622 BGB könnte längere, gesetzlich vorgeschriebene Fristen vorsehen, die hier relevant sind.
  • Sozialgesetzbuch VI (SGB VI): Das SGB VI umfasst die gesetzliche Rentenversicherung und enthält Regelungen zur vorgezogenen Altersrente. Seit einer gesetzlichen Neuregelung ab dem 01.01.2023 ist es unter bestimmten Voraussetzungen möglich, vorgezogene Altersrente neben einer bestehenden Beschäftigung zu beziehen. Der Kläger beruft sich auf diese Änderung, um die Vereinbarkeit von Altersrente und fortgesetztem Arbeitsverhältnis zu rechtfertigen.
  • Tarifvertragsgesetz (TVG): Das TVG regelt die Anwendung und Auslegung von Tarifverträgen. Im vorliegenden Fall enthält der Anstellungsvertrag Abweichungen von den tariflichen Bestimmungen, auf die in § 3 Bezug genommen wird. Da der Kläger nicht tarifgebunden ist, spielt das TVG eine Rolle bei der Bewertung, inwieweit die vertraglichen Regelungen rechtlich verbindlich sind.
  • Kündigungsschutzgesetz (KSchG): Das KSchG bietet Schutz vor sozial ungerechtfertigten Kündigungen, insbesondere bei älteren Arbeitnehmern. Es stellt sicher, dass Kündigungen aus sozialen Gründen erfolgen müssen und bestimmte Kriterien erfüllen. Im vorliegenden Fall ist zu prüfen, ob die Kündigung des Klägers unter Berücksichtigung seines Alters und der bestehenden Schutzvorschriften gemäß KSchG rechtmäßig ist.

Das vorliegende Urteil


Landesarbeitsgericht Hamm – Az.: 4 Sa 1156/23 – Urteil vom 08.05.2024


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