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Arbeitsvermittlungsvertrag – vorzeitige Vertragskündigung

AG Lichtenberg, Az.: 7 C 192/14, Urteil vom 22.10.2014

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger betreibt eine Personalvermittlungsagentur.

Arbeitsvermittlungsvertrag - vorzeitige Vertragskündigung
Symbolfoto: fizkes/ Bigstock

Er verlangt vom Beklagten Zahlung einer Vergütung aus dem mit ihm geschlossenen Vermittlungsvertrag vom 10. April 2014 (Anlage K 2; Bl. 6 ff d.A.). Im Zusammenhang mit diesem Vermittlungsvertrag hat der Beklagte dem Kläger den ihm gewährten Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein der Bundesagentur für Arbeit Lichtenberg vom 6. Februar 2014 (Kopie Bl. 8 d.A.) übergeben. Mit diesem Gutschein sichert die Bundesagentur für Arbeit eine Vermögensvergütung in Höhe von 2000 € zu, wenn dem Beklagten in der Zeit vom 3. Februar bis 2. Mai 2014 von einer privaten Arbeitsvermittlung eine versicherungspflichtige Beschäftigung organisiert wird und die Nebenbestimmungen aus dieser Zusicherung eingehalten werden, wobei die erste Rate in Höhe von 1000 € nach der Dauer von sechs Wochen der vermittelten Beschäftigung gezahlt wird und der Restbetrag nach einer Dauer dieser Beschäftigung von 6 Monaten fällig wird.

Auf der Grundlage des Vermittlungsvertrages der Parteien vom 10. April 2004 vermittelte der Kläger dem Beklagten ein Arbeitsverhältnis bei der … , welche mit dem Beklagten den Arbeitsvertrag vom 14. April 2014 (Anlage B 1; Bl. 23 d.A.) abgeschlossen hat. Das Arbeitsverhältnis mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 35 h pro Woche, einem Stundenlohn von 9 Euro brutto und einem Bruttoeinkommen von ca. 1260 € begann am 22.4.2014 und wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen.

Der Beklagte hat den Arbeitsvertrag mit Schreiben vom 5. Mai 2014 (Anlage K3, Bl. 9 d.A.) gekündigt und als Begründung schlechte Arbeitsbedingungen angegeben.

Unter Berufung auf § 6a des Vermittlungsvertrages mit dem Inhalt:

„Kündigt die/der Arbeitssuchende (Neustatus: Arbeitnehmer/in), die/der im Besitz eines gültigen Vermittlungsgutschein war, dass die zuvor erfolgreich vermittelte sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis innerhalb von sechs Wochen, so verpflichtet sich dieser Arbeitnehmer der Firma ihres Personalvermittlers, Inh. Michael Hübner eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 1000 € inklusive der gesetzlichen Mehrwertsteuer zu zahlen. Die Aufwandsentschädigung resultiert aus dem zivilrechtlichen Anspruch für eine erbrachte Leistung (Erfüllung des Vermittlungsvertrages).“

rechnete der Kläger am 8. Mai 2014 (Anlage K4; Bl. 10. d.A.) ab.

Wegen der Forderung aus dieser Rechnung über 1000 € mahnte der Prozessbevollmächtigte des Klägers den Beklagte mit Schreiben vom 19. Mai 2014., wofür der Kläger vom Beklagten vorprozessuale Rechtsanwaltskosten in Höhe von 124 € verlangt.

Der Kläger behauptet, dass die vereinbarten allgemeinen Geschäftsbedingungen des Vermittlungsvertrages wirksam seien.

Die Kündigungsgründe des Beklagten seien nur vorgeschoben gewesen, denn er sei bei Abschluss des Arbeitsvertrages darauf hingewiesen worden, dass ihm kein Dienstfahrzeug zur Verfügung stehen würde und sämtliche Fahrten mit dem Fahrzeug zu erledigen seien. Auch habe er gewusst, dass am Sitz des Arbeitgebers ausreichend Toiletten und Waschmöglichkeiten zur Verfügung stehen würden.

Selbst wenn der Kläger keinen Aufwendungsersatz verlangen könne, habe er gegenüber dem Beklagten Anspruch auf die Vermittlungsprovision. Ihm sei es schließlich gelungen, den Beklagten in ein unbefristetes zu vermitteln.

Der Kläger beantragt, den Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. Mai 2014 sowie 124 € vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. Juli 2014 (Rechtshängigkeit) zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, dass er erhebliche Kündigungsgründe gehabt habe und die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für ihn nicht zumutbar gewesen sei. Er habe seine Arbeitsaufgaben an Objekten zu erledigen gehabt, die sich teilweise in erheblicher Entfernung vom Sitz des Arbeitgebers befunden hätten und er habe sämtliche Arbeitsmaterialien wie Eimer mit seinem Fahrzeug transportieren müssen.

Der Kläger ist der Meinung, dass § 6a des Vermittlungsvertrages als allgemeine Geschäftsbedingung unwirksam sei, weil damit der Kläger zu der Regelung über eine Zahlungspflicht des Beklagten in Höhe eines Bruttogehaltes aus § 4b als Vergütung/Kosten, wenn kein gültiger Vermittlungsgutschein vorliegt bzw. die Bedingungen dieses Vermittlungsgutscheins ist nicht erfüllt sind, insgesamt eine Provisionszahlung über 2000 € erzielen könne. Gemäß § 296 SGB III sei jedoch eine Provisionsvereinbarung nur in Höhe des unzulässigen Betrages aus dem Vermittlungsgutschein bis zu 2000 € zulässig. Es sei nicht erkennbar, welche ob beide Regelungen oder welche Regelung im Falle einer Kündigung des Beklagten innerhalb von sechs Wochen hier Anwendung finden soll.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Dem Kläger steht gegenüber dem Beklagten kein Zahlungsanspruch gemäß § 652 BGB in Verbindung mit § 4b oder § 6a des Vermittlungsvertrages der Parteien zu.

Die vertraglichen Regelungen des Vermittlungsvertrages sind allgemeine Geschäftsbedingungen des Klägers gemäß § 305 Abs. 1 BGB, da diese so vorformuliert sind, dass davon auszugehen ist, dass der gewerblich tätige Kläger diese Regelung öfter verwendet. Die allgemeinen Geschäftsbedingungen wurden auch wirksam vereinbart.

Die Regelungen der Zahlungspflicht des Beklagten im Fall seiner vorzeitigen Kündigung des Arbeitsverhältnisses in §§ 4b, 6A des Vermittlungsvertrages der Parteien sind gemäß § 307 Abs. 1 und Abs. 2 BGB unwirksam.

Sie sind für den Beklagten unübersichtlich und stellen eine unangemessene Benachteiligung des Beklagten dar.

Eine unangemessene Benachteiligung setzt voraus, dass der Kläger als Verwender der AGB durch eine einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchsetzt, ohne dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen.

Die Unübersichtlichkeit ergibt sich daraus, dass der Beklagte im Fall einer von seiner vorzeitigen Kündigung des Arbeitsverhältnisses dem Kläger gemäß § 4b eine Vergütung in Höhe eines Bruttomonatslohnes und gemäß § 6a eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 1000 € zu zahlen hat.

Auch eine unangemessene Benachteiligung des Beklagten ist festzustellen.

Der Kläger kann mit den genannten Regelungen die Provisionsforderung die nach SGB III gewährte Provision von 2000 € überschreiten, was zwar nach ständiger Rechtsprechung (vgl. BGH, NJW 2010, 3222) zulässig ist, aber dem Arbeitnehmer hier dem Beklagten gegenüber deutlich anzuzeigen ist. Außerdem ist die Fälligkeit der Zahlung abweichend von § 206 Abs. 4 SGB III geregelt und es wurde versäumt, den Beklagten für die Zahlung die angemessene Frist von vier Wochen einzuräumen (vergl. BGH o.a.). Dem Beklagten muss Gelegenheit gegeben werden, nach Vermittlung einer Arbeitstätigkeit Lohn zu erzielen, und davon seinen Lebensunterhalt zu bestreiten und die Vergütung aus dem Vertrag zahlen zu können, da im Ergebnis der Tätigkeit des Klägers mit dem vermittelten Arbeitsverhältnis die Einkommensersatzleistungen für den Beklagten weggefallen sind.

Für den Beklagten ist nicht hinreichend erkennbar, welches finanzielle Risiko eingeht, falls er das Arbeitsverhältnis vorzeitig beendet.

Außerdem kann der Kläger dem Beklagten, das Kündigungsrecht hinsichtlich des vermittelnden Arbeitsvertrages mit der finanziellen Sanktionen nicht verwehren ohne sicherzustellen, dass das vermittelte Arbeitsverhältnis auch dazu diente, den Vermittlungsvertrag der Parteien überhaupt zu erfüllen.

Mit dem Vermittlungsvertrag ist der Kläger verpflichtet, dem Beklagten ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis zu verschaffen, welches mindestens sechs Monate dauern sollte. Dies ergibt sich aus der Provisionszusage des Vermittlungsgutscheines, der Gegenstand des Vermittlungsvertrages der Parteien war. Demnach ist die Vermittlung erst erfolgreich gewesen, wenn die Arbeitsbedingungen des vermittelnden Arbeitsvertrages die Aufrechterhaltung des vorliegenden Arbeitsvertrages überhaupt ermöglichen. Nach dem schriftlichen Arbeitsvertrag ist der Beklagte nicht verpflichtet gewesen, sein privates Fahrzeug für die Arbeitswege und den Transport der Arbeitsmittel zu nutzen. Wenn dies dann in einem Umfang anfällt, der dem Beklagten wegen der Kosten und Belastungen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unmöglich macht, ist davon auszugehen, dass die Vermittlung des Arbeitsvertrages an den Beklagten nicht den entsprechenden Erfolg gebracht hat. Der Kläger kann dann wegen Nichterfüllung die Vergütung nicht verlangen.

Die Regelung aus § 6a hinsichtlich der Aufwandsentschädigung in Höhe von 1000 €, stellt eine pauschale Schadenersatzregelung dar, die gemäß § 309 Nr. 5 b BGB unwirksam ist, weil dem Kläger nicht nachgelassen wird, nachzuweisen, dass dem Kläger ein geringer Schaden ein gering entstanden sein könnte.

Die Klage ist abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

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