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Arbeitsvertragliche Vertragsstrafenregelung – Vertragsstrafe bei Nichtaufnahme der Arbeit

ArbG Nordhausen – Az.: 2 Ca 371/21 – Urteil vom 27.10.2021

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 1.234,88 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer arbeitsvertraglich vereinbarten Vertragsstrafe.

Unter dem 29.09.2020 schlossen die Parteien einen schriftlichen Arbeitsvertrag (Bl. 2 ff. d.A.). Als Arbeitsbeginn war der 01.02.2021 festgelegt. §(3) auf die gesetzlichen Kündigungsfristen des § 622 BGB Bezug. Die Vergütung sollte sich gem. § 3 nach der Vergütungsordnung vom 01.05.2019 richten. Dabei war die Beklagte in die Entgeltgruppe P7, Stufe 2, eingruppiert. Bei einer 40- Stunden- Woche ergab dies eine Vergütung von brutto 2.822,59 EUR.

Ferner enthielt der Arbeitsvertrag folgende Vertragsstrafenregelung (s. Bl. 8 d.A.):

„ § 11  Vertragsstrafenregelung

a) Vertragsstrafe bei Nichtaufnahme/ vertragswidriger Beendigung

(1)

Nimmt der AN nach Vertragsabschluss die Arbeit nicht auf oder löst er das Arbeitsverhältnis innerhalb der ersten 6 Monate ohne Einhaltung der dafür vorgesehenen Kündigungsfrist, so hat er an den AG eine Vertragsstrafe zu zahlen, die der Arbeitsvergütung von 2 Wochen entspricht.

(2)

Löst der AN das Arbeitsverhältnis nach 6-monatiger Dauer ohne Einhaltung der für ihn geltenden Kündigungsfrist auf, so hat der AN an den AG eine Vertragsstrafe in Höhe von einem Bruttomonatsgehalt zu zahlen.

(3)

Die Verpflichtungen nach Abs. 1 und Abs. 2 treten nicht ein, wenn der AN im Fall der Nichtaufnahme des Arbeitsverhältnisses dazu durch ein schuldhaftes Verhalten des AG veranlasst wurde bzw. das Arbeitsverhältnis rechtzeitig vor Beginn dessen ordentlich gekündigt hat und im Übrigen der AN zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund berechtigt war.

b) (…)

Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom 13.01.2021, der Klägerin am 14.01.2021 zugegangen, das Arbeitsverhältnis „im Rahmen der vereinbarten Kündigungsfrist“ (s. Bl. 30 d.A.). Die Beklagte nahm die Arbeit bei der Klägerin nicht auf.

Mit Schreiben vom 04.02.2021 forderte die Klägerin die Beklagte zur Zahlung einer Vertragsstrafe auf. Es folgte keine Zahlung seitens der Beklagten.

Unter dem 26.04.2021, am selben Tag bei Gericht eingegangen und der Beklagten am 29.04.2021 zugestellt, hat die Klägerin Klage erhoben mit der sie Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 1.238,37 EUR netto begehrt; mit der Klageerwiderung vom 01.09.2021 hat die Klägerin ihre Klageforderung auf 1.234,88 EUR netto reduziert.

Die Klägerin ist der Auffassung, sie habe einen Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe gem. § 11 a) (1) des Arbeitsvertrages. Der Beginn des Arbeitsverhältnisses sei nicht mit dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gleichzusetzen. Die Beklagte habe das Arbeitsverhältnis vor Beginn des Arbeitsverhältnisses gekündigt, also vor Beginn der in § 1 Abs. 3 vereinbarten Probezeit. Damit sei das Arbeitsverhältnis gemäß den gesetzlichen Kündigungsfristen außerhalb der Probezeit, d.h. nach § 622 Abs. 1 BGB innerhalb von 4 Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats kündbar gewesen. Die Beklagte habe daher die Kündigungsfrist nicht eingehalten. Insbesondere § 11 Abs. 3 des Arbeitsvertrages sei zu entnehmen, dass die Verpflichtung zur Zahlung einer Vertragsstrafe dann entfalle, wenn der Arbeitnehmer im Falle der Nichtaufnahme des Arbeitsverhältnisses dazu durch ein schuldhaftes Verhalten des Arbeitgebers veranlasst wurde bzw. das Arbeitsverhältnis rechtzeitig vor Beginn ordentlich gekündigt hat. Aufgrund der Regelung in Abs. 3 sei somit für die Beklagte klar gewesen, dass das Arbeitsverhältnis rechtzeitig vor dessen Beginn hätte gekündigt werden müssen. Die Kündigungsfrist von vier Wochen habe die Beklagte nicht eingehalten.

Ferner wendet die Klägerin ein, dass die Beklagte jederzeit die Möglichkeit gehabt habe, die Vergütungsordnung der Klägerin zu erfragen. Auch bei bei sonstigen tariflich geregelten Vergütungshöhen sei es der Regelfall, dass der genaue Betrag im Entgelt-Tarifvertrag geregelt sei und der Arbeitsvertrag lediglich die Eingruppierungsgruppe enthalte. Darüber hinaus sei der Beklagten bei Unterzeichnung des Arbeitsvertrages aufgrund des zuvor geführten Vorstellungsgespräches die Höhe der Vergütung bekannt gewesen.

Die Klägerin beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin eine Vertragsstrafe in Höhe von netto 1.234,88 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 16.02.2021 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Meinung, die Beklagte habe keinen Anspruch aus § 11 a) der Vertragsstrafenregelung. Sie habe das Arbeitsverhältnis fristgerecht vor Dienstantritt gekündigt, zum 28.01.2021 bzw. spätestens zum 31.01.2021. Eine Kündigung vor Dienstantritt sei arbeitsvertraglich nicht ausgeschlossen und damit zulässig. Da die Beklagte das Arbeitsverhältnis vor Dienstantritt gekündigt habe, sei § 11 a) des Arbeitsvertrages nicht einschlägig, da dieser ausdrücklich regle, dass eine Vertragsstrafe nur dann geschuldet sei, wenn der Arbeitnehmer nach Vertragsschluss die Arbeit nicht aufnehme. Daneben bestünden Zweifel an der Wirksamkeit der Vertragsstrafenregelung. Der Arbeitnehmer könne nicht erkennen in welcher Höhe eine Vertragsstrafe geschuldet sei. Die Vertragsstrafe beziehe sich auf die Vergütung. Der Arbeitsvertrag weise diese jedoch nicht aus, sondern nehme lediglich Bezug auf betriebliche Vergütungsregelungen. Diese seien der Beklagten nicht ausgehändigt worden. Ferner sei nicht erkennbar, ob eine Brutto/- oder Nettovergütung geschuldet sei. Die Vertragsstraferegelung sei nicht klar und verständliche formuliert.

Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 1.234,88 EUR gem. § 11a) (1) des Arbeitsvertrages nebst Zinsen.

1. Der Anspruch ist nicht bereits aufgrund der im Arbeitsvertrag in § 12 enthaltenen Ausschlussfrist, deren Einhaltung von Amts wegen zu prüfen ist, verfallen. Die Klägerin hat die zweistufige Ausschlussfrist durch das Aufforderungsschreiben vom 04.02.2021 sowie Klageerhebung unter dem 26.04.2021, die der Beklagten am 29.04.2021 zugestellt wurde, gewahrt.

2. Die Vertragsstrafenregelung in § 11a) (1) des Arbeitsvertrages ist unwirksam.

Bei der Bestimmung des § 11 des Arbeitsvertrages vom 29.09.2020 handelt es sich – wie bei allen anderen Regelungen dieses Arbeitsvertrages – um eine Allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 Abs. 1 S. 1 u. 2 BGB). Dafür begründet das äußere Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung, der keine der Parteien entgegengetreten ist. Daher finden die Regelungen der § 305 ff. BGB vorliegend Anwendung.

a) Die Unzulässigkeit der in § 11a) des Arbeitsvertrages enthaltenen Vertragsstrafenregelung ergibt sich nicht schon aus § 309 Nr. 6 BGB, denn auf Grund von im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten ist diese Bestimmung gem. § 310 Abs. 4 S. 2 BGB auf Vertragsstrafenregelungen in Arbeitsverträgen nicht anzuwenden (BAG, Urteil v. 04.03.2004, 8 AZR 196/03).

b) Die Vertragsstrafenklausel stellt im Streitfall jedoch eine unangemessene Benachteiligung iSd § 307 Abs. 1 BGB dar.

aa) Der grundsätzlichen Anwendbarkeit von § 307 Abs. 1 S. 1 BGB stehen im Arbeitsrecht geltende Besonderheiten – auch für Vertragsstrafenregelungen – nicht entgegen. Vertragsstrafenabreden benachteiligen den Arbeitnehmer nicht generell unangemessen. Die Vertragsstrafe sichert das berechtigte Bedürfnis des Arbeitgebers, eine arbeitsvertragswidrige und schuldhafte Nichtaufnahme oder Beendigung der Arbeitstätigkeit seitens des Arbeitnehmers zu vermeiden. Stellt der Arbeitnehmer die Arbeit vertragswidrig ein oder muss ihm fristlos gekündigt werden, sind die Darlegung und der Beweis eines konkreten Schadens regelmäßig mit besonderen Schwierigkeiten verbunden. Die schadensersatzrechtlichen und zivilprozessualen Erleichterungen nach § 252 S. 2 BGB und § 287 ZPO erleichtern nur in geringfügigem Umfang die Darlegung und den Nachweis des Schadens; der Nachweis des Schadens und des Kausalzusammenhangs zwischen der Pflichtverletzung und dem Schaden ist kaum zu führen. Das Interesse des Arbeitgebers an einer Vertragsstrafenregelung ist deshalb anerkennenswert. Der Arbeitgeber hat ein berechtigtes Interesse an der Einhaltung der arbeitsvertraglichen Hauptpflicht, während der Arbeitnehmer in der Regel weder ein Recht noch ein schützenswertes Interesse daran hat, den Arbeitsvertrag zu brechen (BAG, Urteil v. 04.03. 2004, a.a.O.).

bb) Die Vertragsstrafenregelung benachteiligt die Beklagte nicht bereits deswegen entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen, weil sie zu hoch wäre. Hinsichtlich der Höhe entspricht es gefestigter Rechtsprechung, dass jedenfalls eine Vertragsstrafe in Höhe eines Bruttomonatsgehalts,- und falls die Kündigungsfrist kürzer als einen Monat sein sollte-, bis zur Höhe der Bezüge für die Zeit der Mindestkündigungsfrist, grundsätzlich zumutbar ist. Vorliegend sieht die Vertragsstrafe im Falle der Nichtaufnahme der Arbeit und innerhalb der Probezeit eine Vertragsstrafe in Höhe einer Arbeitsvergütung, die 2 Wochen entspricht, vor, und ist damit angemessen. Die Unangemessenheit folgt auch nicht aus dem Umstand, dass die konkrete Höhe der monatlichen Vergütung in der Klausel und auch im Arbeitsvertrag selbst nicht benannt wird. Es genügt, wenn sich die Berechnungsgrundlage der Vertragsstrafe für den Arbeitnehmer zweifelsfrei ergibt, ohne dass dem Arbeitgeber im Falle der Vertragsbrüchigkeit des Arbeitnehmers ein Spielraum hinsichtlich der Höhe der Vertragsstrafe verbliebe. Damit genügt die Bezugnahme auf die Arbeitsvergütung von 2 Wochen (bzw. auf ein Bruttomonatsgehalt), da damit die Berechnungsgrundlage für den Arbeitnehmer ersichtlich ist.

cc) Eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers und damit die Unwirksamkeit von § 11a) (1) besteht jedoch aus folgendem Grund:

(1) Unter § 11a) (1) und (2) werden die Fälle, die die Vertragsstrafe auslösen sollen, benannt, nämlich die Nichtaufnahme der Arbeit nach Vertragsschluss sowie die Loslösung innerhalb der ersten 6 Monate des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung der dafür vorgesehenen Kündigungsfrist (1) sowie die Loslösung des Arbeitsverhältnisses nach 6-monatiger Dauer des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung der maßgebenden Kündigungsfrist genannt (2). Der vorliegende Sachverhalt fällt unter (1), wonach bei Nichtaufnahme der Arbeit nach Vertragsschluss die Vertragsstrafe entsteht. Dem Wortlaut nach umfasst die Regelung des § 11a) (1) Fälle, in denen der Arbeitnehmer vor dem im Arbeitsvertrag festgelegten Arbeitsbeginn das Arbeitsverhältnis fristgerecht gekündigt hat. Die (ordentliche) Kündigung vor Arbeitsbeginn ist, soweit sich aus dem Arbeitsvertrag oder aus den Umständen der Ausschluss der Kündigung nicht zweifelsfrei ergibt, rechtlich zulässig (vgl. BAG, Urteil v. 25.03.2004 – 2 AZR 324/03); so auch vorliegend, da der Arbeitsvertrag eine ordentliche Kündigung nicht ausschließt und auch sonst keine Anhaltspunkte dafür bestehen, vielmehr gehen die Parteien übereinstimmend davon aus, dass eine Kündigung vor Dienstantritt möglich war. Der Beginn der Kündigungsfrist vor Dienstantritt hängt sodann ebenfalls primär von den zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen ab. Im Zweifelsfall –wenn die Vertragsauslegung und die ergänzende Vertragsauslegung nicht zu einem eindeutigen Ergebnis führt – beginnt die Kündigungsfrist mit dem Zugang der Kündigungserklärung (vgl. BAG, Urteil v. 25.03.2004 a.a.O.). Dahingehend haben die Parteien ebenfalls keine Regelung getroffen, jedoch gehen sie auch übereinstimmend davon aus, dass die Kündigungsfrist mit Zugang der Kündigung bei der Klägerin, und nicht erst mit Dienstbeginn, zu laufen begonnen hat. Wie bereits ausgeführt, umfasst § 11a) (1) des Arbeitsvertrages damit Fälle, in denen der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis so zeitig vor Dienstantritt kündigt, dass das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des anvisierten Arbeitsbeginns bereits geendet hat. Es liegt auf der Hand, dass eine solche Regelung einen Arbeitnehmer, der aufgrund fristgerechter Kündigung nicht mehr zur Arbeit verpflichtet ist, unangemessen benachteiligt: Dieser verhält sich nicht vertragswidrig, da er von seinem Recht zur ordentlichen Kündigung vor Dienstantritt Gebrauch gemacht und das Arbeitsverhältnis vor dessen Beginn wirksam beendet hat.

(2) Etwas anderes folgt auch nicht durch die in § 11a (3) des Arbeitsvertrages getroffene Regelung:

Gemäß dieser Bestimmung soll keine Vertragsstrafe nach (1) entstehen, wenn der Arbeitnehmer zur Nichtaufnahme des Arbeitsverhältnisses durch ein schuldhaftes Verhalten des Arbeitgebers veranlasst wurde bzw. das Arbeitsverhältnis vor Beginn dessen ordentlich gekündigt hat und im Übrigen der Arbeitnehmer zur außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund berechtigt war. Diese Regelung sieht somit für den Fall, in dem der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis bereits vor Dienstbeginn fristgerecht gekündigt hat, eine Vertragsstrafe vor, soweit kein wichtiger Grund iSd § 626 BGB bestanden hat. Es verbleibt somit bei der dargestellten Problematik, nämlich, dass einem Arbeitnehmer, der vor Dienstantritt fristgerecht ordentlich gekündigt hat und aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zur Arbeitsaufnahme verpflichtet ist, eine Vertragsstrafe auferlegt wird, sofern kein wichtiger Grund vorgelegen hat. Auch das benachteiligt diesen, da er sich nicht vertragsbrüchig verhält, wenn er fristgerecht ordentlich kündigt, gleichwohl nur dann keine Vertragsstrafe zu zahlen hat, wenn für die Kündigung ein außerordentlicher Kündigungsgrund bestanden hat.

Soweit die Klägerin eine andere Leseart des § 11 a) (3) annimmt, nämlich dass drei gesonderte Ausnahmetatbestände bestehen, und den Fall der rechtzeitigen ordentlichen Kündigung vor Beginn als einen Ausnahmetatbestand ansieht, sowie die Berechtigung zur außerordentlichen Kündigung als weiteren Ausnahmetatbestand, ist festzustellen, dass die Bestimmung nicht dahingehend formuliert ist. Eine objektive Leseart des Absatzes 3 ergibt, dass die Vertragsstrafe nach Abs. 1 nicht anfällt, wenn das Arbeitsverhältnis vor Beginn dessen ordentlich gekündigt wurde und als zusätzliche Voraussetzung das Vorliegen eines wichtigen Grundes, gegeben ist. Das ist dem Zusatz „und im Übrigen“ zu entnehmen. Das „und“ spricht dafür, dass nachfolgende Voraussetzungen zusätzlich vorliegen müssen und nicht einen eigenen Ausnahmetatbestand bilden. Letzteres wäre durch ein „oder“ oder ein nochmaliges „bzw.“, wie es zwischen die ersten beiden Varianten gesetzt ist, gekennzeichnet.

Sofern man eine andere Auslegung des Absatzes 3 in Betracht ziehen würde, wäre die Bestimmung wegen § 305c Abs. 2 BGB unwirksam. Nach dieser Bestimmung gehen Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders. Es ist die arbeitnehmerfreundlichste Auslegung zu wählen, die der bereits genannten entspricht.

dd) Die Unwirksamkeit der in § 11 a) (1) des Arbeitsvertrags getroffenen Bestimmung führt nach § 306 Abs. 1 BGB zu ihrem ersatzlosen Fortfall unter Aufrechterhaltung des Vertrags im Übrigen.

ee) Unerheblich ist, dass sich die Unangemessenheit der Klausel im Streitfall nicht realisiert hat. Die Klägerin verweist zutreffend darauf, dass bei einer Kündigung vor Dienstantritt die Probezeitkündigungsfrist von 2 Wochen keine Anwendung findet. Der Arbeitsvertrag sieht in § 1 (3) eine Kündigungsfrist von 2 Wochen lediglich innerhalb der Probezeit vor und verweist im Übrigen auf die gesetzlichen Kündigungsfristen des § 622 BGB. Beginn der Probezeit wäre der Beschäftigungsbeginn am 01.02.2021 gewesen. Daher hätte die Beklagte nach § 622 Abs. 1 BGB eine Kündigungsfrist von 4 Wochen zum 15. bzw. Ende des Monats einhalten müssen. Insofern war das Arbeitsverhältnis zum vertraglich vereinbarten Arbeitsbeginn am 01.02.2021 (noch) nicht beendet und die Beklagte hat vertragswidrig die Arbeit nicht aufgenommen. Jedoch missbilligen die gesetzlichen Vorschriften der § 307 ff. BGB bereits das Stellen inhaltlich unangemessener Allgemeiner Geschäftsbedingungen, nicht erst deren unangemessenen Gebrauch im konkreten Einzelfall. Unwirksam sind deshalb auch solche Klauseln, die in zu beanstandender Weise ein Risiko regeln, das sich im Entscheidungsfall nicht realisiert hat (stRspr, vgl. etwa BAG, Urt. v. 24.8.2017 – 8 AZR 378/16, Rn. 30 m.w.N.).

3. Mangels Hauptanspruch besteht kein Zinsanspruch.

II.

Als unterlegene Partei hat die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 91 Abs. 1 ZPO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 61 Abs. 1, 46 Abs. 2 ArbGG, § 3 ff ZPO. Dabei hat das Gericht entsprechend dem zuletzt eingeklagten Betrag 1.234,88 EUR in Ansatz gebracht.Gründe gem. § 64 Abs. 3 ArbGG, die Berufung gesondert des § 64 Abs. 1 Nr. 2 b) ArbGG zuzulassen, liegen nicht vor.

 

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