1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf EUR 12.769,64 festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung.
Der am 08.06.1980 geborene ledige Kläger ist bei der Beklagten seit dem 01.02.2013 als Verwaltungsbeschäftigter in Vollzeit zu einem durchschnittlichen Bruttomonatsgehalt in Höhe von zuletzt EUR 3.274,43 beschäftigt. Er ist Mitglied der Gewerkschaft Ver.di und Tarifbotschafter.
Der Kläger wurde im Bereich des Bürgertelefons … als Servicekraft Kommunikation eingesetzt. Die Hauptaufgaben der Servicekräfte Kommunikation sind die telefonische Beauskunftung von Dienstleistungen der … einschließlich Terminvergabe für Einrichtungen und Ticketaufnahme im Abwesenheitsservice, die Vermittlung eingehender Telefongespräche, Mitwirkung bei der Qualitätssicherung für die Wissensdatenbank und bei Bedarf und Eignung ggf. Zusatzaufgaben wie Ticketweiterleitung. Im Bereich des Bürgertelefons werden ca. 120 Mitarbeiter:innen beschäftigt. Die Tätigkeit erfolgt in Teams zu je 13 bis 17 Mitarbeiter:innen. Der Kläger war im Team tätig. Es gibt jeweils eine Teamleitung und ein bis zwei stellvertretende Teamleitungen. Im Bürgertelefon telefonieren die Beschäftigten in Großraumbüros an durch teils mit Schallschutz/Trennwänden abgeteilten Einzelarbeitsplätzen, die meist zu mehreren zu Arbeitsplatzgruppen zusammengestellt sind.
Die Mitarbeiter:innen nehmen Telefonate über das Telefonieprogramm selbst an. Drei Sekunden nach Beendigung eines Gesprächs erfolgt ein „Klingeln“ am Arbeitsplatz, so dass die/der Beschäftigte weiß, dass ein Gespräch für sie/ihn in der Leitung ist. Das Gespräch wird dann angenommen oder aktiv und wissentlich verweigert. Die/ der Beschäftigte kann sich allerdings auch auf „nicht bereit“ oder „Nachbearbeitung“ schalten, sodass keine Anrufe entgegengenommen werden müssen. In der Telefonie gehen nicht angenommene Anrufe verloren, d. h. ein nicht angenommenes Gespräch geht zurück in die Warteschleife, die dadurch wieder länger wird. Dies hat zum einen die Konsequenz, dass Anrufende länger warten müssen oder genervt auflegen. Andererseits gibt es eine technische Aufnahmegrenze in der Warteschleife. Wird diese erreicht, werden keine neuen Anrufe in die Warteschleife aufgenommen. Diese werden allerdings registriert und gelten wie aufgelegte Anrufe als verlorene Anrufe. Es zeugen dann nur schlechte Erreichbarkeitswerte – die erst nach Monatswechsel ermittelt werden können – für die einzelnen Telefoniegruppen insgesamt von schwächerer Telefonieleistung, ohne dass Rückschlüsse auf einzelne Beschäftigte möglich sind.
Die Beklagte erwartet eine Mindest-Telefoniequote bei der Arbeitszeit von 60 %. Diese Quote resultiert aus Folgendem:
Die Soll-Telefoniezeit gem. Personaleinsatzplanung (PEP), von der wiederum bereits Zeiten für Besprechungen, Schulungen, technische Störungen u.v.m. abgezogen worden sind gelten als 100 % der Telefoniezeit – also als rein für die Telefonie vorgesehene Arbeitszeit und damit als Berechnungsbasis. Gemäß Dienstanweisung für den Betrieb des Bürgertelefon entsteht nach einer vollen Stunde ununterbrochener Bildschirmarbeit bzw. Telefonie ein Anspruch auf eine jeweils 10-minütige Bildschirmarbeitsplatzunterbrechung (sog. BAU). Hinsichtlich der Einzelheiten der Dienstanweisung BTB mit Wirkung vom 01.05.2014 wird auf die Anlage B4, Bl. 83 bis 85 der Akte verwiesen. Dabei kann bei einer Vollzeitkraft über den Tag verteilt maximal 60 Minuten kumuliert für mehrere BAU auf acht reine Telefonie-Arbeitsstunden entfallen – dies sind 12,5 % der Telefonie-Arbeitszeit. Diese Soll-Telefoniezeit wird ferner regelmäßig durch eine erforderliche Nachbearbeitungszeit reduziert. Die Nachbearbeitungszeit schließt sich an einzelne Telefonate an. In dieser Zeit stellt sich die Servicekraft systemseitig auf den Status „Nacharbeitung“, weil sie ein begonnenes Ticket fertigstellen muss oder wie im Falle von Anrufen der Volkshochschule (VHS) Stammdaten des/der Anrufers/Anruferin im Fachverfahren der VHS bearbeiten muss. Diese Nachbearbeitungszeit beträgt nach Erfahrungswerten im Monatsmittel bis zu 25 % der Gesprächsdauer der telefonierten Stunde – also pro Stunde 15 Minuten. Dabei wurde berücksichtigt, dass die Nachbearbeitungszeiten im Falle von Anrufen für die VHS in der Regel länger sind als für andere Anrufe. Da für eine übergreifende Quote kein Mittelwert herangezogen werden kann, orientiert sich die Beklagte am höheren Wert, also dem der VHS. Gemeinsam mit dem Abzug für eine mögliche Nachbearbeitungszeit werden Zeiten mit geringerem Anrufaufkommen berücksichtigt. Generell ist davon auszugehen, dass in den Randzeiten, sowie in den Mittagsstunden weniger Anrufe pro anwesender Servicekraft eingehen. Dies kann zu einer möglichen Reduzierung der Gesprächszeit führen. Da in anrufschwächeren Zeiten in gleichem Maße der Aufwand in der Nachbearbeitung sinkt und sich diese Werte somit ausgleichen, werden diese gemeinsam mit insgesamt 25 % in Abzug gebracht. Zwischen einem soeben beendeten Telefonat und der automatischen Zuweisung des nächsten Telefonats wird systemseitig eine Pause von 3 Sekunden gewahrt, in der die Servicekraft rein technisch nicht telefonieren kann. Geht man von einer durchschnittlichen Telefonatsdauer von 2,5 Minuten aus, so ergeben sich pro Stunde ca. 24 Telefonate, die insgesamt von jeweils 3 Sekunden unterbrochen sind. Diese Unterbrechungen der Telefonie belaufen sich pro Stunde folglich auf ca. eine Minute und 12 Sekunden. Für diese Unterbrechungen nimmt die Beklagte ca. 2,5 % der Arbeitszeit in Abzug.
Die Beschäftigten wurden mehrfach darüber informiert, dass von Seiten der Beklagten mindestens eine 60-%-Telefoniequote erwartet wird. Mit E-Mail vom 25.08.2022 (vgl. Anlage B17, Bl. 120f. der Akte) unterrichteten der (ehem.) stellvertretende Geschäftsführer, Herr …, sowie der Geschäftsbereichsleiters des Bürgertelefons, Herr …, die Mitarbeiter:innen wie folgt:
„[Es] kann festgestellt werden ob und wie lange in der ouT auch mit Bürger:innen telefoniert wurde, was für einen Großteil der Beschäftigten im BTB die hauptsächliche Anforderung ist. Es ist uns völlig klar, dass keiner seine Arbeitszeit zu 100 % telefonieren kann; Bildschirmarbeitsunterbrechungen („Bau“) sowie alle eingetragenen Tätigkeiten in der PEP werden dabei abgezogen bzw. berücksichtigt. Das heißt bei einer 8-Std.-Kraft wird eine Stunde für die „Bau“ abgezogen, übrig bleiben 7 Std. Arbeitszeit.
Unsere Geschäftsführung als auch wir haben die Erwartungshaltung bzw. Zielsetzung, dass von dieser Arbeitszeit min. 60% als Gesprächszeit erreicht werden, im Falle von 7 Std. (420 Min.) wären das 4 Std. und 12 Min. (252 Min.) Gesprächszeit. Nachbearbeitungszeiten finden hierbei ebenfalls keine Berücksichtigung.“
Auch im Rahmen weiterer Teamrunden, an denen auch der Kläger ausweislich der Protokolle teilnahm, wurde diese Telefoniequote thematisiert (vgl. Protokolle der Teamrunden vom 31.08.2022, Anlage B18, Bl. 122f. der Akte sowie vom 29.11.2022, Anlage B19, Bl. 124ff. der Akte).
Der ehemalige Teamleiter des Klägers, Herr …, schilderte in einer E-Mail vom 02.09.2022 der Kläger habe sich dahingehend geäußert, dass er sich bei seiner Arbeitsleistung an den Mindestvorgaben von mindestens 60 % orientieren wolle, weil mehr nicht gefordert sei (vgl. E-Mail vom 02.09.2022, Anlage B5, Bl. 86 der Akte).
Frau … schrieb am 10.10.2022 per E-Mail an den damaligen Teamleiter …, der Kläger habe ihr gegenüber am 05.10.2022 geäußert, die Kollegen sollten nach 60 Prozent getaner Arbeit einfach aufhören zu telefonieren und dass es legale Methoden gäbe, angemeldet zu sein, aber nicht zu telefonieren, was er natürlich nicht tue (vgl. E-Mail vom …, Anlage B6, Bl. 87 der Akte).
Am 11.11.2022 schrieb der damalige Teamleiter … an den Geschäftsführer der Performa Nord, Herrn …, der Kläger habe mehrfach geäußert, dass er lediglich die 60 % der Tagesarbeitszeit (also bei Vollzeit 4 Stunden 12 Minuten) leisten werde. Herr … empfahl vor diesem Hintergrund eine Einzelüberprüfung der Gesprächszeiten.
Der Kläger wurde aufgrund seiner Äußerungen wegen Störung des Betriebsfriedens am 25.11.2022 abgemahnt (vgl. Anlage B7, Bl. 89f. der Akte). Er gab daraufhin mit Schreiben vom 03.11.2022 eine Gegendarstellung ab (vgl. Anlage K5, Bl. 195f. der Akte).
Bei der Beklagten findet die Dienstvereinbarung über die Gestaltung und Nutzung von Telekommunikationsanlagen, Sprachübertragung über das Kommunikationsnetz der bremischen Verwaltung und Mobilfunkgeräten vom 12.01.2007 Anwendung (im Folgenden: Dienstvereinbarung Telekommunikation, vgl. Anlage B21, Bl. 133 bis 148 der Akte). Diese Dienstvereinbarung Telekommunikation lautet auszugsweise wie folgt:
„2. Ziele dieser Dienstvereinbarung
(1) Ziel dieser Vereinbarung ist der Schutz personenbezogener Daten und des gesprochenen Wortes vor unbefugter Kenntnisnahme und unzulässigem Gebrauch; das Recht auf informationelle Selbstbestimmung soll besonders geschützt werden.
(2) Der Einsatz der Telekommunikationsanlagen muss dem Grundsatz der menschengerechten Arbeitsgestaltung […] dienen; Leistungs- und Verhaltenskontrollen sind verboten […].
[…]
7. Anlagen mit automatisierten Anrufverteilsystemen und Telefonvermittlungssysteme
(1) Anlagen mit automatisierten Anrufverteilsystemen (z.B. Contact Center) dürfen nur eingesetzt werden, um Telefonanfragen von Bürgerinnen und Bürgern an einer zentralen Stelle zeitnah und möglichst abschließend telefonisch zu bearbeiten. Telefonvermittlungssysteme dienen der Vermittlung von Anfragenden an die zuständige Sachbearbeitung in den Dienststellen der Freien Hansestadt Bremen. Auch Mischformen zwischen automatisierten Anrufverteilsystemen und Telefonvermittlungssystemen sind. von dieser Dienstvereinbarung umfasst.
(2) Es werden keine Daten übermittelt, ausgewertet oder in sonstiger Weise genutzt, die einen direkten Personenbezug zu den Beschäftigten, die mit Systemen nach Abs. 1 arbeiten, ermöglichen (Name, Personalschlüssel;. etc.).
(3) Indirekte Personenbezüge sind auszuschließen. Anonymisierte Einzelarbeitsplätze sind zu einer Gruppe zusammenzufassen. Datenausgaben sind dann nicht mehr personenbezogen, wenn jedes Ausgabefeld mit mindestens vier Personen belegt ist. Dies ist bei der Festlegung des zeitlichen Rahmens bei Auswertungen zu berücksichtigen.
(4) Soweit Daten über Beschäftigte im Zusammenhang mit der Nutzung von Systemen nach Abs. 1 gespeichert werden, dürfen sie nicht zum Zweck der individualisierten Leistungs- und Verhaltenskontrolle übermittelt, ausgewertet und/oder in sonstiger Weise genutzt werden. Auf Verlangen ist den Beschäftigten Auskunft über die Art dieser Daten zu erteilen (§ 20 Abs. 6 BremDSG).“
Aufgrund des Verdachts, die Äußerungen des Klägers könnten sich negativ auf die Telefoniezeiten des Teams ausgewirkt haben, entschloss sich die Beklagte, die Telefoniezeiten des Klägers auszuwerten. Um die Leistungen des Klägers vergleichen zu können, entschloss sich die Beklagte, die Telefoniezeiten des gesamten Teams auszuwerten. Der Personalrat stimmte der Einzelauswertung der Telefoniezeiten des Klägers sowie der weiteren Mitglieder:innen des Teams ausdrücklich zu (vgl. Anlage B9 und B10, Bl. 91 bis 95 der Akte). Die Beklagte sicherte dem Personalrat zu, dass dem Rest des Teams aus den Auswertungsergebnissen keine negativen Konsequenzen entstehen würden. Auch die Frauenbeauftragte widersprach der Maßnahme nicht und die Schwerbehindertenvertretung hatte ebenfalls keine Bedenken.
Die Auswertungsergebnisse zeigten bei mehreren Personen Unterschreitungen der erwarteten 60 % und teilweise sogar eine Unterschreitung von 50 % der erwarteten Telefoniezeit, so auch beim Kläger.
Die Beklagte entschied sich jedoch zunächst dazu, gemäß der Zusicherung gegenüber dem Personalrat hieraus keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen zu ziehen, sondern mit dem Team … eine Teambuildingmaßnahme durchzuführen, die schließlich als ganztägiger Workshop am 16.02.2023 stattfand.
Die Beklagte hatte weiterhin den Verdacht, dass Beschäftigte aus dem Team … die geforderte Telefoniequote nicht erreichten und entschied sich zu einer erneuten Einzelauswertung von Telefoniezeiten von sechs Teammitgliedern – darunter der Kläger -, die bereits in der ersten Einzelauswertung eine Quote von unter 50 % erreicht hatten. Auch hier stimmte der Personalrat dem Antrag am 08.06.2023 über die Einzelauswertung der Telefoniezeiten für den Zeitraum März bis Mai 2023 erneut ausdrücklich zu, die Frauenbeauftragte widersprach der Maßnahme nicht und die Schwerbehindertenvertretung hatte ebenfalls keine Bedenken (vgl. Anlage B13, Bl. 114f. der Akte).
Die Mitarbeiter:innen telefonieren immer an ihren individuellen Arbeitsplätzen und melden sich so in der Telefonanlage mit einem eigenen sog. Agenten an. Der „Agent“ ist im Prinzip eine Telefonnummer die einem bestimmten Arbeitsplatz zugewiesen ist. Die Einzelauswertung für März bis Mai 2023 wurde für die individuellen Agenten der sechs Teammitglieder bei dem Betreiber der Telefonanlage (BREKOM) angefordert, die die Auswertungsergebnisse daraufhin direkt an Herrn … (Referatsleitung Personal) übersandte. Für die Re-Anonymisierung erfolgte sodann eine Zuordnung der Agenten zu den Klarnamen der Mitarbeiter:innen. Ferner wurden die Telefoniezeiten der betreffenden Personen entsprechend der individuellen Personaleinsatzplanung (PEP) bereinigt (vgl. Auszug PEP des Klägers Anlage B14, Bl. 116 der Akte). Für den Kläger wurden u.a. Zeiten für Mitarbeitergespräche, Technikprobleme, Ticketweiterleitung, Teamrunden/Standup-Meetings, Überstundenabbau, Coaching, IT-Sicherheitstraining und Mittagspausen abgezogen. Die übrig gebliebene Zeit ist die, die laut PEP ausschließlich für die Telefonie verwendet werden soll.
Bei der Auswertung der Telefoniedaten des Klägers zog die Beklagte keine Pauschale für etwaige Bildschirmarbeitsplatzunterbrechungen (BAU) ab und verwies darauf, dass sich ein Anspruch auf eine BAU nicht pauschal, sondern erst nach einstündiger ununterbrochener Bildschirmarbeit ergibt.
Sämtliche Werte nach Re-Anonymisierung, Bereinigung der Telefoniezeiten unter Berücksichtigung der PEP und Ermittlung der Tagesquote und des Durchschnittswertes lagen der Beklagten am 13.07.2023 vor. Um für Einzeltage mit besonders niedrigen Telefoniequoten des Klägers bewerten zu können, ob eine ausreichende Zahl an Anrufen vorlag, wurden die Erreichbarkeitsdaten des Bürgertelefons für diese Tage angefragt und der Beklagten bis zum 20.07.2023 zugeliefert. Die Erreichbarkeit des Bürgertelefons in der jeweiligen Schicht und pro Stunde, gibt das Verhältnis der Anzahl an Anrufen, die angenommen wurden, zu denen wieder, die nicht beantwortet wurden.
Der Kläger erreichte in dem Zeitraum von März bis Mai … eine durchschnittliche Telefoniequote von 33 %.
Beispielhaft hob die Beklagte folgende Telefoniezeiten des Klägers an einzelnen Tagen hervor:
……………
Hinsichtlich des gesamten ausgewerteten Zeitraums wird auf die tabellarische Darstellung auf Bl. 71 bis 73 der Akte verwiesen.
Die Beklagte geht davon aus, dass etwaige Low-Performer die erwartete Quote von 60 % Telefoniezeit u.U. nicht erreichen, sondern eine negative Abweichung von etwa 20 % aufweisen und somit nur auf 48 % Telefoniezeit kommen.
Der Kläger schnitt hinsichtlich der Qualität seiner Telefonate in entsprechenden Coachings regelmäßig gut ab. Er wurde darüber hinaus für Tätigkeiten der Ticketweiterleitung VHS eingesetzt, was ausschließlich Beschäftigten übertragen wird, die über besonders gute fachliche Kenntnisse verfügen, um eine hohe Qualität der Tickets zu gewährleisten.
Der Kläger konnte über das System RTI zudem tagesaktuell seine eigene Telefoniezeit und damit Telefonieleistung prüfen. Dieser Wert ist gut erkennbar als oberster Wert aufgeführt und auch die Zahl der aktuell in der Warteschleife befindlichen Anrufer:innen ist ersichtlich.
Mit Schreiben vom 25.07.2023 hörte die Beklagte den bei ihr gebildeten Personalrat sowie die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte zu der beabsichtigten außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung an (vgl. hinsichtlich der Einzelheiten Anlage B5, Bl. 151 ff. der Akte). Der Personalrat erklärte sein Einverständnis zu der beabsichtigten Kündigung unter dem 27.07.2023 und auch die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte erklärte unter dem 27.07.2023 nicht zu widersprechen (vgl. Anlage B20, Bl. 127 bis 132 der Akte).
Mit Schreiben vom 28.07.2023, dem Kläger am 31.07.2023 ausgehändigt, sprach die Beklagte gegenüber dem Kläger eine außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung aus (vgl. Bl. 13 bis 15 der Akte).
Mit Klageschriftsatz vom 10.08.2023, am 11.08.2023 beim Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven eingegangen, hat der Kläger Kündigungsschutzklage erhoben.
Der Kläger ist der Ansicht, es liege allenfalls ein unbegründeter Anfangsverdacht eines Arbeitszeitbetruges oder Minderleistung vor. Eine Verdachtskündigung scheide jedoch aus, da die Beklagte ihn nicht vor Ausspruch der Kündigung angehört habe.
Die Gespräche beim BTB seien zunehmend länger und herausfordernder geworden und auch die Zeiten für die erforderliche Nachbearbeitung und das Lesen neuer Dienstleistungsbeschreibungen seien nicht ausreichend berücksichtigt worden.
Zudem gebe es montags mehr Anrufe als mittwochs und vor 09:00 Uhr mehr Anrufe als danach. Er verpasse daher aufgrund der Lage seiner Arbeitszeit zwischen 09:30 Uhr und 18.00 Uhr viele Anrufe. Zwar sehe das System zwischen den Anrufen nur eine technische Unterbrechung von drei Sekunden vor, doch sei in der Praxis tatsächlich eine längere Pause erforderlich. So müsse er sich etwa nach heftigen Beschimpfungen zunächst gedanklich sortieren, bevor er den nächsten Anruf entgegennehmen könne.
Seine Aussagen zu der von der Beklagten ermittelten Soll-Telefoniezeit seien überspitzt formuliert und provokativ gewesen und er habe dadurch eine kritische Auseinandersetzung hiermit erreichen wollen. In seiner Gegendarstellung zur Abmahnung habe er jedoch klargestellt, dass er Kolleg:innen nicht habe beeinflussen wollen.
Es bestehe seinerseits vielmehr der Verdacht, dass die Beklagte bewusst gegen ihn als gewerkschaftspolitisch engagierten Beschäftigten vorgehen wolle. Die Beklagte und auch die Mitbestimmungsgremien hätten gegenüber Ver-di-Mitgliedern eine negative Haltung. Mit anderen Beschäftigten habe die Beklagte aufgrund niedriger Telefoniezeiten zunächst das Gespräch gesucht und mildere Maßnahmen als den Ausspruch einer Kündigung ergriffen. Dies träfe allerdings auch bei einem Kollegen zu, der ebenfalls Ver.-di-Mitglied sei.
Er bestreite zudem, dass andere Beschäftigte aus dem Team … höhere Telefoniezeiten ausgewiesen hätten. Auch sei unklar, warum von den sechs überprüften Team-Mitgliedern nur ihm und einem Kollegen gekündigt worden sei und welche vermeintlich entlastenden Umstände bei den anderen vorgelegen hätten.
Ihm hätte eine BAU zugestanden, da Bildschirmarbeit auch außerhalb von Telefoniezeiten vorliegen könne. Die Beklagte habe daher bei der Berechnung seiner Telefoniequote die pauschale BAU nicht herausrechnen dürfen, so dass die gesamte Auswertung falsch sei.
Es sei normal, dass eine Vielzahl an Anrufen nicht habe entgegengenommen werden können, da es bestimmte „Stoßzeiten“ und andererseits „Flauten“ gebe. Auch technische Probleme beim BTB könne er nicht ausschließen.
Wenn die Beklagte lediglich anhand der Telefonieauswertung für einen Zeitraum von drei Monaten von einem Kündigungsgrund ausgehe, dann werfe sie ihm vielmehr eine „Minderleistung“ im Sinne des Low-Performers vor, da er die Tatbestandsmerkmale eines Arbeitszeitbetruges nicht erfülle. Die für einen Arbeitszeitbetrug erforderliche kriminelle Energie liege bei ihm nicht vor. Er habe seine Arbeitsleistung so gut wie ihm möglich erbracht und es lägen weder eine Täuschung noch ein Schaden auf Seiten der Beklagten vor. Doch auch eine zum Ausspruch einer Kündigung berechtigende erhebliche Minderleistung im Sinne des Low-Performers bestehe nicht, zumal seine Telefoniezeit bedingt durch die Anzahl und zeitliche Lage der eingehenden Anrufe Schwankungen unterliege.
Schließlich habe die Beklagte die Auswertung der Telefoniedaten gemäß Anlage 2 der Dienstvereinbarung nur zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Bürgerfreundlichkeit vornehmen dürfen. Stattdessen habe sie die Auswertung vorgenommen, um seine Leistungen zu kontrollieren, was gemäß Ziffer 2 Abs. 2 der Dienstvereinbarung verboten ist.
Bezogen auf die von der Beklagten hervorgehobenen Tage weise er darauf hin, dass der 03.04.2023 ein Tag in den Osterferien gewesen sei, während der – mit Ausnahme der Morgenstunden – grundsätzlich ein geringeres Anrufervolumen zu verzeichnen sei. Am 25.05.2023 hätten aufgrund des anstehenden Pfingstwochenendes viele Menschen die Woche im Vorfeld für einen kurzen Urlaub nutzen wollen, weswegen es lediglich in den Morgenstunden viele Anrufe habe geben müssen.
Bei einer unterstellten durchschnittlichen Einzeltelefonatsdauer von 2,5 Minuten, hätte er ohnehin maximal 100 Anrufe pro Schicht annehmen können, so dass sein Verhalten nicht ursächlich für die behaupteten 1.777 bis 8.884 verlorenen Anrufe pro Schicht sein könne. Hier liege vielmehr ein Organisationsverschulden auf Seiten der Beklagten vor. Die Auswertung belege lediglich, dass die ca. 120 Beschäftigten des BTB viele Anrufer verlieren würden.
Die aus der Einzelauswertung gewonnenen Daten hätte die Beklagte nicht verwenden dürfen. Zwar gebe es kein grundsätzliches Verwertungsverbot, doch habe er keinen Arbeitszeitbetrug begangen, weswegen die Ergebnisse der unzulässigen Telefoniedatenauswertung weder einen schweren Pflichtverstoß noch eine begangene Straftat belegen könnten.
Die Beklagte habe die Mitbestimmungsgremien nicht ordnungsgemäß angehört, da sie in der Anhörung nur die ihm erteilte Abmahnung, nicht aber seine Gegendarstellung hierzu erwähnt habe. Auch seien keine Informationen zu seinen Personalien mitgeteilt und die gegen ihn erhobenen Vorwürfe nachvollziehbar begründet worden. Die Zustimmung des Personalrats zu seiner Kündigung führe er zudem auf zwischenmenschliche Probleme während seiner Personalratstätigkeit in der Zeit von 2016 bis 2019 zurück.
Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei nicht eingehalten worden. Es erschließe sich nicht, warum die Beklagte nach der ersten Einzelauswertung Ende 2022 fünf Monate gewartet habe, bis sie erneut eine Einzelauswertung für den Zeitraum März bis Mai 2023 vorgenommen habe. Es handele sich um eine über Monate andauernde, unverhältnismäßige und vor allem nicht erforderliche Mitarbeiterüberwachung, die sich nicht mit der zwingend zu beachtenden Frist aus § 626 Abs. 2 BGB nicht vereinbaren lasse. Er bestreite, dass die Beklagte erst am 20.07.2023 die Telefoniedaten des Klägers in Gänze erhalten habe.
Jedenfalls sei die Kündigung in Anbetracht seiner Betriebszugehörigkeit unverhältnismäßig.
Der Kläger beantragt,
1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche Kündigung noch die hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten vom 28.07.2023 beendet wird.
2. Im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. wird die Beklagte verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Verwaltungsbeschäftigten weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte meint, die Kündigung sei als Tatkündigung wirksam. Der Kläger sei leistungsfähig und auch mit etwaigen Leistungsschwankungen ließen sich die schlechten Telefoniezeiten nicht erklären. Stoßzeiten und Flauten sowie Zeiten für Nachbereitung etc. seien zugunsten der Beschäftigten großzügig berechnet und damit ausreichend berücksichtigt worden. Es liege daher Arbeitszeitbetrug seitens des Klägers vor.
Die Einlassungen des Klägers seien irrelevant, da nicht die Anzahl der geführten Gespräche gezählt worden sei, sondern nur die Zeit, die insgesamt telefoniert wurde. Der Hinweis auf die hohe Anzahl an „verlorenen“ Anrufe belege lediglich, dass es ausreichend Telefonate zum Annehmen gegeben hätte, um durchgehend zu telefonieren. Dem Kläger werde nicht vorgeworfen, für die hohe Zahl an verlorenen Anrufen verantwortlich zu sein.
Auch habe sie keine Kenntnis darüber gehabt, dass der Kläger Mitglied einer Gewerkschaft sei. Dies habe im Übrigen auch keinerlei Einfluss auf die Beurteilung des Klägers und der sonstigen Beschäftigten.
Die Beteiligung der Mitbestimmungsgremien sei ordnungsgemäß erfolgt. Auf die Abmahnung komme es zur Begründung der Kündigung nicht an, weswegen auch die Gegendarstellung des Klägers hierzu nicht relevant gewesen sei. Da die Sozialdaten bezüglich Alter, Familienstand, Unterhaltspflichten und Nichtvorliegen einer Schwerbehinderung dem Personalrat bekannt gewesen seien, hätten diese nicht gesondert mitgeteilt werden müssen.
Auch liege mit Blick auf die Dienstvereinbarung und die gewonnenen Daten aus der Einzelauswertung kein Verwertungsverbot vor.
Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei eingehalten, zumal erst die Kenntnis der Daten aus der zweiten Auswertung von März bis Mai 2023 für die Kündigung maßgeblich sei.
Die Kündigung sei auch verhältnismäßig, insbesondere habe sie den Kläger hierzu nicht vorher abmahnen müssen. Die Sachverhalte bei den anderen Beschäftigten, denen nach Auswertung der Telefoniezeiten nicht gekündigt worden sei, seien anders gelagert gewesen.
Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig aber unbegründet.
I.
Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien ist durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 28.07.2023 beendet worden.
1. Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dabei ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“ und damit typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile – jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist – zumutbar ist oder nicht (vgl. BAG 17. März 2016 – 2 AZR 110/15; 16. Juli 2015 – 2 AZR 85/15, juris).
Der Kläger ist vorliegend in erheblichem Umfang seiner Hauptleistungspflicht – die Annahme von Telefonaten und telefonische Beratung von Bürger:innen – nicht nachgekommen. Es ist jedoch unklar, was der Kläger während der verbliebenen Arbeitszeit gemacht hat, ob er privaten Tätigkeiten nachgegangen ist oder schlicht nichts gemacht hat. Gleichwohl können die Grundsätze der Rechtsprechung zur Verrichtung von Privattätigkeiten während der Arbeitszeit herangezogen werden, da Kern des Vorwurfs ist, während der Arbeitszeit nicht oder nicht ausreichend gearbeitet zu haben.
Hiernach können sowohl die Nichteinhaltung von vorgegebenen Arbeitszeiten als auch die Verrichtung von Privattätigkeiten während der Arbeitszeit und ausufernde Privattelefonate während der Arbeitszeit an sich einen wichtigen Grund im Sinn des § 626 Abs. 1 BGB darstellen (vgl. BAG, Urteil vom 31. Mai 2007 – 2 AZR 200/06, Rn. 19; BAG, Urteil vom 7. Juli 2005 – 2 AZR 581/04, Rn. 27 mwN, juris). Hierdurch verletzt der Arbeitnehmer seine arbeitsvertragliche (Hauptleistungs-)Pflicht zur Arbeit, nämlich die Pflicht zur Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung. Tätigkeiten wie etwa private Telefonate und die private Internetnutzung während der Arbeitszeit dürfen die Erbringung der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistung nicht erheblich beeinträchtigen. Die Pflichtverletzung wiegt dabei umso schwerer, je mehr der Arbeitnehmer bei den privaten Tätigkeiten seine Arbeitspflicht in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht vernachlässigt (BAG, Urteil vom 31. Mai 2007 – 2 AZR 200/06, Rn. 19; BAG, Urteil vom 27. April 2006 – 2 AZR 386/05, Rn. 25; juris). Nutzt der Arbeitnehmer während seiner Arbeitszeit beispielsweise den Dienst-PC in erheblichem zeitlichen Umfang für private Angelegenheiten, kann er grundsätzlich nicht darauf vertrauen, der Arbeitgeber werde dies tolerieren. Er muss vielmehr damit rechnen, dass der Arbeitgeber nicht damit einverstanden ist, wenn sein Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung in dieser Zeit nicht erbringt und gleichwohl eine entsprechende Vergütung dafür beansprucht (vgl. BAG, Urteil vom 7. Juli 2005 – 2 AZR 581/04, Rn. 27, LAG Hamm, Urteil vom 17. Juni 2016 – 16 Sa 1711/15, Rn. 84; LAG Köln, Urteil vom 7. Februar 2020 – 4 Sa 329/19, Rn. 91, juris).
2. Nach Anwendung dieser Grundsätze erweist sich die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 28.07.2023 als begründet.
Hieran gemessen stellt der dem Kläger durch die Beklagte vorgeworfene Arbeitszeitbetrug einen an sich geeigneten Kündigungsgrund dar. Die Täuschung des Arbeitgebers darüber, dass ein Arbeitnehmer gearbeitet habe, während tatsächlich in äußerst geringem Umfang Arbeitsleistung erbracht wurde, stellt regelmäßig einen Grund dar, der geeignet ist, das Arbeitsverhältnis durch Arbeitgeberkündigung ohne Einhaltung der Kündigungsfrist zu beenden (vgl. LAG Köln, Urteil vom 29. September 2014 – 2 Sa 181/14, Rn. 27, juris). Der Kläger hat den ihm vorgeworfenen Arbeitszeitbetrug zulasten der Beklagten zur Überzeugung der erkennenden Kammer begangen.
Der Kläger hat im Ergebnis mindestens an vier konkret von der Beklagten hervorgehobenen Tagen nur zwischen 1:13:41 bis 02:38:51 Stunden tatsächlich telefoniert. Ihm standen an diesen Tagen jedoch theoretisch 07:45 bzw 08:00 Stunden für Telefonie zur Verfügung. Die Beklagte hat auch ausführlich dargelegt, dass sie keineswegs erwartet, dass ein Beschäftigter im BTB ständig telefoniert, sondern stattdessen umfangreich Zeiten für Nachbearbeitung, Bildschirmpausen etc. herausgerechnet, so dass ohnehin nur erwartet wurde, etwa 60 % der Arbeitszeit tatsächlich zu telefonieren. Es kann auch dahingestellt bleiben, ob die Beklagte zurecht die 10-minütige BAU für den Kläger an diesen Tagen nicht zu seinen Gunsten berücksichtigt hat. Der Kläger konnte insoweit zum einen nicht plausibel darlegen, dass er jeweils mindestens eine Stunde ununterbrochen telefoniert hat, um überhaupt einen Anspruch auf die BAU gehabt zu haben. Angenommen dies wäre jedoch so und der Kläger hätte am 06.03.2023 tatsächlich eine Stunde und am 03.04., 08.05. und am 25.05. tatsächlich mehr als zwei Stunden ununterbrochen telefoniert, hätten ihm eine bzw. zwei BAU zugestanden. Doch würde sich dann ebenso die Frage aufdrängen, was der Kläger in der restlichen Zeit gemacht hat. Sollte für ein Telefonat etwa eine fünf- bis sechsstündige Nachbearbeitung erforderlich gewesen sein, hätte sich der Kläger an so einen äußerst außergewöhnlichen Vorgang gewiss erinnert und dies darlegen können.
Die von der Beklagten vorgelegten Zahlen zur Anzahl der verlorenen Anrufe an dem jeweiligen Tag bzw. in der Schicht belegen, dass es ausreichend Anrufe gegeben hätte, die der Kläger hätte annehmen können. Die Beklagte wirft dem Kläger nicht vor, eine zu geringe Anzahl an Telefonaten entgegengenommen zu haben, sondern insgesamt zu wenig Arbeitszeit für seine Hauptaufgabe des Telefonierens aufgewandt zu haben. Der Vortrag des Klägers zu einem erhöhten Anruferaufkommen in den Morgenstunden ist zum einen nicht belegt und geht zum anderen auch ins Leere, da davon auszugehen ist, dass bei mehreren tausend verlorengegangenen Anrufen diese sich nicht nur in den Morgenstunden ergeben haben. Auch der Vortrag des Klägers zu vermeintlich weniger Anrufern aufgrund von Ferien oder bevorstehenden Feiertagen verfängt aus den oben genannten Gründen nicht, da die Beklagte die Zahl der verloren gegangenen Anrufe konkret darlegt. Wenn man dem Vortrag des Klägers folgen sollte, er hätte beispielsweise am 06.03.2023 durchgehend 01:13 Stunden telefoniert, bleibt offen, was er danach gemacht hat und warum er insbesondere nicht zu einem Vorgesetzten gegangen ist und seine Verwunderung zum Ausdruck gebracht hat, dass er seit mehreren Stunden keinen Anruf mehr erhalten habe.
Nach Auffassung der Kammer reichen bereits diese vier konkret hervorgehobenen Tage aus, um nachzuweisen, dass der Kläger absichtlich nur in äußerst geringem Umfang seiner Arbeitspflicht nachgegangen ist und damit den Tatbestand des Arbeitszeitbetrugs verwirklicht hat. Aber auch mit Blick auf den gesamten Zeitraum der drei Monate von März bis Mai 2023 ergibt sich nur eine durchschnittliche Telefoniequote des Klägers von 33 %. Es handelt sich folglich nicht nur um vier Tage, an denen der Kläger aus welchen Gründen auch immer äußerst wenig gearbeitet hat, sondern er bleibt durchgängig deutlich hinter den erwarteten 60 % zurück.
Unstreitig zählt der Kläger zu den Beschäftigten, die zumindest qualitativ gute Arbeit erbringen, was der Kläger auch durch Vorlage seiner Beurteilung betont. Zudem ist er mit der Sonderaufgabe für die VHS-Ticketweiterleitung betraut, was die Beklagte auch nur entsprechend hierfür geeigneten Beschäftigten überträgt. Dass der Kläger in quantitativer Hinsicht dann so weit hinter den Erwartungen zurückbleibt, lässt sich nur darauf zurückführen, dass der Kläger nicht mehr Arbeitsleistung erbringen wollte. Zu diesem Kontext passen auch seine mehrfach getätigten Aussagen, nicht mehr als die geforderten 60 % erbringen zu wollen.
Die Argumentation des Klägers, er sei nicht in der Lage gewesen, mehr Telefoniezeit zu leisten, kann ebenfalls nicht verfangen.
Es ist zunächst Sache des Arbeitgebers, zu den Leistungsmängeln das vorzutragen, was er wissen kann. Kennt er, wie hier, lediglich die objektiv messbaren Arbeitsergebnisse, so genügt er seiner Darlegungslast, wenn er Tatsachen vorträgt, aus denen ersichtlich ist, dass die Leistungen des betreffenden Arbeitnehmers deutlich hinter denen vergleichbarer Arbeitnehmer zurückbleiben, also die Durchschnittsleistung erheblich unterschreiten. Davon kann dann gesprochen werden, wenn, gemessen an der durchschnittlichen Leistung der vergleichbaren Arbeitnehmer, das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung stark beeinträchtigt ist. Das ist bei der hier gegebenen, langfristigen Unterschreitung der Durchschnittsleistung um deutlich mehr als ein Drittel ersichtlich der Fall. Ein Drittel unter der Durchschnittsleistung von 60 % erwarteter Telefoniezeit liegt hier bei 40,2 %. Hat der Arbeitgeber vorgetragen, dass die Leistungen des Arbeitnehmers über einen längeren Zeitraum den Durchschnitt im vorgenannten Sinne unterschritten haben, ist es Sache des Arbeitnehmers, im Rahmen einer abgestuften Beweis- und Darlegungslast hierauf zu entgegnen, gegebenenfalls das Zahlenwerk und seine Aussagefähigkeit im Einzelnen zu bestreiten und darzulegen, warum er mit seiner deutlich unterdurchschnittlichen Leistung dennoch seine persönliche Leistungsfähigkeit ausschöpft. Hier können altersbedingte Leistungsdefizite, Beeinträchtigungen durch Krankheit, aber auch betriebliche Umstände eine Rolle spielen. Legt der Arbeitnehmer derartige Umstände plausibel dar, so ist es alsdann Sache des Arbeitgebers, sie zu widerlegen. Trägt der Arbeitnehmer hingegen derartige Umstände nicht vor, gilt das schlüssige Vorbringen des Arbeitgebers als zugestanden (§ 138 Abs. 3 ZPO). Es ist dann davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer seine Leistungsfähigkeit nicht ausschöpft (BAG, Urteil vom 11. Dezember 2003 – 2 AZR 667/02, Rn. 92, juris).
Der Kläger ist seiner Darlegungslast nicht nachgekommen. Er hat auf den substantiierten Vortrag der Beklagten nicht plausibel darlegen können, aus welchen Gründen er beispielsweise physisch oder psychisch nicht in der Lage war, mehr Leistung zu erbringen. Das Vorbringen der Beklagten gilt daher als zugestanden.
3. Die Beklagte durfte die aus der Einzelauswertung gewonnenen Daten auch verwerten.
Ein Sachvortrags- oder Beweisverwertungsverbot kommt – gerade auch im Geltungsbereich der DSGVO – nur in Betracht, wenn die Nichtberücksichtigung von Vorbringen oder eines Beweismittels wegen einer durch Unionsrecht oder Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG geschützten Rechtsposition des Arbeitnehmers zwingend geboten ist. Dies ist bei einer von ihm vorsätzlich begangenen Pflichtverletzung, die von einer offenen Überwachungsmaßnahme erfasst wurde, regelmäßig nicht der Fall (BAG, Urteil vom 29. Juni 2023 – 2 AZR 296/22, Rn. 27, juris). Die gerichtliche Verarbeitung von rechtswidrig durch den Arbeitgeber erhobenen personenbezogenen Daten des klagenden Arbeitnehmers könnte sich jedenfalls nur dann als unangemessen (unverhältnismäßig im engeren Sinn) darstellen, wenn sich die Überwachungsmaßnahme nach Unionsrecht als schwerwiegende Verletzung von Art. 7 und Art. 8 GRC erwiese und andere mögliche Sanktionen für den Arbeitgeber gänzlich unzureichend wären (vgl. BAG, Urteil vom 29. Juni 2023 – 2 AZR 296/2, Rn. 28, juris).
Ein Verwertungsverbot kommt nur in Betracht, wenn dies wegen einer durch das Grundgesetz geschützten Rechtsposition einer Prozesspartei zwingend geboten ist. Das setzt in aller Regel voraus, dass die betroffenen Schutzzwecke des bei der Gewinnung verletzten Grundrechts der Verwertung der Erkenntnis oder des Beweismittels im Rechtsstreit entgegenstehen und deshalb die Verwertung selbst einen Grundrechtsverstoß darstellen würde. Dies ist der Fall, wenn das nach Art. 1 Abs. 3 GG unmittelbar an die Grundrechte gebundene Gericht ohne Rechtfertigung in eine verfassungsrechtlich geschützte Position einer Prozesspartei eingriffe, indem es eine Persönlichkeitsrechtsverletzung durch einen Privaten perpetuierte oder vertiefte (vgl. BAG, Urteil vom 29. Juni 2023 – 2 AZR 296/22, Rn. 30, juris).
Greift die prozessuale Verwertung eines Beweismittels in das allgemeine Persönlichkeitsrecht einer Prozesspartei ein, überwiegt das Interesse an seiner Verwertung und der Funktionstüchtigkeit der Rechtspflege das Interesse am Schutz dieses Grundrechts nur dann, wenn weitere, über das schlichte Beweisinteresse hinausgehende Aspekte hinzutreten. Das Interesse, sich ein Beweismittel zu sichern, reicht für sich allein nicht aus (BVerfG 13. Februar 2007 – 1 BvR 421/05 – Rn. 94, BVerfGE 117, 202). Vielmehr muss sich gerade diese Art der Informationsbeschaffung und Beweiserhebung als gerechtfertigt erweisen (BVerfG 9. Oktober 2002 – 1 BvR 1611/96; BAG, Urteil vom 20. Oktober 2016 – 2 AZR 395/15, Rn. 19 mwN.).
Das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung, das ebenfalls von Art. 2 Abs. 1 GG geschützt wird, ist vorliegend nicht erheblich verletzt. Im Gegensatz zu anderen Formen verdeckter Überwachung und der anschließenden Verwertung solcher Daten, wurden vom Kläger keine Videos gefertigt oder der Inhalt seiner Telefonate abgehört. Es wurde ausschließlich die Dauer seiner Telefoniezeit gespeichert und ausgewertet. Hierdurch wurde nicht in seine Privats- oder gar Intimsphäre eingegriffen. Demgegenüber stand das berechtigte Interesse der Beklagten zu überprüfen, ob der Kläger tatsächlich seiner Arbeitspflicht ausreichend nachkommt, um Anspruch auf entsprechendes Entgelt zu haben (Art. 14 GG). Die Auswertung der Daten war keineswegs unverhältnismäßig, zumal der Beklagten auch kein milderes und ebenso effektives Mittel zur Überprüfung der quantitativen Arbeitsleistung zur Verfügung stand. Unabhängig davon wie gut der Arbeitsplatz des Klägers nun einsehbar war oder nicht, kann es der Beklagten nicht zugemutet werden, den Kläger über mehrere Wochen durchgängig zu beobachten, um feststellen zu können, ob und in welchem Umfang er seiner Arbeitspflicht nachkommt. Eine permanente Beobachtung durch einen anderen Beschäftigten wäre nicht nur aufwändiger und durch Einsatz der Personalkraft unverhältnismäßig kostenintensiver gewesen, sondern würde auch einen viel stärkeren Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers bedeuten.
Folglich würde auch ein etwaiger Verstoß gegen Mitbestimmungsrechte oder mitbestimmte Regelungen nicht zu einem Verwertungsverbot der gewonnenen Daten führen. Vorliegend geschah die Auswertung der Telefoniedaten aber nicht unter Verletzung von Mitbestimmungsrechten und stellte auch keinen Verstoß gegen die Dienstvereinbarung Telekommunikation dar.
Zwar sieht die Dienstvereinbarung unter Ziff. 2. Abs. 2 ein Verbot von Leistungs- und Verhaltenskontrollen vor, doch hat der Personalrat in die Erhebung der Einzelauswertungen und Verwertung dieser Daten vorab ausdrücklich und schriftlich eingewilligt. Damit hat er nicht nur diese konkrete Einzelmaßnahme in Kenntnis der Regelungen der Dienstvereinbarung gebilligt, sondern insoweit auch auf deren Durchsetzung – soweit kollektive Rechte betroffen sein könnten – verzichtet.
4. Der Personalrat wurde ordnungsgemäß angehört.
a. Die Dienststellenleitung hat den Personalrat von der beabsichtigten Maßnahme zu unterrichten und gemäß § 58 Abs. 1 BremPersVG seine Zustimmung zu beantragen.
Die Dienststellenleitung hat dem Personalrat die Person des Arbeitnehmers, die Art der Kündigung, den Kündigungstermin sowie die Gründe für die beabsichtigte Kündigung mitzuteilen. Für den Umfang der Unterrichtungspflicht gelten dieselben Grundsätze, die das Bundesarbeitsgericht für Kündigungen in der Privatwirtschaft im Rahmen von § 102 BetrVG entwickelt hat (BAG 26.01.2017 – 2 AZR 61/16; BAG 27.10.2005 – 6 AZR 27/05, juris). Für die Mitteilung der Kündigungsgründe gilt der Grundsatz der „subjektiven Determinierung“. Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat die Umstände mitteilen, die seinen Kündigungsentschluss tatsächlich bestimmt haben Dem kommt er dann nicht nach, wenn er dem Betriebsrat einen schon aus seiner eigenen Sicht unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt darstellt (BAG 21. November 2013 – 2 AZR 797/11 Rn. 24f., juris). Zu einer vollständigen und wahrheitsgemäßen Information gehört darüber hinaus die Unterrichtung über Tatsachen, die dem Arbeitgeber bekannt und für eine Stellungnahme des Betriebsrats möglicherweise bedeutsam sind, weil sie den Arbeitnehmer entlasten und deshalb gegen eine Kündigung sprechen können (BAG 3. November 2011 – 2 AZR 748/10 – Rn. 38).
Die subjektive Determination des Inhalts der Anhörung führt nicht dazu, dass bei der verhaltensbedingten Kündigung auf die Mitteilung persönlicher Umstände des Arbeitnehmers ganz verzichtet werden könnte, wenn sie für den Kündigungsentschluss des Arbeitgebers ohne Bedeutung waren. Bei den „Sozialdaten“ handelt es sich zwar um Umstände, die nicht das beanstandete Verhalten des Arbeitnehmers selbst betreffen. Nach Sinn und Zweck der Anhörung darf der Arbeitgeber dem Betriebsrat aber keine persönlichen Umstände des Arbeitnehmers vorenthalten, die sich bei objektiver Betrachtung entscheidend zu seinen Gunsten auswirken und deshalb schon für die Stellungnahme des Betriebsrats bedeutsam sein können. Der Wirksamkeit einer auf Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers gestützten Kündigung steht das Unterlassen der Angabe von dessen genauen „Sozialdaten“ bei der Betriebsratsanhörung deshalb nur dann nicht entgegen, wenn es dem Arbeitgeber auf die genauen Daten ersichtlich nicht ankommt und der Betriebsrat jedenfalls die ungefähren Daten ohnehin kennt; er kann dann die Kündigungsabsicht des Arbeitgebers auch so ausreichend beurteilen (BAG, Urteil vom 23. Oktober 2014 – 2 AZR 736/13, Rn. 14 mwN, juris).
b. Unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze hat die Beklagte den Personalrat ordnungsgemäß beteiligt.
Der Beklagten kam es erkennbar nicht auf die sozialen Daten des Klägers an. Im Übrigen lagen auch keine Sozialdaten auf Seiten des Klägers vor, die sich zu seinen Gunsten besonders hätten auswirken müssen. Der Kläger ist weder besonders alt, noch schwerbehindert, noch bestehen Unterhaltsverpflichtungen. Es konnte vielmehr auch davon ausgegangen werden, dass die groben Sozialdaten dem Personalrat ohnehin bekannt waren.
Die Tatsache, dass der Kläger zu der Abmahnung aus November 2022 eine Gegendarstellung abgegeben hat, die wiederum dem Personalrat im Rahmen der Anhörung nicht vorgelegt worden ist, führt zu keiner anderen Bewertung. Die Beklagte hat ihren Kündigungsvorwurf ersichtlich nicht auf die abgemahnten Umstände – Störung des Betriebsfriedens – gestützt. Sie hat lediglich durch Vorlage der Abmahnung hervorgehoben, dass der Kläger Kenntnis von der erwarteten Mindest-Telefoniezeit hatte und belegt, dass das Arbeitsverhältnis zumindest nicht völlig beanstandungsfrei war.
5. Im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung überwiegt das Interesse der Beklagten an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Interesse des Klägers an dessen Fortsetzung mindestens bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist.
Die Beschäftigungszeit war nicht beanstandungsfrei und das Verhalten des Klägers gab bereits zuvor Anlass zum Ausspruch einer Abmahnung wegen Störung des Betriebsfriedens.
Es bedurfte vorliegend auch nicht des Ausspruchs einer Abmahnung. Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, ist zwar grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann. Einer entsprechenden Abmahnung bedarf es nach Maßgabe Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich – auch für den Arbeitnehmer erkennbar – ausgeschlossen ist (BAG, Urteil vom 19. April 2012 – 2 AZR 186/11, Rn. 22, juris).
Zugunsten des Klägers war insoweit lediglich zu berücksichtigen, dass er bereits seit mehr als zehn Jahren bei der Beklagten beschäftigt ist. Demgegenüber war zugunsten der Beklagten zu berücksichtigen, dass ihr kein milderes Reaktionsmittel zur Verfügung stand. Insbesondere scheitert die Wirksamkeit der streitgegenständlichen Kündigung nicht daran, dass es an einer einschlägigen vorherigen Abmahnung mangelt. Eine solche ist bei dem vorliegenden Sachverhalt aufgrund der besonderen Schwere des dem Kläger vorgeworfenen Verstoßes entbehrlich. Der Kläger konnte von vornherein nicht mit einer Billigung seines Verhaltens rechnen und musste sich bewusst sein, dass er seinen Arbeitsplatz aufs Spiel setzt. Der vorliegende festgestellte Arbeitszeitbetrug sowohl an einzelnen Tagen als auch über mindestens einen Zeitraum von drei Monaten stellt einen solchen besonders schweren Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Verpflichtungen des Klägers dar. Insofern konnte der Kläger auch nicht ernsthaft davon ausgehen, dass die Beklagte diese erhebliche Vernachlässigung seiner Hauptleistungspflicht billigen und ihm noch eine zweite Chance geben würde. Vielmehr musste er sich bewusst sein, dass er, wenn er einen Großteil seiner Arbeitszeit nicht seiner Hauptleistungspflicht nachgeht, seinen Arbeitsplatz riskiert.
Der Umstand, dass der Kläger Gewerkschaftsmitglied ist, führt zu keiner anderen Bewertung. Zum einen stellt eine solche Mitgliedschaft kein Kriterium dar, das sich zugunsten oder zulasten des Klägers auswirken könnte. Zum anderen ist nicht im Ansatz ersichtlich, was dies mit dem Kündigungsvorwurf zu tun haben soll. Die Pflicht zur ausreichenden Erbringung der Hauptleistungspflicht gilt für alle Beschäftigten unabhängig von einer etwaigen Gewerkschaftszugehörigkeit. Der Kläger führt zudem selbst an, dass einem anderen, ebenfalls gewerkschaftsangehörigen Kollegen keine Kündigung ausgesprochen worden sei, sondern andere Maßnahmen ergriffen wurden. Dies spricht ersichtlich dafür, dass die Beklagte bei ihrem Kündigungsentschluss vielmehr auf die unterschiedlichen Sachverhalte und nicht auf eine Gewerkschaftszugehörigkeit abgestellt hat.
6. Auch die Frist des § 626 Abs. 2 BGB ist eingehalten worden.
Vor dem Hintergrund, dass die Zweiwochenfrist hier frühestens nach Kenntnis der vollständigen den Kläger betreffenden Daten am 20.07.2023 zu laufen begann und die streitgegenständlich Kündigung am 28.07.2023 ausgesprochen und dem Kläger am 31.07.2023 zugegangen ist, hat die Beklagte die Zwei-Wochen-Frist ausreichend gewahrt.
Die Beklagte hat ausreichend substantiiert dargelegt unter Nennung der betreffenden Personen vorgetragen, welche Daten ihr wann vorlagen. Das pauschale Bestreiten mit Nichtwissen von Seiten des Klägers war insoweit nicht ausreichend. Auch ist nicht erkennbar, dass die Beklagte die Auswertung der Daten in die Länge gezogen hätte oder hätte zügiger ermitteln müssen. Auch der Einwand des Klägers, die Beklagte hätte doch bereits seit der erstmaligen Auswertung seiner Telefoniezeiten im November 2022 den Verdacht des Arbeitszeitbetruges gehabt und ihn gleichwohl weiter beschäftigt, verfängt nicht. Im Hinblick auf die ersten Auswertungsergebnisse aus November 2022 hatte die Beklagte dem Personalrat zum einen zugesichert, keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen zu ergreifen. Zum anderen wollte die Beklagte abwarten, ob sich nach der Teambuildingmaßnahme die Stimmung im Team und damit auch die Arbeitsmoral verbessern würde. Die Beklagte hat sodann einen ausreichend langen Zeitraum von drei Monaten der erneuten Überprüfung gewählt, um so ein möglichst repräsentatives Ergebnis zu erhalten.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Der Wert des Streitgegenstands iHv. EUR 13.097,72 war gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzen, seine Höhe folgt aus § 42 GKG und 3 ff. ZPO. Die Kammer hat versehentlich vier Bruttomonatsgehälter à EUR 3.274,43 zugrunde gelegt, obwohl für den Kündigungsschutzantrag nur drei hätten angesetzt werden müssen. Das weitere Bruttomonatsgehalt wurde versehentlich für den Weiterbeschäftigungsantrag angesetzt, der jedoch nur als Hilfsantrag gestellt war und aufgrund des Unterliegens mit dem Kündigungsschutzantrag nicht zur Entscheidung angefallen ist.
Gemäß § 62 Abs. 1 ArbGG ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.