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Außerordentliche Kündigung eines low performers

Ein 43-jähriger Verwaltungsangestellter des Bremer Bürgertelefons verliert seinen Job, nachdem er monatelang deutlich unter den geforderten Telefoniezeiten bleibt und damit laut Gericht einen gravierenden Arbeitszeitbetrug begeht. Mehr als zehntausend unbeantwortete Anrufe belegen die Brisanz seines Fehlverhaltens, das schließlich zu einer fristlosen Kündigung führt – ohne Aussicht auf mildernde Umstände oder eine zweite Chance. Ein entscheidender rechtlicher Aspekt des Falls war die Berechtigung der Datenerhebung durch die Arbeitgeberin, die die Unterschreitung den Mindestanforderungen des Mitarbeiters ans Licht brachte.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven
  • Datum: 14.12.2023
  • Aktenzeichen: 2 Ca 2206/23
  • Verfahrensart: Arbeitsgerichtsverfahren im Rahmen eines Kündigungsstreits
  • Rechtsbereiche: Arbeitsrecht
  • Beteiligte Parteien:
    • Kläger: Langjähriger Verwaltungsbeschäftigter als Servicekraft Kommunikation, Mitglied der Gewerkschaft Ver.di, der die Wirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung bestreitet.
    • Arbeitgeber: Das Unternehmen bzw. die öffentliche Einrichtung, das bzw. die die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung ausgesprochen hat.
  • Um was ging es?
    • Sachverhalt: Der Kläger, der seit 2013 als Verwaltungsbeschäftigter tätig ist, bestreitet die Wirksamkeit einer ausgesprochenen außerordentlichen beziehungsweise hilfsweise ordentlichen Kündigung im Rahmen seiner Tätigkeit im Bürgertelefon.
    • Kern des Rechtsstreits: Es ging um die rechtliche Bewertung der Wirksamkeit der Kündigung, insbesondere in Bezug auf die jeweils angewandte Kündigungsart.
  • Was wurde entschieden?
    • Entscheidung: Die Klage wurde abgewiesen.
    • Folgen: Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits, und der Wert des Streitgegenstandes wurde auf EUR 12.769,64 festgesetzt.

Kündigung von Low Performern: Ein wegweisendes Urteil im Arbeitsrecht

Die Außerordentliche Kündigung eines low performers berührt zentrale arbeitsrechtliche Fragen, die auch für Laien nachvollziehbar sind. Unternehmen müssen hierbei strenge rechtliche Anforderungen erfüllen, um einerseits die Interessen des Arbeitgebers und andererseits den Schutz der Arbeitnehmer zu gewährleisten.

Ein konkreter Fall zeigt exemplarisch, wie diese komplexe Thematik in der Praxis angewendet wird.

Der Fall vor Gericht


Drastisch reduzierte Telefonieleistung führt zur fristlosen Entlassung

43-jähriger Angestellter ignoriert klingendes Telefon am Schreibtisch in modernem Büro, Unordnung auf dem Tisch, entspannte Haltung.
Fristlose Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs | Symbolbild: Flux gen.

Das Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven hat die außerordentliche Kündigung eines Mitarbeiters des städtischen Bürgertelefons bestätigt. Der 43-jährige Verwaltungsbeschäftigte hatte über mehrere Monate hinweg nur etwa ein Drittel der erwarteten Telefoniezeit geleistet. Die Richter sahen darin einen schwerwiegenden Fall von Arbeitszeitbetrug, der eine fristlose Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung rechtfertige.

Systematische Unterschreitung der Mindestanforderungen aufgedeckt

Der seit 2013 beschäftigte Mitarbeiter war als Servicekraft im Bürgertelefon tätig, wo die telefonische Beauskunftung und Terminvergabe zu seinen Hauptaufgaben gehörten. Die Arbeitgeberin erwartete von allen Beschäftigten eine Mindest-Telefoniequote von 60 Prozent der Arbeitszeit – unter Berücksichtigung großzügig bemessener Pausenzeiten und Nachbearbeitungszeiten. Bei der Überprüfung der Telefoniezeiten des Mitarbeiters für den Zeitraum März bis Mai 2023 wurde jedoch festgestellt, dass er lediglich eine durchschnittliche Quote von 33 Prozent erreichte.

Gravierende Einzelfälle belegen vorsätzliches Handeln

Besonders deutlich wurde das Fehlverhalten an einzelnen Arbeitstagen: An vier konkret dokumentierten Tagen telefonierte der Mitarbeiter jeweils nur zwischen 1:13 und 2:38 Stunden, obwohl ihm rund acht Stunden für Telefonie zur Verfügung standen. Die hohe Zahl verlorener Anrufe in diesen Zeiträumen – zwischen 1.777 und 8.884 pro Schicht – belegte nach Ansicht des Gerichts, dass ausreichend Arbeit vorhanden war.

Rechtmäßige Datenerhebung trotz Überwachungsverbots

Ein zentraler Streitpunkt war die Frage, ob die Arbeitgeberin die Telefoniedaten des Mitarbeiters überhaupt auswerten durfte. Zwar verbietet die geltende Dienstvereinbarung grundsätzlich Leistungs- und Verhaltenskontrollen, doch hatte der Personalrat der Einzelauswertung ausdrücklich zugestimmt. Das Gericht sah in der Datenerhebung auch keinen unverhältnismäßigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Mitarbeiters, da nur die Dauer der Telefonate erfasst wurde.

Fristlose Kündigung auch ohne Abmahnung gerechtfertigt

Die Richter bestätigten, dass in diesem Fall auch keine vorherige Abmahnung erforderlich war. Der systematische Arbeitszeitbetrug stelle einen derart schwerwiegenden Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten dar, dass der Mitarbeiter nicht ernsthaft mit einer zweiten Chance rechnen konnte. Auch die mehr als zehnjährige Betriebszugehörigkeit und die vom Mitarbeiter qualitativ gut erledigten Aufgaben konnten daran nichts ändern.

Gewerkschaftsmitgliedschaft ohne Einfluss auf Entscheidung

Der Einwand des Mitarbeiters, die Kündigung sei möglicherweise durch seine Gewerkschaftsmitgliedschaft motiviert, wurde vom Gericht zurückgewiesen. Die Pflicht zur ausreichenden Arbeitsleistung gelte für alle Beschäftigten gleichermaßen. Zudem habe die Arbeitgeberin bei einem anderen gewerkschaftlich organisierten Kollegen mit niedrigen Telefoniezeiten mildere Maßnahmen ergriffen, was gegen eine gewerkschaftsfeindliche Motivation spreche.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil zeigt, dass Arbeitgeber berechtigt sind, klare Leistungsvorgaben wie Telefoniequoten (hier: 60% der Arbeitszeit) festzulegen und diese auch durchzusetzen. Bei der Berechnung solcher Quoten müssen allerdings gesetzliche Pausenzeiten, technische Unterbrechungen und notwendige Nachbearbeitungszeiten berücksichtigt werden. Die systematische Unterschreitung vorgegebener Leistungsquoten kann – nach entsprechenden Abmahnungen – einen Kündigungsgrund darstellen.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Als Call-Center-Mitarbeiter oder Beschäftigter in ähnlichen Tätigkeiten müssen Sie die vom Arbeitgeber festgelegten Leistungsquoten ernst nehmen und einhalten. Ihr Arbeitgeber darf von Ihnen verlangen, dass Sie einen bestimmten Prozentsatz Ihrer Arbeitszeit für die Kernaufgabe (hier: Telefonie) verwenden. Allerdings muss er dabei realistische Quoten ansetzen, die Ihre gesetzlichen Pausenzeiten und notwendige Nachbearbeitung berücksichtigen. Wenn Sie die Quoten dauerhaft nicht erreichen, riskieren Sie nach vorheriger Abmahnung eine Kündigung. Lassen Sie sich bei Problemen mit der Quotenerfüllung frühzeitig beraten.

Benötigen Sie Hilfe?

Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer fristlosen Kündigung?

In arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen, die sich aus schwerwiegenden Vorwürfen wie unzureichender Arbeitszeiterfüllung ergeben, können sich rasch komplexe Fragestellungen zu den vertraglichen Pflichten und zur persönlichen Verantwortung ergeben. Insbesondere wenn individuelle Arbeitsleistungen und unternehmensinterne Mindestanforderungen im Mittelpunkt stehen, ist eine präzise juristische Prüfung unabdingbar.

Unsere Kanzlei unterstützt Sie dabei, Ihre Situation sachlich zu analysieren und die rechtlichen Möglichkeiten zu beleuchten. Durch eine differenzierte Betrachtung der relevanten arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen verschaffen wir Ihnen Klarheit über Ihre aktuellen Optionen und nächsten Schritte.

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Häufig gestellte Fragen zum Thema

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was sind die rechtlichen Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung wegen Arbeitszeitbetrug?

Eine fristlose Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs erfordert einen wichtigen Grund nach § 626 Abs. 1 BGB, der dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der regulären Kündigungsfrist unzumutbar macht.

Grundvoraussetzungen

Der Arbeitszeitbetrug muss zweifelsfrei nachgewiesen werden können. Dies geschieht durch Aufzeichnungen der Zeiterfassung, Zeugenaussagen oder in besonderen Fällen durch Videoaufnahmen.

Wenn Sie als Arbeitgeber von einem Arbeitszeitbetrug Kenntnis erlangen, müssen Sie die Zwei-Wochen-Frist nach § 626 Abs. 2 BGB einhalten. Die fristlose Kündigung muss innerhalb von zwei Wochen nach Kenntniserlangung ausgesprochen werden.

Schwere des Verstoßes

Ein Arbeitszeitbetrug rechtfertigt eine fristlose Kündigung, wenn folgende Kriterien erfüllt sind:

  • Der Betrug muss erhebliche Ausmaße annehmen
  • Der Betrug verursacht einen wirtschaftlichen Schaden, der nicht nur Bagatellcharakter hat
  • Es liegt ein vorsätzliches Handeln vor

Verhältnismäßigkeitsprüfung

Bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit werden verschiedene Faktoren berücksichtigt:

Die Gerichte prüfen die Dauer und Schwere des Betrugs, den entstandenen Schaden und das Verhalten nach Aufdeckung des Betrugs. Selbst ein einmaliger Arbeitszeitbetrug von nur zehn Minuten kann eine fristlose Kündigung rechtfertigen, wenn Sie als Arbeitnehmer das Fehlverhalten leugnen oder zu vertuschen versuchen.

Abmahnungserfordernis

Eine vorherige Abmahnung ist bei Arbeitszeitbetrug nicht zwingend erforderlich, wenn:

  • Sie als Arbeitnehmer von vornherein nicht mit einer Billigung Ihres Verhaltens rechnen konnten
  • Der Vertrauensbruch so schwerwiegend ist, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar erscheint
  • Sie systematisch oder über längere Zeit betrogen haben

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Wann ist bei Arbeitszeitbetrug eine Abmahnung vor der Kündigung erforderlich?

Eine Abmahnung ist bei leichten oder einmaligen Verstößen erforderlich, bei denen das Vertrauensverhältnis nicht nachhaltig zerstört wurde. Dies gilt insbesondere in Fällen, wo der Arbeitnehmer davon ausgehen konnte, dass sein Verhalten nicht bewusst falsch war.

Abmahnung als erste Maßnahme

Eine Abmahnung ist der richtige Weg, wenn der Arbeitszeitbetrug:

  • erstmalig auftritt
  • als geringfügig eingestuft wird
  • keine systematische Täuschung vorliegt

Direkte Kündigung ohne Abmahnung

Eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung ist zulässig, wenn:

  • der Arbeitszeitbetrug vorsätzlich und systematisch erfolgt
  • das Vertrauensverhältnis irreparabel geschädigt ist
  • der Verstoß besonders schwerwiegend ist

Bedeutung der Einzelfallprüfung

Für die Entscheidung zwischen Abmahnung und direkter Kündigung sind folgende Faktoren maßgeblich:

  • Der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers
  • Die Dauer der Betriebszugehörigkeit
  • Der Umfang des Arbeitszeitbetrugs
  • Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Fehlverhaltens

Wichtig zu wissen: Wurde ein Arbeitnehmer wegen eines bestimmten Arbeitszeitbetrugs bereits abgemahnt, kann er für denselben Vorfall nicht mehr gekündigt werden.


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Welche Daten darf der Arbeitgeber zur Kontrolle der Arbeitsleistung erheben?

Der Arbeitgeber darf personenbezogene Daten zur Leistungskontrolle nur erheben, wenn dies für die Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich und verhältnismäßig ist.

Grundsätzlich zulässige Kontrollmaßnahmen

Eine gewisse Kontrolle der Arbeitsleistung ist grundsätzlich legitim, um die Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten zu überprüfen. Der Arbeitgeber darf dabei:

  • Login-Daten zur Kontrolle der Arbeitszeiten nutzen
  • Quantitäts- und Qualitätsdaten der Arbeitsleistung in angemessenem Umfang erfassen
  • Stichprobenartige Kontrollen der Arbeitsergebnisse durchführen

Rechtliche Grenzen

Die Datenerhebung muss stets drei zentrale Kriterien erfüllen:

Legitimität: Es muss ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers vorliegen.

Erforderlichkeit: Die Kontrolle muss das mildeste geeignete Mittel sein.

Angemessenheit: Die Interessen des Arbeitgebers müssen die Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten überwiegen.

Unzulässige Kontrollmaßnahmen

Dauerhaftes Monitoring der Mitarbeiter ist grundsätzlich nicht erlaubt. Eine permanente und minutengenaue Erfassung von Leistungsdaten verstößt gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen.

Heimliche Kontrollen sind nur in absoluten Ausnahmefällen zulässig, etwa bei konkretem Verdacht auf schwere Pflichtverletzungen oder Straftaten. In diesem Fall müssen:

  • tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht vorliegen
  • die Datenerhebung zur Aufklärung erforderlich sein
  • die schutzwürdigen Interessen des Beschäftigten nicht überwiegen

Bei der Einführung von Kontrollmaßnahmen, die mehrere Mitarbeiter betreffen, hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht. Eine Betriebsvereinbarung kann dabei helfen, für alle Beteiligten Rechtssicherheit zu schaffen.


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Wie können sich Arbeitnehmer gegen den Vorwurf des Arbeitszeitbetrugs wehren?

Bei einem Vorwurf des Arbeitszeitbetrugs müssen Sie zunächst Ruhe bewahren und keine vorschnellen Aussagen oder Unterschriften tätigen. Die Beweislast liegt zunächst beim Arbeitgeber, der konkrete Tatsachen für den Verdacht vorlegen muss.

Dokumentation als Basis der Verteidigung

Eine sorgfältige eigene Dokumentation Ihrer Arbeitszeiten ist Ihre wichtigste Verteidigungsgrundlage. Notieren Sie täglich:

  • Arbeitsbeginn und -ende
  • Pausenzeiten
  • Geleistete Überstunden
  • Besondere Arbeitssituationen

Beweise sichern

Sammeln Sie alle verfügbaren Nachweise für Ihre Arbeitszeiten:

  • E-Mails und Chatverläufe mit Zeitstempeln
  • Schriftliche Vereinbarungen über Arbeitszeiten
  • Zeugenaussagen von Kollegen oder Kunden
  • Elektronische Zugangsdaten zum Gebäude
  • Dokumentation von Arbeitsleistungen

Sachliche Kommunikation

Im Gespräch mit dem Arbeitgeber sollten Sie ruhig und sachlich Ihre Position darlegen. Erklären Sie nachvollziehbar, weshalb bestimmte Arbeitszeiten entstanden sind. Bei Missverständnissen ist eine klare Kommunikation wichtig.

Rechtliche Position

Ein Arbeitgeber muss für eine Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs stichhaltige Beweise vorlegen. Bloße Vermutungen reichen nicht aus. Gegen eine ausgesprochene Kündigung können Sie sich mit einer Kündigungsschutzklage wehren, die innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung eingereicht werden muss.


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Welche Rolle spielen Betriebszugehörigkeit und bisherige Arbeitsleistungen bei einer fristlosen Kündigung?

Die Betriebszugehörigkeit und bisherige Arbeitsleistungen sind zentrale Faktoren bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung einer fristlosen Kündigung. Je länger Sie im Unternehmen beschäftigt sind, desto höhere Anforderungen gelten für die Rechtfertigung einer fristlosen Kündigung.

Bedeutung der Betriebszugehörigkeit

Eine lange, störungsfreie Betriebszugehörigkeit wirkt sich deutlich zu Ihren Gunsten aus. Bei der Interessenabwägung wird besonders berücksichtigt, wie lange das Arbeitsverhältnis vor dem Kündigungsanlass ohne Beanstandungen bestanden hat.

Bewertung der Arbeitsleistung

Ihre bisherige Arbeitsleistung fließt maßgeblich in die Gesamtbewertung ein. Eine bislang tadellose Arbeitsführung kann sich positiv auf die rechtliche Bewertung der fristlosen Kündigung auswirken. Das Gericht prüft dabei:

  • Die Qualität Ihrer bisherigen Arbeitsleistung
  • Das Verhalten in der Vergangenheit
  • Die Wahrscheinlichkeit einer Wiederholung des Fehlverhaltens

Verhältnismäßigkeitsprüfung

Bei der Abwägung werden diese positiven Aspekte gegen die Schwere des Kündigungsgrundes aufgewogen. Eine lange Betriebszugehörigkeit und gute Arbeitsleistungen können dazu führen, dass statt einer fristlosen Kündigung zunächst mildere Mittel wie eine Abmahnung erforderlich sind. Die Verhältnismäßigkeitsprüfung berücksichtigt dabei auch Ihre persönlichen Umstände wie Alter und wirtschaftliche Situation.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar - Fachbegriffe aus dem Arbeitsrecht

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Außerordentliche Kündigung

Eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist. Sie ist nur zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, die es dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände unzumutbar machen, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortzusetzen. Die rechtliche Grundlage findet sich in § 626 BGB.

Beispiel: Ein Mitarbeiter begeht Diebstahl oder wie im Text beschrieben einen schwerwiegenden Arbeitszeitbetrug.


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Low Performer

Bezeichnet einen Arbeitnehmer, dessen Arbeitsleistung deutlich unter dem Durchschnitt seiner Kollegen oder den vereinbarten Anforderungen liegt. Dies muss objektiv messbar sein und sich über einen längeren Zeitraum erstrecken. Der Begriff ist relevant im Kontext von leistungsbedingten Kündigungen nach § 1 KSchG.

Beispiel: Ein Callcenter-Mitarbeiter erreicht nur 30% der vorgegebenen Gesprächsquote, während 60% erwartet werden.


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Arbeitszeitbetrug

Bezeichnet das vorsätzliche Vortäuschen von Arbeitsleistung, bei der die geschuldete Arbeitszeit nicht erbracht, aber als geleistet dargestellt wird. Dies stellt eine schwerwiegende Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten nach § 611a BGB dar und kann eine fristlose Kündigung rechtfertigen.

Beispiel: Ein Mitarbeiter stempelt morgens ein, verlässt dann aber seinen Arbeitsplatz für private Erledigungen.


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Abmahnung

Eine förmliche Rüge des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer wegen eines konkreten Fehlverhaltens, verbunden mit der Aufforderung, dieses Verhalten künftig zu unterlassen. Sie ist normalerweise Voraussetzung für eine verhaltensbedingte Kündigung, kann aber bei besonders schweren Verstößen entbehrlich sein. Geregelt in der Rechtsprechung zum § 626 BGB.


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Dienstvereinbarung

Eine rechtsverbindliche Vereinbarung zwischen Dienststelle und Personalrat im öffentlichen Dienst, vergleichbar mit einer Betriebsvereinbarung in der Privatwirtschaft. Sie regelt die Arbeitsbedingungen für alle oder bestimmte Gruppen von Beschäftigten. Rechtliche Grundlage ist das jeweilige Personalvertretungsgesetz.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • Kündigungsschutzgesetz (KSchG): Das Kündigungsschutzgesetz schützt Arbeitnehmer vor ungerechtfertigten Kündigungen, insbesondere nach einer Beschäftigungsdauer von mehr als sechs Monaten und in Betrieben mit mehr als zehn Mitarbeitern. Eine Kündigung muss sozial gerechtfertigt sein, wobei zwischen personenbedingten, verhaltensbedingten und betriebsbedingten Gründen unterschieden wird. Im vorliegenden Fall könnte die Kündigung auf einer betriebsbedingten oder verhaltensbedingten Ursache basieren, beispielsweise durch die Nichterfüllung der geforderten Telefoniequote.
  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB, § 626): § 626 BGB ermöglicht die außerordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist. Ein solcher Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. In diesem Fall könnte die Nicht-Erfüllung der Mindesttelefoniequote als schwerwiegendes Fehlverhalten angesehen werden, das eine außerordentliche Kündigung rechtfertigt.
  • Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG, § 102): Gemäß § 102 BetrVG ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Betriebsrat vor jeder Kündigung anzuhören. Unterlässt der Arbeitgeber diese Anhörung, ist die Kündigung unwirksam. Im vorliegenden Fall ist zu prüfen, ob ein Betriebsrat existiert und ob dieser ordnungsgemäß in den Kündigungsprozess einbezogen wurde.
  • Tarifvertragsgesetz (TVG): Tarifverträge regeln spezifische Arbeitsbedingungen, einschließlich Kündigungsfristen, Kündigungsgründe und Leistungsanforderungen. Für den Kläger als Mitglied der Gewerkschaft Ver.di und Tarifbotschafter sind die Bestimmungen des geltenden Tarifvertrags maßgeblich. Die geforderte Telefoniequote und deren rechtliche Grundlage könnten durch tarifvertragliche Regelungen bestimmt sein.
  • Nachweisgesetz (NachwG, § 2): Das Nachweisgesetz verpflichtet Arbeitgeber, die wesentlichen Arbeitsbedingungen schriftlich festzuhalten, einschließlich Aufgabenbeschreibung, Vergütung und Kündigungsfristen. Im konkreten Fall ist wichtig, dass die Anforderungen an die Telefoniequote sowie die Bedingungen für eine Kündigung klar und deutlich im Arbeitsvertrag dokumentiert sind, um die Rechtmäßigkeit der Kündigung beurteilen zu können.

Das vorliegende Urteil


Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven – Az.: 2 Ca 2206/23 – Urteil vom 14.12.2023


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