I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 19. Juni 2023 – 5 Ca 44/22 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass in Ziff. 12 des Tenors des vorbezeichneten Urteils die in Abzug zu bringenden Zahlungen der Bundesagentur für Arbeit nicht „2.341,90 €“, sondern „2.509,20 €“ netto betragen.
Der Auflösungsantrag der Beklagten wird zurückgewiesen.
II. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 19. Juni 2023 – 5 Ca 44/22 – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und in Ziff. 13., 15. bis 24. des Tenors des vorbezeichneten Urteils wie folgt neu gefasst:
13. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Bruttolohn für den Monat Juni 2022 in Höhe von 9.000 € abzüglich Zahlungen der Bundesagentur für Arbeit in Höhe von 2.509,20 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.07.2022 zu zahlen.
15. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Bruttolohn für den Monat Juli 2022 in Höhe von 9.000 € abzüglich Zahlungen der Bundesagentur für Arbeit in Höhe von 2.509,20 € netto nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.08.2022 zu zahlen.
16. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Bruttolohn für den Monat August 2022 in Höhe von 9.000 € abzüglich Zahlungen der Bundesagentur für Arbeit in Höhe von 2.509,20 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 03.09.2022 zu zahlen.
17. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Bruttolohn für den Monat September 2022 in Höhe von 9.000 € abzüglich Zahlungen der Bundesagentur für Arbeit in Höhe von 2.509,20 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.10.2022 zu zahlen.
18. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Bruttolohn für den Monat Oktober 2022 in Höhe von 9.000 € abzüglich Zahlungen der Bundesagentur für Arbeit in Höhe von 2.509,20 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.11.2022 zu zahlen.
19. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Bruttolohn für den Monat November 2022 in Höhe von 9.000 € abzüglich Zahlungen der Bundesagentur für Arbeit in Höhe von 2.509,20 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.12.2022 zu zahlen.
20. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Bruttolohn für den Monat Dezember 2022 in Höhe von 9.000 € abzüglich Zahlungen der Bundesagentur für Arbeit in Höhe von 2.509,20 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.01.2023 zu zahlen.
21. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Bruttolohn für den Monat Januar 2023 in Höhe von 9.000 € abzüglich Zahlungen der Bundesagentur für Arbeit in Höhe von 2.509,20 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.02.2023 zu zahlen.
22. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Bruttolohn für den Monat Februar 2023 in Höhe von 9.000 € abzüglich Zahlungen der Bundesagentur für Arbeit in Höhe von 2.509,20 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.03.2023 zu zahlen.
23. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Bruttolohn für den Monat März 2023 in Höhe von 9.000 € abzüglich Zahlungen der Bundesagentur für Arbeit in Höhe von 2.509,20 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.04.2023 zu zahlen.
24. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Bruttolohn für den Monat April 2023 in Höhe von 9.000 € abzüglich Zahlungen der Bundesagentur für Arbeit in Höhe von 250,92 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.05.2023 zu zahlen.
III. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen die Klägerin zu 2/15 und die Beklagte zu 13/15. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 1/15 und die Beklagte zu 14/15.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Berufungsverfahren über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung und einen Auflösungsantrag der Beklagten sowie um Abmahnungen und verschiedene Zahlungsansprüche.
Die Beklagte führt eine Weinkellerei und betreibt einen internationalen Weinhandel. Die am 24. Juni 1983 geborene und einem Kind zum Unterhalt verpflichtete Klägerin war bei der Beklagten, die in der Regel mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt, seit dem 1. Juni 2017 aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrags (Bl. 3 ff. d.A.) beschäftigt, zuletzt als Leiterin des internationalen Vertriebs gegen ein Bruttomonatsentgelt in Höhe von 9.000,00 EUR.
Mit Schreiben vom 14. September 2021 (Bl. 25, 26 d.A.) erteile die Beklagte der Klägerin eine Abmahnung wegen eigenmächtigen Urlaubsantritts in der Zeit vom 6. bis 10. September 2021.
Mit Schreiben vom 30. Dezember 2021 (Bl. 14 d.A.) kündigte die Beklagte das mit der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31. Januar 2022. Hiergegen hat sich die Klägerin mit ihrer am 14. Januar 2022 beim Arbeitsgericht eingegangenen Kündigungsschutzklage gewandt. Im Gütetermin vom 9. Februar 2022 vor dem Arbeitsgericht erklärte die Beklagte zu Protokoll, dass sie an der Kündigung vom 30. Dezember 2021 nicht weiter festhalte sowie aus der Kündigung keine Rechte mehr herleite, und forderte die Klägerin auf, nach Genesung ihre Tätigkeit als Leiterin Vertrieb International in A-Stadt um 08:30 Uhr wieder aufzunehmen. Dem kam die Klägerin ab dem 10. Februar 2022 nach.
Am 15. Februar 2022 sprach die Beklagte gegenüber der Klägerin zwei Abmahnungen aus, zum einen wegen Nichtangabe eines ihr gewährten Reisekostenvorschusses von 500,00 EUR in ihrer Reisekostenabrechnung vom 22. Juli 2021 (Bl. 106 d.A.) hinsichtlich ihrer Nigeria-Reise und zum anderen wegen unterbliebener Meldung und Rückzahlung eines überzahlten Reisekostenvorschusses von 1.000,00 EUR für die von ihr nicht angetretene Reise nach Israel (Bl. 36 d.A.).
Für die Zeit vom 17. bis 27. Februar 2022 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten krank und legte für diesen Zeitraum eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Erstbescheinigung) vor (Bl. 103 d.A.). Während dieser Zeit reiste die Klägerin für einige Tage nach Südtirol. Nach den ihr erteilten Folgebescheinigungen war sie bis zum 31. März 2022 krankgeschrieben. Vor dem zuletzt attestierten Zeitraum (17. Februar bis 31. März 2022) war die Klägerin auch in der Zeit vom 6. Dezember bis 24. Dezember 2021 und vom 5. Januar bis 9. Februar 2022 krankgeschrieben (Bl. 116 d.A.).
Mit Schreiben vom 2. März 2022 (Bl. 104 d.A.) teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie habe nunmehr von ihrem Skiurlaub in der Zeit ihrer Krankschreibung vom 17. bis 27. Februar 2022 erfahren und daher den dringenden Verdacht, dass ihre Arbeitsunfähigkeit vorgetäuscht sei. Hierzu erklärte die Klägerin per E-Mail vom 10. März 2022 (Bl. 105 d.A.), dass sie zwar während der ärztlich diagnostizierten Arbeitsunfähigkeit einige Tage verreist gewesen sei, der Arzt aber diese Reise zu Genesungszwecken ausdrücklich befürwortet habe.
Mit Schreiben vom 11. März 2022 (Bl. 592 d.A.) kündigte die Beklagte das mit der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos und hilfsweise ordentlich zum 30. April 2022. Hiergegen hat sich die Klägerin mit ihrer am 31. März 2022 eingegangenen Klageerweiterung gewandt.
Eine Anschlusstätigkeit nahm die Klägerin nicht auf. Mit Schreiben vom 3. März 2022 (Bl. 831 ff. d.A.) hatte sich die Klägerin bei der Firma E. E. & F. GmbH (im Folgenden: EFG) in E-Stadt, einer international tätigen Weinkellerei, beworben, woraufhin ihr zum 1. Juni 2022 eine Einstellung als „Area Sales Manager Export“ gegen ein Bruttomonatsentgelt in Höhe von 8.000,00 EUR mit einem von der Firma EFG unterzeichneten Arbeitsvertrag vom 31. März 2022 (Bl. 622 bis 629 d.A.) angeboten wurde. Die Klägerin nahm dieses Angebot nicht an.
Die Klägerin erhielt von ihrer Krankenkasse Krankengeld für den Monat Februar 2022 in Höhe von 1.291,03 EUR und für den Monat März 2022 in Höhe von 2.284,13 EUR (Bl. 89 d.A.). Gemäß dem Arbeitslosengeldbescheid vom 28. April 2022 (Bl. 85 bis 88 d.A.) erhielt die Klägerin ab dem 4. April 2022 ein kalendertägliches Arbeitslosengeld in Höhe von 83,64 EUR für die Zeit bis zum 3. April 2023 (monatlicher Auszahlungsbetrag bei vollen Monaten – Mai 2022 bis März 2023 – in Höhe von 2.509,20 EUR bzw. anteilig für die Teilmonate April 2022 und April 2023).
Der Klägerin wurde von der Bundesagentur für Arbeit ein Vermittlungsvorschlag vom 24. Januar 2023 (Bl. 617, 618 d.A.) unterbreitet, woraufhin die Klägerin sich auch bewarb, aber mit Schreiben vom 22. Februar 2023 (Bl. 630 d.A.) eine Absage erhielt; weitere Vermittlungsvorschläge wurden ihr nicht unterbreitet.
Mit ihrer beim Arbeitsgericht Trier erhobenen Klage hat die Klägerin – soweit für das Berufungsverfahren von Interesse – sich gegen die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung vom 11. März 2022 gewandt und ihre Weiterbeschäftigung, die Erteilung eines Zwischenzeugnisses, die Entfernung der ihr erteilten Abmahnungen aus der Personalakte, eine Corona-Prämie, eine Geldentschädigung wegen Verstoßes gegen die DSGVO und Vergütungsansprüche für die Monate Februar 2022 bis April 2023 in Höhe von monatlich 9.000,00 EUR brutto geltend gemacht.
Wegen des wechselseitigen Vorbringens der Parteien in erster Instanz und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 19. Juni 2023 – 5 Ca 44/22 – Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen G. G. (behandelnder Hausarzt der Klägerin) und durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 28. September 2022 und auf das Sachverständigengutachten vom 8. Dezember 2022 verwiesen.
Sodann hat das Arbeitsgericht am 19. Juni 2023 folgendes Urteil verkündet:
„1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 11.03.2022 nicht beendet wird.
2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 11.03.2022 nicht beendet wird.
3. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Leiterin im Vertrieb International weiter zu beschäftigen.
4. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ein Zwischenzeugnis zu erteilen, welches sich auch auf Leistung und Führung im Arbeitsverhältnis erstreckt.
5. Die Beklagte wird verurteilt, die Abmahnung vom 14.09.2021 aus der Personalakte zu entfernen.
6. Die Beklagte wird verurteilt, die Abmahnungen vom 15.02.2022 aus der Personalakte der Beklagten zu entfernen.
7. Es wird festgestellt, dass für den Zeitraum vom 06.09.2021 bis zum 10.09.2021 keine Anrechnung von Urlaubstagen erfolgen durfte.
8. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Bruttolohn für den Monat Februar 2022 in Höhe von 9.000 € abzüglich gezahltem Krankengeld der AOK in Höhe von 1.291,03 € netto nebst 5 Prozentzinsen über dem Basiszinssatz seit dem 03.03.2022 zu zahlen.
9. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 750 € netto Coronaprämie nebst 5 Prozentzinsen über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen.
10. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Bruttolohn für den Monat März 2022 in Höhe von 9.000 € abzüglich gezahltem Krankengeld der AOK in Höhe von 2.284,13 € netto nebst 5 Prozentzinsen über dem Basiszinssatz seit dem 03.04.2022 zu zahlen.
11. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Bruttolohn für den Monat April 2022 in Höhe von 9.000 € abzüglich geleisteter Zahlungen der Bundesagentur für Arbeit in Höhe von. 2.341,92 € netto nebst 5 Prozentzinsen über dem Basiszinssatz seit 03.05.2022 zu zahlen.
12. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Bruttolohn für den Monat Mai 2022 in Höhe von 9.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz abzüglich Zahlungen der Bundesagentur für Arbeit in Höhe von 2.341,90 € seit dem 03.06.2022 zu zahlen.
13. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Bruttolohn für den Monat Juni in Höhe von 1.000 € abzüglich Zahlungen der Bundesagentur für Arbeit in Höhe von 260,11 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.07.2022 zu zahlen.
14. Die Beklagte wird verurteilt, eine Prämie gemäß der Zielvereinbarung zwischen den Parteien in Höhe von 11.383,- € brutto an die Klägerin zu zahlen.
15. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Bruttolohn für den Monat Juli i.H.v. 1.000 € abzüglich Zahlungen der Bundesagentur für Arbeit i. H. v. 260,11 € nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.08.2022 zu zahlen.
16. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Bruttolohn für den Monat August 2022 i. H. v. 1.000 € abzüglich Zahlungen der Bundesagentur für Arbeit i. H. v. 260,11 € netto nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 03.09.2022 zu zahlen.
17. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Bruttolohn für den Monat September 2022 i. H. v. 1.000 € abzüglich Zahlungen der Bundesagentur für Arbeit i. H. v. 260,11 € nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.10.2022 zu zahlen.
18. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Bruttolohn für den Monat Oktober i.H. v. 1.000 € abzüglich Zahlungen der Bundesagentur für Arbeit i. H. v. 260,11 € nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.11.2022 zu zahlen.
19. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Bruttolohn für den Monat November 2022 i. H. v. 1.000 € abzüglich Zahlungen der Bundesagentur für Arbeit i. H. v. 260,11 € nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.12.2022 zu zahlen.
20. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Bruttolohn für den Monat Dezember 2022 i. H. v. 1.000 € abzüglich Zahlungen der Bundesagentur für Arbeit i. H. v. 260,11 € nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.01.2023 zu zahlen.
21. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Bruttolohn für den Monat Januar 2023 i. H. V. 1.000 € abzüglich Zahlungen der Bundesagentur für Arbeit i. H. v. 260,11 € nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.02.2023 zu zahlen.
22. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Bruttolohn für den Monat Februar 2023 i.H.v. 1.000,00 € abzüglich Zahlungen der Bundesagentur für Arbeit i. H. v. 260,11 € nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.03.2023 zu zahlen.
23. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Bruttolohn für den Monat März 2023 i. H. v.1.000 € abzüglich Zahlungen der Bundesagentur für Arbeit i. H. v. 260,11 € nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.04.2023 zu zahlen.
24. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Bruttolohn für den Monat April 2023 i. H. V. 1.000 € abzüglich Zahlungen der Bundesagentur für Arbeit i. H. v. 28,70 € nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.04.2023 zu zahlen.
25. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
26. Die Widerklage wird abgewiesen.
27. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 44% und die Beklagte
zu 56 %.
28. Der Streitwert wird auf 198.832,20 EUR festgesetzt.
29. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.“
Wegen der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils verwiesen.
Gegen das ihr am 2. August 2023 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 17. August 2023, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, Berufung eingelegt und diese – nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 2. November 2023 – mit ihren Schriftsätzen vom 23. und 26. Oktober 2023, jeweils beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, begründet. Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin die (Annahmeverzugs-)Vergütungsansprüche in der reklamierten Höhe von monatlich 9.000,00 EUR brutto für die Monate Juni 2022 bis April 2023 (erstinstanzliche Klageanträge zu 13., 15., 16, 18. – 25.) und die begehrte Geldentschädigung wegen Verletzung der DSGVO (erstinstanzlicher Klageantrag zu 17.) weiter.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 3. August 2023 zugestellte Urteil ihrerseits mit Schriftsatz vom 14. August 2023, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, Berufung eingelegt und diese – nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 3. November 2023 – mit Schriftsatz vom 2. November 2023, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, begründet. Mit ihrer Berufung wendet sich die Beklagte gegen die klagestattgebende Entscheidung des Arbeitsgerichts in Ziff. 1. – 6., 8. – 13. sowie 15. – 24. des Urteilstenors. Weiterhin hat die Beklagte im Berufungsverfahren hilfsweise einen Auflösungsantrag gestellt.
Die Klägerin trägt vor, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht ihre Klageansprüche auf Zahlung von Vergütung für die Zeit von Juni 2022 bis April 2023 wegen des ihr unterstellten böswilligen Unterlassens von Zwischenverdienst in Höhe von monatlich 8.000,00 EUR teilweise abgewiesen. Im Ergebnis verlagere das Gericht damit das Annahmeverzugslohnrisiko auf gutgläubige Konkurrenzunternehmen. Ein böswilliges Unterlassen eines anderweitigen Verdienstes setze jedenfalls voraus, dass es eine konkrete Erwerbsmöglichkeit gegeben habe, die dem Arbeitnehmer bekannt und deren Annahme ihm zumutbar gewesen sei. Das Arbeitsplatzangebot der Firma EFG habe sich auf eine Dauerbeschäftigung in einer hochqualifizierten Vertriebstätigkeit gerichtet. Wettbewerbswidriges Verhalten sei nicht wegen § 615 Satz 2 BGB gerechtfertigt. Entgegen dem Vortrag der Beklagten handele es sich bei der Firma EFG um einen unmittelbaren Konkurrenten. Nach den Veröffentlichungen zähle die Beklagte mit 84 Mio. EUR Umsatz zu den zehn größten deutschen Weinkellereien sowie wichtigsten Markenweinproduzenten Deutschlands. Die Übernehmerin EFG sei unmittelbare Konkurrentin, was die zwischenzeitliche Firmenübernahme belege. Im Übrigen sei es auch nicht ihre Sache gewesen, eine Befreiung von dem während des Arbeitsverhältnisses bestehenden Wettbewerbsverbot einzuholen. Es handele sich vielmehr um ein reines Lippenbekenntnis der Beklagten, wenn sie im Nachhinein behaupte, eine solche Zustimmung wäre erteilt worden. Weiterhin verfolge sie mit ihrer Berufung den Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung wegen Verletzung der DSGVO weiter. Das Arbeitsgericht habe sich nicht mit ihrem Sachvortrag auseinandergesetzt, dass sich auf ihrem Desktop bereits ein Fernwartungsprogramm „Any Desk“ befunden habe, von dem sie auch ordnungsgemäß Kenntnis gehabt habe, womit keine Notwendigkeit für ein zweites Fernwartungsprogramm bestanden habe. Die Beklagte sei ihren Verpflichtungen nach der DSGVO nicht nachgekommen, weil das Programm weder ihr noch dem Datenschutzbeauftragten der Beklagten bekannt gewesen sei. Die DSGVO verbiete es, Programme aufzuspielen, ohne dass dies dem Nutzer bekannt sei. In Art. 30 DSGVO werde ein Verzeichnis aller Programme und deren Verwendung gefordert. Schließlich müsse die Beklagte auch sicherstellen, dass das Programm nur entsprechend der festgelegten Verwendung angewandt werde. Diesen Nachweis könne die Beklagte nicht erbringen, weil seltsamerweise das Logbuch (von wem?) gelöscht gewesen sei. Sie habe nicht nur das Gefühl gehabt, überwacht worden zu sein. Vielmehr hätten Sie und der Kollege H. massive Hinweise darauf gehabt, dass sie überwacht würden. Auf die Umkehr der Beweislast gemäß Art. 82 DSGVO gehe das Gericht nicht ein. Ihr sei ein immaterieller Schaden entstanden. Ihre Persönlichkeitsrechte würden durch die Verwendung eines zum Abhören geeigneten Programms massiv verletzt. Sie habe ihr Laptop häufig in ihren Privaträumen aufbewahrt und fühle sich insoweit ausspioniert. Die Beklagte habe dieses Programm auf ihrem Computer aufgespielt, ohne zu erwähnen, warum und weshalb dieses Programm überhaupt notwendig gewesen sei, wer davon Kenntnis bzw. warum niemand davon Kenntnis gehabt habe und wann und von wem dieses Programm in welcher Weise genutzt worden sei. Damit kehre sich die Beweislast um. Es sei davon auszugehen, dass das Programm rechtswidrig verwandt worden sei und sie Anspruch auf den geltend gemachten Schadensersatz habe. Die Berufung der Beklagten sei unbegründet. Die vorgetragenen Gründe würden weder die ausgesprochene Kündigung noch einen Auflösungsantrag rechtfertigen. Entgegen der Ansicht der Beklagten sei eine Autofahrt als Beifahrerin nach Südtirol weder mit besonderen Anstrengungen noch einer erhöhten Konzentration verbunden. Auch bezüglich ihrer Corona-Erkrankung sei sie mit der Reise nach Südtirol kein besonderes Risiko eingegangen. Sie habe bei Freunden gelebt und nicht unter den Folgen der Corona-Erkrankung gelitten, d.h. gegenüber einer Neuansteckung sei sie immunisiert gewesen. Unabhängig davon habe kein höheres Ansteckungsrisiko als bei einem Aufenthalt am Wohnort bestanden. Sowohl der behandelnde Hausarzt als auch der vom Gericht zur Überprüfung der Feststellung des Hausarztes eingeschaltete Neurologe hätten ihre Erkrankung unter Hinweis auf alle Diagnosen bestätigt. Entgegen der Ansicht der Beklagten mache es auch keinen Unterschied, ob sie ihre Tätigkeit – soweit dies überhaupt möglich sei – aus dem Home-Office oder im mobilen Arbeiten erledige. Die physischen und psychischen Belastungen in ihrer Vertriebstätigkeit blieben gleich und seien unabhängig vom Ort des Arbeitsplatzes zu bewerten. Der Aufenthalt in den Bergen sei mit dem behandelnden Hausarzt abgestimmt gewesen. Sie habe ihre Erkrankung nicht vorgetäuscht, sondern sei krank gewesen, was die Beweisaufnahme mit aller Deutlichkeit ergeben habe. Die Abmahnungen seien rechtsunwirksam. Sie sei berechtigt gewesen, mobil zu arbeiten. Für die Abrechnung des Spesenvorschusses sei sie nicht zuständig gewesen. In Bezug auf die Entgeltfortzahlung vom 17. Februar bis 31. März 2022 habe das Gericht ihre Erkrankung zutreffend als Ersterkrankung eingeordnet. Zwischen beiden Erkrankungen habe eine achttägige tatsächliche Beschäftigung bestanden, was gegen einen einheitlichen Verhinderungsfall spreche. Bezüglich der Corona-Prämie berufe sich die Beklagte auf die Wirksamkeit der fristlosen Kündigung als Ausnahmeregelung, die allerdings rechtsunwirksam sei. Damit habe sie einen Anspruch auf Gleichbehandlung bezüglich der Zahlung der Corona-Prämie, die unstreitig allen anderen Arbeitnehmern gezahlt worden sei. In Bezug auf den Auflösungsantrag versuche die Beklagte vergeblich, einen Prozessbetrug zu konstruieren. Gegenstand des Rechtsstreits sei die Frage, ob sie sich nach Ausspruch der Kündigung um eine anderweitige Beschäftigung bemüht habe. Insoweit verschweige die Beklagte, dass die Vertragsverhandlungen mit der Firma EFG bezüglich eines Dauerarbeitsverhältnisses vor Ausspruch der Kündigung aufgenommen worden seien. Selbst wenn die Beklagte sie vom Wettbewerbsverbot für die Erzielung vom Zwischenverdienst freigestellt hätte, bleibe immer noch die Frage unbeantwortet, ob sie bei der Firma EFG den Sachverhalt hätte offenlegen müssen. Sie hätte dann darüber informieren müssen, dass sie sich in einem Kündigungsschutzverfahren bei der unmittelbaren Konkurrenz befinde und im Falle des Obsiegens zum unmittelbaren Wettbewerber zurückkehren würde. Unter diesen Voraussetzungen habe sie sich bei der Firma EFG nicht beworben, die ihr einen solchen Arbeitsplatz auch nicht eingeräumt hätte. Die Frage des Gerichts sei nicht dahingehend ausgerichtet gewesen, ob sie sich um andere Dauerarbeitsplätze bemüht habe.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 19. Juni 2023 – 5 Ca 44/22 – abzuändern, soweit es die Klage hinsichtlich der Anträge zu 13., 15. – 25. abgewiesen hat, und die Beklagte zu verurteilen, an sie die Vergütung gemäß den erstinstanzlichen Anträgen zu 13., 15., 16., 18. – 25. (Vergütung für die Zeit von Juni 2022 – April 2023) – über die bereits zuerkannten Beträge hinaus – zu zahlen, sowie weiterhin die Beklagte zu verurteilen, an sie gemäß dem erstinstanzlichen Antrag zu 17. eine Geldentschädigung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens aber 10.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen.
Im Termin vom 24. Mai 2024 vor dem Berufungsgericht hat die Klägerin die erstinstanzlichen Anträge zu 12., 13., 15. bis 24 (Vergütung für die Monate Mai 2022 bis März 2023) dahingehend angepasst bzw. beschränkt, dass es jeweils anstelle von „abzüglich Zahlungen der Bundesagentur für Arbeit in Höhe von 2.341,90 EUR“ richtigerweise „abzüglich Zahlungen der Bundesagentur für Arbeit in Höhe von 2.509,20 EUR“ heißen muss. Die Beklagte hat sich mit der Antragsbeschränkung einverstanden erklärt.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 19. Juni 2023 – 5 Ca 44/22 – abzuändern, soweit es den Klageanträgen im Urteilstenor zu 1. – 6., 8. – 13. sowie 15. – 24. stattgegeben hat und die Klage auch insoweit abzuweisen.
Die Beklagte beantragt hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag auf Abweisung der Kündigungsschutzanträge zu 1. und 2., das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aber 15.000,00 EUR brutto nicht übersteigen sollte, mit Wirkung zum 30. April 2022 aufzulösen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten und den hilfsweise gestellten Auflösungsantrag zurückzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei die von ihr ausgesprochene außerordentliche Kündigung vom 11. März 2022 wirksam. Ihrer Auffassung nach habe sowohl die protokollierte Vernehmung des Hausarztes der Klägerin als auch das eingeholte Sachverständigengutachten den dringenden Verdacht des Vortäuschens der Arbeitsunfähigkeit nochmals verstärkt. Der behandelnde Arzt habe genau gewusst, dass die Klägerin zum Skifahren nach Südtirol habe fahren wollen. Aus diesem Grunde sei die Klägerin bei dem behandelnden Arzt nochmals vorstellig geworden, um sich von diesem eine entsprechende schriftliche Bestätigung ausstellen zu lassen, damit sie dorthin fahren könne. Soweit der behandelnde Arzt die von ihm attestierte Arbeitsunfähigkeit damit zu rechtfertigen versucht habe, dass ein ruhiges Skifahren auf blauen Pisten mit einer Pulsfrequenz von 110 möglich gewesen sei, bleibe unerklärlich, weshalb die Klägerin dann nicht auch in der Lage gewesen sein solle, ihrer vertraglich geschuldeten Tätigkeit nachzugehen, zumal sie auch mobil mit ihrem Laptop hätte arbeiten können. Der behandelnde Arzt habe auch insoweit nicht zu erklären vermocht, weshalb der Klägerin eine Tätigkeit im Home-Office oder im Rahmen mobiler Arbeit nicht möglich gewesen sein solle. Darüber hinaus habe der behandelnde Arzt nach eigenem Bekunden auch nicht gewusst und auch nicht berücksichtigt, dass Südtirol zum damaligen Zeitpunkt als Hochrisikogebiet ausgewiesen gewesen sei. Hierzu habe der Zeuge ausgesagt, dass er in diesem Fall gesagt hätte, „fahren Sie woanders hin“, wenn er das gewusst hätte. Soweit das Arbeitsgericht darauf verweise, dass der behandelnde Arzt eine starke Belastung aufgrund des Arbeitsplatzkonfliktes angegeben habe, sei auch die diesbezügliche Aussage in keiner Weise eindeutig. Vielmehr habe sich der behandelnde Arzt an das genaue Datum des angeblichen Arbeitsplatzkonfliktes überhaupt nicht erinnern und auch nicht schildern können, worin der angebliche Konflikt gelegen haben solle. Ferner habe der behandelnde Arzt auf eine angebliche Magenreizung der Klägerin verwiesen und hierzu sie Diagnose Gastritis abgegeben, ohne dass er jedoch eine tatsächliche Untersuchung der Klägerin durchgeführt habe. Auch eine Magenspiegelung sei bei der Klägerin nicht durchgeführt worden, so dass die behauptete Magenreizung allein der subjektive Sachvortrag der Klägerin sei, ohne dass dies medizinisch nachvollziehbar festgestellt worden sei. Unstreitig habe der Arzt der Klägerin auch keine diesbezüglichen Medikamente verschrieben. Bezeichnenderweise sei die Klägerin jedoch trotz Magenreizung und eines angeblichen Arbeitsplatzkonfliktes sowie der nach wie vor bestehenden Post-Covid-Erkrankung dennoch in der Lage gewesen, eine etwa neun- bis zehnstündige Reise nach Südtirol zu unternehmen, um dann dort Ski zu fahren. Auch das eingeholte medizinische Sachverständigengutachten sei keineswegs in sich schlüssig und widerspruchsfrei. Auch der medizinische Sachverständige habe unstreitig eine körperliche Untersuchung der Klägerin nicht vorgenommen und habe somit gar nicht feststellen können, ob die Klägerin unter einer Gastritis gelitten habe. Einen bestimmten Grad an Erschöpfung oder eine mentale Belastung durch einen Arbeitsplatzkonflikt habe der Sachverständige ebenfalls nicht medizinisch feststellen können. Insbesondere die vom Gutachter durchgeführten Test-Verfahren und testpsychologischen Untersuchungen seien in keiner Weise plausibel, sondern vielmehr widersprüchlich. Die vom ärztlichen Sachverständigen durchgeführten Test-Verfahren hätten die angebliche Arbeitsunfähigkeit der Klägerin in keiner Weise bestätigt. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei auch die ordentliche Kündigung als milderes Mittel erst recht sozial gerechtfertigt. Jedenfalls sei der hilfsweise gestellte Auflösungsantrag begründet. Die im Termin vom 12. April 2023 vor dem Arbeitsgericht protokollierte Aussage der Klägerin, dass sie sich tatsächlich nicht bei anderen Unternehmen beworben habe, sei grob wahrheitswidrig gewesen und stelle einen versuchten Prozessbetrug dar. Die Klägerin habe ihre Bewerbung und das Stellenangebot der Firma EFG mit einem monatlichen Bruttogehalt in Höhe von 8.000,00 EUR nicht nur bewusst verschwiegen, um eine Verurteilung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges in voller Höhe zu erzielen. Vielmehr habe die Klägerin auf ausdrückliche Nachfrage sogar zu Protokoll erklärt, dass sie sich tatsächlich nicht beworben habe. Dabei komme erschwerend hinzu, dass die Klägerin diese wahrheitswidrigen Angaben in der mündlichen Verhandlung nach dem Stellen sämtlicher Zahlungsanträge vorgenommen habe. Bewusst wahrheitswidrige Erklärungen – wie hier – könnten die Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG rechtfertigen, selbst wenn der unzutreffende Prozessvortrag letztlich für das Gericht nicht entscheidungserheblich sei. Aufgrund des versuchten Prozessbetruges sei ihr Vertrauen in die Redlichkeit der Klägerin irreparabel zerstört. Dabei komme auch dem Umstand, dass die Klägerin bereits den ärztlichen Sachverständigen angelogen habe, erhebliches Gewicht zu. So habe die Klägerin gegenüber dem ärztlichen Sachverständigen ausweislich seines Gutachtens angegeben, dass sie eine zweite Kündigung bekommen habe und seitdem ohne Bezüge vom Arbeitgeber zuhause sei, derzeit Arbeitslosengeld bekomme und sich nicht bewerben dürfe. Bei der vom Arbeitsgericht vorgenommenen Verurteilung zur Weiterbeschäftigung der Klägerin habe es bereits nicht berücksichtigt, dass die Klägerin wahrheitswidrig vorgetragen habe, sich tatsächlich nicht bei anderen Unternehmen beworben zu haben, woraus sich ein überwiegendes Interesse an der Nichtbeschäftigung ergebe. Da jedoch bereits die außerordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis ihrer Auffassung nach rechtswirksam beendet habe, sei sowohl der Antrag auf Weiterbeschäftigung als auch auf Erteilung eines qualifizierten Zwischenzeugnisses unbegründet. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts habe die Klägerin auch keinen Anspruch auf Entfernung der Abmahnung vom 14. September 2021. Die Klägerin sei an den Tagen, an denen sie zu arbeiten gehabt habe, nicht im Betrieb anwesend, sondern abwesend gewesen, was mit ihr auch in keiner Weise abgestimmt gewesen sei. Auch sei der Klägerin nicht im Vorwege gestattet worden, eigenmächtig fernzubleiben, um gleichzeitig mobil zu arbeiten. Selbst wenn die Klägerin aus der Sommelier-Schulung heraus irgendwelche E-Mails versendet haben sollte, belege dies in keiner Weise, dass die Klägerin auch gearbeitet habe. Es sei daher unverständlich, wenn das Arbeitsgericht ausführe, dass ein vollständiges „Fernbleiben“ nicht vorgelegen haben solle. Auch die Abmahnung vom 15. Februar 2022 sei der Klägerin rechtswirksam erteilt worden. Da die Klägerin verpflichtet gewesen sei, den Reiseausfall ihrer Buchhaltung, die ihr auch den Vorschuss für die im Jahr 2021 vorgesehene, aber von der Klägerin nicht durchgeführte Reise nach Israel gezahlt habe, umgehend zu melden, sei sie auch zur Abmahnung dieses Fehlverhaltens berechtigt gewesen. Ferner habe das Arbeitsgericht der Klägerin rechtsfehlerhaft Entgeltfortzahlung für die Zeit zwischen dem 17. Februar und dem 31. März 2022 zugesprochen. Nach den Aussagen des behandelnden Arztes habe ein klassischer Fall von hinzugetretenen Erkrankungen vorgelegen, die nach den Grundsätzen der Einheit des Verhinderungsfalls zu behandeln seien. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass sie wegen der Post-Covid-Erkrankung bereits sechs Wochen Entgeltfortzahlung geleistet habe, so dass insoweit kein weiterer Anspruch auf Entgeltfortzahlung bestehe. Unter Berücksichtigung der von ihr zitierten Aussagen des behandelnden Arztes könne das Urteil auch insoweit keinen Bestand haben. In Bezug auf den zuerkannten Anspruch auf Zahlung einer Corona-Prämie sei sie entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts nicht verpflichtet, einer Mitarbeiterin eine Corona-Prämie zu gewähren, die außerordentlich fristlos gekündigt worden sei. Für die Zeit ab April 2022 stehe der Klägerin kein Anspruch auf Vergütung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges zu, weil das Arbeitsverhältnis durch die fristlose Kündigung rechtswirksam beendet worden sei. Auch der vom Arbeitsgericht zugesprochene Annahmeverzugsanspruch in Höhe von 1.000,00 EUR brutto monatlich sei unbegründet. Die Klägerin entfalte offensichtlich überhaupt keine Bewerbungsbemühungen und habe sich seit März 2022 – abgesehen von der verschwiegenen Bewerbung bei der Firma EFG – lediglich auf einen einzigen Vermittlungsvorschlag der Agentur für Arbeit beworben, obwohl Fachkräfte in allen Unternehmen händeringend gesucht würden. Auch die Firma EFG hätte die Klägerin sofort eingestellt und habe ihr auch einen entsprechenden schriftlichen Arbeitsvertrag übersandt, worauf die Klägerin jedoch nicht weiter reagiert und mithin böswillig den Verdienst von Vergütung unterlassen habe. Diesbezüglich habe die Klägerin sogar selbst vorgetragen, dass sie die Bemühungen um einen anderen Dauerarbeitsplatz nach anfänglicher Suche eingestellt habe. Auch gegenüber dem ärztlichen Sachverständigen habe die Klägerin angegeben, dass sie sich nicht habe bewerben dürfen. Die Klägerin habe sich mithin bewusst nirgendwo beworben in der Hoffnung, von ihr den gesamten Zeitraum unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges nachgezahlt zu bekommen. Die Berufung der Klägerin sei bereits mangels hinreichender Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung unzulässig. Jedenfalls sei die Berufung der Klägerin unbegründet. Das Arbeitsgericht habe schlüssig begründet, warum vorliegend von einem böswillig unterlassenen Zwischenverdienst der Klägerin auszugehen sei. Eine Konkurrenzsituation zwischen ihr und der Firma EFG sei von der Klägerin nicht substantiiert vorgetragen worden. In Bezug auf die geltend gemachte Geldentschädigung habe das Arbeitsgericht zutreffend darauf verwiesen, dass der Vortrag der Klägerin keinen Anhaltspunkt dafür biete, dass eine heimliche Überwachung erfolgt und die Software missbräuchlich genutzt worden sei. Hierzu fehle es auch in zweiter Instanz an substantiiertem Sachvortrag. Soweit die Klägerin pauschal darauf verwiesen habe, dass sie und der Kollege H. massive Hinweise gehabt hätten, dass sie überwacht würden, sei in keiner Weise vorgetragen worden, worin diese Hinweise bestanden haben sollten. In Bezug auf die bestrittene Behauptung, dass auf dem Laptop der Klägerin eine Spy-Software installiert und diese zur Ausspähung genutzt worden sei, verkenne die Klägerin, dass sie hierfür die volle Darlegungs- und Beweislast trage.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten ist – bis auf den vom Arbeitsgericht zuerkannten Anspruch auf Vergütung für die Zeit vom 1. bis 16. Februar 2022 – zulässig, insbesondere form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. 519, 520 ZPO). Soweit die Beklagte zur Zahlung von Vergütung für die Zeit vom 1. bis 16. Februar 2022 verurteilt worden ist, hat sie sich in ihrer Berufungsbegründung mit der tragenden Begründung des Arbeitsgerichts für die von ihm zuerkannten Ansprüche auf Vergütung für die Zeit vom 1. bis 9. Februar 2022 und vom 10. bis 16. Februar 2022 nicht auseinandergesetzt, so dass die Berufung insoweit mangels einer den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO entsprechenden Berufungsbegründung unzulässig ist.
Im Übrigen hat die Berufung der Beklagten, mit der sie sich gegen die klagestattgebende Entscheidung des Arbeitsgerichts in Ziff. 1. – 6., 8. – 13. sowie 15. – 24. des Urteilstenors wendet, ebenso wie der von ihr im Berufungsverfahren hilfsweise gestellten Auflösungsantrag in der Sache keinen Erfolg.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. 519, 520 ZPO).
Entgegen der Ansicht der Beklagten genügt die Berufungsbegründung der Klägerin auch den gesetzlichen (Mindest-)Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO. Insbesondere hat die Klägerin mit ihrer Berufungsbegründung in hinreichender Auseinandersetzung mit der Begründung des Arbeitsgerichts aufgezeigt, aus welchen Gründen sich die mit ihrer Berufung weiterverfolgten Klageansprüche entgegen den Ausführungen des Arbeitsgerichts ergeben sollen. Eine schlüssige, rechtlich haltbare Begründung setzt § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO nicht voraus. Es kommt daher nicht darauf an, ob die rechtliche Beurteilung der Klägerin richtig ist oder nicht (vgl. BAG 24. Januar 2001 – 5 AZR 132/00 – Rn. 11).
Die Berufung der Klägerin ist hinsichtlich der – über die bereits zuerkannten Beträge hinaus – weiterverfolgten Vergütungsansprüche für die Monate Juni 2022 bis April 2023 (erstinstanzliche Klageanträge zu 13., 15., 16, 18. – 25.) begründet, in Bezug auf die begehrte Geldentschädigung wegen Verletzung der DSGVO (erstinstanzlicher Klageantrag zu 17.) hingegen unbegründet.
Soweit die Klägerin im Termin vom 24. Mai 2024 vor dem Berufungsgericht die erstinstanzlichen Anträge zu 12., 13., 15. – 24 (Vergütung für die Monate Mai 2022 bis März 2023) – mit Zustimmung der Beklagten – dahingehend beschränkt hat, dass es jeweils anstelle von „abzüglich Zahlungen der Bundesagentur für Arbeit in Höhe von 2.341,90 EUR“ richtigerweise „abzüglich Zahlungen der Bundesagentur für Arbeit in Höhe von 2.509,20 EUR“ heißen muss, handelt es sich um eine gemäß § 264 Nr. 2 ZPO zulässige Klagebeschränkung.
A. Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
I. Das Arbeitsgericht hat zu Recht der Kündigungsschutzklage stattgegeben. Gemäß den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts (zu 1. und 2. der Gründe = S. 11 – 16 des Urteils), denen das Berufungsgericht folgt (§ 69 Abs. 2 ArbGG), ist sowohl die außerordentliche als auch die hilfsweise ordentliche Kündigung vom 11. März 2022 unwirksam. Ein wichtiger Grund i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB bzw. ein Kündigungsgrund i.S.v. § 1 Abs. 2 KSchG lässt sich im Streitfall nicht feststellen.
1. Ein arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer muss sich so verhalten, dass er bald wieder gesund wird und an seinen Arbeitsplatz zurückkehren kann. Er hat alles zu unterlassen, was seine Genesung verzögern könnte. Der erkrankte Arbeitnehmer hat insoweit auf die schützenswerten Interessen des Arbeitgebers, die sich u.a. aus der Verpflichtung zur Entgeltfortzahlung ergeben, Rücksicht zu nehmen. Eine schwerwiegende Verletzung dieser Rücksichtnahmepflicht kann nach der Rechtsprechung des BAG eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund an sich rechtfertigen. Deshalb kann ein pflichtwidriges Verhalten vorliegen, wenn ein Arbeitnehmer bei bescheinigter Arbeitsunfähigkeit den Heilungserfolg durch gesundheitswidriges Verhalten gefährdet. Damit verstößt er nicht nur gegen eine Leistungspflicht, sondern zerstört insbesondere auch das Vertrauen des Arbeitgebers in seine Redlichkeit. Dies ist nicht nur dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer während der Krankheit nebenher bei einem anderen Arbeitgeber arbeitet, sondern kann auch gegeben sein, wenn er Freizeitaktivitäten nachgeht, die mit der Arbeitsunfähigkeit nur schwer in Einklang zu bringen sind (BAG 2. März 2006 – 2 AZR 53/05 – Rn. 23 – 24).
Weiterhin kann ein wichtiger Grund i.S.v. § 626 BGB zur fristlosen Kündigung vorliegen, wenn der Arbeitnehmer unter Vorlage eines Attestes der Arbeit fernbleibt, obwohl er in Wahrheit nicht arbeitsunfähig ist und es sich nur um eine vorgetäuschte Krankheit handelt. Der Arbeitnehmer, der zugleich Entgeltfortzahlung begehrt, wird dann regelmäßig sogar einen (versuchten) Betrug begehen, da er durch Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung den Arbeitgeber unter Vortäuschung falscher Tatsachen dazu veranlassen will, ihm unberechtigterweise die Vergütung fortzuzahlen (BAG 17. Juni 2003 – 2 AZR 123/02 – Rn. 23). Das Erschleichen von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen kann ebenfalls einen wichtigen Grund i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB zur außerordentlichen Kündigung bilden. Dies gilt nicht nur, wenn sich der Arbeitnehmer für die Zeit einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit Entgeltfortzahlung gewähren lässt und damit regelmäßig einen Betrug zulasten des Arbeitgebers begeht (BAG 29. Juni 2017 – 2 AZR 597/16 – Rn. 16).
Als wichtiger Grund i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB „an sich“ geeignet sind nicht nur erhebliche Pflichtverletzungen im Sinne von nachgewiesenen Taten. Auch der dringende, auf objektive Tatsachen gestützte Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung kann einen wichtigen Grund bilden (vgl. BAG 29. Juni 2017 – 2 AZR 597/16 – Rn. 17; zu den Voraussetzungen im Einzelnen vgl. BAG 20. Juni 2013 – 2 AZR 546/12 – Rn. 14).
Der kündigende Arbeitgeber ist darlegungs- und beweispflichtig für alle Umstände des wichtigen Grundes i.S.v. § 626 BGB bzw. des Kündigungsgrundes nach § 1 Abs. 2 KSchG. Ihn trifft die Darlegungs- und Beweislast auch für diejenigen Tatsachen, die einen vom Gekündigten behaupteten Rechtfertigungsgrund ausschließen. Er muss daher auch darlegen und beweisen, dass der Arbeitnehmer unentschuldigt gefehlt hat und die vom Arbeitnehmer behauptete Krankheit nicht vorliegt. Allerdings hat hierzu der Arbeitnehmer seinerseits nach § 138 Abs. 2 ZPO substantiiert vorzutragen; er muss darlegen, warum sein Fehlen als entschuldigt anzusehen ist. Nur die hierzu vom Arbeitnehmer behaupteten Tatsachen hat der Arbeitgeber zu widerlegen. Beruft sich der Arbeitnehmer für sein Fehlen auf eine Krankheit, so hat er, solange ein ärztliches Attest nicht vorliegt, vorzutragen, welche tatsächlichen physischen oder psychischen Hintergründe vorgelegen haben und wo er sich zum fraglichen Zeitpunkt aufgehalten hat. Dies hat dann der Arbeitgeber zu widerlegen. Legt der Arbeitnehmer ein ärztliches Attest vor, so begründet dieses regelmäßig den Beweis für die Tatsache einer Arbeitsunfähigkeit. Ein solches Attest hat einen hohen Beweiswert, es ist der gesetzlich vorgesehene und wichtigste Beweis für die Tatsache der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit. Bezweifelt der Arbeitgeber die attestierte Arbeitsunfähigkeit, beruft er sich insbesondere darauf, der Arbeitnehmer habe den die Bescheinigung ausstellenden Arzt durch Simulation getäuscht oder der Arzt habe den Begriff der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit verkannt, dann muss er die Umstände, die gegen die Arbeitsunfähigkeit sprechen, näher darlegen und notfalls beweisen, um die Beweiskraft des Attestes zu erschüttern. Gelingt es dem Arbeitgeber, den Beweiswert der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erschüttern bzw. zu entkräften, so tritt hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast wieder derselbe Zustand ein, wie er vor Vorlage des Attestes bestand. Es ist dann Sache des Arbeitnehmers, seinen Vortrag z.B. mit Hinweisen zu den Fragen, welche Krankheiten vorgelegen haben, welche gesundheitlichen Einschränkungen bestanden haben, welche Verhaltensmaßregeln der Arzt gegeben hat, welche Medikamente gegeben wurden, weiter zu substantiieren. Erst wenn der Arbeitnehmer insoweit seiner Substantiierungspflicht nachgekommen ist und ggf. die behandelnden Ärzte von ihrer Schweigepflicht entbunden hat, muss der Arbeitgeber auf Grund der ihm obliegenden Beweislast den konkreten Sachvortrag des Arbeitnehmers widerlegen. Mit der Patientenkartei und der Vernehmung des behandelnden Arztes kommen dabei regelmäßig Beweismittel in Betracht, die eine weitere Sachaufklärung versprechen. In derartigen Fällen ist auch stets zu prüfen, ob die Umstände, die den Beweiswert des ärztlichen Attests erschüttern, nicht sogar so gravierend sind, dass sie ein starkes Indiz für die Behauptung des Arbeitgebers darstellen, die Krankheit des Arbeitnehmers sei nur vorgetäuscht; dann müsste der Arbeitnehmer dieses Indiz entkräften (BAG 17. Juni 2003 – 2 AZR 123/02 – Rn. 25 f. und 29 f.).
2. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Arbeitsgericht zu Recht angenommen, dass sich im Streitfall weder der Tatvorwurf noch ein dringender Tatverdacht einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit oder eines genesungswidrigen Verhaltens feststellen lässt.
Nach dem Ergebnis der vom Arbeitsgericht durchgeführten Beweisaufnahme hat der Zeuge G. als behandelnder Hausarzt nicht den Kündigungsvorwurf bzw. Verdacht der Beklagten, sondern die bescheinigte Arbeitsunfähigkeit der Klägerin aufgrund der von ihm gestellten Diagnosen glaubhaft bestätigt. Nach der Aussage des Zeugen sind am 17. Februar 2022, als sich die Klägerin bei ihm vorstellte, nach der bereits abklingenden Post-Covid-Symptomatik die weiteren Diagnosen der arbeitsplatzbedingten Schwierigkeiten (emotionale Belastungssituation) und einer akuten Gastritis (Magen-Darm-Beschwerden) hinzugetreten, die maßgeblich für die von ihm attestierte Arbeitsunfähigkeit waren. Die Aussage des Zeugen, insbesondere die angeführte emotionale Belastungssituation aufgrund des Arbeitsplatzkonfliktes nebst den aufgetretenen Magen-Darm-Beschwerden, ist gemäß der zutreffenden Würdigung des Arbeitsgerichts in sich schlüssig und plausibel. Vor der am 17. Februar 2022 gestellten Diagnose hatte die Beklagte am 9. Februar 2022 die zuvor ausgesprochene Kündigung zurückgenommen und der Klägerin dann nach Wiederaufnahme ihrer Arbeit ab dem 10. Februar 2022 am 15. Februar 2022 zwei Abmahnungen erteilt. Auch der vom Arbeitsgericht beauftragte Gutachter hat in seinem Sachverständigengutachten bestätigt, dass sich die vom Hausarzt bescheinigte Arbeitsunfähigkeit in der Zeit vom 17. bis 27. Februar 2022 aus neurologisch-psychiatrischer Sicht schlüssig nachvollziehen lässt. Zu den angeführten Magenbeschwerden hat er ausgeführt, dass diese mit hoher Wahrscheinlichkeit psychosomatischen Ursprungs sein dürften. Eine emotionale Belastungssituation aufgrund eines Arbeitsplatzkonfliktes und dabei aufgetretene Magen-Darm-Beschwerden psychosomatischen Ursprungs können gemäß den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts regelmäßig nur anhand der Aussagen des Patienten bewertet werden. Dementsprechend vermag die von der Beklagten gerügte fehlende körperliche Untersuchung der Klägerin durch den Hausarzt keine Zweifel an der attestierten Arbeitsunfähigkeit zu begründen. Erst recht kann der vom Arbeitsgericht beauftragte Sachverständige nicht im Nachhinein durch eine körperliche Untersuchung der Klägerin diese vom Hausarzt gestellten Diagnosen bestätigen oder widerlegen. Vielmehr ist vom Gutachter auf der Grundlage seines Sachverstands aus neurologisch-psychiatrischer Sicht überprüft worden, ob sich anhand der Angaben der Klägerin und des Hausarztes mit den von ihm gestellten Diagnosen die attestierte Arbeitsunfähigkeit schlüssig nachvollziehen lässt, was er bestätigt hat. Soweit die Beklagte auf die Möglichkeit mobiler Arbeit bzw. einer Tätigkeit im Homeoffice verwiesen hat, spricht dies nicht für eine tatsächlich vorhandene Arbeitsfähigkeit der Klägerin im fraglichen Zeitraum, weil die angeführte emotionale Belastungssituation der Klägerin aufgrund des Arbeitsplatzkonflikts ebenso wie die zusätzlich aufgetretenen – ggf. psychosomatisch bedingten – Magenbeschwerden als Krankheitsursachen einer weiteren Erbringung ihrer Vertriebstätigkeit unabhängig davon entgegenstehen können, ob die Klägerin ihre Arbeit im Betrieb oder im Homeoffice zu erledigen hat.
Entgegen der Ansicht der Beklagten steht hierzu auch nicht in Widerspruch, dass die Klägerin während ihrer attestierten Arbeitsunfähigkeit eine Reise nach Südtirol zum Skifahren unternommen hat. Die Klägerin hat ihren behandelnden Hausarzt vor ihrer Reise zum Skifahren nach Südtirol ausdrücklich nach seiner ärztlichen Einschätzung gefragt. Der Zeuge hat bei seiner Vernehmung ausgesagt, dass er die Reise befürwortet habe, gerade aufgrund der emotionalen Belastungssituation und der Magenreizung sei eine Ortsveränderung bzw. Abstand zu gewinnen oftmals hilfreich. In Anbetracht der von ihm gestellten Diagnosen erscheint diese ärztliche Einschätzung des Zeugen als plausibel und nachvollziehbar, zumal er der Klägerin nach seiner Aussage auch die dabei zu berücksichtigenden Belastungsgrenzen aufgezeigt hat. Dementsprechend hatte er der Klägerin auf deren Bitte eine entsprechende ärztliche Bescheinigung vom 18. Februar 2022 (Bl. 309 d. A.) erteilt. Danach ist von Klägerin gerade in Anbetracht des Arbeitsplatzkonflikts vor Antritt einer solchen Reise eigens eine ärztliche Einschätzung ihres behandelnden Hausarztes eingeholt worden. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin sich während der von ihrem Hausarzt befürworteten Reise nach Südtirol genesungswidrig verhalten und die ihr aufgezeigten Belastungsgrenzen überschritten hat, sind nicht erkennbar. Zwar war Italien seit dem 1. Januar 2022 als Hochrisikogebiet eingestuft, was dem Zeugen nicht bekannt war. Das ändert aber nichts daran, dass die Klägerin ihre Reise nach Südtirol mit ihrem behandelnden Hausarzt zuvor besprochen und dieser die Reise sogar als gesundheitsförderlich befürwortet hatte. Bei seiner Vernehmung hat der Zeuge auf Nachfrage bekundet, dass die Klägerin seiner Meinung nach ihr Risiko, an Covid zu erkranken, durch die Reise nicht erhöht habe. Jedenfalls ist in Anbetracht der von ihr vor Reiseantritt eingeholten ärztlichen Einschätzung nicht erkennbar, dass sich die Klägerin mit ihrer Reise nach Südtirol bewusst genesungswidrig verhalten bzw. einem erhöhten Gesundheitsrisiko ausgesetzt hat.
Danach hat das Arbeitsgericht zu Recht angenommen, dass sich ein wichtiger Grund i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB bzw. ein Kündigungsgrund i.S.v. § 1 Abs. 2 KSchG zur Rechtfertigung der außerordentlichen bzw. (hilfsweise) ordentlichen Kündigung nicht feststellen lässt.
II. Der danach zur Entscheidung angefallene Auflösungsantrag der Beklagten ist unbegründet. Ein Auflösungsgrund i.S.v. § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG liegt nicht vor.
1. Bewusst wahrheitswidriger Prozessvortrag eines Arbeitnehmers in einem Kündigungsrechtsstreit, den dieser hält, weil er befürchtet, mit wahrheitsgemäßen Angaben den Prozess zu verlieren, ist zwar grundsätzlich geeignet, eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen. Dabei kommt es nicht entscheidend auf die strafrechtliche Einordnung an; ein Arbeitnehmer, der bewusst falsch vorträgt, um sich einen Vorteil im Rechtsstreit mit seinem Arbeitgeber zu verschaffen, verletzt nämlich – ungeachtet der strafrechtlichen Relevanz seines Handelns – in erheblicher Weise seine nach § 241 Abs. 2 BGB auch im gekündigten Arbeitsverhältnis bestehende Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers. Dabei spielt es keine Rolle, ob der wahrheitswidrige Vortrag letztlich für das Gericht entscheidungserheblich ist (BAG 24. Mai 2018 – 2 AZR 73/18 – Rn. 25 – 26).
2. Im Streitfall liegt aber ein solcher Auflösungsgrund nicht vor.
Im Termin vom 12. April 2023 vor dem Arbeitsgericht hat die Klägerin auf Frage des Gerichts erklärt, die Aussage im Gutachten, sie habe sich nicht bewerben dürfen, sei so nicht richtig. Sie hätte sich bewerben dürfen. Auf die im Anschluss daran gestellte Frage der Beklagten hat die Klägerin erklärt: „Nein, beworben habe ich mich tatsächlich aber nicht.“
Die Klägerin war aufgrund der ihr von der Beklagten gestellten Frage nicht gehalten, ihre noch vor Ausspruch der streitgegenständlichen Kündigung vom 11. März 2022 erfolgte Bewerbung vom 3. März 2022 bei der Firma EFG, die sie dann letztlich nicht mehr weiterverfolgt hat, offenzulegen. Die Klägerin musste nicht davon ausgehen, dass sich die ihr allgemein – vor dem Hintergrund der erörterten Anrechnung böswillig unterlassenen Zwischenverdienstes – gestellte Frage überhaupt darauf bezieht.
Im vorliegenden Rechtsstreit geht es um die Frage, ob sich die Klägerin böswillig unterlassenen Zwischenverdienst auf die von ihr geltend gemachte Annahmeverzugsvergütung anrechnen lassen muss (§ 11 Nr. 2 KSchG). Das kann nur dann der Fall sein, wenn die Klägerin es böswillig unterlassen hätte, eine ihr zumutbare Arbeit anzunehmen. Dabei darf die andere Tätigkeit nicht mit den Pflichten aus dem gekündigten Arbeitsverhältnis kollidieren, weshalb insbesondere die Aufnahme einer gegen ein Wettbewerbsverbot verstoßenden Konkurrenztätigkeit unzumutbar wäre (BAG 7. Februar 2024 – 5 AZR 177/23 – Rn. 23). Danach war der Klägerin die Annahme des ihr von der Firma EFG angebotenen Arbeitsvertrags zur Erzielung von Zwischenverdienst nicht zumutbar, weil es sich um eine Konkurrenztätigkeit gehandelt hätte, die sie während des mit der Beklagten bestehenden Arbeitsverhältnisses aufgrund des ihr obliegenden Wettbewerbsverbots nicht hätte aufnehmen dürfen.
Während des rechtlichen Bestehens eines Arbeitsverhältnisses ist einem Arbeitnehmer grundsätzlich jede Konkurrenztätigkeit zum Nachteil seines Arbeitgebers untersagt. Die für Handlungsgehilfen geltende Regelung des § 60 Abs. 1 HGB normiert einen allgemeinen Rechtsgedanken. Der Arbeitgeber soll vor Wettbewerbshandlungen seines Arbeitnehmers geschützt werden. Der Arbeitnehmer darf im Marktbereich seines Arbeitgebers Dienste und Leistungen nicht Dritten anbieten. Dem Arbeitgeber soll dieser Bereich uneingeschränkt und ohne die Gefahr einer nachteiligen Beeinflussung durch den Arbeitnehmer offenstehen. Dem Arbeitnehmer ist aufgrund des Wettbewerbsverbots nicht nur eine Konkurrenztätigkeit im eigenen Namen und Interesse untersagt. Ihm ist ebenso wenig gestattet, einen Wettbewerber des Arbeitgebers zu unterstützen. Allerdings darf er, wenn ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nach § 74 HGB nicht vereinbart ist, schon vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses für die Zeit nach seinem Ausscheiden die Gründung eines eigenen Unternehmens oder den Wechsel zu einem Konkurrenzunternehmen vorbereiten (BAG 23. Oktober 2014 – 2 AZR 644/13 – Rn. 28). Das vertragliche Wettbewerbsverbot gilt während der gesamten rechtlichen Dauer des Arbeitsverhältnisses. Ein Arbeitnehmer darf deshalb grundsätzlich auch nach Zugang einer von ihm gerichtlich angegriffenen fristlosen Kündigung des Arbeitgebers keine Konkurrenztätigkeit ausgeübt haben, falls sich die Kündigung später als unwirksam herausstellt. Er ist in der Regel auch während des – für ihn erfolgreichen – Kündigungsschutzprozesses an das vertragliche Wettbewerbsverbot gebunden. Dies gilt unabhängig davon, ob eine Karenzentschädigung angeboten oder er vorläufig weiterbeschäftigt wird. Seine Obliegenheit aus § 615 Satz 2 BGB bzw. § 11 Nr. 2 KSchG, nicht böswillig anderweitigen Erwerb zu unterlassen, rechtfertigt es nicht, eine Konkurrenztätigkeit im Geschäftsbereich des Arbeitgebers aufzunehmen (BAG 23. Oktober 2014 – 2 AZR 644/13 – Rn. 29)
Die Klägerin ist bei der Beklagten als Leiterin des internationalen Vertriebs beschäftigt. Der ihr von der Firma EFG angebotene Arbeitsvertrag sieht ebenfalls eine Vertriebstätigkeit als „Area Sales Manager Export“ vor. Bei der Firma EFG handelt es sich um eine der führenden international tätigen deutschen Weinkellereien (s. hierzu den Anhang „EFG Werte“ zu dem der Klägerin übermittelten Arbeitsvertragsangebot vom 31. März 2022, Bl. 627 d. A.). Ebenso wie die Firma EFG führt die Beklagte eine der größten deutschen Weinkellereien und betreibt einen internationalen Weinhandel. Wie die Klägerin zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich bei der Firma EFG um ein Konkurrenzunternehmen. Soweit die Beklagte darauf verwiesen hat, dass die Firma EFG ein „völlig anderes Konzept“ verfolge und ein sog. Volumengeschäft durchführe, ändert dies nichts daran, dass beide (Weinkellerei-)Unternehmen gleichwohl im gleichen Marktbereich tätig sind, der dem Arbeitgeber gerade uneingeschränkt und ohne die Gefahr einer nachteiligen Beeinflussung durch den Arbeitnehmer offenstehen soll. Inzwischen ist die Firma EFG nach dem vorgelegten Aushang (Bl. 1036 d. A.) sogar Eigentümerin der Beklagten geworden, was die zuvor bestandene Konkurrenzsituation ebenfalls bestätigt. Die Klägerin hätte daher während ihres Arbeitsverhältnisses zur Beklagten aufgrund des Wettbewerbsverbots keine (Konkurrenz-)Tätigkeit bei der Firma EFG aufnehmen dürfen. Dementsprechend musste die Klägerin auch nicht ihre noch vor Ausspruch der streitgegenständlichen Kündigung erfolgte, dann aber im Hinblick ihren Entschluss, an ihrem Arbeitsverhältnis zur Beklagten festzuhalten, nicht mehr weiterverfolgte Bewerbung bei der Firma EFG offenlegen. Die im Termin vom 12. April 2023 gestellte Frage der Beklagten durfte die Klägerin so verstehen, dass damit anderweitige Bewerbungen zur Erzielung eines (zulässigen) Zwischenverdienstes (i.S.v. § 11 Nr. 2 KSchG) gemeint sind, nicht aber eine früher einmal erfolgte, dann aber fallen gelassene Bewerbung bei einem Konkurrenzunternehmen, zu dem sie nur nach vorheriger Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Beklagten hätte wechseln können.
Im Hinblick darauf kann in der von der Klägerin verneinten Frage nach anderweitigen Bewerbungen kein bewusst wahrheitswidriger Vortrag gesehen werden, der eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG rechtfertigt.
III. Aufgrund des Obsiegens der Klägerin mit der Kündigungsschutzklage und des Unterliegens der Beklagten mit dem Auflösungsantrag ist auch der Weiterbeschäftigungsantrag begründet.
Die Beklagte ist gemäß dem vom Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgestellten Grundsätzen (BAG 27. Februar 1985 – GS 1/84 -) verpflichtet, die Klägerin bis zur rechtskräftigen Beendigung des Kündigungsrechtsstreits weiter zu beschäftigen. Besondere Umstände, die trotz des Obsiegens der Klägerin mit dem Kündigungsschutzantrag und des Unterliegens der Beklagten mit dem Auflösungsantrag ein überwiegendes Interesse an der Nichtbeschäftigung begründen könnten, hat die Beklagte nicht vorgetragen. Insbesondere hat die Klägerin mit der von ihr verneinten Frage nach anderweitigen Bewerbungen zur Erzielung eines Zwischenverdienstes gemäß den obigen Ausführungen keinen versuchten Prozessbetrug begangen.
IV. Das Arbeitsgericht hat der Klägerin zu Recht den geltend gemachten Anspruch auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses zuerkannt.
1. Nach § 109 GewO kann der Arbeitnehmer bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein (Abschluss-)Zeugnis verlangen. Die Voraussetzungen, unter denen ein Arbeitnehmer die Ausstellung eines Zwischenzeugnisses beanspruchen kann, sind gesetzlich nicht geregelt. Soweit tarifliche Regelungen nicht bestehen, kann sich die Verpflichtung zur Erteilung eines Zwischenzeugnisses als vertragliche Nebenpflicht ergeben. Eine solche Verpflichtung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer aus einem triftigen Grund auf ein Zwischenzeugnis angewiesen ist. Das ist u.a. dann anzunehmen, wenn die Parteien gerichtlich über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses streiten (BAG 20. Mai 2020 – 7 AZR 100/19 – Rn. 42; BAG 04. November 2015 – 7 AZR 933/13 – Rn. 39).
2. Danach kann die Klägerin von der Beklagten die Erteilung eines qualifizierten Zwischenzeugnisses beanspruchen. Der erforderliche triftige Grund liegt hier darin, dass die Parteien über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses im vorliegenden Kündigungsschutzverfahren streiten.
V. Die Beklagte ist verpflichtet, die der Klägerin erteilten Abmahnungen vom 14. September 2021 und 15. Februar 2022 aus der Personalakte der Klägerin zu entfernen.
1. Arbeitnehmer können in entsprechender Anwendung von §§ 242, 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB die Entfernung einer zu Unrecht erteilten Abmahnung aus ihrer Personalakte verlangen. Der Anspruch besteht, wenn die Abmahnung inhaltlich unbestimmt ist, unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Arbeitgebers beruht oder den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt, und auch dann, wenn selbst bei einer zu Recht erteilen Abmahnung kein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers mehr an deren Verbleib in der Personalakte besteht (BAG 19. Juli 2012 – 2 AZR 782/11 – Rn. 13).
2. Danach ist der Anspruch auf Entfernung der Abmahnung vom 14. September 2021 und der beiden Abmahnungen vom 15. Februar 2022 begründet.
a) Gemäß den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts (zu 5. b. der Gründe = S. 18 des Urteils), denen das Berufungsgericht folgt (§ 69 Abs. 2 ArbGG), erzeugt die Abmahnung vom 14. September 2021 den unzutreffenden Eindruck, dass die Klägerin in der betreffenden Zeit vom 6. bis 10. September 2021 nicht für die Beklagte gearbeitet hat. Die Beklagte selbst hat in ihrer Berufungsbegründung – wenn auch im Rahmen ihrer Ausführungen zur Begründung der Kündigung – darauf verwiesen, dass die Klägerin auch mobil mit ihrem Laptop hätte arbeiten können. Ausweislich der von der Klägerin mit Schriftsatz vom 14. Juni 2022 vorgelegten Arbeitsergebnisse bzw. zahlreichen E-Mails (Bl. 134 bis 283 d. A.) hat sie das in der fraglichen Zeit vom 6. bis 10. September 2021 auch getan und u.a. auch auf Anweisung an einer Videokonferenz teilgenommen. Der Abmahnungsvorwurf, die Klägerin sei der Arbeit ferngeblieben, ist daher so nicht zutreffend und erweckt jedenfalls den so nicht richtigen Eindruck, die Klägerin habe in der betreffenden Zeit nicht für die Beklagte gearbeitet.
b) Die Abmahnung vom 15. Februar 2022 wegen Nichtangabe eines ihr gewährten Reisekostenvorschusses von 500,00 EUR in ihrer Reisekostenabrechnung vom 22. Juli 2021 (Bl. 106 d.A.) hinsichtlich ihrer Nigeria-Reise ist mangels feststellbarer arbeitsvertraglicher Pflichtverletzung der Klägerin aus der Personalakte zu entfernen.
Nach Ziff. 8 der vorgelegten Reisekostenrichtlinie der Beklagten ist ein erhaltener Reisespesenvorschuss mit der entsprechenden Reisespesenabrechnung zu verrechnen (Bl. 46/47 d. A.). Nach dem unwiderlegten Vortrag der Klägerin erfolgte die vorzunehmende Verrechnung in der Weise, dass die zuständige Mitarbeiterin in der Buchhaltung einen zuvor gewährten Vorschuss jeweils eingetragen und damit bei der Reisespesenabrechnung in Abzug gebracht hat. In der vorgelegten Reisekostenabrechnung der Klägerin vom 22. Juli 2021 (Bl. 106 d. A.) befindet sich zwar oberhalb des errechneten Auszahlungsbetrags auch die Position „Vorschüsse“. Die Klägerin hat aber unwiderlegt vorgetragen, dass für sie diese Position in dem ihr zur Verfügung gestellten Programm nicht zugänglich gewesen sei, sondern vielmehr die Buchhaltung bei der von ihr vorzunehmenden Abrechnung für den Eintrag bzw. Abzug des Vorschusses zuständig gewesen sei. Eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung der Klägerin ist danach nicht feststellbar.
c) Die Abmahnung vom 15. Februar 2022 wegen unterbliebener Meldung und Rückzahlung eines überzahlten Reisekostenvorschusses von 1.000,00 EUR für die von ihr nicht angetretene Reise nach Israel (Bl. 36 d.A.) ist ebenfalls mangels erkennbarer Pflichtverletzung der Klägerin aus der Personalakte zu entfernen.
Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist von der Klägerin unwiderlegt vorgetragen worden, dass der Reisekostenvorschuss bei der Januar-Abrechnung bereits in Abzug gebracht worden sei. Unabhängig davon ist gemäß der zutreffenden Annahme des Arbeitsgerichts jedenfalls nicht erkennbar, ob und wann eine Hinweis- oder Rückzahlungspflicht vor der Abmahnung entstanden und missachtet worden sein soll. Nach dem unwiderlegten Vortrag der Klägerin wurde der Vorschuss in der Vergangenheit von der hierfür zuständigen Buchhaltung automatisch abgezogen oder zurückgefordert. Der Beklagten war bekannt, dass die Klägerin die Reise nach Israel krankheitsbedingt nicht durchgeführt hat. Woraus sich eine darüber hinaus bestehende Meldepflicht der Klägerin eigens gegenüber der Buchhaltung ergeben soll, hat die Beklagte nicht unter Beweisantritt vorgetragen. Vielmehr hat die Klägerin unwiderlegt darauf verwiesen, dass in der Vergangenheit die hierfür zuständige Buchhaltung von sich aus Vorschüsse zurückgefordert habe. Eine Pflichtverletzung der Klägerin ist mithin nicht erkennbar.
VI. Die Klägerin hat Anspruch auf die ihr zuerkannte Vergütung für die Monate Februar und März 2022 in unstreitiger Höhe.
1. Soweit das Arbeitsgericht der Klägerin für die Zeit vom 1. bis 16. Februar 2022 die geltend gemachte Vergütung zuerkannt hat, ist die Berufung gemäß den obigen Ausführungen bereits unzulässig.
2. Die Klägerin hat gemäß § 3 Abs. 1 Satz EFZG Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für die Zeit vom 17. Februar bis 31. März 2022.
Das Berufungsgericht schließt sich insoweit der zutreffenden Begründung des Arbeitsgerichts (zu 8. cc. der Gründe = S. 20 – 22 d. A.) an (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Der hiergegen gerichtete Berufungsangriff ist unbegründet.
Die Klägerin hat in der Zeit vom 10. bis 16. Februar 2022 ihre Arbeitsleistung bei der Beklagten erbracht und war arbeitsfähig. Ein einheitlicher Verhinderungsfall zwischen den vorherigen Arbeitsunfähigkeitszeiten in der Zeit bis zum 9. Februar 2022 und der erneut eingetretenen Arbeitsunfähigkeit ab dem 17. Februar 2022 liegt mithin nicht vor. Gemäß den obigen Ausführungen ist das Berufungsgericht ebenso wie das Arbeitsgericht gemäß dessen zutreffender Beweiswürdigung davon überzeugt, dass die Klägerin tatsächlich in der Zeit ab dem 17. Februar 2022 arbeitsunfähig erkrankt war. Wie bereits oben ausgeführt, sind nach der glaubhaften Aussage des behandelnden Arztes am 17. Februar 2022, als sich die Klägerin bei ihm vorstellte, nach der bereits abklingenden Post-Covid-Symptomatik die weiteren Diagnosen der arbeitsplatzbedingten Schwierigkeiten (emotionale Belastungssituation) und einer akuten Gastritis (Magen-Darm-Beschwerden) hinzugetreten, die maßgeblich für die von ihm attestierte Arbeitsunfähigkeit der Klägerin waren. Dementsprechend hat der behandelnde Arzt zutreffend eine Erstbescheinigung ausgestellt, weil nicht mehr dieselbe Krankheit (Post-Covid-Symptomatik) i.S.v. § 3 Abs. 1 Satz 2 EFZG zur Arbeitsunfähigkeit geführt hat, sondern vielmehr eine andere Erkrankung aufgrund der beiden neu hinzugetretenen Diagnosen (arbeitsplatzbedingte Schwierigkeiten und Gastritis), die nunmehr ausschlaggebend für die attestierte Arbeitsunfähigkeit ab dem 17. Februar 2022 waren.
Die Klägerin hat daher Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall in der Zeit vom 17. Februar bis 31. März 2022. Das in den Monaten Februar und März 2022 bezogene Krankengeld ist zutreffend in Abzug gebracht worden.
VII. Weiterhin hat das Arbeitsgericht der Klägerin zu Recht die geltend gemachte Corona-Prämie in Höhe von 750,00 EUR zuerkannt.
Der Anspruch ergibt sich gemäß der zutreffenden Annahme des Arbeitsgerichts aus einer Gesamtzusage der Beklagten, die in ihrem an alle Mitarbeiter gerichteten Aushang liegt (Bl. 63 d. A.). Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass sie die Klägerin aufgrund der streitgegenständlichen Kündigung habe ausnehmen dürfen, weil die Kündigung gemäß den obigen Ausführungen unwirksam ist.
VIII. Für die Monate April 2022 bis April 2023 besteht ein Anspruch der Klägerin auf Annahmeverzugsvergütung nach § 615 BGB. Soweit das Arbeitsgericht den erstinstanzlichen Klageanträgen zu 13., 15., 16. und 18. – 25. (= Ziff. 11. bis 13. und 15. bis 24. des Urteilstenors) stattgegeben hat, ist die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten ebenfalls unbegründet. In Bezug auf den (nur) von der Berufung der Beklagten umfassten Monat Mai 2022 war nach der zuletzt – mit Zustimmung der Beklagten – vorgenommenen Klagebeschränkung i.S.v. § 264 Nr. 2 ZPO (Abzug des tatsächlich bezogenen Arbeitslosengeldes mit dem höheren Betrag von 2.509,20 EUR) die Berufung mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass in Ziff. 12 des Tenors des erstinstanzlichen Urteils die in Abzug zu bringenden Zahlungen der Bundesagentur für Arbeit nicht „2.341,90 €“, sondern „2.509,20 €“ netto betragen.
1. Die Beklagte ist aufgrund der Unwirksamkeit der von ihr ausgesprochenen Kündigung in Annahmeverzug gemäß §§ 293 ff. BGB geraten, ohne dass es hierzu noch eines Arbeitsangebots der Klägerin bedurfte. Denn in der Kündigung des Arbeitgebers liegt zugleich die Erklärung, die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers nach Ablauf der Kündigungsfrist bzw. bei der fristlosen Kündigung nach deren Zugang nicht mehr anzunehmen (BAG 29. März 2023 – 5 AZR 255/22 – Rn. 13).
2. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin in der Zeit ab April 2022 krankheitsbedingt leistungsunfähig war und danach der Anspruch nach § 297 BGB ausgeschlossen ist, hat die hierfür darlegungs- und beweisbelastete Beklagte gemäß den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts (zu 10. b. bb. der Gründe = S. 24 des Urteils), denen das Berufungsgericht folgt (§ 69 Abs. 2 ArbGG), nicht vorgetragen.
3. Für den Zeitraum bis Mai 2022 ist das Arbeitsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass der Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung nicht wegen eines böswillig unterlassenen Zwischenverdienstes nach §§ 11 Nr. 2 KSchG zu reduzieren ist.
a) § 11 Nr. 2 KSchG bestimmt, dass sich der Arbeitnehmer auf das Arbeitsentgelt, das ihm der Arbeitgeber für die Zeit nach der Entlassung schuldet, das anrechnen lassen muss, was er hätte verdienen können, wenn er es nicht böswillig unterlassen hätte, eine ihm zumutbare Arbeit anzunehmen.
aa) Ein Arbeitnehmer unterlässt böswillig i.S.d. § 11 Nr. 2 KSchG anderweitigen Verdienst, wenn ihm ein Vorwurf daraus gemacht werden kann, dass er während des Annahmeverzugs trotz Kenntnis aller objektiven Umstände vorsätzlich untätig bleibt und eine ihm nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) unter Beachtung des Grundrechts auf freie Arbeitsplatzwahl nach Art. 12 GG zumutbare anderweitige Arbeit nicht aufnimmt oder die Aufnahme der Arbeit bewusst verhindert. Der Arbeitnehmer darf auch nicht vorsätzlich verhindern, dass ihm eine zumutbare Arbeit überhaupt angeboten wird. Böswilligkeit setzt dabei nicht voraus, dass der Arbeitnehmer in der Absicht handelt, den Arbeitgeber zu schädigen. Fahrlässiges, auch grob fahrlässiges Verhalten reicht allerdings nicht aus. In § 11 Nr. 2 KSchG wird dem Arbeitnehmer eine Pflicht zur angemessenen Rücksichtnahme auf die Belange des Arbeitgebers auferlegt. Der Arbeitnehmer soll seine Annahmeverzugsansprüche nicht ohne Rücksicht auf den Arbeitgeber durchsetzen können. Maßgebend sind dabei die gesamten Umstände des Einzelfalls. Erforderlich für die Beurteilung der Böswilligkeit ist damit stets eine unter Bewertung aller Umstände des konkreten Falls vorzunehmende Gesamtabwägung der beiderseitigen Interessen (BAG 7. Februar 2024 – 5 AZR 177/23 – Rn. 17 f.). Im Rahmen dieser Gesamtabwägung kann eine Verletzung sozialrechtlicher Handlungspflichten zu berücksichtigen sein. Meldet sich der Arbeitnehmer nach einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend und geht er deren Vermittlungsangeboten nach, wird ihm regelmäßig keine vorsätzliche Untätigkeit vorzuwerfen sein. Aus § 11 Nr. 2 KSchG kann allerdings nicht abgeleitet werden, der Arbeitnehmer dürfe in jedem Fall ein zumutbares Angebot der Agentur für Arbeit abwarten. Vielmehr kann die Abwägung der Interessen im Einzelfall für ihn auch die Obliegenheit begründen, ein eigenes Angebot abzugeben, wenn sich ihm eine realistische zumutbare Arbeitsmöglichkeit bietet. Der Arbeitnehmer ist jedoch nicht generell und ohne weiteres verpflichtet, sich unermüdlich um eine zumutbare Arbeit zu kümmern. Hiergegen spricht, dass § 11 Nr. 2 KSchG, der an § 615 Satz 2 BGB anknüpft, letztlich wie § 615 Satz 2 BGB eine Billigkeitsregelung enthält. Sie verlangt im Rahmen einer Gesamtabwägung die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) unter Beachtung des Grundrechts auf freie Arbeitsplatzwahl nach Art. 12 GG zu berücksichtigen. Hieraus folgt aber auch, dass der Arbeitgeber die Möglichkeit hat, dem Arbeitnehmer geeignete Stellenangebote, z.B. aus Zeitungsannoncen oder privaten „Jobportalen“ zu übermitteln, um ihn aktiv zur Prüfung anderweitiger Beschäftigungsoptionen zu veranlassen (BAG 7. Februar 2024 – 5 AZR 177/23 – Rn. 19 f.)
bb) Die Beweislast für die Einwendung nach § 11 Nr. 2 KSchG trägt grundsätzlich der Arbeitgeber, der mit dem Ausspruch der unwirksamen Kündigung die Ursache für den Annahmeverzug gesetzt hat.
Der Arbeitgeber hat grundsätzlich im ersten Schritt konkret darzulegen, dass für den Arbeitnehmer im Verzugszeitraum Beschäftigungsmöglichkeiten bestanden. In Bezug auf die Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit hat er ergänzend einen Auskunftsanspruch gegen den Arbeitnehmer. Den Arbeitnehmer trifft insoweit unter Berücksichtigung der aus § 138 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO folgenden Pflicht, sich zu den vom Arbeitgeber behaupteten Tatsachen wahrheitsgemäß und vollständig zu erklären, eine sekundäre Darlegungslast. Die sekundäre Darlegungslast führt allerdings weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Arbeitnehmers, dem Arbeitgeber alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Legt der Arbeitnehmer in diesem Rahmen dar, dass er sich nach einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend gemeldet hat und deren Vermittlungsangeboten sachgerecht nachgegangen ist, wird ihm regelmäßig keine vorsätzliche Untätigkeit vorzuwerfen sein. Zu den unterbreiteten Vermittlungsvorschlägen und seinen hierauf folgenden Bemühungen hat er sich dabei im Prozess näher zu erklären. Die Feststellungslast hinsichtlich der Fragen, ob diese Vermittlungsvorschläge „zumutbare“ und im Fall einer Bewerbung verwirklichbare Erwerbschancen dargestellt haben, bleibt beim Arbeitgeber. Entsprechendes gilt, wenn der Arbeitgeber im Annahmeverzugsprozess darlegt und im Streitfall beweist, dass er dem Arbeitnehmer geeignete Stellenangebote übermittelt hat. Mit diesen hat sich der Arbeitnehmer – im zumutbaren Rahmen – auseinanderzusetzen und sich zu bewerben. Hierzu hat sich der Arbeitnehmer zu erklären und darzulegen, was er unternommen hat (BAG 7. Februar 2024 – 5 AZR 177/23 – Rn. 27 – 29).
b) Im Streitfall hat sich die Klägerin nach der Kündigung des Arbeitsverhältnisses bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend gemeldet. Der Klägerin wurde von der Bundesagentur für Arbeit lediglich ein Vermittlungsvorschlag vom 24. Januar 2023 (Bl. 617, 618 d.A.) unterbreitet, woraufhin die Klägerin sich auch bewarb, aber mit Schreiben vom 22. Februar 2023 (Bl. 630 d.A.) eine Absage erhielt; weitere Vermittlungsvorschläge wurden ihr nicht unterbreitet.
Soweit das Arbeitsgericht im Hinblick auf die von der Beklagte angeführte Beschäftigungsmöglichkeit bei der Firma EFG für die Zeit ab Juni 2022 eine Anrechnung böswillig unterlassenen Zwischenverdienstes in Höhe von monatlich 8.000,00 EUR brutto vorgenommen und insoweit die Klage teilweise abgewiesen hat, ist das Gegenstand der Berufung der Klägerin (dazu unten).
Im Übrigen hat die Beklagte keine konkreten Stellen benannt, die unter Berücksichtigung der Verdienstmöglichkeiten eine zumutbare Tätigkeitsmöglichkeit im streitgegenständlichen Zeitraum hätten darstellen können.
B. Die Berufung der Klägerin ist hinsichtlich der – über die bereits zuerkannten Beträge hinaus – weiterverfolgten Vergütungsansprüche für die Monate Juni 2022 bis April 2023 (erstinstanzliche Klageanträge zu 13., 15., 16, 18. – 25.) begründet, in Bezug auf die begehrte Geldentschädigung wegen Verletzung der DSGVO (erstinstanzlicher Klageantrag zu 17.) hingegen unbegründet.
I. Die Klägerin hat für die Monate Juni 2022 bis April 2023 Anspruch auf die geltend gemachte Annahmeverzugsvergütung in der begehrten Höhe von monatlich 9.000,00 EUR brutto (d.h. über die bereits zuerkannten 1.000,00 EUR brutto hinaus in Höhe von weiteren 8.000,00 EUR brutto pro Monat) abzüglich des bezogenen Arbeitslosengeldes. Entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts muss sich die Klägerin nicht die Vergütung in Höhe von 8.000,00 EUR brutto nach § 11 Nr. 2 KSchG anrechnen lassen, die sie bei der Firma EFG verdient hätte.
Wie oben ausgeführt, war der Klägerin die Annahme des ihr von der Firma EFG angebotenen Arbeitsvertrags zur Erzielung von Zwischenverdienst nicht zumutbar, weil es sich um eine Konkurrenztätigkeit gehandelt hätte, die sie während ihres mit der Beklagten bestehenden Arbeitsverhältnisses aufgrund des ihr obliegenden Wettbewerbsverbots nicht hätte aufnehmen dürfen. Die Klägerin war insbesondere auch nicht etwa gehalten, von sich aus bei der Beklagten nachzufragen, ob diese ihr die Aufnahme einer solchen Konkurrenztätigkeit gestattet. Vielmehr musste und durfte die Klägerin aufgrund des ihr während des bestehenden Arbeitsverhältnisses der Parteien obliegenden Wettbewerbsverbots ohne weiteres davon ausgehen, dass die Aufnahme einer Konkurrenztätigkeit im Geschäftsbereich der Beklagten zur Erzielung von Zwischenverdienst nicht in Betracht kommt. Soweit die Beklagte erst im Verlaufe des Rechtsstreits mit Schreiben vom 18. April 2023 (Bl. 602 d.A.) der Klägerin auf deren Anfrage mitgeteilt hat, dass sie sich während des Kündigungsschutzverfahrens auch bei Konkurrenzunternehmen bewerben und dort Zwischenverdienst erzielen dürfe, ist dieses erst Mitte April 2023 erklärte Einverständnis der Beklagten mit einer Konkurrenztätigkeit der Klägerin für den streitgegenständlichen Zeitraum bis April 2023 unerheblich. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Klägerin nach Erhalt des Schreibens vom 18. April 2023 noch im April 2023 eine anderweitige (Konkurrenz-)Tätigkeit auf einer ihr angebotenen Stelle hätte aufnehmen können.
Wie bereits ausgeführt, hat die Beklagte im Übrigen keine konkreten Stellen benannt, die unter Berücksichtigung der Verdienstmöglichkeiten eine zumutbare Tätigkeitsmöglichkeit im streitgegenständlichen Zeitraum hätten darstellen können. Allein aus dem allgemeinen Verweis der Beklagten darauf, dass Fachkräfte in allen Unternehmen händeringend gesucht würden, lässt sich das Vorhandensein einer tatsächlichen zumutbaren Arbeitsmöglichkeit nicht ableiten. Auf der Grundlage des Vortrags der darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten lässt sich mithin nicht feststellen, ob und inwieweit die Klägerin konkrete und ihr zumutbare Beschäftigungsmöglichkeiten zur Erzielung anderweitigen Verdiensts vorsätzlich nicht wahrgenommen oder bewusst verhindert hat.
Die Klägerin hat nach der im Termin vom 24. Mai 2024 vorgenommenen Antragsbeschränkung die Höhe des bezogenen Arbeitslosengeldes zutreffend angegeben und in ihren Anträgen aufgrund des gesetzlichen Forderungsübergangs in Abzug gebracht.
II. Die Klägerin hat hingegen keinen Anspruch nach § 82 Abs. 1 DSGVO auf die begehrte Geldentschädigung wegen eines Verstoßes gegen die DSGVO (erstinstanzlicher Klageantrag zu 17.)
Gemäß den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts (zu 13. der Gründe = S. 30/31 des Urteils), denen das Berufungsgericht folgt (§ 69 Abs. 2 ArbGG), ergeben sich aus dem Vortrag der für die anspruchsbegründenden Voraussetzungen darlegungs- und beweisbelasteten Klägerin keine Anhaltspunkte für die zur Anspruchsbegründung vorgebrachte heimliche Überwachung bzw. missbräuchliche Nutzung der bezeichneten Software und einen hierdurch verursachten immateriellen Schaden. Das Arbeitsgericht hat zutreffend darauf verwiesen, dass es sich bei der Software „Solar Winds Dame Ware“ um eine klassische Fernwartungssoftware (Remote-Support) handelt, bei der dem Verwender die Einsichtnahme durch den Fernwartenden kenntlich gemacht wird. Soweit die Klägerin ihr Notebook von einem Sachverständigen hat untersuchen lassen, ist dieser nach dem eigenen Vortrag der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 21. September 2022 bei der Suche nach „Spionage-Software“ zu einem negativen Ergebnis gelangt. Als Ergebnis seiner Untersuchung hat er lediglich das Programm „DameWare“ des Herstellers „SolarWinds“ festgestellt, mit dem verschiedene Überwachungs-Aktivitäten auf dem Notebook „potentiell“ durchgeführt werden könnten, während im Übrigen „Spionage-Software“ nicht gefunden worden sei. Allein die theoretische Möglichkeit, dass eine Software, die bestimmungsgemäß zur Fernwartung genutzt wird, auch zweckwidrig und missbräuchlich zur Überwachung eines Arbeitsnehmers hätte eingesetzt werden können, reicht zur Begründung des geltend gemachten Entschädigungsanspruchs nicht aus. Auch der Umstand, dass die Beklagte neben dem installierten Fernwartungsprogramm „Any Desk“ noch die weitere Fernwartungslösung „Solar Winds Dame Ware“ firmenweit auf allen Geräten einsetzt, lässt nicht darauf schließen, dass diese weitere Software missbräuchlich eingesetzt worden sein könnte. Der Klägerin hat selbst mehrfach Unterstützung von der Beklagten aus der Ferne erhalten. Auch wenn der Klägerin nur das auf ihrem Desktop befindliche Fernwartungsprogramm „Any Desk“ bekannt gewesen sein sollte, begründet allein der Einsatz einer anderen Fernwartungssoftware keine Anhaltspunkte für eine gegen die DSGVO verstoßende heimliche Überwachung der Klägerin und einen hierdurch verursachten immateriellen Schaden. Entgegen der Ansicht der Klägerin kommt in Bezug auf die anspruchsbegründenden Voraussetzungen des von ihr auf Art. 82 Abs. 1 DSGVO gestützten Entschädigungsanspruchs im Streitfall keine Umkehr der Beweislast in Betracht. Vielmehr muss die Person, die aufgrund dieser Bestimmung Schadensersatz verlangt, nicht nur den Verstoß gegen Bestimmungen der DSGVO nachweisen, sondern auch, dass ihr dadurch ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist (EuGH 25. Januar 2024 – C-687/21 – Rn. 58 ff.). Soweit die Klägerin daher das Vorbringen der Beklagten unter Verweis auf eine Umkehr der Beweislast bestritten hat, ist dies unerheblich. Soweit die Klägerin vorgebracht hat, dass am 19. Februar 2022 der sog. „Event-Log“ gelöscht worden sein soll, hat die Beklagte darauf verwiesen, dass sie keine Event-Logs auf dem Rechner gelöscht habe und ggf. die Klägerin die Löschung selbst vorgenommen haben müsse, nachdem das Gerät sich bis zu der am 29. März 2022 erfolgten Herausgabe ausschließlich in deren Zugriff befunden habe. Wer ggf. den sog. „Event-Log“ gelöscht haben soll, kann nach dem eigenen Vortrag der Klägerin im Nachhinein nicht mehr festgestellt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
Die Zulassung der Berufung war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.