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Außerordentliche Tat- und Verdachtskündigung – vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit

Eine Vertriebsleiterin einer Weinkellerei klagte erfolgreich gegen ihre Kündigung, nachdem sie während einer Krankschreibung zum Skifahren nach Südtirol gereist war. Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz erklärte die Kündigung für unwirksam, da die Reise ärztlich befürwortet wurde und die Klägerin tatsächlich arbeitsunfähig erkrankt war. Nun muss die Weinkellerei die Frau weiterbeschäftigen und ihr die ausstehende Vergütung zahlen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
  • Datum: 24.05.2024
  • Aktenzeichen: 2 Sa 181/23
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren zu Kündigungsschutz und Zahlungsansprüchen
  • Rechtsbereiche: Arbeitsrecht, Datenschutzrecht

Beteiligte Parteien:

  • Klägerin: Ehemalige Leiterin des internationalen Vertriebs in einer Weinkellerei, die gegen ihre fristlose Kündigung und verschiedene Abmahnungen vorgeht. Sie strebt die Entfernung der Abmahnungen, Weiterbeschäftigung, Erteilung eines Zwischenzeugnisses, Vergütungsansprüche für mehrere Monate und eine Entschädigung wegen angeblicher Verstöße gegen die DSGVO an.
  • Beklagte: Die Weinkellerei, die die Klägerin außerordentlich fristlos und hilfsweise ordentlich gekündigt hat. Sie fordert die Abweisung der Kündigungsschutzklage und erhebt einen Auflösungsantrag unter dem Vorwurf, die Klägerin habe böswillig nicht für einen Zwischenverdienst gesorgt und Prozessbetrug begangen.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Die Klägerin wurde von der Beklagten fristlos gekündigt wegen angeblichem Vortäuschen von Arbeitsunfähigkeit nach einem Skiurlaub während einer Krankschreibung. Weiterhin wurden der Klägerin Abmahnungen wegen unkorrekter Reisekostenabrechnungen erteilt. Die Klägerin klagt daraufhin gegen die Kündigung, verlangt Entfernung der Abmahnungen und macht Gehaltsansprüche für verschiedene Zeiträume geltend. Zudem verlangt sie Schadenersatz wegen eines vermuteten Verstoßes gegen die DSGVO durch installierte Software auf ihrem Arbeitslaptop.
  • Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage ist, ob die fristlose Kündigung gerechtfertigt war und ob die Klägerin böswillig darauf verzichtete, einer konkurrierenden Tätigkeit nachzugehen, um durch die Weigerung eines Zwischenverdienstes das Annahmeverzugsgeld aufrechtzuerhalten. Außerdem, ob es einen Verstoß gegen die DSGVO gab.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Kündigung der Klägerin war ungerechtfertigt. Der Auflösungsantrag der Beklagten wurde abgelehnt. Die Klägerin hat Anspruch auf Annahmeverzugslohn für den streitgegenständlichen Zeitraum. Sie muss sich keinen böswillig unterlassenen Zwischenverdienst anrechnen lassen. Der Anspruch auf Geldentschädigung wegen möglicher DSGVO-Verstöße wurde abgelehnt.
  • Begründung: Die Kündigung war unwirksam, da die vorgelegte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht widerlegt werden konnte, und die Begründung der Beklagten für den Auflösungsantrag wurde als nicht hinreichend stichhaltig angesehen. Zudem bestand ein vertragliches Wettbewerbsverbot, welches die Klägerin während des laufenden Arbeitsverhältnisses daran hinderte, innerhalb einer konkurrierenden Weinkellerei tätig zu werden. Hinsichtlich des DSGVO-Verstoßes fehlten dem Gericht nach Prüfen der Tatsachen hinreichend belastbare Beweise.
  • Folgen: Die Klägerin wird die zu zahlende Vergütung für den erklärten Zeitraum (April 2022 bis April 2023) erhalten und muss weiterhin nicht für einen böswillig unterlassenen Zwischenverdienst aufkommen. Die Beklagte muss die Abmahnungen aus der Personalakte entfernen und ein Zwischenzeugnis ausstellen. Die Klägerin erhält keine Entschädigung für den behaupteten DSGVO-Verstoß. Das Urteil ist ohne Revision rechtskräftig.

Verdachtskündigung bei Arbeitsunfähigkeit: Rechte und Pflichten im Fokus

Das Arbeitsverhältnis basiert auf gegenseitigem Vertrauen und der Erfüllung beiderseitiger Pflichten. Während Arbeitnehmer einen Anspruch auf Lohn und faire Behandlung haben, müssen sie ihrerseits ihre vertraglichen Verpflichtungen gewissenhaft erfüllen. Eine besonders sensible Situation entsteht, wenn Arbeitnehmer ihre Arbeitsunfähigkeit möglicherweise vorgetäuscht haben.

Eine Verdachtskündigung kann eine ernsthafte arbeitsrechtliche Konsequenz sein, wenn Arbeitgeber den Verdacht haben, dass ein Mitarbeiter die Krankmeldung missbraucht. Solche Fälle von potenziellem Leistungsbetrug berühren zentrale Fragen des Arbeitsrechts und der Arbeitnehmerpflichten. Sie erfordern eine sorgfältige rechtliche Prüfung, bei der sowohl die Interessen des Arbeitgebers als auch die Rechte des Arbeitnehmers gewahrt bleiben müssen.

Der Fall vor Gericht


Streit um Kündigung bei Weinkellerei – Arbeitnehmerin gewinnt vor Landesarbeitsgericht

Frau packt Ski-Ausrüstung in helles Wohnzimmer mit Doktorenbrief auf dem Tisch.
Kündigungsschutz bei vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeit | Symbolfoto: Flux gen.

Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hat die Kündigungen einer Leiterin des internationalen Vertriebs einer Weinkellerei für unwirksam erklärt. Die seit 2017 beschäftigte Mitarbeiterin, die ein monatliches Bruttogehalt von 9.000 Euro erhielt, hatte gegen eine außerordentliche sowie hilfsweise ordentliche Kündigung vom März 2022 geklagt.

Kündigung wegen Skiurlaubs während Krankschreibung gescheitert

Der Arbeitgeber stützte die Kündigung darauf, dass die Mitarbeiterin während einer Krankschreibung im Februar 2022 eine mehrtägige Reise nach Südtirol zum Skifahren unternommen hatte. Das Gericht folgte dieser Argumentation nicht. Die Beweisaufnahme ergab, dass die Arbeitnehmerin tatsächlich arbeitsunfähig erkrankt war. Der behandelnde Hausarzt bestätigte eine emotionale Belastungssituation aufgrund von Arbeitsplatzkonflikten sowie eine akute Gastritis. Die Reise nach Südtirol hatte der Arzt ausdrücklich befürwortet, da eine Ortsveränderung bei den vorliegenden Diagnosen als gesundheitsförderlich eingeschätzt wurde.

Weiterbeschäftigung und Vergütungsansprüche durchgesetzt

Das Gericht verpflichtete die Weinkellerei, die Mitarbeiterin zu unveränderten Bedingungen weiterzubeschäftigen. Zudem wurden der Klägerin Vergütungsansprüche für den Zeitraum von Februar 2022 bis April 2023 zugesprochen. Die monatlichen Zahlungen in Höhe von 9.000 Euro brutto sind um das jeweils bezogene Arbeitslosengeld zu reduzieren. Ein von der Beklagten hilfsweise gestellter Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses wurde abgewiesen.

Abmahnungen müssen aus Personalakte entfernt werden

Drei Abmahnungen, die der Mitarbeiterin im September 2021 und Februar 2022 erteilt wurden, müssen aus der Personalakte entfernt werden. Die erste Abmahnung wegen angeblichen Fernbleibens von der Arbeit war nicht gerechtfertigt, da die Klägerin nachweislich mobil gearbeitet hatte. Bei den beiden weiteren Abmahnungen wegen Reisekostenvorschüssen konnte das Gericht keine Pflichtverletzungen der Mitarbeiterin feststellen.

Corona-Prämie auch für gekündigte Mitarbeiter

Die Klägerin hat außerdem Anspruch auf eine Corona-Prämie in Höhe von 750 Euro. Der Arbeitgeber hatte diese per Aushang allen Mitarbeitern zugesagt. Die zwischenzeitlich ausgesprochene Kündigung rechtfertigt nach Auffassung des Gerichts keine Ausnahme von dieser Zusage, da die Kündigung unwirksam ist.

Keine Geldentschädigung wegen DSGVO-Verstoß

Eine von der Klägerin zusätzlich begehrte Geldentschädigung wegen eines angeblichen Verstoßes gegen die DSGVO wurde abgewiesen. Die Installation einer zweiten Fernwartungssoftware auf ihrem Dienstlaptop reiche nicht als Nachweis für eine unzulässige Überwachung aus.


Die Schlüsselerkenntnisse

„Das Urteil stärkt die Position von Arbeitnehmern bei der Durchsetzung von Gehaltsansprüchen auch nach einer Kündigung. Es bestätigt, dass Arbeitnehmer Anspruch auf die volle vereinbarte Vergütung haben, wobei erhaltenes Arbeitslosengeld angerechnet wird. Zudem wird deutlich, dass Kündigungen ohne ausreichende Begründung vor Gericht keinen Bestand haben und Arbeitgeber nicht einseitig das Arbeitsverhältnis durch einen Auflösungsantrag beenden können.“

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Ihr Arbeitgeber Ihnen kündigt, haben Sie das Recht, Ihre vollen Gehaltsansprüche einzufordern – auch für die Zeit nach der Kündigung, falls diese unwirksam ist. Sie müssen dabei lediglich das erhaltene Arbeitslosengeld (hier 2.509,20 € pro Monat) anrechnen lassen. Besonders wichtig: Auch wenn Sie während des Rechtsstreits nicht arbeiten können, steht Ihnen Ihr volles Gehalt zu, solange Sie Ihre Arbeitskraft anbieten. Das Gericht schützt Sie vor ungerechtfertigten Kündigungen und verhindert, dass Arbeitgeber einseitig das Arbeitsverhältnis beenden können.

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Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist oft ein einschneidendes Erlebnis, verbunden mit Unsicherheit und vielen offenen Fragen. Gerade die Durchsetzung von Gehaltsansprüchen nach einer Kündigung gestaltet sich häufig schwierig und komplex. Wir unterstützen Sie dabei, Ihre Rechte als Arbeitnehmer wahrzunehmen und Ihre Ansprüche gegenüber Ihrem Arbeitgeber geltend zu machen. Dabei stehen wir Ihnen mit unserer Expertise im Arbeitsrecht zur Seite und beraten Sie umfassend und individuell zu Ihrer Situation. Sprechen Sie uns an, um Ihre Möglichkeiten zu besprechen und gemeinsam die beste Strategie für Ihr Anliegen zu entwickeln.

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Häufig gestellte Fragen zum Thema

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was sind die rechtlichen Folgen einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit?

Das Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit stellt eine schwerwiegende Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten dar und zieht erhebliche rechtliche Konsequenzen nach sich.

Arbeitsrechtliche Konsequenzen

Die fristlose Kündigung ist die gravierendste Folge einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit. Der Arbeitgeber kann das Arbeitsverhältnis nach § 626 BGB außerordentlich kündigen, da eine vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nachhaltig zerstört.

Eine vorherige Abmahnung ist bei einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit in der Regel nicht erforderlich, da es sich um eine derart schwerwiegende Pflichtverletzung handelt.

Strafrechtliche Folgen

Eine vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit erfüllt den Tatbestand des Betrugs nach § 263 StGB, wenn der Arbeitnehmer vorsätzlich falsche Tatsachen vorspiegelt, um sich einen rechtswidrigen Vermögensvorteil durch Entgeltfortzahlung zu verschaffen. Dies kann zu einer Geld- oder sogar Freiheitsstrafe führen.

Finanzielle Konsequenzen

Der Arbeitgeber kann bei nachgewiesener vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeit:

  • Die Entgeltfortzahlung verweigern
  • Schadensersatzansprüche geltend machen, wenn durch die vorgetäuschte Krankheit ein betrieblicher Schaden entstanden ist
  • Die bereits geleistete Entgeltfortzahlung zurückfordern

Beweislast und Nachweispflicht

Der Arbeitgeber trägt die Beweislast für die vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit. Eine bloße Vermutung reicht nicht aus. Der Arbeitgeber muss konkrete Tatsachen vorbringen, die den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttern. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn der angeblich arbeitsunfähige Arbeitnehmer bei Tätigkeiten beobachtet wird, die mit der bescheinigten Erkrankung unvereinbar sind.

Wird der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert, muss der Arbeitnehmer substantiiert darlegen:

  • Welche konkreten Krankheiten vorlagen
  • Welche gesundheitlichen Einschränkungen bestanden
  • Welche Verhaltensmaßregeln der Arzt gegeben hat
  • Welche Medikamente eingenommen wurden

Die rechtlichen Folgen einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit sind also weitreichend und können die berufliche Existenz erheblich gefährden.


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Welche Aktivitäten sind während einer Krankschreibung erlaubt?

Eine Krankschreibung bedeutet keinen „Hausarrest“. Grundsätzlich sind alle Aktivitäten erlaubt, die der Genesung nicht im Wege stehen oder diese sogar fördern. Die Beurteilung hängt dabei immer von der individuellen Erkrankung und den ärztlichen Anweisungen ab.

Alltägliche Aktivitäten

Sie dürfen während einer Krankschreibung:

  • Lebensmittel einkaufen und zur Apotheke gehen
  • Ihr Kind zur Kita oder Schule bringen
  • Spazieren gehen und sich an der frischen Luft bewegen
  • Arzttermine wahrnehmen

Freizeitaktivitäten und Sport

Bei Freizeitaktivitäten kommt es auf die Art der Erkrankung an:

Mit einem gebrochenen Arm dürfen Sie beispielsweise:

  • Ins Kino oder Restaurant gehen
  • Auf dem Laufband trainieren
  • An kulturellen Veranstaltungen teilnehmen

Bei einer Grippe oder einem Infekt sollten Sie hingegen:

  • Keine anstrengenden Aktivitäten unternehmen
  • Nicht ins Schwimmbad gehen
  • Größere Menschenansammlungen meiden

Bei psychischen Erkrankungen können bestimmte Aktivitäten sogar förderlich sein:

  • Sport und Bewegung
  • Soziale Kontakte pflegen
  • Kulturelle Veranstaltungen besuchen

Reisen und Ortswechsel

Wenn Sie verreisen möchten, gilt:

  • Die Reise darf die Genesung nicht gefährden
  • Sie müssen Ihren Arbeitgeber informieren
  • Bei Bezug von Krankengeld ist die Zustimmung der Krankenkasse erforderlich

Verbotene Aktivitäten

Strikt untersagt sind:

  • Aktivitäten, die die Genesung nachweislich verzögern
  • Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit
  • Entgeltliche Nebentätigkeiten ohne Genehmigung
  • Missachtung ärztlicher Anweisungen

Wenn Sie unsicher sind, ob eine Aktivität erlaubt ist, sollten Sie dies mit Ihrem behandelnden Arzt besprechen. Bei Zweifeln gilt: Die ärztliche Einschätzung ist maßgebend.


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Welche Beweise muss der Arbeitgeber für eine Verdachtskündigung vorlegen?

Bei einer Verdachtskündigung muss der Arbeitgeber objektive Tatsachen vorlegen, die einen dringenden Tatverdacht begründen. Diese Tatsachen müssen eine große Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer schwerwiegenden Pflichtverletzung aufzeigen.

Anforderungen an die Beweisführung

Der Arbeitgeber muss konkret darlegen, worauf sich sein Verdacht stützt. Bloße Vermutungen oder vage Verdächtigungen reichen nicht aus. Die Verdachtsmomente müssen so schwerwiegend sein, dass sie das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zerstören können.

Notwendige Aufklärungsmaßnahmen

Vor Ausspruch der Verdachtskündigung muss der Arbeitgeber:

  • Alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternehmen
  • Den Arbeitnehmer zu den Vorwürfen anhören und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme geben
  • Die Anhörung unter Hinzuziehung eines Zeugen protokollieren

Besonderheiten bei vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeit

Wenn Sie einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit verdächtigt werden, muss Ihr Arbeitgeber zunächst den hohen Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttern. Dies gelingt ihm nur durch Vorlage konkreter Tatsachen, die ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit des Attests begründen.

Der Arbeitgeber muss dabei zeitnah auf Verdachtsmomente reagieren. Eine zu lange Verzögerung kann zum Verlust des Kündigungsrechts führen. Wenn Sie als Arbeitnehmer mit Verdachtsmomenten konfrontiert werden, haben Sie das Recht, diese zu entkräften und Entlastungstatsachen vorzubringen.


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Was müssen Arbeitnehmer bei einer Krankschreibung dokumentieren?

Bei einer Krankschreibung müssen Sie als Arbeitnehmer folgende Aspekte sorgfältig dokumentieren und beachten:

Unverzügliche Meldepflicht

Sie sind verpflichtet, dem Arbeitgeber unverzüglich die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer mitzuteilen. Diese Mitteilung sollte am besten noch vor Arbeitsbeginn erfolgen. Dokumentieren Sie dabei:

  • Zeitpunkt der Krankmeldung
  • Art der Mitteilung (Telefon, E-Mail etc.)
  • Name des Ansprechpartners

Ärztliche Bescheinigung

Spätestens ab dem vierten Tag der Arbeitsunfähigkeit benötigen Sie eine ärztliche Bescheinigung. Bewahren Sie für Ihre Unterlagen auf:

  • Den Ausdruck der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für Ihre persönlichen Unterlagen
  • Das Datum des Arztbesuchs
  • Die bescheinigte Dauer der Arbeitsunfähigkeit

Kommunikation während der Krankschreibung

Dokumentieren Sie während der Krankschreibung sorgfältig:

  • Jegliche Kontaktaufnahme durch den Arbeitgeber
  • Wichtige dienstliche Anfragen und Ihre Antworten darauf
  • Verlängerungen der Arbeitsunfähigkeit

Besondere Situationen

Bei Erkrankung im Ausland müssen Sie zusätzlich dokumentieren:

  • Die Adresse am Aufenthaltsort
  • Die Art der Übermittlung der Krankmeldung
  • Den Zeitpunkt der Mitteilung an Arbeitgeber und Krankenkasse

Die Dokumentation dieser Aspekte ist wichtig, da Sie als Arbeitnehmer im Streitfall die Erfüllung Ihrer Mitteilungspflichten nachweisen können müssen. Eine lückenlose Dokumentation schützt Sie vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen wie Abmahnungen oder Kündigungen.


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Welche Fristen gelten für eine Außerordentliche Kündigung bei Verdacht auf vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit?

Bei einer außerordentlichen Kündigung wegen des Verdachts einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit gilt eine strikte Zwei-Wochen-Frist nach § 626 Abs. 2 BGB. Diese Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, an dem der Arbeitgeber von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt.

Beginn der Zwei-Wochen-Frist

Die Frist startet erst dann, wenn der Arbeitgeber ausreichende Kenntnisse über die Umstände hat, die den Verdacht einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit begründen. Führt der Arbeitgeber zunächst noch Ermittlungen durch, um den Sachverhalt aufzuklären, beginnt die Frist erst nach Abschluss dieser Ermittlungen.

Reaktionsmöglichkeiten des Arbeitnehmers

Wenn Sie als Arbeitnehmer eine außerordentliche Kündigung erhalten, müssen Sie innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Kündigungsschutzklage erheben. Versäumen Sie diese Frist, wird die Kündigung automatisch wirksam – auch wenn sie ursprünglich rechtswidrig war.

Besonderheiten bei der Verdachtskündigung

Bei einer Verdachtskündigung wegen vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeit muss der Arbeitgeber Sie vor Ausspruch der Kündigung anhören. Die Zwei-Wochen-Frist beginnt in diesem Fall erst nach Ihrer Anhörung, da der Arbeitgeber erst dann alle relevanten Informationen für seine Entscheidung hat.

Eine verspätet ausgesprochene außerordentliche Kündigung ist unwirksam. In diesem Fall kann der Arbeitgeber nur noch eine ordentliche Kündigung unter Einhaltung der regulären Kündigungsfristen aussprechen.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar - Fachbegriffe aus dem Arbeitsrecht

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Außerordentliche Kündigung

Eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus wichtigem Grund ohne Einhaltung der üblichen Kündigungsfrist (§ 626 BGB). Sie ist nur zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, die eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der normalen Kündigungsfrist unzumutbar machen. Beispielsweise bei schwerwiegenden Vertragsverletzungen wie Diebstahl oder Betrug. Anders als bei der ordentlichen Kündigung muss sie innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntwerden der Gründe ausgesprochen werden.


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Verdachtskündigung

Eine besondere Form der Kündigung, bei der der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aufgrund eines schwerwiegenden Verdachts einer Straftat oder Pflichtverletzung beendet, ohne dass die Tat zweifelsfrei nachgewiesen ist. Nach § 626 BGB muss der Verdacht auf objektiven Tatsachen basieren und so stark sein, dass er das Vertrauensverhältnis nachhaltig zerstört. Der Arbeitgeber muss vor Ausspruch der Kündigung alle zumutbaren Aufklärungsmaßnahmen ergreifen und dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme geben.


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Abmahnung

Eine förmliche Rüge des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer wegen einer konkreten Pflichtverletzung (§ 314 BGB). Sie dient als Warnung und ist in der Regel Voraussetzung für eine verhaltensbedingte Kündigung. Die Abmahnung muss den Verstoß konkret beschreiben und auf die möglichen Konsequenzen bei Wiederholung hinweisen. Zum Beispiel: Eine Abmahnung wegen wiederholten Zuspätkommens mit der Androhung der Kündigung im Wiederholungsfall.


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Auflösungsantrag

Ein rechtliches Instrument im Kündigungsschutzprozess nach § 9 KSchG, mit dem der Arbeitgeber die gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung beantragen kann, auch wenn die Kündigung unwirksam ist. Dies ist möglich, wenn Gründe vorliegen, die eine weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht erwarten lassen. Das Gericht entscheidet dann über die Höhe der Abfindung und den Zeitpunkt der Auflösung.


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Arbeitsunfähigkeit

Ein durch Krankheit oder Unfall bedingter Zustand, der es dem Arbeitnehmer unmöglich macht, seine arbeitsvertraglichen
Pflichten zu erfüllen (§ 3 EFZG). Die Arbeitsunfähigkeit muss durch einen Arzt festgestellt und bescheinigt werden. Der Arbeitnehmer hat während der Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Entgeltfortzahlung für bis zu sechs Wochen. Wichtig: Arbeitsunfähigkeit bedeutet nicht automatisch, dass der Arbeitnehmer bettlägerig sein muss oder das Haus nicht verlassen darf.


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Vergütungsanspruch

Der gesetzlich garantierte Anspruch des Arbeitnehmers auf Zahlung des vereinbarten Arbeitsentgelts (§ 611a BGB). Er besteht auch bei unverschuldeter Arbeitsverhinderung wie Krankheit (Entgeltfortzahlung) oder wenn der Arbeitgeber die Arbeitsleistung nicht annimmt (Annahmeverzug nach § 615 BGB). Der Anspruch umfasst alle vereinbarten Vergütungsbestandteile wie Grundgehalt, Zulagen oder Prämien.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 611a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Dieser Paragraph regelt die grundlegenden Pflichten aus dem Arbeitsvertrag, insbesondere die Leistung von Arbeit durch den Arbeitnehmer und die Zahlung von Lohn durch den Arbeitgeber. Er stellt sicher, dass Arbeitnehmer für ihre erbrachte Arbeitsleistung angemessen entlohnt werden. Zudem verpflichtet er den Arbeitgeber zur pünktlichen und vollständigen Zahlung des vereinbarten Lohns.

    Im vorliegenden Fall fordert die Klägerin die ausstehenden Bruttolöhne für mehrere Monate ein, was direkt auf die vertraglichen Verpflichtungen gemäß § 611a BGB zurückzuführen ist.

  • Kündigungsschutzgesetz (KSchG): Das KSchG schützt Arbeitnehmer vor sozial ungerechtfertigten Kündigungen und regelt die Voraussetzungen, unter denen eine Kündigung wirksam ist. Es stellt sicher, dass Kündigungen nur aus verhaltens-, personen- oder betriebsbedingten Gründen erfolgen können und dass das soziale Auswahlkriterium beachtet wird.

    Im vorliegenden Fall wird die Wirksamkeit der außerordentlichen und ordentlichen Kündigung diskutiert, wodurch das KSchG eine zentrale Rolle bei der Bewertung der Kündigungsgründe und -verfahren spielt.

  • § 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Dieser Paragraph behandelt die fristlose Kündigung aus wichtigem Grund und legt fest, unter welchen Umständen eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses möglich ist. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn Tatsachen gegeben sind, aufgrund derer dem kündigenden Teil die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder der vereinbarten Beendigung unmöglich ist.

    Die Klägerin und Beklagte streiten über die Rechtmäßigkeit einer außerordentlichen Kündigung, wodurch § 626 BGB maßgeblich für die Beurteilung der Kündigungsgründe ist.

  • Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III): Das SGB III regelt die Arbeitsförderung in Deutschland, einschließlich Leistungen der Bundesagentur für Arbeit wie Arbeitslosengeld. Es bestimmt auch die Voraussetzungen und Berechnungsgrundlagen für diese Leistungen und deren Abzug bei erfolglosen Lohnansprüchen.

    In diesem Fall werden Zahlungen der Bundesagentur für Arbeit von den ausstehenden Löhnen abgezogen, was die Anwendung von Bestimmungen des SGB III erforderlich macht.

  • § 280 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Dieser Paragraph befasst sich mit dem Schadensersatz wegen Pflichtverletzung im Vertragsrecht. Er legt fest, dass der Schuldner bei Verletzung einer vertraglichen Pflicht dem Gläubiger den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen hat, sofern nicht Erfüllung ausgeschlossen ist.

    Die ausstehenden Lohnzahlungen und die daraus resultierenden Ansprüche der Klägerin auf Schadensersatz stehen im Zusammenhang mit § 280 BGB, da der Arbeitgeber seinen vertraglichen Zahlungspflichten nicht nachgekommen ist.


Das vorliegende Urteil


Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz – Az.: 2 Sa 181/23 – Urteil vom 24.05.2024


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