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Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses – Wiedereinstellungsanspruch

LAG Hamm, Az: 3 Sa 1243/15, Urteil vom 02.12.2015

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 24.06.2015 – 5 Ca 2556/14 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses sowie einen Wiedereinstellungsanspruch der Klägerin.

Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses - WiedereinstellungsanspruchDie 59-jährige Klägerin war bereits von 1975 – 1986 als Zivilangestellte für die Streitkräfte des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland in E tätig. Ab dem 15. März 1993 wurde sie erneut in der Dienststelle in E beschäftigt. Auf Grundlage eines zwischen der Klägerin und der DTE I Ranges & Training Area abgeschlossenen Arbeitsvertrages vom 24. Juni 2010 (Bl. 15 ff. d. A.). wurde sie ab dem 01 Juli 2010 als Geräte- und Unterkunftsverwalterin in der Dienststelle in I beschäftigt. Die Beschäftigungsbedingungen richteten sich nach den Bestimmungen des Tarifvertrages für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV AL II) in der jeweils gültigen Fassung. Die Klägerin wurde eingruppiert in die Tarifgruppe C 6/E.

In der Dienststelle in I wurden zuletzt 23 zivile Arbeitskräfte beschäftigt. Dort besteht eine Betriebsvertretung. Die Dienststelle wurde durch die Personalverwaltung der Dienststelle E betreut.

Mit Schreiben vom 19. August 2014 (Bl. 45, 46 d. A.) informierte die oberste Dienstbehörde der britischen Stationierungsstreitkräfte in Deutschland die Hauptbetriebsvertretung über die beabsichtigte Schließung der Dienststelle in I bis zum 31.03.2015 und die Beendigung der Arbeitsverhältnisse der dort beschäftigten zivilen Arbeitskräfte zum 31. Oktober 2015. Mit diesem Schreiben sollte das Mitwirkungsverfahren der Hauptbetriebsvertretung eingeleitet werden. Mit Schreiben vom selben Tag (Bl. 108 ff. d. A.) wurde zugleich gegenüber der Hauptbetriebsvertretung das Mitwirkungsverfahren wegen der beabsichtigten Schließung der Dienststelle H zum 31. Dezember 2016 eingeleitet. Die örtliche Betriebsvertretung in I wurde ebenfalls am 19. August 2014 durch den Dienststellenleiter über die beabsichtigte Schließung der Dienststelle zum 31. März 2015 in Kenntnis gesetzt.

Am 20. August 2014 wurde durch das MMC Board der Streitkräfte die Besetzung einer Stelle eines Rail Desk Coordinator (C 6) in der Dienststelle in C genehmigt. Die Stelle, auf die sich u. a. auch die Klägerin beworben hat, wurde Ende August 2014 mit dem Technical Plan & Support-Officer K aus der Dienststelle in H besetzt.

Mit Schreiben vom 16. September 2014 (Bl. 50 d. A.) wurde die Betriebsvertretung I über die beabsichtigte Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin zum 31. Oktober 2015 angehört. Mit Schreiben vom 18. September 2014 (Bl. 51 d. A.) erklärte sich die Betriebsvertretung mit der Maßnahme einverstanden. Mit Schreiben vom 30. September 2014 (Bl. 21, 22 d. A.) kündigte die Defence Infrastructure Organisation SD Training Germany (West) daraufhin das Arbeitsverhältnis der Klägerin zum 31.10.2015.

Am 09. Dezember 2014 teilte der inzwischen in C tätige Mitarbeiter K der dortigen Personalleitung mit, dass er die Stelle des Rail Desk Coordinator nicht dauerhaft ausüben möchte. Noch am selben Tag wurde die Stelle erneut ausgeschrieben (Bl. 54 ff. d. A.). Auf die Stelle bewarb sich neben der Klägerin u. a. der Site Estate Authority Team Member Technical Officer T. Herr T ist 1966 geboren, verheiratet, zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet und ist seit dem 01. Januar 1994 bei den britischen Streitkräften tätig. Am 29. Januar 2015 wurden die Klägerin und Herr T zu einem Eignungsgespräch eingeladen. Nachfolgend wurde die Stelle des Rail Desk Coordinators in C mit Herrn T besetzt.

Mit ihrer am 09. Oktober 2014 bei Gericht eingegangenen und später erweiterten Klage wendet sich die Klägerin gegen die Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses und macht hilfsweise einen Anspruch auf Wiedereinstellung als Rail Desk Coordinator in C geltend.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass nach dem Tarifvertrag über Rationalisierungs-, Kündigungs- und Einkommensschutz (SchutzTV) ihr die Stelle des Rail Desk Coordinators hätte angeboten werden müssen. Sie sei für die Stelle geeignet. Während ihrer Beschäftigung bei den britischen Streitkräften habe sie bereits acht Jahre im Bereich Transport gearbeitet. Während dieser Zeit habe sie zahlreiche Fortbildungen im Bereich Transport/Logistik wahrgenommen.

Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, dass ihr Arbeitsverhältnis mit dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland durch die Kündigung der Defence Infrastructure Organisation SD Training Germany (West) vom 30. September 2014 nicht aufgelöst werden wird,

2. die Beklagte zu verurteilen, ihr Angebot, sie als Rail Desk Coordinator in der Einheit C auf der am 09. Dezember 2014 unter dem AZ: 123456 ausgeschriebenen Stelle unbefristet weiter zu beschäftigen, anzunehmen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, die Kündigung sei im Hinblick auf die Schließung der Dienststelle I durch dringende betriebliche Erfordernisse sozial gerechtfertigt. Die freie Stelle des Rail Desk Coordinators an der Dienststelle C hätte der Klägerin gar nicht angeboten werden müssen, weil die Dienststelle C nicht im kündigungsrelevanten Einzugsgebiet der Dienststelle I läge. Hierzu behauptet sie, die Entfernung zwischen der Dienststelle C und I betrage 97,67 km Luftlinie bzw. 145,21 km übliche Fahrstrecke. Die Entfernung zwischen der Dienststelle C und dem Wohnort der Klägerin betrage 88,74 km bzw. 150,51 Kilometer. Die Entfernung zwischen der Dienststelle C und der Dienststelle H betrage hingegen nur 16,27 km bzw. 18,78 km. Der Bewerber T erreiche zwar nach der Vereinbarung über soziale Auswahlverfahren nur 99 Punkte gegenüber 107 Punkten für die Klägerin, das Eignungsgespräch habe jedoch gezeigt, dass Herr T mit deutlichem Vorsprung besser für die Stelle geeignet sei als die Klägerin.

Mit Urteil vom 24.06.2015 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, die Kündigungsschutzklage sei unbegründet. Die Kündigung sei durch dringende betriebliche Erfordernisse i. S. d. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG bedingt.

Die Schließung der Dienststelle in I beruhe auf einer rechtlich zulässigen Organisationsentscheidung der Streitkräfte. Solche Organisationsentscheidungen könnten vom Gericht inhaltlich nicht nachgeprüft werden. Sie seien grundsätzlich als gegeben hinzunehmen und unterlägen lediglich einer Missbrauchskontrolle. Zwischen den Parteien stehe außer Streit, dass die britischen Streitkräfte bereits im August 2014 die endgültige unternehmerische Entscheidung getroffen hätten, den Standort in I zum 31. März 2015 zu schließen. Mit der Schließung des Standortes entfalle zugleich auch der Beschäftigungsbedarf für eine Geräte- und Unterkunftsverwalterin in I.

Die Klägerin habe auch nicht auf einem anderen Arbeitsplatz weiter beschäftigt werden können. Zum hier maßgeblichen Zeitpunkt des Zugangs der streitgegenständlichen Kündigung am 30. September 2014 habe für die Klägerin keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit bestanden. Die von der Kläger benannte Stelle als Rail Desk Coordinator der Dienststelle C sei zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung durch den Mitarbeiter K aus der Dienststelle H besetzt gewesen. Zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung sei auch nicht absehbar gewesen, dass diese Stelle bereits am 09. Dezember 2014 wieder frei werden würde. Die Kündigung sei auch nicht nach § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG sozial ungerechtfertigt.

Die Sozialauswahl habe sich allein auf die Dienststelle in I erstreckt. Da unstreitig sämtliche Beschäftigte der Dienststelle von der Schließung betroffen gewesen seien, habe es keiner Sozialauswahl bedurft.

Die Kündigung sei auch nicht mangels ordnungsgemäßer Anhörung der Betriebsvertretung unwirksam. In Bezug auf anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten reiche es aus, dass der Betriebsvertretung mitgeteilt werde, dass solche Möglichkeiten für den Arbeitnehmer nicht bestünden. Die Dienststellenleitung habe sich auf eine schlagwortartige Umschreibung des Kündigungsgrundes beschränken können, da unstreitig die Betriebsvertretung bereits ausführlich über die beabsichtigte Schließung der Dienststelle informiert worden sei.

Auch der hilfsweise gestellte Antrag auf Wiedereinstellung sei unbegründet. Ein Wiedereinstellungsanspruch komme in Betracht, wenn sich die der betriebsbedingten Kündigung zugrundeliegende Vorstellung des Arbeitgebers über die Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten nachträglich als unzutreffend herausstelle. Dazu müsse sich zwischen dem Ausspruch der Kündigung und dem Ablauf der Kündigungsfrist unvorhergesehen eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit ergeben. Ein Wiedereinstellungsanspruch bestehe dann nicht, wenn berechtigte Interessen des Arbeitgebers der Wiedereinstellung entgegenstehen. Solche entgegenstehenden Interessen des Arbeitgebers könnten insbesondere dann vorliegen, wenn er bereits anderweitige Dispositionen getroffen habe. Dies sei u. a. dann der Fall, wenn der Arbeitgeber den frei gewordenen Arbeitsplatz schon wieder mit anderen Arbeitnehmern besetzt habe. Eine Ausnahme bestehe dann, wenn der Arbeitgeber den – erneuten – Wegfall der in Betracht kommenden Beschäftigungsmöglichkeit treuewidrig herbeigeführt habe. Wenn es für einen frei gewordenen Arbeitsplatz mehrere Bewerber gebe, dürfe der Arbeitgeber unter diesen nicht willkürlich auswählen, sondern habe anhand betrieblicher Belange und sozialer Gesichtspunkte eine den §§ 242, 315 BGB genügende Auswahlentscheidung zu treffen. Unter Berücksichtigung dieser Kriterien hätten die Streitkräfte die Einstellung der Klägerin ablehnen dürfen. Dabei könne zugunsten der Klägerin ferner als wahr unterstellt werden, dass sie ebenso wie der zum Zug gekommene Mitbewerber für die ausgeschriebene Stelle fachlich geeignet wäre. Auch in diesem Falle sei die Auswahlentscheidung nicht nach §§ 242, 315 BGB zu beanstanden. Ein Arbeitnehmer könne sich im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses auf eine fehlerhafte Sozialauswahl nur dann berufen, wenn er deutlich sozial schutzwürdiger sei als der vergleichbare Arbeitnehmer. Im Rahmen eines Wiedereinstellungsanspruches könnten die Kriterien, die an die Auswahlentscheidung des Arbeitgebers zu stellen seien, nicht schärfer sein. Bei in etwa vergleichbarer Betriebszugehörigkeit sei die Klägerin gegenüber dem Mitbewerber T zwar deutlich älter, dieser sei jedoch gegenüber seiner Ehefrau und zwei Kindern unterhaltspflichtig. Unter Berücksichtigung dieser unstreitigen Sozialdaten sei die Klägerin nicht als deutlich schutzwürdiger im Verhältnis zum Mitbewerber anzusehen.

Gegen das unter dem 30. Juli 2015 zugestellte Urteil, auf dessen Entscheidungsgründe im Übrigen Bezug genommen wird, hat die Klägerin unter dem 20. August 2015 Berufung zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese zugleich begründet.

Sie verbleibt bei ihrer Auffassung, die Kündigung sei schon im Wege nicht ordnungsgemäßer Anhörung der Betriebsvertretung unwirksam. Das Arbeitsgericht habe zwar zu Recht darauf hingewiesen, dass es im Rahmen der Anhörung hinsichtlich von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten ausreiche, darauf hinzuweisen, dass solche Möglichkeiten nicht gegeben seien; im Anhörungsschreiben werde jedoch mit keinem Wort auf etwaige Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten eingegangen. Solche seien nicht einmal schlagwortartig mitgeteilt worden. Allein die Information über die beabsichtigte Schließung der Dienststelle reiche ihrer Meinung nach nicht aus, da hinsichtlich der Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten individuell auf die betroffenen Beschäftigten abgestellt werden müsse.

Zu Unrecht habe das Arbeitsgericht ihrer Meinung nach auch den Hilfsantrag abgewiesen. Es habe die Regelungen des SchutzTV nicht berücksichtigt. Unwidersprochen falle sie in den persönlichen und sachlichen Geltungsbereich dieses Tarifvertrages. Sie habe sich vor Ablauf der Kündigungsfrist auf die am 9. Dezember 2014 ausgeschriebene Stelle in C beworben und damit im Sinne des § 4 Ziffer. 3a) SchutzTV ihren Wunsch geäußert, auch einen gleichwertigen Arbeitsplatz außerhalb des im Tarifvertrag definierten Einzugsbereichs von 60 km anzunehmen. Sie sei für die ausgeschriebene Stelle geeignet und habe daher ein Anspruch auf Angebot dieses Arbeitsplatzes gehabt, wohingegen sich der Mitbewerber T nicht auf die Vorschriften des SchutzTV berufen könne. Dieser sei zum Zeitpunkt der Übertragung des Arbeitsplatzes ungekündigt gewesen.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 24. Juni 2015 abzuändern und festzustellen, dass ihr Arbeitsverhältnis mit dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland durch die Kündigung der Defence Infrastructure Organisation SD Training Germany (West) vom 30. September 2014 nicht aufgelöst wurde, hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, ihr Angebot, sie als Rail Desk Coordinator in der Einheit C auf der am 09. Dezember 2014 unter dem AZ: 123456 ausgeschriebenen Stelle unbefristet weiter zu beschäftigen, anzunehmen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, die Berufung sei bereits unzulässig, weil die Klägerin lediglich den Sachverhalt wiederhole, der sich bereits aus der ersten Instanz ergebe. Darüber hinaus teile die Klägerin einerseits ihr Unverständnis mit, dass das Arbeitsgericht die Anhörung der Betriebsvertretung für ordnungsgemäß gehalten habe und behaupte andererseits erneut, einen Anspruch auf ein Angebot des Arbeitsplatzes gehabt zu haben; damit setze sie sich nicht hinreichend mit den Entscheidungsgründen des Arbeitsgerichts auseinander.

Jedenfalls habe das Arbeitsgericht das Urteil nachvollziehbar und ordnungsgemäß begründet.

Zum einen sei ausreichend begründet, weshalb die Anhörung der Betriebsvertretung wirksam gewesen sei. Zutreffend habe das Arbeitsgericht ausgeführt, dass die Dienststellenleitung sich auf die schlagwortartige Umschreibung des Kündigungsgrundes habe beschränken können. Alle Schreiben des HBV-Verfahrens seien in Kopie an die örtlichen BV-Mitglieder weitergeleitet worden. So folglich auch das Schreiben an die HBV vom 1. September 2014, in dem ausdrücklich darauf hingewiesen worden sei, dass alle zutreffenden tariflichen Bestimmungen Anwendung finden. Diese sehen unter anderem einen Unterbringungsanspruch in § 4 SchutzTV vor. Alle Beteiligten wüssten, dass dann, wenn es zu einer Anhörung zur betriebsbedingten Kündigung komme, sie zuvor alle wesentlichen Parameter in der Prüfungsabfolge nach den tariflichen und betrieblichen Vereinbarungen inzidenter durchgeprüft habe.

Hinsichtlich des Wiedereinstellungsanspruchs habe das Arbeitsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass ein solcher dann erlösche, wenn der freigewordene Arbeitsplatz wieder mit einem anderen Arbeitnehmer besetzt worden sei. Die Ausnahme, dass der Wegfall der in Betracht kommenden Beschäftigungsmöglichkeit treuwidrig herbeigeführt worden sei, liege nicht vor. Sie habe den Gang des Auswahlverfahrens und des Prüfungsgespräch dargelegt und durch Vorlage von Gesprächsprotokollen nachgewiesen. Insbesondere habe sie nachvollziehbar begründet, weshalb der Bewerber T fachlich besser geeignet sei für die frei gewordene Stelle als die Klägerin.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet.

A.

Durchgreifende Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung bestehen nicht.

I.

Die Berufung ist statthaft gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, 2 c) ArbGG.

Die Berufung ist auch fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, §§ 517 ff. ZPO.

II.

Die Berufung ist auch in ausreichender Weise durch die Klägerin begründet worden.

1.

Nach § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Bezeichnung der Umstände enthalten, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Die Vorschrift soll gewährleisten, dass der Rechtsstreit für die Berufungsinstanz ausreichend vorbereitet wird, indem sie den Berufungsführer anhält, die Beurteilung des Streitfalls durch den Erstrichter zu überprüfen und darauf hinzuweisen, in welchen Punkten und mit welchen Gründen das angefochtene Urteil für unrichtig gehalten wird. Dadurch soll bloß formelhaften Berufungsbegründungen entgegengewirkt und eine Beschränkung des Rechtsstoffs im Berufungsverfahren erreicht werden. Demnach muss die Berufungsbegründung jeweils auf den Streitfall zugeschnitten sein und im Einzelnen erkennen lassen, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art sowie aus welchen Gründen der Berufungskläger das angefochtene Urteil für unrichtig hält. Eine schlüssige, rechtlich haltbare Begründung kann zwar nicht verlangt werden, doch muss die Berufungsbegründung sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn es diese bekämpfen will (BAG 15.08. 2002, EzA ZPO § 519 Nr. 14).

Der Berufungsführer muss zumindest den Kern der Auseinandersetzung, mit der er die Entscheidung des Arbeitsgerichts angreifen will, darlegen und ein Mindestmaß an Begründungsaufwand betreiben (BAG 19.10.2010, DB 2011, 540).

2.

Diesen Anforderungen genügt die Berufungsbegründung der Klägerin.

Die Klägerin hat hinsichtlich des Kündigungsschutzantrages ausgeführt, aus welchen Gründen sie die Anhörung der Betriebsvertretung für nicht ordnungsgemäß erachtet, weil dezidierte Ausführungen zum Fehlen einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit nicht gemacht worden seien. Damit hat sie in ausreichender Weise die Auffassung des Arbeitsgerichts angegriffen, die Anhörung der Betriebsvertretung sei ordnungsgemäß unter Mitteilung des maßgeblichen Kündigungsgrundes erfolgt.

Auch hinsichtlich des hilfsweise geltend gemachten Wiedereinstellungsanspruchs hat die Klägerin, soweit dies überhaupt für die Zulässigkeit der Berufung noch erforderlich gewesen wäre, ausgeführt, aus welchen rechtlichen Gesichtspunkten ihrer Meinung nach eine Auswahlentscheidung zwischen ihr und dem anderen Bewerber gar nicht hätte getroffen werden dürfen, sondern ihr zwingend der Vorrang einzuräumen gewesen wäre.

B.

Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet.

Auch nach ihrem Vorbringen im Berufungsverfahren ist das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die streitbefangene Kündigung wirksam aufgelöst worden (I.). Ebenso hat die Klägerin keinen Anspruch auf Annahme ihres Angebots zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses (II.).

I.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die Kündigung vom 30. September 2014 wirksam aufgelöst worden.

1.

Die Klägerin ist den Ausführungen des Arbeitsgerichts zum Vorliegen dringender betrieblicher Erfordernisse im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG infolge Vorliegens einer nicht auf sachliche Rechtfertigung oder Zweckmäßigkeit hin zu überprüfender unternehmerische Entscheidung zur Schließung des Standortes und zum Fehlen einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit an anderer Stelle zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung als dem maßgeblichen Überprüfungszeitpunkt ebenso wenig entgegengetreten, wie den Ausführungen dazu, dass eine Sozialauswahl nicht auf die Dienststelle in E zu erstrecken war und eine Unwirksamkeit der Kündigung sich daher auch nicht über § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG ergibt.

Die Kammer schließt sich insoweit den überzeugenden Ausführungen des Arbeitsgerichts an.

2.

Die Wirksamkeit der Kündigung scheitert des Weiteren nicht an einer nicht ordnungsgemäßen Anhörung der maßgeblichen Betriebsvertretung.

a)

Grundsätzlich gelten im Bereich des durch das ZA-NTS modifizierte Mitwirkungsverfahren nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz die Anforderungen, die an eine ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrates im Sinne des §§ 102 BetrVG zu stellen sind (BAG 25.10.2012, EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 171).

§ 102 Absatz 1 Satz 2 BetrVG erfordert, dass der Arbeitgeber dem Betriebsrat die Gründe für die Kündigung mitzuteilen hat.

Hierzu ist es erforderlich, dass der Arbeitgeber dem Betriebsrat neben den Personalien des zu kündigenden Arbeitnehmers, der Kündigungsabsicht, der Kündigungsart ggfs. des Kündigungstermins und der Kündigungsfrist auch deutlich genug die Kündigungsgründe mitteilt (BAG 12.08.1976, EzA BetrVG 1972 § 102 Nr. 25; BAG 13.07.1978, EzA BetrVG 1972 § 102 Nr. 35; BAG 26.01.1995, EzA BetrVG 1972 § 102 Nr. 87).

Nur bei Mitteilung dieser Tatsachen kann nach der ständigen Rechtsprechung des BAG von einer wirksamen Anhörung des Betriebsrates gemäß § 102 Absatz 1 Satz 1 BetrVG ausgegangen werden.

Aus dem Sinn und Zweck des Anhörungsverfahrens folgt, dass die nähere Umschreibung des für die Kündigung maßgeblichen Sachverhalts erforderlich ist.

Der Arbeitgeber muss daher Tatsachen angeben, aus denen er seinen Kündigungsentschluss herleitet. Der Arbeitgeber darf sich dabei nicht auf die kurze, pauschale, schlagwortartige und stichwortartige Benennung derselben beschränken, sondern hat die Tatsachen so genau und umfassend zu schildern, dass der Betriebsrat auch ohne eigene Nachforschung in die Lage versetzt wird, die Stichhaltigkeit der für die beabsichtigte Kündigung angegebenen Gründe zu prüfen und sich für seine Stellungnahme ein eigenes Bild machen kann (BAG 02.11.1983, EzA BetrVG 1972 § 102 Nr. 53; BAG 27.06.1985, EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 60; BAG 26.01.1995, EzA BetrVG 1972 § 102 Nr. 87; BAG 29.01.1997, EzA § 611 BGB Aufhebungsvertrag Nr. 27; BAG 07.11.2002, EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 50).

b)

Unter Berücksichtigung dieser Kriterien liegt eine ordnungsgemäße Anhörung der Betriebsvertretung vor.

Die Anhörung vom 16. September 2014 beinhaltet neben der Mitteilung der Sozialdaten der Klägerin die dargestellte Absicht, der Klägerin zu einem bestimmten Zeitpunkt, dem 31. Oktober 2015, ordentlich zu kündigen. Zur Begründung wird die Schließung der Dienststelle angegeben. Mitteilungen zur Sozialauswahl bedurfte es nicht, da die Anhörung subjektiv determiniert ist und die Beklagte davon ausgegangen ist, mangels vergleichbarer Arbeitnehmer eine Sozialauswahl nicht durchführen zu müssen.

Das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Anhörung scheitert auch nicht daran, dass gesonderte Mitteilungen zu fehlenden Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten ausdrücklich nicht erfolgt sind. In Bezug auf anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten reicht es regelmäßig aus, dass der Betriebsvertretung mitgeteilt wird, solche Möglichkeiten beständen für den Arbeitnehmer nicht (BAG 21.09.2000, EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 107; BAG 25.10.2012, aaO). Dabei liegt in der Mitteilung an die Betriebsvertretung vom Wegfall des Arbeitsplatzes zumeist der für ihn erkennbare Hinweis, adäquate Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten seien nicht gegeben (BAG, 21.09.2000, aaO). Wenn der Betriebsvertretung darüber hinaus unwidersprochen die Mitteilung an die Hauptbetriebsvertretung vom 01. September 2014 übermittelt worden ist, in der ausgeführt ist, dass alle zutreffenden tarifrechtlichen Bestimmungen Anwendung finden, ergibt sich daraus in ausreichender Weise, dass Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten geprüft und nicht gesehen worden sind.

II.

Es bestand auch keine mit dem Hilfsantrag der Klägerin geltend gemachte Verpflichtung, ihr Angebot auf unbefristete Weiterbeschäftigung an einem anderen Dienstort anzunehmen.

1.

Nach Ausspruch einer arbeitgeberseitigen betriebsbedingten Kündigung kann sich ein Wiedereinstellungsanspruch ergeben, wenn sich zwischen Ausspruch der Kündigung und Ablauf der Kündigungsfrist unvorhergesehen eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit ergibt, der Arbeitgeber mit Rücksicht auf die Kündigung noch keine Dispositionen getroffen hat und die Fortsetzung für ihn zumutbar ist (BAG 27.02.1997, DB 1997, 1414). Steht die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit erst nach Ablauf der Kündigungsfrist fest, kommt nur ausnahmsweise ein Wiedereinstellungsanspruch in Betracht; diesen Regeln zur Begründung eines Wiedereinstellungsanspruch können berechtigte Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen (BAG 09.11.2006, EzA BGB 2002 § 311a Nr. 1).

Der Wiedereinstellungsanspruch besteht daher nur dann, wenn wider Erwarten der Arbeitsplatz erhalten bleibt oder sich eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf einem anderen frei werdenden oder neu geschaffenen Arbeitsplatz ergibt, auf den der Arbeitnehmer kraft Weisungsrechtes des Arbeitgebers eingesetzt werden könnte.

Entsprechend sieht § 4 Ziffer 1 SchutzTV für den Zeitraum zwischen Zugang der Kündigung und Ablauf der Kündigungsfrist grundsätzlich einen Unterbringungsanspruch vor, soweit ein verfügbarer oder bis zum Ablauf der Kündigungsfrist verfügbar werdender Arbeitsplatz bei entsprechender Eignung des betroffenen Arbeitnehmers gegeben ist.

Dabei besteht kein Streit der Parteien darüber, dass die Klägerin unter den persönlichen und sachlichen Geltungsbereich nach den §§ 1 und 2 SchutzTV fällt, da sie die Voraussetzungen nach § 1 Ziffer 1 erfüllt und eine organisatorische Maßnahme im Sinne des § 2 Ziffer 2 vorliegt.

2.

Der in Rede stehende Arbeitsplatz als Rail Desk Coordinator in C stellt sich im Sinne der tarifvertraglichen Bestimmung nicht als verfügbarer Arbeitsplatz dar.

Als verfügbar in diesem Sinne sind solche Arbeitsplätze anzusehen, die nach der betrieblichen Organisationsstruktur vorhanden sind oder neu geschaffenen werden und unbesetzt sind.

Bei dem in Rede stehenden Arbeitsplatz handelt es sich jedoch um keinen solchen frei gewordenen und damit verfügbaren Arbeitsplatz, da die Beklagte gehalten war, diesen mit einem von Kündigung bedrohten Arbeitnehmer zu besetzen. Bei dem Bewerber T, dem dieser Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt worden ist, handelt es sich um einen Arbeitnehmer, der von einer Kündigung bedroht war, da die Schließung seiner Dienststelle zum 31. Dezember 2016 bereits beschlossen war. Dieses war der Hauptbetriebsvertretung bereits mit Schreiben vom 19. August 2014 mitgeteilt worden. Gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b) Kündigungsschutzgesetz ist eine Kündigung auch dann sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer, dessen Arbeitsplatz in Wegfall gerät, an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweiges an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebietes weiterbeschäftigt werden kann.

Unter den Parteien besteht kein Streit darüber, dass es sich bei dem in Rede stehenden Arbeitsplatz in C um einen solchen handelt, der innerhalb des Einzugsgebietes hinsichtlich der von Stilllegung bedrohten Dienststelle in H handelt. Wenngleich damit der Bewerber T noch nicht unter den Geltungsbereich des SchutzTV fiel, war die Beklagte gehalten, ihm zur Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung einen solchen Arbeitsplatz anzubieten. Die zwingenden Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes werden insoweit nicht durch die Bestimmungen des SchutzTV überlagert. Die Beklagte musste sich nicht dem Risiko aussetzen, einen Arbeitsplatz mit einem bereits gekündigten Arbeitnehmer zu besetzen, wenn absehbar war, dass ein anderer ungekündigter, aber von Kündigung bedrohter Arbeitnehmer sich im Falle einer Kündigung darauf berufen könnte, ein freier Arbeitsplatz sei wieder mit einem gekündigten Arbeitnehmer besetzt worden.

Dabei sind auch die Grundsätze zu beachten, die die Rechtsprechung hinsichtlich des Wegfalls von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten durch Stellenbesetzung vor dem Zeitpunkt des Zugangs einer Kündigung entwickelt hat.

Danach soll es einem Arbeitgeber verwehrt sein, sich nach dem Rechtsgedanken des § 162 BGB auf den Wegfall von Beschäftigungsmöglichkeiten im Kündigungszeitpunkt zu berufen, wenn dieser Wegfall treuwidrig herbeigeführt wurde. Dies ist der Fall, wenn im Zeitpunkt des Kündigungszugangs eine Beschäftigungsmöglichkeit nicht mehr vorhanden ist, ein freier Arbeitsplatz aber vor dem Zugang der Kündigung besetzt wurde. Eine treuwidrige Vereitelung der Weiterbeschäftigungsmöglichkeit kann dem Arbeitgeber aber nur dann vorgehalten werden, wenn sich ihm die Möglichkeit der Weiterbeschäftigung aufdrängen musste (z.B. BAG 24.11.2005, EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 51; BAG 05.06.2008, EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 161). War daher abzusehen, dass der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers T entfällt, könnten sich die Streitkräfte nicht darauf berufen, für ihn eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit nicht zu haben, weil ein freier Arbeitsplatz im Einzugsbereich seiner Einheit neu besetzt worden ist.

Die Verpflichtung der Beklagten, eine Weiterbeschäftigung auf einem adäquaten Arbeitsplatz zu ermöglichen, geht insoweit einer Unterbringungsverpflichtung vor. Dem steht nicht der Umstand entgegen, dass der Arbeitsplatz des Bewerbers T voraussichtlich erst zum Ende des Jahres 2016 entfallen wäre; maßgeblich ist insoweit, dass der Beklagten bei der Wiederbesetzung des Arbeitsplatzes als Rail Desk Coordinator bereits der künftige Entfall des Arbeitsplatzes des Arbeitnehmers T bekannt war. Das Bundesarbeitsgericht hat zudem in anderem Zusammenhang es bereits als äußerst fraglich angesehen, ob § 4 Ziffer 3 a SchutzTV überhaupt im Rahmen der Weiterbeschäftigungspflicht nach § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b KSchG zu berücksichtigen ist und den Einzugsbereich, auf den das Gesetz für eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit abstellt, erweitern kann (BAG 22.09.2005, EzA Kündigungsschutzgesetz § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 141).

3.

Auch dann, wenn zwischen der Klägerin und dem Bewerber T eine Konkurrenzsituation um die Besetzung des Arbeitsplatzes anzunehmen wäre und die Streitkräfte gehalten gewesen wären, nach den Kriterien der Sozialauswahl entsprechend § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG den Arbeitsplatz zu besetzen, wäre die Auswahlentscheidung nicht zu bemängeln.

a)

Bei der sozialen Auswahl steht dem Arbeitgeber kein Ermessensspielraum zur Seite, denn es geht bei der sozialen Auswahl nicht um Rechtsfolgefragen beziehungsweise ein einseitiges Bestimmungsrecht des Arbeitgebers, sondern um ein Tatbestandsmerkmal für die sozial ungerechtfertigte Kündigung. Geringfügige Unterschiede in der sozialen Schutzbedürftigkeit sind dabei als unbeachtlich anzusehen, weil der Arbeitgeber nach § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG soziale Gesichtspunkte nur „ausreichend“ zu berücksichtigen hat. Dem Arbeitgeber steht jedoch ein gewisser Bewertungsspielraum insoweit zur Verfügung, da es keinen allgemeinverbindlichen Bewertungsmaßstab dafür gibt, wie die einzelnen Sozialdaten zueinander ins Verhältnis zu setzen sind (BAG 18.10.1984, EzA, § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 34; BAG 05.12.2002, EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 49, BAG 02.06.2005, EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 61; BAG 09.11.2006, EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 71).

Die Auswahlentscheidung muss nur vertretbar sein und nicht notwendig der Entscheidung entsprechen, die das Gericht getroffen hätte, wenn es eigenverantwortlich soziale Erwägungen hätte anstellen müssen (BAG 18.01.2007, EzA KSchG § 2 Nr. 64).

Hieraus folgt, dass nur deutlich schutzbedürftigere Arbeitnehmer mit Erfolg die vorgenommene Auswahl rügen können (BAG 25.04.1985, EzA, § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 35; BAG 05.12.2002, EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 49, BAG 02.06.2005, EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 61; BAG 18.01.2007, EzA KSchG § 2 Nr. 64).

Unter Berücksichtigung dieser Kriterien handelt es sich bei dem Arbeitnehmer T jedenfalls nicht um einen solchen, der sich als deutlich weniger schutzbedürftig aufgrund seiner maßgeblichen Sozialdaten darstellt. Sowohl die Klägerin als auch dieser weisen eine fast gleich lange Betriebszugehörigkeit auf. Die Klägerin verfügt zwar um ein um elf Jahre höheres Lebensalter, mit dem zudem die Chancen auf dem Arbeitsmarkt eingeschränkt sind, dafür verfügte der Arbeitnehmer T über drei Unterhaltspflichten gegenüber seiner Ehefrau und zwei Kindern. Mit diesen Sozialdaten erweist sich der Arbeitnehmer T als mindestens gleich schutzbedürftig wie die Klägerin, jedenfalls nicht als deutlich weniger schutzbedürftig.

Soweit die Streitkräfte mit der Hauptbetriebsvertretung eine Vereinbarung über soziale Auswahlverfahren vom 07.06.2004 getroffen haben und sich unter Anwendung dieser Vereinbarung für die Klägerin eine höhere Punktzahl ergibt, steht dies der Annahme einer mindestens gleichen Schutzbedürftigkeit des Arbeitnehmers T nicht entgegen. Diese Auswahlrichtlinie erweist sich als grob fehlerhaft und führt daher jedenfalls nicht zu einer Bindung an die dort vorgenommene Gewichtung.

Grobe Fehlerhaftigkeit in diesem Sinne liegt dann vor, wenn die Gewichtung der Kriterien Alter, Betriebszugehörigkeit und Unterhaltspflichten sowie Schwerbehinderung jede Ausgewogenheit vermissen lässt, d.h. wenn einzelne Sozialdaten überhaupt nicht, eindeutig unzureichend oder mit eindeutig überhöhter Bedeutung berücksichtigt werden (BAG 05.06.2008 EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 81; BAG 21.01.1999 EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 39).

Vorliegend ist eine Unterhaltspflicht je Person lediglich mit 2 Punkten bemessen. Über Unterhaltspflichten lässt sich daher regelmäßig ein nennenswerter Punktestand nicht erreichen. Wenn dann insbesondere schon nach dem vollendeten fünften Beschäftigungsjahr 2 Punkte je Jahr angesetzt werden und sich dieser Punktewert nochmals je Jahr ab dem 11. Beschäftigungsjahr erhöht, zeigt dies, dass Unterhaltspflichten regelmäßig für das Ergebnis einer Sozialauswahl ohne Bedeutung sind und das Ergebnis regelmäßig nicht beeinflussen können.

4.

Es konnte daher dahingestellt bleiben, ob hinsichtlich der Besetzung des freien Arbeitsplatzes eine zumindest annähernd gleiche Eignung der Klägerin wie beim Arbeitnehmer T erforderlich war und eine solche nach dem Ergebnis des Eignungsgesprächsblatts zu verneinen war.

C.

Die Klägerin hat die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage des Zusammenspiels zwischen der Bestimmung des § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Buchstabe b) KSchG und Bestimmungen des SchutzTV war die Revision nach § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen.

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