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Befristetes Arbeitsverhältnis – Prozessarbeitsverhältnis – Vertretungskette

Landesarbeitsgericht Köln – Az.: 2 Sa 209/11 – Urteil vom 30.05.2011

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 24.11.2010 – 18 Ca 5199/10 – abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit eines für die Zeit vom 01.01.2010 bis 30.06.2010 befristeten Arbeitsvertrages sowie im Berufungsverfahren darum, ob ein am 23.12.2010 geschlossener Prozessarbeitsvertrag eine wirksame Befristung enthält.

Der 29 Jahre alte ledige Kläger war bei der Beklagten aufgrund Arbeitsvertrages vom 18.11.2008 zunächst in der Zeit vom 19.11.2008 bis zum 31.01.2009 gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG befristet beschäftigt. Er war als Assistent im Regionalen IT-Service der Beklagten auf der Tätigkeitsebene VI eingesetzt. Dieses Arbeitsverhältnis wurde zweimal ebenfalls auf der Grundlage von § 14 Abs. 2 TzBfG befristet verlängert, zuletzt bis zum 31.12.2009.

Mit Vertrag vom 22.12.2009 schlossen die Parteien einen neuen befristeten Arbeitsvertrag vom 01.01.2010 bis zum 30.06.2010 ab, wobei sich die Tätigkeit des Klägers insoweit änderte, als er als Fachassistent der Tätigkeitsebene V beschäftigt wurde. Der Arbeitsplatz des Klägers lag in B und gehörte zur Abteilung I . Die Tätigkeiten des Klägers lagen im Wesentlichen in der Freischaltung von Benutzerzugängen.

Die Parteien fertigten unter dem 22.12.2009 einen Vermerk zum befristeten Arbeitsvertrag, in dem festgehalten wurde, dass Befristungsgrund die Vertretung des anderweitig beauftragten Stelleninhabers Herrn B S gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 3 TzBfG sei. Wie unstreitig geblieben ist, war Herr S aufgrund gleichartigem aber unbefristeten Arbeitsvertrags mit Tätigkeiten der Tätigkeitsebene V eingesetzt. In der Zeit vom 08.09.2009 bis zum 07.09.2010 erhielt Herr S vorübergehend eine höherwertige Tätigkeit zugewiesen.

Hierzu hat die Beklagte folgende unstreitige Vertretungskette dargelegt: Durch Ausscheiden eines Stelleninhabers wurde der Mitarbeiter B in der Zeit vom 03.08.2009 bis zum 03.08.2010 zur Erprobung von der Tätigkeitsebene III auf die Tätigkeitsebene II als IT-Ingenieuer mit Leitungsfunktionen befördert. Diese Beförderung war ausdrücklich mit einer Probezeit versehen. Mit Wirkung vom 08.09.2009 wurde der Mitarbeiter P ebenfalls befristet mit den bisherigen Aufgaben des Mitarbeiters B beauftragt und zu diesem Zwecke ebenfalls widerruflich von Vergütungsebene IV auf Vergütungsebene III höhergruppiert. Der im Befristungsvermerk des Klägers genannte Mitarbeiter S erhielt dementsprechend die befristete höherwertige Tätigkeit des Mitarbeiters P . Bei dieser Tätigkeit war er im Bereich Infrastruktur K am Arbeitsort K tätig.

Die Stelle, die der Mitarbeiter B vor seiner probeweisen Beförderung innegehabt hatte, wurde vorzeitig mit dem Mitarbeiter K nachbesetzt. Aufgrund der Stellennachbesetzung wurde die befristete höherwertige Tätigkeit des Mitarbeiters P zum 30.04.2010 beendet, diejenige des Mitarbeiters S bereits zum 30.06.2010 beendet. Seit diesem Zeitpunkt ist der Mitarbeiter S wieder wie zuvor im Vorort Support A tätig.

Nachdem die Beklagte zunächst behauptet hatte, der Kläger sei mit den Tätigkeiten des Mitarbeiters S , die dieser vor seinem befristeten höherwertigen Einsatz verrichtet hatte, beschäftigt worden, hat die Beklagte dies erstinstanzlich bereits dahin korrigiert, dass der Kläger lediglich auf der Ebene, innerhalb der der Mitarbeiter S entsprechend seinem Stammarbeitsplatz hätte gleichwertig versetzt werden können, eingesetzt wurde und dass der Befristungsvermerk der gedanklichen Zuordnung diene. Dem Mitarbeiter S hätten per Direktionsrecht die Tätigkeiten, die dem Kläger mit befristetem Vertrag vom 22.12.2009 übertragen wurden, ebenfalls übertragen werden können. Nachdem der Kläger gerügt hatte, eine Versetzung des Mitarbeiters S nach B , von wo aus der Kläger tätig war, überschreite das Direktionsrecht, hat die Beklagte in der Kammerverhandlung vor dem Landesarbeitsgericht dargestellt, dass zu dem Bereich I , in dem der Kläger tätig war, Arbeitsplätze sowohl in B als auch in B G gehören und dass zu dem die Arbeit vorübergehend auch von A aus hätte verrichtet werden können, da die Freischaltung der Benutzeroberflächen, also die Arbeitsaufgaben des Klägers, nicht von einem konkreten Arbeitsplatz aus vorgenommen werden müssten.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Ein Kausalzusammenhang zwischen der befristeten Zuweisung höherwertiger Tätigkeit an den Mitarbeiter S und dem befristet abgeschlossenen Arbeitsvertrag mit dem Kläger sei nicht gegeben. Der Kläger sei in die unmittelbare Vertretungskette nicht eingebunden gewesen und habe die Tätigkeiten des Mitarbeiters S nicht übernommen.

Mit der Berufung beantragt die Beklagte, das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 24.11.2010 – Az.: 18 Ca 5199/10 – abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte vertritt die Ansicht, dass die in den Befristungsvermerk aufgenommene Regelung der Vertretung für den Mitarbeiter S in hinreichender Weise die gedankliche Zuordnung der Tätigkeiten darstelle. Eine Darstellung, wer konkret die bisher vom Mitarbeiter S durchgeführten Arbeiten während dessen Fehlen am Stammarbeitsplatz verrichtet habe, sei nicht erforderlich. Demgegenüber vertritt der Kläger die Ansicht, der Mitarbeiter S sei nicht, wie in den vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fällen abwesend, da er tatsächlich betriebliche Aufgaben, wenn auch anderer Art, verrichtet habe. Deshalb sei bereits gedanklich eine Vertretung des Mitarbeiters S ausgeschlossen. Der Mitarbeiter S könne von seinem Stammarbeitsplatz nicht gleichzeitig die höherwertige Tätigkeit als auch die dem Kläger zugewiesene Tätigkeit verrichten.

Nach der Verkündung des erstinstanzlichen Urteils am 24.11.2010 schlossen die Parteien am 27.12.2010 einen Prozessarbeitsvertrag, dessen § 1 lautet:

„Herr G N wird für die Zeit ab 27.12.2010 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Arbeitsrechtsstreits vor dem Arbeitsgericht Köln – Az.: 18 Ca 5199/10 – als Vollzeitbeschäftigter vorübergehend zu den bisherigen Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigt.“

Der Kläger hält diese Regelung nicht für eine zulässige Befristung im Rahmen des § 14 TzBfG. Da ein Weiterbeschäftigungsantrag nicht gestellt war, diene die vorläufige Beschäftigung auch nicht der Abwendung einer drohenden Zwangsvollstreckung. Einziger Grund sei das arbeitgeberseits gefürchtete Risiko einer Annahmeverzugslohnzahlung. Dieses sei als Rechtfertigungsgrund für eine Befristung nicht ausreichend.

Mit der Anschlussberufung beantragt der Kläger, hilfsweise festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien aufgrund der Befristung vom 27.12.2010 nicht mit rechtskräftigem Abschluss des Arbeitsrechtsstreits vor dem Arbeitsgericht Köln – Az.: 18 Ca 5199/10 – endet.

Die Beklage beantragt, die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Sie vertritt zunächst die Ansicht, die Anschlussberufung sei unzulässig, da ihr eine weitere Instanz genommen werde. Die Klageerweiterung sei nicht sachdienlich, da ein völlig neuer Streitstoff in den Rechtsstreit eingeführt werde, bei dessen Beurteilung das Ergebnis der bisherigen Prozessführung nicht verwertet werden könne. Die Beklagte verliere hierdurch eine Tatsacheninstanz. Im Übrigen sei die Prozessbefristung unzweifelhaft gerechtfertigt. Dabei könne es dahinstehen, ob es sich um einen sonstigen Sachgrund handele oder das Prozessarbeitsverhältnis nur dazu diene, die Ungewissheit über das Bestehen des Beschäftigungsanspruchs bis zur Entscheidung über die Klage zu beseitigen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 313 ZPO auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige und fristgerechte Berufung der Beklagten ist begründet. Die zulässige Anschlussberufung ist nicht begründet.

Die Befristung des am 22.12.2009 abgeschlossenen Arbeitsvertrages zwischen dem Kläger und der Beklagen hat das Arbeitsverhältnis gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 3 TzBfG mit Fristablauf beendet. Der Kläger ist als Vertretung für den vorübergehend nicht auf seinem Stammarbeitsplatz eingesetzten Mitarbeiter S beschäftigt worden.

Das Landesarbeitsgericht legt seiner Entscheidung die Grundsätze zugrunde, die das Bundesarbeitsgericht in den Entscheidungen vom 25.03.2009 (7 AZR 59/08) und 12.01.2011 (7 AZR 194/09) aufgestellt hat. Dabei ist zunächst davon auszugehen, dass der Mitarbeiter S vorübergehend als Stammkraft auf der Tätigkeitsebene V ausgefallen ist. Ihm ist für eine befristete Zeit eine höherwertige Tätigkeit übertragen worden. Auf die Wirksamkeit dieser Übertragung findet das TzBfG keine Anwendung, da der Mitarbeiter S unbefristet eingestellt ist und nur für eine befristete Zeit seinen Stammarbeitsplatz nicht ausfüllen kann. Die Übernahme höherwertiger Aufgaben durch den Mitarbeiter S , die letztendlich durch die Erprobung eines Vorgesetzten, und damit im weitesten Sinne sogar durch einen grundsätzlich zulässigen Befristungsgrund nach § 14 Abs. 1 Nr. 5 TzBfG begründet ist, führt dazu, dass auf der Ebene der Fachassistenten der Arbeitsplatz einer Stammarbeitskraft vorübergehend nicht besetzt ist. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts geht nicht davon aus, dass der vertretene Arbeitnehmer überhaupt keine Arbeitsleistungen erbringen kann und wegen Erkrankung oder Kinderbetreuungszeiten überhaupt nicht für den Arbeitsgeber tätig wird. Ausreichend ist vielmehr auch, dass ein Stammarbeitsplatz aufgrund einer Vertretungskette nicht besetzt ist, und beabsichtigt ist, die Vertretungskette rückabzuwickeln. Vorliegend ist unstreitig, dass die Übertragung der höherwertigen Tätigkeit an den Mitarbeiter S nur befristet erfolgt ist und die Rückkehr an den Stammarbeitsplatz feststand.

Danach reicht es aus, wenn der Arbeitgeber die befristet eingestellte Ersatzkraft nicht mit den Tätigkeiten des ausfallenden Arbeitnehmers, hier des Mitarbeiters S , beschäftigt, sondern ihr Tätigkeiten zuweist, die dem ausgefallenen Mitarbeiter per Direktionsrecht zugeordnet werden könnten, wenn eine gedankliche Verknüpfung nachvollziehbar vorgenommen wurde.

Aufgrund der ebenfalls unstreitigen vertraglich gleichförmigen Gestaltung des Direktionsrechts steht fest, dass grundsätzlich das arbeitgeberseitige Direktionsrecht es auch ermöglicht hätte, dem Mitarbeiter S die Tätigkeiten zuzuordnen, die der Kläger während seiner befristeten Beschäftigung vom 01.01.2010 bis 30.06.2010 ausgeführt hat. Da zudem die Ausführung dieser Tätigkeiten auch von A aus vorgenommen werden konnte, ist nicht ersichtlich, dass das hier nur hypothetisch zu prüfende Direktionsrecht der Arbeitgeberin dadurch überschritten worden wäre, dass der Mitarbeiter S die Tätigkeit des Klägers verrichtet hätte.

Das Bundesarbeitsgericht hat auch ausgeführt, dass der Arbeitgeber im Rahmen des Prozessvortrages nicht verpflichtet ist, darzustellen, wie die ursprünglichen Arbeiten der ausfallenden Stammarbeitskraft, also die Tätigkeiten, die der Mitarbeiter S in A verrichtet hat, bevor er vorübergehend in K mit der höherwertigen Tätigkeit eingesetzt wurde, erledigt werden. Grundsätzlich wäre zwar auch ein Missbrauch denkbar in der Gestalt, dass die Beklagte eine weitere Ersatzkraft unmittelbar auf dem Arbeitsplatz des Mitarbeiters S ebenfalls mit dem Sachgrund der Vertretung einstellen könnte. Das zu verhindern dient aber der Befristungsvermerk, der die gedankliche Zuordnung des Klägers auf den Stammarbeitsplatz des Mitarbeiters S dokumentiert. Zwar ist der Kläger nicht in der Lage, sämtliche durch die Beklagte abgeschlossene Verträge daraufhin zu kontrollieren, ob eine weitere Befristung mit derselben Begründung abgeschlossen wurde. Allerdings stellt die gedankliche Zuordnung bei der erforderlichen Personalratsanhörung eine ausreichende Kontrollmöglichkeit dar, um missbräuchliche Mehrfachbefristungen zu vermeiden.

Damit ist es letztendlich für den vorliegenden Vertretungsfall ausreichend, dass auf der Ebene der Fachassistenten innerhalb des Regionalen IT-Services ein vollzeitbeschäftigter Mitarbeiter für einen befristeten Zeitraum nicht zur Verfügung stand und dem Kläger Tätigkeiten auf derselben Ebene befristet zugewiesen wurden, die anderenfalls auch durch die ausgefallene Stammkraft erledigt werden konnten.

Die Klageerweiterung des Klägers, die dieser mit der nach § 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. § 524 ZPO zulässigen Anschlussberufung ins Verfahren eingeführt hat, ist sachdienlich aber nicht begründet. Die Sachdienlichkeit ergibt sich dabei zum einen daraus, dass ein beiderseits bestehendes Interesse anzunehmen ist, im vorliegenden Prozess eine vollständige Klärung der arbeitsvertraglichen Beziehungen herbeizuführen. So führt das von der Arbeitgeberseite zitierte BGH-Urteil vom 20.11.1999 – Az.: VI ZR 219/98 – ausdrücklich aus, dass der Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit für eine Sachdienlichkeit spricht und eine möglichst umfassende Erledigung aller zwischen den Parteien streitigen Streitpunkte für die Zulassung der Klageänderung sprechen. Hinzu kommt, dass vorliegend der zugrunde liegende Sachverhalt unstreitig ist. Es ist der Vertragstext des Prozessarbeitsvertrages zu würdigen. Eine Tatsacheninstanz geht der Beklagten hierdurch nicht verloren. Rechtsansichten können auch noch mit der zugelassenen Revision vertieft werden.

Die erkennende Kammer hält die Befristung im Prozessarbeitsvertrag vom 27.12.2010 für zulässig im Sinne des § 14 Abs. 1 TzBfG.

§ 14 Abs. 1 TzBfG enthält keine abschließende Aufzählung der Sachgründe, sondern ermöglicht auch die Zulassung von weiteren sachlichen Gründen, die in ihrem Gewicht den aufgezählten Gründen entsprechen. Nach Ansicht der Kammer kann es dabei dahinstehen, ob die Vorstellung der Parteien bei Abschluss dieses befristeten Prozessarbeitsvertrages tatsächlich dahin ging, die Unsicherheit über den tatsächlichen Bestand eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses beseitigen zu wollen oder ob nicht vielmehr auch die für jede Partei unterschiedliche Motivationslage im Rahmen der vorliegenden Befristungskontrollklage ausreichend ist, die Beendigung des Prozessarbeitsvertrages mit der Rechtskraft der Entscheidung über die Befristungskontrollklage zu verbinden. Beide Parteien gewähren in dem Prozessarbeitsvertrag der jeweiligen Gegenseite dabei zunächst die Möglichkeit, das Ergebnis der ursprünglichen Befristungskontrollklage für sich in Anspruch nehmen zu können. Obsiegt der Kläger rechtskräftig, so befindet er sich in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis, welches durch den Prozessarbeitsvertrag nicht in Frage gestellt oder geschmälert wird. Obsiegt also der Kläger in der Hauptsache, so hat sich seine Situation durch die zwischenzeitlich gebotene Arbeitsmöglichkeit nicht verschlechtert.

Obsiegt die Beklagte, so erkennt der Kläger mit dem Prozessarbeitsvertrag ebenfalls an, dass dieses Prozessergebnis für ihn bindend ist, er sich also während der Dauer des Prozessarbeitsvertrages nicht bereits unerkannt in einem weiteren unbefristeten Arbeitsverhältnis befindet. Seine Situation hat sich durch den befristeten Prozessarbeitsvertrag aber insoweit partiell verbessert, als er wenigstens eine weitere zeitweise Verdienstmöglichkeit eingeräumt erhalten hat, die er nach der richtigen aber den Parteien noch unbekannten Rechtslage nicht gehabt hätte. Dass die Arbeitgeberin zum Abschluss des Prozessarbeitsvertrages durch die Ungewissheit über das Bestehen eines Annahmeverzugsrisikos motiviert ist, entwertet den Befristungsgrund nicht. Auch eine Befristung zur Erprobung oder wegen eines vorübergehenden betrieblichen Bedarfs orientiert sich ausschließlich an arbeitgeberseitigen Interessen. Würde man ein Prozessarbeitsverhältnis wie das vorliegend abgeschlossene nicht für wirksam halten, also das Vorhandensein eines Bestandsschutzrechtsstreits nicht als ausreichenden sachlichen Grund für eine Zwischenbeschäftigung ansehen, hätte dies zur Folge, dass im Falle eines Unterliegens der Arbeitgeberseite stets das Annahmeverzugsrisiko unvermeidbar ist und damit ein besonders hohes Drohpotenzial seitens des klagenden Arbeitnehmers besteht. Im Falle eines erstinstanzlich obsiegenden Urteils einschließlich geltend gemachtem Weiterbeschäftigungsanspruch wäre dagegen eine Beschäftigung zur Vollstreckungsvermeidung ohne Weiteres möglich und wirksam. Dies bedeutet, dass es allein in der Hand eines Arbeitnehmers wäre, das Risiko des arbeitgeberseitigen Annahmeverzugslohns dadurch zu steuern, dass ein Weiterbeschäftigungsanspruch geltend gemacht wird oder nicht. Dies führt nach Ansicht der Kammer zu einer erheblichen Ungleichverteilung der prozessualen Risiken. Die Möglichkeit, das Annahmeverzugsrisiko zu senken, ohne das Ergebnis des zugrunde liegenden Prozesses zu verschenken, stellt deshalb einen angemessenen Ausgleich der gegensätzlichen Interessenlage dar. Zudem ist zu berücksichtigen, dass grundsätzlich ein arbeitnehmerseitiges Interesse, Geld möglichst ohne Arbeit zu erhalten, nicht schutzwürdig ist, demgegenüber aber die Berufstätigkeit grundsätzlich der Selbstverwirklichung der Persönlichkeit dient, was ebenfalls dafür spricht, den Prozessarbeitsvertrag als durch sachliche Gründe befristet anzusehen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

 

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