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Befristung eines Arbeitsverhältnisses – vorübergehender Beschäftigungsbedarf

Landesarbeitsgericht Nürnberg – Az.: 5 Sa 688/10 – Urteil vom 25.08.2011

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Bamberg vom 16.06.2010, Aktenzeichen: 2 Ca 1413/09, wird auf Kosten des Berufungsführers mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Ziffer 1 des arbeitsgerichtlichen Endurteils klarstellend wie folgt gefasst wird:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der am 28.08.2008 vereinbarten Befristung am 15.12.2009 beendet worden ist.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der vereinbarten Befristung des Arbeitsvertrages des Klägers vom 28.08.2008 für die Zeit bis 15.12.2009.

Der Kläger war aufgrund zweier befristeter Arbeitsverträge vom 13.12.2007 in der Zeit vom 17.12.2007 bis 31.12.2008 und vom 28.08.2008 in der Zeit vom 01.01.2009 bis 15.12.2009 in dem vom Beklagten betriebenen Cash-Center als vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer bei der Geldbearbeitung beschäftigt. Bis Ende Oktober 2007 erbrachte der Kläger die gleiche Arbeitsleistung für das Servicezentrum Bayern der S…-Finanzgruppe GmbH & Co.KG (SZB), welches das als „Cash-Center“ bezeichnete Geschäft betrieb. Zum 01.11.2007 ging unter anderem das „Cash-Center“ durch Kaufvertrag vom 08./09.11.2007 auf die Firma A… Werte- und Transportlogistik GmbH über. Zwischen dem SZB und der Firma A… bestand damals Einigkeit, dass es sich dabei um einen Betriebsübergang im Sinne des § 613 a BGB handele. Nach wenigen Wochen stellte die Firma A… ihre Tätigkeit im Bereich des Cash-Centers zu einem Zeitpunkt wieder ein, der vom Beklagten in der Berufungsverhandlung nicht konkret angegeben werden konnte. Während dieser Zeit erbrachte der Kläger nahtlos seine Arbeitsleistung im Cash-Center, seit 17.12.2007 auf der Grundlage des befristeten Arbeitsvertrages vom 13.12.2007 und seit 01.01.2009 auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 28.08.2008.

Im Zeitraum vom 01.08.2001 bis 31.03.2002 sowie vom 01.04.2002 bis 30.09.2002 hatten bereits befristete Arbeitsverträge zwischen dem Kläger und dem Beklagten bestanden.

Der Kläger ist der Auffassung, die Befristung seines Arbeitsvertrages zum 15.12.2009 sei unwirksam. Die Befristung sei weder sachgrundlos nach § 14 Abs. 2 TzBfG möglich noch sei sie durch einen Sachgrund im Sinne des § 14 Abs. 1 TzBfG gerechtfertigt.

Der Beklagte hält die vereinbarte Befristung des Arbeitsvertrages des Klägers für rechtswirksam. Die Befristungsmöglichkeit ergebe sich sowohl aus § 14 Abs. 2 TzBfG, da die Voraussetzungen für eine sachgrundlose Befristung vorlägen, wie auch aus § 14 Abs. 1 Nr. 1 TzBfG, da ein Sachgrund für die Befristung vorgelegen habe. Hintergrund der Befristung sei gewesen, dass der Eigenbetrieb des Cash-Centers durch den Beklagten letztlich nur übergangs- und testweise habe erfolgen sollen, um in diesem Zeitraum wieder einen externen Anbieter zu finden, auf den das Cash-Center dann schlussendlich dauerhaft hätte ausgegliedert werden können. Vor diesem Hintergrund sei man davon ausgegangen, lediglich einen vorübergehenden Bedarf an der Arbeitsleistung des Klägers im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 1 TzBfG zu haben.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der am 13.12.2007 vereinbarten Befristung am 15.12.2009 beendet worden ist. Eine sachgrundlose Befristung komme im Hinblick auf die Vorbeschäftigung des Klägers beim Beklagten in der Zeit vom 01.08.2001 bis 30.09.2002 nicht in Betracht. Ein Sachgrund für die vereinbarte Befristung liege nicht vor. Die von der Beklagten übernommene Geldbearbeitung im Cash-Center rechtfertige nicht die Prognose, dass diese vom Beklagten nur vorübergehend habe übernommen werden sollen. Wegen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses stehe dem Kläger auch ein Weiterbeschäftigungsanspruch zu. Auf den Inhalt des arbeitsgerichtlichen Urteils wird, auch hinsichtlich des erstinstanzlichen Parteivorbringens im Einzelnen, Bezug genommen.

Zur Begründung seiner dagegen gerichteten Berufung lässt der Beklagte vorbringen, die Befristung des Arbeitsverhältnisses des Klägers zum 15.12.2009 sei sachgrundlos möglich gewesen. Die Vorbeschäftigungen des Klägers beim Beklagten in der Zeit vom 01.08.2001 bis 30.09.2002 stehe der Befristungsmöglichkeit nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 07.04.2011, 7 AZR 716/09) nicht entgegen. Der Sachgrund für die Befristung resultiere aus den in den Vorstandsbeschlüssen vom 13.12.2007 und vom 29.08.2008 getroffenen Entscheidungen. Danach habe das Cash-Center nur vorübergehend in Eigenregie weiterbetrieben werden sollen. Ziel sei es gewesen, dass das Cash-Center auf einen Drittanbieter ausgegliedert habe werden sollen. Die Hartgeldbearbeitung habe nur so lange in Eigenregie durchgeführt werden sollen, bis ein Drittanbieter gefunden worden sei.

Der Kläger lässt vortragen, die Befristung ohne Sachgrund sei nicht möglich. Der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu den unschädlichen Vorbeschäftigungszeiten sei nicht zu folgen. Ein sachlicher Grund für die Befristung habe im Vertragszeitpunkt nicht vorgelegen. Eine greifbare Prognose für das Vorliegen eines nur vorübergehenden Arbeitsbedarfs habe es nicht gegeben. Auch in dem Vorstandsbeschluss sei man davon ausgegangen, dass die eigenständige Bargeldbearbeitung billiger sei als die Fremdvergabe.

Wegen des weiteren Berufungsvorbringens der Parteien im Einzelnen sowie der gestellten Berufungsanträge wird auf den Inhalt der im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze sowie auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

Ziffer 1 des arbeitsgerichtlichen Urteils wird lediglich dahingehend klargestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der am 28.08.2008 vereinbarten Befristung am 15.12.2009 beendet worden ist. Eine solche Auslegung des Klageantrags war möglich, nachdem die Parteien übereinstimmend davon ausgegangen sind, dass Streitgegenstand die Frage der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 15.12.2009 war und diese nach beiderseitigem Verständnis überhaupt nur durch die Befristung des Arbeitsvertrages vom 28.08.2008 hätte herbeigeführt werden können. Der Umfang des Streitgegenstandes wird nicht nur durch den Klageantrag bestimmt, sondern in erster Linie durch den Tatsachenvortrag (vgl. KR-Friedrich, 9. Aufl., § 4 KSchG Rdnr. 248). Dieser lässt vorliegend keinen Zweifel daran zu, dass es um die Feststellung ging, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht durch den befristeten Arbeitsvertrag vom 28.08.2008 zum 15.12.2009 beendet worden ist.

Die Rechtswirksamkeit der Befristung des Arbeitsvertrages des Klägers zum 15.12.2009 kann weder auf § 14 Abs. 2 TzBfG noch auf § 14 Abs. 1 TzBfG gestützt werden.

Der sachgrundlosen Befristung des Arbeitsvertrages vom 28.08.2008 steht bereits entgegen, dass mit diesem Vertrag nicht der bis zum 31.12.2008 bestandene Arbeitsvertrag verlängert, sondern ein solcher neu abgeschlossen wurde.

Der Verlängerung des Arbeitsvertrages steht entgegen, dass nicht nur die Vertragsdauer unter Beibehaltung der übrigen Vertragsbedingungen geändert wurde. Im Vertrag vom 28.08.2008 ist abweichend zum Arbeitsvertrag vom 13.12.2007 zusätzlich vereinbart worden, dass die Arbeitszeit des Klägers flexibel einzubringen ist und sich ausschließlich an den betrieblichen Erfordernissen orientiert. Diese Änderung hat der Beklagte in der Berufungsverhandlung damit begründet, dass der Arbeitsvertrag vom 28.08.2008 einem zwischenzeitlich geänderten Vertragstext entspreche, wie er nunmehr vom Beklagten verwendet werde. Dabei handelt es sich aber um keinen Grund, der einer Verlängerung im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG nicht entgegensteht. Mit der Verwendung des geänderten Vertragstextes wurde weder eine Anpassung an eine zum Zeitpunkt der Verlängerung geltende Rechtslage, noch eine Vereinbarung von Arbeitsbedingungen vorgenommen, auf die bereits vorher ein Anspruch bestand (vgl. hierzu: BAG vom 12.08.2009, 7 AZR 270/08).

Die Befristung des Arbeitsvertrages vom 28.08.2008 lässt sich auch nicht mit einem Sachgrund rechtfertigen. Der Beklagte beruft sich insoweit darauf, es habe lediglich ein vorübergehender betrieblicher Bedarf an der Arbeitsleistung des Klägers im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 1 TzBfG bestanden, da die Auslagerung des Cash-Centers beabsichtigt gewesen, ein neuer Drittanbieter für das Cash-Center aber noch nicht gefunden worden sei. Dies würden entsprechende Beschlüsse des Vorstandes vom 13.12.2007 und vom 29.08.2007 belegen.

Es kann dahinstehen, ob die beabsichtigte Auslagerung des Cash-Centers als Betriebsteil überhaupt einen Sachgrund im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 1 TzBfG wegen einer damit in Frage kommenden Umgehung des Kündigungsverbots des § 613 a Abs. 4 BGB abgeben könnte (vgl. hierzu: ErfK/Preis, 11. Aufl., § 613 a BGB RdNr. 157). Vorliegend fehlt es jedenfalls an der für einen vorübergehenden Arbeitskräftebedarf erforderlichen hinreichend sicheren Prognose, dass der Bedarf an der Beschäftigung des Klägers überhaupt entfallen wird. Der der Befristung vom 28.08.2008 zugrundeliegende Vorstandsbeschluss vom 29.08.2008 lässt erkennen, dass die Entscheidung für die eigenständige Bargeldbearbeitung getroffen wurde, weil diese kostengünstiger sei als die Fremdvergabe an externe Dienstleister. Eine Beendigung des Betriebes des Cash-Centers zum 15.12.2009 wurde lediglich für den Fall entschieden, dass keine weiteren Kunden (S… oder Mitbewerber) hinzugewonnen werden könnten. Dies verdeutlicht, dass nicht eine zeitlich begrenzte Arbeitsaufgabe vorlag, sondern der Beklagte mit der Befristung eine aus der Situation des Betriebes des Cash-Centers resultierende Ungewissheit, neue Kunden gewinnen zu können, Rechnung getragen werden sollte. Die bloße Unsicherheit der künftigen Entwicklung des Arbeitskräftebedarfs allein vermag aber eine Befristung nicht zu rechtfertigen (vgl. BAG vom 22.03.2000, AP Nr. 221 zu § 620 BGB befristeter Arbeitsvertrag).

Aus der Unwirksamkeit der Befristung resultiert ein Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers, wie das Arbeitsgericht zu Recht erkannt hat.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Gegen diese Entscheidung gibt es kein Rechtsmittel; die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor; auf § 72 a ArbGG wird hingewiesen.

 

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