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Befristungskontrollklage – unter Vorbehalt abgeschlossener befristeter Folgevertrag

Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt – Az.: 3 Sa 81/10 – Urteil vom 09.06.2011

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 3. Februar 2010 – 11 Ca 2007/09 – wird z u r ü c k g e w i e s e n .

2. Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Mit ihrer Klage macht die Klägerin die Unwirksamkeit einer Befristung geltend und begehrt die tatsächliche Weiterbeschäftigung.

Zu den weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und den Anträgen wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 03. Februar 2010 – 11 Ca 2007/09 – dort die Seiten 2 bis 5 (Blatt 165 – 168 der Akte) gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht Magdeburg hat die zulässige Klage als unbegründet abgewiesen und ausgeführt, dass die Klägerin sich nicht auf die Unwirksamkeit der Befristung im Arbeitsvertrag vom 03. Februar 2009 berufen könne, wonach auch der Antrag zu 2 als unbegründet abzuweisen gewesen sei.

Die Klägerin könne eine Unwirksamkeit der Befristungen aus den Verträgen vom 13.12.2006 und 28.11.2007 nicht herleiten, da diese Befristungen sachgrundlos gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG gerechtfertigt gewesen seien. Darüber hinaus sei die rechtliche Überprüfung zunächst ohnehin nur hinsichtlich des Arbeitsvertrages vom 01.07.2009 eröffnet. Dieser müsse durch einen Sachgrund gerechtfertigt sein, da die Vorschrift des § 14 Abs. 2 TzBfG nicht eingreife. Bei mehreren befristeten Arbeitsverträgen unterliege grundsätzlich nur der letzte Vertrag einer Befristungskontrolle. Jedoch habe die Klägerin nicht geltend gemacht, dass dessen Befristungsgrund nicht gegeben sei und sie habe sich nicht auf die Unwirksamkeit dieser Befristung berufen. Soweit die Klägerin meint, dass die Befristung im Vertrag vom 03. Februar 2009 sachlich nicht gerechtfertig sei, führt das Arbeitsgericht Magdeburg aus, dass die Überprüfung des Sachgrundes eines zeitlich zurückliegenden Arbeitsvertrages unter bestimmten Voraussetzungen möglich sei, die im Ergebnis aber nicht vorliegen würden. Grundsätzlich unterliege der letzte befristete Arbeitsvertrag der Befristungskontrolle. Anders verhalte es sich dann, wenn die Parteien den Folgevertrag unter dem Vorbehalt abgeschlossen haben, dass er das Arbeitsverhältnis nur regeln soll, wenn nicht bereits aufgrund des vorangegangenen Arbeitsvertrages ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestehe. Dann sei auch für die im vorherigen Vertrag vereinbarte Befristung die gerichtliche Kontrolle eröffnet. Vorliegend würde die Besonderheit bestehen, dass die Klägerin nach Zustellung der Entfristungsklage einen weiteren Arbeitsvertrag ohne weitere Vereinbarung, welche Auswirkungen das laufende Verfahren auf den neuen Vertrag haben soll, abgeschlossen hat. Schließen die Parteien nach Zustellung einer Entfristungsklage beim Arbeitgeber einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag und treffen sie keine Vereinbarung darüber, welche Auswirkungen der neue Vertragsabschluss auf den bereits anhängigen Rechtstreit haben soll, sei davon auszugehen, dass der neue Arbeitsvertrag unter Vorbehalt abgeschlossen ist. Das Arbeitsgericht Magdeburg hält diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall für nicht übertragbar. Die Klägerin habe den befristeten Arbeitsvertrag vom 01.07.2009 mit dem Land Sachsen-Anhalt abgeschlossen. Das beklagte Land sei auch Arbeitgeber bei dem im laufenden Befristungskontrollverfahren abgeschlossenen Arbeitsvertrag vom 03.02.2009. Es handele sich somit um denselben Arbeitgeber. Die Klägerin werde nur in einem anderen Verwaltungszweig beschäftigt. Sie ist vom Landesbetrieb B. zum L. gewechselt. Unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 18.06.2008 – 7 AZR 214/07 – kommt das Arbeitsgericht Magdeburg zu dem Ergebnis, dass die Parteien mit Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages vom 01.07.2009 das Arbeitsverhältnis auf eine neue rechtliche Grundlage gestellt haben würden. Nur dieser sei jetzt maßgeblich für ihre Rechtsbeziehung. Es könne die Wirksamkeit der Befristung im Arbeitsvertrag vom 03.02.2009 nicht mehr geprüft werden. Die Klägerin habe bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages vom 01.07.2009 die Vertreter des L. nicht auf das laufende Befristungskontrollverfahren hingewiesen. Dieser Behauptung des beklagten Landes sei die Klägerin nicht entgegengetreten und diese gelte damit gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden. Ebenfalls nicht bestritten und damit als zugestanden gelte die weitere Behauptung des beklagten Landes, die Vertreter des L. hätten bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages vom 01.07.2009 keine Kenntnis von dem Befristungskontrollverfahren gehabt.

Zu den weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf das angegriffene Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg (Bl. 5 – 10 des Urteils = Bl. 168 – 173 d. A.) einschließlich sämtlicher vorgelegter Unterlagen Bezug genommen.

Gegen das der Klägerin am 09. Februar 2010 zugestellte Urteil richtet sich deren am 05. März 2010 eingelegte und am 09. April 2010 begründete Berufung.

Die Klägerin rügt, dass das Arbeitsgericht sich mit den Argumenten in der Klageschrift zu den befristeten Verträgen, die der Landesbetrieb B. mit ihr abgeschlossen habe, nicht auseinandergesetzt habe. In den Verträgen vom 07.08.2006, vom 13.12.2006 und schließlich vom 28.11.2007 sei jeweils auf § 14 Abs. 2 TzBfG verwiesen worden, also auf eine formal sachgrundlose Befristung. Im Vertrag vom 13.08.2008 wurde ein befristeter Arbeitsvertrag mit Sachgrund unter Hinweis auf § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG abgeschlossen. Befristungsgrund sei gewesen: „Im Landesbetrieb B. Sachsen-Anhalt besteht vorübergehend ein betrieblicher Bedarf an der Arbeitsleistung von qualifizierten Fachkräften.“ Die Klägerin meint, diese Aussage an sich würde nicht den Anforderungen an einen Sachgrund entsprechen. Es handele sich um eine ständige „Daueraufgabe“. Obwohl in der Anlage zum Arbeitsvertrag vom 11.08.2008 mitgeteilt wurde, dass mit Ablauf des 31.12.2008 diese zusätzliche und projektbezogene Aufgabe abgeschlossen ist und künftig entfallen wird, sei die Klägerin bereits ab dem 03. Februar 2009 wiederum mit einem formal befristeten Arbeitsvertrag bis zum 30.06.2009 beschäftigt worden. Die Prognose im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG sei in jedem Fall falsch gewesen schon deshalb, weil es zwei Jahre zuvor falsch gewesen sei. Auf diese Problematik sei das Arbeitsgericht nicht eingegangen. Es beziehe sich ausschließlich darauf, dass zwei Jahre lang sachgrundlos befristet werden könne.

Die Annahme der ersten Instanz, dass die Verträge mit dem Landesbetrieb B. und der Vertrag mit dem L. Verträge seien, die mit ein und demselben Arbeitgeber, dem Land Sachsen-Anhalt, abgeschlossen worden seien, sei nicht schlüssig. Es sei schon fraglich, ob der Landesbetrieb B. eine solche vergleichbare „Dienststelle“ im Landesdienst sei. In keinem Fall sei das L. eine Dienststelle eines bestimmten Ministeriums. Es werde in der Rechtsprechung und im Schrifttum ziemlich einheitlich die Auffassung vertreten, dass rechtlich selbständige Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts, auch wenn es sich um bundes- oder landesunmittelbare Einrichtungen handele, diese selbstständige Arbeitgeber seien. Schließlich habe die Vertreterin des beklagten Landes im Kammertermin darauf hingewiesen, dass das Landesverwaltungsamt von der Entfristungsklage der Klägerin Kenntnis gehabt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 08. April 2010 (Bl. 197 – 206 d. A.) und sämtliche vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt zweitinstanzlich, das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 03.02.2010, Aktenzeichen 11 Ca 2007/09 abzuändern und

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis über den 30.06.2009 hinaus fortbesteht.

2. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin über den 30.06.2009 hinaus für die Dauer des Rechtstreites zu den üblichen unveränderten Bedingungen weiter zu beschäftigen.

Das beklagte Land beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Dieses verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Da die Klägerin und das beklagte Land, vertreten durch das L., unter dem 01.07.2009 einen neuen mit Sachgrund befristeten Arbeitsvertrag abgeschlossen haben, könne die Zulässigkeit der Befristung des Arbeitsvertrages vom 03. Februar 2009 nicht gerichtlich überprüft werden. Die Klägerin habe sich jedoch nicht auf die Unwirksamkeit der Befristung des Arbeitsvertrages vom 01.07.2009 berufen. Da der befristete Arbeitsvertrag vom 01.07.2009 auf Seiten des beklagten Landes von einer anderen Dienststelle, dem L., abgeschlossen worden sei, als der Arbeitsvertrag vom 03.02.2009, habe die Klägerin auch davon ausgehen müssen, dass die Verantwortlichen des L. von der Rechtshängigkeit der Befristungskontrollklage keine Kenntnis gehabt haben. Daher habe die Klägerin dem Vertragsangebot der Verantwortlichen des L. nicht ohne Weiteres den zusätzlichen Inhalt entnehmen können, dass dieser Vertrag für die künftige Rechtsbeziehung nur maßgeblich sein solle, wenn nicht bereits aufgrund des vorangegangenen Vertrages ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestehen würde. Entgegen der Auffassung der Klägerin handele es sich beim Landesbetrieb Bau einerseits und dem L. andererseits nicht um „verschiedene Arbeitgeber“. Beide seien rechtlich unselbständige Teile der L. Sachsen-Anhalt ohne eigene Rechtsfähigkeit, die nicht selbst Arbeitgeber sein können. Anders als bei Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit handele es sich beim Landesbetrieb B. und dem L. um rechtlich unselbständige Behörden und Dienststellen, diese seien Teil der L. Die Klägerin habe sich beim L. auf eine dortige Stelle beworben. Vor und bei Abschluss des Arbeitsvertrages habe die Klägerin die Vertreter des L. nicht darauf hingewiesen, dass sie bereits am 03.06.2009 eine Befristungskontrollklage gegen das Land Sachsen-Anhalt, vertreten durch den Landesbetrieb B., wegen der Überprüfung der Befristung des Arbeitsvertrages vom 03. Februar 2009, erhoben hat. Die Vertreter des L. würden bei Abschluss des Arbeitsvertrages vom 01.07.2009 keine Kenntnis von der von der Klägerin erhobenen Befristungskontrollklage gehabt haben. Dies sei erstinstanzlich unstreitig geblieben. Die Klägerin würde bei Abschluss des Arbeitsvertrages vom 01.07.2009 keinen dahingehenden Vorbehalt vereinbart haben, dass der Arbeitsvertrag vom 01.07.2009 für die künftige Rechtsbeziehung nur maßgeblich sein solle, wenn nicht bereits aufgrund des vorangegangenen Vertrages ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestehe. Sie habe auch nicht darauf hingewiesen bei Vertragsabschluss, dass sie den weiteren befristeten Arbeitsvertrag nur abschließen wolle, wenn sie die Unwirksamkeit der vorangegangen Befristung weiterhin geltend machen könne. Auch dies sei erstinstanzlich unstreitig geblieben. Die Behauptung in der Berufungsbegründung, dass die Vertreterin des beklagten Landes im Kammertermin darauf hingewiesen habe, dass das L. von der Entfristungsklage der Klägern Kenntnis gehabt habe, sei unzutreffend. Eine derartige Aussage habe die Terminsvertreterin Frau B. zu keinem Zeitpunkt getätigt.

Zu den weiteren Einzelheiten der Berufungsbeantwortung wird auf den Schriftsatz des beklagten Landes vom 28. Mai 2010 (Bl. 231 – 247 d. A.) und sämtliche vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.

Des Weiteren wird auf die Feststellungen in der Sitzungsniederschrift des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 09.06.2011 einschließlich der Anhörung der Klägerin gemäß § 141 ZPO (Bl. 297 – 300 d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Das Rechtsmittel der Berufung der Klägerin ist gemäß § 64 Abs. 1, Abs. 2 Lit. c ArbGG statthaft. Es ist gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i. V. m. §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden und damit zulässig.

II.

Das Arbeitsgericht Magdeburg hat in der angefochtenen Entscheidung vom 03. Februar 2010 – 11 Ca 2007/09 – zutreffend festgestellt, dass die Klägerin sich nicht auf die Unwirksamkeit der Befristung im Arbeitsvertrag vom 03. Februar 2009 berufen kann und auch der Antrag zu 2 daher unbegründet und abzuweisen war.

Um Wiederholungen zu vermeiden, nimmt die Kammer gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG, auf den diesbezüglich begründeten Teil des angefochtenen Urteils – dort die Seiten 5 bis 10 (Blatt 168 – 173 d. A.) Bezug, stellt dies ausdrücklich fest und sieht hier unter Übernahme der Entscheidungsgründe von einer weiteren Darstellung ab.

Lediglich wegen der Angriffe der Berufung sind folgende Ergänzungen veranlasst:

1. Soweit die Klägerin meint, dass es sich beim Landesbetrieb B. in M. um einen anderen Arbeitgeber handele als beim L. des Landes Sachsen-Anhalt in H., kann dem nicht gefolgt werden. Zunächst einmal ergibt sich aus den zur Akte gereichten Arbeitsverträgen – Anlagen K 7 bis K 10 – (Blatt 53 – 58 d. A.), dass die Arbeitsverträge vom 13.12.2006, 28.11.2007, 11.08.2008 und 03.02.2009 jeweils namentlich zwischen dem Land Sachsen-Anhalt, vertreten durch den Landesbetrieb B. Sachsen-Anhalt, und der Klägerin geschlossen worden sind. Auch in den Anlagen zum Arbeitsvertrag vom 11.08.2008 – Anlage K 11 (Blatt 57 d.A.) und vom 03.02.2009 – Anlage K 12 – (Blatt 58 d.A.) wird Bezug genommen auf die „Anlage zum Arbeitsvertrag zwischen dem Land Sachsen-Anhalt, vertreten durch den Landesbetrieb B. Sachsen-Anhalt, und namentlich der Klägerin“. In dem Arbeitsvertrag vom 01.07.2009, eingereicht als Anlage B 2 (Bl. 102 – 104 d. A.) ist namentlich der Vertrag abgeschlossen zwischen dem Land Sachsen-Anhalt, vertreten durch das L., und namentlich der Klägerin.

Sowohl beim Landesbetrieb Bau als auch beim Landesverwaltungsamt handelt es sich weder um rechtlich selbständige Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts. Gemäß dem Gesetz Sowohl beim Landesbetrieb B. als auch beim L. handelt es sich weder um rechtlich selbstständige Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts.

Im Gesetz zur Errichtung des Landesbetriebes B. Sachsen-Anhalt vom 21. Dezember 2004 ist unter § 2 Abs. 2 Satz 1 Folgendes geregelt:

„Der Landesbetrieb ist ein rechtlich unselbständiger, organisatorisch abgesonderter Teil der Landesverwaltung, der nach kaufmännischen Grundsätzen tätig werden kann und zumindest auf Kostendeckung ausgerichtet ist.“

In § 4 Satz 1 ist geregelt:  „Die Dienst- und Fachaufsicht über den Landesbetrieb obliegt dem für Bau und Verkehr zuständigen Ministerium.“

§ 3 Absatz 3 Satz:  „ Der Landesbetrieb nimmt als obere Landesbehörde Aufgaben aus den Bereichen Bau und Verkehr wahr.

§ 2 Absatz 4:  „ Der Landesbetrieb nimmt als untere Straßenverkehrsbehörde Aufgaben der Straßenverkehrsverwaltung für Autobahnen wahr.“

Im Gesetz zur Neuordnung der Landesverwaltung vom 17. Dezember 2003 lautet § 5 Absatz 1:

„ Die Dienstaufsicht über das L. führt das Ministerium des Inneren, soweit nicht nach Maßgabe des Gesetzes über die Errichtung der Verwaltungsbehörden der Kriegsopferversorgung eine Zuständigkeit des Ministeriums für Gesundheit und Soziales besteht. Die Dienstaufsicht erstreckt sich auf den Aufbau, die innere Ordnung, die allgemeine Geschäftsführung und die Personalangelegenheiten der Behörde.“

Absatz 2:  „Die Fachaufsicht über das L.t führt die jeweils fachlich zu ständige oberste Landesbehörde. Sie erstreckt sich auf die rechtmäßige und zweckmäßige Wahrnehmung der Aufgaben.“

Sämtliche Arbeitsverträge, die durch die Klägerin zur Akte gereicht worden sind, wurden mit „demselben Arbeitgeber“, nämlich mit dem Land Sachsen-Anhalt, abgeschlossen. Aus den zuvor zitierten gesetzlichen Regelungen ergibt sich, dass sowohl der Landesbetrieb B. als auch das L. Teil der Landesverwaltung sind. Körperschaft des öffentlichen Rechts und damit rechtsfähig ist allein das Land Sachsen-Anhalt. Mithin können privatrechtliche Verträge nur mit dem Land Sachsen-Anhalt, wie dies auch in den einzelnen vorgelegten Verträgen namentlich zwischen dem Land Sachsen-Anhalt und namentlich der Klägerin seinen Niederschlag gefunden hat, abgeschlossen werden.

Zutreffend hat das Arbeitsgericht Magdeburg daher ausgeführt, dass es sich bei dem Abschluss des Arbeitsvertrages vom 03. Februar 2009 im laufenden Befristungskontrollverfahren und beim abgeschlossenen Arbeitsvertrag vom 01.07.2009 um denselben Arbeitgeber handelt. Die Klägerin wird nur in einem anderen Verwaltungszweig beschäftigt. Sie ist vom Landesbetrieb B. zum L. gewechselt.

2. Die Berufungsrüge der Klägerin, das erstinstanzliche Gericht habe sich nicht mit ihren Argumenten zu den ersten drei sachgrundlosen Befristungen auseinandergesetzt und es habe sich bei ihrer Tätigkeit um eine „ständige Daueraufgabe“ gehandelt, verfängt nicht. Zutreffend stellt das Arbeitsgericht Magdeburg fest, dass eine rechtliche Überprüfung nur für den Arbeitsvertrag vom 01. 07.2009 eröffnet ist. Bei mehreren befristeten Arbeitsverträgen unterliegt grundsätzlich nur der letzte Vertrag einer Befristungskontrolle. Durch den vorbehaltlosen Abschluss eines weiteren befristeten Arbeitsvertrages stellen die Parteien ihr Arbeitsverhältnis auf eine neue rechtliche Grundlage, die für ihre künftige Vertragsbeziehung maßgeblich ist. Damit wird für die Frage des Vorliegens eines Sachgrundes nur der jeweils zeitlich letzte Vertrag relevant (BAG, Urteil vom 18.06.2008 – 7 AZR 214/07, zitiert nach juris). Der letzte abgeschlossene Arbeitsvertrag zwischen den Parteien ist der vom 01.07.2009, auf dessen Unwirksamkeit hinsichtlich der Befristung die Klägerin sich nicht berufen hat.

Die Besonderheit des vorliegenden Falles, die darin besteht, dass die Klägerin nach Zustellung der Entfristungsklage beim beklagten Land einen weiteren Arbeitsvertrag mit dem Land Sachsen-Anhalt abgeschlossen hat, ohne weitere Vereinbarungen, welche Auswirkungen das laufende Verfahren auf den neuen Vertrag haben soll, führt zu keinem anderen rechtlichen Ergebnis.

Die vom Bundesarbeitsgericht in den Entscheidungen vom 10. März 2004 – 7 AZR 402/03 – und vom 13.10.2004 – 7 AZR 218/04 – zitiert nach juris – aufgestellten Grundsätze, wonach davon ausgegangen werden kann, dass bei Vertragsabschluss nach Zustellung einer Entfristungsklage beim Arbeitgeber und Abschluss eines weiteren befristeten Arbeitsvertrages ohne getroffene Vereinbarungen darüber, welche Auswirkungen der neue Vertragsabschluss auf den bereits anhängigen Rechtsstreit haben soll, davon auszugehen ist, dass der neue Arbeitsvertrag unter Vorbehalt abgeschlossen ist, sind auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar.

Das Bundesarbeitsgericht hat dazu in der Entscheidung vom 18.06.2008 – 7 AZR 2014/07 – Rdnr. 12 – zitiert nach juris ausgeführt: „Dies gilt ausnahmsweise dann nicht, wenn der weitere befristete Arbeitsvertrag auf Seiten des Arbeitgebers von einer anderen Dienststelle abgeschlossen wird als der vorherige Vertrag und der Arbeitnehmer deshalb bei Vertragsabschluss davon ausgehen muss, dass die Vertreter des Arbeitgebers von der Rechtshängigkeit der Befristungskontrollklage keine Kenntnis haben. Dann kann der Arbeitnehmer dem Vertragsangebot des Arbeitgebers nicht ohne Weiters den zusätzlichen Inhalt entnehmen, dass dieser Vertrag für die künftige Rechtsbeziehung nur maßgeblich sein soll, wenn nicht bereits aufgrund des vorangegangenen Vertrages ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht. Er muss vielmehr wegen der ihm erkennbaren fehlenden Kenntnis der Vertreter des Arbeitgebers von der anhängigen Befristungskontrollklage davon ausgehen, dass diese ausschließlich den neuen Vertrag als Grundlage für die zukünftige Rechtsbeziehung ansehen. Will der Arbeitnehmer bei dieser Sachlage den weiteren befristeten Arbeitsvertrag nur abschließen, wenn er die Unwirksamkeit der vorangegangenen Befristung weiterhin geltend machen kann, dann muss er die Vertreter des Arbeitgebers bei Vertragsschluss darauf hinweisen und einen entsprechenden Vorbehalt vereinbaren.“

a.) Wie bereits zuvor unter Ziffer 1 näher ausgeführt, hat das Arbeitsgericht Magdeburg zutreffend festgestellt, dass das Land Sachsen-Anhalt Arbeitgeber der befristeten Arbeitsverträge vom 03.02.2009 und vom 01.07.2009 ist, es handelt sich um denselben Arbeitgeber. Bei dem Landesbetrieb B. und bei dem L. handelt es sich daher um „andere Dienststellen“ im Sinne der zuvor zitierten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.

b.) Beim Abschluss des befristeten Vertrages vom 01.07.2009 lag nach den Feststellungen der Kammer keine Kenntnis von der laufenden Entfristungsklage auf Seiten des L. vor.

Dazu merkt die Berufungsführerin an, dass die Vertreterin des beklagten Landes im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht darauf hingewiesen habe, dass das L. von ihrer Entfristungsklage Kenntnis gehabt habe.

Von Bedeutung ist vorliegend, ob und vor allem zu welchem Zeitpunkt die Vertreterin des L. davon Kenntnis gehabt haben soll.

Die erforderliche Kenntnis von der Entfristungsklage lag nach den Feststellungen der Kammer auf Seiten des L. zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht vor. Da der befristete Arbeitsvertrag vom 01.07.2009 auf Seiten des beklagten Landes von einer anderen Behörde/Dienststelle, hier dem L., abgeschlossen wurde, als der streitbefangene befristete Arbeitsvertrag vom 03. Februar 2009, welcher mit dem Landesbetrieb B. abgeschlossen worden ist, konnte die Klägerin den Erklärungen der Frau W. als Vertreterin des L. nicht ohne Weiteres den zusätzlichen Inhalt entnehmen, dass der neue befristete Arbeitsvertrag vom 01.07.2009 das Arbeitsverhältnis nur regeln sollte für den Fall, dass nicht bereits ein unbefristetes Arbeitsverhältnisses auf Grundlage der Entfristungsklage bezüglich des Arbeitsvertrages vom 03.02.2009 bestehen sollte.

Die im Berufungsverfahren im Kammertermin am 09.06.2011 gemäß § 141 Abs. 1 ZPO angehörte Klägerin hat ausgeführt, dass sie zum Zeitpunkt des Vorstellungsgespräches beim L in H. und auch zum Zeitpunkt des später geführten Telefonates mit Frau W. bezüglich des Beginns des Arbeitsvertrages noch keine Entfristungsklage erhoben hatte. Am 01.07.2009 habe sie bei der Vertragsunterzeichnung gegenüber Frau W. nicht mitgeteilt, dass sie eine Entfristungsklage erhoben hat. Darüber sei nicht gesprochen worden. Sie habe auch nicht gewusst, dass sie darüber eine Information hätte mitteilen müssen.

Soweit die Klägerin weiterhin erklärt hat, sie wisse, dass Frau W. vom Landesbetrieb B. bezüglich der von ihr erhobenen Entfristungsklage informiert gewesen sei, so lässt sich dieser Erklärung inhaltlich keine Aussage über die zeitliche Einordnung der Kenntnisnahme entnehmen. So konnte die Klägerin keine Angaben dazu machen, wann Frau W. Kenntnis von der Entfristungsklage vom Landesbaubetrieb erhalten haben soll oder dass sie, die Klägerin, bereits bei der Vertragsunterzeichnung gewusst habe, dass eine solche Kenntnis vorgelegen habe. Dass eine solche Kenntnis bei Frau W. am Tag der Vertragsunterzeichnung gegeben war ist noch nicht einmal ansatzweise von der Klägerin behauptet worden. Aufgrund dieser Ausführungen wird deutlich, dass auf Seiten der Klägerin auch keine weiteren ersichtlichen Umstände vorlagen, aus denen sie zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung am 01.07.2009 darauf hätte schließen können, dass der Vertreterin des L. – Frau W. – die Rechtshängigkeit der Befristungskontrollklage an diesem Tag bereits bekannt war. Mithin konnte die Klägerin bei Vertragsabschluss von einer möglichen Kenntnis auf Seiten des L. von der erhobenen Entfristungsklage keinesfalls ausgehen. Allein die Behauptung der Klägerin, Frau W. habe eine Information über die Entfristungsklage gehabt, sagt inhaltlich nichts zu dem Zeitpunkt dieser Kenntniserlangung aus. Zu den Ausführungen der Klägerin hat der Beklagtenvertreter in der letzten mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer erklärt, dass die Information vom Landesbetrieb B. an Frau W. zeitlich nach Vertragsabschluss erfolgt sei. Diese Behauptung des Beklagtenvertreters ist insoweit nicht von der Klägerseite in Abrede gestellt worden und gilt mithin gemäß § 139 Abs. 3 ZPO als zugestanden.

c.) In Anwendung der zuvor wiedergegebenen Grundsätze des Bundesarbeitsgerichts steht vorliegend auch fest, dass zwischen den Parteien beim Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages am 01.07.2009 kein entsprechender Vorbehalt vereinbart worden ist. Einen solchen Vorbehalt hat die Klägerin mit dem beklagten Land bei Vertragsabschluss am 01.07.2009 weder ausdrücklich noch konkludent vereinbart. Die Vereinbarung eines solchen Vorbehaltes wäre angesichts der von ihr zu diesem Zeitpunkt bereits erhobenen Entfristungsklage erforderlich gewesen. Die Entfristungsklage ist am 03.06.2009 beim Arbeitsgericht Magdeburg eingegangen.

Mithin ist für keinen der vor dem 01.07.2009 abgeschlossenen Arbeitsverträge die rechtliche Überprüfung der wirksamen Befristung mehr eröffnet. Die Klägerin hat nicht geltend gemacht, dass der Befristungsgrund bezüglich des Vertrages vom 01.07.2009 nicht gegeben sei und sich nicht auf die Unwirksamkeit dieser Befristung berufen. Vielmehr hat die Klägerin mit der Berufungsbegründungsschrift vom 08. April 2010 nochmals ausdrücklich klargestellt, dass es ihr selbstverständlich um die Entfristung ihres Vertrages vom 03. Februar 2009 gehe.

3. Der Antrag zu 2 ist vom Arbeitsgericht Magdeburg mit zutreffender Begründung als unbegründet abgewiesen worden.

Zwischen den Parteien steht die aktuelle Weiterbeschäftigung der Klägerin auf Grundlage ihres befristeten Arbeitsvertrages vom 01.07.2009 befristet bis zum 30.06.2012 beim L. in H. außer Streit. Insoweit haben sich die Parteien zu Protokoll am 09.06.2011 vor der Berufungskammer erklärt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Für die Zulassung der Revision sind die gesetzlichen Voraussetzungen nicht gegeben (§ 72 Abs. 2 ArbGG).

 

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