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Begriff des leitenden Angestellten- § 14 Abs. 2 KSchG

Landesarbeitsgericht Köln – Az.: 6 TaBV 6/19 – Beschluss vom 10.10.2019

1.   Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Aachen vom 13.09.2018- 5 Bv 68/17 – aufgehoben und die Anträge des Betriebsrats sowie seine Antragserweiterung vom 19.08.2019 zurückgewiesen.

2.  Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

A.  Die Beteiligten streiten um die Aufhebung zweier Maßnahmen, nämlich zum einen der Einstellung des Zeugen J mittels Versetzung in den Markt in W und zum zweiten um die anschließend während des Rechtsmittelverfahrens erfolgten Beförderung des Zeugen auf die Position des Marktleiters.

Die Arbeitgeberin ist ein auf den Bereich des Spielwarenvertriebes spezialisiertes Unternehmen, das neben seiner Hauptverwaltung in K bundesweit ca. 70 Filialen (Märkte) betreibt. Mehr als 1.000 Beschäftigte sind für die Beklagte tätig. In jedem Markt sind 20 bis 25 Mitarbeiter beschäftigt. Es gibt jeweils ein Marktmanagement. Zu diesem Marktmanagement wird ein Marktleiter gezählt, sowie dessen Stellvertreter. Dabei kommt es – wie hier – durchaus vor, dass in einem Markt nicht nur ein Stellvertreter sondern zwei Stellvertreter dem Marktmanagement zugerechnet werden. Der Antragsteller ist der Betriebsrat, der für den Markt in W gewählt wurde. Er hat drei Mitglieder.

Der Mitarbeiter J ist seit dem 01.10.2015 bei der Arbeitgeberin als außertariflicher Mitarbeiter beschäftigt. Am 15.08.2016 schlossen die Parteien eine Zusatzvereinbarung über den Status als leitender Angestellter. Eine Prokura wurde dem Mitarbeiter allerdings nicht erteilt. Die Zusatzvereinbarung lautet auszugsweise:

㤠2 Einstellungs- und Entlassungsbefugnis

Begriff des leitenden Angestellten- § 14 Abs. 2 KSchG
(Symbolfoto: Konstantin Chagin/Shutterstock.com)

Dem Mitarbeiter kommt für den gesamten Markt und allen nachgeordneten Mitarbeitern uneingeschränkte Einstellungs- und Entlassungsbefugnis sowie die Durchführung von weiteren arbeitsrechtlichen und personalverantwortlichen Maßnahmen zu … . Diese Befugnis ist nicht nur auf die Abwesenheit des Marktleiters und etwaige Urlaubs- und Krankheitszeiten beschränkt. Die Maßnahmen bedürfen keiner Zustimmung des Marktleiters. … “

Der Mitarbeiter J wird seit dem 30.10.2017 im Markt in W als stellvertretender Marktleiter eingesetzt. Hierzu wurde er aus einer anderen Filiale nach W versetzt. Zum 01.08.2019 wurde er zum Markleiter befördert. Zu beiden Maßnahmen wurde der Betriebsrat nach § 105 BetrVG angehört, nicht aber nach § 99 BetrVG. Die Arbeitgeberin vertritt nämlich die Auffassung, es handele sich sowohl bei der Position des stellvertretenden Marktleiters als auch bei der Position des Marktleiters um solche von leitenden Angestellten. Der Betriebsrat vertritt die gegenteilige Auffassung. Dies ist der Kern des Streits zwischen den Beteiligten des vorliegenden Verfahrens.

Der Betriebsrat hat beantragt,

1.  der Arbeitgeberin aufzugeben, die Einstellung des Herrn J im Betrieb W aufzuheben;

2.  der Arbeitgeberin im Falle des Verstoßes gegen diese Anordnung ein Zwangsgeld anzudrohen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird.

Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge zurückzuweisen

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 13.09.2019 den Anträgen des Betriebsrats stattgegeben mit der Begründung, der Mitarbeiter J sei in seiner Funktion als stellvertretender Marktleiter kein leitender Angestellter. Die Arbeitgeberin sei daher bei der Versetzung des Mitarbeiters in den Markt in W verpflichtet gewesen, den Betriebsrat nach § 99 BetrVG anzuhören und ihn um Zustimmung zu bitten. Da die Arbeitgeberin die Maßnahme ohne Zustimmung des Betriebsrats durchgeführt habe, sei sie nun nach § 101 BetrVG verpflichtet, die Maßnahme aufzuheben.

Gegen diesen ihm am 08.01.2019 zugestellten Beschluss hat die Arbeitgeberin am 29.01.2019 Beschwerde eingelegt und sie hat diese am 07.03.2019 begründet.

Die Arbeitgeberin bleibt bei ihrer Auffassung, es handele sich bei dem Mitarbeiter J in seiner zunächst zugewiesenen Funktion als stellvertretender Marktleiter um einen leitenden Angestellten. Erst recht sei dies bei ihm in seiner neuen Funktion als Marktleiter der Fall. Durch die Beförderung auf die letztgenannte Position habe sich das Verfahren nach ihrer Auffassung erledigt. Die erst in der Beschwerdeinstanz anhängig gemachten Antragserweiterungen erachte sie als unzulässig.

Die Arbeitgeberin beantragt,

1.  den Beschluss des Arbeitsgerichts Aachen vom 13.09.2018- 5 Bv 68/17 – abzuändern und die Anträge des Beteiligten zu 1 zurückzuweisen;

2.  die Wideranträge des Betriebsrats zurückzuweisen.

Der Betriebsrat beantragt,

1.  die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückzuweisen;

2.  im Wege des Widerantrages

a.  der Arbeitgeberin aufzugeben, die Versetzung des Herrn J zum Marktleiter in W aufzuheben;

b.  der Arbeitgeberin im Falle des Verstoßes gegen diese Anordnung ein Zwangsgeld anzudrohen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird.

Der Betriebsrat trägt vor, es sei schon häufiger vorgekommen, dass die Arbeitgeberin während eines Verfahrens nach § 101 BetrVG wie vorliegend den betroffenen Mitarbeiter in einen anderen Markt versetzt oder befördert habe. Auf diese Art vereitele sie regelmäßig rechtskräftige Entscheidungen. Wie seinerzeit hinsichtlich des Vorgängers des Klägers, nämlich hinsichtlich des Zeugen R , sei er weiterhin der Auffassung, dass nicht nur der stellvertretende Marktleiter sondern auch der Marktleiter selbst kein leitender Angestellter sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

B.  Die zulässige Beschwerde der Arbeitgeberin ist begründet, die zulässigen Antragserweiterungen des Betriebsrats sind unbegründet. Den Anträgen der Arbeitgeberin war daher in vollem Umfang stattzugeben.

I.  Die Beschwerde der Arbeitgeberin ist begründet. Der Betriebsrat hat wegen der Versetzung des Zeugen J in den Markt in W auf die Position des stellvertretenden Marktleiters keinen Aufhebungsanspruch aus § 101 BetrVG. Denn in der Zwischenzeit ist der Zeuge zum Marktleiter befördert worden.

Als Marktleiter ist der Zeuge J ein leitender Angestellter (1.). Die Ernennung zum leitenden Angestellten unterliegt nicht dem Zustimmungsverfahren nach §§ 99 ff BetrVG (2.). Da es auf den Sachstand zum Zeitpunkt der letzten Anhörung der Beteiligten ankommt, ist die Versetzung des Zeugen J in den Markt nach W , damals auf den Posten des stellvertretenden Marktleiters, nicht mehr Gegenstand der Betrachtung; auf ihn findet das Betriebsverfassungsgesetz gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 BetrVG keine Anwendung mehr (3.).

1.  Als Marktleiter des Marktes in W ist der Kläger leitender Angestellter. Die erkennende Kammer schließt sich den Gründen des rechtskräftigen Beschlusses der 9. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln vom 25.01.2019 – 9 TaBv 118/18 – an, der den Vorgänger des Zeugen J auf dem Posten des Marktleiters in W betraf. In dem besagten Beschluss heißt es auszugsweise:

„… Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Anträge des Betriebsrats zurückgewiesen und es abgelehnt, die Arbeitgeberin gemäß § 101 BetrVG zur Aufhebung der Einstellung von Herrn R anzuhalten. Denn Herr R ist gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BetrVG als ein leitender Angestellter anzusehen, auf den das Betriebsverfassungsgesetz gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 BetrVG keine Anwendung findet.

1.)  Nach § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BetrVG ist leitender Angestellter, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist. Diese Zuordnungskriterien beruhen auf der Wertung des Gesetzgebers, nach der eine Einstellungs- und Entlassungsbefugnis die leitende Funktion eines Angestellten im Betrieb oder im Unternehmen in besonderer Weise zum Ausdruck bringt. Einstellungen und Entlassungen sind Instrumente der Personalwirtschaft und damit unternehmerische Tätigkeit. Wird diese Befugnis einem Angestellten übertragen, so ist der zur selbständigen Einstellung und Entlassung befugte Angestellte der Repräsentant des Arbeitgebers gegenüber dem Betriebsrat. Die unternehmerische Aufgabenstellung kann sich aus der Personalverantwortung für den Bereich des gesamten Unternehmens oder als unternehmerische Teilaufgabe auch aus der Personalverantwortung für einen Betrieb oder eine Betriebsabteilung ergeben. Damit ist klargestellt, dass auch eine betriebsbezogene Aufgabe oder Funktion den Status eines leitenden Angestellten begründen kann (BAG, Beschluss vom 10. Oktober 2007 – 7 ABR 61/06 -, Rn. 12, juris).

2.) In diesem Sinne handelt es sich bei Herrn R um einen leitenden Angestellten.

a)  Gemäß Nr. 3 der Ergänzungsvereinbarung vom 29.07.2005 zum Anstellungsvertrag ist Herr R leitender Angestellter und trägt als Marktleiter „die Gesamtverantwortung für sämtliche wirtschaftliche und personelle Belange des von ihm geführten Marktes“. Die Bezeichnung als leitender Angestellter begründet den betriebsverfassungsrechtlichen Arbeitnehmerstatus als leitender Angestellter zwar nicht, weil die Arbeitsvertragsparteien darüber nicht disponieren können. § 5 Abs. 3 Satz 2 BetrVG ist zwingendes Recht (BAG, Beschluss vom 05. Mai 2010 – 7 ABR 97/08 -, Rn. 21, juris). Herr R erfüllt jedoch die Voraussetzungen dieser Norm. Gemäß Nr. 4 der Zusatzvereinbarung umfasst seine rechtliche Verantwortung „die Einstellung und Entlassung der ihm nachgeordneten Mitarbeiter und die Berechtigung der damit verbundenen Maßnahmen“. An dem gesetzlichen Merkmal der Selbständigkeit fehlt es auch nicht deswegen, weil Herr R nur im Verhältnis zu den Arbeitnehmern, nicht aber im Innenverhältnis zu seinen Vorgesetzten befugt wäre, über Einstellungen und Entlassungen zu entscheiden (zu dieser Fallgestaltung BAG, Beschluss vom 10. Oktober 2007 – 7 ABR 61/06 -, Rn. 13, juris). Es kann nicht festgestellt werden, dass die im Markt vorgenommenen Einstellungen von der Genehmigung der zentralen Personalabteilung in K abhängig gewesen wären. Vielmehr wurden sie selbständig vor Ort durchgeführt, auch wenn sie schwerpunktmäßig Aushilfen für das Weihnachtsgeschäft betroffen haben mögen. Insoweit ist festzuhalten, dass es für die Zuordnung zu dem in § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BetrVG genannten Personenkreis nur auf die eigenverantwortliche Ausübung der in der Vorschrift genannten Personalkompetenz ankommt, wohingegen der zeitliche Anteil, den die tatsächliche Ausübung der Einstellungs- und Entlassungsbefugnis an der Arbeitszeit des Angestellten ausmacht, für die Beurteilung der Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BetrVG ohne Bedeutung ist (BAG, Beschluss vom 10. Oktober 2007 – 7 ABR 61/06 -, Rn. 15, juris). Entscheidend ist, dass die Tätigkeit des leitenden Angestellten von der unternehmerischen Aufgabenstellung mit Entscheidungsspielraum geprägt und schwerpunktmäßig bestimmt wird (BAG, Beschluss vom 05. Mai 2010 – 7 ABR 97/08 -, Rn. 13, juris; Landesarbeitsgericht Köln, Beschluss vom 20. Juni 2018 – 11 TaBV 77/17 -, Rn. 20, juris). Das ist bei einem Marktleiter der Fall, da seine Führung für die Überlebensfähigkeit und Rentabilität einer Filiale regelmäßig von großer Bedeutung ist.

b)  Soweit der Betriebsrat die personellen Befugnisse von Herrn R mit der Argumentation bestreitet, dass die selbständige, weisungsfreie Einstellungs- und Entlassungsbefugnis auch den stellvertretenden Marktleitern eingeräumt sei, steht dies dem Status von Herrn R als leitender Angestellter nicht entgegen. Denn ausweislich der Ergänzungsvereinbarung zwischen Herrn R und der Arbeitgeberin bleibt bei ihm die Gesamtverantwortung. Er hat die rechtliche Verantwortung für die ihm nachgeordneten Mitarbeiter, also auch für die stellvertretenden Marktleiter. Die Kammer folgt insoweit der Einschätzung des Arbeitsgerichts Aachen in dem Beschluss vom 19.04.2018 – 2 BV 49/17 -, in dem es um den Status von einem der beiden stellvertretenden Marktleiter in W ging. Zu Recht hat das Arbeitsgericht in diesem Verfahren darauf abgestellt, dass der Stellvertreter hierarchisch unter dem Marktleiter stehe und im Konfliktfall nicht die Möglichkeit hätte, sich mit seiner Einstellungs- oder Entlassungsabsicht gegen dessen Willen durchzusetzen.

c) Zu Unrecht verneint der Betriebsrat eine hinreichende Bedeutung des Marktleiters R für das Unternehmen. Zwar liegen die Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BetrVG nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bei solchen Arbeitnehmern nicht vor, deren Personalkompetenzen nur von untergeordneter Bedeutung für den Betrieb und damit auch für das Unternehmen sind. Nach dieser Rechtsprechung kann die in § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BetrVG aufgeführte formale Befugnis den Status als leitender Angestellter nur begründen, wenn die dem Angestellten nachgeordneten Mitarbeiter auch ein für das Unternehmen bedeutsames Aufgabengebiet betreuen (BAG, Beschluss vom 10. Oktober 2007 – 7 ABR 61/06 -, Rn. 14, juris). Einen Mindestwert in Form einer absoluten Zahl der Arbeitnehmer, bzgl. derer eine Personalentscheidungsbefugnis bestehen muss oder in Form einer Quote im Verhältnis zu den Arbeitnehmerzahlen des Gesamtunternehmens, kennt das Gesetz jedoch nicht (Landesarbeitsgericht Köln, Beschluss vom 13. September 2016 – 12 TaBV 25/16 -, Rn. 62, juris). Entscheidend ist vielmehr, dass Herr R als Marktleiter nicht nur in einem unbedeutenden Umfang als Repräsentant des Arbeitgebers gegenüber dem Betriebsrat auftritt, sondern ihr oberster Ansprechpartner vor Ort ist. Hinzu kommt, dass jeder Markt mit seinem Standort und seinem Kundeneinzugskreis von erheblicher Bedeutung für das Unternehmen und seine Wahrnehmung ist. Eine schlechte Personalauswahl und -führung, die sich negativ auf das Kaufverhalten der Kunden auswirkt, ist damit von erheblicher Bedeutung für das Unternehmen. Herr R betreut damit ein für das Unternehmen bedeutsames Aufgabengebiet.“

Diesem Beschluss der 9.Kammer und seiner Begründung steht, entgegen der Auffassung des Betriebsrats, auch nicht das Urteil des 2. Senats des BAG vom 14.04.2011 – 2 AZR 167/10 – entgegen. Dort heißt es in Rn. 21:

„Die Berechtigung zur Einstellung und Entlassung war schon deshalb nicht ausreichend, weil sie nicht unbeschränkt war. Die Beklagte hatte diese Befugnis zugleich auch den Niederlassungsleitern eingeräumt. Ihnen gegenüber war aber nicht der Kläger, sondern die dem Kläger vorgesetzte Geschäftsleitung einstellungs- und entlassungsbefugt. Ob der Kläger sich im Konfliktfall mit einer Einstellungs- oder Entlassungsentscheidung durchsetzen konnte, war also nicht von vornherein sicher. Seine Berechtigung war durch gleiche Berechtigungen anderer eingeschränkt. Dies hatte zur Folge, dass Einstellungen und Entlassungen von Projektingenieuren auch gegen seinen Willen erfolgen konnten, ohne dass der Kläger dem hätte entgegentreten können. Eine „selbständige“ Einstellungs- oder Entlassungsbefugnis, dh. eine, deren Umsetzung nur vom Willensentschluss des Klägers abhing, bestand damit praktisch nicht.“

Nicht ohne Grund sah sich der 2. Senat in dieser Entscheidung nicht veranlasst, Beschlüsse des 7. Senates zu zitieren oder sich gar von diesen abzugrenzen. Der 2. Senat entschied nämlich über die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 KSchG und nicht über die Voraussetzungen des hier relevanten § 5 Abs. 3 Nr. 1 BetrVG. Im Unterschied zu § 5 Abs. 3 BetrVG bedient sich der Gesetzgeber in § 14 Abs. 2 KSchG der typologischen Methode, indem er als Beispiel den Geschäftsführer und den Betriebsleiter nennt und sodann den Bezug zu diesen rechtstatsächlichen Prototypen des leitenden Angestellten durch das Merkmal der „Ähnlichkeit“ herstellt. Nur diejenigen Personen, die eine ähnlich leitende Funktion wie ein Geschäftsführer oder Betriebsleiter haben, sind leitende Angestellte im Sinne dieser Bestimmung (Rost/Kreutzberg-Kowalczyk in: KR 12. Auflage § 14 KSchG Rn. 31). Als definitorisches Element kommt in § 14 Abs. 2 KSchG noch das Erfordernis hinzu, dass die Geschäftsführer, die Betriebsleiter und die diesen ähnlichen leitenden Angestellten die Berechtigung zur selbständigen Einstellung oder Entlassung haben müssen. Die besagte Typologie fehlt demgegenüber in dem hier anzuwendenden § 5 Abs. 3 BetrVG. Der Unterschied zwischen § 14 Abs. 2 KSchG und § 5 Abs. 3 BetrVG wird des Weiteren dadurch deutlich, dass in §5 Abs. 3 BetrVG nicht nur von Einstellungs- und Entlassungsbefugnis im Unternehmen oder im Betrieb die Rede ist, sondern auch von einer solchen in einer Betriebsabteilung. Die Einstellungs- und Entlassungsbefugnis des leitenden Angestellten in einer Betriebsabteilung konkurriert begriffsnotwendig mit der entsprechenden Befugnis des Betriebsleiters oder der des Geschäftsführers. Eine solche konkurrierende Befugnis mag die Annahme eines leitenden Angestellten nach § 14 Abs. 2 KSchG ausschließen, wie es der 2. Senat in der zitierten Entscheidung entschieden hat. Der entsprechenden Annahme nach § 5 Abs. 3 BetrVG steht sie nicht entgegen.

2.  Die letzte streitige Maßnahme, die Beförderung des Zeugen in den Status des leitenden Angestellten, unterliegt nicht dem Zustimmungsverfahren nach §§ 99 ff BetrVG. Es kommt daher auch kein Anspruch auf Aufhebung der Maßnahme nach § 101 BetrVG in Betracht. Eine beabsichtige Einstellung oder personelle Veränderung eines in § 5 Abs. 3 genannten leitenden Angestellten ist dem Betriebsrat gemäß § 105 BetrVG nur mitzuteilen. Eine solche Mitteilung ist unstreitig erfolgt. Da die Einstellung eines Mitarbeiters von außen auf die Position eines leitenden Angestellten dem § 105 BetrVG unterfällt und eben nicht dem Zustimmungserfordernis aus § 99 BetrVG, gilt dies erst recht, wenn die Position nicht durch eine Einstellung sondern durch eine interne Beförderung besetzt wird (BAG v. 29.01.1980 – 1 ABR 49/78 -; Fitting, 29. Aufl., BetrVG § 99 Rn. 114 und § 105 Rn. 1).

3.  Es kann dahin gestellt bleiben, ob die ursprüngliche Versetzung in den Markt W auf die Position des stellvertretenden Marktleiters dem Zustimmungserfordernis des § 99 BetrVG unterfiel – die ausführlich begründete Entscheidung des Arbeitsgerichts spricht dafür und überzeugende Gegenargumente sind nicht ersichtlich. Es kann dahin gestellt bleiben, da die Beteiligten um einen Aufhebungsanspruch aus § 101 BetrVG streiten. Gegenstand des gerichtlichen Aufhebungsverfahrens ist die Frage, ob eine konkrete personelle Einzelmaßnahme gegenwärtig und zukünftig als endgültige Maßnahme zulässig ist (Fitting § 101 Rn 4 a; BAG v. 14.04.2015 – 1 ABR 66/13). Entscheidend ist damit der Sachstand im Zeitpunkt der letzten Anhörung der Beteiligten. Das ist hier der 10.10.2019. Zu diesem Zeitpunkt ist der Zeuge J Marktleiter, er ist damit leitender Angestellter und er unterfällt folglich nicht den Regelungen des Betriebsverfassungsgesetzes, mithin insbesondere nicht dem § 101 BetrVG.

II.  Die vom Betriebsrat so genannten „Wideranträge“ sind zwar zulässig (weil sachdienlich) aber nicht begründet. Wie gezeigt handelt es sich bei dem Mitarbeiter J in seiner Position als Marktleiter um einen leitenden Angestellten. Die Beförderung auf diese Funktion bedurfte nicht der Zustimmung des Betriebsrats. Ein Aufhebungsanspruch aus § 101 BetrVG kommt daher ebenso wenig in Betracht, wie die Androhung eines Zwangs- oder Ordnungsgeldes.

III.  Nach allem war somit der Beschluss des Arbeitsgerichts – wegen der Entwicklung des Sachverhaltes in der Rechtsmittelinstanz – abzuändern und die Antragserweiterungen des Betriebsrats zurück zu weisen. Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei. Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht gegeben, da die Entscheidung auf den Umständen des vorliegenden Einzelfalls beruht.

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