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Berechnung Urlaubsabgeltung – hypothetischer Verdienst des Arbeitnehmers in letzten 13 Wochen

Eine langzeiterkrankte Arbeitnehmerin erhält nach einem Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts mehr Urlaubsabgeltung als erwartet. Der Fall dreht sich um die Frage, ob für die Berechnung der Abgeltung der frühere Verdienst vor der Erkrankung oder der aktuelle Mindestlohn maßgeblich ist. Da die Entscheidung von bisheriger Rechtsprechung abweicht, hat das Gericht die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
  • Datum: 12.04.2024
  • Aktenzeichen: 14 Sa 1714/22
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren im Arbeitsrecht
  • Rechtsbereiche: Arbeitsrecht, Urlaubsrecht, Vergütungsrecht

Beteiligte Parteien:

  • Klägerin: Ehemalige Arbeitnehmerin der Beklagten. Sie fordert Urlaubsabgeltung für die Jahre 2018 – 2022, Überstundenvergütung und eine Verzugspauschale. Die Klägerin war ab dem 8. Dezember 2018 arbeitsunfähig erkrankt und bezieht seit dem 1. Oktober 2019 Erwerbsminderungsrente.
  • Beklagte: Ehemalige Arbeitgeberin der Klägerin. Sie argumentiert, dass der Urlaubsanspruch der Klägerin für 2018 verfallen sei und die Überstundenvergütung korrekt berechnet wurde. Die Beklagte sagt, dass der Klägerin für Dezember 2018 keine Stunden abgezogen wurden, da eine Vorleistung ohne Nacharbeit erfolgte.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Die Klägerin war bei der Beklagten beschäftigt und machte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Ansprüche auf Urlaubsabgeltung, Überstundenvergütung und Verzugspauschale geltend. Die Beklagte lehnte Teile dieser Ansprüche mit der Begründung ab, dass die Urlaubsansprüche verfallen und die Überstunden korrekt abgerechnet seien.
  • Kern des Rechtsstreits: Hauptsächlich ging es um die Frage, ob und in welchem Umfang die Urlaubsansprüche der Klägerin trotz Arbeitsunfähigkeit und späteren Rentenbezugs bestehen bleiben und wie die Urlaubsabgeltung und Überstundenvergütung korrekt zu berechnen sind.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Berufung der Klägerin wurde teilweise erfolgreich abgeändert. Die Beklagte wurde zur Zahlung weiterer 942,72 Euro für Urlaubsabgeltung verurteilt. Die Berufung wurde für die geforderten 99,87 Euro als Überstundenvergütung unzulässig erklärt. Die Klage auf Verzugspauschale wurde abgewiesen.
  • Begründung: Die Urlaubsansprüche der Klägerin seien nicht verfallen, da die Beklagte ihren Mitwirkungsobliegenheiten nicht genug nachgekommen sei. Die Berechnung der Urlaubsabgeltung basiert auf dem hypothetischen Verdienst am Ende des Arbeitsverhältnisses, unabhängig von vorheriger Arbeitsunfähigkeit. Die Überstunden wurden korrekt mit vorhandenem Zeitguthaben verrechnet. Ein Anspruch auf Verzugspauschale besteht nicht, da § 12a Abs. 1 ArbGG solche Ansprüche ausschließt.
  • Folgen: Die Beklagte ist zur Zahlung der festgestellten Urlaubsabgeltung verpflichtet. Die Entscheidung unterstreicht die Anforderungen an die Mitwirkung des Arbeitgebers bezüglich der Information über den Verfall von Urlaubsansprüchen. Die Kosten des Verfahrens werden proportional zwischen den Parteien geteilt, basierend auf ihrem jeweiligen Erfolg bzw. Unterliegen im Verfahren. Die Revision ist teilweise für die Beklagte zugelassen.

Urlaubsanspruch und Abgeltung: Wichtige Aspekte für Arbeitnehmerrechte

Der gesetzliche Urlaubsanspruch ist ein wichtiges Arbeitnehmerrecht, das finanzielle und zeitliche Aspekte umfasst. Arbeitnehmer haben grundsätzlich einen Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub, dessen Vergütung nach komplexen rechtlichen Kriterien berechnet wird. Die Urlaubsabgeltung spielt dabei eine zentrale Rolle, insbesondere bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder wenn Urlaubstage nicht genommen werden können.

Die Berechnung der Urlaubsvergütung basiert meist auf dem Durchschnittsverdienst der letzten 13 Wochen und berücksichtigt verschiedene Entgeltbestandteile. Dabei spielen Faktoren wie Grundlohn, Zusatzleistungen und der hypothetische Verdienst eine entscheidende Rolle. Für Arbeitnehmer ist es wichtig, ihre Rechte zu kennen und einen möglichen Abgeltungsanspruch zu verstehen.

Der folgende Beitrag widmet sich einem konkreten Gerichtsurteil, das Licht in die Komplexität der Urlaubsabgeltungsberechnung bringen soll.

Der Fall vor Gericht


Mindestlohn zum Beendigungszeitpunkt maßgeblich für Urlaubsabgeltung nach langer Krankheit

Leeres Büro mit persönlichem Kalender, Familienfoto, Computer und Licht durch das Fenster.
Urlaubsabgeltung nach längerer Krankheit | Symbolfoto: Flux gen.

Das Hessische Landesarbeitsgericht hat in einem Urteil vom 12. April 2024 entschieden, dass für die Berechnung der Urlaubsabgeltung nach längerer Krankheit der zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltende gesetzliche Mindestlohn maßgeblich ist. Die Richter sprachen einer seit Dezember 2018 arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmerin eine Urlaubsabgeltung in Höhe von 942,72 Euro brutto für 16 nicht genommene Urlaubstage aus dem Jahr 2018 zu.

Arbeitgeberin verletzte Mitwirkungspflichten bei Urlaubsgewährung

Die Klägerin war von Dezember 2012 bis Mai 2022 bei der Beklagten beschäftigt und hatte einen jährlichen Urlaubsanspruch von 26 Tagen. Ab dem 8. Dezember 2018 war sie durchgehend arbeitsunfähig erkrankt und bezog seit Oktober 2019 eine volle Erwerbsminderungsrente. Das Gericht stellte fest, dass die Arbeitgeberin ihrer Mitwirkungspflicht bei der Urlaubsgewährung für das Jahr 2018 nicht rechtzeitig nachgekommen war. Sie hätte die Klägerin zu Jahresbeginn über ihre Urlaubsansprüche informieren, zur Urlaubsnahme auffordern und auf mögliche Verfallsfristen hinweisen müssen.

Berechnung nach hypothetischem Verdienst der letzten Arbeitswochen

Das Landesarbeitsgericht wich mit seiner Entscheidung zur Berechnungsgrundlage der Urlaubsabgeltung von der bisherigen Rechtsprechung ab. Für die Höhe der Abgeltung sei nicht der Verdienst vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit maßgeblich, sondern der hypothetische Verdienst in den letzten 13 Wochen vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Bei unverschuldeter Arbeitsversäumnis müsse der Betrag berücksichtigt werden, den die Arbeitnehmerin ohne die Arbeitsversäumnis verdient hätte. Dies gelte auch dann, wenn sie im gesamten Berechnungszeitraum erkrankt war.

Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen

Das Gericht ließ die Revision zum Bundesarbeitsgericht zu, da die Frage der korrekten Berechnungsgrundlage für die Urlaubsabgeltung nach längerer Krankheit von grundsätzlicher Bedeutung sei. Die Entscheidung weicht von einem Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts ab, das den Verdienst der letzten 13 Arbeitswochen vor Erkrankungsbeginn als maßgeblich ansah. Zu dieser Rechtsfrage liegt bislang keine höchstrichterliche Entscheidung vor.


Die Schlüsselerkenntnisse


Das Hessische Landesarbeitsgericht hat entschieden, dass bei der Berechnung der Urlaubsabgeltung für erkrankte Arbeitnehmer der zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltende Mindestlohn maßgeblich ist – nicht der Lohn zum Zeitpunkt der letzten Arbeitsleistung. Dies stärkt die Position von langzeiterkrankten Arbeitnehmern erheblich, da sie von zwischenzeitlichen Mindestlohnerhöhungen profitieren. Das Urteil schafft wichtige Klarheit bei der Berechnung von Urlaubsabgeltungen und widerspricht der bisherigen Rechtsprechung des LAG Thüringen.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie längere Zeit krank waren und Ihr Arbeitsverhältnis endet, haben Sie Anspruch auf Urlaubsabgeltung nach dem aktuellen Mindestlohn – auch wenn Sie schon länger nicht mehr gearbeitet haben. Dies kann einen deutlichen finanziellen Unterschied machen, da der Mindestlohn regelmäßig steigt. Bei der Berechnung Ihrer Ansprüche wird der hypothetische Verdienst der letzten 13 Wochen vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses zugrunde gelegt. Sie sollten daher bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses genau prüfen lassen, ob die Urlaubsabgeltung korrekt berechnet wurde.


Urlaubsabgeltung nach Krankheit: Ihre Rechte kennen

Die Berechnung der Urlaubsabgeltung nach längerer Krankheit wirft oft komplexe Fragen auf. Gerade bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist es wichtig, die korrekte Berechnungsgrundlage zu kennen, um finanzielle Nachteile zu vermeiden. Das aktuelle Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts verdeutlicht, dass Arbeitnehmern in solchen Fällen höhere Ansprüche zustehen können als bisher angenommen. Wir unterstützen Sie gerne dabei, Ihre individuellen Rechte zu prüfen und durchzusetzen.
Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!


Häufig gestellte Fragen zum Thema

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche Fristen muss ich bei der Geltendmachung meiner Urlaubsabgeltung nach längerer Krankheit beachten?

Grundsätzliche Verfallsfrist bei Krankheit

Der nicht genommene Urlaub verfällt bei längerer Krankheit nicht zum Ende des Kalenderjahres, sondern erst 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres. Diese Frist beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem der Urlaubsanspruch entstanden ist.

Berechnung der Verfallsfrist

Wenn Sie beispielsweise im Jahr 2024 erkrankt sind, können Sie den Urlaub aus diesem Jahr noch bis zum 31. März 2026 geltend machen. Dies gilt sowohl für den gesetzlichen Mindesturlaub als auch für den vertraglichen Mehrurlaub, sofern keine anderslautenden tarifvertraglichen Regelungen bestehen.

Besonderheiten bei fehlender Arbeitgeberinformation

Die 15-Monats-Frist gilt nicht automatisch. Der Arbeitgeber muss Sie über Ihre offenen Urlaubstage informieren, zum Urlaub auffordern und auf den drohenden Verfall hinweisen. Fehlt dieser Hinweis, verfällt der Urlaub auch nach 15 Monaten nicht.

Berechnung der Urlaubsabgeltung

Die Höhe der Urlaubsabgeltung berechnet sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst der letzten 13 Wochen vor Beginn des Urlaubs. Bei der Geltendmachung der Urlaubsabgeltung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses müssen Sie die tarifvertraglichen oder arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen beachten.

Mehrjährige Krankheit

Bei mehrjähriger Krankheit können Sie den Urlaub aus verschiedenen Jahren geltend machen. Für jedes Jahr der Erkrankung entsteht ein neuer Urlaubsanspruch. Die Verfallsfrist von 15 Monaten läuft für jeden Jahresurlaub separat.

Ein praktisches Beispiel: Bei einer Erkrankung von 2022 bis 2024 können Sie bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anfang 2025 noch Urlaubsabgeltung für die Jahre 2023 und 2024 verlangen. Der Urlaub aus 2022 wäre hingegen zum 31. März 2024 verfallen.


 

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Welche Pflichten hat mein Arbeitgeber bezüglich meiner Urlaubsansprüche während der Krankheit?

Der Arbeitgeber muss Sie zu Beginn des Kalenderjahres innerhalb der ersten Arbeitswoche über Ihre Urlaubsansprüche informieren. Diese Informationspflicht besteht auch während einer Krankheit.

Konkrete Informationspflichten

Die Mitteilung des Arbeitgebers muss individuell und in Textform erfolgen und folgende Angaben enthalten:

  • Die genaue Anzahl Ihrer Urlaubstage für das laufende Jahr
  • Eventuell übertragene Resturlaubstage aus dem Vorjahr
  • Den Zeitpunkt des möglichen Urlaubsverfalls
  • Eine konkrete Aufforderung zur rechtzeitigen Urlaubsnahme
  • Den Hinweis auf den Verfall bei nicht rechtzeitiger Beantragung

Folgen bei Nichterfüllung

Wenn Ihr Arbeitgeber diese Pflichten verletzt, hat dies weitreichende Konsequenzen:

Der Urlaubsanspruch verfällt nicht automatisch, sondern wird auf das Folgejahr übertragen. Diese Urlaubstage addieren sich zu Ihrem neuen Jahresurlaub hinzu.

Besonderheit bei Langzeiterkrankung

Bei einer durchgehenden Arbeitsunfähigkeit gelten besondere Regeln:

Urlaubsansprüche, die vor Ihrer Erkrankung entstanden sind, verfallen nur dann nach 15 Monaten, wenn der Arbeitgeber Sie rechtzeitig über den drohenden Verfall informiert hat. Urlaubsansprüche, die während der Krankheit entstehen, verfallen hingegen auch ohne Hinweis des Arbeitgebers 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres.

Erkranken Sie beispielsweise am 15. Januar, muss der Arbeitgeber Sie bereits in den ersten sechs Werktagen des Jahres über Ihre Urlaubsansprüche informiert haben. Nach Ihrer Genesung hat der Arbeitgeber wiederum eine Woche Zeit, Sie über bestehende Urlaubsansprüche zu informieren.


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Was passiert mit meinem Resturlaub bei Erwerbsminderungsrente?

Bei einer Erwerbsminderungsrente entstehen Urlaubsansprüche weiterhin, solange das Arbeitsverhältnis besteht. Dies gilt sowohl für den gesetzlichen Mindesturlaub als auch für den Zusatzurlaub für Schwerbehinderte.

Befristete Erwerbsminderungsrente

Bei einer befristeten Erwerbsminderungsrente ruht das Arbeitsverhältnis lediglich. Die Urlaubsansprüche bleiben bestehen und müssen in den ersten drei Monaten des Folgejahres genommen werden.

Unbefristete Erwerbsminderungsrente

Wenn Sie eine unbefristete Erwerbsminderungsrente erhalten, endet Ihr Arbeitsverhältnis automatisch mit Ablauf des Monats, in dem der Rentenbescheid zugestellt wird. Ihre noch bestehenden Urlaubsansprüche wandeln sich dann in einen Urlaubsabgeltungsanspruch um.

Verfall von Urlaubsansprüchen

Die nicht genommenen Urlaubsansprüche verfallen bei langandauernder Erwerbsminderung 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres. Wenn Sie beispielsweise Urlaubsansprüche aus dem Jahr 2023 haben, müssen Sie diese bis zum 31. März 2025 geltend machen.

Anrechnung der Urlaubsabgeltung auf die Rente

Die Urlaubsabgeltung wird als Hinzuverdienst auf Ihre Erwerbsminderungsrente angerechnet, wenn:

  • das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Rentenbeginns noch bestand
  • die Urlaubsabgeltung nach Rentenbeginn gezahlt wird

Bei einer vollen Erwerbsminderungsrente gilt ein jährlicher Hinzuverdienstfreibetrag von 6.300 Euro. Übersteigt die Urlaubsabgeltung diesen Betrag, wird der überschießende Teil von der Rente abgezogen.

Wichtig: Die Anrechnung erfolgt immer erst in dem Jahr, in dem die Urlaubsabgeltung tatsächlich ausgezahlt wird. Wird die Urlaubsabgeltung hingegen vor Beginn der Erwerbsminderungsrente gezahlt, erfolgt keine Anrechnung auf die spätere Rente.


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Wie unterscheidet sich die Urlaubsabgeltung vom normalen Urlaubsentgelt?

Die Urlaubsabgeltung ist ein reiner Geldanspruch, der ausschließlich bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses entsteht, wenn der zustehende Urlaub nicht mehr gewährt werden kann. Im Gegensatz dazu ist das Urlaubsentgelt die reguläre Lohnfortzahlung während des tatsächlich genommenen Urlaubs.

Rechtliche Grundlagen und Entstehung

Das Urlaubsentgelt ist ein gesetzlich garantierter Anspruch für jeden Arbeitnehmer während seines Urlaubs. Die Urlaubsabgeltung hingegen tritt nur dann ein, wenn das Arbeitsverhältnis endet und noch Urlaubsansprüche bestehen. Dies gilt bei allen Beendigungsarten – sei es durch Kündigung, Aufhebungsvertrag oder Renteneintritt.

Berechnung und Höhe

Die Berechnungsbasis ist für beide Ansprüche identisch. Maßgeblich ist der durchschnittliche Arbeitsverdienst der letzten 13 Wochen. In die Berechnung fließen dabei ein:

  • Der reguläre Grundlohn
  • Zulagen und Prämien
  • Sachbezüge

Besonderheiten der Urlaubsabgeltung

Die Urlaubsabgeltung unterliegt einigen speziellen Regelungen:

  • Eine vertragliche Vereinbarung zur Urlaubsabgeltung während des laufenden Arbeitsverhältnisses ist nichtig
  • Der Anspruch verjährt erst nach drei Jahren und verfällt nicht zum Jahresende
  • Die Abgeltung wird als sonstiger Bezug versteuert, was eine besondere steuerliche Berechnung erfordert

Praktische Unterschiede

Im aktiven Arbeitsverhältnis darf der Arbeitgeber Urlaub nicht durch Geld abgelten. Wenn ein Arbeitnehmer seinen Urlaub wegen hoher Arbeitsbelastung nicht nehmen kann, muss der Urlaub zu einem späteren Zeitpunkt gewährt werden. Eine dennoch gezahlte Abgeltung während des Arbeitsverhältnisses lässt den Urlaubsanspruch weiter bestehen.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar - Fachbegriffe aus dem Arbeitsrecht

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Urlaubsabgeltung

Eine finanzielle Entschädigung für nicht genommene Urlaubstage, die bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgezahlt werden muss. Sie wird fällig, wenn der Urlaub aus bestimmten Gründen (z.B. Krankheit oder Kündigung) nicht mehr genommen werden kann. Die Berechnung erfolgt auf Basis des durchschnittlichen Arbeitsentgelts. Rechtliche Grundlage ist § 7 Abs. 4 Bundesurlaubsgesetz. Beispiel: Ein Arbeitnehmer hat noch 10 Urlaubstage offen und scheidet aus dem Unternehmen aus – diese Tage müssen dann finanziell abgegolten werden.


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Mitwirkungspflicht des Arbeitgebers

Die gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers, aktiv dafür zu sorgen, dass Arbeitnehmer ihren Urlaub nehmen können. Dies beinhaltet die Pflicht, Mitarbeiter über Urlaubsansprüche zu informieren, zur Urlaubsnahme aufzufordern und auf Verfallsfristen hinzuweisen. Basiert auf der EuGH-Rechtsprechung und § 7 BUrlG. Beispiel: Ein Arbeitgeber muss zu Jahresbeginn jeden Mitarbeiter konkret auffordern, seinen Jahresurlaub zu planen und einzureichen.


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Hypothetischer Verdienst

Der fiktive Verdienst, den ein Arbeitnehmer in einem bestimmten Zeitraum erzielt hätte, wenn er normal gearbeitet hätte. Relevant bei der Berechnung von Ansprüchen während Arbeitsausfällen wie Krankheit. Grundlage ist § 13 BUrlG in Verbindung mit § 11 BUrlG. Er umfasst das reguläre Gehalt plus übliche Zulagen und Zusatzleistungen. Beispiel: Ein erkrankter Mitarbeiter hätte in den letzten 13 Wochen seiner Beschäftigung den Mindestlohn plus übliche Schichtzulagen verdient.


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Erwerbsminderungsrente

Eine Leistung der gesetzlichen Rentenversicherung für Personen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr oder nur eingeschränkt arbeiten können. Wird unterschieden in volle und teilweise Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI. Meist zeitlich befristet und an medizinische Voraussetzungen geknüpft. Beispiel: Ein Arbeitnehmer kann aufgrund schwerer Erkrankung nur noch 2 Stunden täglich arbeiten und erhält eine volle Erwerbsminderungsrente.


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Verfallsfristen

Gesetzlich oder vertraglich festgelegte Zeiträume, nach deren Ablauf Urlaubsansprüche erlöschen können. Nach aktueller Rechtsprechung nur wirksam, wenn der Arbeitgeber seinen Mitwirkungspflichten nachgekommen ist. Geregelt in § 7 Abs. 3 BUrlG. Ein Verfall ist nur möglich, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor nachweislich auf den drohenden Verfall hingewiesen hat. Beispiel: Resturlaub verfällt zum 31.03. des Folgejahres, wenn der Arbeitgeber rechtzeitig informiert hat.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 7 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG): Das Bundesurlaubsgesetz regelt den gesetzlichen Anspruch von Arbeitnehmern auf Erholungsurlaub. § 7 BUrlG bestimmt, dass Urlaub grundsätzlich im laufenden Kalenderjahr genommen werden muss und nur unter bestimmten Bedingungen ins nächste Jahr übertragen werden kann. Verfallen Urlaubstage, die nicht rechtzeitig genommen wurden, können unter bestimmten Voraussetzungen abgegolten werden.
    Im vorliegenden Fall ist § 7 BUrlG maßgeblich, da die Klägerin aufgrund ihrer langen Krankheitszeit ihren Urlaub nicht mehr rechtzeitig nehmen konnte und somit eine Urlaubsabgeltung gemäß den gesetzlichen Vorgaben gefordert hat.
  • § 3 Mindestlohngesetz (MiLoG): Das Mindestlohngesetz legt einen verbindlichen Mindestlohn fest, den Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern zahlen müssen. Dieser Mindestlohn dient als Grundlage für die Berechnung von Vergütungen, wenn keine andere Vergütung vereinbart wurde.
    Das Gericht orientierte sich bei der Berechnung der Urlaubsabgeltung der Klägerin am zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltenden Mindestlohn, anstatt am zuletzt erzielten Gehalt, was gemäß § 3 MiLoG erforderlich ist.
  • § 7 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG): Das Entgeltfortzahlungsgesetz regelt die Fortzahlung des Gehalts im Krankheitsfall für Arbeitnehmer. Nach sechs Wochen der Arbeitsunfähigkeit endet die Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber, und der Arbeitnehmer erhält Krankengeld oder eine Rente.
    Da die Klägerin in den letzten 13 Wochen vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses arbeitsunfähig war, ist die Grundlage für die Urlaubsabgeltung nach § 7 EFZG relevant, da das Einkommen während dieser Zeit durch die Erwerbsminderungsrente ersetzt wurde.
  • § 611a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): § 611a BGB definiert den Arbeitsvertrag und die Pflichten von Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dem Arbeitnehmer die vereinbarte Vergütung zu zahlen und ihm Urlaub zu gewähren.
    In diesem Fall ist § 611a BGB relevant, da die Vertragsbeendigung und die daraus resultierenden Ansprüche der Klägerin auf Urlaubsabgeltung und Überstundenvergütung auf den Regelungen des Arbeitsvertrags basieren.
  • § 630 Nachweisgesetz (NachwG): Das Nachweisgesetz verpflichtet Arbeitgeber, die wesentlichen Vertragsbedingungen, einschließlich Urlaubsansprüche und Arbeitszeiten, schriftlich festzuhalten. Diese Nachweise sind essenziell für die Beweisführung im Streitfall.
    Die vom Gericht geprüften Dokumentationen der Urlaubstage und des Arbeitszeitkontos der Klägerin gemäß § 630 NachwG waren entscheidend für die Bewertung der geltend gemachten Urlaubsabgeltung und die Feststellung des Urlaubsanspruchs.

Das vorliegende Urteil


Hessisches Landesarbeitsgericht – Az.: 14 Sa 1714/22 – Urteil vom 12.04.2024


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