Übersicht:
- Kündigungsschutz: Herausforderungen beim Weiterbeschäftigungsantrag und Streitwert
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Wie wird der Streitwert bei einem Weiterbeschäftigungsantrag grundsätzlich berechnet?
- Was bedeutet ein bedingter Weiterbeschäftigungsantrag für den Streitwert?
- Welche Rolle spielt der Vergleichsinhalt für die Streitwertberechnung?
- Welche Rechtsmittel gibt es gegen die Streitwertfestsetzung?
- Welche Kosten entstehen durch die Streitwertfestsetzung?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
- Datum: 05.11.2024
- Aktenzeichen: 26 Ta (Kost) 6072/24
- Verfahrensart: Kostenbeschwerdeverfahren
- Rechtsbereiche: Arbeitsrecht, Kostenrecht
Beteiligte Parteien:
- Klägerin: Die Klägerin hat gegen eine ordentliche Kündigung geklagt und einen Weiterbeschäftigungsantrag gestellt für den Fall, dass ihr Kündigungsschutzantrag erfolgreich ist.
- Klägervertreter: Die Anwälte der Klägerin haben nach einem Vergleichsbeschluss Beschwerde eingelegt, da der Wert des Weiterbeschäftigungsantrags nicht in den Gesamtgegenstandswert eingerechnet wurde.
- Arbeitsgericht Berlin: Dieses Gericht hatte den Gegenstandswert festgesetzt und den Einbezug des Weiterbeschäftigungsantrags in den Gesamtgegenstandswert abgelehnt.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Das Verfahren befasste sich mit der Frage, ob der Weiterbeschäftigungsantrag Teil des Vergleichs zu einer ordentlichen Kündigung war und ob er in den Gegenstandswert des Verfahrens einfließen sollte.
- Kern des Rechtsstreits: Ob ein Weiterbeschäftigungsantrag, der nicht explizit in einem Vergleich geregelt ist, in den Gesamtgegenstandswert einbezogen werden muss.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Beschwerde der Klägervertreter wurde zurückgewiesen.
- Begründung: Der Weiterbeschäftigungsantrag war nicht im Vergleich geregelt und daher nicht in den Gesamtgegenstandswert einzubeziehen. Eine inhaltliche Regelung bezüglich der Weiterbeschäftigung im Sinne des § 45 Abs. 4 GKG ist erforderlich.
- Folgen: Der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin bleibt bestehen. Die Klägerin muss die ursprünglich festgesetzten Kosten tragen. Die Entscheidung ist unanfechtbar.
Kündigungsschutz: Herausforderungen beim Weiterbeschäftigungsantrag und Streitwert
Im Arbeitsrecht kann die Situation schnell kompliziert werden, insbesondere wenn es um Kündigungsschutzklagen und Abfindungsansprüche geht. Ein zentraler Punkt in vielen arbeitsrechtlichen Konflikten ist der bedingte Weiterbeschäftigungsantrag, der sicherstellen soll, dass Arbeitnehmer bis zur endgültigen Entscheidung über ihre Ansprüche im Arbeitsverhältnis bleiben. Der Streitwert spielt hierbei eine entscheidende Rolle, da er Einfluss auf die gerichtliche Überprüfung und die Bewertung von Entschädigungsansprüchen hat.
Ein Vergleich kann oft eine außergerichtliche Einigung ermöglichen, doch dabei müssen auch Fristen für den Weiterbeschäftigungsantrag und Arbeitgeberpflichten berücksichtigt werden. In der Folge wird ein konkreter Fall erläutert, der die Herausforderungen der Streitwertbemessung im Kontext eines Vergleichs bei einem bedingten Weiterbeschäftigungsantrag beleuchtet.
Der Fall vor Gericht
Streitwertfestsetzung bei fehlender Regelung zur Weiterbeschäftigung im Vergleich
Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat in einem Beschluss vom 5. November 2024 eine wichtige Klarstellung zur Berücksichtigung von Weiterbeschäftigungsanträgen bei der Streitwertberechnung vorgenommen. Der Fall behandelte die Frage, ob ein hilfsweise gestellter Weiterbeschäftigungsantrag bei der Festsetzung des Gegenstandswerts zu berücksichtigen ist, wenn der Rechtsstreit durch einen Vergleich beendet wurde.
Ausgangssituation und Verfahrensverlauf im Kündigungsschutzprozess
Die Klägerin hatte sich gegen eine ordentliche Kündigung gewehrt und in ihrer Klageschrift einen Weiterbeschäftigungsantrag für den Fall des Obsiegens gestellt. Nach Abschluss eines Vergleichs setzte das Arbeitsgericht Berlin den Streitwert auf 11.574,99 Euro fest, was einem Vierteljahreseinkommen entspricht. Eine zusätzliche Berücksichtigung des Weiterbeschäftigungsantrags lehnte das Gericht ab. Die Klägervertreter legten daraufhin am 31. Oktober 2024 sofortige Beschwerde ein und verwiesen auf die Rechtsprechung des Arbeitsgerichts Kassel, wonach ein Weiterbeschäftigungsantrag auch ohne ausdrückliche Regelung im Vergleich zu berücksichtigen sei.
Rechtliche Bewertung durch das Landesarbeitsgericht
Das LAG Berlin-Brandenburg wies die Beschwerde zurück und bestätigte die Streitwertfestsetzung des Arbeitsgerichts. In seiner Begründung stellte das Gericht klar, dass der Weiterbeschäftigungsantrag bei der Berechnung des Gesamtgegenstandswerts nicht zu berücksichtigen war, da es sich um einen unechten Hilfsantrag handelte. Das Gericht betonte, dass gemäß § 45 Abs. 4 GKG eine Erledigung durch Vergleich nur dann zur Berücksichtigung des Weiterbeschäftigungsantrags führt, wenn der Vergleich eine inhaltliche Regelung speziell zur Frage der Weiterbeschäftigung enthält.
Maßgebliche Kriterien für die Streitwertberechnung
Die bloße Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch einen Vergleich zu einem bestimmten Zeitpunkt reicht nach Auffassung des Gerichts nicht aus. Eine rein verfahrensmäßige Erledigung des Weiterbeschäftigungsantrags durch Formulierungen wie „Damit ist der Rechtsstreit erledigt“ genügt weder dem Gesetzeswortlaut noch dem Sinn und Zweck des § 45 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 1 GKG. Das LAG Berlin-Brandenburg stützte sich dabei auf eine breite Rechtsprechung verschiedener Landesarbeitsgerichte, die diese Rechtsauffassung teilen, darunter die Landesarbeitsgerichte Hessen, Nürnberg, Niedersachsen, München, Sachsen, Hamm und Baden-Württemberg.
Der Beschluss des LAG Berlin-Brandenburg ist unanfechtbar. Eine Kostenentscheidung war nicht erforderlich, wobei eine Gebühr anfiel.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil klärt die Voraussetzungen für die Berücksichtigung eines Weiterbeschäftigungsantrags bei der Streitwertberechnung nach einem Vergleich. Ein bloßer Vergleich über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses reicht nicht aus – es muss eine ausdrückliche Regelung zur Weiterbeschäftigung im Vergleich enthalten sein. Dies ist wichtig für die Berechnung der Anwaltsgebühren und Gerichtskosten.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie sich in einem Kündigungsschutzprozess befinden und einen Vergleich abschließen, achten Sie darauf, dass die Frage Ihrer Weiterbeschäftigung ausdrücklich im Vergleich geregelt wird, falls dies für Sie wichtig ist. Ein Vergleich, der nur das Ende des Arbeitsverhältnisses regelt, reicht dafür nicht aus. Dies kann Auswirkungen auf die Höhe der Prozesskosten haben, da ein nicht geregelter Weiterbeschäftigungsantrag bei der Kostenberechnung unberücksichtigt bleibt. Lassen Sie sich von Ihrem Anwalt beraten, welche Punkte im Vergleich ausdrücklich geregelt werden sollten.
Kündigungsschutzklage und Vergleich?
Die korrekte Formulierung im Vergleich ist entscheidend für die Höhe der Prozesskosten. Fehlt eine ausdrückliche Regelung zur Weiterbeschäftigung, kann dies finanzielle Nachteile mit sich bringen. Wir unterstützen Sie dabei, Ihre Interessen optimal zu wahren und rechtliche Fallstricke zu vermeiden. Sprechen Sie uns an, um Ihre individuelle Situation zu besprechen und die bestmögliche Strategie für Ihren Fall zu entwickeln.
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wie wird der Streitwert bei einem Weiterbeschäftigungsantrag grundsätzlich berechnet?
Ein Weiterbeschäftigungsantrag erhöht den Streitwert einer Kündigungsschutzklage grundsätzlich um ein Bruttomonatsgehalt. Diese Erhöhung tritt jedoch nicht automatisch ein, sondern unterliegt bestimmten Voraussetzungen.
Voraussetzungen für die Streitwerterhöhung
Der Weiterbeschäftigungsantrag wirkt nur dann werterhöhend, wenn er entweder im Verfahren entschieden wurde oder in einem Vergleich durch eine konkrete Regelung miterfasst ist. Wenn Sie einen Weiterbeschäftigungsantrag als unechten Hilfsantrag stellen, wird er nur dann im Streitwert berücksichtigt, wenn der Vergleich Vereinbarungen über den Zeitraum der Weiterbeschäftigung ab dem ursprünglichen Beendigungszeitpunkt enthält.
Bewertung bei Vergleichsabschluss
Bei einem Vergleichsabschluss kommt es auf den konkreten Inhalt der Vereinbarung an. Eine werterhöhende Regelung liegt vor, wenn der Vergleich eine tatsächliche Beschäftigung für die Zukunft regelt. Auch eine vereinbarte Freistellung kann als inhaltliche Regelung des Weiterbeschäftigungsantrags gelten, da sie das kontradiktorische Gegenteil des Beschäftigungsanspruchs darstellt.
Berechnung bei variablen Vergütungen
Wenn Ihr Arbeitsverhältnis variable Vergütungsbestandteile wie Provisionen oder Boni umfasst, werden diese bei der Berechnung des Streitwerts berücksichtigt. In solchen Fällen wird ein angemessener Referenzzeitraum für die Ermittlung des durchschnittlichen Bruttomonatsgehalts herangezogen.
Was bedeutet ein bedingter Weiterbeschäftigungsantrag für den Streitwert?
Ein bedingter Weiterbeschäftigungsantrag erhöht den Streitwert einer Kündigungsschutzklage grundsätzlich nicht automatisch. Der Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung gilt als uneigentlicher Hilfsantrag, auch wenn er nicht ausdrücklich als solcher bezeichnet wird.
Streitwertrelevanz bei Entscheidung oder Vergleich
Eine Erhöhung des Streitwerts kommt nur in zwei Fällen in Betracht:
- Wenn über den Antrag tatsächlich eine gerichtliche Entscheidung ergeht
- Wenn der Antrag durch einen Vergleich inhaltlich geregelt wird
Auswirkungen im Vergleichsfall
Wenn Sie einen Vergleich abschließen, wird der Weiterbeschäftigungsantrag nur dann streitwerterhöhend berücksichtigt, wenn der Vergleich konkrete Regelungen über den Zeitraum der Weiterbeschäftigung enthält. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn:
- Der Vergleich Vereinbarungen über die Beschäftigung nach dem ursprünglichen Beendigungszeitpunkt vorsieht
- Der vereinbarte spätere Beendigungszeitpunkt zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses noch nicht verstrichen ist
Höhe der Streitwerterhöhung
Wird der Weiterbeschäftigungsantrag streitwertrelevant, erhöht sich der Streitwert in der Regel um ein weiteres Bruttomonatsgehalt. Bei einer regulären Kündigungsschutzklage mit Weiterbeschäftigungsantrag ergibt sich damit typischerweise ein Gesamtstreitwert in Höhe des vierfachen Bruttomonatsgehalts.
Eine Freistellung im Rahmen eines Vergleichs gilt dabei als kontradiktorisches Gegenteil des Beschäftigungsanspruchs und kann ebenfalls zu einer Streitwerterhöhung führen.
Welche Rolle spielt der Vergleichsinhalt für die Streitwertberechnung?
Für die Streitwertberechnung eines Vergleichs ist nicht der vereinbarte Betrag maßgeblich, sondern der Wert dessen, worüber sich die Parteien geeinigt haben. Wenn Sie beispielsweise eine Forderung über 20.000 Euro einklagen und sich im Vergleich auf 15.000 Euro einigen, bleibt der Streitwert bei 20.000 Euro.
Vergleichsmehrwert und zusätzliche Regelungen
Ein Vergleichsmehrwert entsteht nur dann, wenn die im Vergleich geregelten Gegenstände vor Abschluss des Vergleichs tatsächlich streitig oder ungewiss waren. Folgende Regelungen führen nicht automatisch zu einem Vergleichsmehrwert:
- Vergleichsverhandlungen als solche
- Regelungen, die Leistungspflichten erstmals begründen
- Regelungen, die Rechtsverhältnisse lediglich klarstellen
- Regelungen zur Vermeidung zukünftiger Streitigkeiten
Besonderheiten bei Arbeitsverträgen
Bei arbeitsrechtlichen Vergleichen können Zeugnisregelungen den Streitwert erhöhen. Wird der konkrete Inhalt des Zeugnisses im Vergleich festgelegt, beträgt der Streitwert ein Bruttomonatsgehalt. Bei einer reinen Titulierung des gesetzlichen Zeugnisanspruchs liegt der Streitwert bei 500 Euro.
Gesamtlösung und Teilrücknahme
Wenn Sie durch Teilklagerücknahme und Vergleich eine Gesamtlösung über den gesamten anhängigen Rechtsstreit herbeiführen, wird der Streitwert auf den Wert des gesamten Verfahrensgegenstands festgesetzt. Die bloße Erwähnung „eventueller“ Ansprüche im Vergleichstext reicht für eine Streitwerterhöhung nicht aus.
Welche Rechtsmittel gibt es gegen die Streitwertfestsetzung?
Das wichtigste Rechtsmittel gegen die Streitwertfestsetzung ist die Streitwertbeschwerde. Diese können Sie einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt oder das Gericht die Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage zugelassen hat.
Fristen und Voraussetzungen
Die Streitwertbeschwerde muss innerhalb von sechs Monaten nach Rechtskraft der Hauptsacheentscheidung eingelegt werden. Wenn die Streitwertfestsetzung erst einen Monat vor Ablauf dieser Frist erfolgt, haben Sie noch einen Monat Zeit nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses.
Wichtige Besonderheiten
Bei einer vorläufigen Streitwertfestsetzung ist keine Beschwerde möglich. Erst gegen die endgültige Festsetzung nach § 63 Abs. 2 GKG können Sie Beschwerde einlegen.
Eine Streitwertbeschwerde ist auch dann zulässig, wenn Sie zuvor Ihr Einverständnis mit der beabsichtigten Streitwertfestsetzung erklärt haben.
Verfahren und Kosten
Das Beschwerdeverfahren selbst ist gerichtskostenfrei und es werden keine Kosten erstattet. Die Beschwerde muss bei dem Gericht eingereicht werden, das den angefochtenen Beschluss erlassen hat.
Wenn Sie ohne Ihr Verschulden die Beschwerdefrist versäumt haben, können Sie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen. Der Antrag muss innerhalb von zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses gestellt werden.
Welche Kosten entstehen durch die Streitwertfestsetzung?
Der Streitwert ist nicht der Betrag, den Sie zahlen müssen, sondern dient als Berechnungsgrundlage für die Gerichts- und Anwaltskosten.
Gerichtskosten in der ersten Instanz
In der ersten Instanz vor dem Arbeitsgericht fällt eine 2,0-fache Verfahrensgebühr an. Die Mindestgebühr beträgt 35 Euro. Bei einem Streitwert von 10.000 Euro belaufen sich die Gerichtskosten beispielsweise auf 241 Euro.
Besonderheiten bei Kündigungsschutzklagen
Bei Kündigungsschutzklagen beträgt der Streitwert grundsätzlich das Dreifache des monatlichen Bruttogehalts. Wenn Sie zusätzlich einen Weiterbeschäftigungsantrag stellen, erhöht sich der Streitwert um ein weiteres Monatsgehalt.
Kostenverteilung und Erstattung
In der ersten Instanz gilt eine wichtige Besonderheit: Jede Partei trägt ihre eigenen Anwaltskosten, unabhängig vom Ausgang des Verfahrens. Die Gerichtskosten muss die unterlegene Partei zahlen.
Bei einem Vergleich in der ersten Instanz entstehen keine Gerichtskosten.
Kosten in der zweiten Instanz
Im Berufungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht wird eine erhöhte 3,2-fache Verfahrensgebühr erhoben. Das Kostenrisiko ist hier deutlich höher, da die unterlegene Partei auch die gegnerischen Anwaltskosten tragen muss.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Streitwert
Der Streitwert ist der in Geld ausgedrückte Wert des Streitgegenstands in einem gerichtlichen Verfahren. Er bestimmt die Höhe der Gerichtskosten und Anwaltsgebühren. In Kündigungsschutzprozessen beträgt er in der Regel drei Monatsgehälter. Der Streitwert ist besonders wichtig für die Einschätzung des Kostenrisikos eines Rechtsstreits. Geregelt ist dies im Gerichtskostengesetz (GKG). Beispiel: Bei einem Monatsgehalt von 4.000 Euro beträgt der Streitwert in einem Kündigungsschutzverfahren 12.000 Euro.
Weiterbeschäftigungsantrag
Ein prozessualer Antrag des gekündigten Arbeitnehmers, der darauf abzielt, während eines laufenden Kündigungsschutzprozesses weiterhin beschäftigt und bezahlt zu werden. Er wird meist als Hilfsantrag zur Kündigungsschutzklage gestellt. Die rechtliche Grundlage bildet § 102 Abs. 5 BetrVG sowie die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Häufig wird er für den Fall gestellt, dass die Kündigungsschutzklage erfolgreich ist. Beispiel: Ein gekündigter Arbeitnehmer klagt gegen seine Kündigung und beantragt gleichzeitig, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens weiterbeschäftigt zu werden.
Kündigungsschutzklage
Eine Klage, mit der sich ein Arbeitnehmer gegen eine Kündigung wehrt und die Unwirksamkeit der Kündigung feststellen lassen will. Sie muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung beim Arbeitsgericht eingereicht werden (§ 4 KSchG). Wird diese Frist versäumt, gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam. Die Klage prüft, ob sozial gerechtfertigte Gründe für die Kündigung vorliegen. Ein Beispiel wäre die Klage gegen eine verhaltensbedingte Kündigung wegen angeblicher Arbeitsverweigerung.
Hilfsantrag
Ein zusätzlicher Antrag im Gerichtsverfahren, der nur dann geprüft wird, wenn der Hauptantrag erfolglos bleibt oder eine bestimmte Bedingung eintritt. Er dient der prozessualen Vorsorge und erweitert die Erfolgsaussichten des Klägers. Geregelt in der Zivilprozessordnung (ZPO). Beispiel: Der Hauptantrag zielt auf Weiterbeschäftigung ab, hilfsweise wird eine Abfindung gefordert, falls die Weiterbeschäftigung nicht durchgesetzt werden kann.
Gegenstandswert
Der Gegenstandswert bezeichnet den Wert, der einem Streitgegenstand in einem Gerichtsverfahren beigemessen wird. Er ist Grundlage für die Berechnung der Gerichts- und Anwaltskosten nach dem Gerichtskostengesetz (GKG) und dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Bei mehreren Streitgegenständen werden die Einzelwerte addiert. Beispiel: In einem Kündigungsschutzprozess setzt sich der Gegenstandswert aus dem Wert der Kündigungsschutzklage und gegebenenfalls dem Wert des Weiterbeschäftigungsantrags zusammen.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 45 Abs. 4 Gerichtskostengesetz (GKG):
§ 45 Abs. 4 GKG regelt die Erledigung eines Rechtsstreits durch Vergleich und die entsprechende Anwendung von § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG. Eine wesentliche Voraussetzung ist, dass der Vergleich eine inhaltliche Regelung enthält, die die Weiterbeschäftigung betrifft. Fehlt diese, kann nicht von einer vollständigen Erledigung im Sinne dieser Norm ausgegangen werden.
In diesem Fall fehlte im Vergleich eine spezifische Regelung zur Weiterbeschäftigung, weshalb die Voraussetzungen für eine Berücksichtigung nach § 45 Abs. 4 GKG nicht erfüllt waren. - § 45 Abs. 1 Satz 2 Gerichtskostengesetz (GKG):
Diese Norm legt fest, dass der Gegenstandswert bei gerichtlichen Entscheidungen über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses unter anderem anhand eines Vierteljahreseinkommens berechnet wird. Eine gerichtliche Entscheidung muss jedoch eine inhaltliche Regelung enthalten, die über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinausgeht, um hier Anwendung zu finden.
Im vorliegenden Fall wurde der Weiterbeschäftigungsantrag nicht entschieden oder im Vergleich geregelt, sodass die Berechnung des Gegenstandswerts nach dieser Vorschrift ausgeschlossen war. - Prozessvergleich gemäß § 779 BGB:
Ein Prozessvergleich setzt eine Einigung der Parteien voraus, die den Streit beendet. Der Vergleich kann jedoch nur dann zusätzliche rechtliche Auswirkungen haben, wenn alle streitigen Punkte, einschließlich der Weiterbeschäftigung, explizit geregelt werden.
Im konkreten Fall wurde zwar das Arbeitsverhältnis beendet, aber die Frage der Weiterbeschäftigung nicht in den Vergleich aufgenommen, was dazu führte, dass der Weiterbeschäftigungsantrag nicht berücksichtigt wurde. - Rechtsprechung zur Weiterbeschäftigung in Vergleichen (u. a. Hessisches LAG und andere):
Nach gefestigter Rechtsprechung erfordert die Berücksichtigung eines Weiterbeschäftigungsantrags im Rahmen eines Vergleichs eine ausdrückliche Regelung zu dieser Frage. Ohne eine solche Regelung bleibt der Weiterbeschäftigungsantrag rechtlich unbeachtet.
Im Fall wurde auf diese Rechtsprechung Bezug genommen, da der Vergleich keine Regelung zur Weiterbeschäftigung enthielt, was eine Berücksichtigung des Hilfsantrags ausschloss. - § 33 Abs. 9 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG):
Diese Vorschrift sieht vor, dass im Falle von Beschlüssen über Kosten und Gegenstandswerte keine gesonderte Kostenentscheidung erforderlich ist. Es fällt lediglich eine Gebühr für die gerichtliche Tätigkeit an.
Da der Weiterbeschäftigungsantrag nicht in die Gegenstandswertberechnung einbezogen wurde, war auch keine zusätzliche Gebührenentscheidung erforderlich.
Das vorliegende Urteil
LAG Berlin-Brandenburg – Az.: 26 Ta (Kost) 6072/24 – Beschluss vom 05.11.2024
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