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Berufsunfähigkeitsrente – Auslegung Versicherungsbedingungen

LAG Berlin-Brandenburg – Az.: 9 Sa 724/21 – Urteil vom 01.10.2021

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom

17. März 2021 – 3  Ca 12502/18 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente.

Der am 17. September 1976 geborene Kläger war als Bankkaufmann mit der Tätigkeit eines Operations Services Specialist bei der GE C. Bank AG beschäftigt, zunächst in Vollzeit und zuletzt gemäß Vereinbarung vom 23. Februar 2015 mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 29 Stunden. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit des Klägers bestand zu weiten Teilen in der Kontenklärung, d.h. der Klärung von Buchungen, offenen Posten und Überzahlungen. Hinsichtlich der konkreten Tätigkeit und dem jeweiligen zeitlichen Umfang wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 26. April 2019 Bezug genommen (s. Bl. 411 – 413 d.A.).

Der Kläger erklärte im Mai 2015 die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 2015 und war anschließend bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses freigestellt.

Der Beklagte ist eine als Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit gegründete Pensionskasse des privaten Bankgewerbes. Zum 01. März 1998 meldete die damalige Arbeitgeberin den Kläger beim Beklagten im Tarif B an, zum 01. Januar 2002 erfolgte ein Wechsel in den Tarif DA. Zum 31. Dezember 2015 meldete die Arbeitgeberin den Kläger bei dem Beklagten ab. Seit dem 01. Januar 2016 wird die Versicherung als beitragsfrei geführt.

Mit der „Renteninformation 2015“ teilte der Beklagte dem Kläger die Höhe seiner erreichten Gesamtrentenanwartschaft mit 402,32 EUR sowie der Berufsunfähigkeitsrente mit 864,82 EUR mit. In der Einleitung des Schreibens heißt es: „Die nachfolgend genannten monatlichen Werte beziehen sich auf ihre gesamte BVV-Versorgung bei einem unterstellten Renteneintritt im Alter 65“.

Mit Schreiben vom 24. Juni 2016 erklärte der Kläger, er mache rückwirkend zum Februar 2016 aufgrund eingetretener Berufsunfähigkeit seinen Anspruch auf eine Berufsunfähigkeit geltend. In dem daraufhin vom Beklagten übersandten Fragebogen erklärte der Kläger, er leide an psychischen Beschwerden, die Erkrankung bestehe seit 19. Februar 2016.

Der Beklagte lehnte die Zahlung der begehrten Berufsunfähigkeitsrente nach Einholung eines Gutachtens mit Schreiben vom 27. Juni 2017 ab. Mit Bescheid vom 03. November 2017 wurde dem Kläger von der Deutschen Rentenversicherung eine Rente wegen voller Erwerbsminderung beginnend mit dem 01. September 2016 gewährt. Dies zunächst befristet und dann gemäß Bescheid vom 12. Juni 2019 bis 30. September 2043, dem Erreichen der Regelaltersgrenze.

Der Kläger befand sich ab 2016 mehrfach in stationärer Behandlung. Auf die ärztlichen Stellungnahmen, Entlassungsberichte und erstellte Gutachten im Einzelnen wird Bezug genommen.

Mit seiner am 11. Mai 2018 beim Landgericht Berlin eingegangenen, von diesem an das Arbeitsgericht verwiesenen Klage hat der Kläger den Anspruch auf eine Berufsunfähigkeitsrente weiterverfolgt. Zur Begründung hat der Kläger geltend gemacht, der Ausübung sämtlicher zuletzt ausgeübter Tätigkeiten stehe die Einschränkung „keine Konzentrationsfähigkeit / kein Durchhaltevermögen / keine Entscheidungsfähigkeit / Sinnloses Gedankenkreisen / Antriebshemmung / Unfähigkeit angefangene Arbeiten“ (Ausführung endet) entgegen. Die Tätigkeiten könnten wegen „vorzeitiger Erschöpfung, rez. Depressiver Störung mit psychosomatischen Begleitsymptomen, psychosozialer Belastung“ zu 100% nicht mehr ausgeübt werden. Er sei bereits seit Februar 2015 berufsunfähig gewesen, auch die Reduzierung der Arbeitszeit sei aus gesundheitlichen Gründen erfolgt. Entsprechend stehe ihm eine Rente wegen Berufsunfähigkeit zu, deren Höhe sich aus der Renteninformation 2015 mit monatlich 864,82 EUR ergebe.

Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen,

1. an ihn 24.214,96 EUR zu zahlen zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Teilbetrag von 14.395,94 EUR ab dem 28.06.2017 und aus einem Teilbetrag von jeweils 864,82 EUR ab dem 4. Juli, 2. August, 2. September, 3. Oktober, 2. November, 2. Dezember 2017, 3. Januar, 2. 2. Februar, 2. März, 3. April und 03. Mai 2018 sowie

2. an ihn aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung zur Vers.-Nr. 3269951 – 3 beginnend ab Juni 2018 bis längstens 30. September 2041 bis zum 1. Werktag eines jeden Monats im Voraus eine Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von jeweils 864,82 EUR zu zahlen zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hierauf und zwar jeweils ab dem auf den 1. Werktag eines jeden Monats folgenden Tag für den Fall, dass die Zahlung durch die Beklagte nicht am 1. Werktag eines jeden Monats erfolgt.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat der Beklagte geltend gemacht, es liege keine Berufsunfähigkeit im Sinne der Versicherungsbedingungen vor, wie sich aus dem nicht schlüssigen Vortrag des Klägers und im Übrigen den beklagtenseitig eingeholten Gutachten ergebe. Unabhängig hiervon bestehe eine Anwartschaft allenfalls in Höhe von 421,65 EUR brutto. Zum Zeitpunkt der Renteninformation sei der Kläger noch beitragspflichtiges Mitglied gewesen. Die in der Renteninformation angegebene Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von 864,82 EUR setze eine beitragspflichtige Mitgliedschaft voraus, die nach Abmeldung zum 1. Januar 2016 nicht mehr gegeben sei. Aufgrund der Antragstellung im Juni 2016 komme ein Anspruch darüber hinaus erst beginnend ab 1. Juni 2016 in Betracht.

Das Arbeitsgericht hat die Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Beurteilung der vom Kläger behaupteten Berufsunfähigkeit und Anhörung des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung durch Urteil vom 17. März 2021 abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt: Die zulässige Klage sei nicht begründet, weil der Kläger nicht dauerhaft berufsunfähig im Sinne der Versicherungsbedingungen des Beklagten sei. Eine Berufsunfähigkeit ergebe sich nicht aus der Gewährung der Erwerbsminderungsrente durch die Deutsche Rentenversicherung. Der Beklagte habe in § 15 Abs. 1 S. 2 und 3 seiner Versicherungsbedingungen (im Folgenden: BVV-DA) eine abweichende eigene Regelung der Berufsunfähigkeit vorgenommen. Die hiernach geforderte Berufsunfähigkeit müsse nach ihrem Zweck dauerhaft bestehen. Der für diese Anspruchsvoraussetzungen darlegungs- und beweispflichtige Kläger habe diese nicht nachgewiesen. Vielmehr ergebe sich aus dem eingeholten Gutachten, dass der Kläger nicht berufsunfähig sei. Der Gutachter habe keine kognitiven Einschränkungen feststellen können, was den Feststellungen in mehreren anderen vorliegenden Gutachten entspreche. Eine etwaige Persönlichkeitsstörung könne sich hiernach nicht leistungsmindernd auswirken. Eine solche trete bereits im jugendlichen Alter auf, der Kläger habe sich aber noch bis mindestens 2012 als voll leistungsfähig beschrieben. Die weiteren somatischen Diagnosen begründeten keine Berufsunfähigkeit; dies behaupte der Kläger auch nicht. Die festgestellte depressive Störung begründe keine Berufsunfähigkeit, da sie therapierbar sei und entsprechend der Aufnahme einer Berufstätigkeit nicht auf Dauer entgegenstehe. Zwar mache der Kläger zutreffend geltend, dass keine Verpflichtung zur Aufnahme einer solchen Therapie bestehe. Es bestehe dann aber bereits im Sinne der Anspruchsvoraussetzungen und im Übrigen entsprechend § 254 BGB und nach § 19 Abs. 1 BVV-DA kein Anspruch auf eine Berufsunfähigkeitsrente. Unabhängig hiervon bestehe ein Anspruch jedenfalls nicht in der vom Kläger geltend gemachten Höhe, da eine relevante depressive Symptomatik vor 2016 nicht feststellbar sei. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe im Einzelnen wird Bezug genommen und von einer Wiederholung abgesehen (§ 69 Abs. 2 ArbGG).

Gegen dieses ihm am 26. April 2021 zugestellte Urteil hat der Kläger am 25. Mai 2021 Berufung eingelegt und diese am 23. Juni 2021 begründet. Zur Begründung hat der Kläger im Wesentlichen geltend gemacht, das eingeholte Gutachten des Sachverständigen sei widersprüchlich und inkonsistent. Der Sachverständige stelle eine mittelgradige depressive Störung fest. Eine solche kennzeichne nach ICD-10, dass der Betroffene bereits große Schwierigkeiten habe, alltägliche Tätigkeiten fortzusetzen. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb der Kläger zu mehr als 50% in der Lage sein solle, seiner psychisch anspruchsvollen Tätigkeit als Banker nachzugehen. Darüber hinaus habe der Sachverständige in seiner Anhörung ausgeführt, dass der Kläger seine Tätigkeit nicht sofort aufnehmen könne, sondern hierzu eine vorherige Psychotherapie erforderlich sei. Damit sei er krankheitsbedingt nicht in der Lage, seine Tätigkeit aufzunehmen. Es fehle nicht an einer Therapiemotivation, er habe den Psychologen nicht nur wegen seiner Berufsunfähigkeit aufgesucht. Im Übrigen habe der Sachverständige gegen diverse, im Einzelnen wiedergegebene Grundsätze der psychiatrischen Begutachtung verstoßen. Insbesondere seien die hohen psychischen Anforderungen seiner Tätigkeit als Banker nicht beachtet worden. Unabhängig hiervon sei der Beklagte bei der Feststellung der Voraussetzungen der Berufsunfähigkeit an die Entscheidung der Deutschen Rentenversicherung über die bestehende volle Erwerbsminderung gebunden. Dies ergebe sich aus § 17 Abs. 3 BVV-DA.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin – 3 Ca 12502/18 – abzuändern und den Beklagten zu verurteilen,

1. an ihn 24.214,96 EUR zu zahlen zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Teilbetrag von 14.395,94 EUR ab dem 28.06.2017 und aus einem Teilbetrag von jeweils 864,82 EUR ab dem 4. Juli, 2. August, 2. September, 3. Oktober, 2. November, 2. Dezember 2017, 3. Januar, 2. 2. Februar, 2. März, 3. April und 03. Mai 2018 sowie

2. an ihn aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung zur Vers.-Nr. 3269951 – 3 beginnend ab Juni 2018 bis längstens 30. September 2041 bis zum 1. Werktag eines jeden Monats im Voraus eine Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von jeweils 864,82 EUR zu zahlen zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hierauf und zwar jeweils ab dem auf den 1. Werktag eines jeden Monats folgenden Tag für den Fall, dass die Zahlung durch die Beklagte nicht am 1. Werktag eines jeden Monats erfolgt.

Der Beklagte hat beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung hat der Beklagte im Wesentlichen ausgeführt: Auch ohne ausdrückliche Nennung eines Zeitraums sei unter Berufsunfähigkeit eine voraussichtlich auf Dauer vorliegende Beeinträchtigung zu verstehen. Insofern könne auf die Regelung in § 172 VVG Bezug genommen werden. Aus der Gewährung einer Erwerbsminderungsrente durch die Deutsche Rentenversicherung ergebe sich für die streitgegenständliche Rente nichts, da diese an andere Voraussetzungen geknüpft sei. Eine Bindung ergebe sich auch nicht aus § 17 Abs. 3 BVV-DA. Dies werde an den Regelungen zur Vorlage von Unterlagen und Untersuchungen deutlich. Zudem sei eine Vorlage und Prüfung vorliegender Rentenbescheide erforderlich, weil es bei Bezug einer Altersrente keinen Anspruch gebe. Das Gutachten des Sachverständigen sei entgegen den pauschalen Einwänden des Klägers nicht zu beanstanden.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Rechtsvortrages wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, das eingeholte Sachverständigengutachten und das Protokoll der Verhandlung vor dem Arbeitsgericht Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung ist zulässig.

Die Berufung ist gem. §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2 b) ArbGG statthaft und wurde frist- und formgerecht gem. § 66 Abs. 1 ArbGG i.V.m. § § 519, 520 ZPO eingelegt und begründet.

II. Die Berufung ist nicht begründet.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Die Ausführungen in der Berufung rechtfertigen keine andere Beurteilung.

1. Aus der Gewährung einer Erwerbsminderungsrente für den Kläger durch die Deutsche Rentenversicherung folgt kein Anspruch auf die streitgegenständliche Rente. Weder ist nach den Versicherungsbedingungen die Gewährung einer solchen Rente bereits anspruchsbegründend noch ergibt sich aus dieser das Vorliegen der Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 BVV-DA.

Die Kammer schließt sich den zutreffenden Ausführungen des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg in der Entscheidung vom 17. Mai 2019, 3 Sa 966/17 zu gleichlautenden Regelungen an:

„(1) Die Versicherungsbedingungen Tarif B/DA und des Leistungsplans A definieren in § 15 jeweils eigenständig den Begriff der Berufsunfähigkeit.

(a) Zwar geht das Bundesarbeitsgericht davon aus, dass bei der Auslegung der Begriffe der Berufs- und Erwerbsunfähigkeit in Versorgungsbestimmungen regelmäßig von einer Kopplung an das Sozialversicherungsrecht auszugehen ist (vgl. BAG 19. Mai 2016 – 3 AZR 794/14 – Rn. 41 mit Verweis auf BAG 20. Februar 2001 – 3 AZR 21/00 – zu I 1 der Gründe; 14. Dezember 1999 – 3 AZR 742/98 – zu I 1 der Gründe; 24. Juni 1998 – 3 AZR 288/97 – zu B II 1 der Gründe, BAGE 89, 180; 19. April 1983 – 3 AZR 4/81 – zu I 1 b (2) der Gründe). Dies gilt aber nur, wenn der Arbeitgeber davon absieht, die Begriffe der Berufs- und Erwerbsunfähigkeit selbst zu definieren und den Eintritt des Versorgungsfalles eigenständig festzulegen (vgl. BAG 19. Mai 2016 – 3 AZR 794/14 – aaO).

(b) § 15 der Versicherungsbedingungen Tarif B/DA und § 15 Leistungsplan A enthalten eine eigenständige Definition des Begriffs der Berufsunfähigkeit, die weder unklar noch unverständlich ist.

(aa) In § 15 Abs. 1 Satz 2 und 3 der Versicherungsbedingungen Tarif B/DA bzw. Leistungsplan A werden die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Berufsunfähigkeit explizit genannt. Einen Verweis auf die gesetzliche Definition der Berufsunfähigkeit oder der Erwerbsminderung beinhalten diese Bestimmungen gerade nicht.

(bb) Eine Berufsunfähigkeit nach den Bestimmungen des Beklagten zu 1) und 2) liegt danach vor, wenn die versicherte Person dauerhaft nicht mehr in der Lage ist, aufgrund ihrer körperlichen Gebrechen oder wegen Schwäche ihrer körperlichen oder geistigen Kräfte ihre zuletzt ausgeübte konkrete Tätigkeit, die auch ihrer Vorbildung entspricht, mit einem Anteil von mindestens 50 Prozent zu erbringen. Dies ergibt die Auslegung der Bestimmungen.

(aaa) Der Inhalt der Versicherungsbedingungen bzw. des Leistungsplans, bei denen es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 BGB handelt, ist nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab zu ermitteln. Die Bestimmungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden (vgl. hierzu zB BAG 24. Mai 2018 – 6 AZR 116/17 – Rn. 15; 7. Juni 2011 – 1 AZR 807/09 – Rn. 24).

(bbb) Bereits aus dem Wortlaut ergibt sich, dass die geforderte Unfähigkeit nicht abstrakt bezogen auf einen Beruf zu prüfen ist, sondern maßgebend die bisherige Tätigkeit des Versicherten ist. Dies ist grundsätzlich die letzte konkret erbrachte berufliche Tätigkeit, und zwar so, wie sie ohne Leistungseinschränkungen aufgrund körperlicher Gebrechen oder wegen Schwäche der körperlichen oder geistigen Kräfte ausgestaltet war (vgl. auch LAG Berlin-Brandenburg 13. November 2018 – 11 Sa 1877/16 – und LAG Berlin-Brandenburg 17. März 2017 – 9 Sa 2030/15 -). Die maßgebliche letzte konkrete Berufsausübung muss zudem der Vorbildung des Versicherten entsprechen. Hierdurch wird verdeutlicht, dass der Versicherte auch in der Lage gewesen sein musste, seine bisherige Tätigkeit – ohne die Leistungseinschränkungen aufgrund körperlicher Gebrechen oder wegen Schwäche der körperlichen oder geistigen Kräfte – sachgerecht auszuüben.

(ccc) In § 15 der Versicherungsbedingungen Tarif B/DA und in § 15 Leistungsplan A wird zwar nicht ausdrücklich bestimmt, dass die geforderte Unfähigkeit dauerhaft bestehen muss. Dennoch kann die Regelung auch unter Berücksichtigung des mit ihr verfolgten Zwecks von einer verständigen und redlichen versicherten Person nur dahin verstanden werden, dass die geforderte Berufsunfähigkeit dauerhaft bestehen muss (vgl. zum Erfordernis der dauerhaften Berufsunfähigkeit unter Verweis auf die Bestimmung in § 172 Abs. 2 VVG auch LAG Berlin-Brandenburg 13. November 2018 – 11 Sa 1877/16 –.) Bereits der Begriff „Berufsunfähigkeit“ spricht dafür, dass dieser Zustand auf Dauer und generell gegeben sein muss, wenn nicht explizit eine zeitliche Einschränkung vorgenommen wird. Anders als zB die Versicherungsbedingungen der Zurich Deutscher Herold Lebensversicherung Aktiengesellschaft, die eine Berufsunfähigkeit annehmen, wenn der Versicherte voraussichtlich mindestens sechs Monate außerstande ist, seinen zuletzt ausgeübten Beruf auszuüben, enthalten die Bedingungen der Beklagten gerade keine zeitlichen Einschränkungen. Ohne eine ausdrücklich vorgenommene zeitliche Einschränkung des Zustands der Unfähigkeit kann ein verständiger und redlicher Versicherungsnehmer zudem nicht annehmen, dass ihm zB im bestehenden Arbeitsverhältnis bei einer nur kurzen vorübergehenden Unmöglichkeit, die bisherige berufliche Tätigkeit auszuüben, Rentenleistungen erbracht werden sollen. Eine andere Auslegung lässt sich auch nicht aus § 20 Abs. 1 Satz 2 der Versicherungsbedingungen Tarif B/DA bzw. aus § 20 Abs. 1 Satz 2 Leistungsplan A herleiten. Soweit dort geregelt wird, dass der Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente beim Wegfall der Berufsunfähigkeit endet, wird damit nur dem Umstand Rechnung getragen, dass die Feststellung der Dauerhaftigkeit immer eine Prognose erfordert. Diese Prognose kann sich im Einzelfall als unzutreffend darstellen, zB weil neue medizinische Behandlungsmethoden zu einer Verbesserung des Gesundheitszustandes führen können. Durch § 20 Abs. 1 Satz 2 der Bedingungen wird sichergestellt, dass in solchen Fällen die Rentenleistungen nicht mehr erbracht werden müssen.

(2) Die Versicherungsbedingungen des Tarif B/DA bzw. der Leistungsplan A regeln auch nicht, dass in dem Fall der Bewilligung einer (befristeten und/oder unbefristeten) Rente wegen voller Erwerbsminderung durch den gesetzlichen Rentenversicherungsträger das Vorliegen einer bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit anzunehmen ist, oder dass in diesem Fall eine Berufsunfähigkeitsrente zu gewähren ist.

(a) Wie bereits ausgeführt, enthält § 15 der Versicherungsbedingungen Tarif B/DA bzw. des Leistungsplan A eine eigenständige Definition des Begriffs der Berufsunfähigkeit und regelt insbesondere nicht, dass eine Berufsunfähigkeit dann anzunehmen ist, wenn ein Bescheid über die Bewilligung einer vollen Erwerbsminderungsrente durch den gesetzlichen Rentenversicherungsträger ergangen ist.

(b) Aus § 17 Abs. 3 Versicherungsbedingungen Tarif B/DA bzw. aus § 17 Abs. 3 Leistungsplan A folgt nicht, dass eine Berufsunfähigkeitsrente schon dann zu gewähren ist, wenn der gesetzliche Rentenversicherungsträger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt hat (vgl. hierzu auch LAG Berlin-Brandenburg 13. November 2018 – 11 Sa 1877/16 –). Die materiellen Voraussetzungen für das Vorliegen der Berufsunfähigkeit werden, wie sich aus Wortlaut und Systematik ergibt, ausschließlich in § 15 der Bedingungen geregelt. §17 der Bedingungen enthält Bestimmungen zur Festsetzung der Rente, dh. also zum Verfahren der Bewilligung. Bereits dem Wortlaut des § 17 Abs. 3 der Bedingungen kann nicht entnommen werden, dass bei Vorlage eines bestandskräftigen Festsetzungsbescheides unabhängig vom Vorliegen der in § 15 bzw. § 16 der Bedingungen geregelten materiellen Voraussetzungen eine Rente gezahlt werden soll. Im Übrigen kann sich die Regelung in § 17 Abs. 3 der Bedingungen auch nicht auf die Berufsunfähigkeit beziehen, weil es nach der Neuregelung im Jahr 2001 – abgesehen von Übergangsregelungen – keine gesetzliche Rente wegen Berufsunfähigkeit mehr gibt.

(3) Dem Umstand der Bewilligung der Rente wegen voller Erwerbsminderung durch die Deutsche Rentenversicherung Bund kommt auch keine Anscheinsvermutung im Hinblick auf das Vorliegen einer bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit zu.

(a) Der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann nicht entnommen werden, dass allein bei Vorliegen eines Bescheides des gesetzlichen Rentenversicherungsträgers über die Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung eine Anscheinsvermutung dafür besteht, dass eine Berufsunfähigkeit iSd. der hier maßgeblichen Versicherungsbedingungen des Beklagten zu 1) bzw. des Beklagten zu 2) vorliegt. Den Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 19. Mai 2016 und vom 14. Dezember 1999 lagen andere, nicht mit dem vorliegenden Fall vergleichbare Sachverhalte zugrunde. In der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 19. Mai 2016 – 3 AZR 794/154 – enthielt die Versorgungsordnung vielmehr eine Regelung, wonach Berufsunfähigkeit im Sinn dieser Versorgungsordnung auf jeden Fall dann vorliegt, wenn ein dahingehender Bescheid der gesetzlichen Rentenversicherung vorliegt. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes kam das Bundesarbeitsgericht zu dem Ergebnis, dass dann, wenn ein Bescheid über die Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung vorliegt, auf jeden Fall auch eine Berufsunfähigkeit iSd. dieser Versorgungsordnung anzunehmen ist, weil derjenige, der iSd. § 43 Abs. 2 SGB VI vollständig erwerbsgemindert ist, „erst recht“ berufsunfähig iSd. auf das frühere gesetzliche Rentenrecht Bezug nehmenden Versorgungsordnung ist. In der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14. Dezember 1999 – 3 AZR 742/98 – wurde in der Zusage der Betriebsrente der Begriff der Berufsunfähigkeit nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts gerade nicht selbst definiert. Daraus schloss das Bundesarbeitsgericht, damit sei der sozialversicherungsrechtliche Begriff der Berufsunfähigkeit maßgebend. Ferner war in diesem Fall zwischen den Parteien unstreitig, dass die dortige Klägerin erwerbunfähig war. Lediglich in diesem Zusammenhang hat das Bundesarbeitsgericht angenommen, dass dort die Voraussetzungen einer Berufsunfähigkeit iSd. der Zusage gegeben waren, weil die Erwerbsunfähigkeit die Berufsunfähigkeit erfasst.

(b) Es gibt auch keinen Grundsatz, wonach anzunehmen ist, dass die Entscheidung der Deutschen Rentenversicherung Bund, einem gesetzlich Versicherten eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu bewilligen, immer richtig ist, und die Deutsche Rentenversicherung Bund den Gesundheitszustand der versicherten Person grundsätzlich zutreffend beurteilt. Eine solche Schlussfolgerung kann schon gar nicht gezogen werden, wenn die Deutsche Rentenversicherung Bund selber kein medizinisches Sachverständigengutachten auf der Grundlage einer Untersuchung der versicherten Person erstellen lässt, sondern allein auf der Grundlage von Unterlagen entscheidet, die die versicherte Person einreicht. Ohne eine erkennbare Auseinandersetzung mit den vorliegenden Privatgutachten bzw. ärztlichen Stellungnahmen ist die Entscheidung der Deutschen Rentenversicherung Bund überhaupt nicht nachvollziehbar und überprüfbar und kann daher in einem Rechtsstreit über die Gewährung einer betrieblichen Altersversorgung weder eine Anscheinsvermutung noch eine erhöhte sekundäre Darlegungslast des Arbeitgebers bzw. der Pensionskasse bzw. der Unterstützungskasse begründen.“

Auch nach den hierzu vorliegenden weiteren Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts zu entsprechenden Regelungen begründet der Bezug einer Rente wegen Erwerbsminderung keinen Anspruch auf eine Berufsunfähigkeitsrente (s. LArbG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13. November 2018, Az. 11 Sa 1877/16, II.1), 2); LArbG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7. Juli 2016, Az. 5 Sa 351/16, 2 b); LArbG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17. März 2017, Az. 9 Sa 2030/15). Die vom Kläger herangezogene AWMF-Leitlinie Nr. 051/029 zur Begutachtung psychischer und psychosomatischer Beschwerden verweist ebenfalls auf die unterschiedlichen Anforderungen in der gesetzlichen Rentenversicherung (Ziffer 1.1. der Leitlinie) und in der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung (Ziffer 1.2. der Leitlinie).

2. Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 BVV-DA hat der als Anspruchsteller hierfür darlegungs- und beweispflichtige Kläger nicht dargelegt bzw. jedenfalls nicht nachgewiesen.

a) Der Darlegung des Klägers zu seiner bisherigen Tätigkeit einerseits und bestehenden Einschränkungen kann eine Herabsetzung der Berufsfähigkeit um mehr als die Hälfte aufgrund körperlicher Gebrechen oder wegen Schwäche seiner körperlichen und geistigen Kräfte nicht ohne weiteres entnommen werden.

Der Kläger beruft sich auf bestehende Einschränkungen „keine Konzentrationsfähigkeit / kein Durchhaltevermögen / keine Entscheidungsfähigkeit / Sinnloses Gedankenkreisen / Antriebshemmung / Unfähigkeit angefangene Arbeiten“, aufgrund dieser Einschränkungen komme es zu „vorzeitiger Erschöpfung, rez. Depressiver Störung mit psychosomatischen Begleitsymptomen, psychosozialer Belastung“. Aus den geschilderten Einschränkungen folgt nicht ohne weiteres eine generelle Unfähigkeit der Ausübung der vom Kläger genannten Tätigkeiten. Eine „rez. depressive Störung“, d.h. eine rezidivierende – wiederkehrende – depressive Störung zeichnet sich dadurch aus, dass diese wiederkehrt, d.h. aber umgekehrt auch nicht durchgehend besteht. Aus einer „vorzeitigen Erschöpfung“ folgt nicht zwangsläufig, dass eine Tätigkeit gar nicht erbracht werden kann. Dies insbesondere, wenn es sich um Tätigkeiten handelt, die auch unterbrochen und zu späterer Zeit fortgesetzt werden kann.  Eine vorzeitige Erschöpfung und fehlende Konzentrationsfähigkeit kann auch dazu führen, dass für Arbeiten mehr Zeit benötigt wird als sonst. Dies schließt Arbeiten wie die Durchführung von Kontenklärungen nicht von vornherein aus. Insofern konstatiert auch das eingeholte Sachverständigengutachten eine nicht nachvollziehbare, undifferenzierte Bewertung der eigenen Leistungsfähigkeit (s. Bl. 48 des eingeholten Sachverständigengutachtens).

Soweit ersichtlich war der Kläger bis zum Ausspruch seiner Kündigung ohne Einschränkung arbeitsfähig, es gibt keine Anhaltspunkte für erhebliche Arbeitsunfähigkeitszeiten. Der Kläger macht zwar geltend, die Reduzierung der Arbeitszeit sei im Hinblick auf die vorliegenden Einschränkungen erfolgt, trägt aber nichts Konkretes zu aufgetretenen Leistungseinschränkungen bei Ausführung der Arbeit vor. Als Anlass für seine Kündigung gibt der Kläger eine ungerechtfertigt schlechte Behandlung (Mobbing) durch Vorgesetzte an; daneben ist allgemein von einer genannten massiven Belastung bzw. Stress am Arbeitsplatz einerseits und einer Antriebsschwäche andererseits die Rede ohne dass Abläufe, Umstände oder in der Situation aufgetretene Beschwerden konkret beschrieben werden. Gegenüber dem Diplom-Psychologen Herr M gab der Kläger an, seine bis dahin stabile berufliche Situation habe sich seit 2015 in Folge eines Vorgesetztenwechsels deutlich verschlechtert. Gegenüber dem Gutachter erklärte der Kläger, er habe neben seiner ganzen Berufstätigkeit als Taxifahrer gearbeitet, dies habe er im Jahr 2015 aufgegeben (s. Bl. 24 des eingeholten Sachverständigengutachtens). Letztlich erfolgt kein näherer schriftsätzlicher Vortrag zum erstmaligen Auftreten bestimmter Einschränkungen. Der Kläger gibt einerseits in seinem Rentenantrag gegenüber dem Beklagten an, die Erkrankungen bestünden seit 19. Februar 2016 und macht andererseits eine bestehende Berufsunfähigkeit bereits ab dem Frühjahr 2015 geltend. Auch in dem eingeholten Sachverständigengutachten werden unscharfe Angaben zur Vorgeschichte konstatiert (siehe Bl. 40-41, 43 des eingeholten Sachverständigengutachtens).

b) Jedenfalls hat der Kläger das Vorliegen der Voraussetzungen der begehrten Rente weder beginnend ab Februar 2015 noch zu einem späteren Zeitpunkt bis zur Entscheidung erster Instanz nachgewiesen.

Ausweislich des eingeholten Gutachtens bestand keine Berufsunfähigkeit im Sinne des § 15 BVV-DA. Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2, 3 BVV-DA ist als berufsunfähig derjenige anzusehen, der durch körperliche Gebrechen oder wegen Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte unfähig ist, eine seiner Vorbildung und seiner bisherigen Tätigkeit entsprechende Beschäftigung auszuüben. Berufsunfähigkeit ist anzunehmen, wenn die Berufsfähigkeit um mehr als die Hälfte herabgesetzt ist. Das heißt erforderlich ist eine Herabsetzung der Fähigkeiten von mehr als 50%.

Dies ist nach den Feststellungen des Gutachters nicht der Fall. Die Voraussetzungen für die Einholung eines weiteren Gutachtens nach § 412 ZPO liegen nicht vor, es handelt sich um kein ungenügendes Gutachten (vgl. zu den Anforderungen für Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Aufl. 2020, § 412 ZPO, Rn. 2). Das Gutachten ist weder unvollständig noch widersprüchlich, auch fehlt dem Sachverständigten nicht die notwendige Sachkunde. Das Gutachten würdigt in umfassender Auseinandersetzung mit den vorhandenen weiteren Untersuchungsergebnissen auf der Grundlage einer eigenen Untersuchung durch den Gutachter sowie einer vorgenommenen testpsychologischen Zusatzuntersuchung durch eine Psychologin nachvollziehbar die Fähigkeiten des Klägers zur Ausübung der vom Kläger genannten und für die Prüfung der Berufsunfähigkeit maßgeblichen Tätigkeiten.

aa) Der Gutachter hat seiner Bewertung zutreffend die vom Kläger genannten Arbeitsaufgaben zugrunde gelegt. Soweit der Kläger mit der Berufung geltend macht, der Gutachter habe die hohen psychischen Anforderungen einer Tätigkeit „als Banker“ nicht berücksichtigt, wird nicht dargelegt, welche Anforderungen dies im konkreten Fall sein sollen. Die genannten Arbeitsaufgaben der Kontenklärung ohne physischen Kundenkontakt oder das Führen von Statistiken beinhalten nicht bereits an sich hohe psychische Anforderungen. Zwar hat der Kläger gegenüber anderen Gutachtern teilweise auch andere Aufgaben genannt. So wird in dem Ärztlichen Entlassungsbericht der M. Klinik vom 27. Juni 2017 eine Beschreibung des Arbeitsplatzes mit betriebswirtschaftlichen Führungsaufgaben, dem Veranlassen von Ein- und Auszahlungen sowie Publikumsverkehr neben Aufgaben der Kontenklärung wiedergegeben (siehe Bl. 2-3 und 25-26 des Ärztlichen Entlassungsberichtes, Bl. 73 d.A.). Solche Tätigkeiten wurden nach dem maßgeblichen Vortrag des Klägers im vorliegenden Verfahren aber nicht erbracht, der Gutachter hat zutreffend die hier genannten Tätigkeiten zugrunde gelegt (s. Seite 3, 4 des Gutachtens).

bb) Es liegt kein aufgrund Nichtbeachtung maßgeblicher Vorgaben zur Gutachtenerstellung ungeeignetes Gutachten vor. Die vom Kläger in Bezug genommene AWMF-Leitlinie Nr. 051/029 zur Begutachtung psychischer und psychosomatischer Beschwerden sachgerechte Hinweise zur Erstellung solcher Gutachten enthält. Hieraus folgt allerdings nicht, dass eine etwa fehlende Einhaltung einzelner hier vorgesehener Schritte ein Gutachten von vornherein untauglich macht. Vielmehr ist jeder Gutachter gefordert, im Einzelfall geeignete Instrumente heranzuziehen. Unabhängig hiervon kann dem Vortrag in der Berufung mit der einerseits ausführlichen Wiedergabe der Leitlinie und andererseits der nicht näher erläuterten Behauptung, diesen Vorgaben genüge das Gutachten nicht, kein entscheidender Fehler entnommen werden. Der Gutachter hat im Sinne dieser Richtlinie die Aktenlage aufgearbeitet, eine Exploration mit biographischer Anamnese vorgenommen, sich mit Tagesablauf und Funktionsstörungen befasst. Eine Mini-ICF-APP liegt vor. Der Gutachter hat sich mit klinischen Befunderhebungen und zwischen subjektivem Beschwerdeempfinden und Befundebene differenziert. Die Medikation fand Berücksichtigung, eine testpsychologische Diagnostik wurde zusätzlich durchgeführt. Der Gutachter hat eine bewertende Validierung der Beschwerden auf dieser Grundlage vorgenommen und sich mit bestehenden Diskrepanzen auseinandergesetzt. Dies sowohl betreffend die von ihm erhobenen Befunde als auch in Auseinandersetzung mit vorliegenden weiteren Gutachten.

cc) Das Gutachten ist nicht widersprüchlich und inkonsistent. Die Diagnose F. 32.1 nach der ICD-10 Codierung begründet an sich noch keine Berufsunfähigkeit im Sinne des § 15 BVV-DA. Nach den Anforderungen für eine solche Diagnose, auf die sich auch der Kläger bezieht, wird ausgeführt, der betroffene Patient habe meist große Schwierigkeiten, alltägliche Aktivitäten fortzusetzen. Maßgeblich für die Feststellung der Berufsunfähigkeit ist aber nicht, welche Einschränkungen meistens bestehen, sondern welche Einschränkungen im konkreten Fall und bezogen auf die konkreten beruflichen Anforderungen bestehen. Das Gutachten setzt sich ausdrücklich mit der konkreten Situation des Klägers unter Berücksichtigung einer bestehenden mittelgradig ausgeprägten depressiven Symptomatik und für den Kläger bestehenden Möglichkeiten bei zumutbarer Willensanstrengung auseinander (s. Bl. 47 und 49 des Gutachtens).

dd) Darüber hinaus geht das Arbeitsgericht zutreffend davon aus, dass zur Begründung von Berufsunfähigkeit eine Beeinträchtigung auf Dauer vorliegen muss und eine behandelbare und bei Behandlung vorübergehende Erkrankung noch keine Berufsunfähigkeit begründet. Bereits aus dem Begriff der Berufsunfähigkeit ergibt sich dieses Element einer Einschränkung auf Dauer, weil die Fähigkeit zur Ausübung eines Berufs etwas ist, das erworben dauerhaft besteht. Auf die obigen Ausführungen zu einer gewissen Dauerhaftigkeit der Einschränkungen auch ohne ausdrückliche Nennung dieses Begriffs wird Bezug genommen. Dass die Versicherungsbedingungen einen möglichen späteren Wegfall eines Rentenanspruchs im Falle einer Besserung vorsehen, stellt nicht die Anforderung einer anzunehmenden dauerhaften Berufsunfähigkeit zum Zeitpunkt der Entscheidung in Frage. Dies ist vielmehr der Tatsache geschuldet, dass die Zukunft und künftige Behandlungsmöglichkeiten nie sicher absehbar sind. Entsprechend greift die Rechtsprechung zutreffend auch betreffend die streitgegenständlichen Versicherungsbedingungen auf die Definitionen des Bundesgerichtshofs zurück. Hiernach bestimmt der Zeitpunkt den Eintritt des Versicherungsfalles, zu dem nach sachgerechter medizinischer Beurteilung eine Erkrankung, eine Körperverletzung oder ein Kräfteverfall, die den Versicherten außerstande setzen, seinem Beruf (und letztlich auch einer vergleichbaren Tätigkeit) in einem vertraglich vorgesehenen Ausmaß nachzugehen, erstmals nicht (mehr) derart besserungsfähig erscheinen, dass eine Verringerung der bestehenden Beeinträchtigung der Arbeitskraft des Versicherten erwartet werden dürfte (BGH, Urteil vom 11. Oktober 2006 – IV ZR 66/05 –, Rn. 10, juris, s. s. LArbG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13. November 2018, Az. 11 Sa 1877/16).

Entsprechend führt allein die Tatsache einer möglichen und erforderlichen Therapie aufgrund der fehlenden Motivation bzw. des bestehenden Dilemmas im Hinblick auf den verfolgten Rentenantrag zu keiner dauerhaften Berufsunfähigkeit. Nach den Feststellungen des Gutachters ist der Kläger aufgrund seiner gesundheitlichen Situation in der Lage, die erforderliche veränderungsmögliche Motivation aufzubringen (s. die Erklärung des Gutachters im Rahmen seiner Anhörung, Protokoll vom 17. März 2021).

3. Da bereits dem Grunde nach kein Anspruch besteht, kann dahingestellt bleiben, in welcher Höhe ein solcher bestehen könnte.

III. Die Entscheidung über die Kosten erster und zweiter Instanz beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

IV. Die Voraussetzungen einer Zulassung der Revision liegen nicht vor.

 

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