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Übersicht:
- ✔ Kurz und knapp
- Arbeitgeberinteresse überwiegt: Gericht verweigert Beschäftigungsanspruch
- ✔ Der Fall vor dem Arbeitsgericht Gera
- ✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall
- ✔ FAQ – Häufige Fragen: Beschäftigungsanspruch
- Woraus ergibt sich der Anspruch eines Arbeitnehmers auf Beschäftigung?
- Unter welchen Umständen kann der Arbeitgeber den Beschäftigungsanspruch verweigern?
- Wie wirken sich Konflikte mit Kollegen auf den Beschäftigungsanspruch aus?
- Was kann ein Arbeitnehmer tun, wenn ihm die Beschäftigung verweigert wird?
- § Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- ⬇ Das vorliegende Urteil vom Arbeitsgericht Gera
✔ Kurz und knapp
- Das Thema war ein Anspruch auf Beschäftigung im bestehenden Arbeitsverhältnis.
- Der Kläger forderte seine Weiterbeschäftigung als erster Schlagzeuger des Orchesters.
- Es ging auch um die Aufhebung von Hausverboten gegen den Kläger.
- Der Kläger war seit einem Vorfall mit einer Schreckschusspistole suspendiert.
- Spannungen innerhalb des Orchesters und Unstimmigkeiten führten zu weiteren Konflikten.
- Mehrere Musiker und der Personalrat äußerten sich gegen die Weiterbeschäftigung des Klägers.
- Eine anonyme Mitarbeiterbefragung zeigte, dass die Mehrheit der Orchestermitglieder gegen die Rückkehr des Klägers war.
- Das Gericht entschied, dass der Kläger keinen Anspruch auf Beschäftigung hat.
- Die Hausverbote wurden als rechtmäßig angesehen.
- Die Entscheidung des Gerichts basiert auf dem Überwiegen des Interesses der Beklagten und der Fürsorgepflicht gegenüber den anderen Orchestermitgliedern.
Arbeitgeberinteresse überwiegt: Gericht verweigert Beschäftigungsanspruch

Arbeitsverhältnisse sind oftmals von Komplexität geprägt. Neben den rechtlichen Rahmenbedingungen spielen auch zwischenmenschliche Faktoren eine wichtige Rolle. Wenn Unstigkeiten und Konflikte im Betrieb auftreten, kann dies zu Schwierigkeiten bei der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses führen.
Ein zentraler Aspekt ist dabei der Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers. Grundsätzlich besteht für den Arbeitnehmer ein Recht auf Beschäftigung entsprechend den vertraglich vereinbarten Bedingungen. Allerdings können in Ausnahmefällen auch Gründe vorliegen, die den Arbeitgeber dazu berechtigen, die Beschäftigung vorübergehend auszusetzen oder sogar zu beenden.
Im Folgenden werden wir uns mit einem konkreten Gerichtsurteil befassen, das sich mit der Thematik des Beschäftigungsanspruchs im bestehenden Arbeitsverhältnis auseinandersetzt. Hier wird deutlich, wie die Gerichte im Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer abwägen und welche Aspekte dabei eine entscheidende Rolle spielen können.
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✔ Der Fall vor dem Arbeitsgericht Gera
Gerichtsstreit um Beschäftigungsanspruch eines Orchestermusikers
Das Arbeitsgericht Gera hatte sich mit dem Fall eines Orchestermusikers zu befassen, der von seinem Arbeitgeber, einer Philharmonie, seit Dezember 2018 von der Arbeit freigestellt und mit einem Hausverbot belegt worden war. Der Kläger, der seit 1991 als Schlagzeuger in dem Orchester tätig ist, verlangte seine Weiterbeschäftigung sowie die Aufhebung der ausgesprochenen Hausverbote.
Vorgeschichte: Spannungen und Zwischenfälle im Orchester
Dem Rechtsstreit gingen offenbar über Jahre aufgebaute Spannungen innerhalb des Orchesters voraus. 2013 kam es zu einem Zwischenfall, bei dem sich aus einer vom Kläger hantierten Schreckschusspistole ein Schuss löste und eine Person verletzt wurde. 2014/2015 fand eine Mediation wegen starker Spannungen in der Belegschaft statt.
Im Dezember 2018 eskalierte dann ein Streit zwischen dem Kläger und anderen Orchestermitgliedern. Anlass war eine Meinungsverschiedenheit über die Feier des 60. Geburtstags des streng gläubigen Klägers. In der Folge stellte der Arbeitgeber den Kläger unter Erteilung eines Hausverbots frei.
Bemühungen um Wiedereingliederung scheitern
In der Folgezeit war der Kläger krankheitsbedingt arbeitsunfähig und absolvierte eine Rehabilitation. Ein Wiedereingliederungsversuch zum Jahresende 2019 scheiterte jedoch am Widerstand des Arbeitgebers. Zwar bestätigte der Amtsarzt im Januar 2020 die uneingeschränkte Arbeitsfähigkeit des Klägers. Doch der Personalrat der Philharmonie sprach sich gegen eine Wiederaufnahme der Beschäftigung aus.
Es folgten weitere erfolglose Versuche des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis einvernehmlich zu ändern oder zu beenden. Das bestehende Hausverbot gegen den Kläger wurde auf digitale Termine und Beratungen ausgeweitet. Eine anonyme Mitarbeiterbefragung im Januar 2023 ergab, dass sich die große Mehrheit der Orchestermitglieder gegen eine Weiterbeschäftigung des Klägers aussprach.
Gericht wertet Arbeitgeberinteressen höher
Das Arbeitsgericht wies die Klage des Orchestermusikers nun rechtskräftig ab. Es stellte zwar fest, dass der Kläger grundsätzlich einen Anspruch auf Beschäftigung aus seinem fortbestehenden Arbeitsvertrag habe. Dieser könne sich aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht ergeben.
Allerdings könnten überwiegende schutzwürdige Arbeitgeberinteressen dem Beschäftigungsanspruch im Einzelfall entgegenstehen. Dies sah das Gericht hier als gegeben an. Das Interesse des Arbeitgebers, weitere Auseinandersetzungen zwischen den Arbeitskollegen zu unterbinden, überwiege. Nicht nur der Personalrat, sondern die Mehrheit des gesamten Orchesters lehne eine Weiterbeschäftigung des Klägers ab. Einige Orchestermitglieder hätten Angst vor dem Kläger und fühlten sich bedroht. Sie stellten für den Fall seiner Rückkehr ihr eigenes Ausscheiden in Aussicht.
Bei dieser Sachlage sei eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit nicht zu erwarten, so das Gericht. Es berücksichtigte dabei den besonderen Charakter des Orchesters als „sensiblen künstlerischen Bereich“, der ein harmonisches Miteinander erfordere. Auch die ausgesprochenen Hausverbote seien daher rechtmäßig. Der Kläger hat nun die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall
Die Entscheidung verdeutlicht, dass der grundsätzliche Beschäftigungsanspruch eines Arbeitnehmers im Einzelfall hinter überwiegende schutzwürdige Arbeitgeberinteressen zurücktreten kann. Maßgeblich ist eine Abwägung der beiderseitigen Interessen unter Berücksichtigung der konkreten Umstände. Bei künstlerischen Tätigkeiten, die besonders auf ein harmonisches Miteinander angewiesen sind, kann ein zerrüttetes Verhältnis zur Belegschaft eine Weiterbeschäftigung unzumutbar machen und sogar Hausverbote rechtfertigen. Dem Persönlichkeitsrecht des Einzelnen sind hier Grenzen gesetzt.
✔ FAQ – Häufige Fragen: Beschäftigungsanspruch
Woraus ergibt sich der Anspruch eines Arbeitnehmers auf Beschäftigung?
Relevanz: 10
Diese Frage ist von zentraler Bedeutung, da sie die rechtliche Grundlage des Beschäftigungsanspruchs behandelt. Für das Verständnis der Zielgruppe ist es wichtig zu erklären, dass sich dieser Anspruch aus dem Arbeitsvertrag in Verbindung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers ableitet. Die Beantwortung sollte auch kurz darauf eingehen, dass dieser Anspruch unabhängig von der Verpflichtung zur Gehaltszahlung besteht. Beachte thematischen Zusammenhang: Beschäftigungsanspruch im bestehenden Arbeitsverhältnis.
Unter welchen Umständen kann der Arbeitgeber den Beschäftigungsanspruch verweigern?
Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf Beschäftigung ergibt sich aus mehreren rechtlichen Grundlagen und Prinzipien. Zunächst leitet sich dieser Anspruch aus dem Arbeitsvertrag ab, der nicht nur die Zahlung von Arbeitslohn, sondern auch die tatsächliche Beschäftigung des Arbeitnehmers vorsieht. Dies ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in den §§ 611a und 613 geregelt, in Verbindung mit dem Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers, das im Grundgesetz (GG) verankert ist. Artikel 1 und Artikel 2 GG schützen die Würde des Menschen und das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit. Diese Grundrechte werden durch den Beschäftigungsanspruch konkretisiert, da die Arbeit nicht nur der finanziellen Absicherung dient, sondern auch der Persönlichkeitsentfaltung des Arbeitnehmers.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in mehreren Urteilen klargestellt, dass der Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers ein eigenständiges Recht ist, das unabhängig von der Verpflichtung zur Gehaltszahlung besteht. Der Arbeitgeber ist daher verpflichtet, den Arbeitnehmer entsprechend den vertraglich vereinbarten Tätigkeiten zu beschäftigen, solange das Arbeitsverhältnis besteht. Dies gilt auch während der Kündigungsfrist, bis zur endgültigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Der Anspruch auf Beschäftigung kann jedoch entfallen, wenn überwiegende schutzwürdige Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn die Beschäftigung aufgrund von Auftragsmangel oder einer rechtmäßigen unternehmerischen Entscheidung nicht mehr möglich ist. In solchen Fällen muss eine Interessenabwägung vorgenommen werden, bei der die Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden.
Der Beschäftigungsanspruch eines Arbeitnehmers ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag, dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und den Grundsätzen von Treu und Glauben. Dieser Anspruch besteht grundsätzlich während des gesamten Arbeitsverhältnisses und kann nur unter bestimmten Bedingungen eingeschränkt werden.
Wie wirken sich Konflikte mit Kollegen auf den Beschäftigungsanspruch aus?
Ein Arbeitgeber kann den Beschäftigungsanspruch eines Arbeitnehmers unter bestimmten Umständen verweigern. Überwiegende schutzwürdige Interessen des Arbeitgebers können den Anspruch im Einzelfall einschränken. Diese Interessen müssen das Beschäftigungsinteresse des Arbeitnehmers überwiegen. Eine Interessenabwägung ist erforderlich, bei der alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden müssen.
Betriebliche Gründe wie Auftragsmangel oder eine rechtmäßige Umorganisation können dazu führen, dass eine Beschäftigung nicht mehr möglich ist. Auch gesundheitliche Gründe des Arbeitnehmers, die seine Arbeitsfähigkeit beeinträchtigen, können den Beschäftigungsanspruch entfallen lassen. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer zu beschäftigen, wenn dieser aufgrund einer Krankheit arbeitsunfähig ist.
Unzumutbarkeit der Beschäftigung kann ebenfalls eine Freistellung rechtfertigen. Dies ist der Fall, wenn das Freistellungsinteresse des Arbeitgebers das Beschäftigungsinteresse des Arbeitnehmers überwiegt. Beispiele hierfür sind der Wegfall der Vertrauensgrundlage oder interne Spannungen, die eine weitere Zusammenarbeit unmöglich machen.
Rechtliche Entscheidungen wie die des Bundesarbeitsgerichts bestätigen, dass der Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers zurücktreten muss, wenn überwiegende schutzwürdige Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen. Der Arbeitgeber ist nach Treu und Glauben nicht verpflichtet, die Interessen des Arbeitnehmers ohne Rücksicht auf eigene überwiegende und schutzwerte Interessen zu fördern.
Der Arbeitgeber kann den Beschäftigungsanspruch verweigern, wenn betriebliche oder gesundheitliche Gründe vorliegen, die eine Beschäftigung unmöglich machen, oder wenn die Beschäftigung für den Arbeitgeber unzumutbar ist. Eine sorgfältige Abwägung der beiderseitigen Interessen ist dabei entscheidend.
Was kann ein Arbeitnehmer tun, wenn ihm die Beschäftigung verweigert wird?
Ein Arbeitnehmer, dem die Beschäftigung verweigert wird, hat mehrere rechtliche Möglichkeiten, um seine Ansprüche durchzusetzen. Zunächst kann er versuchen, die Situation außergerichtlich zu klären, etwa durch ein Gespräch mit dem Arbeitgeber oder eine Mediation. Sollte dies nicht zum Erfolg führen, bleibt der Klageweg vor dem Arbeitsgericht.
Ein Arbeitnehmer hat grundsätzlich einen Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung. Dieser Anspruch ergibt sich aus den §§ 611, 613 in Verbindung mit § 242 BGB. Wird dieser Anspruch verletzt, kann der Arbeitnehmer auf eine gerichtliche Entscheidung drängen, die den Arbeitgeber zur Beschäftigung verpflichtet. In besonders dringenden Fällen kann auch eine einstweilige Verfügung beantragt werden, um eine schnelle Entscheidung zu erzwingen.
Selbst wenn der Arbeitnehmer nicht beschäftigt wird, besteht sein Vergütungsanspruch fort. Dies wird als Annahmeverzugslohn bezeichnet. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Lohn weiterzuzahlen, auch wenn er die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers nicht annimmt. Dies gilt insbesondere, wenn der Arbeitgeber die Annahme der Arbeitsleistung zu Unrecht verweigert.
Sollte der Arbeitgeber trotz gerichtlicher Anordnung die Beschäftigung weiterhin verweigern, kann der Arbeitnehmer Zwangsmaßnahmen wie die Festsetzung eines Zwangsgeldes oder die Anordnung von Zwangshaft beantragen, um die Durchsetzung des Urteils zu erzwingen.
In extremen Fällen, in denen der Arbeitgeber dauerhaft die vertragsgemäße Beschäftigung verweigert, kann der Arbeitnehmer auch eine fristlose Eigenkündigung aussprechen. Dies setzt jedoch in der Regel eine vorherige Abmahnung und das Scheitern eines klärenden Gesprächs voraus.
Ein Arbeitnehmer hat mehrere rechtliche Mittel zur Verfügung, um seine Beschäftigung durchzusetzen und seinen Vergütungsanspruch zu wahren.
§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- § 611 BGB (Dienstvertrag): Regelt die grundlegenden Pflichten im Arbeitsverhältnis. Der Arbeitnehmer schuldet die Arbeitsleistung, der Arbeitgeber die Vergütung.
- § 241 Abs. 2 BGB (Nebenpflichten aus dem Schuldverhältnis): Der Arbeitgeber muss auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht nehmen. Daraus ergibt sich der Beschäftigungsanspruch.
- § 242 BGB (Leistung nach Treu und Glauben): Ergänzt § 241 Abs. 2 BGB. Verlangt, dass der Arbeitgeber das Beschäftigungsinteresse des Arbeitnehmers berücksichtigt.
- § 106 GewO (Weisungsrecht des Arbeitgebers): Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung bestimmen. Grenzen des Weisungsrechts sind durch die Rücksichtnahmepflicht gesetzt.
- Art. 1 GG (Menschenwürde): Begründet die Pflicht des Arbeitgebers, die Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers zu respektieren.
- Art. 2 Abs. 1 GG (Allgemeine Handlungsfreiheit): Unterstützt den Beschäftigungsanspruch, da das allgemeine Persönlichkeitsrecht hieraus hergeleitet wird.
- TVöD (Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst): Relevant, wenn eine Umwandlung des Arbeitsverhältnisses nach diesem Tarifvertrag angeboten wird. Regelt die Arbeitsbedingungen und Vergütung im öffentlichen Dienst.
- ArbGG (Arbeitsgerichtsgesetz): Regelt das Verfahren vor den Arbeitsgerichten, in dem der Kläger seine Ansprüche geltend macht.
⬇ Das vorliegende Urteil vom Arbeitsgericht Gera
ArbG Gera – Az.: 4 Ca 8/23 – Urteil vom 10.05.2023
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 10.106,13 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Anspruch auf Beschäftigung im bestehenden Arbeitsverhältnis sowie über die Aufhebung von Hausverboten.
Die Beklagte betreibt ein philharmonisches Orchester, das ca. 75 Mitglieder umfasst.
Es existiert ein Personalrat, der aus 5 Mitgliedern besteht. Vorsitzender des Personalrates ist Herr H. zweiter Geiger des Orchesters.
Der am 00.00.0000 geborene Kläger ist verheiratet und gegenüber einem Kind zum Unterhalt verpflichtet.
Mit nicht datiertem Arbeitsvertrag (Bl. 120 a f. d. Akte) wurde der Kläger ab dem 01.01.1991 als stellvertretender Solo-Pauker für das Hauptinstrument Pauke mit Verpflichtung zu Schlagzeug (auch modern) von der J. eingestellt. Dies ergibt sich auch aus dem Arbeitsvertrag vom 15.07.1991 (Bl. 14 d. Akte). Mit Änderungsvertrag vom 14.11.2006 (Bl. 15 d. Akte), wurde dem Kläger mit Wirkung vom 01.09.2007 auf unbestimmte Zeit die Tätigkeit als 1. Schlagzeuger der J. übertragen.
Am 09.03.2013 ereignete sich in den Räumen der J. ein Unfall mit einer Schreckschusspistole. Diese war von der Beklagten erworben worden und für spezielle Aufführungen vorgehalten. Der Kläger, welcher nach eigenen Angaben in Amerika eine persönliche Waffensammlung hat und sich gut mit Waffen auskennt, wollte das Magazin aus der Waffe entfernen, wobei sich ein Schuss gelöst hat. Dabei wurde eine Person verletzt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gesprächsnotiz (Bl. 75 d. Akte) Bezug genommen.
In den Kalenderjahren 2014/2015 fand wegen starker Spannungen innerhalb der Belegschaft eine Mediation statt.
Am 09.12.2018 fand ein Konzert der J. in Würzburg statt.
Vor dem Konzert fragte der Orchestermusiker und Personalratsvorsitzende Herr H. den Kläger, wie er seinen 60. Geburtstag zu feiern gedenke. In der Folge kam es zu einer heftigen streitigen Auseinandersetzung. Der Kläger ist ein streng gläubiger Mensch und in dem Glauben „Christian Science“ aufgewachsen. In dieser Glaubensrichtung hat ein Geburtstag keine herausgehobene Bedeutung. Es ist ein Tag wie jeder andere auch. Deswegen habe der Kläger sowohl gegenüber Herrn E. (Instrumentengruppe Schlagzeug) und Herrn H. (2. Geiger) mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass sie ihn mit dem Thema „Geburtstag“ in Ruhe lassen sollen. Dies war der Anlass für die streitige Auseinandersetzung und die Überreaktion des Klägers. Auf die Entschuldigung des Klägers durch seinen ehemaligen Rechtsanwalt (Bl. 18 f. d. Akte) wird Bezug genommen.
Am 13.12.2018 fand wegen des Vorfalls während des Gastspiels in Würzburg ein Personalgespräch statt. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 101 ff. der Akte Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 14.12.2018 (Bl. 16 d. Akte) hat die Beklagte den Kläger mit sofortiger Wirkung und bis auf weiteres von seiner Tätigkeit als Musiker der J. sowie von seiner Nebentätigkeit an der Musik- und Kunstschule J. freigestellt. Darüber hinaus wurde ihm ein Hausverbot für die Dienstgebäude des Eigenbetriebes J. erteilt.
Mit Schreiben vom 21.12.2018 (Bl. 18 f. d. Akte) hat der Kläger durch seinen damaligen Rechtsanwalt bekennen lassen, dass ihm der Vorfall aufrichtig leid tut und er sich in aller Form für sein Verhalten und seine überschießende Reaktion entschuldigen möchte.
Ab dem 03.01.2019 war der Kläger arbeitsunfähig und hat sich in fachärztliche Behandlung unter Hinzuziehung eines Psychologen begeben.
Mit Schreiben vom 14.01.2019 (Bl. 20 ff. d. Akte) sprach der damalige Werkleiter Z. dem Kläger eine Abmahnung aus.
Am 18.07.2019 führte die Beklagte mit mehreren Mitgliedern des Orchesters Gespräche.
Der Orchestermusiker und Vorsitzende des Personalrates H. erklärte, der Kläger habe seinen Jähzorn nicht im Griff. Die Unbeherrschtheit und die persönliche Haltung von Herrn W. seien nicht veränderbar (Bl. 77 d. Akte).
Der Orchestermusiker E. erklärte, er fühle sich von dem Kläger gemobbt, habe Angst vor ihm und könne sich eine weitere Zusammenarbeit nicht vorstellen (Bl. 78 f. d. Akte).
Der Orchestermusiker Herr M. konnte sich unter keinen Umstände eine Wiederaufnahme der Zusammenarbeit mit dem Kläger vorstellen (Bl. 80 f. d. Akte).
In der Zeit vom 22.10. bis 03.12.2019 hat der Kläger eine medizinische Rehabilitation im Fachklinikum Brandis GmbH & Co. KG durchgeführt.
Für die Zeit vom 04. bis 31.12.2019 wurde ein Wiedereingliederungsplan erstellt.
Vor Beginn der Wiedereingliederung war eine Begutachtung durch den amtsärztlichen Dienst im Fachdienst Gesundheit vereinbart. Der Kläger hat jedoch keine Befundberichte vorgelegt. Deswegen wurde er zur erneuten Vorstellung am 14.01.2020 geladen. Im Ergebnis hat die Beklagte mit Schreiben vom 19.12.2019 (Bl. 24 d. Akte) die Wiedereingliederung abgelehnt.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 23.12.2019 (Bl. 25 d. Akte) hat der Kläger seine Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit angezeigt.
Am 14.01.2020 hat die erneute Vorstellung beim Amtsarzt stattgefunden.
In der amtsärztlichen Stellungnahme (Bl. 27 d. Akte) wurde bestätigt, dass der Kläger wieder als Musiker einsatzfähig und vollumfänglich in der Lage ist, das geschuldete Arbeitsergebnis zu erbringen.
Mit Stellungnahme vom 31.01.2020 (Bl. 82 d. Akte) sprach sich der Personalrat der J. gegen die Wiederaufnahme der Beschäftigung des Klägers aus.
Vom 31.01. bis zum 05.02.2020 war der Kläger arbeitsunfähig.
Mit Schreiben des Werkleiters Z. vom 13.02.2020 (Bl. 28 d. Akte) wurde dem Kläger mitgeteilt, dass der zum 01.01.2020 sozialversicherungsrechtlich angemeldet und als arbeitsfähig eingestuft wird.
Seit diesem Zeitpunkt zahlt die Beklagte dem Kläger regelmäßig die Vergütung in Höhe von 5.015,00 € brutto monatlich, welche durch Lohnsteigerung auf 5.106,13 € brutto monatlich gestiegen ist.
Am 14.02.2020 fand ein Rückkehrgespräch statt.
Wegen des Inhalts wird auf Blatt 32 ff. der Akte verwiesen.
Im Rahmen dieses Gespräches unterzeichnete der Kläger die erarbeiteten Regeln für die Instrumentengruppe Schlagzeug (Bl. 30 d. Akte).
Zu einer Beschäftigung des Klägers zu diesem Zeitpunkt oder in der Folgezeit kam es nicht.
Mit Schreiben vom 29.01.2021 (Bl. 36 d. Akte) hat der Werkleiter Z. das bestehende Hausverbot ab sofort auch auf digitale Beratungen/Termine erweitert.
Gleichzeitig wurde wegen der pandemiebedingten Unterbrechung des Spielbetriebes die Änderung des Arbeitsverhältnisses des Klägers angestrebt. Die Beklagte hat dem Kläger vorgeschlagen, dass bestehende Arbeitsverhältnis als Musiker in ein Beschäftigtenverhältnis nach TVöD umzuwandeln. Angeboten wurde eine Beschäftigung in Vollzeit in der Entgeltgruppe 9c Stufe 6 TVöD ab 01.06.2021.
Zusätzlich zum Angebot der Änderung des Arbeitsverhältnisses übersandte die Beklagte dem Kläger einen Entwurf eines Aufhebungsvertrages (Bl. 38 ff. d. Akte).
Zu einer einvernehmlichen Änderung oder Aufhebung des Arbeitsverhältnisses ist es nicht gekommen.
Am 19.02.2021 ist die Klage des Klägers auf Aufhebung der Hausverbote und Beschäftigung beim Arbeitsgericht Gera eingegangen.
In den Güteterminen am 28.04.2021 (Bl. 63 d. Akte) sowie am 23.06.2021 (Bl. 65 d. Akte) konnte eine gütliche Einigung nicht erzielt werden.
Der auf den 23.03.2022 anberaumte Kammertermin wurde aus dienstlichen Gründen aufgehoben (Bl. 108 d. Akte).
Ein auf den 24.08.2022 bestimmter Kammertermin (Bl. 113 d. Akte), wurde aus dienstlichen Gründen auf den 22.02.2023 verlegt (Bl. 116 d. Akte).
Am 17.01.2023 hat die Personalleitung der Beklagten eine anonyme und schriftliche Mitarbeiterbefragung durchgeführt. Von ca. 75 Orchestermitgliedern hatten an der Befragung 55 teilgenommen. Gegen eine Weiterbeschäftigung des Klägers hatten sich 49 Orchestermitglieder ausgesprochen. 3 Orchestermitglieder haben für eine Weiterbeschäftigung gestimmt. 3 Orchestermitglieder haben sich enthalten. Auf die Auswertung der Mitarbeiterbefragung (Bl. 120 c f. d. Akte) wird Bezug genommen.
Der Kläger trägt vor, er habe einen Anspruch auf Beschäftigung zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen aus §§ 611 ff. BGB, 242 BGB i.V.m. Art. 1, 2 GG.
Die Hausverbote vereitelten seinen Anspruch auf Beschäftigung.
Ein Hausverbot könne nicht mit dem Direktionsrecht des Arbeitgebers nach § 106 GewO begründet werden. Die Grenzen billigen Ermessens seien weit überschritten.
Es werde bestritten, dass der Personalrat ordnungsgemäß beschlossen haben, eine Wiederaufnahme der Beschäftigung des Klägers abzulehnen.
Es sei unzutreffend, dass ein großer Teil des Orchesters die Wiederaufnahme der Tätigkeit durch den Kläger ablehnt.
Der ehemalige Arbeitskollege des Klägers Herr E. sei nicht mehr im Orchester der Beklagten tätig. Für ihn sei zwischenzeitlich Herr S. als Mitglied der Instrumentengruppe Schlagzeug/Pauke eingestellt. Die Instrumentengruppe bestehe daher aktuell aus dem Kläger als erster Schlagzeuger, Herrn M. als Stellvertreter Solo Pauke und Schlagzeug und Herrn S. als Solo Pauke. Diese Besetzung sei durchaus Grundlage für eine langjährige, qualitativ hochwertige und selbstverständlich auch vertrauensvolle Zusammenarbeit.
Der Kläger beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, die mit Schreiben vom 14.12.2018 und 29.01.2021 gegenüber dem Kläger erklärten Hausverbote für die Dienstgebäude des Eigenbetriebes der Stadt J. sowie für die Teilnahme des Klägers an digitalen Beratungen / Terminen der J. für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Orchesters aufzuheben.
2. hilfsweise festzustellen, dass die von der Beklagten mit Schreiben vom 14.12.2018 und 29.01.2021 gegenüber dem Kläger erklärten Hausverbote für die Dienstgebäude des Eigenbetriebes der Stadt J. sowie für die Teilnahme des Klägers an digitalen Beratungen / Terminen der J. für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Orchesters rechtsunwirksam sind.
3. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger entsprechend den Regelungen des Arbeitsvertrages vom 15.07.1991 i. d. F. des Änderungsvertrages vom 14.11.2006 als ersten Schlagzeuger der J. zu beschäftigen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, ein Anspruch des Klägers auf Beschäftigung als erster Schlagzeuger der J. bestehe nicht. Die Beklagte sei berechtigt, einseitig eine Suspendierung auszusprechen und aufrechtzuerhalten. Hierfür bestehe ein billigenswerter Grund. Die Beklagte habe das ihr Möglichste unternommen, um die Situation in der Instrumentengruppe zu befrieden und die Weiterbeschäftigung des Klägers zu ermöglichen. Da trotz aller Bemühungen keine Bereitschaft der übrigen Musiker der Instrumentengruppe und des Personalrates, der für das restliche Orchester spreche, erzielt werden konnte, überwiege das Nichtbeschäftigungsinteresse der Beklagten. Zu berücksichtigen sei, dass es sich bei der Tätigkeit des Klägers und der übrigen Orchestermusiker um eine Tätigkeit handele, die nicht alleine durchgeführt werden könne. Für eine qualitativ hochwertige Arbeitsleistung, komme es im künstlerischen Handeln gerade auf das Miteinander der Musiker im Orchester an. Die Weiterbeschäftigung eines einzelnen Musikers für sich gesehen sei nicht möglich. Es handele sich um einen sensiblen Bereich, der mehr als andere Bereiche von einem harmonischen Miteinander lebe, welches letztlich auch auf die Qualität der Musik Einfluss habe.
Da aus Sicht der Beschäftigten die bedrohliche Lage und die dadurch empfundenen Ängste fortbestünden, könne auch aus Gründen der Fürsorge für das übrige Orchester keine Weiterbeschäftigung des Klägers erfolgen. Für die Beklagte überwiege weiterhin das Interesse an der Nichtbeschäftigung.
Aus denselben Gründen seien die ausgesprochenen Hausverbote rechtmäßig.
In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 22.02.2023 haben die Parteien einen widerruflichen Vergleich abgeschlossen, den der Kläger fristgerecht widerrufen hat.
Auf Antrag des Klägers hat das Gericht einen Schriftsatznachlass bewilligt, um auf die vorgelegte Auswertung der Befragen der Mitglieder des Orchesters Stellung zu nehmen. Innerhalb der gesetzten Frist ist diese Stellungnahme unterblieben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des umfangreichen Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst allen Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften vom 28.04.2021, 23.06.2021 und 22.02.2023 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Beschäftigung.
Zwar hat das BAG in ständiger Rechtsprechung (Urteil vom 10.11.1955, AP Nr. 2 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht; Entscheidung des Großen Senats vom 27.02.1985, AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht) aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers eine allgemeine Beschäftigungspflicht des Arbeitgebers im bestehenden Arbeitsverhältnis hergeleitet. Danach ist der Arbeitgeber zur Förderung der Beschäftigungsinteressen des Arbeitnehmers aus dem bestehenden Arbeitsvertrag verpflichtet. Dies ergibt sich aus der verfassungsrechtlichen Wertentscheidung der Art. 1, 2 Abs. 1 GG, die über § 242 BGB auch im Rahmen des Arbeitsverhältnisses zu berücksichtigen ist. Heutzutage dürfte es zutreffender sein, den Beschäftigungsanspruch anstelle von § 242 BGB auf § 241 Abs. 2 BGB zu stützen (Schaub Arbeitsrechts-Handbuch, 19. Auflage, 2021, § 109 Rz. 5).
Der Arbeitgeber ist aufgrund des Arbeitsvertrags verpflichtet, den Arbeitnehmer während des bestehenden Arbeitsverhältnisses entsprechend der vereinbarten Tätigkeit zu beschäftigen. Dementsprechend steht dem Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber ein vertraglicher Beschäftigungsanspruch zu. Die Beschäftigungspflicht zählt nicht zu den im Gegenseitigkeitsverhältnis stehenden Hauptpflichten, sondern stellt lediglich eine Nebenpflicht des Arbeitgebers dar. Ihr Schutzzweck ist ausschließlich das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers und sein Interesse an tatsächlicher Beschäftigung. Die Ansprüche des Arbeitnehmers auf Arbeitsentgelt, die aus einer Nichtbeschäftigung folgen, sind hingegen durch § 615 BGB geschützt.
Der Arbeitgeber darf im Einzelfall eine Beschäftigung des Arbeitnehmers ablehnen, wenn dieser überwiegende schutzwerte Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen. Nach Treu und Glauben ist er nicht verpflichtet, die Interessen des Arbeitnehmers ohne Rücksicht auf seine eigenen Interessen zu fördern. Macht der Arbeitgeber ein entsprechendes Interesse an der Nichtbeschäftigung geltend, bedarf es daher der Prüfung, ob dieses schutzwürdig ist und im Rahmen einer Abwägung das Interesse des Arbeitnehmers an einer Beschäftigung überwiegt.
Das Interesse des Arbeitgebers an einer Nichtbeschäftigung kann überwiegen, wenn der Arbeitgeber weitere Auseinandersetzungen zwischen Arbeitskollegen unterbinden will (Schaub a.a.O., Rz. 10).
Bei Anwendung dieses Maßstabes ist der Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers zu verneinen. Zur Überzeugung der Kammer steht fest, dass sich nicht nur die Mitglieder der Instrumentengruppe Schlagzeug und der Personalrat, sondern auch die Mehrheit der Mitglieder des gesamten Orchesters eindeutig gegen die Beschäftigung des Klägers ausgesprochen haben. Darüber hinaus haben mehrere Mitglieder des Orchesters schriftlich bekundet, dass sie Angst vor dem Kläger haben und um ihre persönliche Sicherheit besorgt sind. Die Stellungnahmen gingen so weit, dass die betroffenen Orchestermitglieder bei einer Rückkehr des Klägers in Aussicht gestellt haben, selbst aus dem Orchester auszuscheiden. Unter diesen Voraussetzungen ist eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit nicht zu erwarten. Bei seiner Entscheidungsfindung hat das Gericht berücksichtigt, dass es sich bei der Jenaer Philharmonie um einen besonders sensiblen künstlerischen Bereich handelt. Das Orchester repräsentiert die Stadt Jena in der Öffentlichkeit und will und soll qualitativ hochwertige Musik bieten. Voraussetzung dafür ist, dass das Orchester als geschlossene Einheit funktioniert. Dafür ist erforderlich, dass alle Mitglieder des Orchesters harmonisch miteinander zusammenarbeiten. Dies ist offensichtlich nicht gegeben, weil aus der Sicht anderer Orchestermitglieder der Kläger eine Bedrohung darstellt. Die empfundenen Ängste der Orchestermitglieder muss der Arbeitgeber auch aus Gründen der Fürsorge berücksichtigen. Bei dieser Sachlage ist aufgrund einer wertenden Gesamtschau zur Überzeugung der Kammer ein überwiegendes schutzwertes Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung des Klägers gegeben.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Aufhebung der ausgesprochenen Hausverbote.
Das ausdrückliche Verbot des Betretens oder Verweilens in einer Wohnung, in Geschäftsräumen oder auf dem Grundstück eines Anderen, folgt aus dem Hausrecht der Beklagten. Das Hausverbot kann vom Berechtigten grundsätzlich beliebig ausgesprochen werden und ist nicht an ein Fehlverhalten gebunden. Darüber hinaus ist das ausgesprochene Hausverbot aus den oben getroffenen Feststellungen heraus rechtmäßig. Daher ist auch der Hilfsantrag auf Feststellung der Rechtsunwirksamkeit der Hausverbote unbegründet.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 91 Abs. 1 ZPO.
Der Kläger hat als unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Der nach § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzende Wert des Streitgegenstandes folgt aus § 3 ZPO. Das Gericht hat für den Beschäftigungsanspruch einen Bruttomonatsverdienst in Höhe von 5.106,13 € zugrunde gelegt. Die Hausverbote sind mit dem Hilfswert nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG mit 5.000,00 € bewertet.