Übersicht:
- Der Fall vor Gericht
- Wenn die Wahl endet, endet dann auch der Job? Ein Urteil zur Kündigung im Landtag
- Streit um einen unbefristeten Arbeitsplatz in einer Landtagsfraktion
- Zwei Welten prallen aufeinander: Die Argumente vor Gericht
- Das Gerichtsurteil: Beide Kündigungen sind unwirksam
- Die erste Kündigung: Ein Formfehler mit großen Folgen
- Die zweite Kündigung: Warum der Job nicht einfach verschwunden war
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Muss mein Arbeitgeber immer den Betriebsrat informieren, bevor er mich kündigt?
- Wann ist eine betriebsbedingte Kündigung überhaupt zulässig und welche Gründe sind dafür nötig?
- Welche besondere Sicherheit bietet mir ein unbefristeter Arbeitsvertrag im Vergleich zu einem befristeten?
- Was muss ich tun, wenn ich eine Kündigung erhalte und sie für ungerechtfertigt halte?
- Was passiert, wenn ein Arbeitsgericht meine Kündigung für unwirksam erklärt?
- Glossar
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 6 Ca 6582/23 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: ArbG München
- Datum: 25.01.2024
- Aktenzeichen: 6 Ca 6582/23
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Der Kläger war ein unbefristet beschäftigter Fraktionsmitarbeiter der beklagten Fraktion, tätig als Referent für Bildung und öffentlichen Dienst. Er argumentierte, dass sein Arbeitsplatz nicht weggefallen sei und sogar ein erhöhter Personalbedarf bestehe.
- Beklagte: Die Beklagte ist eine Fraktion des Bayerischen Landtags. Sie kündigte das Arbeitsverhältnis des Klägers und begründete dies mit dem Entfall des Arbeitsplatzes aufgrund des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Diskontinuität nach einer Landtagswahl.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Der Kläger war seit 2019 unbefristet als Fraktionsmitarbeiter bei der beklagten Fraktion des Bayerischen Landtags angestellt. Nach einer Landtagswahl und Neukonstituierung der Fraktion sprach die Beklagte zwei ordentliche Kündigungen aus. Der Kläger klagte gegen diese Kündigungen.
- Kern des Rechtsstreits: Es ging um die Frage, ob die ordentliche Kündigung eines unbefristet beschäftigten Fraktionsmitarbeiters durch eine Landtagsfraktion nach einer Wahl aufgrund des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Diskontinuität betriebsbedingt gerechtfertigt ist, insbesondere im Hinblick auf den fortbestehenden Bedarf an dessen Tätigkeiten.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Arbeitsgericht München stellte fest, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers durch beide ausgesprochenen Kündigungen nicht beendet wurde und über den 31.10.2023 hinaus fortbesteht. Die beklagte Fraktion trägt die Kosten des Rechtsstreits.
- Begründung: Die erste Kündigung wurde als unwirksam angesehen, da der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört wurde und das Anhörungsschreiben inhaltlich fehlerhaft war. Die zweite Kündigung war ebenfalls unwirksam, da kein betriebsbedingter Kündigungsgrund vorlag. Das Gericht argumentierte, dass der Grundsatz der Diskontinuität nicht zum Entfall des Beschäftigungsbedarfs führe, zumal die neue Fraktion einen mindestens gleich großen Bedarf an Arbeitskräften hatte und der Arbeitsplatz des Klägers somit nicht weggefallen ist.
- Folgen: Gegen das Urteil kann die beklagte Fraktion Berufung einlegen.
Der Fall vor Gericht
Wenn die Wahl endet, endet dann auch der Job? Ein Urteil zur Kündigung im Landtag
Jeder kennt das: Nach einer Landtagswahl werden die Karten in der Politik neu gemischt. Parteien gewinnen oder verlieren Sitze, neue Koalitionen werden gebildet und Fraktionen formieren sich neu. Doch was passiert eigentlich mit den Menschen, die für diese Fraktionen arbeiten – den Referenten, den Büromitarbeitern, den Experten? Endet ihr Arbeitsverhältnis automatisch mit dem Ende einer Wahlperiode? Genau mit dieser Frage musste sich das Arbeitsgericht München in einem Fall beschäftigen, der die besondere Stellung von Mitarbeitern im politischen Betrieb beleuchtet.

Ein Mitarbeiter, nennen wir ihn Herr K., war seit 2019 für eine Fraktion im Bayerischen Landtag tätig. Seine Aufgaben waren vielfältig und politisch anspruchsvoll: Er recherchierte für Ausschüsse, bereitete Reden vor, kümmerte sich um Bürgeranliegen und analysierte politische Themen. Sein Arbeitsvertrag war, und das ist ein entscheidender Punkt, unbefristet geschlossen. Ein Unbefristeter Arbeitsvertrag ist der Normalfall im Arbeitsrecht und bedeutet, dass das Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit läuft und nicht automatisch an einem bestimmten Datum endet. Es kann nur durch eine Kündigung oder einen Aufhebungsvertrag beendet werden.
Im Sommer 2023, noch vor der anstehenden Landtagswahl, erhielt Herr K. von seinem Arbeitgeber, der Landtagsfraktion, eine ordentliche Kündigung zum 31. Oktober 2023. Eine ordentliche Kündigung ist eine Kündigung, bei der die gesetzlichen oder vertraglich vereinbarten Kündigungsfristen eingehalten werden. Kurz darauf erhielt er eine zweite, inhaltlich gleiche Kündigung. Herr K. wollte das nicht hinnehmen und zog vor das Arbeitsgericht. Er reichte eine Kündigungsschutzklage ein, ein rechtliches Verfahren, mit dem ein Arbeitnehmer die Wirksamkeit einer Kündigung gerichtlich überprüfen lassen kann.
Zwei Welten prallen aufeinander: Die Argumente vor Gericht
Vor Gericht wurden zwei völlig unterschiedliche Sichtweisen deutlich. Was war die Position von Herrn K.? Er argumentierte ganz einfach: Sein Arbeitsplatz sei gar nicht weggefallen. Die Aufgaben, die er erledigt habe – Recherche, Vorbereitung, Kommunikation –, würden auch in der neuen Wahlperiode nach der Wahl anfallen. Mehr noch: Die Fraktion sei bei der Wahl sogar von 17 auf 32 Abgeordnete angewachsen. Das bedeute logischerweise nicht weniger, sondern mehr Arbeit. Als Beweis legte er E-Mails vor, in denen die Fraktion ihre bisherigen Mitarbeiter aufforderte, sich für die neue Periode neu zu bewerben, sowie öffentliche Stellenausschreibungen für neue Mitarbeiter.
Wie hat die Fraktion ihre Kündigung begründet? Sie berief sich auf ein hohes verfassungsrechtliches Prinzip: den Grundsatz der Diskontinuität. Dieser Grundsatz besagt vereinfacht, dass mit dem Ende einer Wahlperiode auch die Arbeit des Parlaments und seiner Gremien endet. Alles wird auf null gesetzt. Die Fraktion argumentierte, dass die „alte“ Fraktion aus der 18. Legislaturperiode mit der Wahl rechtlich aufgehört habe zu existieren. Folglich seien auch alle Arbeitsplätze dieser alten Fraktion weggefallen. Die Entscheidung, diesen Grundsatz anzuwenden und die Stellen nicht in die neue Periode zu übernehmen, sei eine unternehmerische Entscheidung gewesen, die eine Kündigung rechtfertige.
Das Gerichtsurteil: Beide Kündigungen sind unwirksam
Das Arbeitsgericht München folgte der Argumentation von Herrn K. und entschied klar und deutlich: Beide Kündigungen sind rechtsunwirksam. Das Arbeitsverhältnis zwischen Herrn K. und der Fraktion besteht weiterhin fort. Die Fraktion wurde zudem verurteilt, die Kosten des gesamten Gerichtsverfahrens zu tragen. Aber wie kam das Gericht zu dieser Entscheidung? Um das zu verstehen, müssen wir uns die Begründung für jede Kündigung einzeln ansehen.
Die erste Kündigung: Ein Formfehler mit großen Folgen
Die erste Kündigung scheiterte bereits an einer formalen Hürde, die im deutschen Arbeitsrecht eine sehr große Rolle spielt: der Anhörung des Betriebsrats. Ein Betriebsrat ist eine gewählte Vertretung der Arbeitnehmer in einem Betrieb. Das Gesetz schreibt in § 102 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) zwingend vor, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder einzelnen Kündigung anhören und ihm die genauen Kündigungsgründe mitteilen muss. Man kann sich das wie eine gesetzlich vorgeschriebene zweite Meinung vorstellen, die der Arbeitgeber einholen muss. Unterlässt er dies oder macht er dabei Fehler, ist die Kündigung automatisch unwirksam, ganz egal, ob es einen guten Grund für sie gab oder nicht.
Genau das war hier passiert. Das Gericht stellte fest, dass die Anhörung des Betriebsrats fehlerhaft war. Das Schreiben an den Betriebsrat war nicht individuell auf den Fall von Herrn K. zugeschnitten. Schlimmer noch, es enthielt eine falsche Information: Es wurde behauptet, das Arbeitsverhältnis von Herrn K. sei befristet gewesen, was nachweislich nicht stimmte. Solche inhaltlichen Fehler machen eine Anhörung unwirksam. Das Gericht hatte also einen klaren, formalen Grund, die erste Kündigung für nichtig zu erklären.
Die zweite Kündigung: Warum der Job nicht einfach verschwunden war
Bei der zweiten Kündigung musste das Gericht tiefer in die Materie einsteigen. Hier ging es um die Kernfrage: Gab es einen betriebsbedingten Grund für die Kündigung? Eine Betriebsbedingte Kündigung ist nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) dann gerechtfertigt, wenn der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers aus dringenden betrieblichen Erfordernissen dauerhaft wegfällt. Das KSchG ist das zentrale Gesetz, das Arbeitnehmer in Betrieben mit mehr als zehn Mitarbeitern vor sozial ungerechtfertigten Kündigungen schützt.
Das Gericht anerkannte zwar die besondere verfassungsrechtliche Stellung von politischen Fraktionen. Es stimmte zu, dass Fraktionen nach einer Wahl frei sein müssen, ihre politische Arbeit neu auszurichten und zu entscheiden, von wem sie sich beraten lassen wollen. Aus diesem Grund, so das Gericht unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wäre es für die Fraktion auch rechtlich möglich gewesen, das Arbeitsverhältnis mit Herrn K. von Anfang an zu befristen. Ein befristeter Vertrag hätte automatisch mit dem Ende der Wahlperiode geendet.
Aber warum ist dieser Unterschied zwischen befristet und unbefristet so wichtig? Weil die Fraktion genau das nicht getan hatte. Sie hatte Herrn K. bewusst einen unbefristeten, also einen dauerhaften Arbeitsvertrag gegeben. Damit, so das Gericht, hat sie sich den Regeln des allgemeinen Kündigungsschutzgesetzes unterworfen. Sie kann sich nun nicht einfach darauf berufen, dass die Wahlperiode endet, und so tun, als wäre der Vertrag doch befristet gewesen.
Der entscheidende Punkt in der Argumentation des Gerichts war daher: Der Grundsatz der Diskontinuität führt nicht automatisch dazu, dass der Bedarf an der Arbeit entfällt. Die Aufgaben – Analysen, Recherchen, Vorbereitung von Reden – existierten ja weiterhin. Die Fraktion war sogar größer geworden und hatte, wie die Stellenausschreibungen zeigten, offensichtlich weiterhin einen großen Bedarf an Mitarbeitern. Die Behauptung der Fraktion, der Arbeitsplatz sei ersatzlos weggefallen, war somit schlichtweg nicht zutreffend. Die unternehmerische Entscheidung, auf die sie sich berief, hatte in der Realität nicht zum Wegfall des Arbeitsbedarfs geführt.
Eine andere Art der Kündigung wäre vielleicht möglich gewesen
Das Gericht gab der Fraktion am Ende noch einen wichtigen Hinweis mit auf den Weg. Es deutete an, dass eine andere Art der Kündigung möglicherweise Erfolg gehabt hätte: eine personenbedingte Kündigung. Eine solche Kündigung stützt sich nicht darauf, dass der Arbeitsplatz wegfällt, sondern auf Gründe, die in der Person des Arbeitnehmers liegen.
Das lässt sich mit einem Alltagsvergleich veranschaulichen: Stellen Sie sich vor, ein Fußballverein stellt einen neuen Trainer ein, der eine völlig neue Spielphilosophie verfolgt. Dieser Trainer könnte argumentieren, dass ein bestimmter, langjähriger Spieler persönlich nicht mehr in sein neues taktisches System passt – nicht, weil der Spieler grundsätzlich schlecht wäre, sondern weil seine Fähigkeiten und seine Spielweise nicht mehr zur neuen Ausrichtung des Teams passen.
Übertragen auf den Fall der Fraktion hätte diese argumentieren können, dass Herr K. aus politischen oder persönlichen Gründen nicht mehr den Vorstellungen der neu gebildeten Fraktion entspricht und sie ihn deshalb für nicht mehr geeignet hält, sie zu unterstützen. Eine solche Kündigung wäre dann eine personenbedingte Kündigung gewesen. Da die Fraktion aber ausschließlich mit dem Wegfall des Arbeitsplatzes argumentiert hatte, war diese Möglichkeit für das Gericht nicht relevant.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil zeigt klar: Wer einen unbefristeten Arbeitsvertrag hat, kann nicht einfach mit dem Argument gekündigt werden, dass eine Wahlperiode endet – selbst wenn der Arbeitgeber eine politische Fraktion ist. Obwohl Fraktionen nach einer Wahl grundsätzlich frei entscheiden können, mit welchen Mitarbeitern sie arbeiten möchten, müssen sie sich an die normalen Arbeitsrechtsregeln halten, wenn sie unbefristete Verträge abschließen. Die Entscheidung macht deutlich, dass politische Arbeitgeber ihre Personalentscheidungen sorgfältig planen müssen: Wollen sie flexibel bleiben, sollten sie von Anfang an befristete Verträge wählen, ansonsten gelten die strengen Kündigungsschutzregeln wie in jedem anderen Betrieb auch. Für Arbeitnehmer im politischen Bereich bedeutet das Urteil einen wichtigen Schutz vor willkürlichen Kündigungen und zeigt, dass auch hier die gewohnten Arbeitsrechte greifen.
Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Muss mein Arbeitgeber immer den Betriebsrat informieren, bevor er mich kündigt?
Ja, sofern in Ihrem Unternehmen ein Betriebsrat existiert und eine Kündigung geplant ist, muss der Arbeitgeber diesen Betriebsrat vor jeder Kündigung umfassend informieren und anhören. Dies ist eine gesetzlich vorgeschriebene Formalität, die eine hohe Bedeutung für die Wirksamkeit einer Kündigung hat.
Existenz und Informationspflicht des Betriebsrats
Diese Pflicht zur Anhörung besteht nur dann, wenn in Ihrem Betrieb überhaupt ein Betriebsrat gewählt und aktiv ist. Ist kein Betriebsrat vorhanden, entfällt diese Anforderung.
Existiert jedoch ein Betriebsrat, muss der Arbeitgeber ihn vor Ausspruch jeder Kündigung – egal ob ordentlich (mit Frist) oder außerordentlich (fristlos) – über die geplante Kündigung informieren. Diese Information muss vollständig und präzise sein. Sie muss es dem Betriebsrat ermöglichen, die Kündigung und die Gründe dafür zu beurteilen.
Dazu gehören in der Regel:
- Der Name des Arbeitnehmers, dem gekündigt werden soll.
- Die Art der Kündigung (ordentlich, außerordentlich, Änderungskündigung).
- Die genauen Kündigungsgründe, die den Arbeitgeber zu diesem Schritt bewegen.
- Alle relevanten persönlichen Daten des Arbeitnehmers, die für die Kündigung eine Rolle spielen könnten (z.B. Alter, Betriebszugehörigkeit, Sozialdaten wie Unterhaltspflichten oder eine mögliche Schwerbehinderung).
Rolle des Betriebsrats und Ablauf der Anhörung
Der Betriebsrat hat nach dieser vollständigen Information eine bestimmte Frist, um zum Kündigungsvorhaben Stellung zu nehmen. Bei einer ordentlichen Kündigung beträgt diese Frist eine Woche, bei einer außerordentlichen Kündigung drei Tage. Innerhalb dieser Zeit kann der Betriebsrat der Kündigung widersprechen, Bedenken äußern oder seine Zustimmung signalisieren. Der Arbeitgeber muss die Stellungnahme des Betriebsrats abwarten, bevor er die Kündigung gegenüber dem Arbeitnehmer ausspricht.
Wichtig ist: Der Betriebsrat entscheidet nicht über die Kündigung, sondern er hat ein Anhörungs- und Widerspruchsrecht. Er kann seine Einschätzung abgeben, auch wenn der Arbeitgeber letztlich die Entscheidung zur Kündigung trifft.
Folgen einer fehlerhaften oder fehlenden Anhörung
Eine Kündigung, bei der der Betriebsrat nicht oder nicht ordnungsgemäß angehört wurde, ist unwirksam. Das bedeutet, dass die Kündigung ihre rechtliche Wirkung nicht entfaltet und das Arbeitsverhältnis formal bestehen bleibt. Für Sie als Arbeitnehmer ist dies ein wesentlicher Schutzmechanismus. Sollten Sie eine Kündigung erhalten, ohne dass der Betriebsrat zuvor korrekt angehört wurde, kann dies ein wichtiger Ansatzpunkt sein.
Diese Pflicht des Arbeitgebers zur Anhörung des Betriebsrats ist im deutschen Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), insbesondere in § 102 BetrVG, detailliert geregelt.
Wann ist eine betriebsbedingte Kündigung überhaupt zulässig und welche Gründe sind dafür nötig?
Eine betriebsbedingte Kündigung ist für Arbeitgeber in Deutschland nur unter strengen Voraussetzungen zulässig. Sie ist keine Strafe für den Arbeitnehmer und hat nichts mit dessen Leistung oder Verhalten zu tun. Vielmehr muss der Arbeitsplatz aufgrund von Umständen im Betrieb dauerhaft wegfallen.
Die zentralen Voraussetzungen einer betriebsbedingten Kündigung
Damit eine betriebsbedingte Kündigung wirksam sein kann, müssen mehrere Bedingungen erfüllt sein:
- Dringende betriebliche Erfordernisse:
Das ist der Kern der betriebsbedingten Kündigung. Es müssen zwingende Gründe im Unternehmen vorliegen, die dazu führen, dass Ihr Arbeitsplatz nicht mehr benötigt wird. Stellen Sie sich vor, ein Unternehmen muss sich neu aufstellen, weil zum Beispiel die Auftragszahlen stark sinken, eine Abteilung komplett wegfällt, neue Technologien alte Arbeitsabläufe ersetzen oder das Unternehmen umstrukturiert wird. Diese Gründe müssen von außen auf das Unternehmen einwirken oder eine Entscheidung des Arbeitgebers erfordern, die unumgänglich ist. Es geht darum, dass der Arbeitgeber aus wirtschaftlichen oder organisatorischen Gründen die Anzahl der Mitarbeiter oder die Struktur der Arbeitsplätze anpassen muss. - Dauerhafter Wegfall des Arbeitsplatzes:
Es reicht nicht aus, wenn der Arbeitsbedarf nur vorübergehend sinkt. Ihr Arbeitsplatz muss tatsächlich dauerhaft entfallen. Das bedeutet, dass die bisher von Ihnen ausgeführten Aufgaben in der Form nicht mehr anfallen oder von niemandem im Unternehmen mehr erfüllt werden. Der Arbeitgeber muss nachweisen können, dass es keine Möglichkeit gibt, Sie an einem anderen Arbeitsplatz im Unternehmen weiterzubeschäftigen, der Ihren Fähigkeiten und Kenntnissen entspricht – auch nicht nach einer zumutbaren Umschulung oder Weiterbildung. Wenn Ihr Arbeitsplatz nur umbenannt wird oder die Aufgaben lediglich auf andere Mitarbeiter verteilt werden, ohne dass der Arbeitsbedarf wirklich sinkt, ist die Kündigung in der Regel nicht zulässig. - Die unternehmerische Entscheidung und ihre Grenzen:
Der Arbeitgeber hat grundsätzlich das Recht, sein Unternehmen frei zu gestalten und Entscheidungen über die Organisation des Betriebs zu treffen. Dies nennt man die „unternehmerische Entscheidung“. Wenn er zum Beispiel beschließt, eine Abteilung zu schließen oder die Produktion zu verlagern, ist das seine Entscheidung. Allerdings muss diese Entscheidung nachvollziehbar sein und tatsächlich dazu führen, dass Arbeitsplätze wegfallen. Sie darf nicht nur vorgeschoben sein, um einen bestimmten Mitarbeiter loszuwerden. Gerichte prüfen, ob die Entscheidung des Arbeitgebers tatsächlich die Ursache für den Wegfall des Arbeitsplatzes ist und ob sie nicht offensichtlich willkürlich oder widersinnig ist.
Keine andere Beschäftigungsmöglichkeit und Sozialauswahl
Bevor eine betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen werden darf, muss der Arbeitgeber außerdem prüfen, ob er Sie auf einem anderen, freien Arbeitsplatz im Unternehmen weiterbeschäftigen kann. Gibt es einen solchen Arbeitsplatz, der Ihren Qualifikationen entspricht oder auf den Sie sich mit einer zumutbaren Einarbeitung umstellen könnten, wäre eine Kündigung unzulässig.
Sind von den betrieblichen Gründen mehrere Mitarbeiter betroffen, die vergleichbare Tätigkeiten ausüben, muss der Arbeitgeber zusätzlich eine Sozialauswahl durchführen. Dabei wählt er die Mitarbeiter aus, die aus sozialen Gesichtspunkten am wenigsten schutzbedürftig sind. Kriterien hierfür sind unter anderem die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, Unterhaltspflichten und eine Schwerbehinderung. Ziel ist es, denjenigen Arbeitnehmern, die sozial am stärksten auf den Arbeitsplatz angewiesen sind, den Vorrang zu geben.
Welche besondere Sicherheit bietet mir ein unbefristeter Arbeitsvertrag im Vergleich zu einem befristeten?
Die grundlegende Sicherheit eines unbefristeten Arbeitsvertrags liegt darin, dass Ihr Arbeitsverhältnis nicht einfach zu einem bestimmten Zeitpunkt endet. Es muss aktiv durch eine Kündigung, einen Aufhebungsvertrag oder das Erreichen des Rentenalters beendet werden. Im Gegensatz dazu endet ein befristeter Arbeitsvertrag automatisch zu einem vorab festgelegten Datum oder mit Erreichen eines bestimmten Zwecks, ohne dass eine Kündigung notwendig ist.
Unbefristeter Arbeitsvertrag: Dauerhafter Schutz durch das Kündigungsschutzgesetz
Ein unbefristeter Arbeitsvertrag bietet Ihnen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, einen besonderen Schutz vor einer einseitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber. Dieser Schutz wird maßgeblich durch das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) gewährleistet.
- Voraussetzungen für Kündigungsschutz: Das Kündigungsschutzgesetz greift in der Regel, wenn Ihr Arbeitsverhältnis in einem Betrieb mit mehr als zehn regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmern besteht und Sie länger als sechs Monate dort beschäftigt sind (sogenannte Wartezeit).
- Erforderliche Kündigungsgründe: Ist der Kündigungsschutz gegeben, kann Ihr Arbeitgeber Ihnen nicht willkürlich kündigen. Eine Kündigung ist nur wirksam, wenn sie sozial gerechtfertigt ist. Das bedeutet, der Arbeitgeber muss einen der folgenden Gründe nachweisen können:
- Verhaltensbedingte Gründe: Sie haben schuldhaft gegen Ihre Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verstoßen (beispielsweise durch wiederholtes unentschuldigtes Fehlen).
- Personenbedingte Gründe: Gründe, die in Ihrer Person liegen und die dauerhafte Erfüllung Ihrer Arbeitsleistung unmöglich machen (z.B. eine langwierige Krankheit, die Ihre Arbeitsfähigkeit beeinträchtigt).
- Betriebsbedingte Gründe: Dringende betriebliche Erfordernisse, die eine Weiterbeschäftigung ausschließen (z.B. durch eine Umstrukturierung oder die Schließung einer Abteilung).
- Kündigungsfristen: Selbst wenn eine Kündigung sozial gerechtfertigt ist, muss Ihr Arbeitgeber gesetzliche, tarifliche oder vertraglich vereinbarte Kündigungsfristen einhalten. Diese Fristen sind dazu da, Ihnen Zeit zu geben, sich auf die neue Situation einzustellen und eine neue Beschäftigung zu finden.
- Kündigungsschutzklage: Wenn Sie der Meinung sind, dass Ihre Kündigung unwirksam ist, haben Sie die Möglichkeit, innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung eine sogenannte Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einzureichen. Das Gericht prüft dann, ob die Kündigung rechtmäßig war.
Befristeter Arbeitsvertrag: Klares Ende ohne gesonderten Kündigungsschutz
Ein befristeter Arbeitsvertrag ist, wie der Name schon sagt, von vornherein auf eine bestimmte Zeitdauer oder einen bestimmten Zweck beschränkt.
- Automatisches Ende: Der Vertrag endet automatisch, sobald die vereinbarte Zeit abgelaufen ist (z.B. nach zwei Jahren) oder der vereinbarte Zweck erreicht wurde (z.B. Rückkehr einer Mitarbeiterin aus der Elternzeit). Eine gesonderte Kündigung ist hierfür grundsätzlich nicht erforderlich und in der Regel auch nicht vorgesehen – weder durch Sie noch durch den Arbeitgeber.
- Keine Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes auf das Ende: Da der befristete Vertrag von Natur aus ein festes Enddatum hat, greifen die Schutzmechanismen des Kündigungsschutzgesetzes nicht in Bezug auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Ihr Arbeitgeber muss also keinen der oben genannten Gründe nachweisen, wenn der Vertrag einfach ausläuft.
- Ausnahmen für vorzeitige Beendigung: Eine vorzeitige ordentliche Kündigung eines befristeten Arbeitsvertrags während seiner Laufzeit ist nur möglich, wenn dies im Arbeitsvertrag ausdrücklich vereinbart wurde oder ein besonderer gesetzlicher Grund vorliegt. Eine außerordentliche Kündigung (auch fristlose Kündigung genannt) aus wichtigem Grund ist jedoch in beiden Vertragsarten – befristet wie unbefristet – bei schwerwiegenden Verstößen möglich.
- Umwandlung bei unwirksamer Befristung: Falls die Befristung eines Arbeitsvertrags nicht den gesetzlichen Vorschriften entspricht (z.B. weil zu häufig ohne Sachgrund verlängert wurde), kann der ursprünglich befristete Arbeitsvertrag als unbefristeter Arbeitsvertrag gelten. Dies ist ein wichtiger Schutzmechanismus, um den Missbrauch von Befristungen zu verhindern.
Was muss ich tun, wenn ich eine Kündigung erhalte und sie für ungerechtfertigt halte?
Wenn Sie eine Kündigung erhalten und diese für nicht gerechtfertigt halten, ist es von entscheidender Bedeutung, die rechtlichen Rahmenbedingungen und die damit verbundenen Fristen genau zu kennen. Das Arbeitsrecht sieht für solche Situationen klare Regelungen vor.
Der Erhalt der Kündigung: Der maßgebliche Zeitpunkt
Der Zugang der Kündigung ist der zentrale Ausgangspunkt für alle weiteren Überlegungen. Der Tag, an dem Sie die schriftliche Kündigung erhalten, ist für die Berechnung von Fristen ausschlaggebend. Es ist wichtig, dieses Datum genau festzuhalten, da Fristen im Arbeitsrecht oft sehr kurz sind und das Verpassen dieser Fristen gravierende Folgen haben kann.
Die gesetzliche Frist zur Prüfung einer Kündigung
Eine zentrale Möglichkeit, die Wirksamkeit einer Kündigung überprüfen zu lassen, ist die Kündigungsschutzklage. Dies ist ein gerichtliches Verfahren, das darauf abzielt, festzustellen, ob die Kündigung rechtlich wirksam ist oder nicht. Für eine solche Klage gilt eine sehr kurze und strikte Frist: Sie muss innerhalb von drei Wochen nach dem Zugang der schriftlichen Kündigung bei Gericht eingereicht werden.
Beachten Sie: Wird diese Frist versäumt, gilt die Kündigung in der Regel als von Anfang an rechtswirksam, selbst wenn sie materiell-rechtlich eigentlich unwirksam gewesen wäre. Dies wird als Fiktionswirkung bezeichnet. Das bedeutet, dass Sie nach Ablauf dieser Frist keine Möglichkeit mehr haben, sich gegen die Kündigung zu wehren, es sei denn, es liegen eng begrenzte Ausnahmen vor.
Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) findet Anwendung, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Dazu gehören in der Regel eine Betriebszugehörigkeit von mehr als sechs Monaten und eine Betriebsgröße, die in der Regel mehr als zehn Vollzeitmitarbeiter umfasst. Für kleinere Betriebe oder kürzere Beschäftigungsdauern gelten andere, weniger strenge Regeln.
Ziel und Komplexität der Kündigungsprüfung
Mit einer Kündigungsschutzklage wird gerichtlich geprüft, ob die Kündigung sozial gerechtfertigt ist oder ob andere Gründe ihre Unwirksamkeit begründen. Gründe für eine Unwirksamkeit können beispielsweise Formfehler bei der Kündigung, eine fehlende Anhörung des Betriebsrats, oder die Nichtbeachtung spezieller Schutzvorschriften (z.B. für Schwangere, Schwerbehinderte) sein.
Die Prüfung, ob eine Kündigung wirksam ist und welche Möglichkeiten nach Erhalt einer Kündigung bestehen, ist ein komplexer Vorgang, der die Kenntnis vieler gesetzlicher Bestimmungen und aktueller Rechtsprechung erfordert. Es sind viele Aspekte zu berücksichtigen, von der Art der Kündigung (personen-, verhaltens- oder betriebsbedingt) über die einzuhaltenden Fristen bis hin zu den individuellen Umständen des Arbeitsverhältnisses.
Was passiert, wenn ein Arbeitsgericht meine Kündigung für unwirksam erklärt?
Wird Ihre Kündigung von einem Arbeitsgericht für unwirksam erklärt, ist die wichtigste Folge: Ihr Arbeitsverhältnis hat rechtlich gesehen niemals geendet. Es ist so, als hätte die Kündigung nie stattgefunden. Das bedeutet, dass Sie und Ihr Arbeitgeber weiterhin durch den Arbeitsvertrag verbunden sind.
Das Arbeitsverhältnis bestand immer fort
Wenn das Gericht die Kündigung für unwirksam erklärt, wird der Zustand wiederhergestellt, der vor der Kündigung bestand. Ihr Arbeitsverhältnis ist somit zu keinem Zeitpunkt unterbrochen gewesen. Für Sie bedeutet das, dass alle Rechte und Pflichten aus Ihrem Arbeitsvertrag weiterhin gelten und Sie weiterhin Arbeitnehmer des Unternehmens sind.
Ihre Ansprüche: Weiterbeschäftigung und Nachzahlungen
Aus dem Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses ergeben sich zwei wesentliche Ansprüche für Sie:
- Anspruch auf Weiterbeschäftigung: Sie haben das Recht, wieder an Ihrem Arbeitsplatz tätig zu werden und Ihre Arbeit wie vor der Kündigung auszuüben. Der Arbeitgeber muss Ihnen die Möglichkeit zur Arbeitsleistung wieder einräumen.
- Anspruch auf Nachzahlung von Lohn oder Gehalt: Für die Zeit zwischen dem im Kündigungsschreiben genannten Beendigungsdatum und der gerichtlichen Entscheidung haben Sie Anspruch auf Ihr reguläres Gehalt oder Ihren Lohn. Dies wird oft als „Annahmeverzugslohn“ bezeichnet. Der Arbeitgeber geriet in Verzug, weil er Ihre Arbeitsleistung nicht angenommen hat, obwohl Sie zur Arbeit bereit waren. In der Regel müssen in diesem Zusammenhang auch die Sozialversicherungsbeiträge (für Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung) entsprechend nachgezahlt und abgeführt werden, sodass Ihnen hieraus keine Nachteile entstehen.
Kurz gesagt: Wenn Sie mit Ihrer Kündigungsschutzklage erfolgreich sind, haben Sie rechtlich gesehen Ihren Arbeitsplatz nie verloren und erhalten in der Regel das entgangene Gehalt nachgezahlt.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar
Juristische Fachbegriffe kurz erklärt
Grundsatz der Diskontinuität
Der Grundsatz der Diskontinuität besagt, dass mit dem Ende einer Wahlperiode die bisherige politische Fraktion und ihre damit verbundenen Strukturen rechtlich aufhören zu existieren. Das bedeutet, dass formal alle Arbeitsplätze und Aufgaben, die an die alte Fraktion gebunden waren, enden. Allerdings führt dieser Grundsatz nicht automatisch dazu, dass der reale Bedarf an Arbeit, wie z.B. Recherche oder Vorbereitung von Reden, tatsächlich wegfällt. Im vorliegenden Fall versuchte die Fraktion, auf diesen Grundsatz zu verweisen, um Kündigungen zu rechtfertigen, doch das Gericht erkannte an, dass die Aufgaben weiterhin bestanden und daher die Arbeitsplätze nicht einfach entfielen.
Anhörung des Betriebsrats (§ 102 Betriebsverfassungsgesetz)
Die Anhörung des Betriebsrats ist eine gesetzlich vorgeschriebene Mitwirkungspflicht des Arbeitgebers vor jeder Kündigung in Betrieben mit Betriebsrat (§ 102 BetrVG). Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat über die geplante Kündigung informieren und ihm die Gründe mitteilen, sodass dieser innerhalb einer Frist Stellung nehmen kann. Erfolgt die Anhörung nicht oder fehlerhaft, ist die Kündigung automatisch unwirksam, unabhängig von den sonstigen Gründen der Kündigung. Im vorliegenden Fall scheiterte die erste Kündigung u.a. daran, dass der Betriebsrat falsche Informationen erhielt und die Anhörung somit mangelhaft war.
Kündigungsschutzklage
Die Kündigungsschutzklage ist ein gerichtliches Verfahren, mit dem ein Arbeitnehmer die Rechtmäßigkeit einer Kündigung überprüfen lassen kann (§ 4 KSchG). Sie muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung eingereicht werden, sonst gilt die Kündigung als wirksam. Zweck der Klage ist es, zu prüfen, ob die Kündigung formal korrekt und sozial gerechtfertigt ist. Im Fall von Herrn K. hatte er mit seiner Kündigungsschutzklage Erfolg, weil die Kündigungen nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprachen.
Betriebsbedingte Kündigung
Eine betriebsbedingte Kündigung wird ausgesprochen, wenn der Arbeitgeber nachweist, dass dringende betriebliche Erfordernisse vorliegen, die eine Weiterbeschäftigung unmöglich machen, z.B. weil der Arbeitsplatz dauerhaft wegfällt (Kündigungsschutzgesetz, § 1 Abs. 2 KSchG). Das bedeutet, der Arbeitsplatz oder die Aufgaben müssen tatsächlich und dauerhaft entfallen, nicht nur vorübergehend reduziert werden. Außerdem muss der Arbeitgeber prüfen, ob es freie andere Stellen für den Mitarbeiter gibt und sozial relevante Kriterien bei der Auswahl beachten. Im Urteil wurde festgestellt, dass die Fraktion den Arbeitsplatz von Herrn K. nicht wirksam aus betriebsbedingten Gründen kündigen konnte, weil der Bedarf an seiner Arbeit fortbestand.
Unbefristeter Arbeitsvertrag
Ein unbefristeter Arbeitsvertrag ist ein Vertrag ohne zeitliche Begrenzung, durch den das Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit besteht (§ 620 BGB). Er endet nicht automatisch, sondern nur durch Kündigung oder Aufhebungsvertrag. Im deutschen Arbeitsrecht bietet ein unbefristeter Vertrag stärkeren Kündigungsschutz, insbesondere durch das Kündigungsschutzgesetz, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind (z. B. Betriebsgröße, Dauer der Beschäftigung). Im vorliegenden Fall war der Arbeitsvertrag von Herrn K. unbefristet, daher konnte die Fraktion ihn nicht einfach mit Ablauf der Wahlperiode kündigen, sondern musste die strengen Voraussetzungen für eine Kündigung erfüllen.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- Kündigungsschutzgesetz (KSchG), insbesondere §§ 1, 9: Das KSchG schützt Arbeitnehmer vor sozial ungerechtfertigten Kündigungen, insbesondere wenn keine sachlichen Gründe vorliegen. Bei betriebsbedingten Kündigungen muss der Arbeitgeber nachweisen, dass der Arbeitsplatz aufgrund dringender betrieblicher Erfordernisse dauerhaft entfällt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Da die Fraktion den Arbeitsplatz von Herrn K. als weggefallen ansehen wollte, prüfte das Gericht anhand des KSchG, ob die Kündigung sozial gerechtfertigt ist. Das Gericht erkannte, dass der Arbeitsplatz nicht entfallen ist, weil die Arbeit weiterhin bestand und sogar ausgeweitet wurde.
- Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), § 102 – Beteiligung des Betriebsrats bei Kündigungen: Der Arbeitgeber ist verpflichtet, vor jeder Kündigung den Betriebsrat ordnungsgemäß anzuhören und ihm die Gründe mitzuteilen. Fehler bei der Anhörung führen zur Unwirksamkeit der Kündigung. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die erste Kündigung scheiterte formell am fehlerhaften Anhörungsverfahren des Betriebsrats, da die Fraktion Falschangaben machte und den Betriebsrat nicht sachgerecht informierte.
- Grundsatz der Diskontinuität in der parlamentarischen Arbeit (verfassungsrechtlicher Kontext): Mit dem Ende einer Wahlperiode endet formal die Arbeit der bisherigen Fraktion; die „alte“ Fraktion existiert rechtlich nicht mehr. Dies ist verfassungsrechtlich anerkannt und soll die freie Neuausrichtung der politischen Kräfte ermöglichen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Fraktion berief sich auf diesen Grundsatz, um die Kündigung zu rechtfertigen und sah den Arbeitsplatz als mit der Wahlperiode beendet an; das Gericht verneinte jedoch die automatische Folge eines Arbeitsplatzverlustes.
- Unterschied zwischen befristetem und unbefristetem Arbeitsvertrag (Bürgerliches Gesetzbuch, BGB §§ 14, 15 TzBfG): Ein befristeter Vertrag endet automatisch mit Ablauf der Frist, während ein unbefristeter Vertrag nur durch Kündigung oder Aufhebungsvertrag beendet wird. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Fraktion hätte den Vertrag von Herrn K. befristen müssen, wenn sie das Arbeitsverhältnis an die Wahlperiode binden wollte; da der Vertrag unbefristet war, unterlag die Fraktion den strengen Regeln des Kündigungsschutzes.
- Personenbedingte Kündigung (KSchG, § 1 Abs. 2 Buchst. b): Kündigung aus Gründen, die in der Person des Arbeitnehmers liegen (z. B. mangelnde Eignung oder veränderte Anforderungen). | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht deutete an, dass eine personenbedingte Kündigung möglich gewesen wäre, wenn die Fraktion argumentiert hätte, Herr K. passe persönlich oder politisch nicht mehr zu ihrer neuen Ausrichtung; diese Begründung lag jedoch nicht vor.
- Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG), §§ 2, 4 – Zuständigkeit und Verfahren: Regelt die Zuständigkeit und das Verfahren vor den Arbeitsgerichten, insbesondere bei Kündigungsschutzklagen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Herr K. nutzte die Möglichkeit, seine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht München einzureichen, welches die Wirksamkeit der Kündigungen rechtsverbindlich prüfte und für unwirksam erklärte.
Das vorliegende Urteil
ArbG München – Az.: 6 Ca 6582/23 – Endurteil vom 25.01.2024
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