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Betriebsbedingte Kündigung bei Betriebsstilllegung

ArbG Oberhausen – Az.: 3 Ca 995/16 – Urteil vom 30.11.2016

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Streitwert: EUR 19.784,64

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung.

Der Kläger ist seit dem 01.06.1999 als Prozessingenieur bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin beschäftigt. Der Kläger ist geboren am 26.03.1964, verheiratet. Er erzielte zuletzt eine monatliche Festvergütung von 5..946,16 EUR brutto sowie Urlaubs- und Weihnachtsgeld und Vermögenswirksame Leistungen. Die ordentliche Kündigungsfrist beträgt unstreitig sechs Monate.

Die Beklagte war ursprünglich in E. geschäftsansässig und firmierte unter „U. GmbH“. Ihren dortigen Geschäftsbetrieb legte sie zum 31.12.2012 vollständig still. Seit dem 01.01.2013 hält die Beklagte in E. keine Beschäftigungsmöglichkeiten mehr vor.

Im Februar 2014 verlegte die Beklagte ihren Geschäftssitz von E. nach N.. Unter dem 23.04.2014 hat die Beklagte im Wege der Verschmelzung die ehemalige „U. N. GmbH“ aufgenommen, welche am Standort N. einen Geschäftsbetrieb vorhält. Dieser Geschäftsbetrieb wird nunmehr von der Beklagten betrieben. Seither firmiert sie unter der heutigen Bezeichnung als „U. GmbH“.

Dem Kläger ist im Zusammenhang mit der zum 31.12.2012 erfolgten Betriebsschließung des E. Standortes betriebsbedingt gekündigt worden. Anlässlich der Schließung dieses Betriebes wurde ein Interessenausgleich/Sozialplan abgeschlossen (s. Bl. 171 ff. d. A.). Mit Urteil vom 26.02.2015 stellte das Bundesarbeitsgericht – 2 AZR 955/13 – die Unwirksamkeit dieser ersten Kündigung fest wegen nicht ordnungsgemäßer Massenentlassungsanzeige (§ 17 KSchG).

Neben dem Kläger war noch ein weiterer Mitarbeiter, Herr Dr. T., mit seiner Kündigungsschutzklage beim Bundesarbeitsgericht (- 2 AZR 371/14 -) erfolgreich. Alle anderen Arbeitsverhältnisse mit Mitarbeitern des E. Betriebes sind zwischenzeitlich beendet.

Unter dem 30.05.015 und 29.06.2015 sprach die Beklagte gegenüber dem Kläger weitere Kündigungen aus. Gleiches gilt für den Mitarbeiter Dr. T.. Mit Urteil vom 31.05.2016 – 8 Sa 1215/15 – hat das Landesarbeitsgericht E. diese Kündigungen gemäß § 174 Satz 1 BGB für unwirksam gehalten. Ein vorläufiger Weiterbeschäftigungsanspruch wurde dem Kläger nicht zuerkannt.

Der Kläger war Mitglied des Betriebsrats im E. Betrieb, währendDr. T. dem Betriebsrat nicht angehörte.

Mit Schreiben vom 24.06.2016 (Bl. 7 d. A.) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum Kläger erneut zum 31.12.2016.

Der Kläger beantragt,

1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung, datierend vom 24.06.2016, beendet wird.

2. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern über den 31.12.2016 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.

3. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zum 31.12.2016 zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Prozessingenieur zu beschäftigen.

4. Die Beklagte wird für den Fall des Obsiegens mit den Anträgen zu 1. bzw. 2. verurteilt, den Kläger auch nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Prozessingenieur weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor: Die erneute Kündigung sei aus betriebsbedingten Gründen gerechtfertigt und wirksam. Aufgrund der Entwicklungen nach dem 31.12.2012 fände das Kündigungsschutzgesetz inzwischen keine Anwendung mehr. Die erforderliche Mindestbeschäftigtenzahl für den kündigungsrechtlichen Betrieb (E.), dem nur noch der Kläger und Dr. T. zuzuordnen sei, werde nicht mehr erreicht. Die Verschmelzung im Jahre 2014 hätte nicht dazu geführt, dass im kündigungsrechtlichen Sinne der Kläger dem N. Betrieb zuzuordnen sei. Die Betriebe in E. und N. bildeten keinen Gemeinschaftsbetrieb.

Überdies sei die Kündigung aus betriebsbedingten Gründen i. S. des § 1 KSchG sozial gerechtfertigt. Mit der zum 31.12.2012 unstreitig erfolgten Betriebsschließung seien sämtliche ursprünglich vorgehaltenen Beschäftigungsmöglichkeiten am E. Standort entfallen. Die Entscheidung zur Betriebsschließung bestehe uneingeschränkt fort. Insoweit sei auf die Ausführungen in den vorherigen Kündigungsschutzverfahren, die lediglich aus formellen Gründen zur Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Kündigungen gekommen seien, heranzuziehen. Im N. Betrieb gäbe es keine freien Arbeitsplätze, auf denen der Kläger weiterbeschäftigt werden könnte. Da der Kläger, ebenso wie Dr. T., nunmehr gleichzeitig erneut gekündigt worden seien, erübrige sich eine Sozialauswahl, da keine weiteren Arbeitnehmer beschäftigt würden.

Eine Betriebsratsanhörung sei nicht erforderlich gewesen. Der zuletzt für den E. Betrieb gebildete Betriebsrat, dem auch der Kläger angehört hätte, habe sein Amt bereits zum 31.12.2012 mit der Stilllegung und dem damit verbundenen Absinken der Arbeitnehmerzahl nach § 24 Abs. 1 Nr. 5. BetrVG verloren. Jedenfalls habe die Amtszeit spätestens zum 31.05.2014 mit dem Ablauf der Amtszeit gemäß § 21 Abs. 3 BetrVG geendet. Die vorliegende Kündigung sei auch nicht mehr von einem Restmandat gemäß § 21 b BetrVG umfasst. Die Zahl, der dem ursprünglichen Betrieb noch zuzuordnenden Beschäftigen sei auf zwei gesunken. Eine automatische betriebsverfassungsrechtliche Zuordnung des Klägers zum N. Betrieb sei rechtlich ausgeschlossen. Insoweit fehle es an einer Zuständigkeit des dortigen Betriebsrats für ein Anhörungsverfahren nach§ 102 BetrVG. Gleichwohl habe sie höchstvorsorglich den ehemaligen Betriebsrat des E. Betriebes im Rahmen eines etwaigen Restmandats als auch den Betriebsrat des N. Betriebes ordnungsgemäß nach§ 102 BetrVG beteiligt (s. Anhörungsschreiben an den Betriebsrat E. vom 02.06.2016, Bl. 123 ff. d. A. u. Anhörungsschreiben an den N. Betriebsrat vom 02.06.2016, Bl. 126 ff. d. A.).

Für den Kläger bestehe keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit. Der Betrieb, dem er zugeordnet gewesen sei, sei seit 31.12.2012 stillgelegt. Eine Verpflichtung, ihn in einen anderen Betrieb zu versetzen, bestehe nicht. In dem einzigen Betrieb, den sie noch vorhalte, gäbe es keine freien Beschäftigungsmöglichkeiten.

Der Kläger wendet ein:

Die Kündigung sei schon deshalb unwirksam, weil die Beklagte die Zustimmung des Betriebsrats nach § 103 BetrVG hätte einholen müssen, hilfsweise durch das Arbeitsgericht hätte ersetzen lassen müssen. Er genieße noch Kündigungsschutz des § 15 Abs. 1 KSchG. Es bestehe weiterhin ein Restmandat des ehemaligen Betriebsrats des Betriebes in E. i. S. des § 21 b BetrVG. Unstreitig habe die Beklagte ein Verfahren gemäß § 103 BetrVG nicht durchgeführt.

Ein Kündigungsgrund nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG sei von der Beklagten nicht dargelegt. Sie könne sich nicht auf die unternehmerische Entscheidung ihrer Rechtsvorgängerin berufen. Er sei seit der Sitzverlegung zum 20.02.2014 Mitarbeiter in N. an der Ruhr bei der Beklagten. Auf diesen Betrieb habe sich auch die Sozialauswahl zu erstrecken. Maßgeblich sei der Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung für die Beurteilung von deren Rechtswirksamkeit. Im Hinblick darauf, dass er nunmehr dem N. Betrieb zuzurechnen sei, in dem unstreitig mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt sind, sei auch das Kündigungsschutzgesetz anwendbar. Es gebe bei der Beklagten seit dem 14.02.2014 nur einen Betrieb, nämlich den in N.. Aufgrund der durchgeführten Verschmelzung mit dem Betrieb in N. sei die Beklagte seine Arbeitgeberin. Sie müsse ihn deshalb auch beschäftigen. Im Betrieb in N. gebe es eine Reihe von vergleichbaren Arbeitnehmern, nämlich Prozessingenieure (Namensliste s. Bl. 161 d. A.). Die Beklagte sei aufzufordern, den auswahlrelevanten Personenkreis und ihre Beurteilungsmaßstäbe bekannt zu geben.

Hinsichtlich des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze, die zu den Akten gereichten Unterlagen und die Sitzungsprotokolle Bezug genommen. Die Akten des Arbeitsgerichts Oberhausen unter den Aktenzeichen 5. Ca 3433/12 und 1 Ca 822/15 wurden beigezogen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlungen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist unbegründet und war deshalb abzuweisen. Die von der Beklagten gegenüber dem Kläger ausgesprochene Kündigung vom 24.06.2016 ist wirksam und beendet das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31.12.2016.

1.

Die streitgegenständliche Kündigung vom 24.06.2016 ist nicht nach § 1 KSchG unwirksam. Das Kündigungsschutzgesetz findet keine Anwendung.

Wird zur Vorbereitung einer Unternehmensverschmelzung der bisherige Betrieb zerschlagen und gehen insoweit auch keine Betriebsteile auf das verschmolzene Unternehmen über, liegt kein Betriebsübergang i. S. von § 613 a BGB oder die Entstehung eines Gemeinschaftsbetriebes mit dem Betrieb des verschmolzenen Unternehmens vor (vgl. zur Unternehmensspaltung auch LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 07.07.2016 – 5 Sa 414/15).

Dem Inhaber eines Betriebs bleibt es unbenommen, die bisherige arbeitsorganisatorische Einheit (Betrieb) in ihren Strukturen völlig zu zerschlagen und darauf zwei neue, getrennt geführte Betriebe zu bilden, auf die wegen der völligen Zerstörung der betrieblichen Strukturen auch keine Betriebsteile übergingen (LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 07.07.2016 – 5 Sa 414/15 – m. w. N.). Der Vorrang des § 613 a BGB i. V. mit dem Umwandlungsgesetz gilt nur dann, wenn mit der Umwandlungsmaßnahme auch tatsächlich ein Betrieb oder Betriebsteil auf einen anderen Rechtsträger übergeht (LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 07.07.2016 – 5 Sa 414/15 -). Ob es sich um einen Betrieb oder Betriebsteil handelt, bestimmt sich nach § 613 a Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 BGB und den durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts entwickelten Betriebsbegriff. Ein Betriebsübergang gemäß § 613 a BGB i. V. mit der Richtlinie 2001/23/EG liegt nur dann vor, wenn eine auf Dauer angelegte wirtschaftliche Einheit übernommen wird, deren Tätigkeit nicht auf die Ausführung eines bestimmten Vorhabens beschränkt ist. Der Begriff der wirtschaftlichen Einheit bezieht sich auf eine organisierte Gesamtheit von Personen und/oder Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigenem Zweck, die hinreichend strukturiert und selbständig ist. Kommt es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft an, kann eine strukturierte Gesamtheit von Arbeitnehmern trotz des Fehlens nennenswerter materieller oder immaterieller Vermögenswerte eine wirtschaftliche Einheit darstellen. Wenn eine Einheit ohne nennenswerte Vermögenswerte funktioniert, kann die Wahrung ihrer Identität nach ihrer Übernahme nicht von der Übernahme derartiger Vermögenswerte abhängen. Die Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit ist in diesem Fall anzunehmen, wenn der neue Betriebsinhaber nicht nur die betreffende Tätigkeit weiterführt, sondern auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt, das sein Vorgänger gezielt für diese Tätigkeit eingesetzt hat (LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 07.07.2016 – 5 Sa 414/15 – m. w. N.).

Dem Übergang eines gesamten Betriebs steht, soweit die Voraussetzungen des § 613 a BGB erfüllt sind, der Übergang eines Betriebsteils gleich. Dies ist unabhängig davon, ob die übergegangene wirtschaftliche Einheit ihre Selbständigkeit innerhalb der Struktur des Erwerbers wahrt oder nicht; es genügt, wenn die funktionelle Verknüpfung zwischen den übertragenen Produktionsfaktoren beibehalten werden und es dem Erwerber derart ermöglicht wird, diese Faktoren zu nutzen, um derselben oder einer gleichartigen wirtschaftlichen Tätigkeit nachzugehen (LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 07.07.2016 – 5 Sa 414/15 -).

Hieran gemessen kann nicht festgestellt werden, dass der gesamte Betrieb, den die Beklagte in E. unterhalten hat, der vormaligen U. GmbH gemäß § 613 a BGB auf die Beklagte übergegangen ist. Es hat auch nicht der Übergang eines Betriebsteils, dem der Kläger zuzuordnen gewesen wäre i. S. von § 613 a BGB stattgefunden. Der ehemalige Betrieb der U. GmbH ist nicht auf die Beklagte gemäß § 613 a BGB übergegangen. Der Betrieb wurde unstreitig zum 31.12.2012 eingestellt und dies lange bevor die Unternehmensverschmelzung am 23.04.2014 stattfand. Zu diesem Zeitpunkt war der Betrieb, in dem der Kläger vormals beschäftigt war, bereits zerschlagen und konnte nicht mehr Gegenstand eines Betriebsübergangs i. S. von § 613 a BGB sein. Da kein Betrieb mehr bestand, konnte bei der Verschmelzung auch kein Gemeinschaftsbetrieb z. B. durch die Verschmelzung von verschiedenen Betriebsteilen entstehen. Der Kläger verkennt, dass es sich bei dem „verbleibenden Restbetrieb“ gerade nicht um einen Betrieb i. S. des § 613 a BGB auch nicht um einen Betriebsteil i. S. dieser gesetzlichen Regelung handelte, als die Unternehmensverschmelzung stattfand. Die juristische Person, die Firma U. GmbH, verfügte zum Zeitpunkt der Verschmelzung nicht mehr über einen Betrieb. Die Betriebsstrukturen waren zu diesem Zeitpunkt zur Gänze aufgelöst. Dem Inhaber eines Betriebes ist es kraft seiner unternehmerischen Freiheit und Organisationsmacht möglich, seinen Betrieb vor Übertragung i. S. einer Verschmelzung oder auch vor dessen Aufspaltung insgesamt einzustellen. Nicht jede, nach der Gesetzeslage zulässige, aber de facto den Kündigungsschutz erheblich einschränkende unternehmerische Gestaltungsmöglichkeit ist gleichsam rechtsmissbräuchlich, wenn dadurch der Kündigungsschutz, wie hier, entfällt. Im Streitfall hat die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die Firma U. GmbH, nach der unternehmerischen Entscheidung, ihren Geschäftsbetrieb zum 31.12.2012 einzustellen, nach Abschluss eines Interessenausgleichs/Sozialplans alle bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer entlassen. Lediglich die Kündigung des Klägers und die des Herrn Dr. T. wurden als rechtsunwirksam erachtet. Der Fortbestand ihrer Arbeitsverhältnisse bedeutet jedoch nicht, dass damit auch ein Betrieb i. S. des § 613 a BGB bzw. i. S. eines Betriebsteils, der mit einem anderen einen Gemeinschaftsbetrieb bilden könnte, festzustellen ist. Die Betriebsstruktur ist aufgelöst. Dies bedeutet weiterhin, dass mangels Betriebsübergang oder Gemeinschaftsbetrieb mit anderen Betrieben der Beklagten der Kläger einem anderen Betrieb zuzuordnen wäre. Die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes richtet sich deshalb nicht danach, ob die Beklagte in weiteren Betrieben, denen der Kläger nicht zuzurechnen ist, mehr als 10 Arbeitnehmer i. S. von § 23 KSchG beschäftigt. Bei dieser Prüfung ist abzustellen auf den Zustand des aufgelösten Betriebes in E., dem ehemaligen Betrieb der U. GmbH. Dort wurden unstreitig zum maßgeblichen Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung vom 24.06.2016 nicht mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt. Unstreitig sind dies nur noch der Kläger und Dr. T.. Damit findet das Kündigungsschutzgesetz gemäß § 23 KSchG inzwischen keine Anwendung mehr.

Es kann deshalb dahinstehen, ob die Kündigung i. S. von § 1 Abs. 1 KSchG sozial gerechtfertigt ist.

2.

Die Kündigung des Klägers vom 24.06.2016 ist nicht wegen ordnungsgemäßer Beteiligung des Betriebsrats unwirksam.

Gemäß § 15 Abs. 1 KSchG ist die Kündigung eines Mitglieds eines Betriebsrats unzulässig, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen, und dass die nach § 103 des BetrVG erforderliche Zustimmung vorliegt oder durch gerichtliche Entscheidung ersetzt ist. Insoweit gehen gesetzliche Kündigungsverbote dem allgemeinen Kündigungsschutz als spezialrechtliche Regelung vor. Ausnahmsweise lässt § 15 Abs. 5. KSchG eine ordentliche Kündigung zu, und zwar im Fall der Stilllegung des ganzen Betriebes (Fitting, Engels, Schmidt, Kommentar zum Betriebsverfassungsgesetz, 26. Aufl. 2012, § 103Rn. 14 m. w. N.). Die Kündigung bedarf in diesen Fällen nicht der Zustimmung des Betriebsrats nach § 103 BetrVG, aber dessen Anhörung nach § 102 Abs. 2BetrVG (h.M. Fitting, Engels, Schmidt, a. a. O.). Dann endet das Amt des Betriebsrats bzw. die sonstigen Ämter als Folge der Stilllegung (s. auch Stahlhacke/Preis/Vossen, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis,11. Aufl. 2015, Rdn. 1700 ff.).

Im Streitfall sind die Voraussetzungen dieses Ausnahmetatbestandes von § 15 Abs. 1 KSchG gegeben. Der Betrieb der Beklagten in E., in dem der Kläger beschäftigt war und Mitglied von dessen Betriebsrat war, wurde unstreitig zum 31.12.2012 stillgelegt. Demnach war die ordentliche Kündigung des Klägers möglich. Einer Zustimmung des Betriebsrats nach § 103 BetrVG bedurfte es daher nicht.

Die Anhörung nach § 102 Abs. 1 BetrVG ist ordnungsgemäß erfolgt. Hierbei konnte offen bleiben, ob der Betriebsrat bei der Beklagten im N. Betrieb (U. GmbH) oder der E. Betriebsrat der U. GmbH (ehemals U. GmbH) im Rahmen eines bestehenden Restmandats anzuhören war. Ausweislich der vorliegenden Anhörungsschreiben vom 02.06.2016 (Bl. 126 d. A. u. Bl. 123 ff. d. A.) ist die Anhörung ordnungsgemäß erfolgt. Die beteiligten Betriebsräte haben keine Stellungnahme abgegeben, so dass die Kündigung nach Ablauf der Wochenfrist des § 102 BetrVG ausgesprochen werden konnte. Anhaltspunkte dafür, weshalb das Anhörungsverfahren nicht ordnungsgemäß verlaufen sein soll, hat der Kläger nicht aufgezeigt. Sie sind auch für die Kammer nicht ersichtlich, so dass Unwirksamkeitsgründe insoweit nicht festzustellen sind.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 ZPO.

Der Streitwert wurde gemäß den §§ 61 Abs. 1, 46 Abs. 2 ArbGG, 48 Abs. 3 GKG festgesetzt.

 

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