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Betriebsbedingte Kündigung – Gemeinschaftsbetrieb – Sozialauswahl

Landesarbeitsgericht Niedersachsen – Az.: 16 Sa 1948/10 – Urteil vom 30.09.2011

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 12.11.2010 – Az. 2 Ca 224/10 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Bestand des Arbeitsverhältnisses des Klägers.

Bei der Beklagten handelt es sich um ein Logistikunternehmen in einem Konzernverbund.

Bei der Beklagten sind regelmäßig mindestens 500 Arbeitnehmer beschäftigt.

Die Beklagte betrieb an den Standorten B1, B2, G., L., N1, N2, O. und H. Lagerhaltung für von Versandhausunternehmen vertriebene Großgüter. An den Standorten N2 und F. befanden sich die Funktionsbereiche der „Headoffices“ und am Standort R. Einheiten der Transportsteuerung. Für die einzelnen Standorte war jeweils ein örtlicher Betriebsrat gebildet. Für das Unternehmen der Beklagten besteht ein Gesamtbetriebsrat.

Der am 00.00.1969 geborene Kläger war seit dem 02.09.1987 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Kommissionierer/Warenbearbeiter in der Niederlassung L. beschäftigt. Der Kläger ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 60.

Die Beklagte beschäftigte in der Niederlassung L. ca. 70 Arbeitnehmer.

Die Beklagte führte am Standort L. Lagerhaltung für das Unternehmen „Q.“ durch. Die Ware wurde dort vereinnahmt, gelagert und bei entsprechenden Bestelleingängen aus dem Lager für den Transport bereitgestellt und kommissioniert. Hierzu wurden die Waren in sog. Boxen verbracht. Jede Box stellt eine abgeschlossene Einheit dar. Deren Inhalt ergibt eine Lkw-Ladung für eine geplante Tour an den Endkunden bzw. Besteller.

Im Gebäude des Standortes L. befand sich ebenfalls eine Niederlassung der D. GmbH. Die D. GmbH beschäftigte am Standort L. ca. 12 bis 15 Arbeitnehmer.

Die D. GmbH führte am Standort L. das Umschlagen von Gütern im Rahmen des von ihr betriebenen Transportnetzes unter Zuhilfenahme von Spediteuren durch. Hierbei werden nicht alle Zielorte direkt angefahren, sondern die Routen über Stützpunkte geführt, wo durch reinen Warenumschlag neue Wagenladungen zusammengestellt werden. Die Betriebstätigkeiten der beiden Unternehmen fanden am Standort L. in derselben Halle statt. Die Beklagte und die D. GmbH hatten getrennte Wareneingänge (getrennte Tore). Aufgabe der D. GmbH am Standort L. war es auch, für die Auslieferung der von der Beklagten in Boxen bereitgestellten Waren des Unternehmens Q. zu sorgen. Neben dem Kunden Q. führte die D. GmbH ferner den Umschlag der Waren weiterer Kunden wie N. und G. durch.

Die Niederlassungen der Beklagten sowie der D. GmbH am Standort L. verfügten jeweils über einen eigenen Niederlassungsleiter, welcher für den dortigen Standort bzw. die Niederlassung verantwortlich war. Personal- und Urlaubsplanung sowie die Einstellung von Arbeitnehmern wurde durch beide Unternehmen getrennt voneinander durchgeführt. Für beide Unternehmen war am Standort L. jeweils ein Betriebsrat gebildet. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Standort L. einen gemeinsamen Betrieb beider Unternehmen darstellte.

Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Liquidation des Hauptkunden der Beklagten, der Firma „Q.“, plante die Beklagte eine umfassende Restrukturierung. Danach sollte das verbleibende Geschäft nur noch am Standort in H. als Lager und R. als Transportsteuerung abgewickelt werden. Das sog. „Headoffice“ sollte von den neu errichteten Standorten L2 und E. aus betrieben werden. Ferner sollten die übrigen Standorte kurzfristig ersatzlos geschlossen werden.

Über diese Pläne verhandelte die Beklagte mit dem Gesamtbetriebsrat ab dem 30.10.2009 über einen Interessenausgleich und Sozialplan. Die Verhandlungen zum Interessenausgleich scheiterten. Am 02.03.2010 wurde ein Sozialplan abgeschlossen. Mit Wirkung zum 16.02.2010 gab die Beklagte die angemieteten Lagerräume des Standortes L. an den Vermieter zurück.

Mit Schreiben vom 11.03.2010 hörte die Beklagte den bei ihr bestehenden örtlichen Betriebsrat des Standortes L. zu einer beabsichtigten fristgemäßen betriebsbedingten Kündigung des Klägers an. Auf den Antrag der Beklagten vom 18.03.2010 stimmte das Integrationsamt der beabsichtigten Kündigung der Beklagten zu. Gegen diese Entscheidung hat der Kläger Widerspruch eingelegt.

Mit Schreiben vom 22.03.2010 zeigte die Beklagte gegenüber der Bundesagentur für Arbeit die beabsichtigte Entlassung von 71 bisher am Standort L. beschäftigten Arbeitnehmern an. Die Bundesagentur für Arbeit bestätigte mit Schreiben vom 23.03.2010 den Eingang der Anzeige am 22.03.2010 und setzte eine Entlassungssperre bis zum 22.04.2010 fest.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis des Klägers mit Schreiben vom 25.03.2010 sowie mit Schreiben vom 29.03.2010 betriebsbedingt zum 31.10.2010. Daneben kündigte die Beklagte allen anderen Mitarbeitern des Standortes L.. Gegen beide Kündigungen der Beklagten hat der Kläger mit am 14.04.2010 beim Arbeitsgericht Hannover eingegangenen Schriftsatz Kündigungsschutzklage erhoben sowie den weiteren Antrag angekündigt festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis fortbesteht. Mit Schreiben vom 26.04.2010 (Bl. 14 ff. d.A.) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis vorsorglich erneut zum 30.11.2010. Mit am 04.05.2010 beim Arbeitsgericht Hannover eingegangenen Schriftsatz hat der Kläger Ablichtung des Kündigungsschreibens vorgelegt und erklärt, er mache diese weitere Kündigung zum Gegenstand des Verfahrens.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Kündigungen seien sozial ungerechtfertigt. Ferner hat der Kläger die Ordnungsgemäßheit der Anhörung des Betriebsrates und die Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl gerügt. Die Beklagte habe mit der D. GmbH einen gemeinsamen Betrieb am Standort L. unterhalten. Die Grenzen der einzelnen Gesellschaften seien im praktischen Leben für die Mitarbeiter und Kunden nicht erkennbar gewesen. Der Kläger habe sämtliche Waren, die im L. Betrieb umgeschlagen worden seien, kommissioniert. Der tatsächliche Versand sei von Mitarbeitern der Firma D. GmbH im Zusammenwirken mit Spediteuren durchgeführt worden. Beide Unternehmen hätten Hand in Hand gearbeitet, jeder Mitarbeiter habe sich um jede Ware und jedes Paket gekümmert. Es habe eine gemeinsame Telefonzentrale gegeben, übergeordnete Verwaltungsaufgaben seien von der D.-Zentrale in N2 abgewickelt worden.

Die Boxen, die für die einzelnen Touren bereitgestellt und mit der Ware der Beklagten für ihre Kunden aus dem Lager versandt worden seien, seien auch für Waren der D. GmbH verwendet worden. Es sei auch eine Bearbeitung von Waren der D. GmbH durch Mitarbeiter der Beklagten erfolgt. Die Mitarbeiter der Beklagten, so auch der Kläger, hätten auch Weisungen des Niederlassungsleiters der D. GmbH befolgen müssen.

Mitarbeiter der D. GmbH hätten lediglich die Waren in C. gepackt. Es sei sodann Aufgabe der Mitarbeiter der Beklagten gewesen, diese Waren den einzelnen Lkw-Touren, die von der Beklagten geplant worden seien, zuzuordnen.

Der Kläger habe häufig, wenn er seine eigentliche Arbeit geschafft habe, noch C. der D. GmbH in die Boxen packen müssen.

Es habe auch einen Austausch mit anderen D. Gesellschaften gegeben. So sei der Kläger vorübergehend in der Niederlassung B3 gewesen. Hieraus folge, dass die D. ein integriertes Dienstleistungsunternehmen sei, das aus rein buchhalterischen Gründen in verschiedene Gesellschaften zergliedert sei.

Die Beklagte trete auch nach außen hin unter dem Markennamen D. S. auf.

Personalentscheidungen seien letztlich in der D.-Zentrale in B4 getroffen worden. Da

mithin ein gemeinsamer Betrieb am Standort L. vorliege, hätte die Beklagte eine Sozialauswahl unter Berücksichtigung aller Mitarbeiter des gemeinsamen Betriebes durchführen müssen. Bei Einbeziehung aller Mitarbeiter der D. GmbH wäre der Arbeitsplatz des Klägers aufgrund seines besonders hohen Schutzes erhalten geblieben.

Neben den Kündigungsschutzanträgen sei ein allgemeiner Feststellungsantrag erforderlich, da die Gefahr bestehe, dass die Beklagte im Verlauf des Verfahrens weitere Kündigungen aussprechen könnte.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigungen der Beklagten vom 25.03.2010 sowie vom 29.03.2010 nicht aufgelöst ist.

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 31.10.2010 hinaus fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die von der Beklagten gefasste unternehmerische Entscheidung, das Lager in L. stillzulegen, sei in den Verhandlungen zum Interessenausgleich und Abschluss des Sozialplanes zum Ausdruck gekommen. Diese Entscheidung sei auch tatsächlich umgesetzt worden. Dadurch sei der Arbeitsplatz des Klägers in der Niederlassung L. ersatzlos entfallen. Andere freie, gleich- oder geringerwertige Arbeitsplätze stünden im Unternehmen der Beklagten nicht zur Verfügung. Eine Sozialauswahl sei entbehrlich gewesen, da die Niederlassung L. vollständig geschlossen und sämtliche Arbeitsplätze abgebaut worden seien. Mit der D. GmbH habe kein gemeinsamer Betrieb bestanden. Beide Unternehmen hätten unterschiedliche logistische Betriebszwecke verfolgt bzw. Kunden bedient. Auch die Entlassung von Arbeitnehmern sei vollständig getrennt voneinander erfolgt. Es gebe keine zentrale Personalabteilung, welche die wesentlichen Entscheidungen treffe. Ein gemeinsamer Mitarbeitereinsatz habe nicht stattgefunden. Auch hätten die beiden Betriebe der Unternehmen jeweils über unterschiedliche Telefonnummern verfügt.

Mit Urteil vom 12.11.2010, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 06.12.2010 zugestellt, hat das Arbeitsgericht Hannover die Klage abgewiesen. Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis sei bereits durch die Kündigung vom 25.03.2010 zum 31.10.2010 aufgelöst worden. Auf die Wirksamkeit der Kündigungen vom 29.03.2010 und 26.04.2010 komme es daher nicht mehr an.

Die Kündigung vom 25.03.2010 sei sozial gerechtfertigt, da durch die Stilllegung der Niederlassung L. das Beschäftigungsbedürfnis für den Kläger entfallen sei. Ein Gemeinschaftsbetrieb mit der D. GmbH habe nicht bestanden. Die Beteiligung des bei der Beklagten bestehenden Betriebsrates sei ordnungsgemäß erfolgt. Auch scheitere die Wirksamkeit der Kündigung weder an der fehlenden Zustimmung des Integrationsamtes noch an dem Erfordernis der Erstattung einer Massenentlassungsanzeige.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Urteils wird auf Blatt 193 bis 199 der Gerichtsakte verwiesen.

Mit am 28.12.2010 beim Landesarbeitsgericht Niedersachsen eingegangenen Schriftsatz hat der Kläger gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 07.03.2011 mit am 03.03.2011 per Telefax beim Landesarbeitsgericht Niedersachsen eingegangenem Schriftsatz begründet.

Bei der Beklagten handele es sich um ein Unternehmen des D.-Konzerns, welcher weltweit mit einer unüberschaubaren Menge von Tochtergesellschaften in verschiedensten Geschäftsfeldern tätig sei. Die Tochtergesellschaften des Konzerns D. würden eng verzahnt ineinander greifen und gemeinsam eine einzige Logistikaufgabe lösen. Strategische Entscheidungen würden nicht bei den Tochtergesellschaften angesiedelt sondern aufgrund der hierarchisch gestaffelten Führungsstrukturen auf der Ebene des Konzerns. Damit sei gerade das Wesensmerkmal des Gemeinschaftsbetriebes, eine einheitliche Personal- und Strategieführung, erfüllt. Indiz hierfür sei auch, dass der Prozess in erster Instanz nicht durch einen Vertreter der Beklagten sondern einen Mitarbeiter der Serviceniederlassung H. R. der D. P. AG geführt worden sei. Auch die Betitelung der Kündigungsschreiben mit der Markenbezeichnung D. S. sei Indiz dafür, dass es sich um ein Gemeinschaftsunternehmen handele. So sei der Kläger noch im November 2009 zu einem Gespräch zu einer Tochtergesellschaft in B3 geschickt worden, in dessen Rahmen eine Übernahme in ein Arbeitsverhältnis möglich gewesen wäre.

Zumindest die Beschäftigten der D.-Tochtergesellschaften an den Standorten B3 und H.-L. seien in die Sozialauswahl einzubeziehen gewesen.

Im Übrigen wiederholt der Kläger seinen Sachvortrag zu den tatsächlichen Voraussetzungen eines gemeinschaftlichen Betriebes. Da ein Gemeinschaftsbetrieb bestanden habe, sei auch die Sozialauswahl fehlerhaft, da die Mitarbeiter der D. GmbH nicht in die Sozialauswahl mit einbezogen worden seien.

Ferner rügt der Kläger, dass die Betriebsratsanhörung deshalb fehlerhaft sei, weil sie von falschen Voraussetzungen ausgegangen sei, nämlich der Schließung eines kompletten Standortes eines einzelnen Unternehmens und nicht der Schließung eines einzelnen Standortes eines Gemeinschaftsunternehmens unter Fortsetzung der Tätigkeit des anderen Betriebsinhabers.

Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und nach den in der Schlussverhandlung der I. Instanz gestellten Anträgen des Berufungsklägers zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Das operative Geschäfte in L. sei spätestens Anfang Februar 2010 eingestellt worden, seitdem seien im Lager L. keinerlei logistische Dienstleistungen mehr für den Kunden Q. ausgeführt worden. Noch vorhandene Ware, die im Eigentum Dritter gestanden habe, sei an die Berechtigten herausgegeben worden. Die für den Betrieb genutzten Arbeitsmittel seien zum Teil verschrottet oder an Dritte veräußert, die IT-Hardware zum 16.02.2010 abgebaut und durch Dritte abgeholt worden. Der angemietete Lagerraum sei im Februar 2010 geräumt und an die D. P. I. GmbH zurückgegeben worden. Am 04.03.2010 habe der Geschäftsführer der Beklagten das Gewerbe für die Niederlassung L. bei der Stadt L. mit Wirkung zum 28.02.2010 abgemeldet.

Personalentscheidungen würden nicht konzerneinheitlich gefällt. Auch die Prozessführung durch die D. P. AG erfolge als reine Dienstleistungsaufgabe, da die Beklagte eine hundertprozentige Tochter im Konzern D. P. D. sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründung vom 03.03.2011, den Schriftsatz des Klägers vom 05.09.2011 sowie die Berufungsbeantwortungsschrift vom 05.05.2011 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

I.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden (§ 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO).

Der Antrag ist insbesondere gemäß § 520 Abs.3 Nr.1 ZPO zulässig.

Der Antrag in der Berufungsschrift „nach den in der Schlussverhandlung der ersten Instanz gestellten Anträgen des Berufungsklägers zu entscheiden“ ist dahin auszulegen, dass i.S. § 520 Abs. 3 Nr. 1 ZPO die Abänderung des Urteiles im vollen Umfang nach Maßgabe der erstinstanzlich gestellten Klageanträge begehrt wird.

Das Arbeitsgericht hat mit dem angegriffenen Urteil durch Abweisung der Klage auch über alle erstinstanzlich gestellten Anträge des Klägers entschieden. Obwohl es in den Entscheidungsgründen lediglich heißt, auf die Wirksamkeit der Kündigungen vom 29.03. und 26.04.2010 komme es nicht an, handelt es sich insoweit nicht lediglich um ein Teilurteil.

Die Entscheidungsgründe sind in Verbindung mit dem Tenor dahin auszulegen, dass damit neben der von der Beklagten ausgesprochenen Kündigung vom 25.03.2010 die Klage auch hinsichtlich der angegriffenen Kündigung vom 29.03.2010 und hinsichtlich des Antrages zu 2) aus der Klage unter Einschluss der Kündigung vom 26.04.2010 abgewiesen worden ist. Mit seiner Berufung wendet sich der Kläger damit zulässig gegen die Klageabweisung insgesamt.

II.

Die Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 25.03.2010 zum 31.10.2010 nicht aufgelöst worden ist.

a) Mit seinem am 14.04.2010 beim Arbeitsgericht Hannover eingegangenem Klageschriftsatz hat der Kläger hinsichtlich der Kündigung vom 25.03.2010 die dreiwöchige Klagefrist des § 4 KSchG eingehalten.

b) Die ausgesprochene Kündigung vom 25.03.2010 ist nicht sozialwidrig i.S. § 1 Abs. 2 KSchG, da sie durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist.

(aa) Gemäß § 1 Abs. 2 KSchG ist eine Kündigung u.a. dann sozial gerechtfertigt, wenn sie durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist, die der Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb entgegenstehen. Eine Kündigung kann insbesondere durch eine Betriebsstilllegung betrieblich bedingt sein. Unter einer Betriebsstilllegung ist zu verstehen die Auflösung der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft, die ihre Veranlassung und zugleich ihren unmittelbaren Ausdruck darin findet, dass der Unternehmer die bisherige wirtschaftliche Betätigung in der ernstlichen Absicht einstellt, die Verfolgung des bisherigen Betriebszwecks dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne nicht weiter zu verfolgen (BAG 28.10.2004, 8 AZR 391/03, AP Nr. 69 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl).

Eine Betriebsstilllegung setzt den ernstlichen und endgültigen Entschluss des Unternehmers voraus, die Betrieb- und Produktionsgemeinschaft zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer dauerhaft aufzuheben (BAG 21.06.2001, 2 AZR 137/00, AP Nr. 50 zu § 15 KSchG 1969). Der Arbeitgeber kann die Kündigung wegen beabsichtigter Stilllegung bereits dann erklären, wenn die betrieblichen Umstände einer Betriebsstilllegung schon „greifbare Formen“ angenommen haben und eine vernünftige, betriebswirtschaftliche Betrachtung die Prognose rechtfertigt, dass bis zum Ablauf der einzuhaltenden Kündigungsfrist die Stilllegung durchgeführt sein wird (BAG 19.06.1991, 2 AZR 127/91, AP Nr. 53 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung).

(bb) Diese Voraussetzungen liegen vor. Wie sich aus den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen zu den Interessenausgleichsverhandlungen (insbesondere der Unterrichtung des Betriebsrates über die Absicht, anzeigepflichtige betriebsbedingte Beendigungskündigungen auszusprechen, Bl. 39 bis 44 der Gerichtsakte), dem Entwurf des Interessenausgleiches (Bl. 45 ff. der Gerichtsakte) sowie der Anhörung des bei der Beklagten bestehenden Betriebsrates zur beabsichtigten Kündigung des Klägers (Bl. 84 ff. der Gerichtsakte) zeigt, hat die Beklagte vor Ausspruch der Kündigung beschlossen, ihre eigenen betrieblichen Aktivitäten am Standort L. vollständig und dauerhaft einzustellen.

Beruht der Wegfall des Arbeitsplatzes auf einer organisatorischen Maßnahme des Arbeitgebers, ist diese unternehmerische Entscheidung gerichtlich nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen sondern nur darauf, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist. Von den Arbeitsgerichten nachzuprüfen ist, ob die fragliche Entscheidung tatsächlich vollzogen wurde und dadurch das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist (BAG 16.12.2010, 2 AZR 770/09, DB 2011, S. 879). Eine Kündigung ist nicht sozial gerechtfertigt, solange der Arbeitgeber die entsprechende Entscheidung lediglich erwogen, aber noch nicht endgültig gefasst hat (BAG 10.10.1996, 2 AZR 477/95, AP Nr. 81 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung = NZA 1997, S. 251).

Dem Sachvortrag der Beklagten, dass die Beklagte die unternehmerische Entscheidung der Einstellung ihrer Aktivitäten am Standort L. zum nächst möglichen Zeitpunkt ernstlich beschlossen habe, ist der Kläger weder erstinstanzlich noch mit seinem Sachvortrag in der Berufungsbegründung mit konkreten Gegenvortrag entgegengetreten. Auch dem Vorbringen der Beklagten, bereits vor Ausspruch der Kündigung sei der von der Beklagten angemietete Teil der Lagerhalle in L. geräumt und an den Vermieter zurückgegeben worden, ist vom Kläger nicht in Abrede gestellt worden. Die Einstellung jeglicher Eigenaktivitäten der Beklagten am Standort L., die ein starkes Indiz für die Ernsthaftigkeit der Umsetzung des Beschlusses der Beklagten darstellt, hat der Kläger nicht substantiiert bestritten sondern im Wesentlichen eingewandt, einer vollständigen Betriebsstilllegung stehe entgegen, dass der Standort tatsächlich einen Gemeinschaftsbetrieb mit dem Unternehmen D. GmbH darstelle. Die Einstellung der eigenen unternehmerischen Aktivitäten der Beklagten am Standort L. steht damit fest.

Unerheblich ist insoweit, dass der Kläger im Berufungsverfahren den Sachvortrag der Beklagten zur Verwertung der bisherigen Betriebsmittel bestritten hat. Der Kläger hat nicht behauptet, die Beklagte betreibe am Standort L. ihre bisherigen Aktivitäten weiter. Er hat lediglich eingewandt, das verbleibende Personal bei der D. GmbH sei ohne personelle Unterstützung durch die Beklagte nicht in der Lage, die verbleibenden Arbeitsaufgaben sachgerecht zu bewältigen. Dieser Einwand betrifft allein die Art und Weise der künftigen Aufgabenerledigung und Organisation der D. GmbH, stellt aber kein Indiz gegen die vollständige Aufgabe der bisherigen geschäftlichen Aktivitäten der Beklagten durch ihr eigenes Personal dar.

(1) Durch die vollständige Einstellung der betrieblichen Aktivitäten der Beklagten in der Niederlassung L. ist das Beschäftigungsbedürfnis für den Kläger dauerhaft entfallen.

Dem steht nicht der Einwand des Klägers entgegen, bis zur Entscheidung der Beklagten, ihren eigenen Geschäftsbetrieb am Standort L. aufzugeben, habe ein Gemeinschaftsbetrieb mit der D. GmbH bestanden.

Die Reichweite des Kündigungsschutzes ist grundsätzlich unternehmensbezogen. Die vollständige Aufgabe der betrieblichen Aktivitäten an einem Standort begründet daher ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Kündigung auch dann, wenn tatsächlich ein Gemeinschaftsunternehmen besteht. Bilden mehrere Unternehmen einen gemeinschaftlichen Betrieb, so ist lediglich die Sozialauswahl bis zu einer etwaigen Auflösung des Gemeinschaftsbetriebes auf den gesamten Betrieb zu erstrecken (BAG 24.02.2005, 2 AZR 214/04, AP Nr. 4 zu § 1 KSchG 1969 Gemeinschaftsbetrieb).

Die gemeinsame Klammer, die eine unternehmensübergreifende Sozialauswahl veranlasst hat, ist regelmäßig auch dann entfallen, wenn im Zeitpunkt der Kündigung einer der Betriebe, die zusammen einen Gemeinschaftsbetrieb gebildet haben, zwar noch nicht stillgelegt ist, aufgrund einer unternehmerischen Entscheidung, die bereits greifbare Formen angenommen hat aber feststeht, dass er bei Ablauf der Kündigungsfrist des Arbeitnehmers stillgelegt sein wird (BAG 29.11.2007, 2 AZR 763/06, AP Nr. 95 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl). Allerdings ist auch im Falle einer Betriebsstilllegung des Unternehmensteil eines Gemeinschaftsbetriebe stets konkret zu prüfen, ob nicht die einheitliche personelle Leitung und damit die „gemeinsame Klammer“, durch die die unternehmensübergreifende Sozialauswahl ermöglicht wird, trotz der Betriebsstilllegung tatsächlich erhalten geblieben ist. Zu einer solch konkreten Prüfung an Hand der Umstände der Einzelfalles besteht umso mehr dann Anlass, wenn der bisherige Betriebszweck des Gemeinschaftsbetriebes nach der Umorganisation grundsätzlich erhalten bleibt und nur die Aufgaben innerhalb der bisher gemeinschaftlich geführten Einheiten anders verteilt werden sollen (BAG a.a.O.).

Es kann bereits nicht festgestellt werden, dass vor dem Zeitpunkt der getroffenen unternehmerischen Entscheidung der Beklagten ein Gemeinschaftsbetrieb mit der D. GmbH bestand. Beide Niederlassungen verfügten über eine institutionalisierte, getrennte personelle Leitung und verfolgten zumindest dem Grunde nach unterschiedliche Betriebszwecke. Indiz dafür, dass diese Trennung der Leitungsaufgaben in personellen und sozialen Angelegenheiten auf der Ebene der Niederlassung L. tatsächlich auch praktiziert wurde ist auch der Umstand, dass für jedes Unternehmen jeweils ein Betriebsrat gebildet wurde. Zwar sind auch Betriebsteile unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 BetrVG betriebsratsfähig. Die insoweit vorgenommene und auch praktizierte organisatorische Trennung in personellen und sozialen Angelegenheiten zwischen der Beklagten und der D. GmbH spricht zumindest auch gegen die Annahme, es habe auf der Ebene des Standortes L. eine gemeinsame institutionalisierte Leitung bestanden.

Soweit der Kläger im Übrigen vorgetragen hat, der Niederlassungsleiter der D. GmbH habe gegenüber den Beschäftigten der Beklagten auch Weisungen erteilt, ist dieser Vortrag zum einen unkonkret geblieben. Auch der Vortrag des Klägers, die Zusammenstellung der Boxen sei „Hand in Hand“ erfolgt, der Kläger habe nach Erledigung seiner eigenen Arbeiten teilweise Aufgaben der D. GmbH mit erledigt, führt nicht zur Annahme eines Gemeinschaftsbetriebes. Vielmehr ist zu unterscheiden zwischen einer bloßen unternehmerischen Zusammenarbeit und einem Gemeinschaftsbetrieb im arbeitsrechtlichen Sinne.

Der Umstand, dass Unternehmen räumlich verbunden arbeitsteilig zusammenarbeiten, erfüllt nicht die Merkmale eines Gemeinschaftsbetriebes im arbeitsrechtlichen Sinn (BAG 13.08.2008, 7 ABR 21/07, NZA-RR 2009, S. 255). Aus der unternehmerischen Zusammenarbeit kann nicht schon auf einen Gemeinschaftsbetrieb geschlossen werden. Vielmehr müssen sich die beteiligten Unternehmen – ausdrücklich oder stillschweigend – zur gemeinsamen Führung des Betriebes rechtlich verbunden haben. Insbesondere, wenn aufgrund der besondern Umstände des Einzelfalles der Kern der Arbeitgeberfunktionen im sozialen und personellen Bereich von derselben institutionellen Leitung ausgeübt wird, deutet dies darauf hin, dass eine solche Führungsvereinbarung vorliegt, die auf eine einheitliche Leitung für diejenigen Aufgaben gerichtet sein muss, die vollzogen werden müssen, um die in der organisatorischen Einheit verfolgten arbeitstechnischen Zwecke zu erfüllen (BAG 03.06.2004, 2 AZR 386/03, AP Nr. 33 zu § 23 KSchG 1969; BAG 13.08.2008, 7 ABR 21/07, a.a.O.; BAG 23.09.2010, 8 AZR 567/09, NZA 2011, S. 197).

Der bloße Umstand, dass die Beklagte und die D. GmbH am Standort L. nach der Behauptung des Klägers arbeitsteilig „Hand in Hand“ zusammengewirkt haben sollen, begründet für sich genommen noch nicht die Merkmale eines Gemeinschaftsbetriebes sondern lediglich einer unternehmerischen Zusammenarbeit.

Die teilweise Erledigung von Aufgaben eines anderen Unternehmens an der Schnittstelle der unternehmerischen Zusammenarbeit erfüllt noch nicht die Merkmale des Gemeinschaftsbetriebes. Etwas anderes folgt auch nicht aus einer etwaigen gemeinsamen Nutzung von C. oder einer Kommissionierung von Touren der D. GmbH durch Beschäftigte der Beklagten. Die Beklagte und die D. GmbH haben im Wesentlichen unterschiedliche Betriebszwecke verfolgt, die Beklagte die Lagerhaltung und Bereitstellung zur Versendung der für den Kunden „Q.“ gelagerten Ware und die D. GmbH das Umschlagen von Ware, wozu auch die Versendung der von der Beklagten eingelagerten Waren gehörte. Bestandteil des Geschäftsbetriebes der D. GmbH war es gerade, im Rahmen des Warenumschlages neue Wagenladungen zusammenzustellen, und zwar nicht nur für die Beklagte und auch nicht nur für den Kunden Q.. Einen wechselseitigen Austausch des Personals behauptet auch der Kläger nicht sondern lediglich, es seien unternehmerische Aufgaben der D. GmbH durch Personal der Beklagten mit erledigt worden. Ein Zusammenwirken der beteiligten Unternehmen im Schnittpunkt der Bereitstellung der eingelagerten Ware und der Kommissionierung stellt indes eine rein unternehmerische Zusammenarbeit dar, begründet aber nicht das Merkmal eines gemeinschaftlichen Zusammenwirkens zur Erreichung eines gemeinsamen Betriebszweckes.

Da die Beklagte ihre unternehmerische Betätigung spätestens mit dem Ablauf der Kündigungsfrist des Klägers am Standort L. vollständig eingestellt hat, liegt damit ein betriebliches Erfordernis zur Kündigung i.S. § 1 Abs.2 KSchG vor.

(2) Eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit des Klägers auf einem anderen freien Arbeitsplatz im Unternehmen der Beklagten besteht nicht. Nachdem die Beklagte bereits erstinstanzlich vorgetragen hat, konkrete Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten auf freien Arbeitsplätzen würden für den Kläger nicht bestehen, hat der Kläger keine konkreten Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten benannt. Soweit sich der Kläger darauf beruft, die Beklagte sei ein Unternehmen im Konzernverbund, führt dies ebenfalls nicht zu einer der Wirksamkeit der Kündigung entgegenstehenden Weiterbeschäftigungsmöglichkeit.

(a) Soweit sich der Kläger auf Einsatzmöglichkeiten an den Standorten B3 bzw. H.-L. beruft, betreffen etwaige dort zu besetzende Arbeitsplätze nicht das Unternehmen der Beklagten. Der Kündigungsschutz ist indes grundsätzlich unternehmensbezogen und erstreckt sich nicht auf Beschäftigungsmöglichkeiten im Konzern (BAG 18.09.2003, 2 AZR 79/02, AP Nr. 14 zu § 17 KSchG 1969). Ein konzernbezogener Kündigungsschutz wird auch nicht dadurch begründet, dass die unternehmerische Entscheidung, einen Betrieb stillzulegen auf der Ebene des Konzern getroffen worden ist (BAG a.a.O.).

Ein solcher konzernbezogener Kündigungsschutz kann sich allein aus Vertrauensgesichtspunkten im Falle der Selbstbindung des Arbeitgebers ergeben (BAG 26.09.2002, 2 AZR 636/01, AP Nr. 124 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung).

Hierzu fehlt es an Anhaltspunkten. Allein der Umstand, dass der Kläger sich bei einer Tochtergesellschaft in B3 vorgestellt hat, begründet kein Vertrauen darauf, konzernweit auf freien Arbeitsplätzen weiterbeschäftigt werden zu können.

(b) Durchgreifende Indizien für eine auf Konzernebene gebündelte Leitungs- und Führungsvereinbarung hinsichtlich der Beklagten und zumindest der D. GmbH bzw. anderer Konzerngesellschaften bestehen ebenfalls nicht.

Die unternehmensübergreifenden Verwendung der Bezeichnung D. S. ist allein Ausdruck des Konzernbezuges, nicht aber Indiz für eine gemeinschaftliche Unternehmensführung mehrerer Unternehmen auf der Ebene des Konzerns.

Eine Bündelung der Entscheidungsbefugnisse in sozialen, personellen und wirtschaftlichen Angelegenheiten auf Unternehmens- bzw- Konzernebene kann der Kläger nicht daraus herleiten, dass die Entscheidung zur Schließung des Standortes L. nicht durch den örtlichen Niederlassungsleiter getroffen wurde und auch die Kündigungen nicht durch diesen ausgesprochen worden sind. Die unternehmerische Entscheidung der Beklagte beruht auf einer über den räumlichen Bereich der Niederlassung L. hinausgehenden Umstrukturierung und betrifft nicht lediglich einzelne Personalmaßnahmen in der Niederlassung L. sondern das gesamte Unternehmen. Es ist daher naheliegend, dass die die Niederlassung L. betreffenden Kündigungen durch die Leitungsebene des Unternehmens und nicht der Niederlassung ausgesprochen worden sind. Im übrigen kann ein konzernbezogener Kündigungsschutz nicht einmal daran angeknüpft werden, dass in einem Konzern die unternehmerische Entscheidung getroffen worden ist, den einen Betrieb stillzulegen und den Betrieb eines anderen Konzernunternehmens mit im Wesentlichen gleichem Tätigkeitsfeld weiterzuführen (BAG 18.09.2003, a.a.O.).

Ebenso wenig ist die Prozessführung erster Instanz durch die D. P. D., Service Niederlassung H. R. GmbH Indiz für eine auf Konzernebene gebündelte Leitung in personellen und wirtschaftlichen Angelegenheiten. Die Übertragung der Prozessführung auf ein anderes Konzernunternehmen ist kein Anhaltspunkt dafür, dass auch erst auf der Ebene des Konzerns die das Unternehmen der Beklagten betreffenden Personalentscheidungen getroffen worden sind.

(3) Die ausgesprochene Kündigung ist nicht wegen Verstoßes gegen die Grundsätze der Sozialauswahl gemäß § 1 Abs. 3 KSchG unwirksam.

Eine Sozialauswahl i.S. § 1 Abs. 3 KSchG war entbehrlich, da die Beklagte unstreitig sämtlichen bei ihr beschäftigten Arbeitnehmern der Niederlassung L. gekündigt hat.

(a) Entgegen der Auffassung des Klägers waren die Arbeitnehmer der am Standort L. beschäftigten D. GmbH nicht in eine Sozialauswahl einzubeziehen. Wie ausgeführt, liegt bereits kein gemeinsamer Betrieb der Beklagten und der D. GmbH vor. Im Übrigen wäre mit der Stilllegungsentscheidung der Beklagten selbst im Fall eines zuvor bestehenden Gemeinschaftsbetriebes eine unternehmensübergreifende Sozialauswahl nicht mehr durchzuführen gewesen.

Stellt ein Gemeinschaftsunternehmen seine Aktivitäten vollständig ein, und ist damit der Gemeinschaftsbetrieb aufgelöst, entfällt das Erfordernis einer unternehmensübergreifenden Sozialauswahl zwischen den Beschäftigten des bisherigen Gemeinschaftsbetriebes (BAG 29.11.2007, 2 AZR 763/06, AP Nr. 95 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl). Zielt die unternehmerische Maßnahme gerade darauf ab, die unternehmerischen Aktivitäten des einen Unternehmens eines vormaligen Gemeinschaftsbetriebes vollständig einzustellen und damit die Betriebsgemeinschaft auch rechtlich aufzulösen, werden die Arbeitgeberfunktionen im Bereich der sozialen und personellen Angelegenheiten sowie die unternehmerische Funktion im Bereich der wirtschaftlichen Angelegenheiten einem vormals einheitlichen Leitungsapparat der beteiligten Unternehmen entzogen, der Gemeinschaftsbetrieb aufgelöst und damit die gemeinsame Klammer, die eine unternehmensübergreifende Sozialauswahl veranlasste, entfällt (BAG 13.09.1995, 2 AZR 954/94, AP Nr. 72 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung = NZA 1996, S. 307).

Mit der unternehmerischen Entscheidung, die eigenen unternehmerischen Aktivitäten der Beklagten am Standort L. vollständig einzustellen, war ein etwa zuvor bestehendes gemeinschaftliches Band zur D. GmbH gelöst. Die tatsächliche Auflösung einer etwa zuvor bestehenden Betriebsgemeinschaft wäre im Übrigen sogar vor Ausspruch der Kündigung des Klägers erfolgt, nämlich mit Räumung des Lagers und Rückgabe an den Vermieter.

Eine Sozialauswahl gemeinsam mit Beschäftigten der D. GmbH musste die Beklagte daher im Rahmen der ausgesprochenen Kündigung nicht durchführen.

(b) Eine Sozialauswahl war auch nicht unternehmensweit durchzuführen.

Wie oben ausgeführt, gilt bereits der Kündigungsschutz nach §§ 1, 23 Abs. 1 KSchG betriebsbezogen, allenfalls unternehmensbezogen. § 1 Abs. 3 KSchG beschränkt die Sozialauswahl grundsätzlich auf den Betrieb (BAG 28.10.2004, 8 AZR 391/03, AP Nr. 69 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl). Nach dem eigenen Vorbringen des Klägers wäre im Rahmen einer Sozialauswahl allenfalls auf den Standort L. als Gemeinschaftsbetrieb i.S. § 1 Abs. 3, § 23 Abs. 1 KSchG abzustellen, nicht aber auf weitere Standorte der Beklagten. Eine Fehlerhaftigkeit der auf den Standort L. bezogenen Sozialauswahl liegt aber – wie ausgeführt – nicht vor.

(c) Der gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG darlegungs- und beweisbelastete Kläger hat auch keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich Anhaltspunkte für das Erfordernis einer konzernbezogenen Sozialauswahl entnehmen lassen könnten.

Entgegen der Auffassung des Klägers, andere Konzernunternehmen in B3 oder H.-L. seien in die Sozialauswahl einzubeziehen, ist die Sozialauswahl grundsätzlich nicht konzernbezogen durchzuführen (BAG 18.09.2003, a.a.O.)

Für die Annahme des Klägers, es bestehe eine gemeinschaftliche Leitung der Beklagten mit anderen Tochterunternehmen auf der Ebene des Konzerns, insbesondere mit der D. GmbH, fehlt es – wie ausgeführt – an tatsächlichen Anhaltspunkten.

b) Die ausgesprochene Kündigung vom 25.03.2010 ist nicht aus sonstigen Gründen unwirksam.

Mit seiner Berufung hat der Kläger allein noch gerügt, die Kündigung sei unwirksam, da der bei der Beklagten bestehende Betriebsrat nicht gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG darüber unterrichtet worden sei, dass am Standort L. tatsächlich ein Teil eines Gemeinschaftsunternehmens geschlossen worden sei.

Entgegen der Rüge des Klägers ist die durchgeführte Betriebsratsanhörung der Beklagten vor Ausspruch der Kündigung des Klägers nicht unvollständig.

Die Beklagte hat den bei ihr bestehenden Betriebsrat im Anhörungsschreiben (Bl. 84 der Gerichtsakte) über die getroffenen Unternehmerentscheidung unterrichtet sowie unter Ziffer III der Anhörung unter der Überschrift „Angaben zur sozialen Auswahl und zu Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten im Unternehmen“ darüber, dass der Betrieb der Niederlassung L. vollständig geschlossen und sämtliche Arbeitsverhältnisse durch betriebsbedingte Kündigung beendet werden sollen und daher eine Sozialauswahl entbehrlich sei.

Wie oben ausgeführt, fehlt es an durchgreifenden Anhaltspunkten dafür, dass zwischen der Beklagten und der D. GmbH ein Gemeinschaftsunternehmen bestand. Insoweit kann der Kläger auch nicht einwenden, die Beklagte habe den bei ihr bestehenden Betriebsrat falsch oder unvollständig unterrichtet. Im Übrigen wäre die Frage des vormaligen Bestehens eines Gemeinschaftsunternehmens bei vollständiger Einstellung der eigenen betrieblichen Aktivitäten der Beklagten am Standort L. allenfalls für die Frage relevant, ob überhaupt eine Sozialauswahl durchzuführen ist. Auch insoweit hat die Beklagte – zutreffend – gegenüber dem Betriebsrat den Standpunkt eingenommen, eine Sozialauswahl sei entbehrlich. Eine fehlerhafte Unterrichtung des Betriebsrates lag damit nicht vor.

2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 25.03.2010 nicht aufgelöst worden ist.

Wie unter II.1. der Entscheidungsgründe ausgeführt, hat die Kündigung der Beklagten vom 25.03.2010 das Arbeitsverhältnis der Parteien wirksam mit Ablauf des 31.10.2010 beendet. Zwar gilt grundsätzlich der punktuelle Streitgegenstandsbegriff, wonach Streitgegenstand einer Kündigungsschutzklage die Frage ist, ob ein Arbeitsverhältnis aus Anlass einer ganz bestimmten Kündigung zu dem beabsichtigten Termin aufgelöst worden ist oder nicht (BAG 12.06.1986, 2 AZR 426/85, AP Nr. 17 zu § 4 KSchG 1969). Für den Fall der Unanfechtbarkeit der Entscheidung über die Kündigung vom 25.03.2010 entfaltet dies aber materielle Rechtskraft insoweit, als der Kläger nicht mehr geltend machen kann, das Arbeitsverhältnis habe länger bestanden als bis zum Ablauf des 31.10.2010.

Da die Kündigung vom 29.03.2010 das Arbeitsverhältnis des Klägers ebenfalls nicht vor dem 31.10.2010 beendet hätte, kann der Kläger nicht mehr mit Erfolg geltend machen, die weitere Kündigung vom 25.03.2010 führe zum Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über den 31.10.2010 hinaus (vgl. insoweit zur Problematik verschiedener Endzeitpunkte bei Ausspruch mehrerer Kündigungen BAG a.a.O.).

3. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis über den 31.10.2010 hinaus fortbesteht.

Der Feststellungsantrag gemäß § 256 ZPO ist jedenfalls unbegründet.

Grundsätzlich kann ein Arbeitnehmer neben einer gegen eine Kündigung nach § 4 KSchG gerichteten Klage eine allgemeine Feststellungsklage nach § 256 ZPO auf Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zu unveränderten Bedingungen über den Kündigungsendtermin hinaus erheben und damit zwei selbständige prozessuale Ansprüche geltend machen. Streitgegenstand ist in diesem Fall die Frage, ob das Arbeitsverhältnis bis zu dem im Klageantrag genannten Zeitpunkt fortbesteht, jedoch nicht über den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz hinaus (BAG 21.01.1988, 2 AZR 581/86, AP Nr. 19 zu § 4 KSchG 1969 = NZA 1988, S. 651 ff.).

Geht man zu Gunsten des Klägers davon aus, dass die von ihm erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 04.05.2010 in das Verfahren eingeführte Kündigung der Beklagten vom 26.04.2010 zum 30.11.2010 von seinem Feststellungsantrag zu 2) erfasst ist, ist die Klage gleichwohl unbegründet. Wie oben ausgeführt, ist die Kündigung der Beklagten vom 25.03.2010 zum 31.10.2010 wirksam. Zu dem mit der Kündigung der Beklagten vom 26.04.2010 verfolgten Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses zum 30.11.2010 bestand bereits kein Arbeitsverhältnis der Parteien mehr. Damit besteht auch kein Anspruch auf Feststellung des Fortbestandes eines Arbeitsverhältnisses über den 31.10.2010 hinaus.

III.

Als unterlegene Partei trägt der Kläger die Kosten des Berufungsverfahrens (§ 64 Abs. 6 ArbGG, § 97 Abs.1 ZPO).

Gründe, die Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen, liegen nicht vor.

 

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