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Betriebsbedingte Kündigung – Massenentlassung – Sozialauswahl

ArbG Berlin-Brandenburg, Az.: 3 Sa 71/16, Urteil vom 05.08.2016

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 12. November 2015 – 63 Ca 1626/15 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung, einer vorsorglich ausgesprochenen betriebsbedingten Kündigung und über einen hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Zahlung eines Nachteilsausgleichs.

Die am ….. 1962 geborene Klägerin, die verheiratet ist, war seit dem 1. Januar 1992 bei einer Rechtsvorgängerin der Beklagten und dann bei der Beklagten als Angestellte im Bereich der Gepäckermittlung am Flughafen Berlin-T. beschäftigt. Ihr Bruttomonatsentgelt betrug zuletzt etwa 2.700,00 Euro.

Betriebsbedingte Kündigung - Massenentlassung - Sozialauswahl
Symbolfoto: Von Andrii Yalanskyi /Shutterstock.com

Einzige Kommanditistin der Beklagten ist die G. Berlin GmbH & Co KG (im Folgenden GGB), deren Kommanditanteile seit 2008 von einem Unternehmen der W.-Gruppe gehalten werden. Komplementärin der Beklagten ist die A. P. S. Berlin Beteiligungs GmbH und Komplementärin der GGB ist die G. Berlin B. GmbH. Die Gesellschaftsanteile der Komplementärinnen werden jeweils von natürlichen Personen gehalten (vgl. Anlage B-K1, Bl. 58 und 59 der Akte). Die GGB ist allein stimmberechtigte Gesellschafterin der Beklagten.

Die GGB erbrachte bis zum Jahr 2012 verschiedene Dienstleistungen auf den Flughäfen T. und S., ua. die Passagierabfertigung. Der Betrieb der GGB wurde im Jahr 2011 in die Betriebe Verwaltung, Passage, Vorfeld und Werkstatt aufgespalten. Im Jahr 2012 übertrug die GGB den Bereich der Passagierabfertigung auf die Beklagte. Die Klägerin, die bei der GGB in diesem Bereich als Arbeitnehmerin tätig war, wurde von der Beklagten weiterbeschäftigt. Sie widersprach dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte nicht. Die GGB übertrug im Jahr 2012 ferner Bereiche mit anderen Dienstleistungen, nämlich Werkstatt und Vorfeld, auf andere Gesellschaften, der Verwaltungsbereich verblieb bei der GGB. Seit Ende 2013 beschäftigt die GGB keine Arbeitnehmer mehr.

Alleinige Auftraggeberin der Beklagten war die GGB, die wiederum mit Fluggesellschaften Dienstleistungsverträge abgeschlossen hatte. Die GGB hat jedenfalls nach Auslaufen von mit den Fluggesellschaften geschlossenen Dienstleistungsverträgen auch von der W.-C. GmbH & Co. KG, die mit Fluggesellschaften neue Dienstleistungsverträge abgeschlossen hatte, Aufträge erhalten.

In der ersten Hälfte des Jahres 2014 kündigte die GGB gegenüber der Beklagten verschiedene Dienstleistungsaufträge. Der der Beklagten erteilte Auftrag für die Passagierabfertigung am Flughafen S. wurde zum 30. Juni 2014 gekündigt. Ab dem 1. Juli 2014 wurde die P. S. S. GmbH & Co. KG (PSS GmbH & Co. KG) mit dieser Dienstleistung von der GGB beauftragt. Die PSS GmbH & Co. KG beschäftigte einen Großteil der in diesem Bereich tätigen Arbeitnehmer der Beklagten weiter. Einige Arbeitnehmer widersprachen dem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse von der Beklagten auf die PSS GmbH & Co. KG.

Die GGB kündigte mit Schreiben vom 9. September 2014 (Anlage B-K2, Bl. 60 der Akte) einige der mit der Beklagten bestehenden Dienstleistungsaufträge. Mit Schreiben vom 22. September 2014 (Anlage B-K3, Bl. 61 bis 62 der Akte) kündigte die GGB sämtliche noch nicht gekündigten Aufträge der Beklagten. Die Aufträge aus den Bereichen Check-in wurden hierbei zu Anfang November 2014, die übrigen Aufträge (spätestens) zum 31. März 2015 gekündigt. Mit der Erbringung der Dienstleistungen, die Gegenstand der gekündigten Aufträge waren, sind verschiedene Unternehmen beauftragt worden, nämlich ua. die P. S. T. GmbH (PST), die A. P. S. GmbH & Co KG, die A. C. S. Berlin GmbH & Co. KG und die W. P. S. Berlin-Brandenburg GmbH & Co. KG.

Am 22. September 2014 erging ein Gesellschafterbeschluss der Gesellschafter der Beklagten (Anlage B-K4, Bl. 63 der Akte), in dem die stimmberechtigte GGB beschloss:

„ 1. Es ist beabsichtigt, den Betrieb der A. P. S. Berlin GmbH & Co. KG in T. und S. zum 31. März 2015 stillzulegen und die dem Betriebszweck dienende Organisation zum 31.  März 2015 vollständig aufzulösen.

2. Der Geschäftsführer der A. P. S. Berlin Beteiligungs GmbH, Herr B.A., wird angewiesen, alle zur Vorbereitung der Stilllegung des Betriebes erforderlichen Maßnahmen durchzuführen, insbesondere mit dem Betriebsrat unverzüglich Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs durchzuführen.“

Mit Schreiben vom 22. September 2014 (Anlage B-K15, Bl. 106 bis 107 der Akte) teilte die Beklagte dem Betriebsrat ua. mit, dass seitens der GGB alle noch bestehenden Dienstleistungsverträge gekündigt worden seien, und dass die GGB den Geschäftsführer aufgefordert habe, Interessenausgleichsverhandlungen über die beabsichtigte Schließung des Geschäftsbetriebes durchzuführen. In dem Schreiben vom 22. September 2014 wurde der Betriebsrat aufgefordert, unverzüglich in Verhandlungen über einen Interessenausgleich und Sozialplan einzutreten. – Auf den Inhalt des Schreibens wird im Übrigen Bezug genommen. – Am 25. September 2014 und 7. Oktober 2014 fanden zwischen der Beklagten und dem Betriebsrat Gespräche zum Thema „Interessenausgleich“ statt. Mit Schreiben vom 26. September 2014 (B-N 10, Bl. 159 bis 160 der Akte) gab die Beklagte dem Betriebsrat weitere Informationen ua. zu den neuen Auftragnehmern. Der Betriebsrat, vertreten durch seinen Anwalt, hatte mit Schreiben vom 6. Oktober 2014 (Bl. 13 bis 14 der Akte) bei der Regionaldirektion der Bundesagentur für A. Berlin-Brandenburg ein Vermittlungsersuchen nach § 112 Abs. 2 Satz 1 BetrVG gestellt. Mit Schreiben vom 14.  Oktober 2014 (Bl. 9 bis 12 der Akte) forderte der Betriebsrat die Beklagte ua. auf, ihm weitere Informationen zu erteilen. Am 28.  Oktober 2014 wurde in dem beim Arbeitsgericht Berlin aufgrund eines Antrages der Beklagten anhängigen Beschlussverfahren zum Aktenzeichen 8 BV 14223/13 ein gerichtlich protokollierter Vergleich zwischen der Beklagten und dem Betriebsrat geschlossen, in dem die Einsetzung einer Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand Interessenausgleich und Sozialplan wegen Stilllegung des Betriebes vereinbart wurde. In dem Vergleich wurde auch vereinbart, dass zur ersten oder zweiten Sitzung ein Vertreter der Bundesagentur für Arbeit „eingeladen wird“. – Wegen des konkreten Inhalts des Vergleichs wird auf die Anlage B-N 15 (Bl. 168 bis 169 und ferner Bl.7 bis 8 der Akte) verwiesen. – Vor Abschluss des Vergleichs hatte die Beklagte Kenntnis von dem Schreiben vom 6. Oktober 2014 erhalten.

Die Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand „Interessenausgleich und Sozialplan wegen vollständiger Stilllegung des Betriebes zum 31. März 2015“ verhandelte am 28. November 2014, 2. Dezember 2014, 4. Dezember 2014 und am 18. Dezember 2014. Dem Vorsitzenden der Einigungsstelle lag der gerichtliche Vergleich vom 28. Oktober 2014 vor. In einer E-Mail vom 2. November 2014 (Anlage B-N17, Bl. 173 bis 174 der Akte) hatte er erklärt, er werde den Kontakt zur Bundesagentur für Arbeit herstellen. In der Sitzung am 18. Dezember 2014 erklärte eine der Beisitzerinnen der Beklagten für die Unternehmensseite die Interessenausgleichsverhandlungen für gescheitert. – Wegen des Inhalts der Protokolle über die Sitzungen der Einigungsstelle am 28. November 2014, 2. Dezember 2014, 4. Dezember 2014 und 18. Dezember 2014 wird auf die Anlage B-N 26 bis B-N 29 (Bl. 188 bis 201 der Akte) Bezug genommen. –

Mit einem als „Information gemäß § 17 Abs. 2 KSchG“ bezeichneten Schreiben vom 2. Januar 2015 (Anlage B-K15, Bl. 104 bis 105 der Akte) unterrichtete die Beklagte den Betriebsrat über die beabsichtigte Betriebsschließung zum 31. März 2015 wegen der Kündigung sämtlicher Aufträge. Das Schreiben enthielt ferner Informationen über die Anzahl und Berufsgruppen der beschäftigten und der zu entlassenden Arbeitnehmer, über den Zeitraum der Entlassungen, zur Sozialauswahl und zu den Kriterien für die Abfindungen. Am Ende des Schreibens heißt es:

„Im Rahmen der Verhandlungen und insbesondere im Rahmen der Einigungsstelle haben wir ja bereits über die Möglichkeiten zur Vermeidung von Entlassungen mit Ihnen beraten, insbesondere die Möglichkeit der Errichtung einer Transfergesellschaft. An dieser Stelle noch einmal vielen Dank, dass der Betriebsrat eine Information durch die Transfergesellschaft „Weitblick“ für die nächste Einigungsstellensitzung am 13. Januar 2015 möglich gemacht hat. Wir freuen uns, die Beratungen über die Vermeidung von Entlassungen an dieser Stelle fortsetzen zu können. Gerne stehe ich natürlich auch für Beratungen außerhalb der Einigungsstelle zur Verfügung.“

Dieses Schreiben – wegen des vollständigen Inhalts des Schreibens und des Inhalts der Anlagen wird im Übrigen auf die Anlage B-K15, Bl. 104 bis 112 der Akte verwiesen – wurde dem Betriebsrat per Telefax und per E-Mail am 2. Januar 2015 übermittelt.

Der Betriebsrat teilte der Beklagten mit Schreiben vom 14. Januar 2015 (Anlage IIa. Bl. 240 der Akte) unter dem Betreff: „Ihre Massenentlassungsanzeige vom 02.01.2015“ mit:

„die Folgen für die Belegschaft werden noch in der Einigungsstelle beraten, so dass wir Sie bitten von der Massenentlassungsanzeige zunächst abzusehen. Außerdem verweisen wir auf die Stellungnahme von Rechtsanwalt K. vom 15.12.2014 an den Einigungsstellenvorsitzenden, die wir vorsorglich nochmals beifügen.

Sollten Sie gleichwohl Ihre Anzeige an die Arbeitsagentur absenden, senden Sie uns bitte eine Abschrift derselben nebst Ihrer Anlagen zu.“

Diesem Schreiben war das Schreiben von Rechtsanwalt K. vom 15. Dezember 2014 an den Vorsitzenden der Einigungsstelle beigefügt, in dem ua. Ausführungen dazu erfolgten, dass die Informationslage nicht ausreichend sei und die konkreten Gründe für die Planungen nicht nachvollziehbar und ausreichend unterlegt seien. – Wegen des genauen Wortlautes des Schreibens vom 15. Dezember 2014 wird auf die Anlage IIb, Bl. 241 bis 243 der Akte verwiesen. –

Am 13. Januar 2015 und 16. Januar 2015 fanden weitere Sitzungen der Einigungsstelle statt, auf den Inhalt der Sitzungsprotokolle wird Bezug genommen, Anlagen BB2 und BB3, Bl. 687 bis 697 der Akte.

Im Gesellschafterbeschluss der Beklagten (Anlage B-K5, Bl. 64 der Akte) beschloss die stimmberechtigte GGB am 20. Januar 2015 Folgendes:

„1. Der Betrieb der A. P. S. Berlin GmbH & Co. KG in T. und S. wird zum 31. März 2015 stillgelegt wird. Der Betrieb und die diesem Zweck dienende Betriebsorganisation sollen zum 31. März 2015 vollständig aufgelöst werden.

2. Der Geschäftsführer der A. P. Service Berlin Beteiligungs GmbH, Herr B. A., wird angewiesen, alle zur Stilllegung des Betriebs erforderlichen Maßnahmen durchzuführen, insbesondere die Arbeitsverhältnisse mit allen Mitarbeitern durch einvernehmliche Aufhebungsverträge oder durch betriebsbedingte Kündigungen, die unter Beachtung der Beteiligungsrechte des Betriebsrats ausgesprochen werden, zu beenden.“

Die Beklagte hörte den Betriebsrat mit Schreiben vom 20. Januar 2015 „gemäß § 102 BetrVG zur betriebsbedingten Kündigung der Arbeitsverhältnisse aller aktuell noch im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“ an. Der Name der Klägerin ist bei den dort aufgezählten Arbeitnehmern aufgeführt worden. – Wegen der Einzelheiten des Anhörungsschreibens wird auf die Anlage B-K12, Bl. 88 bis 95 der Akte verwiesen. – Das Schreiben ist dem Betriebsrat am 20. Januar 2015 gefaxt worden.

Am 21. Januar 2015 fand eine weitere Sitzung der Einigungsstelle statt. Gegen die Stimmen des Betriebsrats erging ein Spruch der Einigungsstelle über den Abschluss eines Sozialplans. Der Sozialplan sieht ua. die Einrichtung einer Transfergesellschaft und die Zahlung von Abfindungen vor. – Wegen des Inhalts des Protokolls über die Sitzung vom 21. Januar 2015 wird auf Bl. 120 bis 123 der Akte und wegen des Inhalts des Sozialplans wird auf Bl. 123 ff der Akte Bezug genommen. –

Der Betriebsrat widersprach mit Schreiben vom 27. Januar 2015 (Anlage B-K14, Bl. 98ff. der Akte) den beabsichtigten Kündigungen.

Die Beklagte reichte am 28. Januar 2015 bei der Agentur für A. Cottbus das Schreiben vom 28. Januar 2015 über eine „Massenentlassungsanzeige gemäß § 17 KSchG“ nebst Anlagen ein. In dem Schreiben vom 28. Januar 2015 heißt es unter dem Punkt „6. Beteiligung des Betriebsrats“:

„Mit dem bei der APSB gebildeten Betriebsrat wurden Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen geführt. Weiterhin wurde der Betriebsrat noch einmal gesondert mit dem beigefügten Schreiben vom 2. Januar 2015 gemäß § 17 Abs. 2 KSchG unterrichtet. Ich – B. A., … – versichere hiermit an Eides statt, dass ich das beigefügte Unterrichtungsschreiben dem Betriebsrat am 2. Januar 2015 per Fax und E-Mail gegen 13:40 Uhr übersandt habe. Das Faxprotokoll ist ebenfalls als Anlage beigefügt.

Eine gesonderte Stellungnahme hat der Betriebsrat nicht abgegeben. Im Rahmen der Sozialplanverhandlungen wurden jedoch mit dem Betriebsrat am 13., 16. und 21. Januar 2015 über die Einrichtung einer Transfergesellschaft i.S.d. § 111 SGB III verhandelt. Das Einigungsstellenverfahren wurde am 21. Januar 2015 beendet (siehe Protokoll). Weitere, gesonderte Beratungen hat der Betriebsrat nicht verlangt.“

Dem Schreiben vom 28. Januar 2015 war als Anlage ein ausgefüllter Vordruck der Bundesagentur für Arbeit (Anzeige von Entlassungen und die Anlage zur Anzeige von Entlassungen) beigefügt, in dem die Beklagte die Zahl der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer mit 223 angab und die Summe der zu entlassenden Arbeitnehmer mit 188 angab. – Wegen des weiteren Wortlauts des Schreibens vom 28. Januar 2015 und des Inhalts des ausgefüllten Vordrucks nebst Anlagen wird auf Bl. 115 bis 119 der Akte Bezug genommen. – Es waren weitere Anlagen beigefügt, nämlich das Schreiben vom 2.  Januar 2015 an den Betriebsrat, das Faxprotokoll und das Protokoll über die Sitzung der Einigungsstelle am 21. Januar 2015. – Es wird insgesamt auf die Anlage B-K18 (Bl. 115 ff der Akte) verwiesen. – Das Schreiben des Betriebsrates vom 14.  Januar 2015 nebst der Anlage übermittelte die Beklagte der Agentur für A. nicht. Die Agentur für A. Cottbus bestätigte im Bescheid vom 10. Februar 2015 (Anlage B-K19, Bl. 131 der Akte) die rechtswirksam am 28. Januar 2015 erstattete Anzeige nach § 17 KSchG.

Am 28. Januar 2015 übermittelte die Beklagte der Agentur für A. Berlin N. mit Schreiben vom 28. Januar 2015 nebst Anlagen eine inhaltsgleiche Massenentlassungsanzeige (Anlage B-K 18a, Bl. 355 ff. der Akte), die nach Auskunft der Agentur für A. N.zuständigkeitshalber an die Agentur für A. für Cottbus weitergereicht wurde. – Auf das Schreiben der Agentur für A.t Berlin N. vom 1. Oktober 2015 wird verwiesen, Bl. 358 der Akte. –

Die Beklagte, die im September 2014 etwa 223 Arbeitnehmer regelmäßig beschäftigt hatte, hatte ab Anfang November 2014 sukzessive Beschäftigte von der Arbeitsleistung freigestellt. Mit Schreiben vom 29. Januar 2015 kündigte die Beklagte die Arbeitsverhältnisse aller Arbeitnehmer zum nächstmöglichen Termin, mit Ausnahme der Arbeitnehmer, die Sonderkündigungsschutz hatten und für die die Beklagte dann die Zustimmungen für die Kündigungen einholte. Die Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter mit Sonderkündigungsschutz wurden von der Beklagten nach Erteilung der Zustimmungen ebenfalls gekündigt. Das mit der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 29. Januar 2015 (Bl. 6 der Akte) zum „nächstmöglichen Termin“ In dem Schreiben heißt es insoweit: „Dies ist nach unseren Berechnungen der 31. August 2015.“

Mit Schreiben vom 30. Januar 2015 (Anlage B-K11, Bl. 86 ff der Akte) kündigte die Beklagte die Mieträume zum 31. März 2015. Nach dem 31. März 2015 wurden alle Mitarbeiter, deren Kündigungsfristen noch liefen, von der Beklagten unwiderruflich freigestellt. Die Beklagte erbringt seit diesem Zeitpunkt auf den Flughäfen keine Dienstleistungen mehr.

Nachdem mehrere Arbeitnehmer vor dem Arbeitsgericht Kündigungsschutzklagen erhoben und einige Kammern des Arbeitsgerichts diesen Klagen mit der Begründung stattgegeben hatten, die Kündigungen seien gemäß § 17 KSchG unwirksam, übersandte die Beklagte dem Betriebsrat am 10. Juni 2015 sowohl per E-Mail als auch per Telefax ein Schreiben vom selben Tag nebst Anlagen. Der Betriebsrat bestätigte, dass er das Schreiben per Telefax am 10. Juni 2015 um 16:25 Uhr erhalten hat (Bestätigungsschreiben des Betriebsrates Anlage B-M3, Bl. 311 der Akte). In dem Schreiben vom 10. Juni 2015 teilte die Beklagte dem Betriebsrat mit, sie habe sich rein vorsorglich dazu entschlossen, das Verfahren nach § 17 KSchG zu wiederholen, da einige Kammern des Arbeitsgerichts Berlin in den anhängigen Kündigungsschutzklagen eine Verletzung der Massenentlassungsvorschriften des § 17 KSchG festgestellt haben. Das Schreiben enthält ferner Informationen über die Schließung des kompletten Geschäftsbetriebes zum 31. März 2015, ferner Angaben zu der Zahl und den Berufsgruppen der zu entlassenden Arbeitnehmern, zu der Zahl und den Berufsgruppen der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer, zu dem Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen, zu den vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der Arbeitnehmer sowie zur Berechnung von Abfindungen. Am Ende des Schreibens heißt es:

„Gemäß § 17 Abs. 2 S.2 KSchG sind wir verpflichtet, mit Ihnen über die Möglichkeiten zu beraten, Entlassungen zu vermeiden oder einzuschränken und ihre Folgen zu mildern. Zu diesem Zweck stehe ich Ihnen für die entsprechenden Beratungen gerne zur Verfügung. Als Termin für Beratungen schlage ich Ihnen den 17.  Juni 2015 ab 15:00 Uhr. Bitte lassen Sie mich bis zum 15. Juni 2015 wissen, ob dieser Termin Ihnen passt. Gerne können Sie mir auch kurzfristige alternative Terminvorschläge machen.“

– Wegen des konkreten Inhalts des Schreibens vom 10. Juni 2015 und des Inhalts der beigefügten Anlagen wird auf die Anlage B-M 1 (Bl.  299 bis 308 der Akte) Bezug genommen. –

 

Zwischen dem Betriebsrat und der Beklagten wurde in mehreren Schreiben dann über die Festlegung eines Beratungstermins verhandelt (Anlagen B-M3, B-M4, B-M5 und B-M6, Bl. 311 ff der Akte). Mit Schreiben vom 17. Juni 2015 (Anlage B-M5, Bl. 314 bis 315 der Akte) übermittelte der Betriebsrat der Beklagten Überlegungen, wie aus seiner Sicht Massenentlassungen zu vermeiden seien. – Auf den Inhalt des Schreibens wird verwiesen. –

Am 24. Juni 2015 fanden zwischen der Geschäftsführung der Beklagten und dem Betriebsrat in der Zeit von ca. 12:50 bis 18:50 Uhr Beratungen über die Vermeidung von Entlassungen statt. Hierüber fertigte die Beklagte ein Protokoll (Anlage B-M 8, Bl. 318 bis 320 der Akte). Mit einer E-Mail vom 24. Juni 2015, 19:34 Uhr (Anlage B-M 10, Bl. 328 der Akte) übersandte der Geschäftsführer der Beklagten dem Betriebsrat und seinen Bevollmächtigten die in der Beratung vorgestellte Präsentation (Anlage B-M9, Bl. 321 bis 327 der Akte) und räumte dem Betriebsrat die Möglichkeit ein, bis zum 25. Juni 2015, 18:00 Uhr ergänzend bzw. abschließend Stellung zu nehmen. Der Betriebsrat erwiderte darauf mit Schreiben vom 25. Juni 2015 (Anlage B-M11, Bl. 329 der Akte):

„nach unserer Beratung hatten Sie erwähnt, wir könnten bis heute 12:00 Uhr noch etwas ergänzen, wenn wir wollten. Ansonsten waren wir so verblieben, dass Sie uns nach Ihrer Besprechung mit Frau T. (die, so unsere Anmerkung, ohnehin nur über Weisungen durch Herrn Wisser berichten kann) Ihre Sicht der Dinge so rechtzeitig mitteilen wollten, dass das gesamte Betriebsratsgremium darüber in seiner Sitzung nächsten Dienstag beraten kann. Vorher wird das Gremium über den inhaltlichen Verlauf unseres gestrigen Treffens unterrichtet werden. Auf der Grundlage der Erörterungen und Beschlussfassungen des Gremiums würde der Betriebsrat dann unverzüglich und abschließend Stellung nehmen.

So sollten wir es auch halten. Zu ergänzen haben wir nichts. Wir – d.h. die Mitglieder der gestrigen Verhandlungskommission – hoffen, dass wir auf der Basis unserer drei, auf den Flipchart niedergeschriebenen Informationswünsche in einem weiteren Termin inhaltlich weiter kommen.“

Mit E-Mail und Telefax vom 26. Juni 2015 (Anlage B-M12, Bl. 330 der Akte) erwiderte der Geschäftsführer der Beklagten dem Betriebsrat darauf, es habe kein Einvernehmen dahin bestanden, dass „wir auf Grundlage der Gespräche mit der GGB eine abschließende Beratung durch den BR am nächsten Dienstag abwarten wollten.“

In dem Schreiben heißt es ua. weiter.

„Wie bereits in unserem Gespräch am Mittwoch deutlich gemacht, käme aus meiner Sicht eine Neueröffnung des Betriebes nur in Betracht, wenn der Betrieb sehr kurzfristig mit deutlich reduzierten Personalkosten wieder aufgenommen werden könnte, was wiederum die Zustimmung und Rückendeckung von Gewerkschaft und Belegschaft erfordern würde. Die GGB teilt diese Auffassung. Im Rahmen der Diskussion ist leider deutlich geworden, dass Sie sich auf eine Diskussion über solche Themen noch nicht einmal im Ansatz einlassen wollen und diese Themen auch weder mit der Belegschaft noch mit ver.di vorbesprochen haben. Für uns ist entsprechend völlig unklar, ob es eine realistische Chance gibt, dass entsprechende Neuverhandlungen bei Gewerkschaft und Mitarbeitern auf Zustimmung stoßen werden und kurzfristig erfolgreich sein könnten. Damit fehlt es für uns und die GGB an der notwendigen Grundlage für ernsthafte Gespräche über eine Neueröffnung des Betriebes. Die GGB hat uns entsprechend mitgeteilt, dass sie an ihren Stilllegungsbeschluss festhält. Ich habe mich daher dazu entschlossen die Kündigungen zu wiederholen.“

– Wegen des konkreten Inhalts des Schreibens wird auf Bl. 330 der Akte Bezug genommen.

Bereits mit Schreiben vom 12. Juni 2015 (Anlage B-M15, Bl. 345 bis 351 der Akte), das dem Betriebsrat am selben Tag per Telefax übermittelt wurde, hörte die Beklagte den Betriebsrat „gemäß § 102 BetrVG“ zu den beabsichtigten Kündigungen an. Der Name der Klägerin ist in der Liste erwähnt. Der Betriebsrat widersprach mit Schreiben vom 19. Juni 2015 (Anlage B-M 16, Bl. 353 bis 354 der Akte). – Auf den Inhalt dieser Schreiben wird Bezug genommen. –

Die Beklagte zeigte mit Schreiben vom 26. Juni 2015 die geplanten Massenentlassungen bei der Agentur für A. Cottbus an. – Hinsichtlich des genauen Inhalts der Anzeige an die Agentur für A. Cottbus nebst der ausgefüllten Vordrucke „Anzeige von Entlassungen“ und „Anlage zur Anzeige von Entlassungen“ wird auf Blatt 331 bis 335 der Akte Bezug genommen (Bestandteil der Anlage B-M 13). – Dem Antragsschreiben waren 17 Anlagen beigefügt, die im vorliegenden Rechtsstreit teilweise Bestandteil der Anlage B-M 13 sind und im Übrigen als Anlagen B-M 1, B-K18, B-K15, B-M1a, B-M3, B-M5, B-M7, B-M8, B-M9, B-M10, B-M11 und B-M12 zu der Akte gereicht wurden. – Auch auf den Inhalt dieser Anlagen wird verwiesen. – Eine inhaltsgleiche Massenentlassungsanzeige reichte die Beklagte am 26. Juni 2015 bei der Agentur für A. Berlin N. ein. Der Betriebsrat gab mit Schreiben vom 1. Juli 2015 (Anlage IV Bl. 380 bis 383 der Akte) eine „abschließende Stellungnahme“ nach § 17 Abs. 2 KSchG gegenüber dem Geschäftsführer der Beklagten ab, eine Abschrift übersandte der Betriebsrat an die Agentur für A. Cottbus.

Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom 27. Juni 2015 (Bl. 214 der Akte) das mit der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis vorsorglich erneut ordentlich zum nächstzulässigen Zeitpunkt und gab diesen mit dem 31. Januar 2016 an.

Mit ihrer am 4. Februar 2015 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 19. Februar 2015 zugestellten Klage hat die Klägerin die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung vom 29. Januar 2015 zum 31. August 2015 aufgelöst wird und hilfsweise beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin als Schadensersatz nach den §§ 113 Abs. 3 BetrVG, 9, 10 KSchG einen Betrag zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird. Sie hat mit Schriftsatz vom 6. Juli 2015, der bei Gericht am 7. Juli 2015 eingegangen ist und der Beklagten am 14. Juli 2015 zugestellt worden ist, die Klage um den Feststellungsantrag erweitert, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch durch die weitere, „vorsorglich“ erneut aus betriebsbedingten Gründen ausgesprochene Kündigung der Beklagten vom 27. Juni 2015 nicht aufgelöst werden wird.

Die Klägerin hat im Wesentlichen vorgetragen: Die Kündigungen seien sozial nicht gerechtfertigt Die zugrundeliegende Unternehmerentscheidung sei rechtsmissbräuchlich. Die jetzige Kündigung aller Beschäftigten mit tariflichem Besitzstand in der kündigungsrechtlich risikolosesten Form der Betriebsschließung sei nur auf der Grundlage der durchgeführten Aufspaltungen möglich gewesen. Es liege der von langer Hand geplante Versuch vor, sich von der GGB-Altbelegschaft am Flughafen T. durch konzerninterne Umverteilung von Aufträgen zu entledigen. Die Beklagte sei seit ihrer Gründung von finanziellen Zuflüssen aus dem Konzern abhängig. Die eigentlichen wirtschaftlichen Erträge aus den Verträgen mit den Fluggesellschaften seien konzernintern abgeschöpft worden. Die Beklagte habe nie eine marktgerechte Vergütung erhalten. Die Kündigung der Aufträge sei ein rein konzerninterner Vorgang. Die hier streitigen Entscheidungen seien allein im Konzern getroffen worden. Aufgrund der Aufspaltungen versuche die Beklagte sich ihrer Darlegungs- und Beweislast zu entziehen. Ferner stelle die Vorgehensweise eine Umgehung des Grundsatzes „Änderungskündigung geht vor Vollkündigung“ dar. Die Beklagte hätte versuchen müssen, die Personalkosten durch Änderungskündigungen zu senken. Im Zeitpunkt der Abspaltung fast des gesamten Passagebereichs am Flughafen S. zum 1. Juli 2014 habe der W.-Konzern bereits die völlige Schließung des damaligen Betriebsteils T. geplant. Die Beklagte habe auch im Zeitraum von Juli bis Dezember 2014 Beschäftigte vor der Kündigung im Rahmen der Betriebsstilllegung bewahrt, indem sie sie auf verschiedene Arten in die Gesellschaft PSS GmbH & Co. KG überführt habe. Unter diesen Umständen müsse entweder von einem konzernbezogenen Kündigungsschutz ausgegangen werden oder davon, dass die Kündigung wegen eines Verstoßes gegen die Verpflichtung zum Angebot dieser Arbeitsplätze im Rahmen einer Sozialauswahl unwirksam sei. Eine Sozialauswahl hätte konzernweit durchgeführt werden müssen. – Wegen der Einzelheiten des Vorbringens zu einer rechtsmissbräuchlichen Unternehmerentscheidung, den gesellschaftlichen Verflechtungen, zur Sozialauswahl, zur Umgehung von Kündigungsschutzvorschriften und zu einem konzernbezogenen Kündigungsschutz wird insbesondere auf den Schriftsatz vom 13. Juli 2015, Seiten 1 bis 12 (Bl. 220 bis 231 Akte) und den Schriftsatz vom 10.  November 2015, Seiten 1 bis 3 (Bl. 364 bis 366 der Akte) Bezug genommen. –

Zur Kündigung vom 29. Januar 2015 hat die Klägerin weiter vorgetragen: Die Beklagte habe auch das Verfahren nach § 17 Abs. 2 KSchG nicht eingehalten. Die Beklagte sei ihren Informations- und Beratungspflichten nach § 17 Abs. 2 iVm. Abs. 3a KSchG gegenüber dem Betriebsrat nicht nachgekommen. Dem Betriebsrat seien die tatsächlichen Gründe für die Stilllegung nicht mitgeteilt worden. Die Beklagte könne sich wegen des § 17 Abs. 3a KSchG nicht auf fehlende Informationen und Auskünfte der Entscheidungsträger im W.-Konzern berufen. Die nach § 17 Abs. 2 KSchG geforderten Beratungen hätten nie stattgefunden, diese seien dem Betriebsrat auch nicht angeboten worden. Die Beklagte habe auch keine wirksame Massenentlassungsanzeige gemäß § 17 Abs. 3 KSchG abgegeben. Der Sitz des Betriebes habe sich am Flughafen T. befunden. Daher sei die Agentur für A. Cottbus örtlich unzuständig und die Einreichung der Massenentlassungsanzeige bei der örtlich unzuständigen Agentur führe zur Unwirksamkeit der Kündigung. Die Beklagte hätte der Agentur für A. auch die Stellungnahme des Betriebsrats vom 14. Januar 2015 nicht verschweigen dürfen. Vielmehr hätte sie die Agentur über das Schreiben vom 14. Januar 2015 und dessen Anhang, dem Schreiben vom 15. Dezember 2014, informieren müssen. – Wegen der weiteren Ausführungen der Klägerin zur Verletzung der in § 17 KSchG normierten Regelungen wird insbesondere auf den Schriftsatz vom 13. Juli 2015, Seite12 (Bl. 231 der Akte) und auf den Schriftsatz vom 10. November 2015, Seiten 3 bis 10 (Bl. 366 bis 373 der Akte) Bezug genommen. – Es würden auch gravierende Mängel im Anhörungsverfahren des Betriebsrats vorliegen. Aus dem Anhörungsschreiben ergebe sich nicht, zu welchem konkreten Zeitpunkt die Beklagte das Arbeitsverhältnis habe beenden wollen. Ferner seien die Gründe für die konzerninterne Beendigung der Beauftragung nicht genannt worden. Es sei dem Betriebsrat auch nicht mitgeteilt worden, wohin die Aufträge weitergegeben worden seien.

Zur Kündigung vom 27. Juni 2015 hat die Klägerin weiter vorgetragen: Auch hier würden Verstöße gegen § 17 KSchG vorliegen. Der Betriebsrat sei nicht ausreichend iSd. § 17 Abs. 2 BetrVG informiert worden. Der Betriebsrat hätte ausreichende Informationen über die Auftragskalkulation benötigt. Mangels konkreter Informationen über Ausmaß und Ursachen der angeblichen finanziellen Schieflage hätte kein Konsultationsverfahren iSd. § 17 Abs. 2 KSchG stattfinden können. Ferner habe die Beklagte die Massenentlassungsanzeige erstattet, bevor der Betriebsrat im Rahmen des Konsultationsverfahrens die zwischen allen Beteiligten vereinbarte endgültige Stellungnahme abgegeben habe. Auch die Betriebsratsanhörung sei nicht ordnungsgemäß gewesen.- Wegen der weiteren Ausführungen der Klägerin zu den Unwirksamkeitsgründen nach § 17 KSchG und § 102 BetrVG wird insbesondere auf den Schriftsatz vom 10. November 2015, Seiten 10 bis 13 (Bl. 373 bis 376 der Akte) Bezug genommen.

Die Klägerin hat ferner die Ansicht vertreten, ihr stehe für den Fall der Wirksamkeit der Kündigungen ein Anspruch aus § 113 Abs. 3 BetrVG zu. Denn die Beklagte habe den Betriebsrat nicht ausreichend informiert. Aufgrund der fehlenden Informationen sei keine Grundlage für ergebnisoffene Interessenausgleichsverhandlungen vorhanden gewesen. Die Beklagte habe zudem die Vermittlungstätigkeit der Arbeitsagentur verhindert und die Interessenausgleichsverhandlungen frühzeitig abgebrochen. Wegen ihrer äußerst langen Beschäftigungsdauer sei ein Schadensersatzbetrag in Höhe von mindestens 40.500,00 Euro brutto angemessen. – Wegen des weiteren Vorbringens der Klägerin zu dem Anspruch auf Nachteilsausgleich wird auf den Schriftsatz vom 4. Februar 2015, Seiten 2 bis 5 (Bl.2 bis 5 der Akte) und auf den Schriftsatz vom 13. Juli 2015, Seiten 14 bis 19 (Bl. 233 bis 238 der Akte) verwiesen.

Die Beklagte hat im Wesentlichen vorgetragen: Sowohl die erste als auch die vorsorglich ausgesprochene zweite Kündigung seien wirksam. Die Kündigungen seien wegen der geplanten bzw. erfolgten Betriebsschließung sozial gerechtfertigt. Ihre Entscheidung sei weder willkürlich noch rechtsmissbräuchlich, da sie aufgrund des Verlustes sämtlicher Aufträge keine Grundlage für die Fortsetzung der wirtschaftlichen Tätigkeit mehr habe. Es würden auch keine rechtsmissbräuchlichen Restrukturierungen vorliegen. Eine Sozialauswahl sei nicht vorzunehmen. Ein Betriebsübergang liege nicht vor. Es fehle bereits an einem übergangsfähigen Betriebsteil, ferner liege keine identitätswahrende Übernahme vor. Ein Verstoß gegen § 17 KSchG liege nicht vor. Es habe keine Veranlassung bestanden, das Schreiben des Betriebsrates vom 14. Januar 2015 nebst Anlage der Massenentlassungsanzeige beizufügen. Dabei habe es sich offenkundig nicht um eine abschließende Stellungnahme des Betriebsrates gehandelt. Der Geschäftsführer habe das Schreiben als Bitte verstanden, entschieden, dieser Bitte zu entsprechen und das Schreiben sodann, weil erledigt, beseitigt. Bezogen auf die zweite Kündigung habe sie am 26. Juni 2015 die Massenentlassungsanzeige erstatten können. Sie habe nicht auf eine abschließende Stellungnahme des Betriebsrats warten müssen, da zwischen der Unterrichtung des Betriebsrats und der Anzeige mehr als zwei Wochen gelegen hätten. Die Arbeitsagentur für A. Cottbus sei örtlich zuständig, da ihr Sitz weiterhin in S. registriert sei. Der Betriebsrat sei jeweils ordnungsgemäß angehört worden. Vor Ausspruch der ersten Kündigung vom 29. Januar 2015 habe die GGB ihr nicht die genauen Gründe für die Kündigung der Aufträge und für die Entscheidung zur Schließung des Geschäftsbetriebes erläutert. Ein Anspruch auf Nachteilsausgleich bestehe nicht. – Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens wird den Schriftsatz vom 12. März 2015 (Bl. 19ff. der Akte) und den Schriftsatz vom 5. November 2015 (Bl. 285ff. der Akte) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 12. November 2015 die Kündigungsschutzanträge, mit denen die Klägerin die Unwirksamkeit der Kündigungen vom 29. Januar 2015 und 27. Juni 2015 geltend gemacht hat, und den Hilfsantrag auf Zahlung des Nachteilsausgleichs abgewiesen. Zur Begründung hat es zusammengefasst ausgeführt: Das Arbeitsverhältnis sei durch die Kündigung der Beklagten vom 29. Januar 2015 zum 31. August 2015 beendet worden. Die Kündigung sei durch betriebsbedingte Gründe gerechtfertigt. Die Beklagte habe die unternehmerische Entscheidung getroffen, ihren Betrieb zum 31. März 2015 stillzulegen. Für einen Rechtsmissbrauch würden keine zureichenden Anhaltspunkte bestehen. Die Schließung des Betriebes sei erkennbar nicht aus dem Grund erfolgt, um die bisher von der Beklagten durchgeführten Tätigkeiten auf ein anderes finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch unselbständiges Unternehmen mit geringeren Personalkosten zu übertragen. Im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung habe die ernsthafte und endgültige Absicht der Beklagten zur Betriebsstilllegung bestanden, die bereits greifbare Formen angenommen habe. Eine andere Weiterbeschäftigungsmöglichkeit habe nicht bestanden. Ohne Bedeutung sei, ob in anderen Unternehmen eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit bestehe. Der Kündigungsschutz sei nicht konzernbezogen. Für eine Ausnahmekonstellation würden vorliegend keine Anhaltspunkte bestehen. Eine Sozialauswahl habe die Beklagte nicht durchführen müssen, da sie alle Arbeitnehmer gekündigt habe. Die Mitarbeiter der PSS GmbH & Co. KG seien nicht in die Sozialauswahl einzubeziehen. Es sei nicht ersichtlich, dass die Übertragung des Bereichs des Check-In S. und die Stilllegungsentscheidung aufgrund einer einheitlichen unternehmerischen Entscheidung erfolgt sei. Die Beklagte habe den Betriebsrat ordnungsgemäß angehört. Das Schreiben vom 20. Januar 2015 enthalte die Angabe der persönlichen Daten und stelle die Kündigungsgründe im Einzelnen dar. Dem Schreiben sei auch zu entnehmen, zu welchem Zeitpunkt die Beklagte das Arbeitsverhältnis beenden wolle. Die Kündigung vom 29. Januar 2015 sei nicht nach § 17 Abs. 2 KSchG unwirksam. Das Konsultationsverfahren sei ordnungsgemäß durchgeführt und abgeschlossen worden. Mit Schreiben vom 2. Januar 2015 seien dem Betriebsrat die erforderlichen Angaben mitgeteilt worden und das Konsultationsverfahren eingeleitet worden. Entgegen der Auffassung der Klägerin habe es nicht der Mitteilung der kalkulatorischen Grundlagen der Entscheidung des Auftraggebers, die Verträge mit der Beklagten zu kündigen, bedurft. Eine solche Verpflichtung ergebe sich auch nicht aus § 17 Abs. 3a KSchG. Die Beklagte sei auch ihrer Beratungspflicht nachgekommen. Die Beratungen hätten in der Einigungsstelle durchgeführt werden können. Dem Betriebsrat sei aufgrund des Schreibens vom 2. Januar 2015 ersichtlich, dass die Beklagte die mit dem Betriebsrat geführten Verhandlungen auch als Erfüllung des sich aus § 17 Abs. 2 KSchG ergebenden Konsultationsverfahrens ansehe. Dies habe der Betriebsrat auch erkannt, wie sein Schreiben vom 14. Januar 2015 zeige. In den Sitzungen vom 13. Januar, 16. Januar und 21. Januar 2015 seien Gespräche über die Errichtung einer Transfergesellschaft geführt worden. Die Kündigung sei auch nicht nach § 17 Abs. 3 KSchG unwirksam. Das Schreiben des Betriebsrats vom 14. Januar 2015 stelle keine Stellungnahme iSd. § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG dar. Die Massenentlassungsanzeige vom 28. Januar 2015 habe die nach § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG erforderlichen Angaben enthalten. Da nur der Stand der Beratungen und nicht der komplette Inhalt der Beratungen mitzuteilen sei, habe die Beklagte das Schreiben vom 14. Januar 2015 und das Schreiben von Rechtsanwalt K. vom 15. Dezember 2014 nicht der Agentur für Arbeit vorlegen müssen. Da das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 29. Januar 2015 zum 31. August 2015 beendet worden sei, könne dem weiteren Kündigungsschutzantrag nicht mehr stattgegeben werden. Ein Anspruch auf Nachteilsausgleich bestehe nicht. Die Beklagte habe in ausreichender Weise einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat versucht und die Betriebsänderung auch nicht bereits vor Abschluss der Interessenausgleichsverhandlungen begonnen. – Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen das der Klägerin am 22. Dezember 2015 zugestellte Urteil hat diese mit einem bei dem Landesarbeitsgericht am 12 Januar 2016 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 22. März 2016 mit einem bei dem Landesarbeitsgericht am 21. März 2016 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Zur Begründung der Berufung trägt die Klägerin im Wesentlichen vor: Die Kündigung vom 29. Januar 2015 sei nach dem KSchG unwirksam. Es mangele an einem ausreichenden Vortrag zu einer Unternehmerentscheidung. Frau T. habe keine inhaltlichen Entscheidungen im Hinblick auf die künftige Aufteilung der Gesamtaufträge treffen können. Die von der Beklagten angesprochenen Vermutungen der Gründe für die Entscheidung nicht genannter Personen oder Führungsebenen könnten offensichtlich nicht zutreffen. Die Vorgehensweise laufe auch auf die Umgehung tragender kündigungsschutzrechtlicher Grundsätze hinaus. Das Verhalten sei rechtsmissbräuchlich. Ferner gehe das Arbeitsgericht fehlerhaft davon aus, dass die Beklagte ihrer Beratungspflicht nach § 17 Abs. 2 Satz 2 KSchG nachgekommen sei. Das Arbeitsgericht habe den Anwendungsbereich des § 17 Abs. 3a KSchG und dadurch den Umfang der Informationspflichten im Rahmen der Konsultationen verkannt. Die Gründe für die geplanten Entlassungen seien nicht mitgeteilt worden. Es hätte der Darlegung der konkreten Gründe der W.-Spartenleitung des Bereichs „Aviation“ bedurft, vor allem der Kalkulationsgrundlagen der Vergütungen der Gesamtaufträge und deren Aufteilung und der maßgeblichen Änderungen seit Abschluss des Tarifvertrages zur Besitzstandssicherung, um den Betriebsrat in den Stand zu versetzen, Beratungen über die Vermeidung von Entlassungen oder deren Beschränkungen durchzuführen. – Wegen der weiteren Einzelheiten ihres diesbezüglichen Vorbringens wird insbesondere auf den Schriftsatz vom 21. März 2016, Seiten 6 bis 12 (Bl. 430 bis 436 der Akte) verwiesen. – Ferner sei die Konsultation nicht rechtzeitig erfolgt und ein Konsultationsverfahren sei nicht ordnungsgemäß eingeleitet worden. Die Beklagte habe mit dem Schreiben vom 2. Januar 2015 keine ergebnisoffenen Beratungen iSd. des § 17 Abs. 2 KSchG angeboten. Solche Beratungen hätten auch nicht stattgefunden. – Wegen der weiteren Einzelheiten ihres diesbezüglichen Vorbringens wird insbesondere auf den Schriftsatz vom 21. März 2016, Seiten 13 bis 18 (Bl. 437 bis 442 der Akte) verwiesen. – Auch das Massenentlassungsanzeigeverfahren sei nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden. Die Agentur für A. Cottbus sei örtlich nicht zuständig. Die Entscheidung der örtlich unzuständigen Arbeitsagentur sei von dem Geschäftsführer der Beklagten auch vorsätzlich herbeigeführt worden. Die Beklagte habe die Arbeitsagentur auch über die Reaktion des Betriebsrates getäuscht. Die Stellungnahme des Betriebsrats hätte der Agentur für Arbeit vorgelegt werden müssen. – Wegen der weiteren Einzelheiten ihres diesbezüglichen Vorbringens wird insbesondere auf den Schriftsatz vom 21. März 2016, Seiten 18 bis 24 (Bl. 442 bis 448 der Akte) verwiesen. – Wegen der Ausführungen der Klägerin zur Unwirksamkeit der Kündigung vom 27. Juni 2015 wird auf den Schriftsatz vom 21. März 2016, Seiten 25 bis 29 (Bl. 449 bis 453 der Akte) Bezug genommen. – Jedenfalls sei der Hilfsantrag begründet. Aufgrund der fehlenden Informationen über die konzerninternen Gründe hätten auch keine Verhandlungen über den Interessenausgleich durchgeführt werden können. Ferner habe die Beklagte die Interessenausgleichsverhandlungen für gescheitert erklärt, obwohl der zuständige Vertreter der Arbeitsagentur bereits fest für den folgenden Termin eingeplant gewesen sei. – Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens zum Hilfsantrag wird insbesondere auf den Schriftsatz vom 21. März 2016, Seiten 29 bis 32 (Bl. 453 bis 456 der Akte) Bezug genommen. –

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Berlin vom 12. November 2015 – 63 Ca 1626/15 –

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die fristgerechte Kündigung der Beklagten vom 29. Januar 2015 nicht aufgelöst worden ist;

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch durch die weitere „vorsorglich erneut aus betriebsbedingten Gründen“ ausgesprochene Kündigung der Beklagten vom 27. Juni 2015 nicht aufgelöst worden ist;

Hilfsweise für den Fall der Feststellung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit einem der beiden Feststellungsanträge, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin als Schadensersatz gemäß §§ 113 Abs. 3 BetrVG, 9, 10 KSchG einen Betrag zu zahlen, der in das Ermessen des Gerichts gestellt wird.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte, die ihren erstinstanzlichen Vortrag teilweise wiederholt, verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts. Die Kündigung sei nicht rechtsmissbräuchlich. Ein Verstoß gegen § 17 KSchG liege nicht vor. – Wegen des weiteren Vorbringens hierzu wird auf den Schriftsatz vom 2. Mai 2016, Seiten 3 bis 26 (Bl. 650 bis 673 der Akte) verwiesen. – Auch die zweite Kündigung sei wirksam. – Wegen des weiteren Vorbringens hierzu wird auf den Schriftsatz vom 2. Mai 2016, Seiten 26 bis 34 (Bl. 673 bis 681 der Akte) Bezug genommen – . Ein Anspruch auf Nachteilsausgleich bestehe nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung und die Sitzungsniederschriften beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A. Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 8 Abs. 2, § 64 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. c und b ArbGG statthaft und gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG, § 519 Abs. 1 und Abs. 2, § 520 Abs. 1 und Abs. 3 ZPO frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden.

B. Die Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung die Kündigungsschutzanträge und den Hilfsantrag auf Zahlung des Nachteilsausgleichs abgewiesen. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die Kündigung der Beklagten vom 29. Januar 2015 zum 31. August 2015 beendet worden. Ein Anspruch auf Zahlung eines Nachteilsausgleichs gemäß § 113 Abs. 3 BetrVG besteht nicht.

I. Der Kündigungsschutzantrag, mit dem die Klägerin die Unwirksamkeit der Kündigung vom 29. Januar 2015 geltend macht, ist zwar zulässig, aber nicht begründet. Die Kündigung ist wirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Ablauf des 31. August 2015 beendet.

1. Die Kündigung vom 29. Januar 2015 ist nicht gemäß § 1 Abs. 1 KSchG unwirksam.

a) Die Kündigung ist nach § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt, weil dringende betriebliche Erfordernisse vorliegen, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers in dem Betrieb entgegenstehen.

aa) Die Stilllegung des gesamten Betriebs oder eines Betriebsteils durch den Arbeitgeber gehört zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG, die einen Grund zur sozialen Rechtfertigung einer Kündigung abgeben können (st. Rspr. des Bundesarbeitsgerichts, vgl. BAG 21. Mai 2015 – 8 AZR 409/13 – Rn. 51ff., EzA BGB 2002 § 613a Nr. 165; 26. Mai 2011 – 8 AZR 37/10 – Rn. 25; 28.  Mai 2009 – 8 AZR 273/08 – Rn. 28).

(1) Unter Betriebsstilllegung ist die Auflösung der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zu verstehen, die ihre Veranlassung und ihren unmittelbaren Ausdruck darin findet, dass der Unternehmer die bisherige wirtschaftliche Betätigung in der ernstlichen Absicht einstellt, die Verfolgung des bisherigen Betriebszweckes dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne nicht weiter zu verfolgen (BAG 16. Februar 2012 – 8 AZR 693/10 – Rn. 37).

(2) Der Arbeitgeber ist nicht gehalten, eine Kündigung erst nach Durchführung der Stilllegung auszusprechen. Neben der Kündigung wegen erfolgter Stilllegung kommt auch eine Kündigung wegen beabsichtigter Stilllegung in Betracht. Im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung muss die auf Tatsachen gestützte, vernünftige betriebswirtschaftliche Prognose gerechtfertigt sein, dass zum Kündigungstermin mit einiger Sicherheit der Eintritt des die Entlassung erforderlich machenden betrieblichen Grundes vorliegen wird (BAG 13. Februar 2008 – 2 AZR 543/06 – Rn. 22). Erforderlich ist, dass der Arbeitgeber im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung den ernsthaften und endgültigen Entschluss gefasst hat, den Betrieb endgültig und nicht nur vorübergehend stillzulegen (vgl. BAG 16. Februar 2012 – 8 AZR 693/10 – Rn. 37). Der Ernsthaftigkeit der Stilllegungsabsicht steht dabei nicht entgegen, dass sich der Arbeitgeber entschlossen hat, die gekündigten Arbeitnehmer in der jeweiligen Kündigungsfrist noch für die Abarbeitung vorhandener Aufträge einzusetzen. Der Arbeitgeber erfüllt damit gegenüber den tatsächlich eingesetzten Arbeitnehmern lediglich seine auch im gekündigten Arbeitsverhältnis bestehende Beschäftigungspflicht (BAG 8. November 2007 – 2 AZR 554/05 – Rn. 20).

(3) Bei einer Betriebsstilllegung ist ferner erforderlich, dass die geplanten Maßnahmen zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits „greifbare Formen“ angenommen haben (vgl. BAG 15. Dezember 2011 – 8 AZR 692/10 – Rn. 40). Von einer Stilllegung kann jedenfalls dann ausgegangen werden, wenn der Arbeitgeber seine Stilllegungsabsicht unmissverständlich äußert, allen Arbeitnehmern kündigt, etwaige Miet- oder Pachtverträge zum nächstmöglichen Zeitpunkt auflöst, die Betriebsmittel, über die er verfügen darf, veräußert und die Betriebstätigkeit vollständig einstellt (BAG 26. Mai 2011 – 8 AZR 37/10 – Rn. 26).

bb) Die Beklagte hatte im Zeitpunkt des Ausspruchs der streitgegenständlichen Kündigung vom 29. Januar 2015 den ernsthaften und endgültigen Entschluss gefasst, ihren Betrieb dauerhaft zu schließen. Im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung hatte die geplante Maßnahme auch „greifbare Formen“ angenommen.

(1) Die Gesellschafter der Beklagten haben durch die stimmberechtigte GGB am 20. Januar 2015 beschlossen, den Betrieb zum 31. März 2015 stillzulegen. Anhaltspunkte dafür, dass es sich hierbei nicht um einen ernsthaften und endgültigen Beschluss handelte, bestehen nicht. Vielmehr wird die ernsthafte und endgültige Stilllegungsabsicht durch die geführten Verhandlungen über den Interessenausgleich und den Sozialplan, die dann erstattete Massenentlassungsanzeige gegenüber der Bundesagentur für Arbeit und den Ausspruch der Kündigungen gegenüber den Arbeitnehmern bestätigt (vgl. hierzu zB BAG 16. Februar 2012 – 8 AZR 693/10 – Rn. 44, NZA-RR 2012, 465). Da die alleinstimmberechtigte Gesellschafterin der Beklagten den Stilllegungsbeschluss gefasst hat, liegt eine eigene unternehmerische Entscheidung der Beklagten vor. Die Gesellschafterversammlung ist gerade befugt, die Entscheidung über die Betriebsstillegung zu treffen. Im Übrigen hat der Geschäftsführer der Beklagten diese Entscheidung umgesetzt und sich damit zu eigen gemacht. Unerheblich ist, ob die Beklagte ihre unternehmerische Entscheidung, den Betrieb stillzulegen, auf eine Anweisung „eines sie beherrschenden Unternehmens“ getroffen hat. Dies schließt eine unternehmerische Entscheidung der Beklagten, die zum Wegfall von Arbeitsplätzen führt, nicht aus.

(2) Die Beklagte konnte bei Ausspruch der Kündigung aufgrund einer vernünftigen betriebswirtschaftlichen Betrachtung davon ausgehen, dass mit Ablauf des 31. August 2015 kein Beschäftigungsbedarf mehr für die Klägerin besteht, weil zu diesem Zeitpunkt die Betriebsstilllegung bereits durchgeführt sein wird. Sämtliche Aufträge der Beklagten waren im September 2014 gekündigt worden, die letzten Aufträge liefen zum 31. März 2015 aus. Die Beklagte hatte ihre Betriebsräume zum 31. März 2015 gekündigt. Mit Schreiben vom 29. Januar 2015 kündigte die Beklagte ferner die Arbeitsverhältnisse aller Arbeitnehmer zum nächstmöglichen Termin, mit Ausnahme der Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer, die Sonderkündigungsschutz hatten. Insoweit holte die Beklagte die Zustimmungen zu den Kündigungen ein und sprach die Kündigungen aus, soweit die Zustimmungen vorlagen. Bereits vor Ausspruch der Kündigungen waren einige Arbeitnehmer von der Arbeitsleistung freigestellt worden. Angesichts der Struktur des Betriebes war damit die Annahme gerechtfertigt, dass die bestehende Betriebsgemeinschaft zum 31. März 2015 endgültig aufgelöst sein wird. Tatsächlich hat sich diese Prognose auch bestätigt. Unstreitig erbringt die Beklagte seit Ablauf des 31. März 2015 keine Dienstleistungen mehr.

(3) Objektiv stellt sich die Maßnahme als Betriebsstilllegung und nicht als Betriebsveräußerung dar. Betriebsveräußerung und Betriebsstilllegung schließen sich systematisch aus. Vorliegend wurden weder die für die Fortführung des Betriebes oder eines Betriebsteils wesentlichen Betriebsmittel einem Dritten überlassen, noch sollten im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung die wesentlichen Betriebsmittel eines Betriebes bzw. Betriebsteils einem Dritten überlassen werden.

(a) Ein Betriebsübergang oder Betriebsteilübergang iSv. § 613a Abs. 1 BGB – wie auch iSd. Richtlinie 2001/23/EG vom 12. März 2001 (ABl. EG L 82 vom 22. März 2001 S. 16) – liegt vor, wenn ein neuer Rechtsträger eine bestehende wirtschaftliche Einheit unter Wahrung ihrer Identität fortführt (vgl. nur EuGH 6. März 2014 – C-458/12 – [Amatori ua.] Rn. 30 mwN; BAG 22. August 2013 – 8 AZR 521/12 – Rn. 40 mwN; 15. Dezember 2011 – 8 AZR 197/11 – Rn. 39 mwN). Hingegen stellt die bloße Fortführung der Tätigkeit durch einen anderen (Funktionsnachfolge) ebenso wenig einen Betriebsübergang dar wie die reine Auftragsnachfolge (vgl. EuGH 20. Januar 2011 – C-463/09 – [CLECE] Rn. 41, Slg. 2011, I-95; BAG 23. September 2010 – 8 AZR 567/09 – Rn. 30).

(b) Danach ist vorliegend ein Betriebs(teil)übergang zu verneinen. Unstreitig werden die Dienstleistungen, die von der Beklagten erbracht wurden, nunmehr von verschiedenen Gesellschaften ausgeführt. Die Tätigkeits- bzw. Auftragsnachfolge stellt allein keinen Betriebs- oder Betriebsteilübergang dar. Keine der Gesellschaften, die nunmehr mit der Erbringung der Passagierabfertigungsdienstleistungen beauftragt wurde, hat einen nach Zahl und Sachkunde relevanten Anteil von Arbeitnehmern der Beklagten übernommen. Bereits dies schließt einen Betriebsübergang bzw. einen Betriebsteilübergang angesichts der Ausgestaltung des Betriebes der Beklagten hinsichtlich der ausgeübten Tätigkeit und ihrer Betriebsmethoden aus. Ein Übergang eines Betriebsteils kann zudem nicht angenommen werden, weil die Tätigkeiten, die jetzt von anderen Gesellschaften erbracht werden, bei der Beklagten nicht die Voraussetzungen einer im Sinne des § 613a BGB übergangsfähigen wirtschaftlichen Einheit erfüllten. Die Teileinheit des Betriebs muss bereits beim früheren Betriebsinhaber die Qualität eines Betriebsteils gehabt haben. Schon beim bisherigen Betriebsinhaber muss also – in Anlehnung an § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BetrVG – eine selbständig abtrennbare organisatorische Einheit gegeben sein, mit der innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks ein Teilzweck verfolgt wurde (BAG 7. April 2011 – 8 AZR 730/09 – Rn. 16 mwN, NZA 2011, 1231). In dem Betrieb der Beklagten waren bezogen auf die Passagierabfertigungsdienstleistungen keine abtrennbaren organisatorischen Einheiten, in der bestimmte Produktionsfaktoren zur Erfüllung von Teilzwecken funktionell verknüpft waren, vorhanden.

cc) Die von der Beklagten getroffene unternehmerische Entscheidung, ihren Betrieb zum 31. März 2015 stillzulegen, ist rechtlich nicht zu beanstanden.

(1) Die Gestaltung des Betriebs, die Antwort auf die Frage, ob und in welcher Weise sich der Arbeitgeber wirtschaftlich betätigen will, sind Bestandteil der durch Art.  12, Art. 14 und Art. 2 Abs. 1 GG geschützten unternehmerischen Freiheit. Zu dieser gehört das Recht, das Unternehmen aufzugeben, darüber zu entscheiden, welche Größenordnung es haben soll, und festzulegen, ob bestimmte Arbeiten weiter im eigenen Betrieb ausgeführt oder an Drittunternehmen vergeben werden sollen (BAG 20. Juni 2013 – 2 AZR 380/12 – Rn. 21; 22. November 2012 – 2 AZR 673/11 – Rn. 17). Der Arbeitgeber ist – bis zur Grenze der Willkür – nicht gehindert, auch wirtschaftlich nicht zwingend notwendige Organisationsentscheidungen zu treffen (BAG 20. Juni 2013 – 2 AZR 380/12 – Rn. 20). Es ist nicht Sache der Gerichte, ihm eine „bessere“ oder „richtigere“ betriebliche Organisation vorzuschreiben (BAG 20. November 2014 – 2 AZR 512/13 – Rn. 27f., DB 2015, 1105; 29. August 2013 – 2 AZR 809/12 – Rn. 17 mwN, BAGE 146, 37).

(2) Für eine beschlossene und durchgeführte unternehmerische Organisationsentscheidung spricht die Vermutung, dass sie aus sachlichen – nicht zuletzt wirtschaftlichen – Gründen getroffen wurde und nicht auf Rechtsmissbrauch beruht (BAG 18. Juni 2015 – 2 AZR 480/14 – Rn. 35, NZA 2015, 1315; 20. November 2014 – 2 AZR 512/13 – Rn. 15; 31. Juli 2014 – 2 AZR 422/13 – Rn. 31 jeweils mwN). Im Prozess hat der Arbeitnehmer die Umstände darzulegen und ggf. zu beweisen, aus denen sich ergeben soll, dass die getroffene Organisationsmaßnahme offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG 18. Juni 2015 – 2 AZR 480/14 – Rn.  35, aaO; 13. März 2008 – 2 AZR 1037/06 – Rn. 29).

(3) Auch unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens liegen hier keine Anhaltspunkte für eine rechtsmissbräuchliche Entscheidung der Beklagten vor.

(a) Unerheblich ist, ob die Beklagte ihre Aufträge in wirtschaftlicher Weise hatte durchführen können. Die Entscheidung der Beklagten als Arbeitgeberin, ihren Betrieb zu schließen und selber keine Dienstleistungen mehr zu erbringen, ist gerade Bestandteil ihrer durch Art. 12, Art. 14 und Art. 2 Abs. 1 GG geschützten unternehmerischen Freiheit.

(b) Ohne Bedeutung ist auch, ob zwischen der Beklagten und anderen Gesellschaften überhaupt konzernrechtliche Strukturen bestehen bzw. bestanden und eine bzw. mehrere dieser Gesellschaften nunmehr beauftragt wurde/wurden, die bislang von der Beklagten erbrachten Dienstleistungen zu erbringen. Selbst wenn ein beherrschendes Unternehmen die Entscheidung trifft, mit der Dienstleistungserbringung nunmehr eine andere Tochtergesellschaft zu beauftragen, weil diese Gesellschaft die Leistungen zu günstigeren Bedingungen erbringen kann, und/oder auch die Entscheidung fällt, den Betrieb der Tochtergesellschaft stillzulegen, ist weder die Entscheidung des beherrschenden Unternehmens noch die Entscheidung der Gesellschaft, die nunmehr nicht mehr beauftragt ist, den Betrieb stillzulegen, unsachlich oder willkürlich, sondern wirtschaftlich. Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob für die Frage des Rechtsmissbrauchs überhaupt auf Entscheidungen eines den Arbeitgeber beherrschenden Unternehmens abgestellt werden kann. Denn auch die Entscheidung einer Konzernmutter, nunmehr eine andere Tochtergesellschaft zu beauftragen, weil auf diese Weise der Ertrag gesteigert werden kann, ist weder unsachlich noch willkürlich, sondern beruht gerade auf wirtschaftlichen Erwägungen. Umstrukturierungen allein zum Zweck der Ertragssteigerung sind nicht rechtsmissbräuchlich (vgl. auch BAG 20. Juni 2013 – 2 AZR 379/12 – Rn. 20, BAGE 145, 265). Der verfassungsrechtlich gebotene Bestandsschutz für die Arbeitnehmer ist in solchen Fällen grundsätzlich durch § 613a BGB, §§ 322 ff. UmwG bzw. die Rechtsprechung zum Gemeinschaftsbetrieb mehrerer Unternehmen gewährleistet.

(c) Hier liegt auch keine Fallgestaltung vor, dass der Arbeitgeber durch die Bildung separater betrieblicher Organisationsstrukturen seinen Betrieb in mehrere Teile aufspaltet, um Arbeitnehmern den allgemeinen Kündigungsschutz zu entziehen und ihnen „frei“ kündigen zu können (vgl. hierzu BAG 12. November 1998 – 2 AZR 459/97 – AP KSchG 1969 § 23 Nr. 20 = EzA KSchG § 23 Nr. 20; 29. April 1999 – 2 AZR 352/98 – AP aaO Nr. 21 = EzA aaO Nr. 21; vgl. auch zur Umgestaltung von Arbeitsplätzen BAG 10. November 1994 – 2 AZR 242/94 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 65 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 77 zu B I 2). Genauso wenig ist hier vom Arbeitgeber eine Entscheidung getroffen worden, einen Betriebsteil durch eine noch zu gründende, finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in sein Unternehmen voll eingegliederte Organgesellschaft mit von dieser neu einzustellenden Arbeitnehmern weiter betreiben zu lassen (vgl. hierzu BAG 26. September 2002 – 2 AZR 636/01 – BAGE 103, 31). Die Beklagte als Arbeitgeberin hat sich vielmehr entschlossen, ihren Betrieb endgültig zu schließen, nachdem sämtliche Aufträge gekündigt worden waren. Die Beklagte erbringt weder in ihrem Betrieb mit anderen Arbeitnehmern Dienstleistungen, noch hat sie eine in ihr Unternehmen eingegliederte Gesellschaft mit der Erbringung der Dienstleistungen beauftragt. Allein eine enge wirtschaftliche Verflechtung der an der Auftrags(neu)vergabe beteiligten Unternehmen kann dagegen einen Rechtsmissbrauchseinwand hinsichtlich der getroffenen unternehmerischen Entscheidung nicht begründen (vgl. auch BAG 26. September 2002 – 2 AZR 636/01 – Rn. 22, aaO).

(d) Entgegen der Ansicht der Klägerin führen auch die „vorgenommenen Aufspaltungen und die Weiterreichung von Aufträgen“ nicht dazu, dass die Beklagte die Grundsätze der Darlegungs- und Beweislast des § 1 Abs. 2 KSchG umgehen will. Auch wenn die GGB nicht den Bereich der Passagierabfertigungsdienstleistungen auf die Beklagte übertragen hätte, hätte die GGB die unternehmerische Entscheidung treffen können, diese Dienstleistungen nicht mehr selber zu erbringen und diese fremd zu vergeben. Auch in diesem Fall hätte die GGB nicht die wirtschaftlichen Hintergründe für diese Entscheidung im Kündigungsschutzprozess vortragen müssen.

dd) Anhaltspunkte für eine Umgehung des § 613a Abs. 1 BGB sind von der Klägerin nicht vorgetragen und auch ansonsten nicht ersichtlich. Weder durch die Art der Auftragsneuvergabe noch durch die Entscheidung, den Betrieb der Beklagten stillzulegen und die Arbeitsverhältnisse der dort beschäftigten Arbeitnehmer zu kündigen, werden die Rechtsfolgen des § 613a BGB umgangen. Die Entscheidungen zielten nicht darauf, die Tätigkeit möglichst unter Beibehaltung einer bestehenden wirtschaftlichen Einheit unter Wahrung ihrer Identität fortzuführen. Die neu beauftragten Gesellschaften haben gerade nicht von einer bestehenden Betriebsstruktur der Beklagten profitiert. Sie haben nämlich weder einen wesentlichen Teil der bei der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer nunmehr durch Abschluss neuer Arbeitsverträge eingestellt noch greifen sie in sonstiger Weise auf das Knowhow eines relevanten Teils der zuvor bei der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer zu.

ee) Auf Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten bei einer der Gesellschaften, die nun mit der Erbringung von Passagierabfertigungsdienstleistungen auf den Flughäfen T. und S. beauftragt sind, kommt es nicht an.

(1) Das Kündigungsschutzgesetz ist nicht konzernbezogen. Der Arbeitgeber ist vor Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung grundsätzlich nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer in einem Betrieb eines anderen Unternehmens unterzubringen. Ausnahmsweise kann eine solche Pflicht jedoch bestehen (BAG 24. Mai 2012 – 2 AZR 62/11 – Rn. 27 mwN, ZIP 2013, 330; grundlegend: 14. Oktober 1982 – 2 AZR 568/80 – BAGE 41, 72). Dies gilt etwa dann, wenn sich ein anderes Konzernunternehmen ausdrücklich zur Übernahme des Arbeitnehmers bereit erklärt hat oder wenn sich eine solche Verpflichtung aus einer vertraglichen Absprache oder einer in der Vergangenheit geübten Praxis ergibt (BAG 24. Mai 2012 – 2 AZR 62/11 – Rn. 27, aaO). Weitere Voraussetzung ist, dass der Vertragsarbeitgeber auf die „Versetzung“ einen bestimmenden Einfluss hat. Die Entscheidung über sie darf grundsätzlich nicht dem zur Übernahme bereiten Unternehmen vorbehalten bleiben. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Möglichkeit der Einflussnahme aufgrund eindeutiger rechtlicher Regelungen oder nur faktisch besteht (so insgesamt BAG 22. November 2012 – 2 AZR 673/11 – Rn. 39 mwN, DB 2013, 1301).

(2) Der Klägerin kommt demnach kein konzernbezogener Kündigungsschutz zu. Unabhängig von der Frage, ob die Beklagte überhaupt zu einem Konzern gehört, gibt es keine vertraglichen Absprachen oder eine in der Vergangenheit geübte Praxis, wonach sich ein anderes „Konzernunternehmen“ zur Übernahme von Arbeitnehmern wiederholt bereit erklärt hat. Ferner ist nicht ersichtlich und wird von der Klägerin auch nicht behauptet, dass die Beklagte einen bestimmenden Einfluss auf den Ausspruch von „Versetzungen“ zu anderen Unternehmen hat.

(3) Durch die Übertragung des Betriebs Passagierabfertigungsdienstleistungen von der GGB auf die Beklagte im Jahr 2012 ist der Klägerin auch kein konzernbezogener Kündigungsschutz entzogen worden, so dass auch dahin gestellt bleiben kann, ob hier ein „einheitlicher Plan“ (und durch wen) verfolgt wurde, auf diese Weise die Arbeitnehmer der Beklagten zu kündigen. Denn der Klägerin kam auch bei der GGB kein konzernbezogener Kündigungsschutz zu. Die Klägerin hat diesbezüglich keinen konkreten Sachvortrag erbracht.

ff) Nicht erheblich sind die Erwägungen der Klägerin zum Vorrang der Änderungskündigung. Angesichts der im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung erfolgten Stilllegung des gesamten Betriebes und des nicht bestehenden konzernbezogenen Kündigungsschutzes kann eine Änderungskündigung als milderes Mittel hier nicht in Betracht kommen.

b) Die Kündigung ist nicht gemäß § 1 Abs. 3 KSchG sozial ungerechtfertigt, weil die Beklagte keine Sozialauswahl durchgeführt hat. Eine Auswahl nach sozialen Gesichtspunkten kam nicht in Betracht, da die Beklagte allen Arbeitnehmern zum Ablauf der jeweils für sie geltenden Kündigungsfristen gekündigt hat (vgl. hierzu BAG 7. Juli 2005 – 2 AZR 447/04 – Rn. 21, NZA 2005, 1351). Die Klägerin, die die Darlegungs- und Beweislast im Rahmen des § 1 Abs. 3 KSchG trägt, hat auch nicht schlüssig und substantiiert dargelegt, dass die Beklagte bereits im Zusammenhang mit der Übernahme der Passagierabfertigung am Flughafen S. durch die PSS GmbH & Co.KG die Stilllegung ihres Betriebes geplant hatte. Eine solche Absicht kann insbesondere nicht der – von der Klägerin vorgetragenen – Erklärung von Frau Dr.  N. im April 2014 entnommen werden. Diese Erklärung lässt keinen Rückschluss auf eine bereits damals beabsichtigte Stilllegung des Betriebes zu. Ebenfalls fehlt es an einem konkreten Tatsachenvortrag, dem entnommen werden kann, dass die GGB bereits bei der Auftragskündigung und Neuvergabe des Auftrages zum 1. Juli 2014 die Absicht hatte, sämtliche Aufträge gegenüber der Beklagten zu kündigen. Im Übrigen ist eine Sozialauswahl iSd. § 1 Abs. 3 KSchG erst dann zu treffen, wenn tatsächlich Kündigungen ausgesprochen werden. Wenn ein Betriebsteil zwar auf einen Erwerber übertragen wird, der bisherige Betriebsinhaber aber den restlichen Betriebsteil zunächst noch weiterführen und die Kündigungen erst zu einem späteren Zeitpunkt aussprechen will, sind die Arbeitnehmer des übertragenen Betriebsteils nicht in die Sozialauswahl einzubeziehen. Denn diese Arbeitnehmer sind nicht mehr in dem Betrieb des bisherigen Betriebsinhabers tätig und sind gemäß § 613a Abs. 1 BGB nicht mehr seine Arbeitnehmer. Damit liegen auch keinerlei Anhaltspunkte für eine Umgehung des § 1 Abs. 3 KSchG vor.

2. Die Kündigung ist nicht wegen eines Verstoßes gegen § 102 Abs. 1 Satz 1, 2 BetrVG unwirksam. Die Beklagte hat den Betriebsrat angehört und ihm die Gründe für die Kündigung mitgeteilt.

a) An die Mitteilungspflicht des Arbeitgebers sind nicht dieselben Anforderungen zu stellen, wie an die Darlegung der Kündigungsgründe im Prozess. Es gilt der Grundsatz der „subjektiven Determinierung“. Der Betriebsrat ist ordnungsgemäß angehört, wenn ihm der Arbeitgeber die die Kündigung aus seiner Sicht tragenden Umstände unterbreitet hat (BAG 22. November 2012 – 2 AZR 673/11 – Rn. 30, DB 2013, 1301; 9. Juni 2011 – 2 AZR 323/10 – AP BGB § 626 Nr. 236 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 36; 22. April 2010 – 2 AZR 991/08 – AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 163 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 26, 23. Oktober 2014 – 2 AZR 736/13 Rn. 14, NZA 2015, 476). Erst eine bewusst unrichtige oder unvollständige und damit irreführende Darstellung führt zu einer fehlerhaften Anhörung (BAG 22. November 2012 – 2 AZR 673/11 – Rn. 30, aaO: 9. Juni 2011 – 2 AZR 323/10 – aaO; 5. November 2009 – 2 AZR 676/08 – Rn. 40, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 183 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 20). Im Rahmen von § 102 Abs. 1 BetrVG gilt eine abgestufte Darlegungslast (BAG 12. August 2010 – 2 AZR 104/09 – Rn. 28; 23. Juni 2005 – 2 AZR 193/04 – zu II 1 b der Gründe, AP ZPO § 138 Nr. 11 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 12). Zunächst hat der Arbeitgeber auf einen entsprechenden Einwand des Arbeitnehmers hin im Einzelnen und nachvollziehbar darzulegen, dass der Betriebsrat ordnungsgemäß angehört worden ist. Sodann obliegt es dem Arbeitnehmer vorzutragen, in welchen Punkten er die Betriebsratsanhörung für fehlerhaft hält (BAG 22. November 2012 – 2 AZR 673/11 – Rn. 31, DB 2013, 1301).

b) Gemessen hieran liegt eine ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats vor. Die Beklagte hat unter Vorlage des Anhörungsschreibens vom 20. Januar 2015 schlüssig vorgetragen, den Betriebsrat am 20. Januar 2015 angehört zu haben.

(1) In dem Anhörungsschreiben vom 20. Januar 2015 hat die Beklagte die aus ihrer Sicht maßgebenden Kündigungsgründe zutreffend und in ausreichender Weise dargestellt. Die Beklagte war nicht verpflichtet, den Betriebsrat über weitere Gründe für eine „konzerninterne Beendigung der Beauftragung“ bzw. über Hintergründe der Auftragsbeendigung zu informieren. Dies gilt auch dann, wenn Herr A. über solche Informationen verfügte, weil sie ihm von Herrn W. benannt worden waren. Die Beklagte musste dem Betriebsrat ferner keine weiteren Auskünfte über die Gesellschaften geben, die nunmehr mit den Dienstleistungen beauftragt wurden. Für ihre Absicht, die Kündigungen auszusprechen, war ihre Entscheidung den Betrieb stillzulegen, maßgebend. Die Entscheidung zur Betriebsstilllegung der Beklagten beruhte auf den bereits erfolgten Auftragskündigungen durch die GGB. Für ihre Entscheidung, den Betrieb stillzulegen, waren aus Sicht der Beklagten aber weder die Motive für die Auftragskündigungen maßgebend noch „wohin die Aufträge weitergegeben wurden“. Die Beklagte hat in dem Anhörungsschreiben ferner dargelegt, weshalb sie auch nicht von einem Betriebsübergang ausgeht. Es liegt des Weiteren keine bewusst unrichtige oder unvollständige Darstellung der die Kündigung tragenden Umstände vor. Selbst wenn Herrn A. von Herrn W. die „tatsächlichen Gründe für die Beendigung der Aufträge“ detailliert mitgeteilt worden wären, enthält das Anhörungsschreiben insoweit keine unzutreffenden Angaben. In dem Anhörungsschreiben wird lediglich ausgeführt, dass die GGB die genauen Gründe für die Auftragskündigung und die Entscheidung zur Schließung des Geschäftsbetriebs nicht erläutert hat. Damit hat die Beklagte aber keine Aussage darüber getroffen, ob Herr A. weitere Kenntnisse hat. Auch ansonsten enthält das Anhörungsschreiben keine bewusst unrichtige oder unvollständige Darstellung der der Kündigung zugrunde liegenden Gründe. Hierfür ergeben sich aus dem Vorbringen des Klägers keine nachvollziehbaren Anhaltspunkte.

(2) Die Beklagte hat in dem Anhörungsschreiben ausdrücklich ausgeführt, dass auch beabsichtigt ist, das mit der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis zu kündigen. Der Betriebsrat ist in dem Schreiben über deren Geburtsdatum, den Beschäftigungsbeginn und über ihre ausgeübte Tätigkeit informiert worden. Da die Beklagte keine Sozialauswahl durchgeführt hat, weil sie alle Arbeitsverhältnisse kündigte, brauchte keine Information über Familienstand und Unterhaltspflichten zu erfolgen (vgl. BAG 13. Mai 2004 – 2 AZR 329/03 – NZA 2004, 1037).

(3) Mit dem Anhörungsschreiben vom 20. Januar 2015 hat die Beklagte den Betriebsrat ausreichend über den Zeitpunkt der beabsichtigten Beendigung des Arbeitsverhältnisses informiert. Sie hat die Kündigungsfrist von sieben Monaten zum Monatsende mitgeteilt und unter Ziffer 2 klargestellt, dass die Kündigung unter Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist zum nächstmöglichen Termin erklärt werden soll. Diesen Termin, nämlich den 31. August 2015, hat sie zudem benannt. Dies genügt (vgl. BAG 20. Juni 2013 – 6 AZR 805/11 – Rn. 38, DB 2013, 2093).

3. Die Kündigung ist weder nach § 17 Abs. 2 KSchG iVm. § 134 BGB noch nach § 17 Abs. 3 KSchG iVm. § 134 BGB unwirksam. Die Beklagte hat dem Betriebsrat ausreichend iSd. § 17 Abs. 2 KSchG die zweckdienlichen Auskünfte erteilt und diesen unterrichtet und das gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 KSchG geforderte Konsultationsverfahren durchgeführt. Sie hat ferner gemäß §  17 Abs. 3 KSchG eine ordnungsgemäße Massenentlassungsanzeige erstattet.

a) Unstreitig handelt es sich vorliegend um eine Massenentlassung iSd. § 17 Abs.  1 KSchG, da die Beklagte mit Schreiben vom 29. Januar 2015 die Arbeitsverhältnisse sämtlicher Arbeitnehmer, die keinen Sonderkündigungsschutz genossen, gekündigt hat. Die Pflicht zur Erstattung einer Massenentlassungsanzeige und zur Durchführung des Konsultationsverfahrens besteht auch bei Stilllegung des Betriebs (EuGH 3. März 2011 – C-235/10 bis C-239/10 – [Claes ua.] Rn. 33, Slg. 2011, I-1113).

b) Die Beklagte hat ihren Verpflichtungen aus § 17 Abs. 2 KSchG genügt.

aa) Der Arbeitgeber, der beabsichtigt, nach § 17 Abs. 1 KSchG anzeigepflichtige Entlassungen vorzunehmen, hat den Betriebsrat gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG schriftlich zu unterrichten über die Gründe für die geplanten Entlassungen, die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden Arbeitnehmer, die Zahl und die Berufsgruppen der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer, den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen, und die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer sowie für die Berechnung etwaiger Abfindungen. Nach § 17 Abs. 2 Satz 2 KSchG muss der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat die Möglichkeiten beraten, Entlassungen zu vermeiden oder einzuschränken und ihre Folgen abzumildern. Die Pflicht zur Beratung iSv. § 17 Abs. 2 Satz 2 KSchG geht dabei über eine bloße Anhörung deutlich hinaus. Der Arbeitgeber hat mit dem Betriebsrat über die Entlassungen bzw. die Möglichkeiten ihrer Vermeidung ernstlich zu verhandeln, ihm dies zumindest anzubieten (BAG 26. Februar 2015 – 2 AZR 955/13 – Rn. 15, NZA 2015, 881; 21. März 2013 – 2 AZR 60/12 – Rn. 15, BAGE 144, 366; vgl. auch 28. Juni 2012 – 6 AZR 780/10 – Rn. 57, BAGE 142, 202).

bb) Die Beklagte hat dem Betriebsrat die gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG erforderlichen Informationen gegeben. Sie hat dem Betriebsrat rechtzeitig die zweckdienlichen Auskünfte erteilt und ihn schriftlich entsprechend den Vorgaben des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 6 KSchG unterrichtet.

(1) Dem Betriebsrat musste nicht ein im Original unterschriebenes Unterrichtungsschreiben übergeben werden. Ob „schriftlich“ iSd. § 17 Abs. 2 KSchG bedeutet, dass die Vorschrift des § 126 Abs. 1 BGB beachtet werden muss, hat das Bundesarbeitsgericht bislang offen gelassen (BAG 20. September 2012 – 6 AZR 155/11 – Rn. 58, NZA 2013, 32 mit weiteren Nachweisen zum Streitstand). Nach Ansicht der Berufungskammer genügt es, wenn dem Betriebsrat das im Original unterschriebene Schreiben per Telefax übermittelt wird. Die Einhaltung der strengen Schriftform iSd. § 126 Abs. 1 BGB ist nicht erforderlich. Es handelt sich bei der Unterrichtung nicht um eine rechtsgestaltende Erklärung. Maßgeblich ist nach § 17 Abs. 2 KSchG vielmehr, dass der Betriebsrat in verlässlicher Weise die erforderlichen Informationen erhält und ferner den Aussteller erkennen kann. Hierfür genügt es aber, dass ihm ein Schreiben per Telefax oder E-Mail zugeht. Die Beklagte hat das Schreiben vom 2. Januar 2015 dem Betriebsrat per Telefax am 2. Januar 2015 übermittelt. Dieses Schreiben hatte Herr A. unterschrieben. Die Klägerin hat nicht geltend gemacht, dass die Unterschrift auf dem Original des Schreibens vom 2. Januar 2015 nicht von Herrn A. stammt.

(2) In dem Schreiben vom 2. Januar 2015 nebst Anlagen, das der Betriebsrat am selben Tag per Telefax erhalten hat, stellte die Beklagte umfassend die Gründe für die geplanten Entlassungen dar und erteilte dem Betriebsrat in diesem Zusammenhang die zweckdienlichen Auskünfte.

(a) Der Grund für die von der Beklagten geplanten Entlassungen (Kündigungen) war die von ihr beabsichtigte Stilllegung ihres Betriebes. Hierüber unterrichtete die Beklagte den Betriebsrat. Sie hat den Betriebsrat darüber hinaus aber auch über ihre Gründe, den Betrieb stillzulegen informiert. Insoweit gab sie nämlich an, dass die GGB sämtliche Aufträge im September 2014 gekündigt hatte, und die Beklagte keine Möglichkeit sehe, am Markt ausreichend Aufträge zur Fortführung der Gesellschaft zu gewinnen. Ferner erläuterte die Beklagte, weshalb sie davon ausgeht, dass kein Betriebsübergang vorliegt. Zusätzlich hat die Beklagte den Betriebsrat darüber unterrichtet, dass die GGB selbst die genauen Gründe für die Kündigung der Aufträge nicht erläutert hat und stellte in dem Schreiben die aus ihrer Sicht mutmaßlichen Gründe für die Auftragskündigungen dar. Die Beklagte war nicht verpflichtet, dem Betriebsrat (weitere) Auskünfte zu den Hintergründen der Auftragskündigungen zu erteilen. Die Verpflichtung zur Durchführung des Konsultationsverfahrens trifft ausschließlich die Beklagte als Arbeitgeberin (vgl. EuGH vom 10.09.2009 – C-44/08 – [Akavan Erityosalojen Keskusliitto] – NZA 2009, 1083 – 1087). § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG erfordert nicht, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat über die Gründe informiert, die seinen Auftraggeber veranlasst haben, die Aufträge zu kündigen. Genauso wenig ist eine Unterrichtung über die Kalkulationsgrundlagen der Auftraggeberin erforderlich. Dies gilt auch dann, wenn das beauftragende Unternehmen und das beauftragte Unternehmen zu einem Konzern gehören würden. Die Motivation des Auftraggebers oder eines Drittunternehmens für die Auftragskündigungen ist nämlich weder ein unmittelbarer noch ein mittelbarer Grund für die Absicht der Beklagten, Massenentlassungen vorzunehmen, also die Kündigungen auszusprechen. Hierbei handelt es sich auch nicht um zweckdienliche Auskünfte, die die Beklagte erteilen muss. Die Auftragskündigungen waren bereits wirksam ausgesprochen worden. Beratungen über die Vermeidung von Entlassungen und über die Milderung ihrer Folgen können sachgerecht ohne Kenntnis der Motivationslage der Auftragsgeberin für den bereits erfolgten – wirksamen – Ausspruch der Kündigungen der Aufträge geführt werden. Der Betriebsrat wird nicht gehindert, von sich aus zB Alternativvorschläge für eine Betriebsfortführung zu unterbreiten. Auch ohne Kenntnis der Auftragskalkulationen kann der Betriebsrat dem Arbeitgeber vorschlagen, welche Änderungen der arbeitsvertraglichen Regelungen er in Betracht zieht, um den Arbeitgeber zu einer Fortführung des Betriebes zu bewegen.

(b) Aus § 17 Abs. 3a KSchG ergeben sich hier keine weitergehenden Verpflichtungen der Beklagten. Zunächst hat die Klägerin nicht in nachvollziehbarer und substantiierter Weise vorgetragen, welches Unternehmen – außer der Beklagten und ihrer allein stimmberechtigten Gesellschafterin – eine Entscheidung über die Entlassungen (Kündigungen) getroffen haben soll, und woraus sich ergeben soll, dass dieses Unternehmen die Beklagte beherrscht. Im Übrigen wird durch § 17 Abs. 3a KSchG nicht der Inhalt der Unterrichtungspflichten dahingehend erweitert, dass über die Motivation von bereits erfolgten Auftragskündigungen oder die Auftragskalkulationen von gekündigten Aufträgen informiert werden muss. Die Auftragskündigung ist nicht die geplante Entlassung. Die Entscheidung, die Aufträge zu kündigen, kann auch nicht mit der Entscheidung über die Entlassungen gleichgesetzt werden. Nur über die Gründe der Entlassung ist zu informieren und hierüber sind die zweckdienlichen Auskünfte zu erteilen. Grund für die Entlassungen war vorliegend die Entscheidung, den Betrieb der Beklagten insgesamt stillzulegen, weil die Beklagte keine Aufträge mehr hatte. Hierüber ist der Betriebsrat ausreichend informiert worden. Auch für die GGB war Grund für die Entlassung die Betriebsschließung, weil die Aufträge gekündigt worden waren. Wie bereits ausgeführt, handelt es sich bei Informationen über Auftragskalkulationen auch nicht um erforderliche zweckdienliche Auskünfte.

(3) Der Betriebsrat wurde durch die Beklagte mit dem Schreiben vom 2. Januar 2015 und die dem Betriebsrat übermittelte Personalliste auch zutreffend über die Zahl und die Berufsgruppen der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 KSchG), die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden Arbeitnehmer (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 KSchG) und über den Zeitraum der Entlassungen (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 KSchG) unterrichtet. Die Beklagte hat den Betriebsrat in dem Schreiben vom 2. Januar 2015 ferner darauf hingewiesen, dass eine Sozialauswahl nicht vorzunehmen ist. Aus diesem Grund war sie auch nicht gehalten, den Betriebsrat über die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer zu informieren (vgl. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 KSchG). Hinsichtlich der sich aus § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 KSchG ergebenden Unterrichtungsverpflichtung konnte die Beklagte auf die Verhandlungen über den Sozialplan in der Einigungsstelle verweisen (vgl. BAG 18. September 2003 – 2 AZR 79/02 – Rn. 45, EzA KSchG § 17 Nr. 11).

(4) Die Beklagte hat den Betriebsrat auch rechtzeitig iSd. § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG unterrichtet.

(a) Die Unterrichtungs- und Konsultationspflicht beginnt, wenn der Arbeitgeber oder ein ihn beherrschendes Unternehmen eine strategische und betriebswirtschaftliche Entscheidung getroffen hat, die ihn zwingt Massenentlassungen ins Auge zu fassen (EuGH 10. September 2009 – C-44/08 – [Akavan Erityosalojen Keskusliitto] – Rn 42 f.; ErfK/Kiel § 17 KSchG Rn 20). Bisher nicht geklärt ist, ob eine etwa verspätete Einleitung des Unterrichtungs- und Konsultationsverfahrens dazu führt, dass es schon insgesamt als nicht ordnungsgemäß anzusehen ist (dies ablehnend Salamon NZA 2015, 789-791). Es bestehen nach Auffassung der Berufungskammer Bedenken, allein in der verspäteten Einleitung des Unterrichtungs- und Konsultationsverfahren einen Unwirksamkeitsgrund für die ausgesprochene Kündigung zu sehen, wenn jedenfalls vor der endgültigen Entscheidung über die Entlassung das Unterrichtungs- und Konsultationsverfahren inhaltlich ordnungsgemäß durchgeführt und abgeschlossen wurde. Das Konsultationsverfahren muss allerdings abgeschlossen sein, bevor der Arbeitgeber die Verträge der von der Massenentlassung betroffenen Arbeitnehmer kündigt, dies ergibt die Auslegung des Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 98/59/EG (MERL) in Verbindung mit deren Art. 2 Abs. 4 (EuGH 10. September 2009 – C-44/08 – [Akavan Erityosalojen Keskusliitto] – Rn. 72).

(b) Es kann hier offen bleiben, ob allein eine verspätete Einleitung des Unterrichtungs- und Konsultationsverfahrens nach § 17 Abs. 2 KSchG einen Unwirksamkeitsgrund für die Kündigung darstellt. Denn im vorliegenden Fall hat die Beklagte rechtzeitig iSd. § 17 Abs. 2 KSchG gehandelt. Hierbei ist nämlich zu beachten, dass die Beklagte, nachdem sämtliche noch bestehenden Aufträge durch die GGB mit Schreiben vom 22. September 2014 gekündigt worden waren, unmittelbar den Betriebsrat mit Schreiben vom 22. September 2014 hierüber informiert und diesen zur Aufnahme von Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen aufgefordert hatte. Es fanden dann sowohl außerhalb der Einigungsstelle als auch in der Einigungsstelle Gespräche über einen Interessenausgleich statt. Die in § 111 BetrVG geregelte Pflicht des Unternehmers den Betriebsrat rechtzeitig über die geplante Betriebsänderung zu informieren und sich mit ihm mit dem Ziel einer Einigung darüber zu beraten, entspricht den Pflichten des Art. 2 MERL (vgl. hierzu BAG 14. April 2015 – 1 AZR 795/13 – Rn. 19, NZA 2015, 1147 ff.). Insofern ist anerkannt, dass der Arbeitgeber wegen der Übereinstimmung der Pflichten die Verfahren nach den §§ 111 ff. BetrVG, § 102 BetrVG und § 17 Abs. 2 KSchG grundsätzlich miteinander verbinden kann, soweit dieselbe Arbeitnehmervertretung zu beteiligen ist und die gegenüber dieser nach den verschiedenen Vorschriften bestehenden Verpflichtungen übereinstimmen. Bei einer ordnungsgemäßen Durchführung des Verfahrens nach §§ 111 ff. BetrVG wird im Regelfall auch den Anforderungen des § 17 Abs. 2 KSchG genügt. Die Verfahrensregelungen der §§ 111 ff. BetrVG gewährleisten eine umfangreiche Information des Betriebsrats und ernsthafte Beratungen über Alternativlösungen iSd MERL (BAG 13. Dezember 2012 – 6 AZR 752/11 – Rn 46 – AP Nr 44 zu § 17 KSchG 1969). Auch wenn die Beklagte erstmals mit dem Schreiben vom 2. Januar 2015 dem Betriebsrat gegenüber verdeutlichte, dass sie das Verfahren nach § 17 Abs. 2 KSchG einleiten will, wurden schon vor diesem Zeitpunkt, ua. mit dem Schreiben vom 22. September 2014, dem Betriebsrat Informationen zu den Gründen der beabsichtigten Entlassungen sämtlicher Arbeitnehmer erteilt. Auf der Grundlage dieser Informationen konnten bereits Verhandlungen über die Vermeidung oder Beschränkung der Entlassungen bzw. über die Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen der Entlassungen durchgeführt werden. Dadurch ist aber dem Zweck der gemäß § 17 Abs. 2 KSchG geforderten „rechtzeitigen“ Unterrichtung Genüge getan. Weder werden aufgrund des zeitlichen Ablaufs Beratungsmöglichkeiten eingeschränkt, noch führen die vorgeschalteten Interessenausgleichsverhandlungen zu einer Verkürzung des Konsultationsrechts. Das Gegenteil ist der Fall. Aufgrund der Verlängerung der Konsultationen, erst Interessenausgleichsverhandlungen, dann Konsultationen nach § 17 Abs. 2 KSchG wird dem Verhandlungsanspruch ein größerer zeitlicher Rahmen eingeräumt (so auch LAG Berlin-Brandenburg 1. Dezember 2015 – 7 Sa 1288/15). Unschädlich ist, dass die Beklagte auch im Rahmen der Interessenausgleichsverhandlungen dem Betriebsrat nicht die von diesem, ua. mit Schreiben vom 15. Dezember 2014, erbetenen näheren Informationen zu den Hintergründen der Auftragskündigungen gegeben hat. Hierzu war sie, wie bereits ausgeführt, nach § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG nicht verpflichtet.

(c) Ob ein die Beklagte „beherrschendes Unternehmen“ existiert, kann auch an dieser Stelle dahingestellt bleiben. Denn allein die Überlegung seitens des Auftraggebers, ob ein Auftrag gekündigt werden soll, stellt keine strategische und betriebswirtschaftliche Entscheidung dar, die den Arbeitgeber zwingt, Massenentlassungen ins Auge zu fassen. Als eine solche Entscheidung kann allenfalls der Ausspruch der Auftragskündigungen angesehen werden. Diese erfolgten aber erst im September 2014.

cc) Die Beklagte ist ferner in ausreichender Weise der sich aus § 17 Abs. 2 Satz 2 KSchG ergebenden Verpflichtung nachgekommen, mit dem Betriebsrat insbesondere die Möglichkeiten zu beraten, Entlassungen zu vermeiden oder einzuschränken und ihre Folgen zu mildern.

(1) Die Pflicht zur Beratung iSv. § 17 Abs. 2 Satz 2 KSchG geht über eine bloße Anhörung deutlich hinaus. Der Arbeitgeber hat mit dem Betriebsrat über die Entlassungen bzw. die Möglichkeiten ihrer Vermeidung ernstlich zu verhandeln, ihm dies zumindest anzubieten (vgl. BAG 26. Februar 2015 – 2 AZR 955/13 – Rn. 15, NZA 2015, 881).

(2) Die Beklagte hat dem Betriebsrat in dem Schreiben vom 2. Januar 2015 ausdrücklich Beratungen iSd. des § 17 Abs. 2 Satz 2 KSchG angeboten. Sie hat im letzten Absatz dieses Schreibens erklärt, sie freue sich, die Beratungen über die Vermeidung von Entlassungen an dieser Stelle (gemeint war die Einigungsstelle) fortsetzen zu können. Darüber hinaus hat sie dem Betriebsrat gegenüber erklärt, dass die Beklagte bzw. deren gesetzlicher Vertreter auch für Beratungen außerhalb der Einigungsstelle zur Verfügung stehe. Die Beklagte hat ihr Angebot dabei auch nicht auf Verhandlungen über die Milderung der Folgen einer Entlassung beschränkt. Sie benennt als einen Verhandlungsgegenstand lediglich die Möglichkeit der Errichtung von Transfergesellschaften. Im Übrigen kann auch die Verhandlung über die Einrichtung einer Transfergesellschaft als eine Möglichkeit, Massenentlassungen zu vermeiden oder zu beschränken, angesehen werden. Des Weiteren müssen sich die Beratungen mit der Arbeitnehmervertretung nicht auf die Vermeidung oder Beschränkung der Massenentlassungen beziehen. Sie können auch die Möglichkeit betreffen, die Folgen solcher Entlassungen durch soziale Begleitmaßnahmen zu mildern. Dabei kann es sich insbesondere um Hilfen für eine anderweitige Verwendung oder Umschulungen der entlassenen Arbeitnehmer handeln (BAG 13. Dezember 2012 – 6 AZR 772/11 – Rn. 40 mit Verweis auf EuGH 3. März 2011 – C-235/10 ua. – [Claes] Rn. 56, NZA 2011, 337).

(3) Wie sich dem Schreiben des Betriebsrats vom 14. Januar 2015 entnehmen lässt, ist der Betriebsrat davon ausgegangen, dass Beratungen über die Folgen der Belegschaft in der Einigungsstelle noch stattfinden. Da der Betriebsrat in dem Schreiben auf die „Massenentlassungsanzeige vom 02.01.2015“ Bezug nahm und ferner die Beklagte bat, von der Massenentlassungsanzeige zunächst abzusehen, konnte die Beklagte die Erklärung des Betriebsrats im Schreiben vom 14. Januar 2015 nur dahin verstehen, dass auch der Betriebsrat die Beratungen gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 KSchG hinsichtlich der Folgen für die Belegschaft in der Einigungsstelle durchführen will. Der Betriebsrat hat dagegen von der Beklagten zu keiner Zeit Beratungen über die Vermeidung bzw. Einschränkung von Entlassungen und der Milderung ihrer Folgen außerhalb der Einigungsstelle erbeten oder gefordert. Mit dem Schreiben vom 14. Januar 2015 brachte der Betriebsrat zugleich zum Ausdruck, dass die in die Einigungsstelle entsandten Mitglieder auch zu den Beratungen im Zusammenhang mit § 17 Abs. 2 KSchG ermächtigt sind.

(4) Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass im Rahmen einer Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand „Interessenausgleich und Sozialplan wegen Schließung des Betriebes zum 31. März 2015“ zugleich Beratungen gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 KSchG stattfinden. Dem stehen keine gesetzlichen Vorschriften oder unionsrechtlichen Vorgaben entgegen.

(a) Es ist vielmehr zulässig, die verschiedenen Beteiligungsverfahren, soweit die Pflichten nach den unterschiedlichen Verfahren übereinstimmen, miteinander zu verbinden. Eine solche Verbindung verletzt keine unionsrechtlichen Vorgaben (vgl. BAG 13. Dezember 2012 – 6 AZR 772/11 – Rn. 41; 20. September 2012 – 6 AZR 155/11 – Rn. 47 ff., ZIP 2012, 2412). Die Konsultationspflicht des Arbeitgebers ist zudem der Sache nach regelmäßig erfüllt, wenn der Arbeitgeber bei einer Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG, soweit mit ihr ein anzeigepflichtiger Personalabbau verbunden ist oder sie allein in einem solchen besteht, einen Interessenausgleich abschließt und erst dann kündigt. Soweit die ihm obliegenden Pflichten aus § 17 Abs. 2 Satz 2 KSchG mit denen nach § 111 Satz 12 BetrVG übereinstimmen, kann der Arbeitgeber sie gleichzeitig erfüllen. Der Betriebsrat muss allerdings klar erkennen können, dass die stattfindenden Beratungen (auch) der Erfüllung der Konsultationspflicht des Arbeitgebers aus § 17 Abs. 2 Satz 2 KSchG dienen sollen (BAG 26. Februar 2015 – 2 AZR 955/13 – Rn. 17, NZA 2015, 881). Bei den Verhandlungen über den Interessenausgleich und Sozialplan sieht § 112 BetrVG ausdrücklich die Möglichkeit der Bildung einer Einigungsstelle vor und in Bezug auf den Sozialplan auch die Entscheidungskompetenz der Einigungsstelle über die Aufstellung eines solchen. Dies ermöglicht dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat dann aber auch, die Beratungen nach § 17 Abs. 2 Satz 2 KSchG in einer Einigungsstelle, deren Regelungsgegenstand der Interessenausgleich und Sozialplan wegen der Betriebsänderung/Betriebsstilllegung ist, zu führen. In einem solchem Fall überträgt der Betriebsrat mit der Entsendung von Vertretern in die Einigungsstelle diesen auch die Kompetenz zur Verhandlung über Maßnahmen zur Vermeidung und Milderung der vorgesehenen Entlassungen hinsichtlich des Verfahrens nach § 17 Abs. 2 KSchG. Der Konzeption des Betriebsverfassungsgesetzes, das den Betriebsrat als Kollegialorgan ausgestaltet hat, ist damit Genüge getan (so auch LAG Berlin-Brandenburg 1. Dezember 2015 – 7 Sa 1288/15 -).

(b) Wie bereits ausgeführt, hat die Beklagte mit dem Schreiben vom 2. Januar 2015 gegenüber dem Betriebsrat erklärt, dass sie bereit ist, die Verhandlungen zur Vermeidung der Entlassungen in der Einigungsstelle zu führen. Der Betriebsrat hat in seinem Antwortschreiben vom 14. Januar 2015 ebenfalls erklärt, dass die Folgen für die Belegschaft noch in der Einigungsstelle beraten werden, wodurch er sein Einverständnis erklärte, Beratungen nach § 17 Abs. 2 BetrVG in der Einigungsstelle zu führen. Vor diesem Hintergrund waren die von dem Betriebsrat in die Einigungsstelle entsandten Vertreter auch ermächtigt, für den Betriebsrat diese Beratungen zu führen.

(5) Unschädlich ist, dass die Vertreter der Beklagten in der Einigungsstelle bereits am 18. Dezember 2014 das Scheitern der Interessenausgleichsverhandlungen erklärt hatten. Dies schließt das Führen von ergebnisoffenen Beratungen nach § 17 Abs. 2 Satz 2 KSchG jedenfalls dann nicht aus, wenn noch keine unumkehrbaren Maßnahmen, die zu den Entlassungen führen, getroffen wurden. Die Beklagte hat in dem Schreiben vom 2. Januar 2015 ihre Bereitschaft zu Beratungen über die Vermeidung von Entlassungen nicht eingeschränkt. Demnach bestand für den Betriebsrat weiterhin die Möglichkeit, die Beratungen auf alle Themen im Zusammenhang mit der Vermeidung oder Einschränkung von Entlassungen und der Abmilderung ihrer Folgen zu erstrecken.

(6) Tatsächlich fanden in den Sitzungen der Einigungsstelle, die nach dem 2. Januar 2015 stattfanden, auch Beratungen iSd. § 17 Abs. 2 Satz 2 KSchG statt. In den Sitzungen der Einigungsstelle am 13. Januar 2015 und 16. Januar 2015 wurden die Möglichkeiten der Errichtung einer Transfergesellschaft und ferner auch die Beschäftigungsmöglichkeiten bei der Firma S. am Flughafen T. erörtert. Es wurde auch über die Zahlung von Abfindungen verhandelt. Am 21. Januar 2015 war weiter der Abschluss des Sozialplans Gegenstand der Erörterungen.

(7)  Die Beklagte konnte, nachdem das Einigungsstellenverfahren am 21. Januar 2015 durch den Spruch über den Abschluss des Sozialplans abgeschlossen worden war, im Rahmen der ihr insoweit zukommenden Beurteilungskompetenz den Beratungsanspruch des Betriebsrats jedenfalls am 28. Januar 2015 als erfüllt ansehen. Konkrete Vorgaben über den Inhalt und die Intensität der Beratungen werden vom Gesetz nicht vorgegeben. Ob der Beratungsanspruch bzw. die Beratungspflicht als erfüllt angesehen werden kann, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Vorliegend ist zu beachten, dass zwischen der Beklagten und dem Betriebsrat schon vor der Eröffnung des Beratungsverfahrens gemäß § 17 Abs. 2 KSchG im Rahmen der Interessenausgleichsverhandlungen nach § 111 BetrVG Beratungen über die beabsichtigte Betriebsstilllegung und deren Folgen für die Belegschaft geführt wurden, die allerdings trotz mehrmaliger Sitzungen in der Zeit vom 24. September 2014 bis 18. Dezember 2014 zu keinem Ergebnis gekommen waren. Die von dem Betriebsrat in diesem Zusammenhang reklamierten Auskünfte zu den Hintergründen der Auftragskündigungen musste, wie ausgeführt, die Beklagte dem Betriebsrat nicht erteilen. Der Betriebsrat hatte auch nach dem 2. Januar 2015 innerhalb der Einigungsstelle keine weiteren Vorschläge zur Vermeidung oder Einschränkungen von Entlassungen unterbreitet. Er hat nach Erhalt des Schreibens vom 2. Januar 2015 die Beklagte auch nicht aufgefordert oder gebeten, Beratungen außerhalb der Einigungsstelle zu führen. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte nach Beendigung des Einigungsstellenverfahrens am 21. Januar 2015 mit dem Spruch über das Zustandekommen des Sozialplans und aufgrund des Umstandes, dass der Betriebsrat keine Beratungen außerhalb der Einigungsstelle erbeten hatte, keinen Ansatz für weitere, zielführende Verhandlungen mehr gesehen und damit das Beratungsverfahren beendet hat, indem sie am 28. Januar 2015 Anzeigen bei den Agenturen für Arbeit einreichte.

(8) Das Konsultationsverfahren nach § 17 Abs. 2 Satz 2 KSchG war demnach vor der Erstattung der Anzeige vom 28. Januar 2015 gegenüber der Bundesagentur für Arbeit und vor Ausspruch der Kündigungen abgeschlossen (siehe hierzu auch EuGH 10. September 2009 – C-44/08 – [Akavan Erityosalojen Keskusliitto] – Rn. 72). Unschädlich ist, dass die Beklagte am 20. Januar 2015 durch die stimmberechtigte Gesellschafterin beschlossen hatte, den Betrieb zum 31. März 2015 stillzulegen. Weder durch diese Entscheidung noch gar durch eine Entscheidung der Auftraggeberin, die Aufträge gegenüber der Beklagten zu kündigen, wird eine Entscheidung getroffen, die die Beklagte unmittelbar zwingt, die Verträge der von Massenentlassungen betroffenen Arbeitnehmer zu kündigen (vgl. hierzu EuGH 10. September 2009 – C-44/08 – [Akavan Erityosalojen Keskusliitto] – Rn. 71). Selbst ein bereits ernsthaft gefasster Beschluss zur Betriebsstilllegung kann, solange keine unumkehrbaren Maßnahmen zur Umsetzung getroffen werden, später durch einen neuen Beschluss der Gesellschafter revidiert werden. Ein solcher Beschluss kann gerade aufgrund der noch durchgeführten Beratungen nach § 17 Abs. 2 KSchG getroffen werden, zB aufgrund dort unterbreiteter Alternativvorschläge.

c) Die Kündigung ist auch nicht gemäß § 17 Abs. 3 KSchG iVm. § 134 BGB unwirksam.

aa) Es kann hier dahingestellt bleiben, ob die Agentur für A. Cottbus die örtlich zuständige Agentur für A. gewesen ist, bei der die Anzeige gemäß § 17 Abs. 3 KSchG einzureichen war. Denn die Beklagte hat die inhaltsgleiche Anzeige vom 28. Januar 2015 einschließlich der Anlagen am 28. Januar 2015 auch der Agentur für Arbeit Berlin Nord übermittelt. Diesen Vortrag der Beklagten hat die Klägerin nicht in erheblicher Weise bestritten. Der Umstand, dass diese Agentur für A. die Anzeige an die Agentur für Arbeit Cottbus „zuständigkeitshalber“ weitergeleitet hat, kann einen Unwirksamkeitsgrund nicht begründen. Die Beklagte hat die Agentur für A. Berlin N. nicht getäuscht. Soweit es in dem Schreiben vom 28. Januar 2015 heißt, der offizielle Betriebssitz befindet sich in der M.straße 5-5a, 12529 S., ist dies erkennbar eine Wertung der Beklagten. Die Beklagte hat die Agentur für Arbeit zugleich darüber informiert, dass der überwiegende Teil der Arbeitnehmer am Flughafen T. in Berlin beschäftigt wird. Aufgrund dieser Angaben war die Agentur für Arbeit Berlin Nord selbst verpflichtet, ihre Zuständigkeit zu prüfen und bei Zweifeln musste sie eine nähere Aufklärung des Sachverhaltes vornehmen. Unterlässt sie dies und leitet die Anzeige an eine andere Agentur für Arbeit weiter, kann dies unter Berücksichtigung des Zwecks der Vorschrift jedenfalls dann nicht zur Unwirksamkeit der Kündigungen führen, wenn diese andere Agentur für A., wie hier die Agentur für A. Cottbus, sich für die Bearbeitung der Massenentlassungsanzeige als zuständig angesehen und diese auch bearbeitet hat. Hierbei ist zudem zu beachten, dass die Vermittlungsbemühungen der jeweiligen Agenturen für Arbeit sich nicht nur auf deren Bezirk erstrecken.

bb) Die von dem Geschäftsführer Herrn A. unterzeichneten Schreiben vom 28. Januar 2015 konnten den Agenturen für A. per Telefax übermittelt werden. Dies genügt für die nach § 17 Abs. 3 KSchG geforderte Schriftlichkeit der Anzeige (vgl. ErkK/Kiel 16. Aufl. § 17 KSchG Rn. 28). Sinn und Zweck dieser Vorschrift erfordert nicht die Einhaltung der strengen Schriftform des § 126 Abs. 1 BGB.

cc) Die Anzeige vom 28. Januar 2015 ist gemäß § 17 Abs. 3 KSchG wirksam erfolgt. Dieser Anzeige war nicht das Schreiben des Betriebsrats vom 14. Januar 2015 (einschließlich des Schreibens von Rechtsanwalt K. vom 15. Dezember 2014) beizufügen. Denn bei diesen Schreiben handelt es sich nicht um eine Stellungnahme des Betriebsrats iSd. § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG. Die in § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG geforderten Voraussetzungen hat die Beklagte erfüllt.

(1) Dem Schreiben vom 28. Januar 2015 an die Agentur für A. waren sowohl das Schreiben an den Betriebsrat vom 2. Januar 2015, also die Abschrift der Mitteilung an den Betriebsrat, beigefügt und ferner das ausgefüllte Formular zur Anzeige von Entlassungen mit den dort geforderten Angaben gemäß § 17 Abs. 3 Satz 4 KSchG. Ferner übermittelte die Beklagte der Agentur für A. das Protokoll der Einigungsstellensitzung vom 21. Januar 2015.

(2) Gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG ist die Anzeige schriftlich unter Beifügung der Stellungnahme des Betriebsrats zu den Entlassungen zu erstatten. Aus dieser Vorschrift ergab sich keine Verpflichtung der Beklagten, das Schreiben des Betriebsrats vom 14. Januar 2015 nebst dessen Anlage der Agentur für Arbeit vorzulegen. Denn dieses Schreiben ist keine Stellungnahme iSd. § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG.

(a) Die nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG beizufügende Stellungnahme muss sich auf das Ergebnis der nach § 17 Abs. 2 Satz 2 KSchG erforderlichen Beratungen über die Möglichkeiten beziehen, Entlassungen zu vermeiden oder einzuschränken und ihre Folgen zu mildern. Obwohl § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG keine expliziten Aussagen zum erforderlichen Inhalt der Stellungnahme des Betriebsrats trifft und der Arbeitgeber diesen Inhalt nicht beeinflussen kann, genügt nicht jede Äußerung des Betriebsrats den gesetzlichen Anforderungen. Um der Agentur für A. Auskunft darüber geben zu können, ob und welche Möglichkeiten er sieht, die angezeigten Kündigungen zu vermeiden, und zugleich zu belegen, dass soziale Maßnahmen mit ihm beraten und ggf. getroffen worden sind (BAG 26. Februar 2015 – 2 AZR 955/13 – Rn. 38, NZA 2015, 881; 21. März 2012 – 6 AZR 596/10 – Rn. 22; 18. Januar 2012 – 6 AZR 407/10 – Rn. 45, BAGE 140, 261), muss sich der Betriebsrat in einer Weise äußern, die erkennen lässt, dass er seine Beteiligungsrechte als gewahrt ansieht und dass es sich um eine abschließende Erklärung zu den vom Arbeitgeber beabsichtigten Kündigungen handelt (BAG 26. Februar 2015 – 2 AZR 955/13 – Rn. 38, aaO; 21. März 2012 – 6 AZR 596/10 – Rn. 33).

(b) Bei dem Schreiben des Betriebsrats vom 14. Januar 2015 handelt es sich nicht um eine abschließende Stellungnahme des Betriebsrats zu den von der Beklagten beabsichtigten Kündigungen im dargestellten Sinn. Erkennbar wollte sich der Betriebsrat in dem Schreiben weder zu einem Ergebnis von Beratungen äußern noch eine abschließende Erklärung zu den beabsichtigten Kündigungen abgeben. Gerade mit seinem Hinweis, dass die Folgen für die Belegschaft noch in der Einigungsstelle beraten werden, verdeutlicht auch der Betriebsrat, dass aus seiner Sicht die Beratungen nicht abgeschlossen sind. Dies zeigt auch seine Bitte, von der Massenentlassungsanzeige zunächst abzusehen. Mit seinem Verweis auf das Schreiben von Rechtsanwalt K. vom 15. Dezember 2014 gibt der Betriebsrat zudem zu erkennen, dass er seinen Unterrichtungsanspruch weiter nicht als ausreichend erfüllt ansieht. Damit hat der Betriebsrat gerade nicht kundgetan, dass er von bereits abgeschlossenen Beratungen iSd. § 17 Abs. 2 Satz 2 KSchG ausgeht und seinen Verhandlungsanspruch als erfüllt betrachtet (vgl. hierzu BAG 26. Februar 2015 – 2 AZR 955/13 – Rn. 39, NZA 2015, 881). Er hat vielmehr das Gegenteil zum Ausdruck gebracht.

(3) Die Beklagte hat vorliegend die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG erfüllt. Liegt eine Stellungnahme des Betriebsrats nicht vor, so ist die Anzeige wirksam, wenn der Arbeitgeber glaubhaft macht, dass er den Betriebsrat mindestens zwei Wochen vor der Erstattung der Anzeige nach Absatz 2 Satz 1 unterrichtet hat, und er den Stand der Beratungen darlegt (§ 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG).

(a) Der Betriebsrat hat keine Stellungnahme iSd. § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG abgegeben. Das Schreiben vom 14. Januar 2015 stellt, wie ausgeführt, nicht die geforderte Stellungnahme dar. Der Betriebsrat hat auch nicht anderweitig eine Stellungnahme abgegeben.

(b) Die Beklagte hatte den Betriebsrat mit Schreiben vom 2. Januar 2015 gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG unterrichtet. Diese Unterrichtung erfolgte mehr als zwei Wochen vor der Anzeige gegenüber der Agentur für Arbeit am 28. Januar 2015. Der Geschäftsführer Herr A. hat in dem Schreiben vom 28. Januar 2015 auch gegenüber der Agentur für A. glaubhaft gemacht, dass dem Betriebsrat das Schreiben vom 2. Januar 2015 am 2. Januar 2015 per Fax und E-Mail übersandt wurde. Dies hat er an Eides Statt versichert und ferner das Faxprotokoll als Anlage beigefügt. Für die Glaubhaftmachung iSd. § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG bedurfte es nicht einer im Original vorgelegten eidesstattlichen Versicherung. Es genügt, wenn die im Original unterschriebene Erklärung des Geschäftsführers an Eides Statt per Telefax der Agentur für A. übermittelt wird (vgl. zur Glaubhaftmachung durch eidesstattliche Versicherung in Fax-Form bei § 920 ZPO zB Zöller/Vollkommer 31. Aufl. § 920 ZPO Rn. 10 mwN). § 27 VwVfG bzw. § 23 SGB X sind nicht einschlägig. Die Glaubhaftmachung muss sich ferner ausschließlich auf die Unterrichtung des Betriebsrats beziehen und nicht auf die Darlegung des Standes der Beratungen.

(c) Die Beklagte hat mit ihrer Anzeige vom 28. Januar 2015 der Agentur für Arbeit den Stand der Beratungen ausreichend dargelegt. Hierfür war es nicht erforderlich, das Schreiben des Betriebsrats vom 14. Januar 2015 und/oder das Schreiben des Rechtsanwalts K. vom 15. Dezember 2014 beizufügen oder zu erwähnen. Im Übrigen führt die fehlende Mitteilung über den Stand der Beratungen auch nicht zwingend zur Unwirksamkeit der Kündigung (vgl. hierzu BAG 28. Mai 2009 – 8 AZR 273/08 – Rn. 62ff., NZA 2009, 1267).

(aa) Mit der Formulierung „Stand der Beratungen“ wird das Ende bzw. der Status quo der Verhandlungen im Zeitpunkt der Massenentlassungsanzeige, nicht jedoch der gesamte Vorgang des Konsultationsverfahrens bezeichnet. Die Darstellung des Stands der Beratungen soll die abschließende Stellungnahme des Betriebsrates ersetzen. Die abschließende Stellungnahme kennzeichnet aber den Abschluss der Konsultationen, nicht deren Verlauf (so bereits LAG Berlin-Brandenburg 1. Dezember 2015 – 7 Sa 1288/15). Der Arbeitgeber muss damit Ausführungen zu den bereits erfolgten Beratungen und deren Ergebnissen tätigen (vgl. BAG 26. Februar 2015 – 2 AZR 955/13 – Rn. 41, NZA 2015, 881). Durch die Information soll die Agentur für Arbeit in die Lage versetzt werden, rechtzeitig Maßnahmen zur Vermeidung oder wenigstens zur Verzögerung von Belastungen des Arbeitsmarkts einzuleiten und für anderweitige Beschäftigungen der Entlassenen zu sorgen (vgl. BAG 18. Januar 2012 – 6 AZR 407/10 – Rn. 45). Hierfür ist aber eine Darstellung des bisherigen Werdegangs des Unterrichtungs- und Konsultationsverfahrens nicht sachdienlich, sondern es kommt entscheidend darauf an, ob und zu welchen Ergebnissen die bisherigen Beratungen geführt haben.

(bb) Die Beklagte hat in dem Schreiben vom 28. Januar 2015 die bereits erfolgten Beratungen und deren Ergebnisse dargestellt. Sie hat darauf verwiesen, dass Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen geführt wurden, und dass im Rahmen der Sozialplanverhandlungen die Einrichtung einer Transfergesellschaft verhandelt wurde. Durch den Verweis auf das beigefügte Protokoll über die Sitzung vom 21. Januar 2015 wurde die Agentur für A. auch über den Ausgang des Einigungsstellenverfahrens informiert.

(cc) Das Schreiben des Betriebsrats vom 14. Januar 2015 ist lediglich eine während der laufenden Beratungen erfolgte Stellungnahme, aus der sich nicht ergibt, ob und zu welchen Ergebnissen die Beratungen im Zeitpunkt der Massenentlassungsanzeige letztlich geführt haben. Die Information über den Inhalt eines Schreibens, welches auf eine bestimmte Situation in einem laufenden Beratungsverfahren zugeschnitten ist, ermöglicht der Agentur für Arbeit nicht, selber sachgerecht über mögliche Maßnahmen zur Vermeidung der Entlassungen oder zur Milderung der Folgen von Entlassungen zu entscheiden.

(dd) Auch der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 28. Juni 2012 – 6 AZR 780/10 – (BAGE 142, 202) kann nicht entnommen werden, dass der Arbeitgeber der Agentur für Arbeit eine „ungenügende Stellungnahme“ des Betriebsrats vorlegen muss. In der Entscheidung wird ausgeführt: „Auch wenn der Betriebsrat – bewusst oder unbewusst – eine den gesetzlichen Anforderungen nicht genügende Stellungnahme abgibt, wird dadurch dem Arbeitgeber die Abgabe einer wirksamen Massenentlassungsanzeige nicht unmöglich gemacht. § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG erfasst nicht nur den Fall des gänzlichen Fehlens der Stellungnahme des Betriebsrats, sondern auch den einer ungenügenden Stellungnahme. Der Arbeitgeber kann auch in letzterem Fall die Unwirksamkeit der Massenentlassungsanzeige verhindern, indem er ihr nicht nur die unzureichende Stellungnahme des Betriebsrats beifügt, sondern zusätzlich nach § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG verfährt“ (BAG 28. Juni 2012 – 6 AZR 780/10 – Rn. 58, BAGE 142, 20). Das Bundesarbeitsgericht bringt nach dem Verständnis der Berufungskammer damit nur zum Ausdruck, dass der Arbeitgeber, wenn er selber Zweifel daran hat, ob der Betriebsrat eine abschließende Stellungnahme abgegeben hat, die Unwirksamkeit seiner Anzeige vermeiden kann, in dem er – vorsorglich – sowohl die Stellungnahme beifügt als auch das Verfahren gemäß § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG einhält, weil dann entweder die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG oder die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG erfüllt sind.

4. Da die Kündigung vom 29. Januar 2015 wirksam ist, ist das Arbeitsverhältnis mit Ablauf der Kündigungsfrist zum 31. August 2015 beendet worden.

II. Auch der weitere Kündigungsschutzantrag ist unbegründet. Es kann durch das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt werden, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung vom 27. Juni 2015 aufgelöst wird. Eine solche Feststellung setzt voraus, dass sowohl im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung als auch im Zeitpunkt des vorgesehenen Beendigungsdatums ein Arbeitsverhältnis besteht. Die einem Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG stattgebende Entscheidung enthält nämlich zugleich die Feststellung, dass zum vorgesehenen Auflösungszeitpunkt ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien noch bestanden hat (sog. erweiterter punktueller Streitgegenstandsbegriff) (vgl. BAG 18. Dezember 2014 – 2 AZR 163/14 – Rn. 22 mwN, BAGE 150, 234). Vorliegend hat die Klägerin auch den Gegenstand ihres Kündigungsschutzantrages nicht begrenzt. Da sie die Kündigung vom 27. Juni 2015 im Wege der Klageerweiterung angegriffen und insofern auch eine gleichzeitig ergehende Entscheidung über beide Kündigungsschutzanträge erstrebt hat, besteht hier – auch aus Sicht der Klägerin – kein Grund den zur Entscheidung gestellten Streitgegenstand einzuschränken.

III. Aufgrund der Abweisung der Kündigungsschutzanträge ist der Kammer auch der Hilfsantrag zur Entscheidung angefallen. Der zulässige Hilfsantrag ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung eines Nachteilsausgleichs gemäß § 113 Abs. 3 BetrVG.

1. Nach § 113 Abs. 3 iVm. Abs. 1 BetrVG kann ein Arbeitnehmer vom Unternehmer die Zahlung einer Abfindung verlangen, wenn der Unternehmer eine geplante Betriebsänderung nach § 111 BetrVG durchführt, ohne über sie einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat versucht zu haben, und infolge der Maßnahme Arbeitnehmer entlassen werden oder andere wirtschaftliche Nachteile erleiden. Der Anspruch aus § 113 Abs. 3 BetrVG dient vornehmlich der Sicherung des sich aus § 111 Satz 1 BetrVG ergebenden Verhandlungsanspruchs des Betriebsrats und schützt dabei mittelbar die Interessen der von einer Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer. Er entsteht, sobald der Unternehmer mit der Durchführung der Betriebsänderung begonnen hat, ohne bis dahin einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat versucht zu haben (BAG 14. April 2015 – 1 AZR 794/13 – Rn 12 mwN, EzA § 113 BetrVG 2001 Nr. 10).

2. Zwar liegt eine Betriebsänderung iSd. § 111 Satz 1 BetrVG vor, da als Betriebsänderung iSd. § 111 Satz 1 BetrVG ua. die Stilllegung des ganzen Betriebs gilt. Die Beklagte hat die Betriebsänderung aber nicht durchgeführt, ohne über sie einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat versucht zu haben.

a) § 111 und § 112 BetrVG verbieten dem Arbeitgeber nicht, eine Betriebsänderung auch ohne eine Einigung der Betriebsparteien nach seinen Vorstellungen durchführen. Das Gesetz verpflichtet den Arbeitgeber lediglich, mit dem Betriebsrat über den Abschluss eines Interessenausgleichs mit dem ernsthaften Willen einer Verständigung zu beraten. Der Unternehmer muss sich dazu mit den vom Betriebsrat vorgeschlagenen Alternativen zu der geplanten Betriebsänderung einlassen und argumentativ auseinandersetzen. Können sich die Betriebsparteien nicht auf einen Interessenausgleich verständigen, ist der Arbeitgeber gegenüber dem Betriebsrat zur Anrufung der Einigungsstelle verpflichtet. Die Betriebsparteien haben in dem Einigungsstellenverfahren letztmals Gelegenheit, unter Mitwirkung eines unparteiischen Vorsitzenden Alternativen zur geplanten Betriebsänderung zu erörtern oder Modifikationen zu prüfen, die für die betroffenen Arbeitnehmer weniger nachteilige Folgen haben. Ein Anspruch auf Nachteilsausgleich besteht daher nicht, wenn der Verhandlungsanspruch des Betriebsrats in dem Einigungsstellenverfahren erfüllt wird (BAG 16. August 2011 – 1 AZR 44/10 – Rn. 11, EzA § 111 BetrVG 2001 Nr. 7).

b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat die Beklagte sich im vorliegenden Fall ernsthaft um den Abschluss eines Interessenausgleichs bemüht und alles aus ihrer Sicht Erforderliche dafür getan, damit ein Interessenausgleich zustande kommt.

 

aa) Die Beklagte hat mit dem Betriebsrat zunächst Verhandlungen über einen Interessenausgleich am 25. September 2014 und 7. Oktober 2014 durchgeführt. Die Beklagte sah die Verhandlungen als gescheitert an und beantragte beim Arbeitsgericht Berlin, eine Einigungsstelle zu bestellen. Die Einsetzung der Einigungsstelle erfolgte durch Vergleich der Beklagten mit dem Betriebsrat am 28. Oktober 2014. Die Einigungsstelle verhandelte sodann am 28. November 2014, 2. Dezember 2014, 4. Dezember 2014 und am 18. Dezember 2014. Hier wurde ein Interessenausgleich thematisiert, wie sich aus den Sitzungsprotokollen ergibt. Erst in der Sitzung vom 18. Dezember 2014 erklärte eine der Beisitzerinnen der Beklagten für diese das Scheitern der Interessenausgleichsverhandlungen. Eines förmlichen Beschlusses seitens der Einigungsstelle bedurfte es dazu nicht (BAG 16. August 2011 – 1 AZR 44/10 – Rn. 12, EzA § 111 BetrVG 2001 Nr. 7). Insoweit hat die Beklagte die Herbeiführung eines Interessenausgleichs versucht.

bb) Die Beklagte hatte den Betriebsrat vor dem Scheitern der Interessenausgleichsverhandlungen rechtzeitig und ausreichend über die beabsichtigte Betriebsänderung informiert. Diese Information erfolgte zunächst mit Schreiben vom 22. September 2014. In diesem Schreiben ist der Betriebsrat auch zu Interessenausgleichsverhandlungen aufgefordert worden. Die Information über die beabsichtigte Betriebsstilllegung aufgrund der Auftragskündigungen genügte. Weitergehende Informationspflichten, die im Rahmen der Sitzungen der Einigungsstelle nicht erfüllt worden wären, insbesondere über etwaige konzernrechtliche Verknüpfungen und Kalkulationen bzw. „die unter Umständen bis zur Konzernspitze reichenden Hintergründe ihrer Entscheidung“ bzw. „wer nun das Sagen in dieser Angelegenheit“ habe, bestanden im Rahmen der Interessenausgleichsverhandlungen nicht (vgl. bereits LAG Berlin-Brandenburg 1. Dezember 2015 – 7 Sa 1288/15- ). Die Pflichten der §§ 111 ff. BetrVG richten sich an den Unternehmer und setzen eine von ihm geplante Betriebsänderung voraus. Unternehmer ist der Rechtsträger des Betriebs (BAG 14. April.2015 – 1 AZR 795/13 – Rn 16). Die Beklagte hatte beschlossen, aufgrund der bereits erfolgten Auftragskündigungen ihren Betrieb zu schließen. Die Auftragskündigungen waren damit die Gründe der Beklagten als Unternehmerin für die geplante Betriebsänderung. Auch § 111 Abs. 1 Satz 1 BetrVG verlangt nur die umfassende Unterrichtung über die geplante Betriebsänderung, hier also die Betriebsschließung, nicht aber über gesellschaftsrechtliche Verbindungen des Arbeitgebers zu anderen Gesellschaften oder über die Auftragskalkulationen der ursprünglichen Auftraggeber.

cc) Die Klägerin hat auch nicht dargelegt, dass sich die Beklagte nicht ernsthaft um einen Interessenausgleich bemüht hat. Hierfür gibt es auch unter Berücksichtigung des Parteienvortrages keine Anhaltspunkte. Verhandlungen über das Ob, Wann und Wie der Betriebsänderung bedeuten nicht, dass der Arbeitgeber die Vorstellungen des Betriebsrats, dem es im Wesentlichen darum ging, dass es nicht zur Schließung des Betriebs kommt, übernehmen muss. Wie sich aus den Protokollen über die Einigungsstellensitzungen ergibt, hat sich die Beklagte ausreichend argumentativ mit dem Betriebsrat auseinandergesetzt. Der Betriebsrat hat allerdings im Wesentlichen Informationsansprüche geltend gemacht, die er als nicht erfüllt angesehen hat. Dem Betriebsrat ging es in der Einigungsstelle vor allem darum, die vermeintlichen oder tatsächlichen Abhängigkeiten der Beklagten von dem W.-Konzern oder der W.-Unternehmensgruppe und über die Kalkulationen der Auftragsvergabe herauszustellen oder hierüber Informationen zu erlangen. Wie bereits ausgeführt, musste die Beklagte hierüber keine Informationen erteilen. Ob sie bei der Bestimmung des Sozialplanvolumens von rechtlicher Bedeutung waren, ist ohne Bedeutung für die Verhandlungen um einen Interessenausgleich. Dagegen hat der Betriebsrat selber keine konkreten Alternativen oder Modifikationen zu der Betriebsstilllegung vorgeschlagen, so dass insoweit auch keine Möglichkeit für die Beklagte bestand, sich hiermit inhaltlich zu befassen.

dd) Unerheblich war auch, dass Vertreter der Bundesagentur für A. nicht an den Sitzungen der Einigungsstelle teilgenommen haben. Die Betriebsparteien haben dies in der Regelung zum Vergleich vom 28. Oktober 2014 nicht als Wirksamkeitsvoraussetzung für die Interessenausgleichsverhandlungen geregelt. Dies ergibt sich aus der Auslegung des Vergleichs und zeigt sich zudem darin, dass die Sitzungen der Einigungsstelle stattgefunden haben, ohne dass eine der beiden Seiten eine Vertagung wegen der fehlenden Teilnahme verlangt hätte. Die Parteien haben in dem Vergleich gerade keine Rechtsfolge für den Fall der fehlenden Teilnahme eines Vertreters der Bundesagentur für Arbeit vorgesehen. Auch bedurfte es nicht der Vermittlung seitens der Bundesagentur für Arbeit gemäß § 112 Abs. 2 Satz 1 BetrVG, bevor die Beklagte das Scheitern der Verhandlungen erklären konnte. Denn keine der beiden Seiten hatte vor Anrufung der Einigungsstelle den Vorstand der Bundesagentur für A. um Vermittlung ersucht. Das Schreiben des Rechtsanwalts K. vom 6.  Oktober 2014 erfüllte die Voraussetzungen des § 112 Abs. 2 Satz 1 BetrVG bereits deshalb nicht, weil zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht feststand, ob ein Interessenausgleich nicht zustande kommt. Für den 7. Oktober 2015 war nämlich noch eine weitere Verhandlung anberaumt worden.

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 97 Abs. 1 ZPO. Die Klägerin hat die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels zu tragen.

D. Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG und im Hinblick auf die Abweichung von Entscheidungen anderer Kammern des LAG Berlin-Brandenburg auf § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG.

 

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